Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 23. Dez. 2014 - 2 Verg 14/11

bei uns veröffentlicht am23.12.2014

Tenor

Die Anhörungsrüge der Beigeladenen gegen die in Ziffer III. des Senatsbeschlusses vom 13. Februar 2012 getroffene Kostenentscheidung wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene hat die Kosten des Rügeverfahrens zu tragen.

Gründe

A.

1

Die Antragstellerin hat gegen den am 19.10.2011 verkündeten Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt sofortige Beschwerde eingelegt, soweit ihr Nachprüfungsantrag zurückgewiesen worden ist. Der Antragsgegner hat eine unselbständige Anschlussbeschwerde gegen diese Entscheidung erhoben, soweit ihm die Wiederholung von Verfahrensabschnitten des Vergabeverfahrens aufgegeben worden ist. Die Beigeladene ist die Zuschlagsaspirantin und hat sich mit mehreren Schriftsätzen am Beschwerdeverfahren beteiligt, ohne selbst Sachanträge zu stellen. Im Termin der mündlichen Verhandlung ist sie ausdrücklich danach gefragt worden, ob sie selbst Sachanträge stelle, und darauf hingewiesen worden, dass nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich durch eine eigene Antragstellung kenntlich zu machen ist, ob der Beteiligte bereit sei, ein eigenes Kostenrisiko zu übernehmen - mit der Chance auf Kostenerstattung im Obsiegensfall und der Gefahr der anteiligen Kostentragung im Unterliegensfall. Daraufhin hat die Beigeladene erklärt, dass sie keine eigenen Sachanträge stelle und dass ihre Schriftsätze im Beschwerdeverfahren ebenfalls keine entsprechende Antragstellung enthielten (vgl. Sitzungsprotokoll vom 08.02.2012, Seite 2 oben, GA Bd. IV Bl. 172 f.).

2

Im weiteren Verlauf der Sitzung hat die Antragstellerin ihre sofortige Beschwerde zurückgenommen.

3

Der Senat hat mit Beschluss vom 13.02.2012 u.a. eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Antragstellerin getroffen und dieser auch die außergerichtlichen Auslagen des Antragsgegners auferlegt. Er hat weiter angeordnet, dass im Übrigen eine Kostenerstattung nicht stattfindet. In den Gründen seiner Entscheidung hat der Senat hierzu ausgeführt, dass die außergerichtlichen Auslagen der Beigeladenen nicht zu erstatten seien, weil es nicht der Billigkeit i.S. von § 78 S. 1 GWB entspreche, da sich die Beigeladene nicht durch Antragstellung ähnlich einem streitgenössischen Nebenintervenienten am Beschwerdeverfahren beteiligt habe.

4

Die Beigeladene hat gegen die ihr am 27.02.2012 zugestellte Entscheidung am 12.03.2012 eine Anhörungsrüge erhoben. Sie macht geltend, dass sie vor der Entscheidung des Senats keine Gelegenheit zur Stellungnahme zur Erstattungsfähigkeit ihrer Aufwendungen gehabt habe und sie insbesondere angesichts einer Abweichung des erkennenden Senats von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs zumindest auf die Auffassung des Senats hätte hingewiesen werden müssen.

5

Im Rügeverfahren hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28.03.2012 Stellung genommen.

B.

6

Der Senat geht zugunsten der Beigeladenen von der Zulässigkeit der Anhörungsrüge aus; der Rechtsbehelf hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

7

I. Es bestehen erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Anhörungsrüge der Beigeladenen. Zwar ist der Rechtsbehelf der Anhörungsrüge auch im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren nach §§ 120 Abs. 2, 71a GWB eröffnet, ohne dass es einer Gesetzesanalogie bedarf (vgl. BVerfG, Beschluss v. 26.02.2008, 1 BvR 2327/07, NJW 2008, 2167; so auch OLG Naumburg, vgl. Beschluss v. 02.04.2009, 1 Verg 10/08; Beschluss v. 21.06.2013, 2 Verg 8/12). Die Voraussetzung, dass gegen die Entscheidung des Senats ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist (§ 71a Abs. 1 Nr. 1 GWB), ist erfüllt. Es liegt aber zumindest fern, dass der Senat den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör verletzt haben soll. In der Sitzung ist die Beigeladene im Rahmen der Antragstellung, wie dargestellt, ausdrücklich darauf hingewiesen worden, welche rechtlichen Folgen eine Antragstellung hat, woraus im Umkehrschluss zu entnehmen war, welche kostenrechtlichen Folgen der Senat zumindest regelmäßig an das Unterlassen einer Antragstellung durch die Beigeladene knüpft. Nachdem die Antragstellerin die Rücknahme ihrer sofortigen Beschwerde erklärt hat, hat eine Erörterung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Auswirkungen der Rücknahme des Hauptrechtsmittels auf die Anschlussbeschwerde stattgefunden. Alle Beteiligten, auch die Beigeladene, hatten im Termin ausreichend Gelegenheit, zu den Rechtsfolgen der Rücknahme der sofortigen Beschwerde Stellung zu nehmen. Mithin hätte auch für die Beigeladene die Möglichkeit bestanden, sich zur Frage der Erstattungsfähigkeit ihrer Aufwendungen zu erklären. Hiervon hat die Beigeladene keinen Gebrauch gemacht. Da der Senat - wie darzustellen sein wird - nicht von einer Abweichung von der Rechtsprechung anderer Vergabesenate ausgegangen ist, hat kein Anlass zur Erteilung eines (weiteren) rechtlichen Hinweises bestanden. Zugunsten der Beigeladenen geht der Senat jedoch für die Frage der Zulässigkeit der Anhörungsrüge davon aus, dass die Beigeladene die Tragweite des anlässlich der Antragstellung gegebenen Hinweises nicht zutreffend erfasst hat.

8

II. Die Anhörungsrüge der Beigeladenen ist unbegründet.

9

1. Allerdings hatte der Senat über die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der jeweiligen Aufwendungen der Beteiligten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren von Amts wegen zu entscheiden; eines Kostenantrags der Beigeladenen bedurfte es - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - nicht (vgl. zuletzt OLG Naumburg, Beschluss v. 09.07.2014, 2 Verg 3/14).

10

2. Nach der Neufassung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit Wirkung seit dem 24.04.2009 ist die Kostengrundentscheidung im Beschwerdeverfahren nach §§ 120 Abs. 2 und 78 GWB zu treffen. Danach ist über die Kostenverteilung nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Kostenentscheidung des Senats im Beschluss vom 13.02.2012 geht von dieser Rechtsgrundlage aus; der Senat hat ausdrücklich sein ihm nach § 78 S. 1 GWB eingeräumtes Ermessen ausgeübt.

11

3. Der erkennende Senat hat - entgegen der Darstellung in der Anhörungsrüge - bei seiner Ermessensausübung die Grundzüge der einschlägigen vergaberechtlichen Rechtsprechung berücksichtigt; auch die Ausführungen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 12.03.2012 führen zu keiner anderen Bewertung.

12

a) In der vergaberechtlichen Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass die Anwendung von § 78 GWB dazu führt, dass der Beschwerdeführer nicht zwingend deshalb für sämtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens einstehen muss, weil er sein Rechtsmittel zurückgenommen hat (so schon OLG Celle, Beschluss v. 20.10.1999, 13 Verg 3/99 in entsprechender Anwendung ohne Anordnung in § 120 Abs. 2 GWB; vgl. Jaeger in: Byok/ Jaeger, VergabeR, 3. Aufl. 2012, § 120 Rn. 14; Hardraht/Schulz in: Willenbruch/Wieddekind, Kompaktkomm. VergabeR, 3. Aufl. 2014, 15. Los, § 78 GWB Rn. 12).

13

b) Hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs eines Beigeladenen im Beschwerdeverfahren wird jedenfalls übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Beigeladene in die Kostenentscheidung einbezogen wird, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung als Verfahrensbeteiligter nutzt, um sich „aktiv“ zu beteiligen, indem er Sachanträge stellt (vgl. Hardraht/Schulz, a.a.O., Rn. 14; so BGH, Beschluss v. 08.02.2011, X ZB 4/10 „S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr I“ <Beigeladene als Beschwerdeführerin>; Beschluss v. 23.01.2013, X ZB 8/11 „Nebenangebot“ <Beigeladene hat sich aktiv beteiligt und Sachanträge gestellt>; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 09.09.2011, 15 Verg 9/11; OLG München, Beschluss v. 16.07.2012, Verg 6/12). Dieser Auffassung ist auch der erkennende Senat (vgl. Beschluss v. 22.12.2011, 2 Verg 10/11 „Rettungsdienst Harz“).

14

c) Eine Kostenerstattung zugunsten des Beigeladenen wird regelmäßig abgelehnt, wenn sich der Beigeladene am Beschwerdeverfahren nicht aktiv beteiligt; die Anwendung der Grundgedanken der §§ 101, 100 Abs. 1 ZPO findet im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nur eingeschränkt statt (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschluss v. 25.04.2012, VII-Verg 107/11; OLG München, Beschluss v. 26.10.2012, Verg 20/12; OLG Naumburg, Beschluss v. 09.07.2014, 2 Verg 3/14).

15

d) Im Übrigen haben die Vergabesenate der Oberlandesgerichte Einzelfallentscheidungen getroffen, inwieweit sie - z.T. auch ohne ausdrückliche Antragstellung - von einer hinreichend aktiven Verfahrensbeteiligung ausgehen. Dabei ist in einigen Fällen ein Erstattungsanspruch zugesprochen worden, wenn ein Beigeladener, ohne einen Antrag ausdrücklich anzukündigen, schriftsätzlich hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er dasselbe Verfahrensziel verfolgt wie ein anderer Verfahrensbeteiligter (zumeist der Antragsgegner) und eine mündliche Verhandlung wegen der Rücknahme der sofortigen Beschwerde bzw. ihrer Beschränkung auf den Kostenpunkt nicht (mehr) stattgefunden hat, so dass keine Gelegenheit zur Klarstellung der Frage einer Antragstellung bestanden hat (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 12.01.2012, 13 Verg 8/11; Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 21.05.2012, Verg W 1/12). Eine solche Fallgestaltung hat hier nicht vorgelegen; die mündliche Verhandlung hat stattgefunden, und der hiesigen Beigeladenen ist ausdrücklich die Gelegenheit eingeräumt worden, sich darüber zu erklären, ob sie bereit sei, eine Kostenerstattungschance zu erwerben und zugleich ein Kostenrisiko durch eigene Antragstellung zu übernehmen, oder nicht. Die Beigeladene hat ausdrücklich erklärt, dass sie hierzu nicht bereit sei und dass auch ihre Schriftsätze nicht in diesem Sinne gemeint gewesen seien. Danach ist für eine andere Bewertung des Verfahrensziels der Beigeladenen kein Raum mehr geblieben.

16

e) Soweit die Beigeladene in ihrer Anhörungsrüge auf weitere Entscheidungen Bezug nimmt, sind diese schon deshalb nicht einschlägig, weil sie auf einer anderen rechtlichen Grundlage ergangen sind. Bis zur Aufnahme des § 78 GWB in die Verweisungsvorschrift des § 120 Abs. 2 GWB war umstritten, auf welcher rechtlichen Grundlage die Kostenentscheidung zu treffen ist. Der Bundesgerichtshof hat die Vorschriften der ZPO angewandt, welche bei Rücknahme der Beschwerde keine Billigkeitsentscheidung zugelassen haben (vgl. Beschluss v. 09.02.2004, X ZB 44/03; Beschluss v. 26.09.2006, X ZB 14/06).

17

f) Nach diesen Maßstäben ist festzustellen, dass sich die hiesige Beigeladene zwar im Beschwerdeverfahren durch Schriftsätze und durch mündliche Stellungnahmen im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage beteiligt hat, dass sie jedoch auf direkte Nachfrage kein Bekenntnis zu einer aktiven Verfahrensbeteiligung abgegeben hat. Aus Sicht des Senats ist seine Vorgehensweise, in einem Termin der mündlichen Verhandlung auf eine klare Positionierung des Verfahrensbeteiligten hinzuwirken, so dass die nachfolgende kostenrechtliche Behandlung auch aus Sicht der Betroffenen keinen Unwägbarkeiten mehr unterliegt, sachgerecht; jedenfalls überschreitet der Senat mit diesem Beurteilungsmaßstab den ihm eingeräumten Ermessensspielraum nicht.

