Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 17. Sept. 2009 - I Ws 269/09

bei uns veröffentlicht am17.09.2009

Tenor

Die weitere Beschwerde wird auf Kosten der Staatskasse, die auch die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu ersetzen hat, als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Sch. hat am 19.05.2009 während des laufenden Ermittlungsverfahrens Ergreifungshaftbefehl gegen den Angeklagten wegen des dringenden Verdachts der versuchten räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung erlassen, der am Folgetag vollstreckt wurde. Ihm wurde darin zur Last gelegt, am 16.05.2009 gemeinsam mit dem Mitangeklagten Tobias I. den Zeugen Sven J. in dessen Wohnung in Sch. aufgesucht und dort sofort auf diesen sowie auf den ebenfalls in der Wohnung anwesenden Zeugen Oliver D. eingeschlagen zu haben, um die Geschädigten, die beide in Sch. "Modelwohnungen" betreiben, in denen gewerbsmäßig der Prostitution nachgegangen wird, dazu zu bewegen, diese Wohnungen "an sie abzutreten". Der Zeuge J. soll als Folge der Misshandlungen einen Rippenbruch sowie mehrere Hämatome im Gesichtsbereich und der Zeuge D. Nasenbluten sowie Schwellungen im Gesicht davongetragen haben. Der Haftbefehl war auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützt, die damit begründet wurde, der Angeklagte verfüge in der Bundesrepublik Deutschland über keine tragfähigen sozialen, insbesondere familiären, beruflichen oder sonstige Bindungen und habe aufgrund mehrerer einschlägiger Vorstrafen wegen Gewaltdelikten im vorliegenden Verfahren mit Freiheitsstrafe in solcher Höhe zu rechnen, dass eine Aussetzung zur Bewährung ausgeschlossen erscheine. Weniger einschneidende Maßnahmen als der Vollzug der Untersuchungshaft kämen nicht in Betracht.

2

Nach der am 21.05.2009 erfolgten Eröffnung des Haftbefehls wurde durch den Ermittlungsrichter dessen weiterer Vollzug angeordnet. Der wegen der identischen Tatvorwürfe gegen den Mitbeschuldigten I. bestehende Haftbefehl wurde hingegen nach Verkündung gegen Meldeauflagen sowie die Weisung, an keinen strafbaren Handlungen teilzunehmen und keinen Kontakt zu den geschädigten Zeugen aufzunehmen oder sich diesen zu nähern, außer Vollzug gesetzt.

3

Die Staatsanwaltschaft Schwerin hat mit Datum vom 17.06.2009 Anklage gegen beide Beschuldigten zum Amtsgericht - Schöffengericht - Sch. erhoben. Darin wird ihnen zusätzlich zu dem Geschehen, welches bereits Gegenstand des vorerwähnten Haftbefehls ist, vorgeworfen, sich dadurch einer weiteren versuchten räuberischen Erpressung strafbar gemacht zu haben, dass sie am 20.05.2009 anlässlich eines vereinbarten Treffens in einer Sch. Gaststätte von dem Zeugen J. verlangt hätten, dieser solle künftig für den Betrieb seiner "Modelwohnungen" regelmäßig bestimmte Geldbeträge an sie abführen. Als der Zeuge J. erklärt habe, hierzu nicht bereit zu sein, hätten ihm die Angeschuldigten damit gedroht, ihn erneut körperlich zu misshandeln. Unmittelbar im Anschluss an dieses Treffen wurden beide Angeschuldigte durch die von dem Zeugen J. vorab über die Zusammenkunft informierte Polizei festgenommen.

