Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 28. Aug. 2014 - 5 U 4/14

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2014:0828.5U4.14.0A
bei uns veröffentlicht am28.08.2014

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten gegen das am 26.09.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe wird das Urteil unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und hinsichtlich des Tenors zu 1.) und hinsichtlich der Kostenentscheidung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 28.926,48 nebst Zinsen hierauf in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 29.09.2011 zu zahlen sowie

den Kläger von Ansprüchen seines Sohnes J. aus den Darlehensverträgen vom 29.12.1999 in Höhe von € 5.853,80 freizuhalten.

Im Übrigen wird die Klage hinsichtlich des Klageantrages zu 1.) abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 8 % und die Beklagte zu 92 %.

Die Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger zu 16 % und die Beklagte zu 84 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Am 28.06.1999 fand zwischen dem Kläger, seinem Sohn J. und dem Mitarbeiter der Beklagten R. ein Beratungsgespräch statt, in dem der Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger die streitgegenständliche Anlage empfahl. Er schlug des Weiteren vor, dass der Sohn des Klägers diesem zur Finanzierung des Erwerbs der streitgegenständlichen Anlage Darlehen in Höhe der Anlagesumme gewähren sollte, und zwar jeweils in Höhe von DM 25.000,00 zum 22.07.1999 und zum 01.12.2000. Der Kläger sollte an seinen Sohn Zinsen in Höhe von 6 % p. a. zahlen. In den nachfolgend schriftlich zwischen dem Kläger und seinem Sohn abgeschlossenen beiden Darlehensverträgen vom 29.12.1999 heißt es dazu, die Zinsen seien „jeweils zum Ende eines jeden Kalenderhalbjahres fällig“ und das Darlehen werde „für die Dauer von fünf Jahren für beide Seiten unkündbar gewährt“.

2

Mit dem Klageantrag zu 1.) beansprucht der Kläger im Wege des Schadenersatzes die Rückzahlung des Anlagebetrages (DM 52.500,00 = € 26.842,82) sowie der an seinen Sohn, den Zeugen J., gezahlten Darlehenszinsen in Höhe von € 18.035,82 (6 % p. a. vom 22.07.1999 bis zum 31.12.2011, zunächst bis zum 30.11.2000 auf € 12.782,30, entsprechend DM 25.000,00, sodann vom 01.12.2000 bis 31.12.2011 auf € 25.564,59, entsprechend DM 50.000,00) abzüglich gezahlter Ausschüttungen des streitgegenständlichen Fonds in Höhe von € 10.097,94.

3

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ausgeführt, dem Kläger stehe jedenfalls wegen der als solcher unstreitigen Nichtaufklärung über Rückvergütungen seitens des Anlageberaters der Beklagten ein Schadensersatzanspruch gegen diese zu. Insoweit und im Hinblick auf die weiteren Urteilsaussprüche, die auf der Verpflichtung zur Rückabwicklung der streitgegenständlichen Anlage beruhen, ist das Urteil rechtskräftig.

4

Darüber hinaus, nur diese Entscheidung ist im Berufungsrechtszug noch von Interesse, hat das Landgericht dem Kläger Schadensersatz in Form entgangener Zinsen im Falle einer Alternativanlage zugesprochen und ausgeführt, die Beklagte habe den Zinsgewinn zu ersetzen, den der Kläger bei anderweitiger pflichtgemäßer Anlage erzielt hätte. Das Gericht schätze gemäß § 287 ZPO, dass er jedenfalls den geltend gemachten Zins anderweitig erzielt hätte.

5

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten:

6

Das Landgericht habe dem Kläger rechtsfehlerhaft einen Anspruch auf entgangenen Gewinn zugesprochen. Diesen habe der Kläger nicht verlangt und er habe auch keine Tatsachen vorgetragen, die einen solchen Anspruch rechtfertigten. Dementsprechend komme auch keine Schätzung der Höhe der Zinsen gemäß § 287 ZPO in Betracht.

7

Dem Kläger stehe auch kein Anspruch auf Erstattung des von ihm behaupteten Zinsschadens in Höhe von € 18.035,82 zu. Die Zahlung von Zinsen seitens des Klägers an seinen Sohn sei streitig und der Kläger habe keinen Nachweis für die Zahlung erbracht. Nur der Abschluss der Darlehensverträge und die vereinbarten Zinsen von 6 % seien zwischen den Parteien unstreitig, nicht aber die tatsächliche Zahlung der als Schadensersatz geltend gemachten Zinsen. Der klägerische Vortrag zu Anrechnungen der Ausschüttungen auf die geschuldeten Darlehenszinsen sei nicht nachvollziehbar.

8

Die Zinsen in Höhe von 6 % p. a. seien überdies überhöht und hielten einem Fremdvergleich nicht stand. Ein Vertrag unter nahen Angehörigen sei aber nur anzuerkennen, wenn er wirksam geschlossen worden sei, inhaltlich dem Fremdüblichen entspreche und auch entsprechend durchgeführt worden sei. Für ein Darlehen mit einer fünfjährigen Laufzeit sei angesichts der guten Bonität des Klägers der geltend gemachte Zins überhöht, so habe im Beitrittsmonat Juni 1999 die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer mittleren Restlaufzeit von über drei bis fünf Jahren lediglich 3,55 % p. a. betragen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

unter Abänderung des auf die mündliche Verhandlung vom 25.04.2013 ergangenen und bei der Beklagten am 20.12.2013 eingegangenen Urteils des Landgerichts Itzehoe, Aktenzeichen 7 O 269/11, die Klage hinsichtlich des Antrages zu 1.) insoweit abzuweisen, als sie einen Betrag in Höhe von € 16.744,88 übersteigt.

11

Der Kläger beantragt,

12

die Berufung zurückzuweisen.

13

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil: Selbst wenn man davon ausginge, dass das Landgericht den im Berufungsverfahren noch im Streit stehenden Teilbetrag nicht als entgangenen Gewinn hätte zusprechen dürfen, schulde die Beklagte dem Kläger jedenfalls Aufwendungsersatz für die vom Kläger an den Zeugen J. entrichteten Darlehenszinsen in Höhe von 6 % p. a.. Für den Kläger seien die entsprechenden Darlehensverträge bereits vorgelegt worden. Die Verpflichtung des Klägers zur Zinszahlung bestehe unbeschadet der unstreitigen Stundung der Darlehenszinsforderung durch seinen Sohn fort und müsse weiterhin erfüllt werden. Der Kläger habe die bis zum Jahr 2007 erhaltenen Ausschüttungen an seinen Sohn weitergeleitet. Die jährlich angefallenen Zinsen seien in diesem Zeitraum gegenüber der Fondsgesellschaft immer als Sonderwerbungskosten angegeben worden, der Zeuge J. habe sie in seinen Steuererklärungen angegeben. Nach 2007 habe sein Sohn ihm die Zinszahlungen gestundet und auf die Kündigung der Verträge verzichtet. Er schulde seinem Sohn Zinsen in Höhe von 6 % p. a. Die Darlehensverträge seien auch in diesem Punkt wirksam. Im Jahr 1999 hätten die Sollzinsen der Banken in Deutschland für Ratenkredite von € 5.000,00 bis € 10.000,00 mit Laufzeiten von 24 bis 48 Monaten im Durchschnitt bei 10,14 % p. a. gelegen. Da die in den streitgegenständlichen Darlehensverträgen vereinbarten Zinsen deutlich darunter lägen, sei deren Angemessenheit bestätigt. Der von der Beklagten genannte Wert (Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere) sei zum einen bereits erstinstanzlich bestritten worden und sei zudem nicht als Vergleichswert heranzuziehen. Auch sei es widersprüchlich, wenn die Beklagte durch ihren Mitarbeiter zunächst für die Vereinbarung zwischen dem Kläger und seinem Sohn einen Zinssatz vorschlage und sich sodann auf dessen Überhöhung berufe.

14

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Herrn J. als Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2014 verwiesen.

15

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.

II.

16

Die zulässige Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet. Das Landgericht hat dem Kläger unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Schaden zuerkannt, dessen Ersatz er nicht beantragt hat. Die Entscheidung stellt sich aber im Ergebnis aber ganz weitgehend als zutreffend dar, weil dem Kläger der von ihm begehrte Schadensersatz zusteht.

1.

17

Das Landgericht hat dem Kläger unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Schaden zuerkannt, dessen Ersatz er nicht beantragt hat.

a)

18

Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Das Gericht darf nur über den zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand entscheiden (BGH, Urteil vom 03.04.2003, I ZR 1/01, juris-Rn. 43, BGHZ 154, 342; Urteil vom 29.06.2006, I ZR 235/03, juris-Rn. 16, BGHZ 168, 179).

19

Das Gericht darf einen Anspruch, den es für unbegründet hält, nicht durch einen anderen ersetzen, den es für begründet hält, der aber einen anderen Streitgegenstand hat und damit nicht Gegenstand der Klage ist (BGH, Urteil vom 03.04.2003, I ZR 1/01, juris-Rn. 44, BGHZ 154, 342; Urteil vom 29.06.2006, I ZR 235/03, juris-Rn. 16, BGHZ 168, 179). Insbesondere darf das Gericht keine andere als die verlangte Schadensart zuerkennen (BGH, Urteil vom 11.11.1993, IX ZR 229/92, juris-Rn. 9, NJW 1994, 442).

b)

20

Vorliegend hat das Landgericht über einen anderen als den von dem Kläger zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand entschieden. Denn der den Ansprüchen jeweils zugrunde liegende Lebenssachverhalt ist ein anderer.

aa)

21

Der Kläger begehrt Ersatz der von ihm an seinen Sohn - angeblich - auf die beiden Darlehensverträge gezahlten Zinsen. In der Klageschrift ist klargestellt, dass der Kläger mit dem Klageantrag zu 1.) den Anlagebetrag (DM 50.000,00) zuzüglich Agio (DM 2.500,00), zusammen DM 52.500,00, entsprechend € 26.842,82, sowie an seinen Sohn, den Zeugen J., gezahlte Darlehenszinsen in Höhe von € 18.035,82 (6 % p. a. vom 22.07.1999 bis zum 31.12.2011, zunächst bis zum 30.11.2000 auf € 12.782,30, entsprechend DM 25.000,00, sodann vom 01.12.2000 bis 31.12.2011 auf € 25.564,59, entsprechend DM 50.000,00) abzüglich der Ausschüttungen des streitgegenständlichen Fonds in Höhe von € 10.097,94 verlangt.

bb)

22

Das Landgericht hat ihm hingegen einen Anspruch auf entgangenen Gewinn in Form entgangener Zinserträge aus einer Alternativanlage zugebilligt. Es führt in seinen Entscheidungsgründen aus, die Beklagte habe

23

„darüber hinaus dem Kläger den Zinsschaden zu ersetzen, den dieser bei anderweitiger pflichtgemäßer Anlage erzielt hätte. Das Gericht schätzt gemäß § 287 ZPO, dass der Kläger jedenfalls den geltend gemachten Zins anderweitig erzielt hätte.“

cc)

24

Der Streitgegenstand dieser beiden Schadensersatzansprüche ist ein jeweils anderer: Die beiden Ansprüche schließen einander aus. Der Anspruch auf entgangene Anlagezinsen setzt voraus, dass dem Kläger das zum Erwerb der streitgegenständlichen Anlage verwandte Kapital zur Verfügung stand und anderweitig hätte angelegt werden können. Der Anspruch auf Ersatz der für die Finanzierung des Erwerbs gezahlten Zinsen setzt hingegen voraus, dass der Kläger dieses Kapital gerade nicht hatte, sondern er den Erwerb finanzieren musste. Entweder muss sich der Kläger also für seine Anlage das Kapital beschaffen, was zu einem Schadensersatzanspruch hinsichtlich der zu zahlenden Darlehenszinsen führt, oder aber das Kapital war bereits vorhanden, was zur Möglichkeit einer Alternativanlage mit entgangenem Anlagezins und einem Schadensersatzanspruch in Form entgangenen Gewinns führt.

dd)

25

In den klägerischen Schriftsätzen findet sich auch kein Hinweis darauf, dass der Kläger seinen Schadensersatzanspruch hilfsweise auf entgangenen Anlagezins gestützt hat. Der Anlagezins ist auch im Vergleich zum Finanzierungszins kein Weniger. Es kann nur der eine oder der andere Anspruch bestehen.

