Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 22. Aug. 2013 - 8 UF 144/13

published on 22/08/2013 00:00
Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 22. Aug. 2013 - 8 UF 144/13
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Gericht

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Tenor

I. Das Gesuch des Beteiligten zu 1, ihm für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird mangels Erfolgsaussicht abgewiesen.

II. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Bernburg vom 24. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt EUR 3.000.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten zu 2 bis 3 begehren die Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung, dass ihr minderjähriges Kind, der 16-jährige Beteiligte zu 1, ein selbständiges Erwerbsgeschäft betreiben darf (§ 112 BGB).

2

Der Beteiligte zu 2 und die Beteiligte zu 3 haben miteinander die Ehe geschlossen.

3

Aus ihrer Ehe ging der (am 19. Juni 1997 geb.) Beteiligte zu 1 hervor, um den es im vorliegenden Sorgerechtsverfahren geht.

4

Die Beteiligten zu 2 und 3 (Kindeseltern) wurden Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge. Auf Grund eines im Jahr 2010 beim Familiengericht anhängig gewordenen Ehescheidungsverfahrens wurde die Ehe rechtskräftig geschieden (Verfahren 4 F 475/10 AG Bernburg). Der 16-jährige Beteiligte zu 1 (Kind) ist in der alleinigen Obhut des Beteiligten zu 2 (Kindesvaters) verblieben; er besucht das ... Gymnasium in C. .

5

Am 07. August 2012 ermächtigten die Beteiligten zu 2 und 3 (Kindeseltern) als gesetzliche Vertreter (§ 1629 Abs. 1 BGB) den minderjährigen Beteiligten zu 1 (Kind) zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, nämlich der Anmeldung eines Gewerbes, das sich mit dem „Verkauf (bzw. Vermittlung gegen Entgelt)“ und der „Vermietung von Ton-, Licht- u. DJ-Technik“ befasst.

6

Am 30. September 2012 beantragten die Beteiligten zu 2 und 3 (Kindeseltern) beim Familiengericht die Erteilung einer Genehmigung ihrer Ermächtigung (§ 112 BGB).

7

Nachdem das Familiengericht eine schriftliche Stellungnahme des Beteiligten zu 1 (Kindes), sein Schulzeugnis, eine „Einschätzung“ der Schule sowie eine Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau eingeholt hatte, wies es die Anträge auf Erteilung der Genehmigung mit Beschluss vom 21. Januar 2013 als unbegründet ab.

8

Auf die - am 04. Februar 2013 beim Familiengericht eingelegte - Beschwerde des Beteiligten zu 1 (Kindes) hob der Senat die angefochtene Entscheidung mit einem am 11. April 2013 erlassenen Senatsbeschluss vom 08. April 2013 auf, da das Familiengericht die Beteiligten zu 1 bis 3 nicht persönlich angehört und den Beteiligten zu 4 (Jugendamt) nicht am Verfahren beteiligt habe.

9

Nachdem das Familiengericht die persönliche Anhörung der Beteiligten zu 1 bis 3 nachgeholt und auch eine Stellungnahme des Beteiligten zu 4 (Jugendamts) eingeholt hatte - dabei stellte sich auch heraus, dass den Beteiligten zu 2 und 3 (Kindeseltern) die gemeinsame elterliche Sorge für den Beteiligten zu 1 (Kind) zusteht -, wies das Familiengericht die Anträge erneut ab, und zwar mit Beschluss vom 24. Juli 2013.

10

Gegen diese - dem mittlerweile von seinem jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vertretenen Beteiligten zu 1 (Kind) am 29. Juli 2013 zugestellte - Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1 (Kind) mit der am 01. August 2013 beim Familiengericht eingelegten und am 12. August 2013 begründeten Beschwerde.

II.

11

Die zulässige Beschwerde des betroffenen Kindes (§§ 58 ff. FamFG) ist im Ergebnis nicht begründet:

12

1. Der betroffene Beteiligte zu 1 ist beschwerdeberechtigt, obgleich er noch minderjährig ist, denn er hat das 14. Lebensjahr vollendet (§ 60 FamFG).