4

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20.07.2009 nur den gegen den Angeschuldigten T. bestehenden Haftbefehl dem erweiterten Anklagevorwurf angepasst, ihn nach am selben Tag durchgeführter mündlicher Haftprüfung jedoch statt auf den Haftgrund der Fluchtgefahr nunmehr auf denjenigen der Wiederholungsgefahr gemäß § 112a Abs. 1 Ziff. 2 StPO gestützt und in Vollzug belassen. Dies wurde damit begründet, der Angeschuldigte sei am 21.01.2005 vom Amtsgericht Sch. unter Einbeziehung der einschlägigen Vorstrafe aus dem Urteil des selben Gerichts vom 19.05.2003 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Die Bewährungszeit sei auf vier Jahre festgesetzt worden und erst am 20.01.2009, mithin nur rund vier Monate vor den verfahrensgegenständlichen Vorfällen, abgelaufen. Die Strafe sei bislang nicht erlassen worden. Zuvor sei der Angeschuldigte schon am 08.02.2001 vom Amtsgerichts W. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt worden. Dies lasse besorgen, dass er auch künftig wieder derartige Taten begehen werde, zumal er dem Zeugen J. am 20.05.2009 mit weiteren körperlichen Übergriffen gedroht habe, wenn dieser sich auf das Zahlungsverlangen nicht einlasse.

5

Mit Beschluss vom 24.07.2009 hat das Schöffengericht die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen, das Hauptverfahren eröffnet und gemäß § 207 Abs. 4 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen den Angeklagten T. angeordnet.

6

Unter dem Datum des 04.08.2009 hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt und dessen Aufhebung, hilfsweise seine Außervollzugsetzung beantragt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde am 17.08.2009 nicht abgeholfen und die Vorgänge dem Landgericht Schwerin zur Entscheidung vorgelegt.

7

Die Beschwerdekammer hat mit Beschluss vom 19.08.2009 unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels den weiteren Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt und dem Angeklagten die Weisung erteilt, strafbare Handlungen zu unterlassen sowie keinen Kontakt zu den Zeugen J. und D. aufzunehmen oder sich ihnen zu nähern. Zur Begründung für die Haftverschonung wird ausgeführt, die dem Angeklagten erteilten Auflagen erschienen ausreichend, um der bestehenden Wiederholungsgefahr zu begegnen, weil auch der Mitangeklagte Ide, der mit vergleichbaren Auflagen sogleich vom Vollzug der Untersuchungshaft verschont worden sei, dadurch von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten worden sei. Es seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sich der Angeklagte T. anders verhalten werde. Der Angeklagte wurde noch am selben Tag aus der Untersuchungshaft entlassen.

8

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft Sch. mit ihrer weiteren Beschwerde vom 25.08.2009. Sie führt darin aus, der gegen den Mitangeklagten I. bestehende Haftbefehl sei ausschließlich auf den Haftgrund der Fluchtgefahr und nicht wie bei dem Angeklagten T. auf denjenigen der Wiederholungsgefahr gestützt. Der von der Beschwerdekammer gezogene Vergleich zwischen beiden Angeklagten sei schon deshalb verfehlt. Im Übrigen drohe dem Angeklagten T. wegen seiner einschlägigen Vorstrafen, die gravierender seien als diejenigen des Mitangeklagten I., eine deutlich höhere, nicht mehr aussetzungsfähige Freiheitsstrafe, weshalb bei ihm auch von Fluchtgefahr auszugehen sei. Weder damit noch mit den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten T., die nicht geeignet seien, der Fluchtgefahr ausreichend sicher zu begegnen, habe sich das Landgericht auseinandergesetzt.

9

Die Strafkammer hat der weiteren Beschwerde unter dem 27.08.2009 nicht abgeholfen. Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft beigetreten und hat mit Datum vom 08.09.2009 beantragt, den Beschluss des Landgerichts hinsichtlich der Haftverschonung aufzuheben und die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen den Angeklagten T. mit der Maßgabe anzuordnen, dass statt des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr wieder derjenige der Fluchtgefahr gegeben sei. Der Angeklagte ist mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 14.09.2009 dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft entgegengetreten.

10

Die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht - Schöffengericht - Sch. hat bislang am 24. und 31.08. sowie am 10.09.2009 in Anwesenheit der jeweils ordnungsgemäß erschienenen Angeklagten stattgefunden. Weitere Fortsetzungstermine sind auf den 21.09. und 06.10.2009 bestimmt worden.

II.

11

Die weitere Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.