C.

18

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 120 Abs. 2, 78 S. 2 GWB; die Beigeladene hat die Kosten der unbegründeten Anhörungsrüge zu tragen. Einer Festsetzung des Kostenstreitwerts bedarf es nicht, weil die Gerichtsgebühr eine Pauschalgebühr ist und den Verfahrensbeteiligten zusätzliche außergerichtliche Aufwendungen durch das Anhörungsrügeverfahren nicht entstehen.


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Tenor Die Anhörungsrüge der Antragstellerin zu 1) gegen den Beschluss des Senats vom 14. März 2013 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin zu 1) hat die gerichtlichen Kosten des Rügeverfahrens zu tragen. Gründe A.

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.

Tenor

Die Anhörungsrüge der Antragstellerin zu 1) gegen den Beschluss des Senats vom 14. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin zu 1) hat die gerichtlichen Kosten des Rügeverfahrens zu tragen.

Gründe

A.

1

Der Antragsgegner leitete am 17.07.2012 ein Offenes Verfahren zur Erteilung von Genehmigungen für Leistungserbringer i.S. von § 11 RettDG LSA 2006, jeweils verbunden mit der gleichzeitigen Vergabe von Einzelaufträgen für Rettungsdienstleistungen, auf der Grundlage der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) - Ausgabe 2009 - durch Absendung einer EU-weiten Vergabebekanntmachung ein. Der Auftrag wurde in neun Regionallose aufgeteilt.

2

Die Antragstellerin zu 1), ein gewerblich tätiges Unternehmen im Bereich des Krankentransports und eine Gesellschaft des ...- Konzerns (künftig: die Antragstellerin), forderte die Vergabeunterlagen an und beabsichtigte nach eigenen Angaben, ein Angebot für alle Lose abzugeben. Sie rügte vor Angebotsabgabe die Bewerbungs- und Ausschreibungsbedingungen unter verschiedenen Aspekten als vergaberechtswidrig und hat, nachdem der Antragsgegner ihren Rügen nicht abgeholfen hatte, eine vergaberechtliche Nachprüfung mit dem Ziel beantragt, dass dem Antragsgegner die Erteilung eines Zuschlags auf ein Angebot auf der Grundlage der bisherigen Vergabeunterlagen untersagt werden möge. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag, der im Verlaufe des Verfahrens erweitert worden ist, nach mündlicher Verhandlung vom 04.10.2012 durch ihren Beschluss vom 19.10.2012 als teilweise unzulässig, überwiegend unbegründet zurückgewiesen.

3

Die hiergegen form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat der erkennende Senat nach mündlicher Verhandlung vom 15.02.2013 mit seinem Beschluss vom 14.03.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Die Ausfertigung dieser Entscheidung ist der Antragstellerin am 20.03.2013 zugestellt worden.

4

Mit Schriftsatz vom 22.03.2013, der beim Oberlandesgericht Naumburg vorab per Fax am selben Tage eingegangen ist, hat die Antragstellerin eine Anhörungsrüge erhoben.

5

Die Antragstellerin beanstandet, dass der Senat auf seine Erkenntnisse aus einem früheren Nachprüfungsverfahren (Az.: 1 VK LSA 5/11 Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Gz.: 2 Verg 10/11 Oberlandesgericht Naumburg) zurückgegriffen hat (BA S. 19), weil der Senat zuvor nicht auf die Absicht der Verwertung dieser Erkenntnisse hingewiesen habe. Hilfsweise hat sie die Einsicht in die vollständigen Akten des vorgenannten Verfahrens beantragt. Die Antragstellerin meint, dass nicht ersichtlich sei, worauf der Senat seine Feststellungen gestützt habe, dass der Antragsgegner bei der Festlegung der Standorte der Rettungswachen ein Verfahren zur Messung von Hilfsfristen habe vermeiden wollen (BA S. 19 f.). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liege auch vor, soweit der Senat Einschätzungen zum Markt für Rettungsdienstleistungen vorgenommen habe. Die Bewertungen der Marktentwicklung seien unvollständig. Insbesondere sei der Senat fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Antragstellerin „neu“ im Markt auftrete. Bezogen auf den Binnenmarkt im EU-Raum sei die getroffene Marktanalyse insgesamt unzutreffend. Auch in Deutschland entwickle sich inzwischen ein Anbietermarkt für Leistungen des erweiterten Rettungsdienstes. Der Senat habe diese Feststellungen im Übrigen nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens treffen dürfen.

6

Im Übrigen meint die Antragstellerin, dass die Entscheidungsgründe in sich widersprüchlich seien, soweit in ihnen teilweise auf den Inhalt des Vergabevermerks abgestellt werde – so auf Ziffer 6 (zur Losaufteilung), Ziffer 10.3 (zur Festlegung der Standorte der Rettungswachen) und Ziffer 11 (Zuschlagskriterien), obwohl der Vergabevermerk insgesamt zu Recht als rechtlich unerheblich bewertet worden sei (BA S. 29). Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer sei – entgegen der Auffassung des Senats – nicht notwendig gewesen. Soweit der Senat von einer Dringlichkeit des Abschlusses des Beschaffungsvorganges ausgegangen sei, sei dies unter Berücksichtigung der Aussetzung des Vergabeverfahrens durch den Antragsgegner nicht nachvollziehbar.

7

Die Antragstellerin hat ihr Vorbringen durch Schriftsatz vom 27.03.2013 ergänzt.

8

Der Antragsgegner beantragt, die Anhörungsrüge der Antragstellerin zurückzuweisen. Er verteidigt im Wesentlichen die angefochtene Entscheidung und vertieft sein Vorbringen im Nachprüfungsverfahren.

B.

9

Die Anhörungsrüge der Antragstellerin ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

10

Der Senat hat mit seiner Entscheidung vom 14.03.2013 das rechtliche Gehör der Antragstellerin nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Eine Fortführung des Beschwerdeverfahrens ist aufgrund der Rüge der Antragstellerin nicht geboten.

11

I. Die Anhörungsrüge der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist nach §§ 120 Abs. 2 i.V.m. 71a Abs. 1 GWB statthaft, weil gegen die Entscheidung des Senats ein Rechtsmittel nicht eröffnet ist und die Antragstellerin die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt. Die Rüge ist fristgerecht (§ 71a Abs. 2 S. 1 GWB) und in der vorgeschriebenen Form (§ 71a Abs. 2 S. 4 und 5 GWB) eingelegt worden.

12

II. Die Anhörungsrüge der Antragstellerin ist unbegründet.

13

1. Eine Verletzung des Anspruchs der Antragstellerin auf rechtliches Gehör zu allen entscheidungserheblichen Aspekten der Rechtssache ist objektiv nicht gegeben.

14

a) Der Senat hat seine Entscheidung, dass die Beibehaltung der ursprünglichen Standorte der Rettungswachen innerhalb der – gegenüber vorherigen Festlegungen auch unverändert gebliebenen – Rettungswachenbezirke sachlich gerechtfertigt sei, auf offensichtliche, d.h. für jedermann erkennbare tatsächliche Umstände gestützt, die Gegenstand der wechselseitigen Ausführungen der Verfahrensbeteiligten gewesen sind. Dies betraf insbesondere den Rettungsdienstbereichsplan vom 01.07.2009, der Gegenstand der Vergabeunterlagen gewesen ist. Bereits das Erstellungsdatum zeigt, dass der der aktuellen Ausschreibung für eine Leistungserbringung ab 01.01.2013 zugrunde liegende Zuschnitt der Bezirke der Rettungswachen zuvor bereits seit mehreren Jahren bestanden hatte. Die Standorte der Rettungswachen befanden sich ausweislich dieses Planes bereits vor der Ausschreibung in den jeweiligen Umkreisen, die nunmehr in der aktuellen Ausschreibung auch als Standortbereiche der neuen Rettungswachen vorgegeben worden sind. Beide Beteiligte, d.h. auch die Antragstellerin, sind im Beschwerdeverfahren übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Antragsgegner in seinen Vergabeunterlagen die bisherigen Standortverhältnisse fortgeschrieben und lediglich durch die Eröffnung eines „Standortumkreises“ – aus Sicht der Antragstellerin unzureichend – erweiterte Zugangsmöglichkeiten für neue Bewerber geschaffen hatte. Der Senat hat schließlich im Rahmen der umfangreichen Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung (ca. 50 Minuten Einführungsvortrag des Vorsitzenden, ca. 80 Minuten Stellungnahmen der beiden Beteiligten und Rechtsgespräch) alle entscheidungserheblichen Aspekte angesprochen, darunter auch den Aspekt der sachlichen Rechtfertigung der Festlegung der Standortbereiche, und seine vorläufige Bewertung und deren tatsächliche Grundlagen dargestellt. Eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin, sich zu dieser Streitfrage angemessen zu äußern, ist unter diesen Umständen auszuschließen.

15

Soweit der Senat in den Gründen der gerügten Entscheidung ergänzend seine Erkenntnisse aus einem früheren Nachprüfungsverfahren erwähnt hat, ist dies jedenfalls nicht entscheidungserheblich gewesen, wie sich auch aus den Formulierungen des Beschlusses selbst ergibt. Im Übrigen ist der Senat davon ausgegangen, dass der Antragstellerin das vorangegangene Nachprüfungsverfahren bekannt gewesen ist. Ob diese Annahme zutreffend gewesen ist, kann hier offen bleiben. Die Vergabekammer hatte auf das Verfahren 2 VK LSA 5/11 Bezug genommen, weil es ein letztlich gescheitertes Verfahren zur Vergabe der hier streitgegenständlichen Aufträge zum Gegenstand hatte. Die Antragstellerin selbst hat sich auf die Entscheidung des Senats im Nachprüfungsverfahren 2 Verg 10/11 bezogen und u.a. ausgeführt, dass diese Entscheidung Auslöser für die Änderung des Landesrettungsdienstgesetzes durch den Landtag im Jahre 2012 gewesen sei. Der Senatsvorsitzende hat in seiner Ladungsverfügung vom 22.11.2012 ebenfalls auf das vorangegangene Nachprüfungsverfahren hingewiesen.

16

b) Der Senat hat seine Feststellung, dass die Beibehaltung der Rettungswachenbezirke und der Standortbereiche der einzelnen Rettungswachen u.a. auch dem Zweck dienen sollte, den Aufwand der Ausschreibung gering zu halten und aufwendige Prüfverfahren zu vermeiden, dem nachvollziehbaren und von der Antragstellerin nicht erheblich bestrittenen Vorbringen des Antragsgegners entnommen. Schon in der ersten Rügeantwort des Antragsgegners vom 31.07.2012 an die Antragstellerin (dort auf S. 4) heißt es, dass der Antragsgegner darauf bedacht gewesen sei, die Einhaltung der gesetzlichen Notfristen zu gewährleisten und dass ihm dies „auf gesicherter Tatsachenkenntnis … nur möglich (sei), wenn auch die zukünftigen Rettungswachen in diesem Umfeld gelegen … (seien). … Er (der Antragsgegner) würde weder seinem Sicherstellungsauftrag gerecht werden noch ließe sich so ein effektives Auswahlverfahren durchführen, da der Auftraggeber bei freier Standortwahl durch die Bieter bei jedem Standort prüfen müsste, ob das Versorgungsziel und die Sicherstellung des Rettungsdienst(es) mit dem angebotenen Standort gewährleistet werden … (könne)“. Dieses Vorbringen hat der Antragsgegner im Verlaufe des Verfahrens vor der Vergabekammer und insbesondere auch in seiner Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederholt und vertieft. Auf den pauschalen Vorwurf der Antragstellerin, dass der Rettungsdienstbereichsplan 2009 ggf. nicht geeignet gewesen sei, die Hilfsfristen zu wahren, hat der Antragsgegner auf die in den Jahren 2009 bis 2012 gesammelten Erfahrungen verwiesen. Der Senat hat lediglich zur Klarstellung – und ohne dass es hierauf entscheidungserheblich angekommen wäre – die in Betracht kommenden Prüfungsverfahren, die der Antragsgegner gemeint hat, beispielhaft benannt. Die Antragstellerin hat jedenfalls ausreichend Gelegenheit gehabt, zu dem Teilaspekt der Vermeidung aufwendiger Prüfungsverfahren Stellung zu nehmen.