13

2.a) Das Verfahren des Familiengerichts ist nicht zu beanstanden, nachdem das Familiengericht die persönliche Anhörung des Beteiligten zu 1 (Kindes) und der Beteiligten zu 2 und 3 (Kindeseltern) nachgeholt hat (§§ 159, 160 FamFG).

14

b) Das Familiengericht hat die von den sorgeberechtigten Beteiligten zu 2 und 3 erteilte Ermächtigung zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts auch zu Recht nicht genehmigt:

15

aa) Das Familiengericht geht zutreffend davon aus, dass über die Frage, ob die nach § 112 BGB notwendige Genehmigung zu erteilen ist, nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, namentlich der Interessen des Minderjährigen, entschieden werden muss. Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung ist, dass der Minderjährige „über seine Jahre hinaus gereift“ ist und sich „im Rechts- und Erwerbsleben schon im Wesentlichen wie ein Volljähriger benehmen“ kann und dies seiner Veranlagung nach auch tun wird. Auf dieser Grundlage ist dann weiter zu erwägen, ob er „die zum selbständigen Betrieb des beabsichtigten Erwerbsgeschäfts erforderlichen Eigenschaften, Kenntnisse und Fähigkeiten hat“ und ob er gewillt und in der Lage ist, „die mit dem Geschäft verbundenen Verantwortungen und Verpflichtungen dritten Personen und der Allgemeinheit gegenüber“ zu erfüllen, und ob ihn etwa „sonstige tatsächliche Gründe daran hindern“, sich in der gebotenen Weise um das Geschäft zu kümmern (v.Staudinger/Knothe, BGB, 13. Auflage [2012], § 112 Rn 8, und NK-BGB/Baldus, § 112 Rn 10 ff., wo jeweils auf OLG Köln, NJW-RR 1994, 1450 f. = FamRZ 1995, 93, 95 verwiesen wird).

16

bb) Zwar bescheinigt die Klassenlehrerin dem Minderjährigen (Beschwerdeführer), dass „aus schulischer Sicht nichts gegen eine Gewerbeanmeldung“ durch ihn „einzuwenden“ sei, da er ein ruhiger und zurückhaltender Schüler sei, der gegenüber Erwachsenen höflich und respektvoll auftritt und bei der Durchführung von Schulveranstaltungen eine „große Stütze“ sei, „da er durch seine Technik zu einem guten Gelingen beiträgt oder sich als DJ zur Verfügung stellt“. Auch legt der Minderjährige dar, er verfüge über ein „Geschäftskonzept“ und habe (über das Internet) „bereits Verkäufe getätigt“ und dafür „5-Sterne-Bewertungen“ erhalten. Und der Beteiligte zu 2 (Kindesvater) hat bei seiner persönlichen Anhörung geschildert, sein Sohn habe „schon in der siebten Klasse Events veranstaltet“, sei „immer positiv bewertet“ worden und habe auch „Aufträge bekommen, bei welchen er die Abiturfeiern in technischer Hinsicht begleiten sollte“; er, der Kindesvater, habe seinem Sohn „mehrfach die Technik gekauft, die er für solche Veranstaltungen benötigte“, E. habe schon mehrere Praktika bei entsprechenden Unternehmen absolviert, er benötige immer neue Technik, die finanziert werden müsse“, und da E. kein festes Einkommen habe, müsse ein Weg gefunden werden, die Technik zu finanzieren; daher wolle E. das Gewerbe anmelden, um als Vermittler für Ton- und Lichttechnik Geld zu verdienen, er besitze „die erforderliche Reife .., das Gewerbe zu betreiben“, könne sich auch immer an ihn als seinen Vater wenden, wenn es Probleme zu besprechen gebe, auch habe die Schule nicht darunter gelitten, im Gegenteil, E. habe sehr gute Noten. Ergänzend hat der Minderjährige bei seiner persönlichen Anhörung erklärt, dass das Geschäft nicht viel Zeit in Anspruch nehme; ein Auftrag werde nur weitergeleitet und eventuelle Fragen der Kunden würden beantwortet, zwei Stunden am Tag würden auf keinen Fall überschritten, schließlich sei das Abitur „Voraussetzung für seinen späteren Berufsweg“. Im Übrigen werde er, sobald die Zustimmung des Familiengerichts vorliege, seinen Verfahrensbevollmächtigten „zur Verfassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen heranziehen“.

