Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. Aug. 2005 - 4 Ws 118/05

published on 08/08/2005 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 08. Aug. 2005 - 4 Ws 118/05
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Tenor

1. Auf die Beschwerde des Verteidigers wird der Beschluss des Landgerichts - Jugendkammer - H. vom 20. April 2005

a u f g e h o b e n.

2. Die Verfügung des Landgerichts H. vom 11. Januar 2005 wird dahin

a b g e ä n d e r t,

dass die Vergütung des gerichtlich bestellten Verteidigers in Höhe

von 1.316,16 EUR festgesetzt wird. Bereits ausbezahlte Gebühren sind anzurechnen.

3. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 RVG).

Gründe

 
I. Der Beschwerdeführer war im vorliegenden (erstinstanzlichen) Strafverfahren vor der Jugendkammer des Landgerichts H. als bestellter Verteidiger tätig. Die Hauptverhandlung fand am 23. November 2004 in seiner Anwesenheit statt. Am Vormittag dieses Tages begann die auf 9.00 Uhr anberaumte Sitzung um 9.12 Uhr und endete um 12.17 Uhr. Termin zur Fortsetzung wurde bestimmt auf 15.00 Uhr. Tatsächlich nahm die Hauptverhandlung ihren weiteren Verlauf von 15.10 Uhr bis 15.45 Uhr.
Mit Schriftsatz vom 25. November 2004 beantragte Rechtsanwalt W. die Festsetzung seiner Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 1.316,16 EUR. Vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts wurde die vom Verteidiger gemäß Nr. 4116 des Vergütungsverzeichnisses (VV; Anlage 1 zum RVG) geltend gemachte Zusatzgebühr in Höhe von 108 EUR abgesetzt. Dagegen hat der Rechtsanwalt Erinnerung eingelegt, der nicht abgeholfen worden ist. Gemäß § 56 RVG hat das Landgericht - Jugendkammer - H. darüber entschieden und die Erinnerung mit Beschluss vom 20. April 2005 zurückgewiesen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage der Anrechenbarkeit von Verhandlungspausen bei den Gebührentatbeständen der Nrn. 4110, 4111, 4116 und 4117 VV hat die Kammer das Rechtsmittel der Beschwerde zugelassen. Deshalb ist die vom Verteidiger innerhalb der zweiwöchigen Frist eingelegte Beschwerde, obwohl es lediglich um die Absetzung eines Betrags von weniger als 200 EUR geht, zulässig (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG).
II. Das Rechtsmittel ist begründet.
Da die Kammer in der Besetzung mit drei Richtern entschieden hat, hat auch der Senat in dieser Besetzung zu befinden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 RVG).
Vorliegend geht es um die Fragen, ob bei der Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung für die Anerkennung einer Zusatzgebühr nach Nrn. 4110, 4111, 4116 und 4117 VV auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der/die Verteidiger/in geladen worden ist oder zu dem mit der Hauptverhandlung ausweislich des Protokolls tatsächlich begonnen wurde, und ob Pausen und längere Unterbrechungen der Hauptverhandlung an ein und demselben Tag in Abzug zu bringen sind.
1. Im Hinblick auf die Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt an, zu dem der/die Verteidiger/in geladen worden ist. Etwas anderes kann nur gelten, wenn allein aus Gründen, die dem/der Verteidiger/in zuzurechnen sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt hat begonnen werden können. Kürzere Pausen sind nicht zu berücksichtigen (ebenso OLG Hamm, Beschluss vom 27. Mai 2005, 2 (s) Sbd. VIII - 54/05; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Nr. 4110 VV RVG Rdnr. 8 ff.; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., VV 4110, 4111 Rdnr. 1; Riedel/Sußbauer/Schmahl, RVG, 9.Aufl., VV Teil 4 Abschnitt 1, Rdnr. 64).
Gegen diese Auffassung spricht auch nicht die in den Bestimmungen des Vergütungsverzeichnisses verwendete Formulierung: „Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt nimmt mehr als fünf bis acht Stunden bzw. mehr als acht Stunden an der Hauptverhandlung teil...“ Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StPO beginnt die Hauptverhandlung zwar (erst) mit dem Aufruf der Sache, woraus gefolgert werden könnte, dass Wartezeiten vom Zeitpunkt der Ladung bis zum Aufruf der Sache bei der Berechnung, wie lange ein/e Rechtsanwalt/ -anwältin an einer Hauptverhandlung teilgenommen hat, nicht zu berücksichtigen sind. Dem steht jedoch entgegen, dass ausweislich der Gesetzesmaterialien feste Terminsgebühren geschaffen werden sollten, auf deren Höhe die Umstände des Einzelfalls keinen Einfluss haben. Der besondere Zeitaufwand für die anwaltliche Tätigkeit soll angemessen honoriert werden. Insbesondere sollen Rechtsanwälte/innen aufgrund länger dauernder zeitlicher Inanspruchnahme nicht mehr ausschließlich auf die Bewilligung einer Pauschgebühr angewiesen sein. Eine maßgebliche Intention des Gesetzgebers war, durch diese neue Regelung eine Verminderung der Fälle herbeizuführen, in denen Pauschgebühren festgesetzt werden müssen (Begründung im Gesetzentwurf KostRMoG - BT-Drs. 15/1971, S. 224). Dem würde jedoch ein Abzug von Verspätungen und auch von kleineren Verhandlungspausen zuwiderlaufen. Die zeitliche Inanspruchnahme eines/r Rechtsanwalts/ -anwältin ist genau die gleiche, wenn eine Hauptverhandlung, zu der beispielsweise auf 9.00 Uhr geladen worden ist, erst um 10.00 Uhr beginnt und dann bis 14.05 Uhr andauert, wie wenn sie pünktlich begonnen hätte. Würde der/die Rechtsanwalt/ -anwältin in diesem Beispielsfall, trotz einer zeitlichen Inanspruchnahme von mehr als fünf Stunden, keine Zusatzgebühr erhalten, wären Anträge auf Bewilligung von Pauschgebühren quasi „vorprogrammiert“. Deren Erfolg wäre allerdings im Hinblick auf die engen Voraussetzungen von §§ 42, 51 RVG in hohem Maße fraglich.
