Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 18. Dez. 2012 - 5 W 430/12

bei uns veröffentlicht am18.12.2012

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 30.11.2012 wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 23.11.2012 - Az.: 15 O 253/11 - abgeändert und das Gesuch der Beklagten auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. R. K. vom 05.11.2012 für begründet erklärt.

2. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Mangelhaftigkeit der vom Kläger bei der Beklagten erworbenen Fliesen.

Mit Beschluss vom 14.04.2011 - 24 H 12/11 - hat das Amtsgericht Saarlouis den Sachverständigen Dr. R. K. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, das dieser am 30.05.2011 erstattet hat.

Nach Klageerhebung in vorliegender Sache hat das Landgericht Saarbrücken durch Verfügung vom 18.07.2012 Termin bestimmt zur mündlichen Erläuterung des Sachverständigengutachtens und dem Sachverständigen Dr. K. aufgegeben, die Fliesen nochmals beim Kläger in Augenschein zu nehmen, nachdem zwischenzeitlich Reinigungsversuche durchgeführt worden waren. Im Termin vom 05.11.2012 erklärte der Sachverständige, dass er sich die Fliesen im Haus des Klägers vor dem Termin angesehen habe. Davon hatte der Sachverständige weder die Beklagte noch die Prozessbevollmächtigten beider Parteien unterrichtet. Die Beklagte lehnte daraufhin noch im Termin am 05.11.2012 den Sachverständigen Dr. K. wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Der Sachverständige hat erklärt, er habe die Inaugenscheinnahme gemäß Verfügung vom 18.07.2012 nicht als „offiziellen“ Ortstermin angesehen.

Das Landgericht hat den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 23.11.2012 - 15 O 253/11 (Bl. 141 d.A.) zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.11.2012 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 04.12.2012 (Bl. 154 d.A.) nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 406 Abs. 5 ZPO statthaft und innerhalb der Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt. Sie ist auch begründet, weil die Voraussetzungen für eine Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit gemäß §§ 406 Abs. 1, Abs. 3, 42 ZPO erfüllt sind.

Der Senat hatte durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden, weil die angefochtene Entscheidung vom Einzelrichter erlassen wurde.

(1.)

Gemäß § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Gemäß § 42 ZPO genügt es, dass objektive Umstände gegeben sind, aufgrund deren vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung besteht, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (BGH, Urt. v. 15.04.1975 - X ZR 52/75 - NJW 1975, 1363; BGH, Beschl. v. 23.10.2007 - X ZR 100/05 - GRUR 2008, 191). Es kommt nicht darauf an, ob das Gericht selbst Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen hegt oder ob dieser tatsächlich parteiisch ist oder sich nach Lage der Dinge zumindest darüber hätte bewusst sein können, dass sein Verhalten geeignet sein könnte, Zweifel an seiner Neutralität aufkommen zu lassen. Maßgeblich ist vielmehr, ob für die das Ablehnungsgesuch anbringende Partei der - nicht auf rein subjektiven oder unvernünftigen Vorstellungen beruhende - Anschein einer Voreingenommenheit besteht (BGH, Beschl. v. 23.10.2007 - X ZR 100/05 - GRUR 2008, 191).

Letzteres ist der Fall, weil der Sachverständige Dr. K. bei der Inaugenscheinnahme der Fliesen nach dem Reinigungsversuch vor der Gutachtenerläuterung im Termin vom 05.11.2012 den Grundsatz der Parteiöffentlichkeit gemäß § 357 ZPO zum Nachteil der Beklagten verletzt hat.

