Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 17. Juli 2018 - 15 W 1291/18

bei uns veröffentlicht am17.07.2018

Tenor

Auf die Beschwerde vom 20.06.2018 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Neumarkt i. d. OPf. vom 14.05.2018, Az. BG-2063-10, aufgehoben.

Gründe

I.

Mit notariellem Übergabevertrag vom 05.09.2017 überließen die Beteiligten zu 2) und 3) die im Grundbuch des Amtsgerichts Neumarkt i. d. Opf. von X auf Blatt … vorgetragenen Grundstücke dem Beteiligten zu 1). Dabei behielten sich die Beteiligten zu 2) und 3) als Gegenleistung ein Wohnrecht vor, bestehend in dem Recht, die sich im Erdgeschoss des Wohnhauses befindliche Wohnung unter Ausschluss des Eigentümers zu nutzen. Darüber hinaus ist das Folgende geregelt:

„Sobald der Übernehmer oder dessen Abkömmlinge die Wohnung im Obergeschoß des Wohngebäudes (…) nicht mehr selbst oder zusammen mit Dritten bewohnen, erstreckt sich der Bereich, der dem Berechtigten zur Alleinnutzung zusteht, auf das gesamte Wohnhaus (…).“

Zur Sicherung dieses Wohnrechts bewilligten und beantragten die Beteiligten die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit an einem der Grundstücke für die Beteiligte zu 2) und 3) in das Grundbuch.

In der Folge vermerkte das Grundbuchamt zunächst - entsprechend den (abgeänderten) Antrag des Urkundsnotars - das auf das Erdgeschoss des Wohnhauses beschränkte Wohnrecht im Grundbuch. Mit Schreiben vom 25.04.2018 beantragte der Urkundsnotar darüber hinaus einzutragen, dass sich der den Berechtigten zur Alleinnutzung zustehende Bereich unter den in der Urkunde bestimmten Voraussetzungen auf das gesamte Wohnhaus erstreckt.

Mit Zwischenverfügung vom 14.05.2018 fordert das Grundbuch unter Fristsetzung dazu auf, mittels „Nachtragsurkunde mit Bewilligung auf Eintragung der (aufschiebend bedingten) Inhaltsänderung des Grundstückseigentümers, der Rechtsinhaber und evtl. der nachrangigen Berechtigten“ „die Bedingungen für die Erstreckung des Ausübungsbereiches auf das gesamte Wohnhaus genauer [zu] definier[en]“.

Dagegen wendet sich die Beschwerde vom 20.06.2018. Am 09.07.2018 entschied das Grundbuchamt, dieser nicht abzuhelfen.

II.

Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet. Das Grundbuchamt verlangt mit seiner Zwischenverfügung vom 14.05.2018 in der Sache zu Unrecht, „die Bedingung für die Erstreckung des Ausübungsbereiches auf das gesamte Wohnhaus genauer [zu] definier[en]“. Insofern kann dahingestellt bleiben, ob die Zwischenverfügung - wie zwingend erforderlich ist - auf die Beseitigung eines mit rückwirkender Kraft behebbaren Eintragungshindernisses gerichtet ist.

Ein Wohnungsrecht im Sinne von § 1093 BGB kann unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 BGB) bestellt werden (BayObLG, Beschluss vom 26.02.1988 - BReg 2 Z 107/87 -, juris Rn. 14). In Bezug auf das gesamte Wohnhaus soll das eingeräumte Wohnrecht davon abhängen, dass der „Übernehmer oder dessen Abkömmlinge die Wohnung im Obergeschoß des Wohngebäudes (…) nicht mehr selbst oder zusammen mit Dritten bewohnen“. Damit knüpft die Bedingung mittelbar an den Auszug des Übernehmers oder seiner Abkömmlinge aus der Wohnung an.

Zwar kann nicht jedes beliebige Ereignis zur auflösenden Bedingung für ein dingliches Recht an einem Grundstück bestimmt werden. Vielmehr ist Rücksicht zu nehmen auf den Zweck des Grundbuchs, über das Entstehen und Erlöschen dinglicher Rechte sicher und zuverlässig Auskunft zu geben; dies bedeutet, dass nur solche Ereignisse wirksam zur Bedingung für das Erlöschen von Grundstücksrechten gemacht werden können, deren Eintritt objektiv mit der gebotenen Eindeutigkeit bestimmbar ist (BayObLG, Beschluss vom 02.08.1984 - BReg 2 Z 66/84 -, juris Rn. 20; Demharter, GBO, 31. Aufl., Anhang zu § 13 Rn. 6). Der Senat, der die Eintragungsbewilligung als verfahrensrechtliche Erklärung selbständig auszulegen hat, sieht dieses Erfordernis hier aber als erfüllt an.

Der Begriff des Wohnens ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet (BVerwG, Beschluss vom 25.03.1996 - 4 B 302/95 -, juris Rn. 12). Dementsprechend bedeutet Beziehen einer Wohnung im Sinne des § 17 Abs. 1 BMG die tatsächliche Benutzung der Wohnung mit der Absicht, sie für einen nicht unerheblichen Zeitraum zu nutzen (Wache in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand 1/2018, § 17 BMG Rn. 1). Zur Frage, ob jemand eine Wohnung noch bewohnt, kann dabei auf die Regelung in § 7 Abs. 3 BGB zurückgegriffenen werden. Danach bedarf die Aufhebung eines Wohnsitzes der Aufgabe der tatsächlichen Niederlassung mit dem Willen, den Wohnsitz nicht mehr am bisherigen Ort zu haben. Dies kann im Einzelfall schwierig zu beurteilen sein. Objektive Bestimmbarkeit bedeutet jedoch nicht, dass das Ereignis, welches die Bedingung auslöst, sogleich und ohne weiteres feststellbar ist, ohne dass es über seinen Eintritt Meinungsverschiedenheiten oder gar Streit geben könnte. Dies steht der Eintragungsfähigkeit eines solchen Umstands als auflösende Bedingung des dinglichen Rechts nicht entgegen. Nur wenn die verwendeten Begriffe selbst zu ungenau sind, gilt etwas anderes (BayObLG, Beschluss vom 02.08.1997 - 2 BR 61/97 -, juris Rn. 9).