17

c) Gleiches trifft auf die Einschätzung der Marktsituation durch den Senat und insbesondere auf die Feststellung zu, dass es derzeit in Sachsen-Anhalt keinen eigenständigen Anbietermarkt für (isoliert ausgeschriebene) Leistungen des erweiterten Rettungsdienstes gibt. Die Antragstellerin hat im Nachprüfungsverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geltend gemacht, dass es einen spezifischen Anbietermarkt für Leistungen des erweiterten Rettungsdienstes gebe und dass daher die isolierte Vergabe dieser Teilleistungen geboten gewesen sei. Sie hat auch nicht behauptet, dass sie sich für ein solches Fachlos interessiert habe. Die Antragstellerin hat sich vielmehr im Wesentlichen gegen die Zusammenlegung von Leistungen der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransportes zu jeweils einem Regionallos gewandt und auf die Vielzahl der privaten Interessenten im (isolierten) Bereich des qualifizierten Krankentransportes verwiesen. Die Ausführungen des Senats in den Gründen der Entscheidung vom 14.03.2013 folgen spiegelbildlich dieser Gewichtung im Beschwerdevorbringen der Antragstellerin. Im Rahmen der mündlichen Erörterung der Rechtssache hat der Senat jedoch seine Markteinschätzung insgesamt offen gelegt, ohne dass die Antragstellerin dieser Darstellung, die im Wesentlichen mit den Ausführungen im Beschluss übereingestimmt hat, widersprochen hätte. Danach hat ein weiterer Sachaufklärungsbedarf für die Frage, ob Leistungen des erweiterten Rettungsdienstes als gesondertes Fachlos auszuschreiben gewesen wären, nicht bestanden. Denn auch im Beschwerdeverfahren gilt, dass das Beschwerdegericht sich bei seinen Untersuchungen grundsätzlich auf das beschränken kann, was die Verfahrensbeteiligten vorbringen. Soweit die Antragstellerin in ihrer Anhörungsrüge auf neuere Marktentwicklungen und insbesondere auf eine Ausschreibung in der Grenzregion in Aachen verweist, wäre dieses Vorbringen im Übrigen nicht geeignet gewesen, hieraus auf die Vergaberechtswidrigkeit der vom Antragsgegner im Juli 2012 vorgenommenen Beurteilung zu schließen.

18

Hinsichtlich der Zusammenfassung der beiden anderen Leistungsbereiche hat der Senat zugunsten der Antragstellerin (trotz seiner Bedenken) als wahr unterstellt, dass eine Fachlosaufteilung in Betracht gekommen wäre, hat sodann aber festgestellt, dass hier fachliche und wirtschaftliche Gründe die Zusammenfassung erforderten. Für die Frage der Rechtfertigung der Gesamtlosvergabe aller Rettungsdienstleistungen im Rahmen eines Gebietsloses hat der Aspekt der Bewertung der Marktverhältnisse keine Bedeutung erlangt.

19

2. Soweit die Antragstellerin auf vermeintliche Widersprüche in der Argumentation des Senats verweist, folgt ihr der Senat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Rügeverfahren nicht.

20

a) Die Feststellung des Senats, dass der Vergabevermerk unter dem 20.07.2012 nicht den Anforderungen des § 20 VOL/A entspricht, mit der entsprechende Erkenntnisse der Vergabekammer lediglich bestätigt worden sind, steht nicht im Widerspruch dazu, dass der Senat in anderen Zusammenhängen von einer jeweils ausreichenden Dokumentation bestimmter Einzelmaßnahmen ausgegangen ist. Bestandteile der Dokumentation des Vergabeverfahrens sind auch die Vergabeunterlagen oder der Schriftverkehr zwischen Vergabestelle und Bewerbern. Eine Dokumentation in Form eines Vermerks ist nur in wenigen Einzelfällen vorgeschrieben. Die Formunwirksamkeit des finalen Vergabevermerks hebt die Formwirksamkeit der vorangegangenen Dokumentation nicht auf. Für die vorliegende Entscheidung im Rügeverfahren ist jedoch maßgeblich, dass die Antragstellerin insoweit eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör schon nicht beanstandet hat; die Antragstellerin hatte vielmehr Gelegenheit, zu dieser Auffassung des Senats Stellung zu nehmen, weil der Senat hierauf in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich – jedoch unter Kennzeichnung als vorläufige Ansicht – eingegangen ist und weil der Senat damit lediglich aufgegriffen hat, was bereits die Vergabekammer ausgeführt hatte.

21

b) Mit ihrem weiteren Vorbringen in der Anhörungsrüge wendet sich die Antragstellerin gegen inhaltliche Aspekte der Senatsentscheidung, ohne eine Gehörsverletzung geltend zu machen. Es ist nicht Sinn des Rügeverfahrens, eine andere Überprüfung als der Kontrolle der Gewährung rechtlichen Gehörs zu eröffnen.

22

3. Der Senat hält auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Rügeführerin daran fest, dass die Antragsgegnerin die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für erforderlich ansehen durfte. Daran vermag auch der Verweis auf die spätere Aussetzung des Vergabeverfahrens nichts zu ändern, die ggf. bereits auf anwaltliches Anraten erfolgte.

23

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 120 Abs. 2 i.V.m. 78 GWB sowie auf § 97 Abs. 1 ZPO analog. Die Festsetzung eines Kostenwerts war entbehrlich, weil die Gerichtsgebühren als Pauschalgebühr ausgestaltet sind und für die Verfahrensbevollmächtigten weitere Gebühren nicht entstanden sind.


Tenor

Das Nachprüfungsverfahren ist durch Rücknahme des Nachprüfungsantrags erledigt. Der Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 9. April 2014 ist gegenstandslos.

Der Termin der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren am 11. Juli 2014 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens (jeweils Gebühren und Auslagen) sowie die jeweils in beiden Verfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerinnen zu 1) bis zu 4) hat die Antragstellerin zu tragen. Eine Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen findet nicht statt.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragsgegnerinnen zu 1) bis zu 4) war auch im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer bleiben auf 3.955,77 € festgesetzt.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf eine Gebührenstufe bis zu 125.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ist erledigt, nachdem die Antragstellerin mit Fax-Schriftsatz vom 09.07.2014 ihren - das Verfahren einleitenden - Nachprüfungsantrag vom 11.12.2013 zurückgenommen hat. Die Rücknahme des Nachprüfungsantrags ist wirksam, insbesondere bedarf es hierfür keiner förmlichen Einwilligung der Antragsgegnerinnen bzw. der Beigeladenen (vgl. OLG Naumburg, Beschluss v. 17.08.2007, 1 Verg 5/07, VergabeR 2008, 150; Thiele in: Kulartz/ Kus/ Portz, GWB, 3. Aufl. 2014, § 114 Rn. 55 m.w.N.). Damit ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich.

2

II. Über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer (Gebühren und Auslagen i.S. von § 128 Abs. 1 GWB) sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Diese wird - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nicht entbehrlich im Hinblick auf eine etwaige außergerichtliche Einigung der Verfahrensbeteiligten.

3

1. Nach § 128 Abs. 3 S. 5 GWB ist bei Rücknahme des Nachprüfungsantrags über die Verteilung der Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer eine Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen. Gleiches gilt nach §§ 120 Abs. 2, 78 GWB für die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4

2. Es entspricht nach Auffassung des Senats billigem Ermessen, der Antragstellerin die gesamten Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen. Durch die Rücknahme ihres Nachprüfungsantrags hat die Antragstellerin eine Situation herbeigeführt, die dem Zustand entspricht, der eingetreten wäre, wenn es von Anfang an keinen Nachprüfungsantrag gegeben hätte. Da sie hierfür keine Gründe angegeben hat, hat sie die durch die Verfahrenseinleitung verursachten Kosten einschließlich der Kosten des hieraus resultierenden Beschwerdeverfahrens allein zu tragen. Für die Entscheidung des Senats, wer gegenüber der Landeskasse als Kostenschuldner anzusehen ist, ist es nicht von Bedeutung, ob die Beteiligten u.U. intern eine abweichende Kostenverteilungsvereinbarung getroffen haben.

5

3. Die Vergabekammer hat die für ihr Verfahren angefallenen Gebühren zutreffend mit einem Betrag von 3.676,07 € ermittelt und Auslagen in Höhe von 279,70 € belegt. Da der Beschluss vom 09.04.2014 gegenstandslos geworden ist, ist die Festsetzung dieser Kosten erneut auszusprechen.

6

4. Eine Ermäßigung der Gebühren nach § 128 Abs. 3 S. 4 GWB kommt nicht in Betracht, weil die Vergabekammer in der Sache bereits mündlich verhandelt hat.

7

III. Hinsichtlich einer Entscheidung über die Erstattung der Aufwendungen der Antragsgegnerinnen zu 1) bis zu 4) vermag der Senat ohne weitere Anhörung der Antragsgegnerinnen nicht zu entscheiden, ob eine solche Entscheidung entbehrlich ist. Da die Entscheidung von Amts wegen zu ergehen hat und eines Antrags nicht bedarf, hat der Senat vorsorglich einen entsprechenden Ausspruch vorgenommen. Die Entscheidung beruht auf § 128 Abs. 4 S. 3 GWB und auf §§ 120 Abs. 2, 78 GWB. Für die Auferlegung der Aufwendungen der Beigeladenen auf die Antragstellerin sieht der Senat keinen Anlass (§ 128 Abs. 4 S. 2 GWB und §§ 120 Abs. 2, 78 GWB), da die Beigeladene weder im Verfahren vor der Vergabekammer einen Antrag gestellt noch im Beschwerdeverfahren einen eigenen Antrag angekündigt hat.

8

IV. Die Festsetzung des Gegenstandswertes des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Der Senat legt dabei die geprüfte Angebotssumme des Angebots der Antragstellerin zugrunde.


(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 4/10
vom
19. Juli 2011
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr II
GKG § 50 Abs. 2; GWB § 101b Abs. 1 Nr. 2, § 107 Abs. 2; VgV § 3

a) Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung
eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages auch
erreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen
Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bestimmt sich die für den Streitwert
maßgebliche Auftragssumme nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung
der Antragsteller interessiert ist.

b) Für die Schätzung des Werts dieser Lose sind die in § 3 VgV genannten Parameter
heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende
Anwendung geeignet erscheinen.
BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 - X ZB 4/10 - OLG Düsseldorf
Vergabekammer Münster
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die Richter
Gröning, Dr. Grabinski und Dr. Bacher

beschlossen:
Es verbleibt unter Verwerfung der Anhörungsrüge der Antragstellerin als unzulässig bei der Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011.

Gründe:


I.


1
Die nach § 69a Abs. 1, 2 GKG statthafte Rüge gegen die Wertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 8. Februar 2011 ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht in der gesetzlichen Form erhoben ist (§ 69a Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG). Wird die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Beschwerdegericht gerügt, setzt die Zulässigkeit der Anhörungsrüge wie bei dem Rechtsbehelf aus § 321a ZPO, dem § 69a GKG nachgebildet ist, voraus, dass Umstände ausgeführt werden, aus denen sich ergeben kann, dass das Gericht bei der Entscheidung Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch nicht erwogen hat (vgl. dazu BVerfGE 87, 1, 33; BGHZ 154, 288, 300 mwN; vgl.
auch BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609). Dafür reicht nicht aus vorzutragen, dass das Gericht sich nicht ausdrücklich mit allen angeführten Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609 Rn. 8 mwN). Deshalb verhilft der Anhörungsrüge nicht zur Zulässigkeit, wenn die Antragstellerin vorträgt, der Senat habe im Rahmen der Wertbemessung nach § 50 Abs. 2 GKG § 3 VgV entsprechend angewendet, ohne ausdrücklich die dagegen angeführten Argumente der Antragstellerin zu bescheiden. Das Gleiche gilt erst recht, wenn das vermeintlich übergangene Vorbringen sich im Vortrag nicht erläuterter Anknüpfungstatsachen erschöpft, wie es hier in Bezug auf den der Streitwertbemessung nach Ansicht der Antragstellerin zugrunde zu legenden Zeitraum der Fall ist. Die Antragstellerin hat dafür in ihrem Schriftsatz vom 25. Januar 2011 ohne jede Begründung auf die Laufzeit des Änderungsvertrages zuzüglich Verlängerungsoption abgestellt, obwohl ihr Interesse, worauf zurückzukommen sein wird, diesem Auftrag gar nicht gilt.