12

1. Zwar ist der Anklagebehörde zuzugeben, dass das Landgericht seine Entscheidung, den Angeklagten T. gegen Auflagen vom weiteren Vollzug des auf den Haftgrund der Wiederholungsgefahr gestützten Haftbefehls zu verschonen, unzureichend begründet hat. Die Beschwerdekammer hat bereits übersehen, dass der gegen den Mitangeklagten I. bestehende Haftbefehl allein mit dem Haftgrund der Fluchtgefahr begründet worden ist, weshalb bei seiner Aussetzung überwiegend andere Kriterien zu berücksichtigen waren als dies bei dem Angeklagten T. der Fall ist. Die schlichte Annahme des Landgerichts, nur weil sich die dem Angeklagten I. bei der Außervollzugsetzung des Haftbefehls erteilten Auflagen bislang - soweit bekannt - als wirksam erwiesen hätten, werde dies in Ermangelung entgegenstehender Anhaltspunkte auch bei dem Angeklagten T. der Fall sein, geht deshalb nicht nur von einem falschen Prüfungsansatz aus, sondern lässt sogar besorgen, hier könne ein dann völlig falsch verstandener Gleichbehandlungsgrundsatz zur Anwendung gelangt sein.

13

Hinzu kommt, dass den Beschlussgründen auch nicht ansatzweise zu entnehmen ist, dass vor der getroffenen Aussetzungsentscheidung die gebotene sorgfältige Prüfung und Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des nach Aktenlage eng mit dem Sch. Boxer- und Kraftsportlermilieu, dem "Sicherheitsgewerbe" und - nach eigener Einlassung durch Betreiben von "Modelwohnungen" - dem Rotlichtmilieu verbundenen Angeklagten, seinen früheren Taten und seinen aktuellen Lebensumständen und eine darauf fußende, intensive Risikoabwägung stattgefunden hätte. Gerade bei dem auch vom Landgericht bejahten Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO ist eine Außervollzugsetzung des dann allein der Abwendung der von dem Angeklagten vor rechtskräftiger Aburteilung drohenden Gefahr neuer, die Rechtordnung schwerwiegend beeinträchtigenden Straftaten dienenden Haftbefehls nur in besonderen Ausnahmefällen zu verantworten. Solche sind von der Kammer weder dargelegt worden, noch sonst erkennbar.

14

2. Indes vermag allein der Umstand, dass das Landgericht seinerzeit eine möglicherweise nur unzureichend abgewogene und in jedem Fall nicht ausreichend begründete und deshalb auch rechtlich kaum nachvollziehbare Entscheidung getroffen hat, der weiteren Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht zum Erfolg zu verhelfen.

15

a) Abzustellen ist vielmehr darauf, ob die getroffene Entscheidung im Zeitpunkt, zu dem das Beschwerdegericht darüber zu befinden hat, materiell Bestand haben kann, oder ob sie sich jetzt als (ermessens-)fehlerhaft erweist. Der Senat hatte deshalb nicht nur in tatsächlicher, sondern auch in rechtlicher Hinsicht eine völlig eigenständige, auf den aktuellen Zeitpunkt bezogene Prüfung vorzunehmen, ob die Haftverschonung des Angeklagten unter Anlegung der bereits genannten Kriterien des § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO (weiterhin) Bestand haben kann. Dabei wären etwaig neu bekannt gewordene tatsächliche Umstände, die gegen den Angeklagten und damit für seine neue Inhaftnahme sprechen könnten, ebenso zu berücksichtigen, wie das Ausbleiben entscheidungsrelevanter Negativtatsachen.

16

b) Dabei ist auch die Regelung des § 116 Abs. 4 StPO zu beachten. Zwar richtet sich diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut in erster Linie an den nach § 126 StPO originär zuständigen Haftrichter und betrifft Fälle, in denen dieser entweder auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen darüber zu befinden hat, ob aufgrund neuer Umstände ein einmal unangefochten außer Vollzug gesetzter Haftbefehl wieder zu vollziehen ist. Anders als im Beschwerdeverfahren geht es dann nicht um die rückwirkende Überprüfung einer alten, sondern um die Frage, ob eine neue Haftentscheidung zu treffen ist.

