Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 23. Juli 2015 - 2 W 21/15

bei uns veröffentlicht am23.07.2015

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer - Rechtspflegerin - des Landgerichts Stuttgart vom 12. Januar 2015 (Az. 10 O 23/14) wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die sofortige Beschwerde des Klägers, über welche zu entscheiden in die Zuständigkeit des Senates in Person des Einzelrichters fällt (§ 568 S. 1 ZPO), gerichtet gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12. Januar 2015, die zugunsten des Klägers ausgesprochene Prozesskostenhilfebewilligung aufzuheben, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.
1.
Das Landgericht hat die Bewilligung der Prozesskostenhilfe in dem angegriffenen Beschluss zurecht nach § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aufgehoben. Der Beschwerdeführer ist mit der Zahlung der ihm auferlegten Raten unstreitig mehr als drei Monate im Rückstand. Er hat seit der Prozesskostenhilfebewilligung am 22. März 2012 keine der auf 75,- EUR monatlich festgesetzten Monatsraten bezahlt.
2.
Streitig ist seit Längerem, ob die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung ein Verschulden voraussetzt (vgl. zu Streitstand Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 12. Aufl., 2014, Rn. 24 m.w.N., zitiert nach juris; s. auch LAG Köln, Beschluss vom 15. September 2014 - 1 Ta 176/14, bei juris Rz. 8, m.w.N.). Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bejaht dies. Dem ist nicht beizutreten.
Nach dem Wortlaut des § 124 Abs. 1 Nr. 5 in der Fassung vom 23. August 2013, gültig ab 01. Januar 2014, soll die Prozesskostenhilfe aufgehoben werden, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist. Dieser Wortlaut ist eindeutig. Zahlungsrückstand erfordert, anders als Verzug, kein Verschulden, sondern lediglich die objektive Nichtleistung einer fälligen Zahlung.
Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der über diesen Punkt bestehenden Divergenzen die entscheidende Formulierung („Rückstand“) beibehalten und aus der früheren Kann- eine Sollbestimmung gemacht, die Gerichte also angehalten, grundsätzlich bei einem Zahlungsrückstand von der Möglichkeit der Aufhebung Gebrauch zu machen.
Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass die Leistungsfähigkeit der Partei bereits im Zuge der Bewilligung geprüft worden war und die Partei im Falle einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse einen Antrag nach § 120a Abs. 1 ZPO stellen kann, den Bewilligungsbeschluss zu ihren Gunsten abzuändern. Macht sie hiervon keinen Gebrauch, so bleibt die gerichtliche Bewilligungsentscheidung bestehen und ist zu beachten. Kommt der Begünstigte der angeordneten Ratenzahlung nicht nach, so hat er die daraus resultierende, vom Gesetzgeber als Regelfolge vorgegebene Aufhebung der Bewilligung hinzunehmen.
Darüber hinaus führte die Annahme, für die Aufhebung der Bewilligung sei ein Verschulden erforderlich, in bestimmten Konstellationen zu einem Wertungswiderspruch zu § 120a Abs. 1 S. 2 ZPO.
3.
Darauf kommt es jedoch im vorliegenden Fall nicht entscheidend an. Denn selbst wenn man ein Verschulden für erforderlich hielte, obläge es der Partei, um einer Aufhebung zu entgehen, ihre geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse ebenso darzulegen, wie ihr dies für einen Bewilligungsbeschluss oder für eine Abänderungsentscheidung (vgl. § 120a Abs. 4 ZPO) obläge. Aus dem Umstand, dass sie ihren Pflichten aus dem Bewilligungsbeschluss nicht nachgekommen und auch eine Abänderung derselben nicht beantragt hat, erlangt sie im Zuge einer Aufhebung nach § 124 ZPO keine prozessualen Erleichterungen.
4.
Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer, der bereits in einem früheren Verfahrensstadium als nachlässig im Umgang mit gerichtlichen Aufforderungen im Zuge der Prozesskostenhilfebewilligung aufgefallen war (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 05. März 2014 - 2 U 48/13), hat zwar angekündigt, eine neue Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen, aber trotz des Aufhebungsbeschlusses vom 12. Januar 2015, der landgerichtlichen Erinnerungsverfügung vom 24. Februar 2014, des Vorlagebeschlusses vom 13. April 2015, und der Aufforderung vom 02. Juli 2015 unter Fristsetzung auf den 20. Juli 2015 eine solche nicht vorgelegt.
10 
Daher war seine Beschwerde nunmehr zurückzuweisen.
II.
11 
Eine Streitwertfestsetzung und eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Eine Kostenerstattung findet nicht statt. Seine eigenen Auslagen und die Gerichtskosten hat der Beschwerdeführer ohnehin zu tragen.
12 
Die Rechtsbeschwerde zuzulassen, kommt nicht in Betracht. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 568 Originärer Einzelrichter


Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 124 Aufhebung der Bewilligung


(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn 1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;2. die Partei ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 120a Änderung der Bewilligung


(1) Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine Änderung der nach § 115 Absatz 1 Satz

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Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 15. Sept. 2014 - 1 Ta 176/14

bei uns veröffentlicht am 15.09.2014

Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird                                           der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom                                           07.04.2014 (1 Ca 1563/13) aufgehoben. 1G r ü n d e 2I. 3

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Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird

                                          der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom

                                          07.04.2014 (1 Ca 1563/13) aufgehoben.


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(1) Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine Änderung der nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag und nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist. Auf Verlangen des Gerichts muss die Partei jederzeit erklären, ob eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.

(2) Verbessern sich vor dem in Absatz 1 Satz 4 genannten Zeitpunkt die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich oder ändert sich ihre Anschrift, hat sie dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, ist eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zu Grunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 Euro übersteigt. Satz 2 gilt entsprechend, soweit abzugsfähige Belastungen entfallen. Hierüber und über die Folgen eines Verstoßes ist die Partei bei der Antragstellung in dem gemäß § 117 Absatz 3 eingeführten Formular zu belehren.

(3) Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass die Partei durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung etwas erlangt. Das Gericht soll nach der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens prüfen, ob eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangte geboten ist. Eine Änderung der Entscheidung ist ausgeschlossen, soweit die Partei bei rechtzeitiger Leistung des durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangten ratenfreie Prozesskostenhilfe erhalten hätte.

(4) Für die Erklärung über die Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nach Absatz 1 Satz 3 muss die Partei das gemäß § 117 Absatz 3 eingeführte Formular benutzen. Für die Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gilt § 118 Absatz 2 entsprechend.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.