17

Ob der Minderjährige derart „über seine Jahre hinaus gereift“ ist, dass er sich nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch „im Rechts- und Erwerbsleben schon im Wesentlichen wie ein Volljähriger benehmen kann und dies seiner Veranlagung nach auch tun wird“, folgt daraus jedoch noch nicht ohne Weiteres. In diesem Zusammenhang erscheint bereits die Schilderung des Minderjährigen zweifelhaft, dass er bei der Beschaffung der Ware bei „Großhändlern“ kein Geld investieren müsse und daher auch „keinen Kredit benötigt“ (Bl. 14 d.A.), denn andererseits „benötigt“ er doch nach Darstellung seines Vaters (des Beteiligten zu 2) „immer neue Technik .., die finanziert werden muss“. Überdies berücksichtigt der Minderjährige bei seiner Aussage, „der Verkaufspreis minus Einkaufspreis stellt die Einnahmen dar, welche noch mit dem Mehrwertsteuersatz verrechnet werden müssen“ (Bl. 2 d.A.), nicht, dass nicht allein Fragen nach dem Umsatzsteuergesetz auftauchen werden, die mit der Verrechnung von gezahlten Vorsteuern für gekaufte Ware mit vereinnahmten Umsatzsteuern aus Lieferungen und Leistungen zusammenhängen, sondern dass der Minderjährige beim Betrieb eines selbständigen Erwerbsgeschäfts auch einkommensteuerpflichtig ist, so dass er nach dem Einkommensteuergesetz Einkommensteuererklärungen abzugeben hat und nicht seine „Einnahmen“, sondern der nach Abzug von Ausgaben verbleibende „Rohgewinn“ (vor Einkommen-steuern) der Einkommensteuer unterliegt.

18

Der Minderjährige hat nicht - wie im Fall OLG Köln a.a.O. - an einem Kurs der Industrie- und Handelskammer teilgenommen, um die „zum selbständigen Betrieb des beabsichtigten Erwerbsgeschäfts erforderlichen Eigenschaften, Kenntnisse und Fähigkeiten“ zu erlangen; er ist der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau unbekannt. Bloße „Praktika bei Unternehmen“ sind nicht ausreichend, solange aus ihnen nicht der Erwerb kaufmännischer, sondern nur technischer Kenntnisse hervorgeht.

19

Es kommt auch nicht allein auf das „Interesse“ des Minderjährigen an, „immer neue Technik“ zu erwerben, „die er für Veranstaltungen benötigt“, sondern auch darauf, „die mit dem Geschäft verbundenen Verantwortungen und Verpflichtungen dritten Personen und der Allgemeinheit gegenüber zu erfüllen“, also darauf, dass Zweifel an der Reichweite der ihm von seinen Eltern erteilten Ermächtigung nicht seine Geschäftspartner oder den Staat treffen, dem er als Gewerbetreibender nicht nur umsatz-, sondern auch einkommensteuerpflichtig ist. Nur dann, wenn auch in dieser Hinsicht alle „Zweifel“ ausgeräumt sind - was vorliegend nicht der Fall ist, wie ausgeführt wurde -, darf der Minderjährigenschutz „vorverlegt“ werden (NK-BGB/Baldus, § 112 Rn 6 f.).