Führt ein Sachverständiger zur Vorbereitung seines Gutachtens eine Orts- und Sachbesichtigung in Anwesenheit nur einer der Parteien durch, ohne die andere zu benachrichtigen und ihr Gelegenheit zur Teilnahme zu geben, so lässt ihn dies nach herrschender Meinung als befangen erscheinen (BGH, Beschl. v. 15.04.1975 - X ZR 52/75 - NJW 1975, 1363; OLG Karlsruhe MDR 2010, 1148; OLG Saarbrücken, MDR 2007, 1279; OLG Bremen OLGR 2009, 700; OLG Frankfurt OLGR 2009, 573). Dies rechtfertigt sich aus dem Verstoß gegen das Gebot der Waffengleichheit, weil sich der Sachverständige der einseitigen Einflussnahme einer Partei aussetzt. Eine verständige Partei darf in der Folge mutmaßen, dass hierbei auch ein - für sie nach Inhalt und Umfang nicht zu überblickender - Informations- und Meinungsaustausch über das streitige Rechtsverhältnis stattgefunden hat. Dies ist aus Sicht eines unbefangenen Dritten geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu begründen (Senat, Beschl. v. 28.07.2004 - 5 W 88/04 - OLGR Saarbrücken 2004, 612; Beschl. v. 27.04.2007 - 5 W 104/07 - OLGR Saarbrücken 2007, 636). Deshalb ist es grundsätzlich unerheblich, ob die fehlende Unterrichtung der abwesenden Partei über den Ortstermin auf einem Versehen beruhte und ob es zu einer Einflussnahme der anwesenden Partei tatsächlich gekommen ist (OLG Saarbrücken MDR 2007, 1279; OLG Bremen OLGR 2009, 700; OLG Karlsruhe MDR 2010, 1148). Vielmehr müssen sich die Parteien darauf verlassen können, dass der Sachverständige in seinem Ergebnis noch nicht festgelegt ist, solange die Parteien ihr Fragerecht noch nicht ausgeübt haben und die Begutachtung nicht abgeschlossen ist (OLG Bremen OLGR 2009, 700; OLG Saarbrücken, MDR 2007, 1279). Auch die Möglichkeit, die anlässlich des Ortstermins getroffenen Feststellungen zu wiederholen, vermag das dann begründete Misstrauen der benachteiligten Partei nicht auszuräumen (BGH, Beschl. v. 15.04.1975 - X ZR 52/75 - NJW 1975, 1363). Das gilt selbst dann, wenn der Sachverständige das beanstandete Geschehen nachträglich aus freien Stücken anlässlich der Erläuterung seines Gutachtens offen gelegt hat. Da sich die Besorgnis der Befangenheit neben der zu befürchtenden Festlegung hinsichtlich des Ergebnisses der Begutachtung gerade aus dem - von dem Beklagten in seiner Dimension nicht einzuschätzenden - Austausch des Sachverständigen mit der gegnerischen Partei ergibt, lassen sich die begründeten Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen, der diese Situation veranlasst hat, nicht mehr beseitigen (Senat, Beschl. v. 02.06.2009 - 5 W 165/09-58).

Aus diesen Gründen ist es nicht entscheidend, dass objektiv lediglich eine Fehleinschätzung des Sachverständigen Dr. K. vorgelegen haben mag und es zu keiner Einflussnahme des Klägers gekommen sein mag. Entscheidend ist, dass es nach § 357 ZPO keinen Unterschied zwischen einem „offiziellen“ und einem „inoffiziellen“ Ortstermin gibt, und auch lediglich vorbereitende Feststellungen des Sachverständigen zu seiner Information entweder unter Ausschluss beider Parteien (siehe dazu OLG Nürnberg MDR 2007, 237) oder unter Einbeziehung beider Parteien hätten stattfinden müssen (Greger in: Zöller, ZPO, 29.Aufl., § 402 Rn. 5a). Mag ein solches Missverständnis des Sachverständigen aufgrund der richterlichen Anordnung in der Ladungsverfügung seiner Vergütungspflicht mangels groben Verschuldens nicht entgegenstehen (siehe dazu allgemein: OLG Koblenz MDR 2004, 831), ändert dies nichts an der Besorgnis der Befangenheit aus Sicht der Beklagten.

Der Entscheidung des Senats vom 16.08.2011 - 5 W 189/11-81 - MDR 2011, 1315 kann nichts Gegenteiliges entnommen werden. Dort ging es um einen Sonderfall, in dem der Sachverständige die Prozessbevollmächtigten in einer Eilsituation kurzfristig telefonisch vom Ortstermin unterrichtet hatte und davon ausgehen konnte, dass die nicht anwesende Partei kein Interesse an einer Teilnahme hatte.

Auch in der Entscheidung des OLG Celle (OLGR 2009, 448) wurde eine Befangenheit des Sachverständigen trotz Ortstermins in Anwesenheit nur einer Partei nur deswegen verneint, weil der Sachverständige der Meinung sein konnte, seine Ladung habe auch die andere Partei erreicht und diese sei aus Desinteresse nicht erschienen.