II.


2
Der Senat hat die Anhörungsrüge zum Anlass genommen, seine Wertfestsetzung im Beschluss vom 8. Februar 2011 darauf hin zu überprüfen, ob Anlass besteht, sie nach § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen zu korrigieren. Das ist indes nicht der Fall.
3
1. Bei der Wertbemessung war davon auszugehen, dass es der Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht darum ging, Leistungen, die Gegenstand des Änderungsvertrages waren, zumindest in einem Teil des durch diesen Vertrag festgelegten Zeitraums zu erbringen, sondern darum, diesen Änderungsvertrag zu Fall zu bringen, um sich für die Zeit nach dem Auslaufen des Verkehrsvertrags (Dezember 2018) um den Betrieb der genannten S-Bahnlinien 5 und 8 im Verkehrsverbund Rhein/Ruhr zu bewerben. Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages aucherreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bemisst sich die für den Streitwert maßgebliche Auftragssumme (§ 50 Abs. 2 GKG) nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist (ebenso Brandenburgisches OLG, VergabeR 2003, 654 ff.). Das auch in § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB angesprochene Interesse des Antragstellers am Auftrag beschränkt sich in solchen Fällen auf diese Lose. Dieser Umstand kann bei der im Zusammenhang mit der Streitwertfestsetzung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung nicht außer Betracht bleiben. Zudem ist zu bedenken, dass das Rechtsschutzziel der Aufteilung eines Auftrags in Lose typischerweise dasjenige von kleineren oder mittleren Unternehmen sein wird und dass das Prozessrisiko dieser Wirtschaftsteilnehmer im Interesse eines effektiven Vergaberechtsschutzes nicht dadurch überhöht werden sollte, dass ihrem Begehren ein Streitwert von 5 Prozent der BruttoGesamtauftragssumme zugrunde gelegt wird, obwohl ihr wirtschaftliches Ziel sich damit jedenfalls nicht deckt und sich unter Umständen nur auf einen kleinen Bruchteil dieser Summe bezieht.
4
2. Ist nach Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages, wie hier, ungewiss, wann und mit welchen Modalitäten ein zukünftiges Vergabeverfahren für eine losweise Vergabe der in Rede stehenden Leistungen zur Durchführung ansteht, ist die für den Nachprüfungsantrag des die Losaufteilung anstrebenden Antragstellers maßgebliche Auftragssumme zu schätzen. Eine solche Schätzung ist unter Voraussetzungen vorzunehmen , die mit denjenigen vergleichbar ist, unter denen öffentliche Auftraggeber den Wert zur Vergabe anstehender Leistungen zu ermitteln haben, bevor sie das entsprechende Vergabeverfahren in die Wege leiten. Deshalb ist es sachgerecht, dafür die in § 3 VgV genannten Parameter heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende Anwendung geeignet erscheinen.
5
Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass eine losweise Vergabe des Betriebs der Linien, für welche die Antragstellerin sich interessiert, auf einen längeren Zeitraum bemessen wird. Bei Aufträgen über Dienstleistungen , für die kein Gesamtpreis angegeben werden kann und die eine unbestimmte Laufzeit bzw. eine solche von mehr als 48 Monaten haben werden, bietet sich in Anlehnung an § 3 Abs. 4 Nr. 2 VgV an, auf den 48-fachen Monatswert abzustellen. Auf dieser Grundlage hat der Senat den Streitwert im Beschluss vom 8. Februar 2011 bemessen.
6
Im Verfahren der Anhörungsrüge nach § 69a Abs. 1 werden Kosten nicht erstattet (§ 69a Abs. 3 GKG). Die Gebühr nach KV 1700 zum Gerichtskostengesetz fällt der Antragstellerin zur Last.
Meier-Beck Gröning Mühlens
Grabinski Bacher
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VII-Verg 19/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 8/11
vom
23. Januar 2013
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2013 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die
Richter Gröning, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß

beschlossen:
Die vor der Vergabekammer entstandenen Gebühren und Auslagen und die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zur Hälfte und die Antragsgegnerin sowie die Beigeladene zu je einem Viertel.
Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen und außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:


1
I. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf die im offenen Verfahren ausgeschriebene Vergabe von Briefdienstleistungen der Bundesagentur für Arbeit im Kalenderjahr 2011. Die täglich anfallenden sogenannten inhaltsgleichen und nicht inhaltsgleichen Sendungen, die mit Ausnahme der Großbriefe entsprechend der Handhabung vor dem Ausschreibungszeitraum in Leitregionsbehältern vorsortiert zur Abholung bereitgestellt wurden, sollten ab- geholt und bundesweit zugestellt werden. Die Gesamtzahl belief sich im Jahre 2009 auf rund 90 Millionen und im Jahre 2010 auf rund 106 Millionen Briefsendungen.
2
Den Zuschlag sollte das Angebot mit dem niedrigsten Gesamtpreis erhalten. Nebenangebote waren mit der Maßgabe zugelassen, dass sie die dafür in der Leistungsbeschreibung definierten Mindestvoraussetzungen erfüllen. In dem diesbezüglichen Vordruck heißt es: "Nebenangebote sind nur zu dem nachfolgend angegebenen Kriterium und nur in der aufgezeigten Weise zulässig. Alle anderen Vorgaben in den Vergabeunterlagen müssen erfüllt werden: - Rabatte in Bezug auf eine bestimmte Vorsortierung vor Auflieferung (nicht Leitregionsbehälter). - ... In dem nachstehenden Textfeld ist ein eventueller Rabatt darzustellen und zu erläutern. Ergänzend zu den Preisangaben im Leistungsverzeichnis kann auf alle angebotenen Einzelpreise jeweils ein spezieller Rabattsatz oder ein Pauschalrabattsatz für alle Preisangaben unterbreitet werden."
3
Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben jeweils ein Haupt- und ein Nebenangebot ab. Als Nebenangebot unterbreitete die Antragstellerin einen nach Sendungsmengen gestaffelten Rabatt für die inhaltsgleichen Sendungen unter der Voraussetzung, dass die Antragsgegnerin die auf Leitregionsbehälter vorbereiteten Sendungen zusätzlich auf Leitzonen- oder Leitregionspaletten fertigt und aufliefert. Die Beigeladene bot als Nebenangebot einen Rabatt für nicht inhaltsgleiche Briefsendungen bis 20g, 50g und 500g an, wenn sie in einer durch sie definierten Reihenfolge elektronisch vorsortiert, gedruckt, kuvertiert und verpackt würden.
4
Die Antragsgegnerin informierte die Antragstellerin schriftlich darüber, dass sie beabsichtige, den Auftrag der Beigeladenen zu erteilen. Auf ihr, der Antragstellerin, Angebot könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil die vorgelegten Referenzen unzulänglich seien und ihr Angebot sich bei einer fiktiven Wertung nicht als das wirtschaftlichste erwiesen habe. Den nach erfolgloser Rüge dagegen erhobenen Nachprüfungsantrag hat die Vergabekammer zurückgewiesen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass das Angebot der Antragstellerin zwar nicht wegen unzulänglicher Referenzen habe ausgeschlossen werden dürfen, die Antragstellerin im Ergebnis aber nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt sei, weil ihr Haupt- und Nebenangebot aus Wirtschaftlichkeitsgründen nicht für den Zuschlag in Betracht gekommen seien. Weder sei die Preiswertung intransparent noch das Angebot der Beigeladenen ausschlussreif gewesen. Ob es in Anbetracht des Umstands, dass die Antragsgegnerin als einziges Wertungskriterium den Preis vorgesehen habe, mit Art. 24 der Richtlinie 2004/18/EG (im Folgenden: VKR) zu vereinbaren sei, Nebenangebote zuzulassen und zu werten, könne dahingestellt bleiben, weil die Antragsgegnerin angekündigt habe, von der Wertung der Nebenangebote - was ihr unbenommen sei - abzusehen und lediglich die abgegebenen Hauptangebote zu werten, und das Angebot der Antragstellerin auch insoweit nicht das wirtschaftlichste sei.
5
Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin erschien dem Oberlandesgericht Düsseldorf begründet. Es meint, Art. 24 VKR gestatte die Zulassung von Nebenangeboten lediglich dann, wenn der Zuschlag auf das anhand einer Mehrzahl von Wertungskriterien zu ermittelnde wirtschaft- lichste Angebot erteilt werden, aber nicht, wenn, wie hier, alleiniges Zuschlagskriterium der Preis sein solle. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer sei die Antragstellerin ungeachtet des Umstands, dass die Beigeladene auch ein günstigeres Hauptangebot abgegeben habe, in ihren Rechten verletzt. Nach ihrem nicht zu widerlegenden Vorbringen habe die Antragstellerin ihr Hauptangebot nämlich in Anbetracht des Umstands kalkuliert, auch Nebenangebote einreichen zu können. Entfalle diese Möglichkeit, müsse das Vergabeverfahren in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe zurückversetzt werden, um die Abgabe von unter diesen geänderten Voraussetzungen kalkulierten Angeboten zu ermöglichen.
6
So zu entscheiden, hat sich das Beschwerdegericht durch eine Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 15. April 2011 - 1 Verg 10/10, VergabeR 2011, 586) gehindert gesehen. Es hat die Sache deshalb durch Beschluss vom 2. November 2011 dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Mit Blick auf den Ablauf des Ausschreibungszeitraums haben die Beteiligten das Nachprüfungsverfahren inzwischen übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
7
II. Die Vorlage ist zulässig.
8
Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der sich mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht in Einklang bringen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr). So verhält es sich hier, weil die vom vorlegenden Oberlandesgericht erwogene Entscheidung mit der dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 15. April 2011 zugrundeliegenden Rechtsauffassung nicht zu vereinbaren wäre. Nachdem die Beteiligten den Nachprüfungsantrag übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist indes nur noch über die Kosten zu entscheiden.
9
III. Es entspricht der Billigkeit, die Kosten mit der Maßgabe gegeneinander aufzuheben, dass diejenigen des Verfahrens vor der Vergabekammer sowie die Gerichtskosten zur Hälfte der Antragstellerin und je zu einem Viertel der Antragsgegnerin und der Beigeladenen auferlegt werden.
10
1. Die Kostenentscheidung ist nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (BGBl. I 2009, S. 779) erhaltenen Fassung entsprechend § 78 GWB zu treffen (vgl. § 120 Abs. 2 GWB). Auf den hierfür nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in erster Linie maßgeblichen Ausgang des Verfahrens kann, wenn die Parteien das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, dann ausschlaggebend abgestellt werden, wenn dieser bei der hiernach allein angezeigten summarischen Prüfung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden kann. Stellt sich der Verfahrensausgang demgegenüber als offen dar, sind im Regelfall die Gerichtskosten hälftig zu teilen und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 1999 - KVR 10/98, WuW/E DE-R 420 - erledigte Beschwerde). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen , wenn - wie hier - ein vergaberechtlicher Nachprüfungsantrag in der Hauptsache für erledigt erklärt wird.
11
2. Ob der Nachprüfungsantrag bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses begründet oder unbegründet war, kann nicht mit der gebotenen Sicherheit beurteilt werden.
12
a) Zu Recht hat das vorlegende Oberlandesgericht allerdings angenommen , dass das Haupt- und das Nebenangebot der Beigeladenen nicht wegen einer Änderung an den Vergabeunterlagen, mangelnder Leistungsfähigkeit oder Unzulänglichkeit der vorgelegten Referenzen von der Wertung auszuschließen waren. Die diesbezüglichen Erwägungen im Vorlagebeschluss (B II 1 a) macht sich der Senat zu eigen.
13
b) Bedenken begegnet demgegenüber die Annahme des Beschwerdegerichts , die Vergabestelle hätte bei richtlinienkonformem Verständnis der einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen des nationalen Rechts Nebenangebote nicht zulassen dürfen, weil als einziges Wertungskriterium der Preis vorgesehen war. Das Oberlandesgericht leitet diese Auffassung daraus her, dass die Erteilung des Zuschlags nach Art. 53 VKR entweder ausschließlich nach dem Kriterium des niedrigsten Preises oder auf das gemäß verschiedener, festgelegter Kriterien (Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik etc.) wirtschaftlich günstigste Angebot erfolge, während Art. 24 Abs. 1 VKR so zu verstehen sei, dass Varianten lediglich bei Aufträgen, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben werden, zugelassen werden dürften, woraus sich im Umkehrschluss ergebe, dass Varianten bei Vergabe allein nach dem Kriterium des niedrigsten Preises nicht zugelassen seien.
14
aa) Keiner abschließenden Beurteilung bedarf in diesem Zusammenhang allerdings, ob die nach dem Konzept der Vergabeunterlagen im Streitfall ermöglichten modifizierten Angebote Nebenangebote im Sinne der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen waren, was der Vergabesenat im Gegensatz zur Vergabekammer bejaht. Dafür spricht, dass rabattierte abweichende Vorsortierungen zwar eine Mitwirkung der Antragsgegnerin erforderten, aber nicht von dieser vorgegeben, sondern von den Bietern konzipiert wurden. Eine solche Modifikation des Hauptangebots war jedenfalls als Variante im Sinne von Art. 24 Abs. 1 VKR zuzulassen.
15
bb) Dem vorlegenden Oberlandesgericht ist auch zuzugeben, dass das Ergebnis seiner grammatikalischen und systematischen Auslegung der herangezogenen Richtlinienbestimmungen eine praktikable und vorhersehbare Anwendung der einschlägigen Regelungen des Gemeinschaftsrechts ermöglicht. Gleichwohl erscheint fraglich, ob diesem Ergebnis unter Einbeziehung der - in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorrangigen - teleologischen Auslegung der Vorzug gegeben werden muss. Zweifelhaft erscheint das deshalb, weil die Anwendung des so verstandenen Gemeinschaftsrechts vergaberechtliche Restriktionen mit sich bringt, die einer kostengünstigen Beschaffung im Wettbewerb abträglich sein können, ohne dass gleich oder höher zu bewertende gegenläufige Bieterinteressen diese erforderten, wie anhand des Gegenstands des vorliegenden Vergabeverfahrens veranschaulicht werden kann. Bei der hier nachgefragten Abholung der auf eine bestimmte Art und Weise bereitgestellten (vorsortierten) Briefsendungen und ihrer Zustellung handelt es sich um in massenhafter Wiederkehr zu erbringende homogene Dienstleistungen , bei denen die von den einzelnen Bietern angebotenen Ausführungen sich dementsprechend nicht unterschieden und die vorgesehene Wertung allein anhand des Preises deshalb sachgerecht war. Zugleich erscheint es als im Interesse wirtschaftlicher Mittelverwendung berechtigtes Anliegen der Vergabestelle, den Bietern nach Maßgabe festgelegter Mindestvoraussetzungen zu gestatten, Varianten anzubieten. Diese konnten sich nach der Beschaffenheit des Vergabegegenstands im Streitfall vom Hauptangebot im Wesentlichen nur in der Abholung der Sendungen bei modifizierter Vorsortierung unterscheiden, was die Vergabebedingungen auch vorsahen. Dass das Gemeinschaftsrecht der Zulassung von Varianten dann entgegensteht, wenn das Hauptangebot allein nach dem Preis zu werten ist, insbesondere, wenn die Beschränkung auf dieses Wertungskriterium nach der Beschaffenheit des Vergabegegenstands, wie im Streitfall, sachgerecht ist, erscheint deshalb nicht zwingend. Offen erscheint ferner, ob Varianten, wenn sie unter diesen Voraussetzungen zugelassen werden, ebenfalls strikt nur unter dem Gesichtspunkt des niedrigsten Preises gewertet werden dürfen. Denn insoweit ist zu bedenken , dass die von den einzelnen Bietern angebotenen Varianten die Mindestbedingungen auf verschiedene Weise und in unterschiedlichem Maße erfüllen können. Diese Unterschiede müssten aber ausgeblendet werden, wenn in solchen Fällen gleichwohl nur der günstigste Preis entscheidend sein soll, was mit dem Gebot einer wirtschaftlichen Beschaffung schwerlich vereinbar erscheint. Ob es in solchen Fällen mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts vereinbar wäre, Hauptangebote nach dem günstigsten Preis zu werten und für die Wertung von Nebenangeboten zusätzliche Wertungskriterien zu definieren, oder ob sich aus dem Umstand, dass für Letztere ohnehin Mindestbedingungen festgelegt werden müssen, ergibt, dass die unterschiedliche Ausgestaltung dieser Mindestbedingungen in den einzelnen angebotenen Varianten auftraggeberseitig auch ohne zusätzliche Wertungskriterien berücksichtigt werden darf, lässt sich den Regelungen des Gemeinschaftsrechts ebenfalls nicht zweifelsfrei entnehmen. Der Senat hätte deshalb vor der Entscheidung des Streitfalls in der Hauptsache den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Vorabentscheidung (Art. 267 Abs. 3 AEUV) ersucht. Für die hier nur noch zu treffende Kostenentscheidung ist der Ausgang des Verfahrens demnach als offen zu betrachten. Es entspricht daher der Billigkeit, die Hälfte der Gerichtskosten der Antragstellerin aufzuerlegen und mit der anderen Hälfte die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu belasten. Eine Beteiligung der Beigeladenen an der Kostenlast erscheint billig, weil sie sich mit Anträgen am erst- und zweitinstanzlichen Nachprüfungsverfahren beteiligt und als für die Zuschlagserteilung vorgesehenes Unternehmen ein erhebliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat.
Meier-Beck Mühlens Gröning
Bacher Deichfuß
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.11.2011 - VII-Verg 22/11 -