Darüber hinaus hat sich der Gesetzgeber mit den zeitlichen Grenzen (fünf bzw. acht Stunden) an der bisherigen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte im Rahmen der Gewährung von Pauschgebühren orientiert (aaO). Denn bislang war die Dauer der Hauptverhandlung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zu § 99 BRAGO ein wesentlicher Umstand für die Gewährung einer Pauschgebühr. Soweit ersichtlich, wurden in der bisherigen Rechtsprechung Verspätungen und kürzere Pausen bei der Berechnung der Dauer einer Hauptverhandlung nicht berücksichtigt (vgl. OLG Karlsruhe, ZfSch 1993, 387; Hanseatisches OLG Hamburg, StV 1991, 120 f.; Thüringer OLG, StV 2000, 132 f.).
Derartige Wartezeiten eines/r Rechtsanwalts/ -anwältin werden auch nicht durch die neu geschaffene Verfahrensgebühr abgegolten, und zwar selbst dann nicht, wenn man unterstellt, dass der/die Rechtsanwalt/ -anwältin während solcher Pausen mit anderen Beteiligten das Verfahren fördernde Gespräche führt. Zwar werden von der Verfahrensgebühr tatsächlich Besprechungen mit Verfahrensbeteiligten, (außergerichtliche) Termine und auch die (allgemeine) Vorbereitung der Hauptverhandlung (und vieles mehr) erfasst, aber gerade nicht die Teilnahme an gerichtlichen Terminen.
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Weiter spricht für die Auffassung des Senats die Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 2 in Teil 4 VV. Auch wenn es dort nicht um die Höhe einer Gebühr, sondern um die Frage, ob eine Gebühr überhaupt ausgelöst wird, geht, kann der darin enthaltene Rechtsgedanke, die Teilnahme an einem Termin, der tatsächlich überhaupt nicht stattgefunden hat, soll dennoch honoriert werden, durchaus herangezogen werden (so auch Burhoff aaO).
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Hieraus ergibt sich, dass auch kürzere Verhandlungspausen bei der Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung nicht in Abzug zu bringen sind.
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Anders mag es sich bei extrem langen Verhandlungspausen verhalten, wenn beispielsweise eine Hauptverhandlung, die um 9.00 Uhr begonnen hat, um 10.00 Uhr unterbrochen und dann erst um 15.00 Uhr fortgesetzt wird. Ab welcher Länge eine Unterbrechung zu berücksichtigen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei wird maßgebend sein, inwieweit der/die Rechtsanwalt/wältin die Pause im Hinblick auf seine/ihre berufliche Tätigkeit hat sinnvoll nützen können. Folglich werden zahlreiche Umstände von Bedeutung sein, wie beispielsweise neben der Länge der Pause auch die Entfernung der Kanzlei zum Gerichtsort, die tatsächliche
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(der/die Rechtsanwalt/ -anwältin muss wählen können, ob er/sie öffentliche Verkehrsmittel oder ein Kraftfahrzeug benutzt) Fahrtzeit, die zurückzulegen ist, und ähnliches. Bei Mittagspausen muss ein ausreichender Zeitraum zur Verköstigung zugebilligt werden, der wiederum von der Dauer der Pause abzuziehen ist.
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2. Im angefochtenen Beschluss hat das Landgericht dem Beschwerdeführer eine Mittagspause von „einer halben bis etwa einer Stunde“ zugebilligt. Dies erscheint recht knapp bemessen. Doch selbst wenn hiervon ausgegangen wird, ist die Zusatzgebühr nach § 4116 VV entstanden, denn bei deren Feststellung ist - wie dargelegt - in der Regel bezüglich des Beginns der Hauptverhandlung die Ladung und nicht der tatsächliche Beginn maßgebend. Vorliegend war der Rechtsanwalt auf 9.00 Uhr geladen. Die Hauptverhandlung wurde um 12.17 Uhr unterbrochen und sollte um 15.00 Uhr fortgesetzt werden. Am Nachmittag war Verhandlungsende um 15.45 Uhr. Daraus ergibt sich eine „reine“ Teilnahme an der Hauptverhandlung von vier Stunden zwei Minuten. Räumt man dem Rechtsanwalt auch nur eine Stunde Mittagspause ein, so ist bereits dann die in Nr. 4116 VV enthaltene Grenze von fünf Stunden überschritten.
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Mithin ist dem Rechtsanwalt vorliegend die Zusatzgebühr Nr. 4116 VV  zuzubilligen.
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(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (
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published on 06/01/2016 00:00