17

Gleichwohl kommt der eng auszulegenden Ausnahmeregelung des § 116 Abs. 4 StPO (vgl. auch BVerfG, StV 2006, 139: § 116 Abs. 4 StPO hat "Ausschließlichkeitscharakter") auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren Bedeutung zu, denn auch darin geht es faktisch um die Frage, ob der gegen den bereits seit dem 19.08.2009 von der weiteren Untersuchungshaft verschonten Angeklagten bestehende Haftbefehl jetzt wieder in Vollzug zu setzen ist. In einem solchen Fall kann aber für das Beschwerdegericht nichts anderes gelten als für den Erstrichter. Ist dieser jetzt nach § 116 Abs. 4 StPO gehindert, einen Haftbefehl wieder in Vollzug zu setzen, weil der Beschuldigte das in ihn gesetzte Vertrauen gerade nicht missbraucht hat, kann auch das Beschwerdegericht, ohne dass ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung abweichende Negativerkenntnisse vorliegen, nicht anders entscheiden, selbst wenn es die angegriffene Aussetzungsentscheidung seinerzeit nicht oder anders getroffen hätte.

18

Nach § 116 Abs. 4 StPO kann der (erneute) Vollzug auch eines nach § 112a StPO erlassenen Haftbefehls (nur) angeordnet werden, wenn der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, er Anstalten zu seiner Flucht trifft, er auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt, er auf andere Weise zeigt, dass das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder neu hervorgetretene Umstände, die sich dann aber nur auf den Haftgrund, nicht jedoch auf den dringenden Tatverdacht beziehen können (vgl. Hilger, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., 2007, § 116 Rn. 50 m.w.N.), seine (erneute) Verhaftung erforderlich machen. Das darin zum Ausdruck kommende Gebot, die Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls durch den Richter nur dann zu widerrufen, wenn sich die Umstände im Vergleich zu der Beurteilungsgrundlage zur Zeit der Gewährung der Verschonung verändert haben (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Mai 1993 - 1 Ws 456/93 -, StV 1993, S. 480 <481>; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Februar 1988 - 3 Ws 142/88 -, StV 1988, S. 207; KG, Beschluss vom 14. Oktober 1996 - 4 Ws 168/96 -, StraFo 1997, S. 27; Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., 2009, § 116 Rn. 28; Graf, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 116 Rn. 33; LR-Hilger a.a.O. Rn. 44), gehört zu den bedeutsamsten (Verfahrens-)Garantien, deren Beachtung Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG fordert und mit grundrechtlichem Schutz versieht (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 15.08.2007 - 2 BvR 1485/07 = NStZ-RR 2007, 379 = StV 2008, 25).

19

Ist ein Haftbefehl erst einmal unter Freilassung des Betroffenen für eine gewisse, vertrauensbildende Zeit außer Vollzug gesetzt worden, weil entweder von der Möglichkeit des § 307 Abs. 2 StPO kein Gebrauch gemacht oder gar die Beschwerde nicht unverzüglich angebracht wurde, so ist jede neue haftrechtliche Entscheidung, die den Wegfall der Haftverschonung zur Folge hat, nur unter den einschränkenden Voraussetzungen von § 116 Abs. 4 StPO möglich. Eine lediglich andere Beurteilung bei im Übrigen gleich bleibenden Umständen kann einen Widerruf hingegen nicht rechtfertigen (vgl. BVerfG, NStZ-RR 2007, 379 = StV 2008, 25 sowie Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2005 - 2 BvR 1618/05 -, StV 2006, S. 26 <27>, 1. Februar 2006 - 2 BvR 2056/05 -, StV 2006, S. 139 <140> und 29. November 2006 - 2 BvR 2342/06 -; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 1 Ws 46/04 -, StV 2004, S. 493; L-R Hilger a.a.O.; Münchhalffen/Gatzweiler, Das Recht der Untersuchungshaft, 3. Aufl., 2009, Rdz. 333).

