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| Das Amtsgericht hat auf Antrag der Antragstellerin das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - .../Türkei vom 20.07.2006 (Az: ..., Urteilsnummer ...) hinsichtlich der Positionen Schadensersatz, Schmerzensgeld, Vorsorgeunterhalt und Bedürftigenunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar erklärt. |
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| Der Antragsgegner wendet sich mit der Beschwerde gegen diese Entscheidung. Er beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzuweisen. Zur Begründung trägt er vor, die Entscheidungen der türkischen Gerichte verstießen gegen den ordre public. |
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| Er bestreitet die Zustellung der Klagschrift als einleitendes Schriftstück. Es ergebe sich aus der Entscheidung schon nicht, dass die ordnungsgemäßen Zustellung des einleitenden Schriftstücks nachgewiesen sei. Das Urteil selbst sei nicht in deutscher Übersetzung vorgelegt. So könne der Rechtskraftvermerk nicht überprüft werden. |
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| Das Urteil beruhe auf falschen Sachangaben der Antragstellerin, die die gerade einen Monat dauernde Ehe nur eingegangen sei, um ein Aufenthaltsrecht zu begründen und Unterhaltsansprüche zu erwerben. Sie sei diejenige gewesen, die die ehelichen Pflichten massiv verletzt habe. Dies und der Umstand, dass die Verbindlichkeiten und Unkosten des Antragsgegners nicht berücksichtigt worden seien, sei im Rechtsmittelverfahren in der Türkei vorgetragen worden. Die vom Antragsgegner angebotenen Beweismittel seien nicht verwertet worden. Zudem seien mit dem Schadensersatz und dem Schmerzensgeld Beträge zugesprochen worden, für die es im deutschen Familienrecht keine Regelungen gebe. Auch seien sämtliche Beträge weit überhöht. |
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| Die türkischen Entscheidungen zeigten keine Berechnung für die Höhe des Unterhalts, unklar sei, aus welchen Normen sich die Verpflichtungen des Antragsgegners ergeben und welches Einkommen des Antragsgegners bzw. welcher Bedarf der Antragstellerin nach den örtlichen Verhältnissen zugrundegelegt worden seien. Damit genügten die Entscheidungen nicht den grundlegenden Anforderungen an die Rechtsstaatlichkeit. |
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| Unabhängig davon werde gegebenenfalls eine Abänderung des Unterhaltstitels angestrebt. |
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| Die Antragstellerin tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluss. Im Beschwerdeverfahren hat sie Übersetzungen der Schriftstücke über die Zustellung des das Verfahren in der Türkei einleitenden Schriftstücks und des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 23.06.2004 vor dem Amtsgericht K. vorgelegt. |
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| Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegten Anlagen verwiesen. |
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| Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung; die Beteiligten sind schriftlich angehört worden (§ 46 Abs. 1 AUG). |
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| Der Antrag ist nach dem HUVÜ 1973 zu behandeln, dem auch die Türkei beigetreten ist. Nach dessen Art. 13 gilt für die Vollstreckbarerklärung das Recht des Vollstreckungsstaats, das deutsche Prozessrecht. Zur Ausführung (auch) des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 02.10.1973 als völkerrechtlichem Vertrag auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts gilt seit 18.06.2011 das Auslandsunterhaltsgesetz (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a), soweit der Antrag nach dem Inkrafttreten des AUG eingeleitet worden ist (§ 77 Abs. 1 Nr. 5 AUG). Das ist hier gegeben. Der Antrag ging am 27.06.2011 bei Gericht ein. |