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung zitiert Tenor 1. Die Erinnerung vom 22.10.2015 gegen den Kostenansatz des Amtsgerichts Pirmasens vom 26.08.2015 wird zurückgewiesen. 2. Die Beschwerde wird zugelassen. Gründe I.
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Annotations

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit stellt das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, auf Antrag des Rechtsanwalts eine Pauschgebühr für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte durch unanfechtbaren Beschluss fest, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren eines Wahlanwalts wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen. Beschränkt sich die Feststellung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Die Pauschgebühr darf das Doppelte der für die Gebühren eines Wahlanwalts geltenden Höchstbeträge nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses nicht übersteigen. Für den Rechtszug, in dem der Bundesgerichtshof für das Verfahren zuständig ist, ist er auch für die Entscheidung über den Antrag zuständig.

(2) Der Antrag ist zulässig, wenn die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens rechtskräftig ist. Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt kann den Antrag nur unter den Voraussetzungen des § 52 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, auch in Verbindung mit § 53 Absatz 1, stellen. Der Auftraggeber, in den Fällen des § 52 Absatz 1 Satz 1 der Beschuldigte, ferner die Staatskasse und andere Beteiligte, wenn ihnen die Kosten des Verfahrens ganz oder zum Teil auferlegt worden sind, sind zu hören.

(3) Der Senat des Oberlandesgerichts ist mit einem Richter besetzt. Der Richter überträgt die Sache dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern, wenn es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.

(4) Die Feststellung ist für das Kostenfestsetzungsverfahren, das Vergütungsfestsetzungsverfahren (§ 11) und für einen Rechtsstreit des Rechtsanwalts auf Zahlung der Vergütung bindend.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. Über den Antrag entscheidet die Verwaltungsbehörde. Gegen die Entscheidung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(1) In Strafsachen, gerichtlichen Bußgeldsachen, Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in Verfahren nach dem IStGH-Gesetz, in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren nach § 151 Nummer 6 und 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Dies gilt nicht, soweit Wertgebühren entstehen. Beschränkt sich die Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, sind die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, an deren Stelle die Pauschgebühr treten soll, zu bezeichnen. Eine Pauschgebühr kann auch für solche Tätigkeiten gewährt werden, für die ein Anspruch nach § 48 Absatz 6 besteht. Auf Antrag ist dem Rechtsanwalt ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn ihm insbesondere wegen der langen Dauer des Verfahrens und der Höhe der zu erwartenden Pauschgebühr nicht zugemutet werden kann, die Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten.

(2) Über die Anträge entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht des ersten Rechtszugs gehört, und im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt, durch unanfechtbaren Beschluss. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung zuständig, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören. § 42 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Absatz 1 gilt im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. Über den Antrag nach Absatz 1 Satz 1 bis 3 entscheidet die Verwaltungsbehörde gleichzeitig mit der Festsetzung der Vergütung.