2.

26

Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber ganz weitgehend als zutreffend dar, weil dem Kläger der von ihm begehrte Schadensersatz zusteht.

a)

27

Der Kläger begehrt in der Berufungsinstanz, wie schon in erster Instanz, Ersatz der von ihm an seinen Sohn gezahlten Darlehenszinsen. Entgangenen Gewinn verlangt er nach wie vor nicht.

28

Der Kläger, dem unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO mehr zugesprochen wurde, als er im ersten Rechtszug beantragt hat, macht sich mit dem Antrag, das Rechtsmittel zurückzuweisen, die gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßende Entscheidung regelmäßig zu eigen, worin eine (noch in der Berufungsinstanz mögliche) Klageerweiterung liegt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 308 Rn. 7).

29

Vorliegend macht sich der Kläger allerdings die Entscheidung über den Anspruch auf entgangenen Gewinn gerade nicht zu eigen, sondern geht davon aus, dass das Landgericht den im Berufungsverfahren noch im Streit stehenden Betrag in Höhe von € 18.035,82 nicht als entgangenen Gewinn hätte zusprechen dürfen. Er meint, ihm stehe ein Ersatzanspruch hinsichtlich der angeblich an seinen Sohn gezahlten Darlehenszinsen zu.

b)

30

Ein Anspruch auf Ersatz des durch Zahlung von Darlehenszinsen in Höhe von insgesamt € 18.035,82 an seinen Sohn entstandenen Schadens steht dem Kläger in Höhe von € 12.181,60 gegen die Beklagte zu, im Übrigen besteht ein Anspruch auf Freihaltung von den Ansprüchen seines Sohnes J. auf Zahlung von Zinsen gemäß den Darlehensverträgen vom 29.12.1999 in Höhe von € 5.853,80. In Höhe von € 0,42 greift die Berufung den Zinsausspruch nicht an.

aa)

31

Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 12.181,60 verlangen.

(1)

32

Der Anspruch des Klägers resultiert aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht wegen der insoweit bestehenden Rechtskraft des angefochtenen Urteils fest.

(2)

33

Der Kläger kann von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von € 12.181,60 verlangen.

34

Der Kläger hat die streitgegenständliche Anlage durch ein Darlehen seines Sohnes finanziert. Das Darlehen war mit 6 % p. a. zu verzinsen. Der Kläger hat Zinsen in Höhe von € 12.181,60 an seinen Sohn gezahlt.

(a)

35

Der Abschluss des Darlehensvertrages zwischen dem Kläger als Darlehensnehmer und seinem Sohn als Darlehensgeber ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Darlehen dienten unstreitig ausschließlich der Finanzierung der streitgegenständlichen Anlage, weshalb die Darlehenszinsen kausale Schäden sind, denn sie wären bei Nichtvornahme der Anlage nicht angefallen.

(b)

36

Auch die zwischen dem Kläger und seinem Sohn vereinbarte Verzinsung von 6 % p. a. ist unstreitig.

37

Die von der Beklagten in der Berufung gegen die Vereinbarung des Zinssatzes von 6 % erhobenen Einwendungen sind dem Senat nicht recht verständlich: Zur Schadensminderung war der Kläger nicht verpflichtet. Die Darlehensverträge sind zur Finanzierung der streitgegenständlichen Anlage abgeschlossen worden. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise der Kläger die ihm durch die Finanzierung entstehende Zinslast im Nachhinein hätte verringern können oder gar müssen. Auch Verwandte sind nicht verpflichtet, sich auf die Abänderung geschlossener Verträge einzulassen. Dass der Zinssatz für ein Darlehen mit einer Kündigungssperrfrist von fünf Jahren insgesamt über DM 50.000,00 im Jahr 1999 nicht dem „Fremdüblichen“ entsprochen hätte, ist nicht zu erkennen und auch nicht erheblich. An der Wirksamkeit der Darlehensverträge besteht kein Zweifel. Der von der Beklagten angestellte Vergleich mit der Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere (behauptet seinerzeit 3,55 %) hinkt überdies bereits deshalb, weil es sich vorliegend um ein Darlehen zwischen Privatpersonen handelt. Die Höhe wurde ferner unstreitig nach Vorschlag des bei der Beklagten angestellten Mitarbeiters R. vereinbart.

(c)

38

Der Kläger hat Zinsen in Höhe von € 12.181,60 an seinen Sohn gezahlt. Das steht zur Überzeugung des Senats fest (§ 286 ZPO).

39

An die tatbestandliche Feststellung des angefochtenen Urteils ist der Senat nicht gebunden.

40

Die Beklagte hat beantragt, den Tatbestand im Hinblick auf ihr Bestreiten der Zahlungen zu berichtigen. Diesen Tatbestandsberichtigungsantrag hat das Landgericht zu Unrecht zurückgewiesen.

41

Der Kläger hat behauptet, er habe die an ihn geflossenen Ausschüttungen an seinen Sohn, den Zeugen J., weiter gereicht. Das hat der Zeuge nicht bestätigt. Der Kläger hat sich die Aussage seines Sohnes aber hilfsweise zu eigen gemacht. Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände jedenfalls hilfsweise zu eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind. Das Gericht hat auch diesen Vortrag der Partei bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 08.01.1991, VI ZR 102/90, NJW 1991, 1541; BGH, Urteil vom 03.04.2001, VI ZR 203/00, NJW 2001, 2177; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, vor § 128 Rn. 10).

42

Der Kläger hat, indem er sich die Aussage seines Sohnes hilfsweise zu eigen gemacht hat, dargelegt und zur Überzeugung des Senats bewiesen, dass er in den Jahren 2000 bis 2007 an den Zeugen J. Zinsen in Höhe von insgesamt € 12.181,60, nämlich DM 1.775,00 (entsprechend € 907,54) im Jahr 2000 sowie jeweils DM 3.150,00 (entsprechend € 1.610,58) in den Jahren 2001 bis 2007 gezahlt hat.

43

Nach Vernehmung des Zeugen J. ist der Senat von dessen Angaben zu den vorstehenden Zahlungen überzeugt (§ 286 ZPO). Seine Aussage ist ergiebig im Sinne der zu beweisenden Zahlungen, welche er im oben genannten Sinne bestätigt hat. Die Aussage ist zur Überzeugung des Senats glaubhaft, denn der Zeuge hat ohne Strukturbrüche vereinzelt und detailreich dargestellt, wie es zur Vereinbarung entsprechender Zinszahlungen und deren Leistung gekommen sei. Hinzu kommt, dass der Zeuge erkennbar bemüht gewesen ist, auch mittels zum Termin mitgebrachter Unterlagen, zur Aufklärung des Sachverhaltes beizutragen. Hierbei hat er nicht nur für seinen Vater vermeintlich Positives, sondern auch Negatives berichtet, insbesondere dazu, dass die erste Zinsrate im Jahr 2000 niedriger ausgefallen sei. Diesbezüglich hat er - was nach Auffassung des Senats für seine Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage spricht - erst auf mehrfache Nachfrage aus dem Senat einen handschriftlich geschriebenen Zettel vorgelegt, auf dem sich eine nach seinen Angaben mit seinem Vater gemeinsam vorgenommene Berechnung der Zinsrate für das Jahr 2000 ergibt. Diese Berechnung wiederum hat der Zeuge plausibel dahingehend erläutert, dass der zweite Teil der Einzahlung in den Fonds (in Höhe von DM 25.000,00) erst zum 01.12.2000 fällig geworden und von ihm für seinen Vater geleistet worden sei, was zu einer diesbezüglichen Berücksichtigung eines Zinszeitraums für das Jahr 2000 von lediglich 30 Tagen geführt habe. Tatsächlich ergibt sich bei Addition einer 6 %igen Verzinsung für den ersten Teilbetrag der Einzahlung in den Fonds in Höhe von DM 25.000,00 für das gesamte Jahr 2000 mit einer 6%igen Verzinsung für die zweiten DM 25.000,00 ein Zinsbetrag in Höhe von DM 1.775,00 (€ 907,54).

44

Auch hat der Zeuge überzeugend dargestellt, dass die Darlehensverträge sich zwar über die beiden zu leistenden Einzahlungen in Höhe von jeweils DM 25.000,00 belaufen, tatsächlich er aber im ersten Fall DM 27.500,00, nämlich zusätzlich den Betrag für das zu zahlende Agio in Höhe von DM 2.500,00, für seinen Vater gezahlt habe, denn hieraus ergibt sich der für das Jahr 2002 mittels Kontoauszug dargelegte gezahlte Zinsbetrag in Höhe von € 1.610,58 (6 % p. a. auf DM 52.500,00, entsprechend € 26.842,82). Auch diese Darstellung hat sich der Kläger nach dem Gesagten zu Eigen gemacht und durch die Aussage des Zeugen zur Überzeugung des Senats bewiesen. Schon aus der plausiblen Berechnung des Betrages ergibt sich ein Indiz für die Glaubhaftigkeit der diesbezüglichen Aussage. Darüber hinaus hat der Zeuge - wiederum erst nach ausdrücklicher Aufforderung des Senats - Unterlagen vorgelegt, nach denen die Beteiligungsgesellschaft dem Kläger Sonderwerbungskosten in Höhe von € 1.658,10 für die Jahre 2002 und 2003 bestätigte. Die Aussage ist auch nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, weil der Zeuge nach eigenen Angaben seine Kontoauszüge, die die Zinszahlungen seines Vaters ausweisen, nicht (mehr) vorlegen kann, denn seine Erklärung dahingehend, dass er seine Auszüge nur fünf Jahre lang aufbewahre und die letzte Zahlung in 2007 bereits mehr als fünf Jahre zurückliege, hält der Senat für zumindest gut nachvollziehbar.

bb)

45

Der Kläger kann von der Beklagten Freihaltung von Ansprüchen seines Sohnes, des Zeugen J., auf weitere Zinsen in Höhe von € 5.853,80 verlangen.

46

Der Senat ist nicht nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehindert, dem Kläger einen Anspruch auf Freistellung zuzusprechen. Dieser besteht in Höhe von € 5.853,80.

(1)

47

Der Senat ist nicht nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehindert, dem Kläger einen Anspruch auf Freistellung zuzusprechen.

48

Der Freihaltungsanspruch ist als Minus (Weniger) im Anspruch auf Zahlung enthalten und ist nicht etwa ein Aliud (etwas qualitativ anderes) (OLG Frankfurt, Urteil vom 27.06.1989, 3 UF 274/88, FamRZ 1990, 49; Zöller/Vollkommer, aaO, § 308 Rn. 4; Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 308 Rn. 12; MüKoZPO/Musielak, 4. Aufl. 2013, § 308 Rn. 11). So hat auch der Bundesgerichtshof (Urteil vom 25.11.1993, IX ZR 51/93, NJW 1994, 944) erkannt, dass der Freistellungs- wie der Zahlungsanspruch im dortigen Fall - so auch hier - nur unterschiedliche Ausprägungen ein und desselben Anspruchs seien. Auch der erstere beruhe auf der Verpflichtung des Schuldners zum Schadensersatz. Der Schädiger schulde Ausgleich wegen der von ihm zu verantwortenden Belastung des Vermögens. Diese Schuld könne, je nach dem ob diese Belastung aus einer Verbindlichkeit oder sonstigen Vermögensnachteilen bestehe, auf Schuldbefreiung oder auf Zahlung gerichtet sein. Dementsprechend habe die Rechtsprechung den Übergang von einem Zahlungs- auf ein Freistellungsbegehren als bloße Beschränkung des Klageantrags i. S. von § 264 Nr. 2 ZPO gewertet. Dann sei umgekehrt der Übergang von einem Befreiungs- auf einen Zahlungsanspruch auch nur eine bloße Erweiterung des Klageantrags im Sinne dieser Vorschrift (BGH a. a. O.). Stellt sich der Übergang vom Zahlungsanspruch auf einen Freistellungsanspruch aber lediglich als Beschränkung des Klageantrages im Sinne eines Minus statt eines Aliuds dar, so ist dieses Minus im Klageantrag hinsichtlich einer Zahlung bereits enthalten.