(2.)

Da das Ablehnungsgesuch Erfolg hat, bedarf es keiner gesonderten Kostenentscheidung; seine Kosten sind vielmehr Teil der Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens ist auf 1/3 des Streitwerts der Hauptsache festzusetzen (BGH, Beschl. v. 15.12.2003 - II ZB 32/03 - AGS 2004, 159; Senat, Beschl. v. 27.04.2007 - 5 W 104/07 - OLGR Saarbrücken 2007, 636).

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(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 100/05
vom
24. Juni 2008
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
I. Auf die Vergütung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. N. wird ein Abschlag von 15.000,-- EUR festgesetzt. Eine weitergehende Festsetzung bleibt vorbehalten.
II. Der Antrag des gerichtlichen Sachverständigen, zu seinen Gunsten eine weitere Vergütung in Höhe von 5.355,-- EUR für die Ausarbeitung seiner Erwiderung auf den Befangenheitsantrag festzusetzen, wird zurückgewiesen.
III. Der Berufungsklägerin wird aufgegeben, bis zum 1. August 2008 einen weiteren Vorschuss in Höhe von 15.000,-- EUR einzubezahlen , weil der bisher eingezahlte Vorschuss zur Deckung der anfallenden Kosten voraussichtlich nicht ausreichen wird.

Gründe:


1
I. Der in dem Patentnichtigkeitsberufungsverfahren als gerichtlicher Sachverständiger bestellte Antragsteller Prof. Dr. N. hat für das von ihm er- stattete Gutachten zunächst pauschal einen Betrag von 25.000,-- EUR in Rechnung gestellt; nachdem die Klägerin dem widersprochen hat, hat er seine Rechnung aufgeschlüsselt und ein Honorar für 221 Stunden zu je 95,-- EUR nebst Umsatzsteuer sowie Nebenkosten in Höhe von 984,-- EUR einschließlich Umsatzsteuer, insgesamt 25.968,55 EUR, verlangt. Außerdem hat er für die Erwiderung auf ein gegen ihn gerichtetes, erfolglos gebliebenes Ablehnungsgesuch einen Betrag von 5.355,-- EUR in Rechnung gestellt.
2
II. 1. Der festgesetzte Abschlag entspricht dem einbezahlten Vorschuss. Die endgültig festzusetzende Vergütung für das schriftliche Gutachten wird sich angesichts des außergewöhnlichen Umfangs der Sache voraussichtlich höher belaufen, zumal die Klägerin sachliche Einwendungen gegen die vom Gutachter angesetzte Stundenzahl nicht vorgebracht hat. Nachdem der gerichtliche Sachverständige die Stundenzahl bisher lediglich mit dem Gewicht der Akten begründet und eine nähere Aufschlüsselung nicht vorgenommen hat, kann allerdings nach derzeitigem Sachstand mit einer Vergütung für 221 Stunden nicht gerechnet werden.
3
2. Für eine Vergütung für die Erwiderung auf das Ablehnungsgesuch besteht keine gesetzliche Grundlage (§§ 7, 8, 12 JVEG).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 01.03.2005 - 3 Ni 23/03 (EU) -

(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen.

(2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktage nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 32/03
vom
15. Dezember 2003
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Die Beschwerde gegen den Beschluß des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2003 wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 81.806,00

Gründe:


I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um Schadensersatz nach Beendigung ihrer Zusammenarbeit in der von der Klägerin betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxis. Das Oberlandesgericht hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen und den Sachverständigen F. mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Der Beschwerdeführer hat den Sachverständigen wegen Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluß vom 27. Juni 2003 hat das Berufungsgericht die Ablehnung für unbegründet erklärt; die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Gegen den Beschluß legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein, die er
nach Hinweis durch das Berufungsgericht als außerordentliches Rechtsmittel wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs bezeichnet. Das Oberlandesgericht hat vor der Weiterleitung an den Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 10. November 2003 entschieden, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung komme weder nach § 321 a ZPO n.F. analog noch auf Grund einer Umdeutung der Beschwerde in eine Gegenvorstellung in Betracht.
II. Die Beschwerde ist weder als Rechtsbeschwerde noch als außerordentliche Beschwerde statthaft.
1. Die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde scheitert im gegebenen Fall schon daran, daß eine solche weder gesetzlich vorgesehen noch in der angefochtenen Entscheidung zugelassen wurde (§ 574 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZPO n.F.).
2. Eine außerordentliche Beschwerde zum Bundesgerichtshof ist nach der Neugestaltung des Beschwerderechts und der Einführung der Rechtsbeschwerde durch das Zivilprozeßreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1902 ff.) nicht mehr gegeben. Dies gilt selbst dann, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts greifbar gesetzwidrig ist, insbesondere ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt (BGH, Beschl. v. 7. März 2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133; Beschl. v. 23. Juli 2003 - XII ZB 91/03, BB 2003, 2314). Vielmehr hat der Gesetzgeber, indem er eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen der Beschwerdegerichte nicht eröffnet hat, unter Hinweis auf die regelmäßig geringere Bedeutung des Beschwerdeverfahrens für die Parteien und aus Gründen der Entlastung des Bundesgerichtshofs (BT-Drucks. 14/4722 S. 116 re.Sp.) bewußt davon abgesehen, eine dem § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. vergleichbare Regelung - Zulassung der Re-
vision auch bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten (BT-Drucks. 14/4722 S. 104 re.Sp.) - zu schaffen, obwohl die Zulassungsgründe sich bei Revision und Rechtsbeschwerde nicht unterscheiden (BGHZ 150, 133).
3. Die Verletzung von Verfahrensgrundrechten, zu denen vor allem das Recht auf rechtliches Gehör zählt, dessen Verletzung der Beschwerdeführer hier rügt, ist daher vor dem Gericht, das den Verfahrensfehler begangen haben soll, im Wege der Gegenvorstellung zu rügen; die Einräumung einer Rechtsschutzmöglichkeit bei einem anderen oder gar höheren Gericht ist dahingegen verfassungsrechtlich nicht geboten (BVerfG, ZIP 2003, 1102). Der Beklagte ist daher auf die von ihm bereits erhobene Gegenvorstellung, über die das Berufungsgericht mit Beschluß vom 10. November 2003 entschieden hat, zu verweisen.
4. Der Beschwerdewert ist nach § 3 ZPO auf ein Drittel des Hauptsache- "! !$#% % "& ! ' streitwertes von 245.420,00 Bamberg, BauR 2000, 773). Die Gegenauffassung, die Festsetzung richte sich nach § 12 Abs. 2 GKG, weil es sich bei der Ablehnung des Sachverständigen um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handele (OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222 m.w.N.), vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es sich bei der Entscheidung nach § 406 Abs. 4 und 5 ZPO nicht um eine eigenständige Streitigkeit, sondern eine das Verfahren betreffende Entscheidung im Rahmen des Rechtsstreits handelt, der keine selbständige Bedeutung zukommt. Bemißt sich somit der Beschwerdewert nach § 3 ZPO nach dem Interesse an der begehrten Entscheidung, ist dieses nicht mit dem Hauptsachestreitwert gleichzusetzen (a.A. OLG Naumburg, OLGR 1998, 323; OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222), sondern nur mit einem Bruchteil von etwa einem Drittel (OLG Celle, OLGR 1994, 109; OLG Bamberg, BauR 2000, 773; a.A. OLG
Dresden, JurBüro 1998, 318: 1/10), weil dies der eingeschränkten Bedeutung und Rolle des Sachverständigen im Prozeß entspricht: Sein Gutachten bestimmt nicht allein den Ausgang des Verfahrens, sondern dient dem Gericht lediglich als Entscheidungshilfe, indem es ihm die für die Entscheidung notwendigen Fachkenntnisse vermittelt; das Gericht wiederum ist an die Meinung des Sachverständigen nicht gebunden, sondern kann weitere Sachverständige beauftragen. Daran ändert es nichts, daß in vielen Verfahren, in denen es um spezielle und schwierige Fachfragen geht, die Stellung des Sachverständigen so stark sein mag, daß das Gericht kaum umhin kommt, seiner Auffassung zu folgen, weil dies an seiner nach dem Gesetz beschränkten Aufgabe nichts ändert (OLG Bamberg aaO).
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn