Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 09. Feb. 2017 - 1 Ws (RB) 2/17

bei uns veröffentlicht am09.02.2017

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 28. Dezember 2016 - 509 StVK 132/16 - in den Ziff. 1, 3 und 4 aufgehoben. Die Anträge des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 21.03.2016 und 24.05.2016 werden als unbegründet verworfen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 800,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Am 21.03.2016 hat der Antragsteller beantragt, die Fortschreibung des Vollzugsplans zu Ziff. 15 – Versagung von jeglichen Vollzugslockerungen – aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, neu über die Gewährung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Insoweit hat die Strafvollstreckungskammer in Ziff. 1 des angefochtenen Beschlusses vom 28.12.2016 "die Fortschreibung des Vollzugsplans vom 18.02.2016 in der Fassung des neueren Vollzugsplanes vom 04.07.2016 zu Ziff. 15) hinsichtlich der Versagung sämtlicher Vollzugslockerungen aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet …, neu über die Gewährung von Vollzugslockerungen zu entscheiden".

2

Am 06.03. und 16.04.2016 hat der Antragsteller Ausführungen beantragt. Am 18.04.2016 hat er ergänzend die Feststellung beantragt, dass es rechtswidrig gewesen sei, über den Antrag vom 06.03.2016 nicht zu entscheiden. Mit Bescheid vom 11.05.2016 hat die Antragsgegnerin die Anträge abgelehnt, wogegen der Antragsteller am 24.05.2016 gerichtliche Entscheidung beantragt hat. Insoweit hat die Strafvollstreckungskammer in Ziff. 2 des angefochtenen Beschlusses vom 28.12.2016 den Antrag vom 18.04.2016 als unzulässig verworfen sowie in Ziff. 3 auf den Antrag des Antragstellers vom 24.05.2016 den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11.05.2016 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, über die Anträge des Antragstellers vom 06.03.2016 und vom 16.04.2016 neu zu entscheiden.

3

Zur Begründung hat die Strafvollstreckungskammer ausgeführt, die Vollzugsplanfortschreibung bzw. die Versagung der Ausführungen sei ermessensfehlerhaft, weil dort für Ausführungen jeweils ein behandlungsbezogener Anlass oder ein konkreter Behandlungsfortschritt verlangt werde. Dies widerspreche dem Ziel der Resozialisierung, welches "für sich genommen bereits durch die Gewährung von Lockerungen/Ausführungen erstrebt" werde.

4

Mit ihrer Rechtsbeschwerde vom 17.01.2016 wendet sich die Antragsgegnerin gegen Ziff. 1 und 3 des ihr am 10.01.2017 zugestellten landgerichtlichen Beschlusses vom 28.12.2016. Zur Begründung führt sie aus, die Kammer habe sich der rechtlichen Fragestellung entzogen, ob sich die Vollzugsplanfortschreibung vom 18.02.2016 durch die darauf folgende vom 04.07.2016 erledigt habe, den Tenor nicht klar genug dahingehend abgefasst, dass nur die Versagung beaufsichtigter, nicht aber unbeaufsichtigter Lockerungen als ermessensfehlerhaft angesehen werde und außerdem zu Unrecht angenommen, dass bei fehlender Flucht- oder Missbrauchsgefahr Lockerungen im Hinblick auf das Resozialisierungsziel unabhängig vom konkreten Behandlungsstand zu gewähren seien.

5

Von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Vorlage einer Gegenerklärung binnen einer Woche hat der Antragsteller keinen Gebrauch gemacht.

II.

6

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil es geboten ist, die Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§§ 166 Nr. 3 JVollzG LSA, 116 Abs. 1 StVollzG). Sie hat auch in der Sache Erfolg (§§ 166 Nr. 3 JVollzG LSA, 119 Abs. 4 S. 1 und 2 StVollzG).

7

Zwar führt die Fortschreibung eines Vollzugsplans nicht zur Erledigung eines gegen die vorausgegangene Fortschreibung gerichteten Rechtschutzbegehrens, wenn wie im vorliegenden Fall die angegriffenen Regelungen auch in der weiteren Fortschreibung unverändert geblieben sind (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 13.02.2014, 2 Ws 374/13, Rn. 8; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 03.06.2015, 1 Ws 172/14 L, Rn. 4; einschränkend Thüringer OLG, Beschl. v. 17.05.2016, 1 Ws 454/15, Rn. 7 ff; jeweils zitiert nach juris).

8

Die Fortschreibung des Vollzugsplans - Versagung von jeglichen Vollzugslockerungen - sowie die mit Bescheid vom 11.05.2016 vorgenommene Ablehnung der Ausführungen war jedoch nicht ermessensfehlerhaft.