49

Da es sich bei der zuerkannten Freihaltung um ein Weniger gegenüber dem Zahlungsanspruch handelt, war die Klage auf die Berufung im Übrigen (hinsichtlich des Mehr des Zahlungsantrages) abzuweisen.

(2)

50

Der Freistellungsanspruch besteht in Höhe von € 5.853,80.

51

Er errechnet sich aus der Differenz des noch streitgegenständlichen Klagantrags in Höhe von € 18.035,40 abzüglich des zugesprochenen Zahlungsanspruchs in Höhe von € 12.181,60.

III.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Da die Verurteilung zur Freihaltung einem Weniger gegenüber der Verurteilung zur Zahlung beinhaltet, hat der Senat hinsichtlich dieses Teils des Streitgegenstandes (€ 5.853,80) die Kosten zur Hälfte dem Kläger auferlegt. Er unterliegt mithin in erster Instanz mit einem Wert von € 2.926,90 (= ½ von € 5.853,80) von € 35.780,00, dem erstinstanzlichen Streitwert. In der Berufungsinstanz unterliegt er mit demselben Wert bei einem Gebührenstreitwert von € 18.035,40.

53

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

54

Die Revision war nicht zuzulassen. Der Rechtsstreit hat seinen Schwerpunkt in den tatsächlichen Feststellungen.


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(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 1/01 Verkündet am:
3. April 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Reinigungsarbeiten

a) Ein Gericht entscheidet unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas
anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsausspruch über einen Unterlassungsantrag
einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen,
mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat.

b) Wird mit einem Antrag die Untersagung einer bestimmten geschäftlichen Tätigkeit
begehrt, stellt das Verbot eines Teils dieser geschäftlichen Tätigkeit
prozessual kein Minus zu dem gestellten Unterlassungsantrag dar, wenn
seine Begründung von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die nicht
zum Inhalt des Antrags erhoben worden sind.
BGH, Urt. v. 3. April 2003 - I ZR 1/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 28. April 1999 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte zu 1 wurde von der Beklagten zu 2, einem Beteiligungsunternehmen der Stadt D. , und der Beklagten zu 3, die ein bundesweit tätiges Reinigungsunternehmen ist, als Mitgesellschaftern mit gleichen Geschäftsanteilen aufgrund eines Gesellschaftsvertrages vom 14. April 1994 gegründet. Als Gegenstand ihres Unternehmens wurde in § 2 des Gesellschaftsvertrages u.a. folgendes bestimmt:
"Gegenstand des Unternehmens sind hochwertige Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, Pflege, Sicherheit und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Verkehrsmitteln aller Art sowie sonstige Serviceleistungen im logistischen Umfeld. Das Unternehmen wird im Rahmen der Aufgaben der Stadt D. und ihrer eigenen Beteiligungsgesellschaften tätig. Darüber hinaus kann es in gleicher Art und Weise für andere Gebietskörperschaften und öffentliche Institutionen sowie deren Beteiligungsgesellschaften tätig werden, soweit die jeweilige Gebietskörperschaft oder öffentliche Institution oder eine ihrer Beteiligungsgesellschaften Gesellschafter dieses Unternehmens oder eines eigenen Beteiligungsunternehmens ist." Seit der Gründung der Beklagten zu 1 lassen die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen sämtliche bei ihnen anfallenden Reinigungsarbeiten ohne Ausschreibung von der Beklagten zu 1 durchführen.
Die Klägerin, ein in D. ansässiges Reinigungsunternehmen, hat die Gründung der Beklagten zu 1 als kartellrechtswidrig beanstandet. Sie ist zudem der Ansicht, die gewerbliche Betätigung der Beklagten zu 1 sei mit den Schranken , die § 107 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden setze, nicht vereinbar.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
1. festzustellen, daß der zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 geschlossene Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 vom 14. April 1994 unwirksam ist; 2. festzustellen, daß die zwischen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2, der D. Verkehrsgesellschaft AG, der Stadtwerke D. AG und der Stadt D. geschlossenen Verträge über Reinigungsleistungen in Ausführung des Gesellschaftsvertrages unwirksam sind; 3. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es zu unterlassen, weiterhin aufgrund und im Rahmen ihres Gesellschaftsvertrages tätig zu sein. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren teilweise weiterverfolgt hat.
Die Klägerin hat vor dem Berufungsgericht zuletzt beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. April 1999 abzuändern und 1. festzustellen, daß der zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 geschlossene Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 vom 14. April 1994 unwirksam ist; 2. der Beklagten zu 1 zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Gebietskörperschaften und öffentlichen Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, Pflege, Sicherheit und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Verkehrsmitteln aller Art sowie sonstige Serviceleistungen im logistischen Umfeld dieser Tätigkeiten anzubieten oder solche Tätigkeiten auszuführen. Die Beklagten haben beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat in der Sache wie folgt entschieden:
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 28. April 1999 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Der Beklagten zu 1 wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von bis zu zwei Jahren, untersagt, der Beklagten zu 2 und/oder ihren Tochterunternehmen, nämlich der D. Verkehrsgesellschaft AG und der Stadtwerke D. AG, Dienstleistungen im Bereich der Gebäudereinigung anzubieten und/oder einen Auftrag der genannten Unternehmen zu solchen Diensten anzunehmen oder auszuführen, sofern 1. der Nettoauftragswert des jeweiligen Auftrags 200.000 rsteigt ; 2. die Voraussetzungen für eine Auftragsvergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Öffentliche Vergabebekanntmachung nach § 3a Nr. 2 VOL/A (Abschn. 2), nämlich:
a) wenn in einem Offenen und einem Nichtoffenen Verfahren keine oder keine wirtschaftlichen Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden ; der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist auf ihren Wunsch ein Bericht vorzulegen;
b) wenn es sich um die Lieferung von Waren handelt, die nur zum Zwecke von Forschungen, Versuchen, Untersuchungen, Entwicklungen oder Verbesserungen hergestellt werden, wobei unter diese Bestimmung nicht eine Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produktes oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten fällt;
c) wenn der Auftrag wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes eines Ausschließlichkeitsrechts (z.B. Patent-, Urheberrecht) nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden kann;
d) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn aus zwingenden Gründen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, die Fristen gemäß § 18a VOL/A nicht eingehalten werden können. Die Umstände, die die zwingende Dringlichkeit begründen, dürfen auf keinen Fall dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sein;
e) bei zusätzlichen Lieferungen des ursprünglichen Auftragnehmers, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten Waren oder Einrichtungen zur laufenden Benutzung oder zur Erweiterung von Lieferungen oder be-
stehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel des Unterneh- mens dazu führen würde, daß der Auftraggeber Waren mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müßte und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch , Betrieb oder Wartung mit sich bringen würde. Die Laufzeit dieser Aufträge sowie die der Daueraufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten;
f) für zusätzliche Dienstleistungen, die weder in dem der Vergabe zugrundeliegenden Entwurf noch im zuerst geschlossenen Vertrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Dienstleistungen erforderlich sind, sofern der Auftrag an das Unternehmen vergeben wird, das diese Dienstleistung erbringt, wenn sich die zusätzlichen Dienstleistungen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den Auftraggeber vom Hauptauftrag trennen lassen oder wenn diese Dienstleistungen zwar von der Ausführung des ursprünglichen Auftrags getrennt werden können, aber für dessen Verbesserung unbedingt erforderlich sind. Der Gesamtwert der Aufträge für die zusätzlichen Dienstleistungen darf jedoch 50 v. H. des Wertes des Hauptauftrags nicht überschreiten;
g) bei neuen Dienstleistungen, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen bestehen, die durch den gleichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundentwurf entsprechen und dieser Entwurf Gegenstand des ersten Auftrags war, der entweder im Offenen oder Nichtoffenen Verfahren vergeben wurde. Die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muß bereits in der Ausschreibung des ersten Vorhabens angegeben werden; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom Auftraggeber für die Anwendung des § 1a Nr. 4 VOL/A berücksichtigt. Das Verhandlungsverfahren darf jedoch nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluß des ersten Auftrags angewandt werden;
h) wenn im Anschluß an einen Wettbewerb im Sinne des § 31a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A der Auftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muß. Im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden; nicht vorliegen, und 3. der Beauftragung seitens der Beklagten zu 2 und/oder ihrer Tochterunternehmen , nämlich der D. Verkehrsgesellschaft AG sowie der Stadtwerke D. AG, eine Vergabe im Wettbewerb nicht vorausgegangen ist oder nicht vorausgehen soll. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte zu 1, das Berufungsurteil auf- zuheben, soweit sie durch dieses beschwert ist, und die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zu 1 zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ausgeführt, der Berufungsantrag zu 2 der Klägerin (Untersagung des Anbietens und der Ausführens bestimmter Dienstleistungen gegenüber Gebietskörperschaften, öffentlichen Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften ) sei zum Teil nach § 1 UWG begründet.
Ein Verstoß gegen die Vorschriften der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, die der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden Schranken setzten, liege allerdings nicht vor.
Die Beklagte zu 1 handele jedoch wettbewerbswidrig, weil sie einen Rechtsbruch der Beklagten zu 2 und deren Tochterunternehmen, der D. Verkehrsgesellschaft AG und der Stadtwerke D. AG, ausnutze. Es bestehe die ernstliche Gefahr, daß die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen auch künftig Dienstleistungsaufträge unter Mißachtung der vergaberechtlichen Bestimmungen an die Beklagte zu 1 vergeben würden. Eine entsprechende Gefahr sei dagegen bei der Stadt D. oder anderen Gebietskörperschaften und
öffentlichen Institutionen, die künftig Mitgesellschafter der Beklagten zu 1 werden könnten, nicht anzunehmen.
Die Vergabe öffentlicher Aufträge unter Mißachtung der Vergabevorschriften erfülle den Tatbestand des § 1 UWG. Die Beklagte zu 1 handele unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch wettbewerbswidrig, wenn sie dies zum eigenen Vorteil ausnutze. Die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen hätten seit 1994 alle Reinigungsaufträge an die Beklagte zu 1 ohne Rücksicht darauf vergeben, ob im Einzelfall eine öffentliche Ausschreibung geboten gewesen sei. Die Beklagte zu 1 habe zumindest billigend in Kauf genommen, dabei auch Aufträge zu erhalten, die öffentlich auszuschreiben gewesen wären.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin sei allerdings zu weit gefaßt. Die Klägerin könne sich nach § 1 UWG nur gegen die Vergabe von Reinigungsarbeiten an die Beklagte zu 1 wenden, da nur bezüglich solcher Dienstleistungen ein Wettbewerbsverhältnis mit dieser gegeben sei. Eine Begehungsgefahr bestehe zudem nur bei Aufträgen der Beklagten zu 2 und ihrer Tochtergesellschaften an die Beklagte zu 1. Insoweit sei der Beklagten zu 1 allerdings auch zu untersagen, bereits erhaltene Reinigungsaufträge auszuführen.
II. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht der Klägerin etwas zugesprochen hat, was diese nicht beantragt hat (§ 308 Abs. 1 ZPO).
1. Der Unterlassungsausspruch des Berufungsgerichts betrifft einen anderen Streitgegenstand als der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Unterlassungsantrag.


a) Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist nicht allein der Wortlaut von Antrag und Urteilsausspruch. Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und dem Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte; Urt. v. 18.7.2002 - III ZR 287/01, BGH-Rep 2002, 939, 940; Urt. v. 30.10.2002 - XII ZR 345/00, NJW 2003, 585, 586; Beschl. v. 10.12.2002 - X ARZ 208/02, NJW 2003, 828, 829, für BGHZ vorgesehen ). Wenn ein Gericht seinem Urteilsausspruch einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Unterlassungsantrag begründet hat, entscheidet es deshalb (unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO) über etwas anderes (aliud) als beantragt ist (vgl. Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 267). Dies hat das Berufungsgericht hier getan.

b) Die Klägerin hat mit ihrem Unterlassungsbegehren in beiden Tatsacheninstanzen jeweils einen einheitlichen prozessualen Anspruch geltend gemacht ; der im Berufungsverfahren gestellte Antrag war lediglich dem Umfang nach gegenüber dem Antrag vor dem Landgericht eingeschränkt. Ihren Klageantrag hat sie jeweils in zulässiger Weise (vgl. dazu BGHZ 143, 246, 250; BGH GRUR 2001, 755, 757 - Telefonkarte; MünchKomm.ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 260 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 260 Rdn. 2) auf zwei verschiedene tatsächliche und rechtliche Begründungen gestützt. Zum einen hat sie die Ansicht vertreten, die beanstandete Tätigkeit der Beklagten zu 1 sei kartellrechtswidrig, weil der Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 zum Zweck der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Reinigungsarbeiten vereinbart worden sei (§ 1 GWB). Zum anderen hat sie vor-
gebracht, die Beklagte zu 1 handele wettbewerbsrechtlich unlauter, weil ihre Tätigkeit mit den kommunalrechtlichen Schranken für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden nicht vereinbar sei.

c) Der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorwurf, die Beklagte zu 1 handele wettbewerbswidrig, weil sie sich von der Beklagten zu 2 und ihren Tochterunternehmen Aufträge für Reinigungsarbeiten ohne Ausschreibungsverfahren erteilen lasse, betrifft demgegenüber einen von der Antragsbegründung der Klägerin im Kern verschiedenen weiteren Lebenssachverhalt und damit einen anderen Streitgegenstand (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 76/95, GRUR 1997, 141 = WRP 1997, 83 - Kompetenter Fachhändler ; MünchKomm.ZPO/Lüke aaO § 263 Rdn. 14; vgl. auch Musielak/ Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 263 Rdn. 3). Diesen hat die Klägerin nicht zur Entscheidung gestellt.

d) Ein Unterlassungsantrag kann allerdings nicht nur - wie die Klägerin dies hier getan hat - auf verschiedene Begründungen gestützt werden; es ist auch möglich, daß mit ein und demselben Unterlassungsantrag mehrere Streitgegenstände in das Verfahren eingeführt werden (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 320 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf ; Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 - Widerruf der Erledigungserklärung; vgl. weiter Köhler in Köhler/Piper aaO Vor § 13 Rdn. 267). Voraussetzung ist dafür allerdings, daß der Kläger zweifelsfrei deutlich macht, daß er mit seinem Antrag mehrere prozessuale Ansprüche verfolgt (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Aufpreis; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 46 Rdn. 5). Dies erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muß, welche pro-
zessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können. Im vorliegenden Fall kann aber ein dem Unterlassungsausspruch des Berufungsgerichts entsprechendes Klagebegehren der Klägerin schon deshalb nicht angenommen werden, weil es - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - an einem darauf gerichteten Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen fehlt.
Die Klägerin hat zwar in der Klageschrift u.a. die Ansicht vertreten, die Gründung der Beklagten zu 1 und die ausschließliche Auftragsvergabe an diese verstoße gegen vergaberechtliche Vorschriften. Sie hat aber in den Vorinstanzen aus diesem Vorbringen, das ihren Feststellungsantrag lediglich zusätzlich stützen sollte, kein selbständiges Unterlassungsbegehren hergeleitet. So weitgehende Unterlassungsanträge, wie sie die Klägerin im landgerichtlichen Verfahren und im Berufungsverfahren gestellt hat, hätten mit diesem Vorbringen auch offensichtlich nicht begründet werden können. Nach der Abweisung der Klage durch das Landgericht hat die Klägerin dementsprechend in ihrer Berufungsbegründung keine Ausführungen zu einer behaupteten Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften gemacht. Auch im weiteren Berufungsverfahren bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist die Klägerin in ihren Schriftsätzen nicht mehr auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, die Gründung der Beklagten zu 1 und die freihändige Auftragsvergabe an diese verstoße gegen Vergaberecht, zurückgekommen.
2. Das vom Berufungsgericht gegenüber der Beklagten zu 1 ausgesprochene Verbot ist unter dem Gesichtspunkt des Streitgegenstandes auch kein Minus gegenüber dem von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag. Mit ihrem erstinstanzlichen Klageantrag hat die Klägerin begehrt, der Beklagten zu 1 eine geschäftliche Tätigkeit im Rahmen ihres Gesellschaftszwecks vollständig
zu verbieten. Ihr Antrag im Berufungsverfahren war darauf gerichtet, der Be- klagten zu 1 einen Teil dieser Tätigkeit zu untersagen, nämlich näher bezeichnete Dienstleistungen (insbesondere im Bereich der Gebäudereinigung), wenn diese für Auftraggeber einer bestimmten Art (Gebietskörperschaften, öffentliche Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften) erbracht werden sollen. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot ist demgegenüber abhängig vom Vorliegen bestimmter weiterer Voraussetzungen, und zwar derjenigen gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ein Auftrag nur nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens erteilt werden kann. Ein solches Verbot bezieht sich zwar ebenfalls auf einen Teil der geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten zu 1, kann aber prozessual nicht als Minus zu dem von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag behandelt werden, weil seine Begründung von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden sind (vgl. BAGE 76, 364, 377 = NJW 1995, 1044, 1047; BAG DB 1992, 434; BAG AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 93; vgl. auch BGH, Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 202/00, WRP 2003, 534, 535 = MarkenR 2003, 105 - Mitsubishi

).


3. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist auch nicht dadurch geheilt, daß die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt und sich dadurch die Entscheidung des Berufungsgerichts zu eigen gemacht hat. Denn insoweit handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684; Urt. v. 10.12.2001 - II ZR 139/00, ZIP 2002, 396, 397 = WM 2002, 342).
Ebensowenig kommt eine Zurückverweisung in Betracht, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, nunmehr einen Antrag zu stellen, der dem vom Be-
rufungsgericht ausgesprochenen Verbot entspricht (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 11.11.1993 - IX ZR 229/92, NJW 1994, 442). Das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen bot - wie dargelegt - keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Klägerin einen solchen prozessualen Anspruch geltend machen wollte.
4. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellte Unterlassungsantrag , der darauf gestützt war, daß die Betätigung der Beklagten zu 1 kartellrechtswidrig und mit den Schranken, die der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden gesetzt sind, nicht vereinbar sei, ist vom Berufungsgericht - von der Klägerin nicht mit der Revision angegriffen - abgewiesen worden.
III. Auf die Revision war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, soweit darin zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil war insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 235/03 Verkündet am:
29. Juni 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Anschriftenliste
Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag ändert eine Abwandlung
der Verletzungsform, auf die sich der Verbotsausspruch nach dem Willen
des Klägers beziehen soll, den Streitgegenstand und setzt deshalb einen entsprechenden
Antrag des Klägers voraus. Dies gilt ebenso, wenn eine im Unterlassungsantrag
umschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher
Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltensweisen eingeschränkt wird, deren
Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erfordert, auf die es
nach dem bisherigen Antrag nicht angekommen wäre. Ein in dieser Weise eingeschränkter
Antrag ist zwar gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des
§ 264 Nr. 2 ZPO) ein Minus, weil seine Begründung nunmehr von tatsächlichen
Voraussetzungen abhängt, die zuvor nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden
waren.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 235/03 - OLG Naumburg
LG Halle
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Oktober 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Das Berufungsurteil wird wie folgt neu gefasst: Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 20. Dezember 2002 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Kläger und Beklagte betreuen jeweils als Rechtsanwälte Kapitalanleger, die Fondsanteile verschiedener T. und Partner Immobilienfonds Kommanditgesellschaften (im Folgenden: Immobilienfonds) erworben haben. Diese Immobilienfonds sind spätestens im Jahr 2001 notleidend geworden. Trotz ausbleibender Einnahmen hatten Anleger, die ihre Fondsanteile durch Kreditaufnahme finanziert hatten, Zinsen an das kreditgewährende Unternehmen zu zahlen.
2
Durch Urteil vom 13. Dezember 2001 entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu der Frage, ob bei Darlehensverträgen dieser Art eine Widerrufsmöglichkeit gegeben ist (NJW 2002, 281). Dies nahmen die Beklagten zum Anlass, an etwa 1.000 Gesellschafter der Immobilienfonds ein auf den 20. Dezember 2001 datiertes Informationsschreiben zu richten. Darin führten sie aus, es bestehe nunmehr Aussicht, Darlehensverbindlichkeiten aus Kreditverträgen , die außerhalb der Geschäftsräume von Banken oder Sparkassen zustande gekommen seien, erheblich zu vermindern. Zugleich luden sie zu einer Informationsveranstaltung ein. Nach der Behauptung der Kläger benutzten die Beklagten für die Versendung des Schreibens eine Anschriftenliste, die aufgrund der Angaben der Fondsgesellschafter bei der Anbahnung der Kapitalanlageverträge erstellt worden war.
3
Im Januar und Februar 2002 führten die Beklagten die angekündigte Informationsveranstaltung und gleichartige Veranstaltungen durch. Im Februar 2002 versandten sie zwei weitere Schreiben, in denen sie u.a. den Inhalt der auf den Informationsveranstaltungen erteilten Informationen zusammenfassten und anwaltliche Ansprechpartner in ihrer Kanzlei benannten. Nach der Behaup- tung der Kläger wurden diese Schreiben wieder an alle den Beklagten bekannten Gesellschafter der Immobilienfonds versandt.
4
Unter dem 8. Mai 2002 erstatteten die Beklagten einen "Zwischenbericht" über die weiteren Entwicklungen in der Rechtsprechung und in konkreten laufenden Verfahren und forderten dazu auf, mit einem Rechtsanwalt aus ihrer Sozietät Kontakt aufzunehmen.
5
Die Kläger haben die Informationsschreiben und -veranstaltungen als berufswidrige Werbemaßnahmen (§ 43b BRAO i.V. mit § 6 BORA) angesehen. Sie haben beantragt, die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen,
a) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen, welche Gesellschaftsanteile an T. und Partner Immobilienfonds erworben haben und nicht Mandanten der Rechtsanwaltskanzlei B. W. , , N. sind, unaufgefordert Anschreiben, welche Auskünfte über Rechtsprechung oder sonstige rechtliche Entwicklungen, die im Zusammenhang mit dem T. und Partner Investmentfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können, gezielt zukommen zu lassen ,
b) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen, welche Gesellschaftsanteile an T. und Partner Immobilienfonds erworben haben und nicht Mandanten der Kanzlei B. , W. , N. sind, gezielt zu Informationsveranstaltungen über die T. und Partner Immobilienfonds bzw. die damit im Zusammenhang stehenden rechtlichen Entwicklungen einzuladen und solche Veranstaltungen durchzuführen.
6
Die Beklagten haben ihre Werbemaßnahmen als rechtmäßig verteidigt.
7
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht (OLG Naumburg NJW 2003, 3566) das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und hinsichtlich des Unterlassungsausspruchs wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 100.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen ,
a) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen , welche Geschäftsanteile an einem oder mehreren der T. und Partner Immobilienfonds KG erworben haben und die weder Mandanten der Beklagten sind noch in eine Verwendung ihrer bei der Vermittlung bzw. beim Erwerb der o.g. Fondsanteile angegebenen Adressen zur Übersendung von Anwaltswerbung eingewilligt haben, unter Verwendung dieser Adressenangaben unaufgefordert Anschreiben zu übersenden, welche Auskünfte über Rechtsprechung oder sonstige rechtliche Entwicklungen enthalten , die im Zusammenhang mit einem T. und Partner Immobilienfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können,
b) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen , welche Geschäftsanteile an einem oder mehreren der T. und Partner Immobilienfonds KG erworben haben und die weder Mandanten der Beklagten sind noch in eine Verwendung ihrer bei der Vermittlung bzw. beim Erwerb der o.g. Fondsanteile angegebenen Adressen zur Übersendung von Anwaltswerbung eingewilligt haben, unter Verwendung dieser Adressenangaben unaufgefordert Einladungen zu Informationsveranstaltungen zu übersenden, in denen Auskünfte über Rechtsprechung oder sonstige rechtliche Entwicklungen erteilt werden, die im Zusammenhang mit einem T. und Partner Immobilienfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Beklagten zu 60 % und die Kläger zu 40 % zu tragen.
8
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Kläger beantragen , die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten als teilweise begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
10
Das Urteil des Landgerichts sei nur mit einer Einschränkung aufrechtzuerhalten. Den Beklagten seien nicht jegliche unaufgeforderte Werberundschreiben an Nichtmandanten und jegliche Informationsveranstaltungen zu untersagen. Ihre Werbemaßnahmen verstießen nicht gegen das für Rechtsanwälte geltende Verbot des § 43b BRAO, für die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall zu werben. Die angesprochenen Personen hätten zwar einen konkreten rechtlichen Beratungsbedarf gehabt. Das Verbot der Werbung um Einzelfallmandate werde aber nicht immer schon verletzt, wenn der Rechtsanwalt wie hier um einzelne Mandanten werbe und sein Ziel, in einer konkreten Angelegenheit mandatiert zu werden, zu erkennen gebe. Die Werbemaßnahmen der Beklagten hätten jedenfalls die Grenzen nicht überschritten, die gezogen seien, um die freie und unbedrängte Entscheidung eines rechtsuchenden Bürgers über die Beauftragung eines Rechtsanwalts zu schützen.
11
Die Beklagten hätten aber wettbewerbswidrig gehandelt, weil sie bei ihren Werbemaßnahmen gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstoßen hätten. Ihre gezielte Übersendung von Werbepost an die Fondsgesellschafter habe ein Anschriftenverzeichnis vorausgesetzt, das nur die mit dem Vertrieb, der Verwaltung und/oder dem Verkauf befassten Unternehmen hätten erstellen können. Es sei davon auszugehen, dass den Beklagten ein solches Anschriftenverzeichnis entgegen den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes übermittelt worden sei. Die Beklagten hätten nicht - wie erforderlich - dargelegt, dass die etwa 1.000 Adressaten des Schreibens vom 20. Dezember 2001 in eine Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hätten. Die Verwendung des unzulässig erlangten Anschriftenverzeichnisses habe insbesondere gegen § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG verstoßen.
12
II. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat.
13
Die ausgesprochenen Verbote können keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht den Klägern dadurch etwas zuerkannt hat, was sie nicht beantragt haben (§ 308 Abs. 1 ZPO). Dieser Verfahrensverstoß ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2005 - I ZR 227/02, GRUR 2005, 854, 855 = WRP 2005, 1173 - Karten-Grundsubstanz, m.w.N.).
14
1. Die Kläger haben mit ihren Klageanträgen begehrt, den Beklagten zu untersagen, Anlegern der Immobilienfonds, die nicht Mandanten der Beklagten sind, unaufgefordert Informationsschreiben und Einladungen zu Informationsveranstaltungen zuzusenden. Das Berufungsgericht hat diese Klageanträge als unbegründet abgewiesen, den Beklagten aber verboten, bei solchen Werbemaßnahmen ohne Einwilligung der Anleger deren Anschriften zu verwenden, die diese beim Erwerb der Fondsanteile mitgeteilt haben. Derartige Verbote haben die Kläger nicht beantragt.
15
a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot gerade der bestimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag sowie seiner zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 77/96, GRUR 1999, 272, 274 = WRP 1999, 183 - Die Luxusklasse zum Nulltarif). Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt damit den Inhalt des Klagebegehrens.
16
Eine Abwandlung der Verletzungsform, auf die sich der Verbotsausspruch nach dem Willen des Klägers beziehen soll, ändert dementsprechend den Streitgegenstand und setzt deshalb einen entsprechenden Antrag des Klägers voraus. Dies gilt ebenso, wenn eine im Antrag umschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltensweisen eingeschränkt wird, deren Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht angekommen wäre. Ein in dieser Weise eingeschränkter Antrag ist zwar gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO) ein Minus, weil seine Begründung nunmehr von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die zuvor nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden waren (vgl. BGHZ 154, 342, 350 - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Das Gericht ist zwar verpflichtet, den vorgetragenen Lebenssachverhalt umfassend rechtlich daraufhin zu überprüfen, ob da- nach der Klageantrag begründet ist. Es muss dabei aber die Grenzen des vom Kläger bestimmten Streitgegenstands beachten (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 - Widerruf der Erledigungserklärung , m.w.N.). Das Gericht verstößt deshalb gegen § 308 Abs. 1 ZPO, wenn es dahingehend erkennt, dass der geltend gemachte Anspruch nur unter bestimmten, nicht zum Inhalt des Antrags erhobenen Voraussetzungen bestehe und im Übrigen nicht bestehe. Eine solche Entscheidung spricht nicht lediglich weniger zu als beantragt, sondern anstelle des Beantragten etwas Anderes (BAG DB 1992, 434 m.w.N.). So liegt der Fall hier.
17
b) Das Klagebegehren war nicht darauf gerichtet, dass den Beklagten untersagt wird, Anschriften von Anlegern der Immobilienfonds für die Übersendung von Informationsschreiben und die Durchführung von Informationsveranstaltungen zu benutzen.
18
aa) Die Kläger haben mit ihrer Klageschrift nach der Fassung der Klageanträge und deren Begründung allein geltend gemacht, die Beklagten hätten mit ihren Informationsschreiben und -veranstaltungen entgegen § 43b BRAO um die Erteilung von Aufträgen im Einzelfall geworben und dadurch nicht nur gegen anwaltliches Berufsrecht verstoßen, sondern auch wettbewerbswidrig gehandelt. Die Art und Weise, wie sich die Beklagten die Anschriften der angeschriebenen Anleger der Immobilienfonds verschafft und für ihre Werbung verwendet haben, ist in der Klageschrift nicht angesprochen worden.
19
bb) Die Kläger haben ein entsprechendes Klagebegehren auch im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht in den Prozess eingeführt.
20
(1) Die Bestimmung des Streitgegenstands ist Sache des Klägers. Will er einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess einführen, muss er zweifelsfrei deutlich machen, dass er einen neuen prozessualen Anspruch verfolgt; ein neuer Sachvortrag genügt als solcher nicht (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Aufpreis ; Urt. v. 26.9.2000 - VI ZR 279/99, WRP 2001, 44, 46; Urt. v. 27.6.2002 - I ZR 103/00, GRUR 2003, 436, 439 = WRP 2003, 384 - Feldenkrais). Dies erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können (vgl. BGHZ 154, 342, 349 - Reinigungsarbeiten).
21
(2) Die Kläger haben nach der Klageerhebung die Art und Weise der Anschriftenbeschaffung und -verwendung nicht - auch nicht ohne Änderung des Wortlauts ihrer Anträge - zum Gegenstand weiterer selbständiger Klagebegehren machen wollen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger - wie aus dem Tatbestand des Berufungsurteils hervorgeht - behauptet haben, die Beklagten hätten für die Versendung ihres Informationsschreibens vom 20. Dezember 2001 eine Anschriftenliste benutzt, die aufgrund der Angaben der Fondsgesellschafter bei der Anbahnung der Kapitalanlageverträge erstellt worden sei.
22
In ihrem an das Landgericht gerichteten Schriftsatz vom 27. November 2002 haben die Kläger zwar Ausführungen darüber gemacht, von wem die Beklagten die Adressen der Anleger erhalten haben könnten. Zweck dieser Ausführungen , mit denen die Kläger weitgehend nur Vermutungen über die Herkunft der Anschriften geäußert haben, war es aber nicht, die Art und Weise der Beschaffung und Verwendung der Adressen zum Gegenstand des Rechtsstreits zu machen. Dies wird schon daraus ersichtlich, dass die Kläger die Anschriftenbeschaffung als solche in keiner Weise beanstandet und die Anschriftenverwendung gar nicht angesprochen haben. Bei ihren Ausführungen ging es den Klägern vielmehr lediglich darum darzutun, dass die Beklagten bei einer Vielzahl von angeschriebenen Anlegern einen konkreten Beratungsbedarf vermutet hätten. Dementsprechend hat das Landgericht die Klageanträge nur mit der Begründung zugesprochen, die Beklagten hätten standes- und wettbewerbswidrig für die Erteilung von Aufträgen im Einzelfall geworben.
23
Auch im Berufungsverfahren haben die Kläger die Beschaffung und Verwendung der Anschriften der Anleger nicht zu einem weiteren Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Frage, ob sich die Beklagten die Anschriften der Anleger auf rechtswidrige Weise beschafft haben könnten, hat erst das Berufungsgericht in seinem Aufklärungs- und Hinweisbeschluss vom 11. Juni 2003 aufgeworfen. Die Beklagten nahmen dies zum Anlass, die beteiligten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die Kläger haben sich im Ablehnungsverfahren zwar bemüht, das Berufungsgericht gegen den Vorwurf in Schutz zu nehmen, es habe Sachverhaltserforschung von Amts wegen betrieben , und dazu auf ihren Schriftsatz vom 27. November 2002 verwiesen. Sie haben ihre Klage aber gleichwohl nicht durch die Einführung eines neuen, auf die Art und Weise der Anschriftenbeschaffung gestützten Klagebegehrens erweitert. Sie haben lediglich - auch dies nur in einer Stellungnahme zur Richterablehnung - Erwägungen darüber angestellt, dass die Beklagten sich einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil "unter Verstoß gegen gesetzliche Regelungen" verschafft und wettbewerbswidrig gehandelt hätten, wenn sie sich die Adressen auf nicht legalem Weg beschafft haben sollten, "wovon jedenfalls nach dem derzeitigen Vortrag der Beklagten auszugehen" sei. In diesem Fall wäre auch das Anschreiben der Anleger der Immobilienfonds "wohl wettbewerbswidrig". Weiter haben die Kläger die Ansicht geäußert, die Darlegungsund Beweislast dafür, dass die Adressen nicht illegal beschafft worden seien, liege wohl bei den Beklagten. Auf die Frage, worin ein Gesetzesverstoß der Beklagten zu sehen sein könnte, gingen die Kläger nicht ein. Diesen Ausfüh- rungen über die Möglichkeit, dass die Beklagten bei der Anschriftenbeschaffung und -verwendung wettbewerbswidrig gehandelt haben könnten, lässt sich nicht der bestimmte Wille entnehmen, ein entsprechendes Unterlassungsbegehren zu einem (weiteren) Gegenstand des Rechtsstreits zu machen.
24
2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist nicht dadurch geheilt worden, dass die Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt und sich dadurch die Entscheidung des Berufungsgerichts zu Eigen gemacht haben. Denn insoweit handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BGHZ 154, 342, 350 f. - Reinigungsarbeiten; BGH GRUR 2005, 854, 856 - Karten-Grundsubstanz, jeweils m.w.N.).
25
3. Den Klägern ist auch nicht durch Zurückverweisung an das Berufungsgericht Gelegenheit zu geben, nunmehr Anträge zu stellen, die den vom Berufungsgericht ausgesprochenen Verboten entsprechen. Das schriftsätzliche Vorbringen der Kläger in den Tatsacheninstanzen bot - wie dargelegt - keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie solche prozessualen Ansprüche geltend machen wollten. Es ist aber weder Aufgabe des Gerichts, einen Kläger durch Fragen oder Hinweise zu veranlassen, neue Streitgegenstände einzuführen, noch sein Verfahren so zu gestalten, dass einem Kläger die Möglichkeit geboten wird, in dieser Weise - gegebenenfalls nach langem Verfahren - seine Klage zu erweitern (vgl. BGHZ 154, 342, 351 - Reinigungsarbeiten; BGH GRUR 2003, 436, 439 - Feldenkrais).
26
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Auf die Berufung der Beklagten war - insoweit entsprechend dem Aus- spruch des Berufungsgerichts - die Klage in Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.
27
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 20.12.2002 - 7 O 383/02 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2003 - 1 U 17/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 1/01 Verkündet am:
3. April 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Reinigungsarbeiten

a) Ein Gericht entscheidet unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas
anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsausspruch über einen Unterlassungsantrag
einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen,
mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat.

