Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 29. Sept. 2015 - 20 Ws 260/15

bei uns veröffentlicht am29.09.2015

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Vorsitzenden der 1. Großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock vom 25.08.2015 über die Bestellung von Rechtsanwalt Dr. F. in Rostock zum Pflichtverteidiger aufgehoben.

2. Dem Verurteilten wird Rechtsanwalt D. in Potsdam gemäß § 463 Abs. 8 StPO als Pflichtverteidiger beigeordnet.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe

I.

1

Gegen den Verurteilten wird die Sicherungsverwahrung vollstreckt. Im Rahmen des Verfahrens zur Bestellung eines Pflichtverteidigers gemäß § 463 Abs. 8 StPO hat die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Rostock mit Vorsitzendenbeschluss vom 25.08.2015 dem Wunsch des Verurteilten, seinen Wahlverteidiger Rechtsanwalt D. in Potsdam zum Pflichtverteidiger zu bestellen, unter Hinweis auf eine nicht auszuschließende Vielzahl künftig durch den Pflichtverteidiger wahrzunehmender Termine und die damit unvereinbare Ortsferne von Rechtsanwalt D. nicht entsprochen. Im Übrigen sei ein besonderes Vertrauensverhältnis des Verurteilten zu dem Wahlverteidiger nicht geltend gemacht. Stattdessen wurde Rechtsanwalt Dr. F. in Rostock zum Pflichtverteidiger bestellt.

2

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 01.09.2015, mit dem zugleich beantragt wird, Rechtsanwalt D. zum Pflichtverteidiger zu bestellen.

3

Der Beschwerde hat das Landgericht Rostock nicht abgeholfen. Der Generalstaatsanwalt in Rostock hat beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.

II.

4

Grundsätzlich ist eine Pflichtverteidigerbestellung mangels Beschwer nicht anfechtbar. Eine Ausnahme ist jedoch dann zu machen, wenn einem Betroffenen vor der Bestellung des Rechtsanwalts keine Gelegenheit gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 StPO gegeben wurde, selbst einen Verteidiger vorzuschlagen oder - wie im vorliegenden Fall - dem Wunsch des Betroffenen nicht Rechnung getragen wurde.

5

Die Beschwerde des Verurteilten ist daher statthaft, § 304 Abs. 1 StPO, und auch sonst zulässig.

6

Das Rechtsmittel erweist sich auch als begründet. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Bestellung des Wahlverteidigers Rechtsanwalt D. in Potsdam als notwendigen Verteidiger.

7

Über die Bestellung des Pflichtverteidigers entscheidet zwar gemäß § 141 Abs. 4 StPO der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist. Nach § 142 Abs. 1 S. 1, 2 StPO bestellt der Vorsitzende dabei jedoch den Verteidiger, den der Betroffene auswählt, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht (OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.06.2013, 5 Ws 42 - 48/13, StV 2014, 11; vgl. zur alten Rechtslage näher Senatsbeschluss vom 29.01.2008, I Ws 1/08).

8

Entgegen der alten Rechtslage setzt die Bestellung des vom Betroffenen bezeichneten Verteidigers nicht mehr voraus, dass der Betroffene bei seinem Vorschlag einen ortsansässigen Rechtsanwalt bezeichnet hat. Vielmehr ist auch der auswärtige Rechtsanwalt stets zu bestellen.

9

Ausnahmsweise kann von dieser Bestellung abgesehen und einem anderen Rechtsanwalt der Vorzug gegeben werden, wenn der Bestellung des Wunschverteidigers gewichtige Gründe entgegenstehen. Ein solcher ausnahmsweise anzunehmender Gesichtspunkt kann in der Ortsferne eines Wunschverteidigers liegen, wenn zureichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass deshalb die prozessordnungsgemäße Durchführung eines Verfahrens leiden könnte. Bereits dies ist aber im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Zwar erfolgt die Bestellung des Pflichtverteidigers gemäß § 463 Abs. 8 Satz 2 StPO für jedes weitere Verfahren solange sie nicht aufgehoben wird. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Tätigkeit des Pflichtverteidigers im Verfahren nach § 463 StPO in der Regel auf einen oder einige wenige Termine im Jahr beschränkt und deshalb mit den Erfordernissen einer prozessordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Führung eines Erkenntnisverfahrens im Strafprozess in keinster Weise vergleichbar ist. Eine Ortsferne wird daher in Vollzugssachen nur ausnahmsweise einen wichtigen Grund im Sinne des § 142 Abs. 1 Satz 2 StPO darstellen können.