20

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Minderjährige auch deshalb nicht ohne Weiteres einem „im Rechts- und Erwerbsleben“ stehenden Erwachsenen gleichgestellt werden kann, weil er noch das Gymnasium besucht. Seine schulischen Leistungen sind keineswegs „sehr gut“, wie sein Vater erklärt hat, sondern „gut bis befriedigend“, wie sich aus dem vom Familiengericht eingeholten Schulzeugnis ergibt (Bl. 9 R d.A.). Der Minderjährige mag zwar einsehen, dass das Abitur die „Voraussetzung für seinen späteren Berufsweg“ ist, dann muss er sich aber auch entsprechend verhalten und sich - kurz vor seinem Abitur - auf einen möglichst guten Schulabschluss konzentrieren. Zwar mag eine Doppelbelastung von Schule und Erwerbsgeschäft dann „unbedenklich“ sein, wenn der Erwerbsbetrieb den persönlichen Einsatz des Minderjährigen lediglich in seiner „Freizeit“ erfordert. Eine derartige Situation liegt aber nur „selten“ vor, wenn man berücksichtigt, dass die Träger der elterlichen Sorge nicht nur auf eine der Begabung des Minderjährigen entsprechende Schulbildung, sondern auch darauf hinzuwirken haben, dass die Möglichkeiten der gewählten Schulbildung „umfassend genutzt“ werden. „Im Zweifel“ ist daher die familiengerichtliche Genehmigung zu versagen, denn die Schule hat „Vorrang“ (NK-BGB/Baldus, § 112 Rn 9).

21

Da die besagten „Zweifel“ nicht ausgeräumt sind, kann die beantragte Genehmigung nicht erteilt werden.

III.

22

Nach § 84 FamFG hat der unterliegende Beschwerdeführer zwar die Kosten des Verfahrens zu tragen; gemäß § 81 Abs. 3 FamFG können einem Minderjährigen aber keine Kosten auferlegt werden.

23

Der Beschwerdewert folgt aus § 42 Abs. 2 und 3 FamGKG.


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(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Annotations

(1) Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf.

(2) Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung des Familiengerichts zurückgenommen werden.

(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.

(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.

(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.

(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange

1.
die Eltern getrennt leben oder
2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind.

(1) Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf.

(2) Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung des Familiengerichts zurückgenommen werden.

Ein Kind, für das die elterliche Sorge besteht, oder ein unter Vormundschaft stehender Mündel kann in allen seine Person betreffenden Angelegenheiten ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters das Beschwerderecht ausüben. Das Gleiche gilt in sonstigen Angelegenheiten, in denen das Kind oder der Mündel vor einer Entscheidung des Gerichts gehört werden soll. Dies gilt nicht für Personen, die geschäftsunfähig sind oder bei Erlass der Entscheidung das 14. Lebensjahr nicht vollendet haben.

(1) Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen.

(2) Von der persönlichen Anhörung und der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nach Absatz 1 kann das Gericht nur absehen, wenn

1.
ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt,
2.
das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun,
3.
die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder
4.
das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist.
Satz 1 Nummer 3 ist in Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die die Person des Kindes betreffen, nicht anzuwenden. Das Gericht hat sich in diesen Verfahren einen persönlichen Eindruck von dem Kind auch dann zu verschaffen, wenn das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun.

(3) Sieht das Gericht davon ab, das Kind persönlich anzuhören oder sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind zu verschaffen, ist dies in der Endentscheidung zu begründen. Unterbleibt eine Anhörung oder die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks allein wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(4) Das Kind soll über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Hat das Gericht dem Kind nach § 158 einen Verfahrensbeistand bestellt, soll die persönliche Anhörung und die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in dessen Anwesenheit stattfinden. Im Übrigen steht die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts.

(1) In Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, soll das Gericht die Eltern persönlich anhören. In Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind die Eltern persönlich anzuhören.

(2) In sonstigen Kindschaftssachen hat das Gericht die Eltern anzuhören. Dies gilt nicht für einen Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, sofern von der Anhörung eine Aufklärung nicht erwartet werden kann.

(3) Von der Anhörung darf nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden.

(4) Unterbleibt die Anhörung allein wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(1) Ermächtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts den Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf.

(2) Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung des Familiengerichts zurückgenommen werden.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Soweit in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500 000 Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte, ist von einem Wert von 5 000 Euro auszugehen.