b) Wird mit einem Antrag die Untersagung einer bestimmten geschäftlichen Tätigkeit
begehrt, stellt das Verbot eines Teils dieser geschäftlichen Tätigkeit
prozessual kein Minus zu dem gestellten Unterlassungsantrag dar, wenn
seine Begründung von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die nicht
zum Inhalt des Antrags erhoben worden sind.
BGH, Urt. v. 3. April 2003 - I ZR 1/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 28. April 1999 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte zu 1 wurde von der Beklagten zu 2, einem Beteiligungsunternehmen der Stadt D. , und der Beklagten zu 3, die ein bundesweit tätiges Reinigungsunternehmen ist, als Mitgesellschaftern mit gleichen Geschäftsanteilen aufgrund eines Gesellschaftsvertrages vom 14. April 1994 gegründet. Als Gegenstand ihres Unternehmens wurde in § 2 des Gesellschaftsvertrages u.a. folgendes bestimmt:
"Gegenstand des Unternehmens sind hochwertige Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, Pflege, Sicherheit und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Verkehrsmitteln aller Art sowie sonstige Serviceleistungen im logistischen Umfeld. Das Unternehmen wird im Rahmen der Aufgaben der Stadt D. und ihrer eigenen Beteiligungsgesellschaften tätig. Darüber hinaus kann es in gleicher Art und Weise für andere Gebietskörperschaften und öffentliche Institutionen sowie deren Beteiligungsgesellschaften tätig werden, soweit die jeweilige Gebietskörperschaft oder öffentliche Institution oder eine ihrer Beteiligungsgesellschaften Gesellschafter dieses Unternehmens oder eines eigenen Beteiligungsunternehmens ist." Seit der Gründung der Beklagten zu 1 lassen die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen sämtliche bei ihnen anfallenden Reinigungsarbeiten ohne Ausschreibung von der Beklagten zu 1 durchführen.
Die Klägerin, ein in D. ansässiges Reinigungsunternehmen, hat die Gründung der Beklagten zu 1 als kartellrechtswidrig beanstandet. Sie ist zudem der Ansicht, die gewerbliche Betätigung der Beklagten zu 1 sei mit den Schranken , die § 107 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden setze, nicht vereinbar.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
1. festzustellen, daß der zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 geschlossene Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 vom 14. April 1994 unwirksam ist; 2. festzustellen, daß die zwischen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2, der D. Verkehrsgesellschaft AG, der Stadtwerke D. AG und der Stadt D. geschlossenen Verträge über Reinigungsleistungen in Ausführung des Gesellschaftsvertrages unwirksam sind; 3. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es zu unterlassen, weiterhin aufgrund und im Rahmen ihres Gesellschaftsvertrages tätig zu sein. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren teilweise weiterverfolgt hat.
Die Klägerin hat vor dem Berufungsgericht zuletzt beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. April 1999 abzuändern und 1. festzustellen, daß der zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 geschlossene Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 vom 14. April 1994 unwirksam ist; 2. der Beklagten zu 1 zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Gebietskörperschaften und öffentlichen Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, Pflege, Sicherheit und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Verkehrsmitteln aller Art sowie sonstige Serviceleistungen im logistischen Umfeld dieser Tätigkeiten anzubieten oder solche Tätigkeiten auszuführen. Die Beklagten haben beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat in der Sache wie folgt entschieden:
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 28. April 1999 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Der Beklagten zu 1 wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von bis zu zwei Jahren, untersagt, der Beklagten zu 2 und/oder ihren Tochterunternehmen, nämlich der D. Verkehrsgesellschaft AG und der Stadtwerke D. AG, Dienstleistungen im Bereich der Gebäudereinigung anzubieten und/oder einen Auftrag der genannten Unternehmen zu solchen Diensten anzunehmen oder auszuführen, sofern 1. der Nettoauftragswert des jeweiligen Auftrags 200.000 rsteigt ; 2. die Voraussetzungen für eine Auftragsvergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Öffentliche Vergabebekanntmachung nach § 3a Nr. 2 VOL/A (Abschn. 2), nämlich:
a) wenn in einem Offenen und einem Nichtoffenen Verfahren keine oder keine wirtschaftlichen Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden ; der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist auf ihren Wunsch ein Bericht vorzulegen;
b) wenn es sich um die Lieferung von Waren handelt, die nur zum Zwecke von Forschungen, Versuchen, Untersuchungen, Entwicklungen oder Verbesserungen hergestellt werden, wobei unter diese Bestimmung nicht eine Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produktes oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten fällt;
c) wenn der Auftrag wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes eines Ausschließlichkeitsrechts (z.B. Patent-, Urheberrecht) nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden kann;
d) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn aus zwingenden Gründen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, die Fristen gemäß § 18a VOL/A nicht eingehalten werden können. Die Umstände, die die zwingende Dringlichkeit begründen, dürfen auf keinen Fall dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sein;
e) bei zusätzlichen Lieferungen des ursprünglichen Auftragnehmers, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten Waren oder Einrichtungen zur laufenden Benutzung oder zur Erweiterung von Lieferungen oder be-
stehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel des Unterneh- mens dazu führen würde, daß der Auftraggeber Waren mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müßte und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch , Betrieb oder Wartung mit sich bringen würde. Die Laufzeit dieser Aufträge sowie die der Daueraufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten;
f) für zusätzliche Dienstleistungen, die weder in dem der Vergabe zugrundeliegenden Entwurf noch im zuerst geschlossenen Vertrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Dienstleistungen erforderlich sind, sofern der Auftrag an das Unternehmen vergeben wird, das diese Dienstleistung erbringt, wenn sich die zusätzlichen Dienstleistungen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den Auftraggeber vom Hauptauftrag trennen lassen oder wenn diese Dienstleistungen zwar von der Ausführung des ursprünglichen Auftrags getrennt werden können, aber für dessen Verbesserung unbedingt erforderlich sind. Der Gesamtwert der Aufträge für die zusätzlichen Dienstleistungen darf jedoch 50 v. H. des Wertes des Hauptauftrags nicht überschreiten;
g) bei neuen Dienstleistungen, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen bestehen, die durch den gleichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundentwurf entsprechen und dieser Entwurf Gegenstand des ersten Auftrags war, der entweder im Offenen oder Nichtoffenen Verfahren vergeben wurde. Die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muß bereits in der Ausschreibung des ersten Vorhabens angegeben werden; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom Auftraggeber für die Anwendung des § 1a Nr. 4 VOL/A berücksichtigt. Das Verhandlungsverfahren darf jedoch nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluß des ersten Auftrags angewandt werden;
h) wenn im Anschluß an einen Wettbewerb im Sinne des § 31a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A der Auftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muß. Im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden; nicht vorliegen, und 3. der Beauftragung seitens der Beklagten zu 2 und/oder ihrer Tochterunternehmen , nämlich der D. Verkehrsgesellschaft AG sowie der Stadtwerke D. AG, eine Vergabe im Wettbewerb nicht vorausgegangen ist oder nicht vorausgehen soll. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte zu 1, das Berufungsurteil auf- zuheben, soweit sie durch dieses beschwert ist, und die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zu 1 zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ausgeführt, der Berufungsantrag zu 2 der Klägerin (Untersagung des Anbietens und der Ausführens bestimmter Dienstleistungen gegenüber Gebietskörperschaften, öffentlichen Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften ) sei zum Teil nach § 1 UWG begründet.
Ein Verstoß gegen die Vorschriften der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, die der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden Schranken setzten, liege allerdings nicht vor.
Die Beklagte zu 1 handele jedoch wettbewerbswidrig, weil sie einen Rechtsbruch der Beklagten zu 2 und deren Tochterunternehmen, der D. Verkehrsgesellschaft AG und der Stadtwerke D. AG, ausnutze. Es bestehe die ernstliche Gefahr, daß die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen auch künftig Dienstleistungsaufträge unter Mißachtung der vergaberechtlichen Bestimmungen an die Beklagte zu 1 vergeben würden. Eine entsprechende Gefahr sei dagegen bei der Stadt D. oder anderen Gebietskörperschaften und
öffentlichen Institutionen, die künftig Mitgesellschafter der Beklagten zu 1 werden könnten, nicht anzunehmen.
Die Vergabe öffentlicher Aufträge unter Mißachtung der Vergabevorschriften erfülle den Tatbestand des § 1 UWG. Die Beklagte zu 1 handele unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch wettbewerbswidrig, wenn sie dies zum eigenen Vorteil ausnutze. Die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen hätten seit 1994 alle Reinigungsaufträge an die Beklagte zu 1 ohne Rücksicht darauf vergeben, ob im Einzelfall eine öffentliche Ausschreibung geboten gewesen sei. Die Beklagte zu 1 habe zumindest billigend in Kauf genommen, dabei auch Aufträge zu erhalten, die öffentlich auszuschreiben gewesen wären.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin sei allerdings zu weit gefaßt. Die Klägerin könne sich nach § 1 UWG nur gegen die Vergabe von Reinigungsarbeiten an die Beklagte zu 1 wenden, da nur bezüglich solcher Dienstleistungen ein Wettbewerbsverhältnis mit dieser gegeben sei. Eine Begehungsgefahr bestehe zudem nur bei Aufträgen der Beklagten zu 2 und ihrer Tochtergesellschaften an die Beklagte zu 1. Insoweit sei der Beklagten zu 1 allerdings auch zu untersagen, bereits erhaltene Reinigungsaufträge auszuführen.
II. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht der Klägerin etwas zugesprochen hat, was diese nicht beantragt hat (§ 308 Abs. 1 ZPO).
1. Der Unterlassungsausspruch des Berufungsgerichts betrifft einen anderen Streitgegenstand als der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Unterlassungsantrag.


a) Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist nicht allein der Wortlaut von Antrag und Urteilsausspruch. Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und dem Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte; Urt. v. 18.7.2002 - III ZR 287/01, BGH-Rep 2002, 939, 940; Urt. v. 30.10.2002 - XII ZR 345/00, NJW 2003, 585, 586; Beschl. v. 10.12.2002 - X ARZ 208/02, NJW 2003, 828, 829, für BGHZ vorgesehen ). Wenn ein Gericht seinem Urteilsausspruch einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Unterlassungsantrag begründet hat, entscheidet es deshalb (unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO) über etwas anderes (aliud) als beantragt ist (vgl. Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 267). Dies hat das Berufungsgericht hier getan.

