Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 23. Okt. 2008 - 10 WF 184/08
Tenor
Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schwerin - Familiengericht - vom 1.10.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I
- 1
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht im Rahmen eines Verfahrens nach den §§ 1666, 1666a BGB (Entzuges der elterliche Sorge) der Kindesmutter einen Prozesspfleger bestellt, nachdem zuvor durch einen Gutachter deren Prozessunfähigkeit - wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit - festgestellt worden war. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Kindesmutter. Sie wendet ein, sie sei prozessfähig. Die Bestellung eines Prozesspfleger sei daher rechtswidrig.
II
- 3
Zwar können Zwischenverfügungen, die keine Endentscheidung des Gerichts sind, in der Regel nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden. Dieses gilt jedoch nicht, wenn durch sie in erheblichem Maße in Rechte eines Beteiligten eingegriffen werden. Die Bestellung eines Prozesspflegers ist ein erheblicher Eingriff in Rechte der Kindesmutter (vgl.LG Stuttgart Az. 10 T 70/06; Keidel/Kahl, Kommentar zum FGG, 15. Auflage § 19 Rn. 11; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. § 57 Rn. 7).
- 4
Dem Beschwerderecht der Kindesmutter steht eine fehlende Geschäftsfähigkeit nicht entgegen (vgl. BGH FamRZ 1966, 571-572; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl. vor § 13 FGG, Rn. 19 ).
- 5
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
- 6
Das Familiengericht war gemäß § 57 Abs. 1 ZPO analog befugt, einen Prozesspfleger zu bestellen. Eine analoge Anwendung des § 57 ZPO ist zulässig, weil das FGG keine Regelungen für die Bestellung eines Prozesspflegers für Verfahren wie dem vorliegenden enthält (vgl. LG Stuttgart aaO ). Der analogen Anwendung des § 57 ZPO steht nicht entgegen, dass die Kindesmutter nicht Beklagte im Sinne der genannten Vorschrift ist und die Einsetzung eines Prozesspflegers von Amts wegen erfolgt ist. Der Antrag ist entbehrlich, weil es sich bei dem Entzugsverfahren nach § 1666 BGB um ein Verfahren von Amts wegen handelt und im Hinblick auf das Kindeswohl Gefahr im Verzug besteht (vgl. BGH FamRZ 1989, 271 re.Sp.;LG Stuttgart aaO; MünchKomm/Olzen, BGB, 5. Auflage § 1666 Rn. 34). Da geprüft wird, ob der Kindesmutter die elterliche Sorge zu entziehen ist, ist ihre Rechtsposition mit der einer Beklagten im Sinne des § 57 ZPO vergleichbar (BGH aaO).
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Zu Recht hat das Familiengericht der Beschwerdeführerin einen Prozesspfleger bestellt.
- 8
Das vorliegenden Sachverständigengutachten und die eigenen Ausführungen der Beschwerdeführerin im Rahmen dieses Verfahrens indizieren ihre Geschäftsunfähigkeit und fehlende Parteifähigkeit. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss wird verwiesen. Die Bestellung eines Prozesspflegers war daher erforderlich.
- 9
Einer Kostenentscheidung bedarf es gemäß § 131 KostO nicht.
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(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.
(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Esslingen vom 27.1.2006 aufgehoben.
Beschwerdewert: bis 300 EUR
Gründe
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(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.
(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine nicht prozessfähige Person bei dem Gericht ihres Aufenthaltsortes verklagt werden soll.
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Soll eine nicht prozessfähige Partei verklagt werden, die ohne gesetzlichen Vertreter ist, so hat ihr der Vorsitzende des Prozessgerichts, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist, auf Antrag bis zu dem Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter zu bestellen.
(2) Der Vorsitzende kann einen solchen Vertreter auch bestellen, wenn in den Fällen des § 20 eine nicht prozessfähige Person bei dem Gericht ihres Aufenthaltsortes verklagt werden soll.