Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. Okt. 2009 - 6 Ss 1248/09

published on 26.10.2009 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 26. Okt. 2009 - 6 Ss 1248/09
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Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts ... vom 8. April 2009 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Beleidigung zu der Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Gegen dieses in Abwesenheit des Angeklagten verkündete und ihm am 20. April 2009 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit einem am 28. April 2009 eingegangenen Schreiben zunächst Berufung eingelegt. Mit Schreiben der Verteidigerin vom 27. Mai 2009 wurde das Rechtsmittel als Revision bezeichnet.
II.
1. Die Revision des Angeklagten ist verspätet beim Amtsgericht eingegangen. Das Urteil vom 08. April 2009 wurde dem Angeklagten ausweislich der Zustellungsurkunde am Montag, dem 20. April 2009 zugestellt. Die einwöchige Frist zur Einlegung der Revision endete danach mit Ablauf des 27. April 2009. Das Rechtsmittel des Angeklagten ging jedoch erst am 28. April 2009 beim Amtsgericht ein.
2. Dem Angeklagten kann gegen die Versäumung der Einlegungsfrist auch nicht von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 44, 45 Abs. 2 Satz 3 StPO) gewährt werden. Voraussetzung hierfür ist u.a., dass den Angeklagten an der Fristversäumung offensichtlich kein Verschulden trifft und eine Glaubhaftmachung wegen Offenkundigkeit oder Aktenkundigkeit überflüssig ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 45 Rn. 12). Dies ist hier nicht der Fall.
a) Der Beschwerdeführer hat die Fristversäumnis verschuldet. Zwar hat er das Schreiben ausweislich des Poststempels auf dem Briefumschlag bereits am 22. April 2009 abgesendet. Die Restlaufzeit bis zum Fristende betrug noch fünf Tage. Der Angeklagte hat sein Rechtsmittelschreiben jedoch unter Missachtung der ihm möglichen und zumutbaren Sorgfalt unrichtig adressiert, indem er eine falsche Postleitzahl angab.
b) Die vorliegende verzögerte Postlaufzeit beruht auf dieser fehlerhaften Adressierung durch den Angeklagten. Die Postlaufzeit betrug vorliegend insgesamt sechs Tage. Bei Annahme einer normalen Postlaufzeit von zwei Werktagen außerorts (vgl. OLG Stuttgart Beschluss vom 03. August 2009 - 1 Ss 1215/09 -) liegt danach eine Verzögerung von drei Werktagen vor. Diese war aber als Folge der Falschadressierung für den Angeklagten vorhersehbar und vermeidbar. Bei Angabe einer falschen Postleitzahl kann der Absender nicht von der üblichen Beförderungsdauer ausgehen (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2007, 137).
Nach Auskunft der Deutschen Post AG - Kundenservice Brief - vom 29. September 2009 werden Sendungen mit unrichtiger aber existierender Postleitzahl durch das maschinelle Bearbeitungssystem automatisch ausschließlich an den durch die Postleitzahl vorgegebenen - tatsächlich falschen - Bestimmungsort weitergeleitet. Kann der Empfänger dort im Rahmen der nachfolgenden manuellen Weiterbearbeitung durch einen Postbediensteten nicht ermittelt werden, wird der Brief an den Absender zurückgeschickt. Kann der Bedienstete bei dieser Prüfung den Empfänger dagegen feststellen, wird die Sendung nachadressiert und weitergeleitet. Die Angabe einer falschen Postleitzahl führt bei diesen betrieblichen Abläufen zwangsläufig zu Verzögerungen in der Briefbeförderung, deren Dauer von vornherein nicht bestimmbar ist.
Vorliegend ist die verwendete Postleitzahl ... für ... vergeben. Der Brief wurde also entsprechend der Falschadressierung zunächst automatisch nach ... geleitet. Anschließend konnte das Amtsgericht ... durch einen Postbediensteten als Empfänger festgestellt und die Sendung durch einen Aufkleber auf dem Briefumschlag mit der richtigen Postleitzahl versehen werden. Für eine fehlerhafte Bearbeitung des Briefes und damit ein außerhalb des Verantwortungsbereichs des Angeklagten liegendes Verschulden auf Seiten der Post liefert allein diese - lediglich betriebsbedingt eingetretene - Verzögerung keine Anhaltspunkte. Ein Verschulden auf Seiten der Post wäre etwa bei einer erneuten Falschadressierung durch einen Postbediensteten denkbar (vgl. den der Entscheidung des OLG Stuttgart NJW 1982, 2832 zugrundeliegenden Sachverhalt). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.
3. Da die Revision verspätet eingelegt wurde (§ 341 Abs. 1 StPO), ist sie mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen (§ 349 Abs. 1 StPO.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de
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published on 03.08.2009 00:00

Tenor Der Antrag der Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts - Kleine Strafkammer - Stuttgart vom 12. März 2009 wird als unbegründet verworfen. Gründe   I. 1 Die Beschwerdeführer
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Annotations

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.