Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 09. Dez. 2010 - 5 Ws 223/10

published on 09/12/2010 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 09. Dez. 2010 - 5 Ws 223/10
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Tenor

1.Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Nr. 1 des Beschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 2. Dezember 2010 wird als unzulässig

v e r w o r f e n .

2. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Nr. 2 des vorgenannten Beschlusses wird als unbegründet

v e r w o r f e n .

3. Die Kosten der Rechtsmittel sowie die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

 
I.
Die Angeklagten …, … und … befanden sich - … seit 3. Februar 2010, … und … seit 4. Februar 2010 - bis 2. Dezember 2010 in dieser Sache ununterbrochen in Untersuchungshaft. Ihnen wird u.a. die Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß §§ 129 Abs.1, 109h Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB zur Last gelegt. Gegen die drei Angeklagten hat seit dem 25. Oktober 2010 vor dem Landgericht Stuttgart - Staatsschutzkammer - die Hauptverhandlung stattgefunden.
Mit Beschluss vom 2. Dezember 2010 hat die Strafkammer das Verfahren gemäß § 265 Abs. 4 StPO ausgesetzt und die Haftbefehle des Amtsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2010 (28 Gs 74/10 bzgl. …, 28 Gs 75/10 bzgl. … und 28 Gs 104/10 bzgl. …) aufgehoben. Die Strafkammer hat den Aussetzungsbeschluss damit begründet, dass in Anbetracht der nachgereichten Aktenteile, insbesondere der umfangreichen TKÜ-Protokolle eine so veränderte Sach- und Verfahrenslage vorliege, dass die Aussetzung zur genügenden Vorbereitung der Verteidigung unter dem Gesichtspunkt des Anspruches auf ein faires rechtsstaatliches Verfahren notwendig sei. Zudem beabsichtige die Kammer, den Ausgang eines laufenden Rechtshilfeersuchens an die Vereinigten Staaten von Amerika bzgl. der Übermittlung von E-Mails, die über die E-Mail-Konten der Angeklagten bzw. von Mitbeschuldigten versendet oder empfangen wurden, abzuwarten. Letztlich wolle die Kammer den Leiter des …-Instituts in Ä., Herrn … zur Situation am Institut, zu den Lehrinhalten und den behaupteten Aktivitäten im Umfeld des Instituts gemäß § 223 StPO als Zeuge durch das zuständige Gericht in Ä. vernehmen lassen. Im Hinblick auf die vorgenannten Aussetzungsgründe und den Umstand, dass ein erstinstanzliches Urteil in der vorliegenden Sache nicht vor Mitte des Jahres 2012 möglich sein werde, hat die Kammer die Haftbefehle gegen die Angeklagten aufgehoben, da der weitere Fortbestand der Haftbefehle nicht mehr verhältnismäßig sei.
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Aussetzungsentscheidung der Strafkammer sowie die Aufhebung der Haftbefehle gegen die Angeklagten.
II.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft bleibt bei beiden Beschwerdezielen ohne Erfolg.
1.
Die Beschwerde gegen die Aussetzung der Hauptverhandlung ist unzulässig, denn nach § 305 Satz 1 StPO unterliegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen und nicht zu den Ausnahmen des § 305 Satz 2 StPO gehören, nicht der Beschwerde.
Eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung liegt vor, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit dem Urteil steht, ausschließlich seiner Vorbereitung dient und keine weiteren Verfahrenswirkungen erzeugt. Diese Voraussetzungen sind allerdings nicht nur bei solchen Maßnahmen gegeben, die unmittelbar Grundlagen für die Entscheidung in der Sache selbst schaffen sollen; auch Anordnungen, die darauf abzielen, die Abwicklung des Verfahrens in sonstiger Weise zu fördern und es der abschließenden Sachentscheidung näher zu bringen, weisen einen inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung auf, der zum Ausschluss der Anfechtbarkeit führt (OLG Dresden 1 Ws 310/07; KG Berlin 4 Ws 69/01 - beide zitiert nach Juris -).
1.1.
Nach herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt, ist bei der Frage, ob die Aussetzung der Hauptverhandlung unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze anfechtbar ist, deshalb darauf abzustellen, ob sie aus einem triftigen Grund angeordnet worden ist, der in den Verfahrensvorschriften eine Stütze findet und im engen inneren Zusammenhang mit dem zu erlassenden Urteil steht. Ausschließlich dann, wenn offensichtlich erkennbar ist, dass mit der Aussetzung ausschließlich sachfremde Zwecke verfolgte werden, ist die Beschwerde zulässig (OLG Dresden a.a.O.; KG Berlin a.a.O.; OLG Karlsruhe NStZ 1985, 277 f.; LR-Becker, StPO, 26. Aufl., § 228   Rdnr. 40; a.A. KK-Engelhardt, StPO, 6. Aufl., § 305 Rdnr. 7 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall steht die Aussetzung der Hauptverhandlung in einem inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung und geht ihr im Sinn des § 305 Satz 1 StPO voraus. Die Strafkammer hat, wie sich aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses ergibt (vgl. dort S. 5), das Verfahren wegen veränderter Sachlage nach § 265 Abs. 4 StPO ausgesetzt. Die Aussetzung ist damit nach ihrer grundsätzlichen Zielrichtung ausschließlich dazu bestimmt, der weiteren Sachaufklärung oder besseren Vorbereitung des Verfahrens zu dienen. Es ist somit nicht erkennbar, dass die Aussetzung ausschließlich aus sachfremden Erwägungen, nämlich um das Verfahren zu verzögern oder zu verhindern, erfolgt ist. Die Aussetzungsentscheidung ist daher gemäß § 305 StPO unanfechtbar.