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

Tenor

Das Nachprüfungsverfahren ist durch Rücknahme des Nachprüfungsantrags erledigt. Der Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 9. April 2014 ist gegenstandslos.

Der Termin der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren am 11. Juli 2014 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens (jeweils Gebühren und Auslagen) sowie die jeweils in beiden Verfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerinnen zu 1) bis zu 4) hat die Antragstellerin zu tragen. Eine Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen findet nicht statt.

Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragsgegnerinnen zu 1) bis zu 4) war auch im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer bleiben auf 3.955,77 € festgesetzt.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf eine Gebührenstufe bis zu 125.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ist erledigt, nachdem die Antragstellerin mit Fax-Schriftsatz vom 09.07.2014 ihren - das Verfahren einleitenden - Nachprüfungsantrag vom 11.12.2013 zurückgenommen hat. Die Rücknahme des Nachprüfungsantrags ist wirksam, insbesondere bedarf es hierfür keiner förmlichen Einwilligung der Antragsgegnerinnen bzw. der Beigeladenen (vgl. OLG Naumburg, Beschluss v. 17.08.2007, 1 Verg 5/07, VergabeR 2008, 150; Thiele in: Kulartz/ Kus/ Portz, GWB, 3. Aufl. 2014, § 114 Rn. 55 m.w.N.). Damit ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entbehrlich.

2

II. Über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer (Gebühren und Auslagen i.S. von § 128 Abs. 1 GWB) sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Diese wird - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nicht entbehrlich im Hinblick auf eine etwaige außergerichtliche Einigung der Verfahrensbeteiligten.

3

1. Nach § 128 Abs. 3 S. 5 GWB ist bei Rücknahme des Nachprüfungsantrags über die Verteilung der Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer eine Entscheidung nach billigem Ermessen zu treffen. Gleiches gilt nach §§ 120 Abs. 2, 78 GWB für die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4

2. Es entspricht nach Auffassung des Senats billigem Ermessen, der Antragstellerin die gesamten Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen. Durch die Rücknahme ihres Nachprüfungsantrags hat die Antragstellerin eine Situation herbeigeführt, die dem Zustand entspricht, der eingetreten wäre, wenn es von Anfang an keinen Nachprüfungsantrag gegeben hätte. Da sie hierfür keine Gründe angegeben hat, hat sie die durch die Verfahrenseinleitung verursachten Kosten einschließlich der Kosten des hieraus resultierenden Beschwerdeverfahrens allein zu tragen. Für die Entscheidung des Senats, wer gegenüber der Landeskasse als Kostenschuldner anzusehen ist, ist es nicht von Bedeutung, ob die Beteiligten u.U. intern eine abweichende Kostenverteilungsvereinbarung getroffen haben.

5

3. Die Vergabekammer hat die für ihr Verfahren angefallenen Gebühren zutreffend mit einem Betrag von 3.676,07 € ermittelt und Auslagen in Höhe von 279,70 € belegt. Da der Beschluss vom 09.04.2014 gegenstandslos geworden ist, ist die Festsetzung dieser Kosten erneut auszusprechen.

6

4. Eine Ermäßigung der Gebühren nach § 128 Abs. 3 S. 4 GWB kommt nicht in Betracht, weil die Vergabekammer in der Sache bereits mündlich verhandelt hat.

7

III. Hinsichtlich einer Entscheidung über die Erstattung der Aufwendungen der Antragsgegnerinnen zu 1) bis zu 4) vermag der Senat ohne weitere Anhörung der Antragsgegnerinnen nicht zu entscheiden, ob eine solche Entscheidung entbehrlich ist. Da die Entscheidung von Amts wegen zu ergehen hat und eines Antrags nicht bedarf, hat der Senat vorsorglich einen entsprechenden Ausspruch vorgenommen. Die Entscheidung beruht auf § 128 Abs. 4 S. 3 GWB und auf §§ 120 Abs. 2, 78 GWB. Für die Auferlegung der Aufwendungen der Beigeladenen auf die Antragstellerin sieht der Senat keinen Anlass (§ 128 Abs. 4 S. 2 GWB und §§ 120 Abs. 2, 78 GWB), da die Beigeladene weder im Verfahren vor der Vergabekammer einen Antrag gestellt noch im Beschwerdeverfahren einen eigenen Antrag angekündigt hat.

8

IV. Die Festsetzung des Gegenstandswertes des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Der Senat legt dabei die geprüfte Angebotssumme des Angebots der Antragstellerin zugrunde.


(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 44/03
vom
9. Februar 2004
in dem Nachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
VgV § 13 Satz 2, 3 u. 4 i.d.F. v. 9. Januar 2001; GWB § 97 Abs. 6;

a) Die Bestimmung, daß ein Vertrag, der vor Ablauf einer Frist von
14 Kalendertagen seit der schriftlichen Abgabe der Information über die vorgesehene
Nichtberücksichtigung abgeschlossen worden ist, nichtig ist, ist
durch die Ermächtigung in § 97 Abs. 6 GWB gedeckt.

b) Die Frist von 14 Kalendertagen beginnt mit der Absendung der schriftlichen
Information an die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen.
BGH, Beschl. v. 9. Februar 2004 - X ZB 44/03 - OLG Brandenburg
Vergabekammer des Landes
Brandenburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen,
die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der Vergabekammer des Landes Brandenburg beim Ministerium für Wirtschaft vom 30. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten, die der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstanden sind.

