Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 27. Okt. 2010 - I WsRH 33/10

bei uns veröffentlicht am27.10.2010

Tenor

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; notwendige Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Das Landgericht Rostock hat mit Beschluss vom 11.08.2010 den Antrag der Betroffenen vom 01.09.2009 als unbegründet zurückgewiesen, sie für die Zeit ihrer aufgrund Entscheidung des Rates des Kreises R. vom 11.08.1970 - Verf.-Reg.-Nr. 47/70 - erfolgten Unterbringung in den Kinderheimen G. (1969 - 1971), B. (1971 - 1976) und P. (1977 - 1982) auf der Grundlage des strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes zu rehabilitieren.

2

Mit dem genannten Bescheid war gem. § 50 Familiengesetzbuch/DDR in Verbindung mit § 22 der Jugendhilfeverordnung/DDR die Heimerziehung der Betroffenen angeordnet worden, weil ihre Mutter, H. B., seit Juli 1970 geschieden und zudem taubstumm war, wodurch "eine normale Entwicklung ihrer Tochter nicht gewährleistet (sei)". Das damals sechsjährige Mädchen habe ausweislich seiner Begutachtung bereits eine Retardierung in seiner geistig-seelischen Gesamtentwicklung von mehr als zwei Jahren aufgewiesen, weshalb "die Unterbringung in einem Spezialkinderheim für debile Vorschüler ... unumgänglich (sei)". Mit der Heimunterbringung werde das Ziel verfolgt, das Kind "durch gesellschaftliche Maßnahmen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung allseitig zu unterstützen. Eine Kommunikation zwischen der Minderjährigen und Erziehungsberechtigten (Anm. d. Senats: Erziehungsberechtigte war weiterhin die Mutter H. B.) ist in jeder Hinsicht zu unterstützen". Weiter heißt es in dem Bescheid, der Mutter der Betroffenen werde zur Pflicht gemacht, ständigen Kontakt zu ihrer Tochter und zur Heimleitung zu halten. Dem Heim obliege die allseitige Förderung der Persönlichkeitsentwicklung der Minderjährigen. Es habe alle sich bietenden Möglichkeiten zu unterstützen, die zu einer Festigung des Verhältnisses Mutter - Kind führen.

3

Gegen den ihr am 16.08.2010 förmlich zugestellten Beschluss des Landgerichts richtet sich die am 24.08.2010 dort eingegangene, von ihr unterzeichnete, jedoch vorwiegend von ihrem Ehemann für sie formulierte Beschwerde der Betroffenen. Diese macht geltend, sie sei seinerzeit gegen ihren Willen und allein aus politischen Gründen von ihrer "nervenkranken" Mutter, die sie "schwer misshandelt" habe, getrennt und "wie Frischfleisch" in die Kinderheime in G., B. und P. eingewiesen worden, statt sie - was auch möglich gewesen wäre - zur Adoption durch andere Eltern freizugeben.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

5

Die nach § 13 Abs. 1 StrRehaG statthafte und zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Rehabilitierung der Betroffenen zu Recht versagt.

6

1. Eine strafrechtliche Rehabilitierung kommt zunächst nur in Betracht, wenn eine strafrechtliche Maßnahme durch eine Behörde oder ein Gericht der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik der politischen Verfolgung gedient hat oder wenn die durch eine strafrechtliche Maßnahme verhängte Rechtsfolge im groben Missverhältnis zu der zugrundeliegenden Tat steht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 5 StrRehaG). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.

7

Der auszugsweise zitierte Bescheid des Rates des Kreises R. zur Heimunterbringung der Betroffenen vom 11.08.1970 diente ausweislich seiner Begründung allein fürsorgerischen Zwecken und stellte keine Sanktion für ein irgendwie geartetes strafrechtliches Fehlverhalten der Betroffenen dar. Letzteres kann schon deshalb sicher ausgeschlossen werden, weil das damals sechsjährige Mädchen noch gar nicht strafmündig war (§ 65 Abs. 1 und 2 StGB/DDR). Auch wurde der Rat des Kreises R. nicht als Strafverfolgungsorgan tätig, sondern der Bescheid zur Heimunterbringung wurde vom Referat Jugendhilfe der Abteilung Volksbildung erlassen und ausdrücklich auf § 50 Familiengesetzbuch/DDR gestützt. Dieser hatte folgenden Wortlaut:

8

"Sind die Erziehung und Entwicklung oder die Gesundheit des Kindes gefährdet und auch bei gesellschaftlicher Unterstützung der Eltern nicht gesichert, hat das Organ der Jugendhilfe nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen Maßnahmen zu treffen. Das gilt auch dann, wenn wirtschaftliche Interessen des Kindes gefährdet sind. Das Organ der Jugendhilfe kann den Eltern oder dem Kind Pflichten auferlegen oder Maßnahmen zu seiner Erziehung treffen, die zeitweilig auch außerhalb des Elternhauses durchgeführt werden können. Das Organ der Jugendhilfe kann das Kind in einzelnen Angelegenheiten selbst vertreten oder zur Wahrnehmung dieser Angelegenheiten einen Pfleger bestellen."