1.2.
Selbst wenn man der Gegenansicht - etwa mit der Argumentation der Staatsanwaltschaft, dass der Aussetzungsentscheidung im vorliegenden Verfahren deshalb eine selbstständige prozessuale Bedeutung zukomme, da die Aufhebung der Haftbefehle mit der Aussetzung des Verfahrens und der damit verbundenen Verzögerung begründet wird, - folgen und eine Zulässigkeit der Beschwerde bejahen wollte, bleibt die Beschwerde gegen die Aussetzungsentscheidung mangels Begründetheit ohne Erfolg.
10 
Denn es ist einhellige Meinung, dass die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens eine Ermessensentscheidung ist, die nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Beschwerdegericht zugänglich ist. Eine Nachprüfung der im pflichtgemäßen Ermessen des erkennenden Gerichts liegenden, für die Aussetzung maßgeblichen Beweiserwägungen und der daraus resultierenden Zweckmäßigkeit einer Aussetzung ist dem Beschwerdegericht verschlossen (vgl. OLG Stuttgart Justiz 2000, 91; OLG Karlsruhe NStZ 1985, 227; OLG Dresden a.a.O.).
11 
Der Senat hat deshalb nicht zu beurteilen, ob die Erwägungen des Landgerichts, die zur Aussetzung der Hauptverhandlung geführt haben, zweckmäßig sind. Entscheidungen über den Umfang der Beweisaufnahme müssen grundsätzlich der Anfechtung entzogen sein, weil diese Entscheidungen nach dem Grundgedanken des § 305 StPO im Zusammenhang mit dem Urteil nachgeprüft werden müssen und auch nur in diesem Zusammenhang nachgeprüft werden können. Das Beschwerdegericht kann insoweit in das richterliche Ermessen des Gerichts nicht eingreifen (OLG Dresden a.a.O.; LR-Becker, a.a.O., § 228 Rdnr. 40; KK-Engelhardt, a.a.O., § 305 Rdnr. 1 & 9). Denn das Tatgericht hat auf Grund der ihm obliegenden Aufklärungs- und Fürsorgepflicht für den Angeklagten nach eigenem Ermessen darüber zu befinden, auf welche Tatsachen und Beweismittel es die Beweisaufnahme erstreckt und ob die Aussetzung zur Vorbereitung der Verteidigung erforderlich ist. Es geht daher nicht an, dass das Beschwerdegericht ihm hierüber Weisungen erteilt und dass es eine von dem erkennenden Gericht beabsichtigte Beweisaufnahme dadurch verhindert, dass es den zu diesem Zweck erlassenen Aussetzungsbeschluss aufhebt und die Weisung erteilt, dem Verfahren Fortgang zu geben (OLG Dresden a.a.O.; OLG Karlsruhe Justiz 1977, 277).
2.
12 
Die zulässige Beschwerde gegen die Aufhebung der Haftbefehle ist unbegründet.
13 
Zu Recht hat das Landgericht die gegen die Angeklagten erlassenen Haftbefehle aufgehoben, weil deren weiterer Vollzug nicht mehr verhältnismäßig ist.
14 
Die Kammer musste bei dieser Entscheidung berücksichtigen, dass auf Grund der erfolgten Aussetzung der Hauptverhandlung und der Absicht der Kammer, den Ausgang des laufenden Rechtshilfeersuchens an die Vereinigten Staaten von Amerika bzgl. der Übermittlung von E-Mails abzuwarten und zumindest den Leiter des …- Instituts gemäß § 223 StPO als Zeuge durch das zuständige Gericht in Ä. vernehmen zu lassen, mit einer erneuten Hauptverhandlung in dieser Sache in Kürze nicht zu rechnen sein wird. Ein weiterer Vollzug der Untersuchungshaft wäre daher trotz weiterhin bestehenden dringenden Tatverdachts im Hinblick auf die Dauer der bereits vollzogenen Untersuchungshaft und die Höhe der zu erwartenden Strafen unverhältnismäßig.
III.
15 
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
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Annotations

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer zugunsten einer ausländischen Macht einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Wenn dem Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit oder Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen, so kann das Gericht seine Vernehmung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter anordnen.

(2) Dasselbe gilt, wenn einem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann.

(3) (weggefallen)

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangsmitteln sowie alle Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangsmitteln sowie alle Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden.

(1) Wenn dem Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen in der Hauptverhandlung für eine längere oder ungewisse Zeit Krankheit oder Gebrechlichkeit oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen, so kann das Gericht seine Vernehmung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter anordnen.

(2) Dasselbe gilt, wenn einem Zeugen oder Sachverständigen das Erscheinen wegen großer Entfernung nicht zugemutet werden kann.

(3) (weggefallen)

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.