Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 03. Aug. 2015 - 3 W 101/15

bei uns veröffentlicht am03.08.2015

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 5. vom 19.06.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ribnitz-Damgarten - Nachlassgericht - vom 13.05.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 5.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Erblasserin verstarb am 12.07.1958. Sie hatte mit ihrem am 25.02.1949 vorverstorbenen Ehemann O. H. L. F. ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Weitere Regelungen enthielt das Testament nicht.

2

Am 06.05.1985 wurde durch das Staatliche Notariat ein Erbschein erteilt, welcher in gesetzlicher Erbfolge die sechs Kinder der Erblasserin als Erben ausweist. Dabei handelt es sich um die Beteiligten zu 1. bis 4. und 6. sowie um die Großmutter des Beteiligten zu 5., Frau E. F. B. Die im Erbschein ausgewiesenen Erben sind ihrerseits bereits alle nachverstorben.

3

Der Beteiligte zu 5. hat die Einziehung des vorbezeichneten Erbscheins beantragt. Er ist der Ansicht, dass für Frau E. B. ein Anerbenrecht aufgrund des 1941/42 geltenden Höferechts bestanden habe.

4

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Einziehung des Erbscheins abgelehnt und ausgeführt, dass dieser zutreffend die gesetzliche Erbfolge ausweise, da die Erblasserin eine letztwillige Verfügung für den hier in Rede stehenden Todesfall nicht getroffen habe. Für die Feststellungen eines Anerbenrechts sei das Nachlassgericht nicht zuständig. Wegen der weiteren Begründung des Beschlusses nimmt der Senat auf diesen Bezug.

5

Der Beteiligte zu 5. hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und gerügt, dass vor Erlass des Beschlusses die Beteiligten nicht befragt worden seien. Das Amtsgericht hat dieser Beschwerde mit Beschluss vom 20.07.2015 nicht abgeholfen.

II.

6

Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

7

Zu Recht hat das Amtsgericht eine Einziehung des Erbscheins abgelehnt, denn der Erbschein ist nicht unrichtig. Er weist zutreffend die gesetzlichen Erben als Erben der Erblasserin aus.

8

Soweit der Beteiligte zu 5. sich für die Unrichtigkeit des Erbscheins auf ein Anerbenrecht nach dem Höferecht beruft, ändert dies an der Richtigkeit des Erbscheins nichts. Dabei kann der Senat es offen lassen, ob ein solches Anerbenrecht überhaupt besteht und ob ein Höferecht Anwendung findet. Ein solches Recht nämlich ist lediglich geeignet, eine Sondererbfolge zu begründen, die dem hieraus Berechtigten ein Recht an bestimmten Gegenständen zuweist. Der Berechtigte aber bleibt Mitglied der Erbengemeinschaft und der zugewiesene Gegenstand Bestandteil des Nachlasses. Die Zuweisung des Gegenstandes findet schlussendlich im Rahmen der Erbauseinandersetzung Berücksichtigung.

9

Für diese Erbauseinandersetzung ist dann, wenn eine Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes nach landesrechtlichem Anerbengesetz erfolgt ist, das Landwirtschaftsgericht gem. § 1 HöfeVfO zuständig (Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl., § 1922 Rn. 11). Dieses stellt das Hoferbrecht fest und erteilt ggf. ein Hoffolgezeugnis. An der Erbfolge als solches, die durch das Nachlassgericht zu prüfen ist, ändert dies nichts.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Da der Senat keinerlei Anhaltspunkte hat, um den Wert des Nachlasses im Jahr 1958 zu bestimmen, wird der Gegenstandswert gem. §§ 61, 40 Abs. 1, 36 Abs. 3 GNotKG festgesetzt.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 61 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist für die Begründung An

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 40 Erbschein, Europäisches Nachlasszeugnis, Zeugnis über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft und Testamentsvollstreckerzeugnis


(1) Der Geschäftswert für das Verfahren zur 1. Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses,2. Erteilung eines Erbscheins oder Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, s

Verfahrensordnung für Höfesachen - HöfeVfO | § 1 Verhältnis zum allgemeinen Verfahrensrecht


(1) Auf das Verfahren in Höfesachen sind die Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 21. Juli 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 667) anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Höfesachen sind Ang

Referenzen

(1) Auf das Verfahren in Höfesachen sind die Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 21. Juli 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 667) anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Höfesachen sind Angelegenheiten, auf die die in den Ländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein geltenden höferechtlichen Vorschriften anzuwenden sind.

(2) In den Fällen des § 13 der Höfeordnung ist das für den ursprünglichen Hof zuständige Landwirtschaftsgericht auch dann örtlich zuständig, wenn Ansprüche wegen der Veräußerung oder Verwertung eines Ersatzbetriebes oder von Ersatzgrundstücken geltend gemacht werden.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist für die Begründung Anträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Geschäftswert des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Gegenstandswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Der Geschäftswert für das Verfahren zur

1.
Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses,
2.
Erteilung eines Erbscheins oder Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit dieses die Rechtsstellung und die Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betrifft,
3.
Einziehung oder Kraftloserklärung eines Erbscheins,
4.
Änderung oder zum Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit die Rechtsstellung und Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betroffen sind,
ist der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Vom Erblasser herrührende Verbindlichkeiten werden abgezogen. Ist in dem Erbschein lediglich die Hoferbfolge zu bescheinigen, ist Geschäftswert der Wert des Hofs. Abweichend von Satz 2 werden nur die auf dem Hof lastenden Verbindlichkeiten mit Ausnahme der Hypotheken, Grund- und Rentenschulden (§ 15 Absatz 2 der Höfeordnung) abgezogen.

(2) Beziehen sich die in Absatz 1 genannten Verfahren nur auf das Erbrecht eines Miterben, bestimmt sich der Geschäftswert nach dem Anteil dieses Miterben. Entsprechendes gilt, wenn ein weiterer Miterbe einer bereits beurkundeten eidesstattlichen Versicherung beitritt.

(3) Erstrecken sich die Wirkungen eines Erbscheins nur auf einen Teil des Nachlasses, bleiben diejenigen Gegenstände, die von der Erbscheinswirkung nicht erfasst werden, bei der Berechnung des Geschäftswerts außer Betracht; Nachlassverbindlichkeiten werden nicht abgezogen. Macht der Kostenschuldner glaubhaft, dass der Geschäftswert nach Absatz 1 niedriger ist, so ist dieser maßgebend. Die Sätze 1 und 2 finden auf die Ausstellung, die Änderung und den Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses entsprechende Anwendung.

(4) Auf ein Verfahren, das ein Zeugnis über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft betrifft, sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des Nachlasses tritt der halbe Wert des Gesamtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft.

(5) In einem Verfahren, das ein Zeugnis über die Ernennung eines Testamentsvollstreckers betrifft, beträgt der Geschäftswert 20 Prozent des Nachlasswerts im Zeitpunkt des Erbfalls, wobei Nachlassverbindlichkeiten nicht abgezogen werden; die Absätze 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt entsprechend, soweit die Angabe der Befugnisse des Testamentsvollstreckers Gegenstand eines Verfahrens wegen eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist.

(6) Bei der Ermittlung des Werts und der Zusammensetzung des Nachlasses steht § 30 der Abgabenordnung einer Auskunft des Finanzamts nicht entgegen.