9

Auch daraus wird deutlich, dass zur Heimunterbringung der Betroffenen kein Sanktionsinstrument des Strafrechts zur Anwendung gelangte, auch wenn sie die Trennung von ihrer Mutter und die Maßnahme damals möglicherweise als Strafe empfunden haben mag, sondern eine jugendfürsorgerische Maßnahme auf zivilrechtlicher Grundlage. Weder aus dem Einweisungsbescheid noch aus dem damaligen Alter der Betroffenen und deren Vorbringen ergeben sich irgendwelche Hinweise darauf, dass ihre Heimunterbringung der Vermeidung einer ansonsten gebotenen strafrechtlichen (jugendgerichtlichen) Verfolgung gedient hätte, es sich mithin um eine verkappte strafrechtliche Sanktion gehandelt hat. Vielmehr trägt die Betroffene selbst vor, von ihrer "nervenkranken" Mutter "schwer misshandelt" worden zu sein. Allein die Tatsache, dass sie nicht - was ebenfalls möglich und ihrer Ansicht nach besser gewesen wäre - (zwangsweise) zur Adoption freigegeben, sondern in Kinderheime gesteckt wurde, empfindet sie wegen der dortigen Verhältnisse als Unrecht.

10

2. Vor diesem Hintergrund kommt auch eine Rehabilitierung der Heimunterbringung als freiheitsentziehende Maßnahme außerhalb des Strafverfahrens nach § 2 Abs. 1 StrRehaG nicht in Betracht. Zwar ist auch der Aufenthalt in einem Jugendwerkhof bzw. einem dem vergleichbaren Spezialheim der DDR als Freiheitsentziehung im Sinne von § 2 StrRehaG anzusehen. Für eine strafrechtliche Rehabilitierung ist jedoch darüber hinaus erforderlich, dass auch die sonstigen Voraussetzungen dieses Gesetzes, nämlich eine politische Verfolgung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 StrRehaG) oder ein sonstige sachfremde (rechtsstaatswidrige) Zweckrichtung oder eine grobe Unverhältnismäßigkeit (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 StrRehaG), belegbar sind (so auch BVerfG, 2. Senat 2. Kammer, stattgebender Kammerbeschluss vom 13.05.2009 - 2 BvR 718/08). Das ist hier aus den bereits angeführten Gründen nicht der Fall.

11

Es erscheint ausgeschlossen, dass die Heimeinweisung der damals sechsjährigen Betroffenen ihrer "politischen Verfolgung" gedient haben könnte. Vor dem Hintergrund der von der Beschwerdeführerin berichteten Verhältnisse in ihrer Familie ist auch nicht erkennbar, dass die Maßnahme aus sachwidrigen Erwägungen heraus angeordnet wurde. Das gilt auch für die - konkludent - getroffene Entscheidung, von einer Freigabe zur Adoption abzusehen, denn ausweislich der Begründung des Einweisungsbescheides hegte die Jugendhilfe seinerzeit die Erwartung, das Verhältnis Mutter - Kind könne wieder gefestigt werden, weshalb sowohl der Mutter wie auch dem Heim ausdrücklich aufgegeben wurde, den regelmäßigen Kontakt zwischen beiden zu pflegen und zu fördern.

12

3. Schließlich ist auch kein grobes Missverhältnis zwischen der angeordneten und langjährig vollzogenen Heimunterbringung und den vorangegangenen, in den familiären Verhältnissen wurzelnden Verhaltens- und Entwicklungsauffälligkeiten der Betroffenen zu erkennen.

13

Mag auch die Heimunterbringung als solche, wie insbesondere die dort vorherrschenden Zustände den heutigen Vorstellungen und Erkenntnissen über eine sachgerechten Förderung des Kindeswohls nicht entsprechen, kann auf der anderen Seite nicht übersehen werden, dass die in den Heimen geübte Art der Erziehung, auch wenn sie nach heutigen Maßstäben nicht zu rechtfertigen ist, nach der damals vorherrschenden pädagogischen Auffassung der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Heimbetriebes und der individuellen Erziehung und dem Schulerfolg der Zöglinge diente. Das war, wie jüngste Erkenntnisse zeigen, in entsprechenden Kinderheimen der alten Bundesrepublik Deutschland seinerzeit nicht grundlegend anders.