10

Darüber hinaus dürfte angesichts der Entfernung zwischen Rostock und Potsdam von wenig mehr als 200 Entfernungskilometern schon nicht von einer „Ortsferne“ als wichtigem Grund auszugehen sein (vgl. Beispiele bei Meyer-Goßner, StPO 58. Aufl. 2015, § 142 Rdn. 12, siehe als Gegenbeispiel auch Senatsbeschluss a.a.O. zu einer Entfernung von 755 Km).

11

Es kann daher dahinstehen, ob es angesichts der nur geringen Entfernung auf das Vorliegen oder die Intensität eines - im vorliegenden Fall unzweifelhaft vorliegenden - Vertrauensverhältnisses zwischen dem Betroffenen und dem Wunschverteidiger überhaupt ankommt. Es hätte in jedem Fall Vorrang vor dem Gesichtspunkt örtlicher Nähe.

12

Daher war die Bestellung von Rechtsanwalt Dr. F. aufzuheben und Rechtsanwalt D. zum Pflichtverteidiger zu bestellen. Dem steht auch nicht entgegen, dass dieser bislang als Wahlverteidiger tätig geworden ist, da sein Antrag vom 01.09.2015, ihn als Pflichtverteidiger zu bestellen, die Erklärung enthält, dass die Wahlverteidigung mit der Beiordnung enden soll (vgl. Meyer-Goßner a. a. O., § 142 Rn. 7).

III.

13

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 464 Abs. 1 und 2 StPO i. V. m. einer entsprechenden Anwendung von § 467 StPO.

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bei uns veröffentlicht am 29.01.2008

Tenor 1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. 2. Dem Untergebrachten wird die Rechtsanwältin S. aus F. als Pflichtverteidigerin im anstehenden Überprüfungsverfahren nach §§ 67 d, 67 e StGB beigeordnet. 3. Die Kosten des Beschwerdeverf

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(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt. Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag des Beschuldigten bei dem nach Absatz 3 Nummer 3 zuständigen Gericht anzubringen.

(2) Ist dem Beschuldigten im Vorverfahren ein Pflichtverteidiger gemäß § 141 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 zu bestellen, so stellt die Staatsanwaltschaft unverzüglich den Antrag, dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt.

(3) Über die Bestellung entscheidet

1.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht;
2.
in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 das Gericht, dem der Beschuldigte vorzuführen ist;
3.
nach Erhebung der Anklage der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(4) Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann auch die Staatsanwaltschaft über die Bestellung entscheiden. Sie beantragt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach ihrer Entscheidung, die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten. Der Beschuldigte kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.

(5) Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. § 136 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger ist zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht; ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.

(6) Wird dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt, den er nicht bezeichnet hat, ist er aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden.

(7) Gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Antrag nach § 143a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 stellen kann.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) In den Fällen der notwendigen Verteidigung wird dem Beschuldigten, dem der Tatvorwurf eröffnet worden ist und der noch keinen Verteidiger hat, unverzüglich ein Pflichtverteidiger bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich beantragt. Über den Antrag ist spätestens vor einer Vernehmung des Beschuldigten oder einer Gegenüberstellung mit ihm zu entscheiden.

(2) Unabhängig von einem Antrag wird dem Beschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, in den Fällen der notwendigen Verteidigung ein Pflichtverteidiger bestellt, sobald

1.
er einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorgeführt werden soll;
2.
bekannt wird, dass der Beschuldigte, dem der Tatvorwurf eröffnet worden ist, sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
3.
im Vorverfahren ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte, insbesondere bei einer Vernehmung des Beschuldigten oder einer Gegenüberstellung mit ihm, nicht selbst verteidigen kann, oder
4.
er gemäß § 201 zur Erklärung über die Anklageschrift aufgefordert worden ist; ergibt sich erst später, dass die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig ist, so wird er sofort bestellt.
Erfolgt die Vorführung in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 zur Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls nach § 127b Absatz 2 oder über die Vollstreckung eines Haftbefehls gemäß § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, so wird ein Pflichtverteidiger nur bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich beantragt. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 kann die Bestellung unterbleiben, wenn beabsichtigt ist, das Verfahren alsbald einzustellen und keine anderen Untersuchungshandlungen als die Einholung von Registerauskünften oder die Beiziehung von Urteilen oder Akten vorgenommen werden sollen.