20

Angesichts der Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) ist die Schwelle für eine Widerrufsentscheidung grundsätzlich sehr hoch anzusetzen (vgl. KG, Beschluss vom 27. März 1998 - 1 AR 301/98 - 4 Ws 61/98 -, ; OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 1 Ws 46/04 -, StV 2004, S. 493). Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung stets zu berücksichtigen ist deshalb vor allem, dass der Angeklagte inzwischen Gelegenheit hatte, sein Verhalten gegenüber dem Strafverfahren zu dokumentieren (vgl. KG, Beschluss vom 27. März 1998 - 1 AR 301/98 - 4 Ws 61/98 -, ; OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 1 Ws 46/04 -, StV 2004, S. 493) und das in ihn gesetzte Vertrauen (vgl. hierzu § 116 Abs. 4 Nr. 2 StPO), namentlich durch strikte Beachtung der ihm erteilten Auflagen, zu rechtfertigen (vgl. hierzu bereits Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Februar 2006 - 2 BvR 2056/05 -, StV 2006, S. 139 <140 f.>, 29. November 2006 - 2 BvR 2342/06 - und vom 15.08.2007 - 2 BvR 1485/07, NStZ-RR 2007, 379 = StV 2008, 25). Das maßgebliche Kriterium für den Widerruf besteht in einem Wegfall der Vertrauensgrundlage der Aussetzungsentscheidung (vgl. KG, Beschluss vom 27. März 1998 - 1 AR 301/98 - 4 Ws 61/98 -, ). Ob dies der Fall ist, erfordert vor dem Hintergrund der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der persönlichen Freiheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) eine Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. hierzu auch OLG Hamm, Beschluss vom 27. Dezember 2002 - 2 Ws 474/02 -, StV 2003, S. 512 <513>).

21

c) Vorliegend ist für einen Wegfall der mit der Aussetzungsentscheidung geschaffenen Vertrauensgrundlage nichts ersichtlich. Soweit bekannt, ist der seit nunmehr fast einem Monat wieder auf freiem Fuß befindliche Angeklagte seither nicht mehr durch eine der in § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO aufgeführten Katalogtaten strafrechtlich in Erscheinung getreten. Auch Verstöße gegen die übrigen Auflagen des Haftverschonungsbeschlusses werden von der Beschwerdeführerin weder vorgetragen, noch sind solche dem Senat anderweitig bekannt geworden.

22

Hinzu kommt, dass die Staatsanwaltschaft in dem von dem Angeklagten angestrengten Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht, in dem sie unter dem 17.08.2009 Stellung genommen und nun auch wieder Fluchtgefahr bejaht hatte, von der Möglichkeit einer Antragstellung nach § 307 Abs. 2 StPO keinen Gebrauch gemacht hat. Auch ihr eigenes Rechtsmittel gegen die Aussetzungsentscheidung hat sie erst eingelegt, als sich der Angeklagte bereits seit knapp einer Woche auf freiem Fuß befand und obwohl er am Vortag ordnungsgemäß zu der beginnenden Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht erschienen war. Selbst die ihr unter dem 21.08.2009 zugegangene Mitteilung des Verteidigers über eine von dem Angeklagten am 22. und 23.08.2009 beabsichtigte Auslandsreise, wurde von der Staatsanwaltschaft nicht zum Anlass genommen, deshalb unverzüglich die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls zu beantragen. Die Anklagebehörde hat damit selbst dazu beigetragen, dass der Vertrauenstatbestand, der nun einer erneuten Inhaftnahme des Angeklagten entgegensteht, sich bilden konnte.