14

Ebenso wie bei Häftlingen der ehemaligen DDR ist jedoch nur die Maßnahme als solche, die zur Freiheitsentziehung geführt hat, einer strafrechtlichen Rehabilitierung zugänglich, nicht jedoch eventuell erfahrenes Unrecht während oder als Folge der Inhaftierung. Das ist bei behördlichen Entscheidungen nach § 2 StrRehaG nicht anders. Nur diese, nicht aber die Folgen einer einschlägigen Entscheidung sind Gegenstand der Überprüfung im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren.

III.

15

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf § 14 Abs. 1 StrRehaG; hinsichtlich der Auslagen der Betroffenen folgt die Entscheidung aus § 14 Abs. 4 StrRehaG, § 473 StPO.

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Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 27. Okt. 2010 - I WsRH 33/10 zitiert 7 §§.

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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 14 Kosten des Verfahrens und notwendige Auslagen


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Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 1 Aufhebung rechtsstaatswidriger Entscheidungen


(1) Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erkl

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 2 Rechtsstaatswidrige Entscheidungen über Freiheitsentzug außerhalb eines Strafverfahrens


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für ein

Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG | § 13 Beschwerde


(1) Gegen den Beschluss kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Beschwerde eingelegt werden. (2) Der Beschluss unterliegt nicht der Beschwerde, soweit 1. einem Rehabilitierungsantrag stattgegeben worden ist und kein Verfahrensbeteiligt

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(1) Gegen den Beschluss kann innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung Beschwerde eingelegt werden.

(2) Der Beschluss unterliegt nicht der Beschwerde, soweit

1.
einem Rehabilitierungsantrag stattgegeben worden ist und kein Verfahrensbeteiligter dem Antrag widersprochen hat,
2.
das Gericht einstimmig und auf Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist,
a)
entschieden hat, dass die Rechtsfolgen der angegriffenen Entscheidung nicht in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen, oder
b)
einen Antrag nach § 1 Abs. 6 als unzulässig verworfen hat.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht, soweit die erfolgreiche Anfechtung zur Verkürzung einer noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe führen würde.

(3) Über die Beschwerde entscheidet das Bezirksgericht oder das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat, in Berlin das Kammergericht. Das Beschwerdegericht entscheidet durch besondere Beschwerdesenate für Rehabilitierungssachen. § 9 gilt entsprechend.

(4) Will der Beschwerdesenat bei der Entscheidung einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Bezirksgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofes abweichen, hat er die Sache dem Bundesgerichtshof in entsprechender Anwendung von § 121 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes vorzulegen.

(1) Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben (Rehabilitierung), soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, insbesondere weil

1.
die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat; dies gilt in der Regel für Verurteilungen nach folgenden Vorschriften:
a)
Landesverräterische Nachrichtenübermittlung (§ 99 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
b)
Staatsfeindlicher Menschenhandel (§ 105 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
c)
Staatsfeindliche Hetze (§ 106 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
d)
Ungesetzliche Verbindungsaufnahme (§ 219 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
e)
Ungesetzlicher Grenzübertritt (§ 213 Abs. 1, 2, 3 Satz 2 Nr. 3 bis 6, oder Abs. 4 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
f)
Boykotthetze gemäß Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949 (GBl. I Nr. 1 S. 5);
g)
Wehrdienstentziehung und Wehrdienstverweigerung (§ 256 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder § 43 des Gesetzes über den Wehrdienst in der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (GBl. I Nr. 12 S. 221);
h)
nach Vorschriften, die den unter den Buchstaben a bis g genannten Vorschriften inhaltlich entsprechen, sowie
i)
Hochverrat, Spionage, Anwerbenlassen zum Zwecke der Spionage, Landesverräterische Agententätigkeit, Staatsverbrechen, die gegen einen verbündeten Staat gerichtet sind, Unterlassung der Anzeige einer dieser Straftaten, Geheimnisverrat (§§ 96, 97, 98, 100, 108, 225 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit diesen Vorschriften, §§ 245 oder 246 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder nach inhaltlich entsprechenden Vorschriften, wenn die Tat für die Bundesrepublik Deutschland, einen mit ihr verbündeten Staat oder für eine Organisation begangen worden sein soll, die den Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung verpflichtet ist, oder
2.
die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen.

(2) Mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sind die Entscheidungen des Landgerichts Chemnitz, Außenstelle Waldheim, aus dem Jahr 1950 ("Waldheimer Prozesse").

(3) Ist eine Entscheidung auf die Verletzung mehrerer Strafvorschriften gestützt und liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nur hinsichtlich eines Teiles der Strafvorschriften vor, kann die Entscheidung insgesamt aufgehoben werden, wenn die übrigen Gesetzesverletzungen für die Anordnung der Rechtsfolgen von untergeordneter Bedeutung gewesen sind.