b) Die Klägerin hat mit ihrem Unterlassungsbegehren in beiden Tatsacheninstanzen jeweils einen einheitlichen prozessualen Anspruch geltend gemacht ; der im Berufungsverfahren gestellte Antrag war lediglich dem Umfang nach gegenüber dem Antrag vor dem Landgericht eingeschränkt. Ihren Klageantrag hat sie jeweils in zulässiger Weise (vgl. dazu BGHZ 143, 246, 250; BGH GRUR 2001, 755, 757 - Telefonkarte; MünchKomm.ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 260 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 260 Rdn. 2) auf zwei verschiedene tatsächliche und rechtliche Begründungen gestützt. Zum einen hat sie die Ansicht vertreten, die beanstandete Tätigkeit der Beklagten zu 1 sei kartellrechtswidrig, weil der Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 zum Zweck der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Reinigungsarbeiten vereinbart worden sei (§ 1 GWB). Zum anderen hat sie vor-
gebracht, die Beklagte zu 1 handele wettbewerbsrechtlich unlauter, weil ihre Tätigkeit mit den kommunalrechtlichen Schranken für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden nicht vereinbar sei.

c) Der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorwurf, die Beklagte zu 1 handele wettbewerbswidrig, weil sie sich von der Beklagten zu 2 und ihren Tochterunternehmen Aufträge für Reinigungsarbeiten ohne Ausschreibungsverfahren erteilen lasse, betrifft demgegenüber einen von der Antragsbegründung der Klägerin im Kern verschiedenen weiteren Lebenssachverhalt und damit einen anderen Streitgegenstand (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 76/95, GRUR 1997, 141 = WRP 1997, 83 - Kompetenter Fachhändler ; MünchKomm.ZPO/Lüke aaO § 263 Rdn. 14; vgl. auch Musielak/ Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 263 Rdn. 3). Diesen hat die Klägerin nicht zur Entscheidung gestellt.

d) Ein Unterlassungsantrag kann allerdings nicht nur - wie die Klägerin dies hier getan hat - auf verschiedene Begründungen gestützt werden; es ist auch möglich, daß mit ein und demselben Unterlassungsantrag mehrere Streitgegenstände in das Verfahren eingeführt werden (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 320 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf ; Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 - Widerruf der Erledigungserklärung; vgl. weiter Köhler in Köhler/Piper aaO Vor § 13 Rdn. 267). Voraussetzung ist dafür allerdings, daß der Kläger zweifelsfrei deutlich macht, daß er mit seinem Antrag mehrere prozessuale Ansprüche verfolgt (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Aufpreis; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 46 Rdn. 5). Dies erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muß, welche pro-
zessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können. Im vorliegenden Fall kann aber ein dem Unterlassungsausspruch des Berufungsgerichts entsprechendes Klagebegehren der Klägerin schon deshalb nicht angenommen werden, weil es - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - an einem darauf gerichteten Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen fehlt.
Die Klägerin hat zwar in der Klageschrift u.a. die Ansicht vertreten, die Gründung der Beklagten zu 1 und die ausschließliche Auftragsvergabe an diese verstoße gegen vergaberechtliche Vorschriften. Sie hat aber in den Vorinstanzen aus diesem Vorbringen, das ihren Feststellungsantrag lediglich zusätzlich stützen sollte, kein selbständiges Unterlassungsbegehren hergeleitet. So weitgehende Unterlassungsanträge, wie sie die Klägerin im landgerichtlichen Verfahren und im Berufungsverfahren gestellt hat, hätten mit diesem Vorbringen auch offensichtlich nicht begründet werden können. Nach der Abweisung der Klage durch das Landgericht hat die Klägerin dementsprechend in ihrer Berufungsbegründung keine Ausführungen zu einer behaupteten Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften gemacht. Auch im weiteren Berufungsverfahren bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist die Klägerin in ihren Schriftsätzen nicht mehr auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, die Gründung der Beklagten zu 1 und die freihändige Auftragsvergabe an diese verstoße gegen Vergaberecht, zurückgekommen.
2. Das vom Berufungsgericht gegenüber der Beklagten zu 1 ausgesprochene Verbot ist unter dem Gesichtspunkt des Streitgegenstandes auch kein Minus gegenüber dem von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag. Mit ihrem erstinstanzlichen Klageantrag hat die Klägerin begehrt, der Beklagten zu 1 eine geschäftliche Tätigkeit im Rahmen ihres Gesellschaftszwecks vollständig
zu verbieten. Ihr Antrag im Berufungsverfahren war darauf gerichtet, der Be- klagten zu 1 einen Teil dieser Tätigkeit zu untersagen, nämlich näher bezeichnete Dienstleistungen (insbesondere im Bereich der Gebäudereinigung), wenn diese für Auftraggeber einer bestimmten Art (Gebietskörperschaften, öffentliche Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften) erbracht werden sollen. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot ist demgegenüber abhängig vom Vorliegen bestimmter weiterer Voraussetzungen, und zwar derjenigen gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ein Auftrag nur nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens erteilt werden kann. Ein solches Verbot bezieht sich zwar ebenfalls auf einen Teil der geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten zu 1, kann aber prozessual nicht als Minus zu dem von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag behandelt werden, weil seine Begründung von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden sind (vgl. BAGE 76, 364, 377 = NJW 1995, 1044, 1047; BAG DB 1992, 434; BAG AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 93; vgl. auch BGH, Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 202/00, WRP 2003, 534, 535 = MarkenR 2003, 105 - Mitsubishi

).


3. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist auch nicht dadurch geheilt, daß die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt und sich dadurch die Entscheidung des Berufungsgerichts zu eigen gemacht hat. Denn insoweit handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684; Urt. v. 10.12.2001 - II ZR 139/00, ZIP 2002, 396, 397 = WM 2002, 342).
Ebensowenig kommt eine Zurückverweisung in Betracht, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, nunmehr einen Antrag zu stellen, der dem vom Be-
rufungsgericht ausgesprochenen Verbot entspricht (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 11.11.1993 - IX ZR 229/92, NJW 1994, 442). Das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen bot - wie dargelegt - keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Klägerin einen solchen prozessualen Anspruch geltend machen wollte.
4. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellte Unterlassungsantrag , der darauf gestützt war, daß die Betätigung der Beklagten zu 1 kartellrechtswidrig und mit den Schranken, die der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden gesetzt sind, nicht vereinbar sei, ist vom Berufungsgericht - von der Klägerin nicht mit der Revision angegriffen - abgewiesen worden.
III. Auf die Revision war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, soweit darin zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil war insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 235/03 Verkündet am:
29. Juni 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Anschriftenliste
Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag ändert eine Abwandlung
der Verletzungsform, auf die sich der Verbotsausspruch nach dem Willen
des Klägers beziehen soll, den Streitgegenstand und setzt deshalb einen entsprechenden
Antrag des Klägers voraus. Dies gilt ebenso, wenn eine im Unterlassungsantrag
umschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher
Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltensweisen eingeschränkt wird, deren
Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erfordert, auf die es
nach dem bisherigen Antrag nicht angekommen wäre. Ein in dieser Weise eingeschränkter
Antrag ist zwar gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des
§ 264 Nr. 2 ZPO) ein Minus, weil seine Begründung nunmehr von tatsächlichen
Voraussetzungen abhängt, die zuvor nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden
waren.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 235/03 - OLG Naumburg
LG Halle
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 10. Oktober 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.
Das Berufungsurteil wird wie folgt neu gefasst: Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 20. Dezember 2002 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Kläger und Beklagte betreuen jeweils als Rechtsanwälte Kapitalanleger, die Fondsanteile verschiedener T. und Partner Immobilienfonds Kommanditgesellschaften (im Folgenden: Immobilienfonds) erworben haben. Diese Immobilienfonds sind spätestens im Jahr 2001 notleidend geworden. Trotz ausbleibender Einnahmen hatten Anleger, die ihre Fondsanteile durch Kreditaufnahme finanziert hatten, Zinsen an das kreditgewährende Unternehmen zu zahlen.
2
Durch Urteil vom 13. Dezember 2001 entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu der Frage, ob bei Darlehensverträgen dieser Art eine Widerrufsmöglichkeit gegeben ist (NJW 2002, 281). Dies nahmen die Beklagten zum Anlass, an etwa 1.000 Gesellschafter der Immobilienfonds ein auf den 20. Dezember 2001 datiertes Informationsschreiben zu richten. Darin führten sie aus, es bestehe nunmehr Aussicht, Darlehensverbindlichkeiten aus Kreditverträgen , die außerhalb der Geschäftsräume von Banken oder Sparkassen zustande gekommen seien, erheblich zu vermindern. Zugleich luden sie zu einer Informationsveranstaltung ein. Nach der Behauptung der Kläger benutzten die Beklagten für die Versendung des Schreibens eine Anschriftenliste, die aufgrund der Angaben der Fondsgesellschafter bei der Anbahnung der Kapitalanlageverträge erstellt worden war.
3
Im Januar und Februar 2002 führten die Beklagten die angekündigte Informationsveranstaltung und gleichartige Veranstaltungen durch. Im Februar 2002 versandten sie zwei weitere Schreiben, in denen sie u.a. den Inhalt der auf den Informationsveranstaltungen erteilten Informationen zusammenfassten und anwaltliche Ansprechpartner in ihrer Kanzlei benannten. Nach der Behaup- tung der Kläger wurden diese Schreiben wieder an alle den Beklagten bekannten Gesellschafter der Immobilienfonds versandt.
4
Unter dem 8. Mai 2002 erstatteten die Beklagten einen "Zwischenbericht" über die weiteren Entwicklungen in der Rechtsprechung und in konkreten laufenden Verfahren und forderten dazu auf, mit einem Rechtsanwalt aus ihrer Sozietät Kontakt aufzunehmen.
5
Die Kläger haben die Informationsschreiben und -veranstaltungen als berufswidrige Werbemaßnahmen (§ 43b BRAO i.V. mit § 6 BORA) angesehen. Sie haben beantragt, die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen,
a) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen, welche Gesellschaftsanteile an T. und Partner Immobilienfonds erworben haben und nicht Mandanten der Rechtsanwaltskanzlei B. W. , , N. sind, unaufgefordert Anschreiben, welche Auskünfte über Rechtsprechung oder sonstige rechtliche Entwicklungen, die im Zusammenhang mit dem T. und Partner Investmentfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können, gezielt zukommen zu lassen ,
b) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen, welche Gesellschaftsanteile an T. und Partner Immobilienfonds erworben haben und nicht Mandanten der Kanzlei B. , W. , N. sind, gezielt zu Informationsveranstaltungen über die T. und Partner Immobilienfonds bzw. die damit im Zusammenhang stehenden rechtlichen Entwicklungen einzuladen und solche Veranstaltungen durchzuführen.
6
Die Beklagten haben ihre Werbemaßnahmen als rechtmäßig verteidigt.
7
Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht (OLG Naumburg NJW 2003, 3566) das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und hinsichtlich des Unterlassungsausspruchs wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 100.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen ,
a) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen , welche Geschäftsanteile an einem oder mehreren der T. und Partner Immobilienfonds KG erworben haben und die weder Mandanten der Beklagten sind noch in eine Verwendung ihrer bei der Vermittlung bzw. beim Erwerb der o.g. Fondsanteile angegebenen Adressen zur Übersendung von Anwaltswerbung eingewilligt haben, unter Verwendung dieser Adressenangaben unaufgefordert Anschreiben zu übersenden, welche Auskünfte über Rechtsprechung oder sonstige rechtliche Entwicklungen enthalten , die im Zusammenhang mit einem T. und Partner Immobilienfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können,
b) im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Personen , welche Geschäftsanteile an einem oder mehreren der T. und Partner Immobilienfonds KG erworben haben und die weder Mandanten der Beklagten sind noch in eine Verwendung ihrer bei der Vermittlung bzw. beim Erwerb der o.g. Fondsanteile angegebenen Adressen zur Übersendung von Anwaltswerbung eingewilligt haben, unter Verwendung dieser Adressenangaben unaufgefordert Einladungen zu Informationsveranstaltungen zu übersenden, in denen Auskünfte über Rechtsprechung oder sonstige rechtliche Entwicklungen erteilt werden, die im Zusammenhang mit einem T. und Partner Immobilienfonds stehen oder hierfür von Bedeutung sein können.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Beklagten zu 60 % und die Kläger zu 40 % zu tragen.
8
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Kläger beantragen , die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten als teilweise begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
10
Das Urteil des Landgerichts sei nur mit einer Einschränkung aufrechtzuerhalten. Den Beklagten seien nicht jegliche unaufgeforderte Werberundschreiben an Nichtmandanten und jegliche Informationsveranstaltungen zu untersagen. Ihre Werbemaßnahmen verstießen nicht gegen das für Rechtsanwälte geltende Verbot des § 43b BRAO, für die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall zu werben. Die angesprochenen Personen hätten zwar einen konkreten rechtlichen Beratungsbedarf gehabt. Das Verbot der Werbung um Einzelfallmandate werde aber nicht immer schon verletzt, wenn der Rechtsanwalt wie hier um einzelne Mandanten werbe und sein Ziel, in einer konkreten Angelegenheit mandatiert zu werden, zu erkennen gebe. Die Werbemaßnahmen der Beklagten hätten jedenfalls die Grenzen nicht überschritten, die gezogen seien, um die freie und unbedrängte Entscheidung eines rechtsuchenden Bürgers über die Beauftragung eines Rechtsanwalts zu schützen.
11
Die Beklagten hätten aber wettbewerbswidrig gehandelt, weil sie bei ihren Werbemaßnahmen gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstoßen hätten. Ihre gezielte Übersendung von Werbepost an die Fondsgesellschafter habe ein Anschriftenverzeichnis vorausgesetzt, das nur die mit dem Vertrieb, der Verwaltung und/oder dem Verkauf befassten Unternehmen hätten erstellen können. Es sei davon auszugehen, dass den Beklagten ein solches Anschriftenverzeichnis entgegen den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes übermittelt worden sei. Die Beklagten hätten nicht - wie erforderlich - dargelegt, dass die etwa 1.000 Adressaten des Schreibens vom 20. Dezember 2001 in eine Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hätten. Die Verwendung des unzulässig erlangten Anschriftenverzeichnisses habe insbesondere gegen § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG verstoßen.
12
II. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat.
13
Die ausgesprochenen Verbote können keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht den Klägern dadurch etwas zuerkannt hat, was sie nicht beantragt haben (§ 308 Abs. 1 ZPO). Dieser Verfahrensverstoß ist von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2005 - I ZR 227/02, GRUR 2005, 854, 855 = WRP 2005, 1173 - Karten-Grundsubstanz, m.w.N.).
14
1. Die Kläger haben mit ihren Klageanträgen begehrt, den Beklagten zu untersagen, Anlegern der Immobilienfonds, die nicht Mandanten der Beklagten sind, unaufgefordert Informationsschreiben und Einladungen zu Informationsveranstaltungen zuzusenden. Das Berufungsgericht hat diese Klageanträge als unbegründet abgewiesen, den Beklagten aber verboten, bei solchen Werbemaßnahmen ohne Einwilligung der Anleger deren Anschriften zu verwenden, die diese beim Erwerb der Fondsanteile mitgeteilt haben. Derartige Verbote haben die Kläger nicht beantragt.
15
a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot gerade der bestimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag sowie seiner zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.7.1998 - I ZR 77/96, GRUR 1999, 272, 274 = WRP 1999, 183 - Die Luxusklasse zum Nulltarif). Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt damit den Inhalt des Klagebegehrens.
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Eine Abwandlung der Verletzungsform, auf die sich der Verbotsausspruch nach dem Willen des Klägers beziehen soll, ändert dementsprechend den Streitgegenstand und setzt deshalb einen entsprechenden Antrag des Klägers voraus. Dies gilt ebenso, wenn eine im Antrag umschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltensweisen eingeschränkt wird, deren Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht angekommen wäre. Ein in dieser Weise eingeschränkter Antrag ist zwar gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO) ein Minus, weil seine Begründung nunmehr von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die zuvor nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden waren (vgl. BGHZ 154, 342, 350 - Reinigungsarbeiten, m.w.N.). Das Gericht ist zwar verpflichtet, den vorgetragenen Lebenssachverhalt umfassend rechtlich daraufhin zu überprüfen, ob da- nach der Klageantrag begründet ist. Es muss dabei aber die Grenzen des vom Kläger bestimmten Streitgegenstands beachten (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 - Widerruf der Erledigungserklärung , m.w.N.). Das Gericht verstößt deshalb gegen § 308 Abs. 1 ZPO, wenn es dahingehend erkennt, dass der geltend gemachte Anspruch nur unter bestimmten, nicht zum Inhalt des Antrags erhobenen Voraussetzungen bestehe und im Übrigen nicht bestehe. Eine solche Entscheidung spricht nicht lediglich weniger zu als beantragt, sondern anstelle des Beantragten etwas Anderes (BAG DB 1992, 434 m.w.N.). So liegt der Fall hier.
17
b) Das Klagebegehren war nicht darauf gerichtet, dass den Beklagten untersagt wird, Anschriften von Anlegern der Immobilienfonds für die Übersendung von Informationsschreiben und die Durchführung von Informationsveranstaltungen zu benutzen.
18
aa) Die Kläger haben mit ihrer Klageschrift nach der Fassung der Klageanträge und deren Begründung allein geltend gemacht, die Beklagten hätten mit ihren Informationsschreiben und -veranstaltungen entgegen § 43b BRAO um die Erteilung von Aufträgen im Einzelfall geworben und dadurch nicht nur gegen anwaltliches Berufsrecht verstoßen, sondern auch wettbewerbswidrig gehandelt. Die Art und Weise, wie sich die Beklagten die Anschriften der angeschriebenen Anleger der Immobilienfonds verschafft und für ihre Werbung verwendet haben, ist in der Klageschrift nicht angesprochen worden.
19
bb) Die Kläger haben ein entsprechendes Klagebegehren auch im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht in den Prozess eingeführt.
20
(1) Die Bestimmung des Streitgegenstands ist Sache des Klägers. Will er einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess einführen, muss er zweifelsfrei deutlich machen, dass er einen neuen prozessualen Anspruch verfolgt; ein neuer Sachvortrag genügt als solcher nicht (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Aufpreis ; Urt. v. 26.9.2000 - VI ZR 279/99, WRP 2001, 44, 46; Urt. v. 27.6.2002 - I ZR 103/00, GRUR 2003, 436, 439 = WRP 2003, 384 - Feldenkrais). Dies erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können (vgl. BGHZ 154, 342, 349 - Reinigungsarbeiten).
21
(2) Die Kläger haben nach der Klageerhebung die Art und Weise der Anschriftenbeschaffung und -verwendung nicht - auch nicht ohne Änderung des Wortlauts ihrer Anträge - zum Gegenstand weiterer selbständiger Klagebegehren machen wollen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kläger - wie aus dem Tatbestand des Berufungsurteils hervorgeht - behauptet haben, die Beklagten hätten für die Versendung ihres Informationsschreibens vom 20. Dezember 2001 eine Anschriftenliste benutzt, die aufgrund der Angaben der Fondsgesellschafter bei der Anbahnung der Kapitalanlageverträge erstellt worden sei.
22
In ihrem an das Landgericht gerichteten Schriftsatz vom 27. November 2002 haben die Kläger zwar Ausführungen darüber gemacht, von wem die Beklagten die Adressen der Anleger erhalten haben könnten. Zweck dieser Ausführungen , mit denen die Kläger weitgehend nur Vermutungen über die Herkunft der Anschriften geäußert haben, war es aber nicht, die Art und Weise der Beschaffung und Verwendung der Adressen zum Gegenstand des Rechtsstreits zu machen. Dies wird schon daraus ersichtlich, dass die Kläger die Anschriftenbeschaffung als solche in keiner Weise beanstandet und die Anschriftenverwendung gar nicht angesprochen haben. Bei ihren Ausführungen ging es den Klägern vielmehr lediglich darum darzutun, dass die Beklagten bei einer Vielzahl von angeschriebenen Anlegern einen konkreten Beratungsbedarf vermutet hätten. Dementsprechend hat das Landgericht die Klageanträge nur mit der Begründung zugesprochen, die Beklagten hätten standes- und wettbewerbswidrig für die Erteilung von Aufträgen im Einzelfall geworben.
23
Auch im Berufungsverfahren haben die Kläger die Beschaffung und Verwendung der Anschriften der Anleger nicht zu einem weiteren Gegenstand ihrer Klage gemacht. Die Frage, ob sich die Beklagten die Anschriften der Anleger auf rechtswidrige Weise beschafft haben könnten, hat erst das Berufungsgericht in seinem Aufklärungs- und Hinweisbeschluss vom 11. Juni 2003 aufgeworfen. Die Beklagten nahmen dies zum Anlass, die beteiligten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die Kläger haben sich im Ablehnungsverfahren zwar bemüht, das Berufungsgericht gegen den Vorwurf in Schutz zu nehmen, es habe Sachverhaltserforschung von Amts wegen betrieben , und dazu auf ihren Schriftsatz vom 27. November 2002 verwiesen. Sie haben ihre Klage aber gleichwohl nicht durch die Einführung eines neuen, auf die Art und Weise der Anschriftenbeschaffung gestützten Klagebegehrens erweitert. Sie haben lediglich - auch dies nur in einer Stellungnahme zur Richterablehnung - Erwägungen darüber angestellt, dass die Beklagten sich einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil "unter Verstoß gegen gesetzliche Regelungen" verschafft und wettbewerbswidrig gehandelt hätten, wenn sie sich die Adressen auf nicht legalem Weg beschafft haben sollten, "wovon jedenfalls nach dem derzeitigen Vortrag der Beklagten auszugehen" sei. In diesem Fall wäre auch das Anschreiben der Anleger der Immobilienfonds "wohl wettbewerbswidrig". Weiter haben die Kläger die Ansicht geäußert, die Darlegungsund Beweislast dafür, dass die Adressen nicht illegal beschafft worden seien, liege wohl bei den Beklagten. Auf die Frage, worin ein Gesetzesverstoß der Beklagten zu sehen sein könnte, gingen die Kläger nicht ein. Diesen Ausfüh- rungen über die Möglichkeit, dass die Beklagten bei der Anschriftenbeschaffung und -verwendung wettbewerbswidrig gehandelt haben könnten, lässt sich nicht der bestimmte Wille entnehmen, ein entsprechendes Unterlassungsbegehren zu einem (weiteren) Gegenstand des Rechtsstreits zu machen.
24
2. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist nicht dadurch geheilt worden, dass die Kläger die Zurückweisung der Revision beantragt und sich dadurch die Entscheidung des Berufungsgerichts zu Eigen gemacht haben. Denn insoweit handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BGHZ 154, 342, 350 f. - Reinigungsarbeiten; BGH GRUR 2005, 854, 856 - Karten-Grundsubstanz, jeweils m.w.N.).
25
3. Den Klägern ist auch nicht durch Zurückverweisung an das Berufungsgericht Gelegenheit zu geben, nunmehr Anträge zu stellen, die den vom Berufungsgericht ausgesprochenen Verboten entsprechen. Das schriftsätzliche Vorbringen der Kläger in den Tatsacheninstanzen bot - wie dargelegt - keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie solche prozessualen Ansprüche geltend machen wollten. Es ist aber weder Aufgabe des Gerichts, einen Kläger durch Fragen oder Hinweise zu veranlassen, neue Streitgegenstände einzuführen, noch sein Verfahren so zu gestalten, dass einem Kläger die Möglichkeit geboten wird, in dieser Weise - gegebenenfalls nach langem Verfahren - seine Klage zu erweitern (vgl. BGHZ 154, 342, 351 - Reinigungsarbeiten; BGH GRUR 2003, 436, 439 - Feldenkrais).
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III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als darin zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Auf die Berufung der Beklagten war - insoweit entsprechend dem Aus- spruch des Berufungsgerichts - die Klage in Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.
27
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 20.12.2002 - 7 O 383/02 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 10.10.2003 - 1 U 17/03 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.