9

Abgesehen davon, dass Strafgefangene, gegen die wie hier ein Ausweisungsverfahren anhängig ist, gem. §§ 46 Abs. 1 S. 3, 45 Abs. 4 Nr. 5 JVollzGB für Lockerungen ungeeignet sind, wenn wie hier besondere Umstände i.S.d. § 45 Abs. 5 JVollzG weder vorgetragen noch ersichtlich sind, vermag der Senat die Auffassung der Kammer, wonach begleitete Ausführungen (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 JVollzGB LSA) nicht von einem behandlungsbezogenen Anlass und vom konkreten Behandlungsfortschritt abhängig gemacht werden dürfen, nicht zu teilen.

10

Da das Endziel der Resozialisierung nicht vom diesbezüglichen konkreten Behandlungsstand abgekoppelt werden kann, hat sich die nach § 115 Abs. 5 StVollzG nur beschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung der Vollzugsbehörde vielmehr auch am Behandlungsstand zu orientieren. Selbst wenn hinsichtlich der konkreten Lockerung (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.03.2009, 1 Ws 292/08, Rn. 18) keine Flucht- oder Missbrauchsgefahr i.S.d. § 45 Abs. 2 JVollzGB LSA vorliegt, ist für deren Anordnung daher nur Raum, wenn der Gefangene hierdurch in der Erreichung des Vollzugsziels tatsächlich gefördert wird (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.07.1987, 1 Vollz (Ws) 128/87, Rn. 5; Beschl. v. 13.03.2007, 1 Ws 183/06, Rn. 16; OLG München, Beschl. v. 21.07.2010, 4 Ws 81/10 (R), Rn. 53; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 11, Rn. 14; Laubenthal / Nestler / Neubacher / Verrel, StVollzG, 12. Aufl., E Rn. 124). Dass dies bei einer Ausführung nicht per se der Fall ist, ergibt sich bereits daraus, dass die Ausführung (überhaupt erst) bei fehlender Flucht- oder Missbrauchsgefahr im Ermessen der Vollzugsbehörde steht (§§ 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 JVollzGB LSA), sodass der Gefangene in diesem Fall lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hat. Die Rechtsauffassung der Kammer läuft demgegenüber darauf hinaus, entgegen dieser gesetzlichen Systematik bei fehlender Missbrauchs- oder Fluchtgefahr einen Anspruch auf Ausführung zu begründen. Vor diesem Hintergrund war es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Vollzugsbehörde darauf abgestellt hat, dass im Falle des Antragstellers, der als von der Haft völlig unbeeindruckter, brutaler, empathieloser und gewalttätiger Gefangener mit deutlichen Defiziten im Bereich der Impuls- und Verhaltenskontrolle beschrieben wird, keine Anhaltspunkte vorhanden sind, die darauf schließen lassen, dass mit einer Ausführung die Motivation zur Behandlung gefördert oder ein Behandlungsfortschritt erzielt werden könnte.

11

Da der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, dass die Kammer die Vollzugsplanfortschreibungen bzw. den Bescheid vom 11.05.2016 nur insoweit als ermessensfehlerhaft betrachtet, als auch die beantragten Ausführungen abgelehnt worden sind (vgl. Bl. 243 f I d.A.), was indes nicht der Fall ist (siehe oben), und weitere Ermessensfehler auch nicht ersichtlich sind, konnte der Senat gem. § 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG in der Sache selbst entscheiden, zumal der Antragsteller hier bereits gem. § 45 Abs. 4 Nr. 5 JVollzGB LSA für Lockerungen ungeeignet ist.

12

Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen folgt aus §§ 166 Nr. 3 JVollzGB LSA, 121 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 StVollzG, 465 Abs. 1, 464 Abs. 2 StPO. Der Gegenstandswert wurde gem. §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG festgesetzt.


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Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 09. Feb. 2017 - 1 Ws (RB) 2/17 zitiert 7 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 115 Gerichtliche Entscheidung


(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die na

Strafvollzugsgesetz - StVollzG | § 119 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. (2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 60 Gerichtliche Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes


Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs ei

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 65 Wertfestsetzung in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes


In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.

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Tenor 1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Stendal vom 5. Juli 2017 (509 StVK 58/17) wird als unzulässig verworfen, weil die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen.

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(1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Der Beschluss stellt den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt zusammen. Wegen der Einzelheiten kann auf in der Gerichtsakte befindliche Dokumente, die nach Herkunft und Datum genau zu bezeichnen sind, verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Das Gericht kann von einer Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1a) Das Gericht kann anordnen, dass eine Anhörung unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit des Gefangenen zeitgleich in Bild und Ton in die Vollzugsanstalt und das Sitzungszimmer übertragen wird. Eine Aufzeichnung findet nicht statt. Die Entscheidung nach Satz 1 ist nicht anfechtbar.

(2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist.

(3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.

(2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.

(3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet.

(4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.

(5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.

In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist der Wert von Amts wegen festzusetzen. § 63 Absatz 3 gilt entsprechend.

Für die Bestimmung des Werts in gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes, ist § 52 Absatz 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; im Verfahren über den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme der Vollzugsbehörde oder auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gilt § 52 Absatz 1 und 2 entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.