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| Überwiegend zu Recht hat das Amtsgericht die Vollstreckbarkeit des Scheidungsverbundurteils des Familiengerichts in K. erklärt. Die Beschwerde hat nur hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung des Schmerzensgeldes Erfolg. Im Übrigen erschüttert sie die angefochtene Entscheidung nicht. |
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| Das Gericht des Vollstreckungsstaats darf gemäß Art. 12 HUVÜ 1973 die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung nicht nachprüfen, soweit das Übereinkommen nicht etwas anderes bestimmt. Versagungsgründe im Sinne von Art. 12 HUVÜ 1973 regelt Art. 5 HUVÜ 1973. Solche bestehen nicht. |
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| Die Vollstreckung des Urteils ist nicht offensichtlich unvereinbar mit der öffentlichen Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland (Art. 5 Nr. 1 HUVÜ 1973). Dabei ist zu beachten, dass ein Verstoß gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann. Das ist nur gegeben, wenn das ausländische Verfahren soweit von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts abweicht, dass es nicht mehr als ein geordnetes rechtsstaatliches Verfahren angesehen werden kann. Dies liegt aber nicht schon immer dann vor, wenn das ausländische Verfahren im konkreten Fall von zwingenden Vorschriften des deutschen Verfahrensrechts abweicht (BGH FamRZ 2010, 966). Hier ist der Antragsgegner am Verfahren vor dem Familiengericht in K. beteiligt worden und hatte auch rechtliches Gehör. |
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| Entgegen dem Vortrag des Antragsgegners wurde ihm das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß zugestellt. Das hat die Antragstellerin durch Vorlage des Schreibens des türkischen Generalkonsulats in Stuttgart vom 05.05.2004 sowie des Schreibens des türkischen Justizministeriums vom 01.06.2004 nachgewiesen. Der Antragsgegner trägt erfolglos vor, dass diese Schreiben sich nicht auf die Klageschrift beziehen. Zwar lässt sich aus keiner der beiden Mitteilungen das Aktenzeichen des Scheidungsverfahrens ersehen - die dem Schreiben des Generalkonsulats angeheftete Zustellungsurkunde, auf der üblicherweise das Verfahren bezeichnet wird, ist nicht vorgelegt worden. Sie betreffen aber beide denselben Vorgang, nämlich eine Zustellung an den Antragsgegner. Das zeitlich spätere Schreiben des Justizministeriums (vom 01.06.2004), an dessen inhaltlicher Richtigkeit zu zweifeln kein Grund ersichtlich ist, nimmt das Aktenzeichen des Vorgangs beim Generalkonsulat Stuttgart (...) in Bezug. Aus diesem Schreiben des Generalkonsulats Stuttgart ergibt sich, dass dem Antragsgegner die Mitteilung über eine Zustellung zur Kenntnis gegeben worden ist. Da er es versäumt hat, das zuzustellende Schriftstück innerhalb von 30 Tagen beim Generalkonsulat abzuholen, gilt es nach Ablauf dieser Frist als zugestellt. Das Protokoll der mündlichen Verhandlung, das auch ausweislich des Aktenzeichens ... das Scheidungsverfahren betrifft, in dem das Urteil über Ehescheidung und Folgesachen am 20.07.2006 erging, verweist wiederum auf das Schreiben des Justizministeriums vom 01.06.2004 und zitiert den dort enthaltenen Text über die Zustellung der Mitteilung am 03.04.2004. Aus dem Zusammenhang des Protokolls ergibt sich, dass der Vorgang die Zustellung der Klagschrift betraf. Ergänzend ist anzumerken, dass der Antragsgegner im Übrigen nicht mitteilt, welche anderen Verfahren zwischen ihm und der Antragstellerin in der Türkei in jenem Zeitraum sonst noch geführt wurden, die die vorgelegten Urkunden betreffen könnten. |
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| Der Senat hält es damit für hinreichend erwiesen, dass die Klagschrift als das Verfahren einleitendes Schriftstück dem Antragsgegner rechtzeitig zugestellt wurde. |