Gründe:


I. Im Rahmen der Ausschreibung für einen Neubau der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus schrieb der Antragsgegner durch das Landesbauamt Cottbus im September 2002 das "Erstellen einer HochdruckWassernebellöschanlage" nach den Vorschriften der VOB/A europaweit im offenen Verfahren aus. Der Auftrag sollte eine Hochdruckpumpeneinheit, Förderdruck 120 bar, Fördermenge ca. 1.080 l/min, eine Schaltschrankanlage, ein
Löschmittelsteuermodul, ca. 4.300 m Edelstahlrohrleitungen, ca. 2.700 Löschdüsen und ca. 22 Hochdruck-Wandhydrantenschränke umfassen. Da die Baugenehmigung auf der Grundlage eines Systems "F. " erteilt war, sollten laut den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen die Geräte von dem Hersteller dieses Systems stammen. Im Oktober 2002 unterrichtete der Antragsgegner die interessierten Unternehmen jedoch, durch einen Übertragungsfehler fehle in den Positionen des Leistungsverzeichnisses der Vermerk "oder gleichwertig".
Bei Angebotseröffnung am 5. November 2002 gab es insgesamt vier Angebote. Nach rechnerischer Prüfung lag der Angebotspreis der Beigeladenen vor dem des Angebots der Antragstellerin, für das laut Anschreiben bezüglich bestimmter Leistungen eine Stoffpreisgleitklausel gelten sollte. Das Angebot der Beigeladenen, die damals selbst nur vier Mitarbeiter hatte, aber Mitglied einer M. G. mit - wie sie behauptet hat - 314 Mitarbeitern im Jahre 2002 ist, beinhaltete nicht die Lieferung eines Systems "F. ", sondern die Lieferung von in der eigenen Gruppe entwickelten Geräten.
Der Antragsgegner führte mit der Beigeladenen ein Bietergespräch, in dem bzw. auf Grund dessen die Beigeladene u.a. Produktinformationen über die Beschaffenheit des von ihr angebotenen Systems vorlegte. Der Antragsgegner teilte sodann der Antragstellerin mit, ihr Angebot sei nicht das wirtschaftlichste , den Zuschlag solle die Beigeladene erhalten.
Das nahm die Antragstellerin zum Anlaß für einen ersten Nachprüfungsantrag , mit dem sie geltend machte, weder sei die Beigeladene geeignet noch sei ihr Angebot gleichwertig. Mit Beschluß vom 17. Februar 2003 untersagte die Vergabekammer des Landes Brandenburg beim Ministerium für Wirtschaft dem
Antragsgegner, den Zuschlag auf der Grundlage seiner bisherigen Wertung an die Beigeladene zu erteilen. Dem Antragsgegner wurde ferner aufgegeben, die Wertung der Angebote gemäß §§ 23, 25 VOB/A unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. Die Vergabekammer war der Meinung, die Beigeladene habe nicht deshalb ausgeschlossen werden müssen, weil ihr eine geforderte Zertifizierung fehle; auch sonst sei die Beigeladene geeignet. Die Antragstellerin sei jedoch in ihren Rechten verletzt, weil der Antragsgegner seine Dokumentationspflicht mißachtet habe, die Leistungsbeschreibung nicht so eindeutig gewesen sei, daß alle Bieter sie im gleichen Sinne hätten verstehen müssen, die Beigeladene mit dem Auftraggeber im Aufklärungsgespräch unzulässig über den Austausch von Produkten verhandelt habe und die Wertung, soweit sie überhaupt durchgeführt worden sei, insbesondere hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Angebote fehlerhaft gewesen sei. Die Vergabekammer wies ferner darauf hin, daß zu prüfen sei, ob ein Ausschluß der Antragstellerin in Betracht komme, weil die von dieser verwendete Stoffpreisgleitklausel in den besonderen Vertragsbedingungen nicht vorgesehen war.
Die Antragstellerin teilte daraufhin dem Antragsgegner mit, die Stoffpreisgleitklausel sei nur versehentlich in ihr Angebotsschreiben aufgenommen worden; alle angebotenen Einheitspreise seien als Festpreise anzusehen. Der Antragsgegner schaltete den TÜV Rheinland-Berlin-Brandenburg ein, der unter dem 10. April 2003 eine Stellungnahme abgab, wonach das Löschsystem "F. " und das Löschsystem der M. G. gleichwertig seien. In seinem Vergabevermerk vom 12. Mai 2003 kam der Antragsgegner wiederum zu dem Ergebnis, die Beigeladene habe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Er benachrichtigte deshalb die anderen Bieter, er beabsichtige, den Zuschlag am 28. Mai 2003 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, auf das eigene
Angebot könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil ein niedrigeres Hauptangebot vorliege. Der Antragstellerin ging dieses Schreiben am 14. Mai 2003 zu.
Die Antragstellerin hat erneut einen Nachprüfungsantrag gestellt. Die Beigeladene habe nicht ausschreibungskonform angeboten. Das Angebot der Beigeladenen sei nicht gleichwertig. Die Beigeladene sei zur Erbringung der Leistung nicht geeignet, vor allem weil sie nicht selbst die Leistungen erbringen wolle, sondern sich auf die Kompetenz ihrer finnischen Muttergesellschaft berufe.
Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und hat ferner geltend gemacht , der Beigeladenen innerhalb der einverständlich verlängerten Zuschlagsfrist bereits am 28. Mai 2003 den Auftrag erteilt zu haben.
Den erneuten Nachprüfungsantrag hat die Vergabekammer zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt,
den Beschluß der Vergabekammer aufzuheben und ihr den Zuschlag zu erteilen,
hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Angebot nach Rechtsauffassung des Gerichts neu zu werten.
Diesem Begehren sind der Antragsgegner und die Beigeladene entgegengetreten , wobei letztere u.a. beantragt hat,
der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen aufzuerlegen so- wie festzustellen, daß die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Beigeladene zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.
II. Das angerufene Oberlandesgericht hält die sofortige Beschwerde für zulässig, in der Sache aber wegen Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags für unbegründet.
1. Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil er am 28. Mai 2003 erst um 12.57 Uhr dem Antragsgegner zugestellt worden sei, der Antragsgegner aber bereits um 10.18 Uhr der Beigeladenen den Auftrag erteilt gehabt habe. Diese Auftragserteilung sei auch wirksam. Im Streitfall wäre zwar noch § 13 VgV in der Fassung vom 9. Januar 2001 (im Folgenden: a.F.) anzuwenden. Da es in der durch die Rechtsprechung des Kammergerichts geprägten Auslegung auf den Zugang der Information des öffentlichen Auftraggebers beim nicht berücksichtigten Bieter ankomme, hätte deshalb der Beigeladenen der Auftrag nicht schon am 28. Mai 2003 erteilt werden dürfen. Der die Nichtigkeit des Vertragsschlusses an diesem Tag anordnende § 13 Satz 4 VgV a.F. habe nach der allein in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage in § 97 Abs. 6 GWB jedoch nicht zur Disposition des Verordnungsgebers gestanden. Aus § 114 Abs. 2 GWB ergebe sich, daß der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, daß abgeschlossene Verträge, die vergaberechtlich als Zuschlag zu qualifizieren seien, erfüllt werden müßten. Die Ausnahmen hiervon habe er selbst in § 115 Abs. 2 GWB und § 118 Abs. 3 GWB festgelegt. Der Verordnungsgeber habe deshalb eine weitere Ausnahme von dem das Vergaberecht beherrschenden Grundsatz der Wirksamkeit erteilter Aufträge nicht treffen dürfen.

2. Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, daß die seiner Meinung nach deshalb auszusprechende Zurückweisung der sofortigen Beschwerde in Widerspruch zu Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden (VergabeR 2002, 142), des Oberlandesgerichts Düsseldorf (VergabeR 2003, 435) und des Kammergerichts (VergabeR 2002, 235) stehe, weil dabei die Auffassung zugrunde gelegt worden sei, § 13 Satz 4 VgV a. F. bzw. § 13 Satz 6 VgV sei geltendes Recht und könne die Nichtigkeit eines bereits abgeschlossenen Vertrags begründen. Das angerufene Oberlandesgericht hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
III. Die Vorlage ist zulässig.
Wie es § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB voraussetzt (BGHZ 154, 32) will das vorlegende Oberlandesgericht zur tragenden Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz anwenden, der mit einem tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt , den ein anderes Oberlandesgericht in einer bereits ergangenen Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Das vorlegende Oberlandesgericht hat die für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags nach §§ 107, 108 GWB bestehenden Voraussetzungen geprüft und ihr Vorliegen im Streitfall festgestellt. Es hält die Zulässigkeit gleichwohl für nicht gegeben, weil es bereits zu einem wirksamen Vertragsschluß mit der Beigeladenen gekommen sei. Von dieser Wirksamkeit glaubt das vorlegende Oberlandesgericht ausgehen zu können, obwohl es die in § 13 VgV a.F. verordnete Informationsfrist nicht als gewahrt ansieht. Denn das vorlegende Oberlandesgericht will seiner Entscheidung den Rechtssatz zugrunde legen, daß die in § 13 Satz 4 VgV a.F. verordnete Nichtigkeit eines Vertrags, der vor
Ablauf der in § 13 Satz 2 VgV a.F. bestimmten Frist geschlossen worden ist, von der Ermächtigung nach § 96 Abs. 6 GWB nicht gedeckt sei. Das steht aber in Widerspruch zu den vom vorlegenden Oberlandesgericht erwähnten Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte, weil diese hierbei § 13 Satz 4 VgV a.F. als wirksam angesehen und angewendet haben.
IV. Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Den in mündlicher Verhandlung vor dem Oberlandesgericht gestellten Anträgen der Antragstellerin kann nicht entsprochen werden.
1. Geht man mit dem vorlegenden Oberlandesgericht davon aus, daß die Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 107, 108 GWB gegeben sind, kann allerdings nicht festgestellt werden, daß der neuerliche Nachprüfungsantrag der Antragstellerin von Anfang an unzulässig war. Zwar kann eine Vergabekammer in zulässiger Weise nicht mehr angerufen werden, sobald der zu vergebende Auftrag wirksam erteilt ist, weil damit ein zuvor eingeleitetes und durchgeführtes Vergabeverfahren beendet ist und Gegenstand des durch §§ 107 ff. GWB eröffneten Nachprüfungsverfahrens nur ein noch nicht abgeschlossenes Vergabeverfahren sein kann (BT-Drucks. 13/9340 S. 17; BGHZ 146, 202). Das im Streitfall durchgeführte Vergabeverfahren war zum Zeitpunkt des Zugangs des neuerlichen Nachprüfungsantrags der Antragstellerin bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg jedoch noch nicht durch Erteilung des ausgeschriebenen Auftrags an einen Bieter beendet.
Im Vergabeverfahren erfolgt der Zuschlag nach entsprechender interner Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers üblicherweise, indem dessen Annahmeerklärung dem Bieter, dessen Haupt- oder Nebenangebot ausgewählt worden ist, innerhalb der Zuschlags- und Bindefrist zugeht. Dies
war im Streitfall am 28. Mai 2003 um 10.18 Uhr der Fall, weil ausweislich des zu den Akten gereichten Sendeprotokolls, gegen dessen Richtigkeit Einwände nicht erhoben sind, zu diesem Zeitpunkt die Beigeladene das die Auftragsvergabe beinhaltende Telefax des Antragsgegners erhalten hat. Der neuerliche Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war bei der Vergabekammer jedoch bereits vor diesem Zeitpunkt eingegangen. Entsprechende auf der Antragsschrift vom 28. Mai 2003 angebrachte Sendevermerke, gegen deren Richtigkeit ebenfalls Einwände nicht erhoben sind, weisen nämlich aus, daß die Vergabekammer dieses Schriftstück als Telefax vor 9.00 Uhr am 28. Mai 2003 erhalten hat.
Auf diesen Eingang des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin bei der Vergabekammer ist abzustellen. Denn bereits damit war das Nachprüfungsverfahren rechtshängig, um das - nicht anders als es für andere zur Fristwahrung schriftlich einzureichende Schriftsätze anerkannt ist (vgl. GmS-OGB BGHZ 144, 160 m.w.N.) - auch per Telefax nachgesucht werden kann. Ein zum Zugang der Antragsschrift hinzutretender, die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens dokumentierender Schritt der Vergabekammer oder gar die von dieser im Regelfall zu bewirkende Zustellung der Antragsschrift (§ 110 Abs. 2 Satz 1 GWB) ist hierfür nicht erforderlich. Denn bereits der Eingang des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer löst nach § 113 Abs. 1 Satz 1 GWB die Frist aus, die der Gesetzgeber zur Beschleunigung des Nachprüfungsverfahrens für notwendig erachtet hat. Das dokumentiert, daß Beginn und Dauer des Nachprüfungsverfahrens sich nicht etwa danach richten sollen, wann die Vergabekammer erstmals tätig geworden ist, etwa indem sie veranlaßt hat, daß dem Antragsgegner die Antragsschrift zugestellt wird. Gemäß § 110 Abs. 2 Satz 1 GWB ist eine solche Zustellung überdies nicht einmal für jeden Nachprüfungsantrag zwingend vorgeschrieben. Angesichts des nach § 110 Abs. 1
GWB geltenden Untersuchungsgrundsatzes ist das Verfahren vor der Vergabekammer zudem weit eher dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren als einem Zivilprozeß vergleichbar. Die Zustellung, durch die dort gemäß § 253 Abs. 1 ZPO die Erhebung der Klage erfolgt, kann deshalb im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren für die Rechtshängigkeit eines Nachprüfungsantrags nicht erforderlich sein. Die Rechtshängigkeit wird vielmehr vergleichbar derjenigen der Klage im Verwaltungsprozeß (§§ 81, 90 VwGO) bereits durch Eingang der Antragsschrift bei der Vergabekammer begründet.
2. Der neuerliche Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war jedoch alsbald nach seiner Einlegung zurückweisungsreif, weil der Antragsgegner bereits um 10.18 Uhr am 28. Mai 2003 mittels Telefax das Angebot der Beigeladenen angenommen hat und es hiermit zum Abschluß des durchgeführten Vergabeverfahrens gekommen ist. Wie entsprechende Sendevermerke der Vergabekammer belegen, lag die Auftragserteilung damit vor der erst um 12.57 Uhr am 28. Mai 2003 ebenfalls per Telefax erfolgten Mitteilung des Nachprüfungsantrags an den Antragsgegner, nach dessen Zustellung der Zuschlag gemäß § 115 Abs. 1 GWB nicht mehr hätte erteilt werden dürfen. Da die Auftragserteilung an die Beigeladene um 10.18 Uhr am 28. Mai 2003, wie noch auszuführen sein wird, wirksam war, bedeutete das gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB, daß der mit der Auftragsvergabe erteilte Zuschlag an die Beigeladene nicht mehr aufgehoben werden konnte. Das wiederum hatte zur Folge, daß seitdem sowohl der mit dem Hauptantrag von der Antragstellerin begehrte Zuschlag an sie selbst als auch die mit dem Hilfsantrag begehrte Feststellung einer Verpflichtung zur Neubewertung der abgegebenen Angebote nicht mehr möglich war, weil das durchgeführte Vergabeverfahren abgeschlossen war. Lediglich ein Antrag der Antragstellerin nach § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB hätte noch Erfolg haben
können. Auf bloße Feststellung, daß eine Rechtsverletzung vorgelegen hat, hat die Antragstellerin jedoch nicht angetragen.
V. Die Wirksamkeit des Vertragsschlusses mit der Beigeladenen um 10.18 Uhr am 28. Mai 2003 und die dadurch eingetretene Beendigung des durchgeführten Vergabeverfahrens ergeben sich allerdings nicht aus dem Rechtssatz, den das vorlegende Oberlandesgericht im Gegensatz zu anderen Oberlandesgerichten zugrundelegen möchte.
1. Dem vorlegenden Oberlandesgericht ist freilich insoweit beizutreten, als es im Streitfall noch § 13 VgV a.F. für anwendbar gehalten hat. Das folgt aus § 23 VgV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I 169), der im Mai 2003 bereits in Kraft getreten war (§ 24 VgV). Denn danach werden beim Inkrafttreten der neuen Fassung der Vergabeverordnung bereits begonnene Vergabeverfahren nach dem Recht beendet, das zum Zeitpunkt des Beginns des Verfahrens galt.
2. Entgegen der Meinung des vorlegenden Oberlandesgerichts durfte die Bundesregierung aber aufgrund von § 97 Abs. 6 GWB mit Zustimmung des Bundesrats verordnen, daß ein Vertrag nichtig ist, der nach einer Information derjenigen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, vor Ablauf der in § 13 Satz 2 VgV a.F. bestimmten Frist zur Beendigung eines Vergabeverfahrens abgeschlossen worden ist, das - wie im Streitfall - nach Maßgabe auf Grund von § 97 Abs. 6 GWB verordneter Regeln durchgeführt worden ist.