(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt. Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag des Beschuldigten bei dem nach Absatz 3 Nummer 3 zuständigen Gericht anzubringen.

(2) Ist dem Beschuldigten im Vorverfahren ein Pflichtverteidiger gemäß § 141 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 zu bestellen, so stellt die Staatsanwaltschaft unverzüglich den Antrag, dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt.

(3) Über die Bestellung entscheidet

1.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht;
2.
in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 das Gericht, dem der Beschuldigte vorzuführen ist;
3.
nach Erhebung der Anklage der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(4) Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann auch die Staatsanwaltschaft über die Bestellung entscheiden. Sie beantragt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach ihrer Entscheidung, die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten. Der Beschuldigte kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.

(5) Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. § 136 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger ist zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht; ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.

(6) Wird dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt, den er nicht bezeichnet hat, ist er aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden.

(7) Gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Antrag nach § 143a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 stellen kann.

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

2. Dem Untergebrachten wird die Rechtsanwältin S. aus F. als Pflichtverteidigerin im anstehenden Überprüfungsverfahren nach §§ 67 d, 67 e StGB beigeordnet.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Untergebrachten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

1

Das zulässige (§ 304 Abs. 1 StPO) Rechtsmittel erweist sich als begründet. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Bestellung der Bevollmächtigten des Untergebrachten als notwendige Verteidigerin für das anstehende Überprüfungsverfahren nach §§ 67 d, 67 e StGB.

I.

2

Auch im Vollstreckungsverfahren muss in entsprechender Anwendung von § 140 Abs. 2 StPO ein Verteidiger bestellt werden, wenn die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage oder die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgemäß wahrzunehmen, das gebieten (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. auch OLG Hamm NStZ-RR 1999, 319; Meyer-Goßner StPO, 50. Aufl., § 140 Rn. 33 m. w. N.).

3

Die vorstehenden Voraussetzungen erachtet der Senat mit dem Landgericht und der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 18.12.2007 unzweifelhaft für gegeben. Der bereits lange Jahre in psychiatrischen Krankenhäusern untergebrachte Beschwerdeführer ist nach seinen aktenkundigen geistigen Fähigkeiten nicht in der Lage, ohne rechtskundigen Beistand seine rechtlichen Interessen sachgerecht selbst wahrzunehmen.

II.

4

Dem Verurteilten war auch entsprechend seinem Antrag seine bisherige Wahlverteidigerin zur notwendigen Verteidigerin zu bestellen.

5

1. Über die Bestellung des Pflichtverteidigers entscheidet zwar gem. § 141 Abs. 4 StPO der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist. Nach § 142 Abs. 1 S. 1 StPO "wählt" dieser den Verteidiger "aus". Daraus ergibt sich, dass die Bestimmung des Pflichtverteidigers grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden liegt. Dabei hat er die verfassungs- und einfach-rechtlichen Regelungen zu beachten, insbesondere die öffentlichen Interessen (etwa an einem prozessordnungsgemäßen Verfahrensablauf, aber auch fiskalische Gesichtspunkte) gegenüber den Interessen des Beschuldigten abzuwägen.

6

a) Dabei ist das Ermessen des Vorsitzenden durch die mit dem Strafverfahrensänderungsgesetz 1997 Gesetz gewordene Neufassung des § 142 Abs. 1 StPO unter Beachtung zuvor vom Bundesverfassungsgericht aufgestellter Grundsätze (BVerfGE 9, 36, 38; 39, 238, 239) aber dahin eingeschränkt worden, dass bei der Auswahl des Verteidigers auch dem Interesse des Beschuldigten, von einem Anwalt seines Vertrauens verteidigt zu werden, ausreichend Rechnung getragen werden muss; macht der Beschuldigte daher von seinem Bezeichnungsrecht Gebrauch und benennt er einen Anwalt seines Vertrauens, so ist ihm dieser grundsätzlich als Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn dem nicht wichtige Gründe entgegenstehen (vgl. BVerfGE a. a. O; BVerfG StV 2002, 601, 602; BGH NJW 2001, 237, 238).