Eine Entscheidung in der Sache kann der Senat nicht treffen, weil Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht das Eintragungsersuchen selbst ist (BGH, Beschluss vom 26.09.2013 - V ZB 152/12 -, juris Rn. 11).

Die Kostenfolge der zulässigen und begründeten Beschwerde ergibt sich aus dem Gesetz (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG). Für eine Kostenerstattungsanordnung auf der Grundlage von §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass. Die Staatskasse kommt in Grundbuchsachen grundsätzlich nicht als Beteiligte in Betracht, der bei erfolgreicher Beschwerde außergerichtliche Kosten auferlegt werden könnten (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 77 Rn. 33).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 78 Abs. 2 GBO) nicht vorliegen.

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Grundbuchordnung - GBO | § 71


(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

Grundbuchordnung - GBO | § 78


(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ode

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 158 Aufschiebende und auflösende Bedingung


(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein. (2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen,

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 22 Kostenschuldner in Antragsverfahren, Vergleich


(1) In gerichtlichen Verfahren, die nur durch Antrag eingeleitet werden, schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schulde

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 25 Kostenschuldner im Rechtsmittelverfahren, Gehörsrüge


(1) Die nach § 22 Absatz 1 begründete Haftung für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat oder die Kosten nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 7 Wohnsitz; Begründung und Aufhebung


(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz. (2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen. (3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1093 Wohnungsrecht


(1) Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Auf dieses Recht finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschrif

Bundesmeldegesetz - BMG | § 17 Anmeldung, Abmeldung


(1) Wer eine Wohnung bezieht, hat sich innerhalb von zwei Wochen nach dem Einzug bei der Meldebehörde anzumelden. (2) Wer aus einer Wohnung auszieht und keine neue Wohnung im Inland bezieht, hat sich innerhalb von zwei Wochen nach dem Auszug bei

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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2013 - V ZB 152/12

bei uns veröffentlicht am 26.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 152/12 vom 26. September 2013 in der Grundbuchsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GBO § 18 Das Grundbuchamt kann mit einer Zwischenverfügung dem Antragenden nicht den Abschluss eines Rech

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(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Als beschränkte persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen. Auf dieses Recht finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften der §§ 1031, 1034, 1036, des § 1037 Abs. 1 und der §§ 1041, 1042, 1044, 1049, 1050, 1057, 1062 entsprechende Anwendung.

(2) Der Berechtigte ist befugt, seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und zur Pflege erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen.

(3) Ist das Recht auf einen Teil des Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen mitbenutzen.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

(1) Wer eine Wohnung bezieht, hat sich innerhalb von zwei Wochen nach dem Einzug bei der Meldebehörde anzumelden.

(2) Wer aus einer Wohnung auszieht und keine neue Wohnung im Inland bezieht, hat sich innerhalb von zwei Wochen nach dem Auszug bei der Meldebehörde abzumelden. Eine Abmeldung ist frühestens eine Woche vor Auszug möglich; die Fortschreibung des Melderegisters erfolgt zum Datum des Auszugs.

(3) Die An- oder Abmeldung für Personen unter 16 Jahren obliegt denjenigen, in deren Wohnung die Personen unter 16 Jahren einziehen oder aus deren Wohnung sie ausziehen. Neugeborene, die im Inland geboren wurden, sind nur anzumelden, wenn sie in eine andere Wohnung als die der Eltern oder der Mutter aufgenommen werden. Ist für eine volljährige Person ein Pfleger oder ein Betreuer bestellt, der den Aufenthalt bestimmen kann, obliegt diesem die An- oder Abmeldung.

(4) Die Standesämter teilen den Meldebehörden unverzüglich die Beurkundung der Geburt eines Kindes sowie jede Änderung des Personenstandes einer Person mit.

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

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Eine Entscheidung in der Sache ist dem Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich, da der Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens nur die Zwischen- verfügung und nicht der Eintragungsantrag selbst ist (BayObLG, NJW-RR 1987, 1204; NJW-RR 1991, 465; OLG Hamm, FGPrax 2002, 146; OLG Schleswig, FGPrax 2010, 282, 283). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

(1) In gerichtlichen Verfahren, die nur durch Antrag eingeleitet werden, schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.

(1) Die nach § 22 Absatz 1 begründete Haftung für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat oder die Kosten nicht von einem anderen Beteiligten übernommen worden sind.

(2) Richtet sich eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Betreuungsgerichts und ist sie von dem Betreuten oder dem Pflegling oder im Interesse dieser Personen eingelegt, so schuldet die Kosten nur derjenige, dem das Gericht die Kosten auferlegt hat. Entsprechendes gilt für ein sich anschließendes Rechtsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

(3) Die §§ 23 und 24 gelten nicht im Rechtsmittelverfahren.

(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.