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| | Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist das Begehren der Beklagten auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegen die Verteidigung der Klage. |
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| | Der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten bezüglich der Verteidigung gegen die Klage und für die erhobene Widerklage wurde mit Beschluss des Landgerichts Rottweil vom 18.5.2009 zurückgewiesen. Bezüglich des Sach- und Streitstandes bis zu diesem Beschluss sowie zu den Gründen der Versagung von Prozesskostenhilfe wird auf die Gründe dieser Entscheidung verwiesen. |
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| | Mit Beschluss des Amtsgerichts A. vom 1.6.2009 wurde über das Vermögen der früheren Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt S. zum Insolvenzverwalter bestellt. |
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| | Gegen den am 26.5.2009 zugestellten Beschluss des Landgerichts Rottweil vom 18.5.2009 hat die Beklagte am 25.6.2009 sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss aufzuheben und der Beklagten für die Rechtsverteidigung in dem vorliegenden Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe das Schreiben des Rechtsanwalts der Beklagten vom 3.11.2008 keine Kündigungserklärung enthalten. In dem Schreiben sei darauf hingewiesen worden, dass aufgrund eines Dissenses kein Vertrag zustande gekommen sei. Diese Äußerung könne nicht in eine Kündigung umgedeutet werden. Der Vertrag sei daher erst unter dem 21.3.2009 wegen des Insolvenzverfahrens der Gemeinschuldnerin wirksam nach § 8 Nr. 2 VOB/B gekündigt worden. |
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| | Bei der Bemusterung sei von den Herren R. und T. der Beklagten zugesagt worden, dass die Finanzierung kein Problem sei. Herr R. sei kein freier Handelsvertreter, sondern ein Außendienstmitarbeiter der Gemeinschuldnerin gewesen. Soweit er keine Vollmacht für solche Zusagen gehabt habe, müsse sich die Gemeinschuldnerin dessen Äußerungen nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen. |
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| | Mit Beschluss vom 26.6.2009 hat das Landgericht Rottweil der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt. |
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| | Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin hat mit Schriftsatz vom 16.7.2009 zur Beschwerde Stellung genommen. |
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| | Mit Beschluss vom 20.7.2009 wurde das Beschwerdeverfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO zur Entscheidung auf den Senat übertragen. |
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| | Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig und begründet. |
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| | Die Unterbrechung des Hauptprozesses wegen der Insolvenz einer Partei führt weder durch eine direkte noch durch eine entsprechende Anwendung des § 240 ZPO zur Unterbrechung von Prozesskostenhilfeverfahren (OLG Stuttgart OLGR 2004, Seite 313, Juris RN 11; für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers siehe BGH NJW-RR 2006, 1208 OLG Saarbrücken OLGR 2008, 567). Einer Anwendung des § 240 ZPO auf Prozesskostenhilfeanträge, die nicht vom Schuldner, sondern von dessen Prozessgegner stammen, steht schon entgegen, dass durch diesen Antrag das Vermögen des Insolvenzschuldners nicht betroffen wird und es deshalb gar keine Veranlassung für eine Unterbrechung des Prozesskostenhilfeverfahrens als selbständiges Nebenverfahren zum Hauptprozess gibt. |
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| | Im vorliegenden Fall ist es auch nicht prozessökonomisch unsinnig, die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschwerdeverfahren zu klären. Zwar ist vollkommen offen, ob das unterbrochene Hauptsacheverfahren wieder aufgenommen wird. Allerdings wirkt die begehrte Prozesskostenhilfebewilligung auf den Zeitpunkt der Einreichung des vollständigen Prozesskostenhilfeantrags zurück, so dass die Bewilligung sich auf bereits in der Vergangenheit vor Unterbrechung des Verfahrens entstandene Prozesskosten der Beklagten auswirkt (vgl. LAG Köln NZA-RR 2006, 601). Es besteht daher auch während der Unterbrechung des Verfahrens ein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin / Beklagten an einer Entscheidung über ihren Prozesskostenhilfeantrag bzw. an einer Entscheidung über ihre Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres Antrags, nachdem sie vor Unterbrechung des Verfahrens einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag eingereicht hatte und über diesen sogar vor der Unterbrechung erstinstanzlich entschieden worden war. |
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| | Ausweislich des Beschwerdeantrags bezieht sich das Rechtsmittel lediglich auf die Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung in dem vorliegenden Verfahren und damit nicht auf die mit der Widerklage begehrte Rechtsverfolgung. |
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| | Für die Rechtsverteidigung gegen die Klage besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinn des § 114 ZPO. |
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| | Nach den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts kam zwischen der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin, der L.-Haus GmbH, und der Beklagten durch die Auftragsbestätigung vom 9.12.2005 (Anlage K 3) und deren Bestätigung durch die Beklagte vom 13.12.2005 ein wirksamer Bauvertrag zustande. Dass es danach zu einer Änderung des abgeschlossenen Werkvertrags nach Bemusterung nicht mehr kam, ist für den Fortbestand des geschlossenen Vertrags unerheblich. |
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| | a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts wurde dieser Vertrag von der Beklagten nicht mit Schreiben ihres Rechtsanwalts vom 3.11.2008 gekündigt oder auf andere Art und Weise beendet. In diesem Schreiben hat der Rechtsanwalt der Beklagten die Rechtsauffassung vertreten, dass kein Bauvertrag zustande gekommen sei. Darin ist keine Kündigung gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B, § 649 Satz 1 BGB zu erkennen. |
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| | Für eine Umdeutung nach § 140 BGB müsste in dem Schreiben vom 3.11.2008 ein nichtiges Rechtsgeschäft enthalten sein. Das Schreiben bezieht sich auf ein für nichtig angesehenes Geschäft, enthält nach seinem Inhalt jedoch kein eigenes Rechtsgeschäft im Sinn des § 140 BGB, sondern erschöpft sich in der Äußerung einer Rechtsauffassung. Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die die vorzeitige Beendigung eines wirksam abgeschlossenen Bauvertrags für die Zukunft bewirkt. Das Anwaltsschreiben vom 3.11.2008 geht aber gerade nicht von einem wirksam abgeschlossenen Vertrag und damit von einer Kündigungsmöglichkeit aus. Eine Umdeutung des Schreibens vom 3.11.2008 in eine Kündigung scheidet gemäß § 140 BGB aus. Die Äußerung einer Rechtsauffassung ist kein Rechtsgeschäft im Sinn des § 140 BGB. Darüber hinaus ist die Äußerung einer Rechtsauffassung mit einer einseitigen, rechtsgestaltenden Erklärung nicht vergleichbar. Die Rechtsfolgen eines nichtigen Geschäftes weichen wesentlich von den Rechtsfolgen eines gekündigten Geschäftes ab, so dass auch von den Rechtsfolgen eine Umdeutung nicht in Betracht kommt. |
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| | b) Im Schreiben der Beklagten vom 26.5.2007 (Anlage K12) ist keine Kündigung zu erkennen. Dort bittet die Beklagte lediglich um ein Angebot, wie sie das Bauvorhaben beenden kann. Diese Anfrage mit dem erkennbaren Wunsch, das Bauvorhaben nicht zu verwirklichen, beinhaltet keine rechtsgestaltende Erklärung, sondern sollte ersichtlich Verhandlungen über eine einvernehmliche, für die Beklagte möglichst günstige Vertragsbeendigung einleiten. |
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| | c) Damit bestand der Bauvertrag bis zur Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 20.3.2009 fort. Diese Kündigung wurde auf den Insolvenzantrag der Gemeinschuldnerin gestützt. Gemäß § 8 Nr. 2 der in den Vertrag einbezogenen VOB/B hatte die Gemeinschuldnerin mit ihrem Insolvenzantrag einen Grund für eine sofortige Kündigung geschaffen und die ausgeführten Leistungen sind nach § 6 Nr. 5 VOB/B abzurechnen. Weil damit das Scheitern des Vertrages bzw. die Ausübung des Kündigungsrechts von der Gemeinschuldnerin zu vertreten war, steht ihr auch nach den eigenen Vertragsbedingungen der mit der Klage geltend gemachte Anspruch nicht zu. |
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| | Nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten ist ihr Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen. Gemäß § 121 Abs. 3 ZPO ist der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu den Bedingungen eines am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts beizuordnen. |
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| | Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass für die Widerklage der Beklagten Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen war, weil diese Widerklage mutwillig im Sinn des § 114 Satz 1 ZPO war. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage hatte die Beklagte Kenntnis vom Insolvenzantrag der Insolvenzschuldnerin. Nachdem Gegenstand der Widerklage eine Insolvenzforderung war, hätte eine Partei, die auf eigene Kosten prozessiert, zu diesem Zeitpunkt die Widerklage nicht erhoben, sondern abgewartet, ob das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Darüber hinaus hat die Beklagte die 5.600,-- EUR an die Insolvenzschuldnerin mit Rechtsgrund für die erfolgte Planung bezahlt, so dass eine Rückforderung nach §§ 8 Nr. 2 Abs. 2 Satz 1, 6 Nr. 5 VOB/B nicht möglich ist. |
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| | Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO. Das erfolgreiche Beschwerdeverfahren hat Gerichtsgebühren nicht ausgelöst (Nr. 1812 KV / GKG). |
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