7

§ 142 Abs. 1 S. 1 StPO bestimmt als gesetzlich normiertes Regelbeispiel für einenwichtigen Grund i. S. d. § 142 Abs. 1 S. 3 2. HS StPO, dass der zu bestellende Verteidiger möglichst aus der Zahl der im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwälte auszuwählen ist. Dem liegt die naheliegende Erwägung zu Grunde, dass die Gerichtsnähe des Verteidigers in der Regel eine wesentliche Voraussetzung für eine sachdienliche Verteidigung sowohl für den Beschuldigten als auch für den Verfahrensablauf ist. Daneben spielen auch fiskalische Überlegungen eine Rolle, wobei hier neben den Interessen der Staatskasse, die für die Vergütung des Pflichtverteidigers zunächst aufzukommen hat, auch diejenigen des Beschuldigten zu berücksichtigen sind, der im Falle seiner Verurteilung auch grundsätzlich die Kosten der Pflichtverteidigung zu tragen hat (§§ 45, 52 RVG; vgl. grundlegend Senatsbeschluss vom 28.11.2001 - I Ws 468/01 - m. w. N.).

8

b) Aus § 142 Abs. 1 S. 1 StPO folgt jedoch nicht, dass der Pflichtverteidiger zwingend in dem jeweiligen Gerichtsbezirk ansässig sein muss und die Bestellung eines auswärtigen Verteidigers schlechthin ausgeschlossen ist. Vielmehr ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung, die dem Beschuldigten - vorliegend dem Untergebrachten - einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gibt, unter Abwägung aller Umstände zu prüfen, ob ausnahmsweise die Bestellung eines auswärtigen Pflichtverteidigers in Betracht kommt (BGHSt 43, 153, 155 f.). Insbesondere wenn Gerichtsort und Sitz des Rechtsanwalts nicht allzuweit voneinander entfernt sind, hat - trotz damit verbundener Mehrkosten - die Rücksicht auf das Vertrauensverhältnis den Vorrang vor der Ortsnähe (vgl. Meyer-Goßner a. a. O. § 142 Rn. 12 m. w. N.).

9

c) Vornehmlich dann, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht, kann das Auswahlermessen des Vorsitzenden eingeschränkt oder sogar auf Null reduziert sein, so dass die Ablehnung der Bestellung des vom Beschuldigten gewünschten (ggf. ortsfernen) Verteidigers ermessensfehlerhaft sein kann (OLG Düsseldorf StV 2000, 412; OLG Stuttgart StV 1989, 521; OLG Koblenz StV 1995, 118, 119).

10

Ein solches Vertrauensverhältnis kann u. a. dann gegeben sein, wenn der als Pflichtverteidiger gewünschte Rechtsanwalt in dem betreffenden Verfahren bereits zuvor, unter Umständen schon seit längerer Zeit, als Wahlverteidiger für den Beschuldigten tätig war. Die Tatsachen, die ein solches besonderes Vertrauensverhältnis begründen, sind - soweit sie nicht auf der Hand liegen oder sich offensichtlich aus der Akte ergeben - vom Beschuldigten substantiiert und damit nachvollziehbar darzulegen (vgl. Senatsbeschluss a. a. O.).

11

Je weiter allerdings der Kanzleisitz des Rechtsanwalts vom Gerichtsort entfernt ist (hier nach den Feststellungen des Landgerichts immerhin 755 km), je größer die daraus resultierenden Schwierigkeiten sachgerechter Verteidigungstätigkeit und ordnungsgemäßer Verfahrensdurchführung und je höher naturgemäß auch die daraus folgenden Mehrkosten sind, um so höhere Anforderungen sind an die Substantiierung und die Tiefe des Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidiger und Mandant zu stellen.

12

2. Die danach notwendige Glaubhaftmachung eines hinreichend vertieften besonders intensiven Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidigerin und untergebrachtem Mandanten ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren erfolgt. Die über Sachkunde im Bereich der Forensischen Psychiatrie und des Maßregelvollzuges verfügende Verteidigerin vertritt den Untergebrachten seit August 2004 als Wahlverteidigerin und teilweise auch Pflichtverteidigerin. Sie hält - wie im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht worden ist - seit dieser Zeit regelmäßigen und engen Kontakt brieflicher, telefonischer und persönlicher Art zum Untergebrachten. Sie ist dem Untergebrachten (wenn auch noch zur Zeit seiner Unterbringung in der Klinik N.) bereits zweimal durch die Strafvollstreckungskammer des vormals zuständigen Landgerichts Koblenz zur Pflichtverteidigerin in anstehenden Überprüfungsverfahren hinsichtlich der Fortdauer der Unterbringung beigeordnet worden. Sie ist für den Untergebrachten in Verlegungsangelegenheiten tätig gewesen. Die psychische Erkrankung des Untergebrachten hat sich zeitlebens überwiegend in der Begehung von Sexualdelikten niedergeschlagen, die naturgemäß (auch) im Rahmen des langjährigen Verteidigungsverhältnisses Erörterung gefunden haben dürften, was einerseits für ein mittlerweile gesteigertes Vertrauensverhältnis dieses Untergebrachten zu seiner Verteidigerin streitet, andererseits auch dafür spricht, dass es einem anderen (ortsnäheren) Verteidiger - jedenfalls in der erforderlichen Kürze - eher schwerfallen dürfte, ein entsprechend notwendiges Vertrauensverhältnis zum Untergebrachten zu begründen.

13

Der Gesichtspunkt der Ortsnähe tritt im Rahmen der Interessenabwägung im vorliegenden Einzelfall gegenüber dem festzustellenden besonderen Vertrauensverhältnis zurück. Auch steht vorliegend die erhebliche Ortsferne einer sachdienlichen Verteidigung bzw. einem ordnungsgemäßen Verfahrensablauf nicht entgegen, da sich die Anwesenheit der Verteidigerin im Überprüfungsverfahren auf den Anhörungstermin beschränken dürfte, der üblicherweise weder kurzfristig terminiert noch unterbrochen oder an einem anderen Tag fortgesetzt werden muss.

14

Im Ergebnis rückt deshalb der Umstand, dass es sich bei der Verteidigerin nicht nur um eine nicht im Landgerichtsbezirk Stralsund niedergelassene, sondern sogar in erheblicher Entfernung zum Gerichtsort kanzleiansässige Rechtsanwältin handelt, ausnahmsweise in den Hintergrund, so dass die Beiordnung von Rechtsanwältin S. vor der Bestellung eines anderen Pflichtverteidigers Vorrang hat. Sie war deshalb dem Untergebrachten unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses als notwendige Verteidigerin für das anstehende Unterbringungsüberprüfungsverfahren zu bestellen.

15

3. Dem steht auch nicht entgegen, dass Rechtsanwältin S. bislang als Wahlverteidigerin tätig geworden ist, da ihr Antrag vom 24.10.2007, sie als Pflichtverteidigerin zu bestellen, die Erklärung enthält, dass die Wahlverteidigung mit der Beiordnung enden soll (vgl. Meyer-Goßner a. a. O., § 142 Rn. 7).

III.

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Die Kosten- und Auslagenentscheidung (zum Ergebnis vgl. BayObLG; StV 2006, 6 ff. m. w. N.) beruht auf § 464 Abs. 1 und 2 StPO i. V. m. einer entsprechenden Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt. Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag des Beschuldigten bei dem nach Absatz 3 Nummer 3 zuständigen Gericht anzubringen.

(2) Ist dem Beschuldigten im Vorverfahren ein Pflichtverteidiger gemäß § 141 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 zu bestellen, so stellt die Staatsanwaltschaft unverzüglich den Antrag, dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt.

(3) Über die Bestellung entscheidet

1.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht;
2.
in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 das Gericht, dem der Beschuldigte vorzuführen ist;
3.
nach Erhebung der Anklage der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(4) Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann auch die Staatsanwaltschaft über die Bestellung entscheiden. Sie beantragt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach ihrer Entscheidung, die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten. Der Beschuldigte kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.

(5) Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. § 136 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger ist zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht; ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.

(6) Wird dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt, den er nicht bezeichnet hat, ist er aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden.

(7) Gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Antrag nach § 143a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 stellen kann.

(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.