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| Der Umstand, dass die erste mündliche Verhandlung am 23.06.2004 erfolgte und eine weitere am 08.09.2004, hindert nicht eine weitere mündliche Verhandlung am 20.07.2006, dem Tag des Erlasses des Urteils. Nach deutschem Prozessrecht wäre angesichts der Dauer des Verfahrens und des zeitlichen Abstands zwischen der mündlichen Verhandlung am 08.09.2004 und dem Verkündungsdatum eine weitere mündliche Verhandlung sogar erforderlich (§ 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO). |
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| Ein Nachweis von Zustellungen zu den mündlichen Verhandlungen ist nach dem HUVÜ 1973 nicht erforderlich und ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz des ordre public der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). |
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| Die Urteilsabschrift ist in deutscher Übersetzung eines bei Gericht zugelassenen Übersetzers vorgelegt worden. Der Rechtskraftvermerk ist überprüft worden. Das Urteil ist hinsichtlich aller mit dem angefochtenen Beschluss für vollstreckbar erklärten Gegenstände rechtskräftig. |
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| Der Antragsgegner kann auch nicht damit gehört werden, das Urteil sei willkürlich, weil ohne Berücksichtigung seiner Einwendungen und seines in zweiter Instanz erfolgten Vortrags zu den aus seiner Sicht tatsächlichen Geschehnissen ergangen. Seine Einwendungen hat der Antragsgegner erstmals im Verfahren vor dem türkischen Kassationshof vorgebracht, nicht aber im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Familiengericht. Dort hat er sich nicht geäußert, obwohl ihm nicht nur die Klagschrift zugestellt, sondern er auch noch im Wege der Rechtshilfe am Amtsgericht Stuttgart - Bad Cannstatt angehört worden war. Dies ergibt sich aus dem Tatbestand des Urteils. Folglich konnte das türkische Familiengericht seine Einwendungen nicht berücksichtigen. Der Kassationshof hat - wie sich aus dem Rechtskraftvermerk ergibt - die Sache ebenfalls geprüft. Der bloße Umstand, dass der Tatsachenvortrag des Antragsgegners nicht zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hat, lässt schon nicht den Schluss zu, dieser sei einer Prüfung durch den Kassationshof nicht unterzogen worden. Dieser Vortrag weckt auch sonst keine Zweifel an dem in der Türkei durchgeführten Verfahren. Zudem ist fraglich, ob Tatsachenvortrag in einem dem deutschen Revisionsverfahren ähnlichen Rechtszug überhaupt von Belang ist, was aber dahingestellt bleiben kann. |
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| Soweit der Antragsgegner den Vortrag über den Geschehensablauf auch im vorliegenden Verfahren halten möchte, scheitert dies schon an § 44 AUG. Danach sind nur solche Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung beachtlich, die auf neuen Tatsachen beruhen. Das ist nicht der Fall. |
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| Es stellt auch keinen Verstoß gegen den ordre public dar, dass das Urteil keine Rechengrundlagen und keine Vorschriften nennt, nach denen der Unterhalt und die Entschädigung bzw. das Schmerzensgeld zu leisten ist. Das türkische Recht kennt nur je eine Anspruchsgrundlage für nachehelichen Unterhalt, Art. 175 tZGB, für Vorsorgeunterhalt in der Trennung (Art. 197 Abs. 2 tZGB) sowie eine Regelung für Schadensersatz und Schmerzensgeld, nämlich Art. 174 tZGB. Im Übrigen ist noch nicht einmal vorgetragen, dass nach türkischem Recht eine exakte Berechnung des Unterhalts zu erfolgen hätte, wobei auch nicht ersichtlich ist, dass eine Missachtung eines Rechenweges einen offensichtlichen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstellen könnte. |
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| Ein Fall des Art. 5 Nr. 2 HUVÜ 1973 - die Entscheidung des türkischen Familiengerichts als Ergebnis betrügerischer Machenschaften - liegt ebenfalls nicht vor. Das kommt nicht schon deshalb in Betracht, weil der Antragsgegner die Geschehensabläufe abweichend von der Antragstellerin und abweichend von den Feststellungen im Urteil darstellt. Andere Gesichtspunkte hat der Antragsteller aber nicht vorgetragen. |
