Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 05. Dez. 2012 - 5 W 412/12

published on 05/12/2012 00:00
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 05. Dez. 2012 - 5 W 412/12
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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 01.10.2012 - 3 OH 12/11 - aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Landgericht Saarbrücken zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen die Zurückweisung ihres auf ergänzende Begutachtung durch den Sachverständigen gerichteten Antrags vom 24.08.2012. Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens sind Baumängel bei der Errichtung eines Neubaus.

Mit Beschluss vom 08.03.2011 (Bl. 63 d.A.) hat die zuständige Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken durch den Vorsitzenden antragsgemäß die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Nach Eingang des Gutachtens vom 07.12.2011 wurde ein Ergänzungsgutachten in Auftrag gegeben, welches am 07.05.2012 erstellt wurde. Den Antrag der Antragsteller vom 24.08.2012 auf Ergänzung des Sachverständigengutachtens wies der Vorsitzende der zuständigen Zivilkammer durch Beschluss vom 01.10.2012 zurück.

Der sofortigen Beschwerde vom 16.10.2012 (Bl. 371 d.A.) half der Vorsitzende nicht ab und legte die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht vor.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg, weil der angefochtene Beschluss vom 01.10.2012 zu Unrecht durch den Einzelrichter erlassen wurde. Deshalb war der Beschluss aufzuheben und die Sache an das Landgericht zur weiteren Bearbeitung durch die zuständige Kammer zurückzuverweisen.

(1.)

Über die sofortige Beschwerde hat gemäß § 568 Abs. 1 ZPO der zuständige Einzelrichter des Beschwerdegerichts zu entscheiden, weil die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde. Ob dies zu Recht der Fall war oder nicht, ist ohne Bedeutung.

(2.)

Für selbständige Beweisverfahren beim Landgericht Saarbrücken, die Streitigkeiten aus Bauverträgen betreffen, ist nach § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2c ZPO die Kammer zuständig, der diese Rechtsstreitigkeit nach Nr. 4.1.3.2 i.V.m. Nr. 2.2.2.2. 3. Spiegelstrich des Geschäftsverteilungsplans des Landgerichts Saarbrücken zugewiesen sind. § 348 ZPO betrifft auch alle Nebenverfahren wie z.B. Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren, selbständige Beweisverfahren, Arrest- und einstweilige Verfügungsverfahren (Greger in: Zöller, ZPO, 29.Aufl., § 348 Rn. 2 für den Einzelrichter). Dagegen spricht nicht mit der ausreichenden Deutlichkeit, dass § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO von „der Zuordnung des Rechtsstreits“ spricht. Auch wenn selbständige Beweisverfahren oder z.B. Prozesskostenhilfeverfahren keine Streitigkeiten im eigentlichen Sinn sind, gehören sie als Nebenverfahren zu den eigentlichen Rechtsstreitigkeiten. Dass der Gesetzgeber diese Nebenverfahren mit § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO nicht erfassen wollte, ist nicht erkennbar, zumal der Sinn der originären Kammerzuständigkeit, die Nutzbarmachung der besonderen Fachkenntnisse der Kammer (Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/4722, S. 87), die Nebenverfahren in gleicher Weise betrifft. Im Übrigen zeigt § 348 Abs. 2 ZPO, dass in Zweifelsfällen über das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 die Kammer entscheidet.

Deshalb war der Vorsitzende nicht zur Entscheidung über den Antrag vom 24.08.2012 zuständig. Eine Übertragung auf ihn als Einzelrichter gemäß § 348a ZPO ist nicht erfolgt.

Dies hat die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und - mit Blick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG - die Zurückverweisung an das Landgericht gemäß § 572 Abs. 3 ZPO zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - zur Folge (vgl. BGH, Beschl. v. 02.06.2005 - IX ZB 287/03 - NJW-RR 2005, 1299; OLG Celle, MDR 2003, 523; Heßler in: Zöller, ZPO, 29.Aufl., § 572 Rn. 27). Denn anders als sonst, verbietet sich eine eigene Entscheidung durch das Beschwerdegericht, weil die Entscheidung des Einzelrichters statt der Kammer Auswirkungen auf die Besetzung des Beschwerdegerichts hat (§ 568 ZPO). Diese kann auch nicht durch Anwendung von § 568 S. 2 ZPO korrigiert werden (so KG Berlin, KGR Berlin 2008, 449), denn beide dort genannten Voraussetzungen liegen nicht vor. Auch kann aus § 538 ZPO für das Beschwerdeverfahren nichts abgeleitet werden, weil § 526 ZPO - anders als § 568 ZPO - nicht dazu führt, dass die Besetzung des Berufungsgerichts durch eine fälschlicherweise ergangene Einzelrichterentscheidung verändert wird.

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(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

Annotations

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Die Zivilkammer entscheidet durch eines ihrer Mitglieder als Einzelrichter. Dies gilt nicht, wenn

1.
das Mitglied Richter auf Probe ist und noch nicht über einen Zeitraum von einem Jahr geschäftsverteilungsplanmäßig Rechtsprechungsaufgaben in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wahrzunehmen hatte oder
2.
die Zuständigkeit der Kammer nach § 72a Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes oder nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts wegen der Zuordnung des Rechtsstreits zu den nachfolgenden Sachgebieten begründet ist:
a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus Veröffentlichungen durch Druckerzeugnisse, Bild- und Tonträger jeder Art, insbesondere in Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen;
b)
Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften;
c)
Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen;
d)
Streitigkeiten aus der Berufstätigkeit der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer;
e)
Streitigkeiten über Ansprüche aus Heilbehandlungen;
f)
Streitigkeiten aus Handelssachen im Sinne des § 95 des Gerichtsverfassungsgesetzes;
g)
Streitigkeiten über Ansprüche aus Fracht-, Speditions- und Lagergeschäften;
h)
Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen;
i)
Streitigkeiten aus den Bereichen des Urheber- und Verlagsrechts;
j)
Streitigkeiten aus den Bereichen der Kommunikations- und Informationstechnologie;
k)
Streitigkeiten, die dem Landgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert zugewiesen sind.

(2) Bei Zweifeln über das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 entscheidet die Kammer durch unanfechtbaren Beschluss.

(3) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit der Zivilkammer zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
3.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Die Kammer übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 vorliegen. Sie entscheidet hierüber durch Beschluss. Eine Zurückübertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Auf eine erfolgte oder unterlassene Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Ist eine originäre Einzelrichterzuständigkeit nach § 348 Abs. 1 nicht begründet, überträgt die Zivilkammer die Sache durch Beschluss einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
3.
nicht bereits im Haupttermin vor der Zivilkammer zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit der Zivilkammer zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder
2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Die Kammer übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 vorliegen. Sie entscheidet hierüber nach Anhörung der Parteien durch Beschluss. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Das Berufungsgericht kann durch Beschluss den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde,
2.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
3.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
4.
nicht bereits im Haupttermin zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit dem Berufungsgericht zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder
2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Das Berufungsgericht übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 vorliegen. Es entscheidet hierüber nach Anhörung der Parteien durch Beschluss. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(4) In Sachen der Kammer für Handelssachen kann Einzelrichter nur der Vorsitzende sein.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.