Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 16. Nov. 2004 - 10 U 186/04

bei uns veröffentlicht am16.11.2004

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 22.07.2004 wie folgt abgeändert:

a) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an das klägerische ... 10.808,16 EUR zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.08.2002.

b) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Beklagten als Gesamtschuldner 92 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Streithelferin zu tragen, die je 8 % ihrer außergerichtlichen Kosten selbst tragen, die Klägerin außerdem 8 % der Gerichtskosten.

4. In zweiter Instanz haben die Beklagten als Gesamtschuldner 4/5 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Streithelferin zu tragen, die je 1/5 ihrer außergerichtlichen Kosten selbst tragen, die Klägerin auch 1/5 der Gerichtskosten.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 4.498,20 EUR

Wert der Beschwer:

a) der Klägerin und der Streithelferin 889,05 EUR

b) der Beklagten 3.569,15 EUR

Gründe

 
Die Beklagten haben das Urteil des Landgerichts, das sie zur Zahlung von 11.697,21 EUR verurteilt hat, in Höhe von 4.458,20 EUR angegriffen.
Soweit die Beklagten die Haftung dem Grunde nach bestreiten, wird auf die Begründung des Beschlusses des Senats vom 22.09.2004 Bezug genommen.
Auf diesen Beschluss wird auch insoweit Bezug genommen, als der Klägerin Nutzungsausfall zugesprochen wurde. Zwar hat das OLG Hamm in seinem Urteil vom 03.03.2004 - 13 U 162/03 (NZV 2004, 472) angenommen, dass auch bei Schädigung eines Behördenfahrzeuges Nutzungsausfall wie bei einem gewerblich genutzten Fahrzeug nur dann zugesprochen werden könne, wenn dieser konkret nachgewiesen werde. Dieser Rechtssprechung folgt der Senat jedoch nicht. Nach der insoweit nicht vom großen Senat aufgehobenen Entscheidung des BGH vom 26.03.1985 - VI ZR 267/83 - in NJW 1985, 2471 steht einer Behörde für den zeitweisen Entzug des Gebrauchsvorteils von Kraftfahrzeugen dann eine Entschädigung zu, wenn die in dem Verzicht auf ein Ersatzfahrzeug liegende Entbehrung sich für die geschädigte Behörde als fühlbarer wirtschaftlicher Nachteil ausgewirkt hat. Eine Entschädigung wird also weder für die Vereitelung einer nur abstrakten Nutzungsmöglichkeit gewährt, noch für die Beeinträchtigung der Dispositionsbefugnis als solcher. Voraussetzung ist, dass eine Nutzung sonst beabsichtigt und möglich gewesen wäre. Der VGH Mannheim (NVwZ 2001, 344) fordert eine empfindliche Beeinträchtigung der Behörde.
Folgte man der von den Beklagten herangezogenen Entscheidung des OLG Hamm, stände einer Behörde niemals eine abstrakte Nutzungsentschädigung zu. Falls sie nicht Ersatzfahrzeuge anmieten würde, könnte sie niemals Nutzungsentschädigung verlangen, da ihr ein Nachweis von erfolgtem Nutzungsausfall nicht gelingen kann. Der Staat handelt nicht erwerbswirtschaftlich und hat deshalb in der Regel keine Einnahmen, die durch Beschädigung eines Behördenfahrzeugs ausfallen können. Dies gilt insbesondere für Polizeifahrzeuge wie vorliegend. Deren Kosten stellt die Behörde niemanden in Rechnung. Bei ihrem unfallbedingten Ausfall kann deshalb kein konkret zu errechnender Nutzungsausfall entstehen. Der Schaden für die Öffentlichkeit, d.h. für Recht und Ordnung, ist dagegen offensichtlich. In Geld ist dieser Schaden nicht zu fassen.
Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin auch im vorliegenden Fall abstrakt Nutzungsausfallentschädigung verlangen.
Soweit die Beklagten das landgerichtliche Urteil wegen Zuerkennung von Mehrwertsteuer in Höhe von 889,05 EUR auf die Reparaturrechnungen angegriffen hat, muss die Berufung dagegen Erfolg haben. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1993, 2870) kommt es hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer auf die Verhältnisse des Leasinggebers und nicht des Leasingnehmers an. Die Leasinggeberin der Klägerin war jedoch die Diese kann anfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer absetzen. Die Umsatzsteuer auf die Reparaturrechnung kann deshalb von der Klägerin nicht verlangt werden.
Kostenentscheidung: §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 710, 713 ZPO.

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1.
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2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Kann der Gläubiger die Sicherheit nach § 709 nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten leisten, so ist das Urteil auf Antrag auch ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn die Aussetzung der Vollstreckung dem Gläubiger einen schwer zu ersetzenden oder schwer abzusehenden Nachteil bringen würde oder aus einem sonstigen Grund für den Gläubiger unbillig wäre, insbesondere weil er die Leistung für seine Lebenshaltung oder seine Erwerbstätigkeit dringend benötigt.

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