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| Zutreffend hat das Amtsgericht die Vollstreckbarkeit auch hinsichtlich der Position Schadensersatz angeordnet. Der Schadensersatzanspruch betrifft nach Auffassung des Senats eine Regelung der Unterhaltspflicht i. S. von Art. 3 HUVÜ, weil er jedenfalls unterhaltsrechtlichen Charakter hat. Eine Entscheidung ist dann auf die Unterhaltspflicht bezogen, wenn sie das „ob“ und das „wie“ der Leistung von Geld oder Naturalien zur Deckung des Lebensbedarfs betrifft. Das ist beim Schadenersatzanspruch der Fall. |
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| Die Vorschrift über Schadensersatz als Folge der Ehescheidung (Art. 174 Abs. 1 tZGB) steht im zweiten Abschnitt (Scheidung) des zweiten Buches (Familienrecht), dort unter „C. Urteil“ und ist in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unterhalt im Abschnitt „V. Schadensersatz und Unterhalt bei Scheidung“ geregelt. Der materielle Schadensersatz kann ebenso wie der Unterhalt als monatliche Rente geleistet werden (Art. 176 Abs. 1 tZGB). Das zeigt schon eine systematische Nähe dieses Genugtuungsanspruchs zu dem Unterhaltsanspruch. |
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| Die Entschädigung nach Art. 174 Abs. 1 tZGB dient zudem der Versorgung des geschiedenen Ehegatten (Hohloch/Öztan, Internationales Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht, 1998, Kapitel 6 B Rn. 252). Der Schadensersatzanspruch ist inhaltlich auf Ersatz des Vermögensschadens wegen einer kausalen Beeinträchtigung von in der Ehe bestehenden oder aus der Ehe zu erwartenden Vorteilen gerichtet. Solche Vorteile sind z. B. die Versorgung der Ehegatten durch das Zusammenwirken im gemeinsamen Haushalt. Fällt diese durch die Ehescheidung weg, ist die entfallende Versorgung ein ersatzfähiger Vermögensschaden. Damit kann der Wegfall von Familienunterhaltsansprüchen aufgrund der Scheidung vom Anspruch auf Schadensersatz umfasst sein (Oguz, FamRZ 2005, 766, 771; Nachweise über die türkische Rspr. bei Saltas-Özcan, Die Scheidungsfolgen nach türkischem materiellen Recht, 2002 S. 72 f.; anders wohl Johannsen/Henrich/Henrich, Familienrecht, 5. Aufl., Art. 18 EGBGB Rn. 25 f.). Daher steht der Anspruch nach Art. 174 Abs. 1 tZGB in Konkurrenz zum Unterhaltsanspruch nach Art. 175 türk ZGB, d.h. er begrenzt oder ergänzt ihn. Sind bereits Entschädigungsansprüche zugesprochen worden, so ist beim Unterhalt die (verbleibende) Bedürftigkeit zu prüfen (vgl. Özen/Odendahl, FamRBint 2010, 33 mit Verweis auf Literatur und türkische Rechtsprechung, so auch OLG Stuttgart FamRZ 1993, 975; OLG Karlsruhe FamRZ 2006, 948; Bergmann/Ferid/Henrich-Rumpf/Odendahl, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Türkei S. 41). Umgekehrt können Unzulänglichkeiten des Unterhaltsanspruchs im Wege des Schadensersatzanspruchs ausgeglichen werden. |
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| Hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung des Schmerzensgeldausspruchs nach Art. 174 Abs. 2 tZGB hat die Beschwerde hingegen Erfolg. Nach der gesetzlichen Regelung kann der Anspruch bei „Verletzung der Persönlichkeit“ durch die zur Scheidung führenden Ereignisse entstehen. Hier ist ein hinreichender Bezug zur Unterhaltspflicht i. S. v. Art. 3 HUVÜ nicht festzustellen. |
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| Allerdings verstößt die Verpflichtung zur Zahlung von Schmerzensgeld nicht gegen den deutschen ordre public. Denn das Schmerzensgeld stellt keine Scheidungsstrafe dar, sondern den Rechtsschutz des Persönlichkeitsrechts anlässlich der Scheidung (OLG Frankfurt/M. FamRZ 1992, 1182; OLG Karlsruhe NJW-RR 2003, 725; Bergmann/Ferid/Henrich-Rumpf/Odendahl, a. a. O., S. 41). Nicht die Bestrafung des schuldigen Ehegatten, sondern die Kompensation von mit der Scheidung einhergehenden Verlusten immaterieller Art ist der Zweck der Regelung (OLG Frankfurt/M., a. a. O.). |