(4) Kommt eine vollständige Aufhebung der Entscheidung nicht in Betracht, hebt das Gericht den Teil der Entscheidung auf, für den die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.

(5) Für strafrechtliche Maßnahmen, die keine gerichtlichen Entscheidungen sind, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend.

(6) Ein Antrag nach Absatz 1 ist unzulässig, soweit nach dem 2. Oktober 1990 über einen auf denselben Sachverhalt gestützten zulässigen Antrag auf Rehabilitierung oder Kassation rechtskräftig entschieden worden ist. Dies gilt nicht, soweit dargelegt wird, dass der frühere Antrag nach den Vorschriften dieses Gesetzes Erfolg gehabt hätte.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für eine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt sowie eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat.

(2) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter haftähnlichen Bedingungen oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt.

(1) Die strafrechtliche Entscheidung eines staatlichen deutschen Gerichts in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 ist auf Antrag für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben (Rehabilitierung), soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist, insbesondere weil

1.
die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat; dies gilt in der Regel für Verurteilungen nach folgenden Vorschriften:
a)
Landesverräterische Nachrichtenübermittlung (§ 99 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
b)
Staatsfeindlicher Menschenhandel (§ 105 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
c)
Staatsfeindliche Hetze (§ 106 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
d)
Ungesetzliche Verbindungsaufnahme (§ 219 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
e)
Ungesetzlicher Grenzübertritt (§ 213 Abs. 1, 2, 3 Satz 2 Nr. 3 bis 6, oder Abs. 4 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33);
f)
Boykotthetze gemäß Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949 (GBl. I Nr. 1 S. 5);
g)
Wehrdienstentziehung und Wehrdienstverweigerung (§ 256 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder § 43 des Gesetzes über den Wehrdienst in der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (GBl. I Nr. 12 S. 221);
h)
nach Vorschriften, die den unter den Buchstaben a bis g genannten Vorschriften inhaltlich entsprechen, sowie
i)
Hochverrat, Spionage, Anwerbenlassen zum Zwecke der Spionage, Landesverräterische Agententätigkeit, Staatsverbrechen, die gegen einen verbündeten Staat gerichtet sind, Unterlassung der Anzeige einer dieser Straftaten, Geheimnisverrat (§§ 96, 97, 98, 100, 108, 225 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit diesen Vorschriften, §§ 245 oder 246 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1988, GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33) oder nach inhaltlich entsprechenden Vorschriften, wenn die Tat für die Bundesrepublik Deutschland, einen mit ihr verbündeten Staat oder für eine Organisation begangen worden sein soll, die den Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung verpflichtet ist, oder
2.
die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zu der zu Grunde liegenden Tat stehen.

(2) Mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sind die Entscheidungen des Landgerichts Chemnitz, Außenstelle Waldheim, aus dem Jahr 1950 ("Waldheimer Prozesse").

(3) Ist eine Entscheidung auf die Verletzung mehrerer Strafvorschriften gestützt und liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nur hinsichtlich eines Teiles der Strafvorschriften vor, kann die Entscheidung insgesamt aufgehoben werden, wenn die übrigen Gesetzesverletzungen für die Anordnung der Rechtsfolgen von untergeordneter Bedeutung gewesen sind.

(4) Kommt eine vollständige Aufhebung der Entscheidung nicht in Betracht, hebt das Gericht den Teil der Entscheidung auf, für den die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.

(5) Für strafrechtliche Maßnahmen, die keine gerichtlichen Entscheidungen sind, gelten die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend.

(6) Ein Antrag nach Absatz 1 ist unzulässig, soweit nach dem 2. Oktober 1990 über einen auf denselben Sachverhalt gestützten zulässigen Antrag auf Rehabilitierung oder Kassation rechtskräftig entschieden worden ist. Dies gilt nicht, soweit dargelegt wird, dass der frühere Antrag nach den Vorschriften dieses Gesetzes Erfolg gehabt hätte.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Dies gilt insbesondere für eine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt sowie eine Anordnung einer Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche, die der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat.

(2) Der Freiheitsentziehung werden Leben unter haftähnlichen Bedingungen oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt.

(1) Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben.

(2) Wird dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben, fallen die notwendigen Auslagen des Antragstellers der Staatskasse zur Last. Im Übrigen kann das Gericht die notwendigen Auslagen des Antragstellers ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn es unbillig wäre, den Antragsteller damit zu belasten.

(3) Die Entscheidung nach Absatz 2 Satz 2 ist unanfechtbar.

(4) Für die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren gilt § 473 Abs. 1 bis 4 der Strafprozessordnung entsprechend.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.