23

3. Soweit die Staatsanwaltschaft und - ihr folgend - die Generalstaatsanwalt im Beschwerdeverfahren darauf abstellt, gegen den Angeklagten läge nun (wieder) der Haftgrund der Fluchtgefahr vor, kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Angeklagte, wie oben ausgeführt, bislang zu allen Gerichtsterminen erschienen ist, obwohl ihm aus dem bisherigen Verfahren bekannt ist, dass er im Falle seiner Verurteilung sowohl nach Auffassung der Staatsanwaltschaft wie auch der bisher mit der Sache befassten Richter des Amtsgerichts mit einer unbedingten Freiheitsstrafe rechnen muss. Hinzu kommt, dass der Angeklagte, obwohl er hierzu nach der Aussetzungsentscheidung nicht einmal verpflichtet war, dem Gericht durch seinen Verteidiger eigeninitiativ mitgeteilt hat, dass er sich am 22. und 23.08.2009 in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma beruflich in Budapest aufhalten werde. Von dieser Auslandsreise ist er unbeanstandet zurückgekehrt, was ebenfalls gegen eine aktuelle Fluchtabsicht streitet.

III.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO, diejenige über die Auslagen auf § 473 Abs. 2 Satz 1 StPO.

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(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, da

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(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll. (2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen

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(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist, 1. eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 176d, 177, 178, 184b Absatz 2 oder nach § 238 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder2. wiederholt oder fortgesetzt eine di

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(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll.

(2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen Änderungen es die Anklage zur Hauptverhandlung zuläßt, wenn

1.
wegen mehrerer Taten Anklage erhoben ist und wegen einzelner von ihnen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird,
2.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne abtrennbare Teile einer Tat beschränkt wird oder solche Teile in das Verfahren wieder einbezogen werden,
3.
die Tat rechtlich abweichend von der Anklageschrift gewürdigt wird oder
4.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Straftat begangen worden sind, beschränkt wird oder solche Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbezogen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 reicht die Staatsanwaltschaft eine dem Beschluß entsprechende neue Anklageschrift ein. Von der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen kann abgesehen werden.

(4) Das Gericht beschließt zugleich von Amts wegen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung.

(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist,

1.
eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 176d, 177, 178, 184b Absatz 2 oder nach § 238 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder
2.
wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach den §§ 89a, 89c Absatz 1 bis 4, nach § 125a, nach den §§ 224 bis 227, nach den §§ 243, 244, 249 bis 255, 260, nach § 263, nach den §§ 306 bis 306c oder § 316a des Strafgesetzbuches oder nach § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 10 oder Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes oder nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes
begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde, die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. In die Beurteilung des dringenden Verdachts einer Tatbegehung im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 sind auch solche Taten einzubeziehen, die Gegenstand anderer, auch rechtskräftig abgeschlossener, Verfahren sind oder waren.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 vorliegen und die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 nicht gegeben sind.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist,

1.
eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 176d, 177, 178, 184b Absatz 2 oder nach § 238 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder
2.
wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach den §§ 89a, 89c Absatz 1 bis 4, nach § 125a, nach den §§ 224 bis 227, nach den §§ 243, 244, 249 bis 255, 260, nach § 263, nach den §§ 306 bis 306c oder § 316a des Strafgesetzbuches oder nach § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 10 oder Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes oder nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes
begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde, die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. In die Beurteilung des dringenden Verdachts einer Tatbegehung im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 sind auch solche Taten einzubeziehen, die Gegenstand anderer, auch rechtskräftig abgeschlossener, Verfahren sind oder waren.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 vorliegen und die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 nicht gegeben sind.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt.

(2) Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird, sowie auch das Beschwerdegericht anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen ist.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist,

1.
eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176 bis 176d, 177, 178, 184b Absatz 2 oder nach § 238 Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches oder
2.
wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigende Straftat nach den §§ 89a, 89c Absatz 1 bis 4, nach § 125a, nach den §§ 224 bis 227, nach den §§ 243, 244, 249 bis 255, 260, nach § 263, nach den §§ 306 bis 306c oder § 316a des Strafgesetzbuches oder nach § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 10 oder Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes oder nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes
begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde, die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zu erwarten ist. In die Beurteilung des dringenden Verdachts einer Tatbegehung im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 sind auch solche Taten einzubeziehen, die Gegenstand anderer, auch rechtskräftig abgeschlossener, Verfahren sind oder waren.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 vorliegen und die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1, 2 nicht gegeben sind.

(1) Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt.

(2) Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird, sowie auch das Beschwerdegericht anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen ist.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.