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| Daraus ist schon ersichtlich, dass der Schmerzensgeldanspruch - auch Genugtuungsanspruch genannt - das Ziel hat, dem nicht an der Ehescheidung schuldigen Ehegatten zu helfen, die dadurch ausgelösten seelischen Leiden zu kompensieren (Hohloch/Öztan, a. a.O.). Dieser Zweck des Schmerzensgeldes zeigt auf, dass es sich dabei nicht um eine Zahlungspflicht mit Unterhaltscharakter handelt (so auch Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 9 Rn. 482; abw. wohl OLG Karlsruhe FamRZ 2006, 948). Denn die Kompensation seelischen Leidens ist ein qualitativ anderes Ziel als die Sicherstellung der materiellen Versorgung des Berechtigten. Das Schmerzensgeld kann auch nicht wie der Unterhalt und der materielle Schadensersatzanspruch als Rente gezahlt werden (Art. 176 Abs. 2 tZGB). |
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| Die Entscheidung des BGH vom 24.03.2010 - XII ZB 193/07 - FamRZ 2010, 966 steht dieser Rechtsaufassung nicht entgegen. Dort wird zwar angeführt, dass sich der nacheheliche Unterhalt im weitesten Sinne aus materiellem Schadensersatz (Art. 174 Abs. 1 tZGB), immateriellem Schadensersatz zur Genugtuung (Art. 174 Abs. 2 tZGB) und aus Bedürftigkeitsunterhalt (Art. 175 tZGB) zusammensetze. Diese Erwägung war aber in dem dort zur Entscheidung gestellten Fall nicht entscheidungserheblich und damit nicht tragend, da es (nur) um die Abgrenzung zwischen Trennungs- und nachehelichem Unterhalt ging. |
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| Dieser Rechtsauffassung steht auch nicht entgegen, dass im älteren türkischen Recht der Genugtuungsanspruch auch Unterhaltsersatzfunktion hatte (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1992, 1182). Das rührte daher, dass vor der Reformierung des damaligen Art. 144 türk. ZGB a. F. (Unterhalt, heute Art. 175 tZGB) mit dem Gesetz Nr. 3444 vom 04.05.1988 (türkisches Gesetzblatt Nr. 19812, S 1-3) die nacheheliche unterhaltsrechtliche Absicherung der Ehefrau gering und ein nachehelicher Unterhaltsanspruch stets nur befristet zu zahlen war. Möglicherweise beruhte dies noch auf der Vorstellung bzw. der Praxis, dass die Ehefrau nach der Scheidung regelmäßig in ihre Herkunftsfamilie zurückkehrte und dort versorgt wurde. Die Regelung des Art. 175 tZGB unter dem heute geltenden Recht stellt eine erhebliche bessere unterhaltsrechtliche Absicherung des bedürftigen Ehegatten dar. Der Unterhaltsanspruch knüpft an die Bedürftigkeit des Berechtigten an. Die Unterhaltspflicht kann ausdrücklich unbefristet auferlegt werden. |
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| Die systematische Stellung des Schmerzensgeldanspruchs spricht ebenfalls nicht entscheidend gegen das Ergebnis. Der Schmerzensgeldanspruch wird von der Rechtsprechung nicht dem Unterhaltsstatut, sondern dem Scheidungsstatut zugerechnet (OLG Frankfurt/M. FamRZ 1992, 1182; OLG Stuttgart FamRZ 1993, 975, unklar OLG Karlsruhe FamRZ 2006, 948; s. a. Palandt/Brudermüller, BGB, 71 Aufl., Art. 17 EGBGB Rn. 17). |
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| Schließlich steht auch die Auffassung von Özen/Odendahl in FamRBint 2010, 33, wonach auch Schmerzensgeld nach Art. 174 Abs. 2 tZGB den Anspruch auf Unterhalt nach Art. 175 tZGB beeinflussen könne, der hier vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen. Der Umstand der Bedürftigkeit des Berechtigten ist immer zu prüfen. Hat der Berechtigte aus anderen Quellen Vermögen oder finanzielle Mittel erhalten, aus denen er sich unterhalten kann, kann dies seine Bedürftigkeit grundsätzlich beeinflussen. |
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| Mit der Rechtsbeschwerde soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Beschlusses vorgelegt werden. |
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