a) § 97 Abs. 6 GWB erlaubt, nähere Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren zu treffen. Dadurch sind der Inhalt und der Zweck der durch diese Vorschrift erteilten Ermächtigung bestimmt, wie es
Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt. Aber auch die Gestaltung des - wie es in § 97 Abs. 6 GWB formuliert ist - "Näheren" ist nicht etwa in vollem Umfang dem Verordnungsgeber überlassen, was die Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsnorm zur Folge hätte (BVerfGE 20, 257). Auch das Ausmaß der Ermächtigung ist vielmehr festgelegt. Die dem Verordnungsgeber gesetzten Grenzen müssen nicht in der Ermächtigungsnorm selbst vollständig niedergelegt sein. Es reicht aus, wenn der Sinnzusammenhang der Ermächtigungsnorm mit anderen Vorschriften des Gesetzes und das insgesamt vom Gesetzgeber mit diesem verfolgte Ziel den notwendigen Rahmen ergeben (BGH, Urt. v. 30. September 1976 - III ZR 134/74, MDR 1977, 474 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Zum einen knüpft § 97 Abs. 6 GWB ersichtlich an die allgemeinen Grundsätze eines Vergabeverfahrens an, die der Gesetzgeber in § 97 Abs. 1 bis 5 GWB festgelegt hat. Die Bundesregierung soll hiernach die Regeln verordnen dürfen, bei deren Beachtung sich ein Vergabeverfahren ergibt, das diesen gesetzgeberischen Anforderungen genügt und gerecht wird (geregeltes Vergabeverfahren). Da ausweislich § 97 Abs. 7 GWB nach Maßgabe dieser Anforderungen subjektive Rechte der betroffenen Unternehmen bestehen sollen und die §§ 107 ff. GWB als gesetzgeberischen Willen insoweit ferner zum Ausdruck bringen, daß deren Wahrnehmung effektiv im Wege primären Rechtsschutzes in einem besonderen Verfahren gewährleistet sein soll, liegt zum anderen im Rahmen der Ermächtigung aber auch die Vorsorge, die insoweit bereits durch Bestimmungen zur Dauer des geregelten Vergabeverfahrens möglich ist. Das kommt auch in § 97 Abs. 6 GWB selbst zum Ausdruck. Die Dauer ist jedenfalls eine "sonstige Frage" des geregelten Vergabeverfahrens. Aber auch der Abschluß des Vertrags ist ausdrücklich als Gegenstand der Bestimmungen genannt, zu denen § 97 Abs. 6 GWB ermächtigt. Diese Ermächtigung schließt damit ein, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen durch Abschluß des Vertrags mit einem Bieter das geregelte Vergabeverfahren endet.


b) Das kann entgegen Stimmen in der Literatur (Antweiler, DB 2001, 1975, 1979; Hailbronner, NZBau 2002, 474, 475; Delius, ZfBR 2002, 341, 342; Kau, NZBau 2003, 310, 311; Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509) nicht damit geleugnet werden, es sei durch § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB von Gesetzes wegen vorgegeben, daß der Vertrag unabhängig von der Beachtung der Regeln zustande komme, die während eines Vergabeverfahrens einzuhalten sind. Was den Abschluß des geregelten Vergabeverfahrens betrifft, wird bei dieser Argumentation der Regelungsgehalt von § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB verkannt. Die Vorschrift dient der Abgrenzung der Kompetenz der zur Gewährung des Primärrechtsschutzes berufenen Vergabekammern und der ihnen im Instanzenzug nachgeordneten Gerichte einerseits und der für die Entscheidungen über Schadensersatzklagen zuständigen Zivilgerichte andererseits (vgl. BGHZ 146, 202, 206 ff.). Das weist dem in der Vorschrift genannten Zuschlag besondere Bedeutung zu. Der Senat hat sich deshalb auch nicht an der Auslegung gehindert gesehen, daß § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB erst eingreift, wenn neben der im Zuschlag liegenden Willenserklärung des öffentlichen Auftraggebers und der für einen Vertragsschluß nach §§ 145 ff. BGB ferner erforderlichen Willenserklärung des ausgewählten Bieters weitere Umstände gegeben sind. Hiernach endet das geregelte Vergabeverfahren erst dann, wenn der Zuschlag zu einem wirksamen Auftrag an einen Bieter führt. Auch nach § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB wird daher vorausgesetzt, daß es bei der Vergabe einzuhaltende Regeln darüber gibt, ob und gegebenenfalls wann eine zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem ausgewählten Bieter getroffene Übereinkunft diese Wirkung hat.

c) Für Fälle wie den vorliegenden setzt § 13 Satz 4 VgV a.F. die insoweit gegebene Ermächtigung des § 97 Abs. 6 GWB um. Hat der öffentliche Auftrag-
geber - wie im Streitfall - die Bieter, deren Angebote er nicht berücksichtigen will, informiert, darf es nach § 13 Satz 3 VgV a.F. zu einem Vertragsschluß mit dem ausgewählten Bieter erst nach Ablauf einer 14-kalendertägigen Frist kommen. Diese - wie von niemand in Zweifel gezogen wird - das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren betreffende und näher bestimmende Regel wird durch § 13 Satz 4 VgV a.F. lediglich ergänzt. Die Nichtigkeit eines dennoch abgeschlossenen Vertrags gewährleistet das nach § 13 Satz 3 VgV a.F. zu beachtende Verbot. Bezogen auf das geregelte Vergabeverfahren bedeutet dies, daß die Annahme eines Angebots eines Bieters durch den öffentlichen Auftraggeber oder eine auf andere Weise bewirkte Übereinkunft nicht zu dessen Abschluß führen kann, wenn der Bieter vor Ablauf der verordneten Frist nach Erteilung der Information beauftragt wird.

d) Das liegt auch innerhalb des durch das Gesetz selbst vorgegebenen Rahmens. Damit ein sich in seinen Rechten verletzt fühlendes Unternehmen den ihm zustehenden Anspruch darauf, daß der öffentliche Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält, auch wahrnehmen kann, muß dafür Sorge getroffen sein, daß ein Bieter auch die Zuschlagsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers mit Aussicht auf Erfolg zur Nachprüfung der Vergabekammer stellen kann. Wie der Senat in seiner bereits erwähnten in BGHZ 146, 22 ff. abgedruckten Entscheidung ausgeführt hat, kann dies im Rahmen des geregelten Vergabeverfahrens durch eine vom öffentlichen Auftraggeber zu gebende Information geschehen, deren Einhaltung dadurch gesichert ist, daß der Auftrag ansonsten nicht wirksam erteilt werden kann. Die im Streitfall interessierende Anknüpfung der Wirksamkeit an die Einhaltung einer bestimmten, mit der Erteilung einer Information beginnenden Frist ist nicht anders zu beurteilen.

e) Dies bedeutet zugleich, daß auch aus einer über die verfahrensmäßi- ge Bedeutung hinausgehenden materiell-rechtlichen Wirkung von § 13 Satz 4 VgV a.F. nichts gegen den Erlaß dieser Vorschrift im Verordnungswege hergeleitet werden kann. Eine solche Wirkung ändert nämlich nichts daran, daß § 13 Satz 4 VgV a.F. ein Mittel im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe ist, um im Hinblick auf die Nachprüfbarkeit des Verhaltens des öffentlichen Auftraggebers einen bestimmten Verfahrensablauf beim Abschluß des geregelten Vergabeverfahrens zu sichern, und daß deshalb auch diese Vorschrift das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren bestimmt, wie es in § 97 Abs. 6 GWB vorausgesetzt ist. Der gegenteiligen Ansicht (Antweiler, DB 2001, 1975, 1979; Delius, ZfBR 2002, 341; Kau, NZBau 2003, 310, 311; Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509, 511 m.w.N.; Byok/Jansen, BB 2003, 2301, 2303, 2305), § 97 Abs. 6 GWB erlaube lediglich Bestimmungen, die sich ausschließlich auf das geregelte Vergabeverfahren auswirkten, kann aus den bereits erörterten Gründen nicht beigetreten werden.

f) Entgegen der Meinung des vorlegenden Oberlandesgerichts (ähnlich Antweiler, DB 2001, 1975, 1979; Dietlein/Spießhofer, VergabeR 2003, 509, 511) verbietet sich die Feststellung, daß die Unwirksamkeit eines Vertrags, der nach einer Information der zu benachrichtigenden Bieter, aber vor Ablauf der verordneten Frist abgeschlossen worden ist, durch die Ermächtigung in § 97 Abs. 6 GWB gedeckt ist, auch nicht deshalb, weil der Gesetzgeber selbst in § 115 Abs. 1 und in § 118 Abs. 3 GWB Fälle geregelt hat, in denen eine Auftragserteilung zu unterbleiben hat. Denn diese Verbote greifen, wenn es zu einem Nachprüfungsverfahren kommt. Nur unter dieser Voraussetzung betreffen sie auch das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren. Mangels anderer Anhaltspunkte kann ihnen deshalb nicht entnommen werden, andere den Vertragsabschluß untersagende Bestimmungen müßten wie diese durch Gesetz
angeordnet werden oder seien im Rahmen des geltenden Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gar nicht möglich. Dies gilt um so mehr, als es nur konsequent ist, daß der Gesetzgeber selbst gerade die in §§ 115 Abs. 1, 118 Abs. 3 GWB enthaltenen Bestimmungen getroffen hat. Durch sie soll eine Durchführung eines bereits eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens gesichert werden, die eine Entscheidung in der Sache gestattet. Da die §§ 107 ff. GWB zum Ausdruck bringen, daß der Gesetzgeber neben der Eröffnung des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens auch nähere Einzelheiten des hiermit geschaffenen Rechtsschutzverfahrens selbst bestimmen wollte, gehören auch §§ 115 Abs. 1, 118 Abs. 3 GWB zu dem Regelwerk, das sich der Gesetzgeber vorbehalten hat. Für die unabhängig von der Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens geltende Regelung in § 13 Satz 4 VgV a.F. trifft dies hingegen nicht zu.

g) Ebensowenig wie aus §§ 115 Abs. 1, 118 Abs. 3 GWB kann aus § 134 BGB etwas gegen die Gültigkeit der durch § 13 Satz 4 VgV a.F. verordneten Nichtigkeit des Vertrags im Falle des Abschlusses vor Ablauf der mit der erteilten Information beginnenden Frist hergeleitet werden (entgegen Byok/Jansen, BB 2003, 2301, 2303). Beinhaltet die Regelung eines Verbots die Folge seiner Verletzung selbst, kommt § 134 BGB nicht zum Zug. Sein Regelungsgehalt geht auch nicht etwa dahin, nur ein durch formelles Gesetz angeordnetes Verbot könne im Falle des Verstoßes zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen. Im übrigen erläutert § 2 EGBGB den Begriff des Gesetzes im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs dahin, daß ihm jede Rechtsnorm unterfällt.

h) Die im Streitfall interessierende Regelung in § 13 Satz 4 VgV a.F. ist schließlich auch nicht wegen des sich aus Art. 20 Abs. 3 GG (BVerfGE 40, 237, 248) ergebenden Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes verfassungswidrig
(entgegen Byok/Jansen, BB 2003, 2301, 2303 f.). Nach diesem Grundsatz be- darf staatliches Handeln einer Rechtsgrundlage unmittelbar im förmlichen Gesetz , wenn die Regelung nach den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes weitreichende Auswirkungen auf die Bürger haben, insbesondere die vom Grundgesetz anerkannten und verbürgten Grundrechte in einschneidender Weise betreffen kann (BVerfGE 49, 89, 126 f.). Solche Auswirkungen sind jedoch durch die verordnete Nichtigkeit eines Vertrags im Falle seines Abschlusses vor der mit der erteilten Information beginnenden Frist nicht zu befürchten. Hierdurch werden bestehende Rechte des ausgewählten Bieters nicht beeinträchtigt , weil die Regelung in § 13 Satz 4 VgV a.F. nicht den Fortbestand einmal abgeschlossener zivilrechtlicher Verträge hindert. Auch das Entstehen von vertraglichen Rechten (und Leistungspflichten) wird nicht verhindert; es wird lediglich von der Beachtung einer bestimmten Vorgehensweise im Rahmen des geregelten Vergabeverfahrens abhängig gemacht. Nach Ablauf der verordneten Frist kann der Auftrag wirksam erteilt werden, wenn dem nicht andere Hinderungsgründe entgegenstehen, wie sie sich etwa aus §§ 134, 138 BGB ergeben können. Sofern im Einzelfall zusätzlich eine bestehende Binde- und Zuschlagsfrist zu beachten ist, beruht dies auf der Vertragsfreiheit der Beteiligten und kann nicht als nicht mehr hinnehmbare Folge der Regelung in § 13 Satz 4 VgV a.F. angesehen werden (entgegen Kau, NZBau 2003, 310, 312).
3. Der zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen um 10.18 Uhr am 28. Mai 2003 geschlossene Vertrag ist jedoch wirksam zustande gekommen, weil die nach § 13 Satz 3 VgV a.F. hierbei zu beachtende Frist gewahrt war.

a) Entgegen der Meinung des Kammergerichts (ZfBR 2002, 511, 513) und des Thüringischen Oberlandesgerichts (VergabeR 2002, 631, 633), die
auch das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung zugrundelegen möchte, beginnt die Frist, vor deren Ablauf nach § 13 Satz 4 VgV a.F. der Vertrag nicht wirksam geschlossen werden kann, nicht erst, sobald allen Bietern, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, die schriftliche Information zugegangen ist, sondern bereits, sobald die Absendung an diese Bieter abgeschlossen ist. Dies folgt aus dem Wortlaut von § 13 Satz 2 VgV a.F.. Er erwähnt den Zugang der schriftlichen Information bei den betroffenen Bietern nicht. § 13 Satz 2 VgV a.F. stellt nicht einmal auf die Bieter ab. Nach dieser Vorschrift ist vielmehr entscheidend, daß "der öffentliche Auftraggeber" die Information "abgibt". Das kann zwanglos dahin verstanden werden, daß es für den Beginn der zu beachtenden Frist nur darauf ankommt, wann der öffentliche Auftraggeber sich der schriftlichen Mitteilungen an die betroffenen Bieter entäußert, wann er diese Schriftstücke also aus seinem Herrschaftsbereich so herausgegeben hat, daß sie bei bestimmungsgemäßem weiteren Verlauf der Dinge die Bieter erreichen , deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen. Dieses nach dem Wortlaut der Bestimmung nahegelegte Verständnis, nach dem mithin die ordnungsgemäße Absendung an alle zu benachrichtigenden Bieter für den Beginn der zu beachtenden Frist maßgeblich ist, ist der Auslegung zugrunde zu legen, weil allein dies auch der Intention des Verordnungsgebers entspricht. In der Begründung vom 2. August 2000 anläßlich der Vorlage des Entwurfs der Vergabeverordnung durch die Bundesregierung heißt es ausdrücklich, daß es für den Beginn der Frist nicht auf den Zugang der Information beim Bieter, sondern auf den Tag der Absendung der Information durch den öffentlichen Auftraggeber ankommt (BR-Drucks. 455/00, S. 18 f.).

b) Der durch den Wortlaut der Vorschrift vorgegebenen, im Rahmen der Intention des Verordnungsgebers liegenden Auslegung steht der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Bieter nicht entgegen (anders Erdl, VergabeR 2002,
241, 242; wohl auch Berrisch/Nehl, DB 2001, 184, 186), der nach der durch § 97 Abs. 2 GWB getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers das Vergabeverfahren bestimmen soll und deshalb auch bei der Auslegung der Verordnung heranzuziehen ist, mit der die näheren Bestimmungen über das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren getroffen sind. Aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter eines geregelten Vergabeverfahrens kann nicht hergeleitet werden, daß jedem Bieter nach Erhalt der Information gleichermaßen 14 Werktage verbleiben müssen, bis es zum Abschluß des Vergabeverfahrens kommt und deshalb ein Nachprüfungsverfahren in zulässiger Weise nicht mehr eingeleitet werden kann. Ein solcher Zwang ist dem deutschen Vergaberecht fremd, wie sich aus § 107 Abs. 3 GWB ergibt. Danach ist jedes sich durch Verhalten des öffentlichen Auftraggebers verletzt fühlende Unternehmen gehalten, unverzüglich vorzugehen, sobald es den behaupteten Verstoß gegen das bei der Vergabe einzuhaltende Verfahren erkennt. Der Zugang zum Nachprüfungsverfahren richtet sich also nach individuellen Gegebenheiten. Da § 13 VgV a.F. diesen Zugang sichern soll, heißt das für die Festlegung einer allgemein zu beachtenden Frist, daß sie lediglich so beschaffen sein muß, daß jedes betroffene Unternehmen so rechtzeitig von einem etwaigen Vergabeverstoß erfahren kann, wie es nötig ist, damit es bei unverzüglicher Vorgehensweise vor Ablauf der Frist die Vergabekammer in zulässiger Weise anrufen und Primärrechtsschutz in der Sache erlangen kann.
Dieser Anforderung genügt § 13 VgV a.F. in der vorstehend erörterten Auslegung. Das Postwesen in der Europäischen Gemeinschaft ist so organisiert , daß in Deutschland ordnungsgemäß abgesendete schriftliche Benachrichtigungen auch ausländische Empfänger jedenfalls nach wenigen Tagen erreichen (offenbar zweifelnd Berrisch/Nehl, DB 2001, 184, 186). Die 14 Kalendertage ab Absendung betragende Frist läßt deshalb in aller Regel
einem auf unverzügliche Wahrung etwaiger Rechte bedachten Unternehmen ausreichend Zeit, sich mit der laut Information vorgesehenen Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers zu befassen, einen hierin etwa liegenden Vergabeverstoß zu erkennen sowie rechtzeitig vor Ablauf der Frist die Vergabekammer anzurufen und - angesichts der diese treffenden Pflicht zu beschleunigter Bearbeitung (§ 113 Abs. 1 GWB) - eine Zustellung des - nicht offensichtlich unzulässigen oder unbegründeten - Nachprüfungsantrags zu erreichen, so daß die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens gewährleistet ist.

c) Die mit der Absendung der schriftlichen Information beginnende Frist dauerte im Streitfall bis einschließlich 27. Mai 2003. Denn ausweislich des entsprechenden Abvermerks in der Dokumentation des Antragsgegners, gegen dessen Richtigkeit keine Einwände erhoben sind, erfolgte die Absendung der Informationsschreiben an die drei Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollten, bereits am 13. Mai 2003. Der in der Information auch ausdrücklich für den 28. Mai 2003 angekündigte Vertragsschluß mit der Beigeladenen durfte deshalb an diesem Tag erfolgen.
VI. An der daher gebotenen Zurückweisung der Beschwerde ändert nichts, daß die Antragstellerin unter der Voraussetzung, daß der von ihr erhobene Vorwurf, sie sei in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt, zumindest in einem Punkt berechtigt ist, eine entsprechende Feststellung hätte erlangen können, wenn sie statt der tatsächlich gestellten Anträge gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB angetragen hätte. Nachdem sie vom Oberlandesgericht darauf hingewiesen worden war, daß der Vertrag mit der Beigeladenen entgegen der Meinung der Vergabekammer wirksam sein könnte, hat die Antragstellerin selbst im Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 21. Oktober 2003 (Bl. 330) die Möglichkeit angesprochen, ihr Begehren auf einen Feststel-
lungsantrag umzustellen. Da sie die hierzu erforderliche Maßnahme, etwa in Form eines entsprechenden Hilfsantrags, tatsächlich nicht ergriffen hat, geht der Senat davon aus, daß das Interesse, das die Antragstellerin in dem vorliegenden Nachprüfungsverfahren verfolgt, nicht auch die bloße Feststellung einschließt , es sei bei der Vergabe zu einer Rechtsverletzung gekommen.
VII. Da die Antragstellerin mit ihrem Rechtsmittel keinen Erfolg hat, hat sie in entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Die der Beigeladenen zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten sind hiervon nicht ausgenommen. Das vergaberechtliche Beschwerdeverfahren ist anders als das erstinstanzlich vor der Vergabekammer durchzuführende Nachprüfungsverfahren ein streitiges Verfahren vor einem ordentlichen Gericht (BGHZ 146, 202, 216). Das hat zur Folge, daß auch das Unternehmen, das gemäß § 109 GWB von der Vergabekammer beigeladen worden ist und das die damit durch § 119 GWB begründete Stellung als Beteiligte am Beschwerdeverfahren auch nutzt, indem es beim Beschwerdegericht Schriftsätze einreicht, an einer mündlichen Verhandlung vor diesem Zivilgericht teilnimmt oder sich sonstwie in außergerichtliche Kosten verursachender Weise am Beschwerdeverfahren beteiligt, die Grundsätze in Anspruch nehmen kann, die für dieses Prozeßverfahren hinsichtlich der Kostentragung gelten. Auf eine Billigkeitsentscheidung , wie sie § 162 Abs. 3 VwGO bei außergerichtlichen Kosten eines im Verwaltungsprozeß Beigeladenen vorsieht, kommt es deshalb im Streitfall nicht an. Da sich gemäß § 120 Abs. 1 GWB Beteiligte, die nicht juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, vor dem Beschwerdegericht durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, gehören zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren notwendigen Kosten die insoweit aufzuwendenden Ge-
bühren des von der Beigeladenen hinzugezogenen Rechtsanwalts, ohne daß dies eines besonderen Ausspruchs bedürfte.
VIII. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für notwendig erachtet (vgl. BGHZ 146, 202, 217).
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.