Oberlandesgericht München Endurteil, 22. Juni 2015 - 21 U 2420/14

bei uns veröffentlicht am22.06.2015
vorgehend
Landgericht München I, 23 O 7463/11, 30.05.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.05.2014 dahin abgeändert, dass die Klage vollständig abgewiesen wird.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen und die notwendigen Auslagen des Streithelfers Berlitz für beide Instanzen zu tragen.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten oder der Nebenintervenient vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

i.

Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen Falschberatung bei dem Abschluss von Rentenversicherungsverträgen und der Kündigung bestehender Rentenversicherungsverträge.

Die 1980 geborene Klägerin, von Beruf gelernte Kassiererin, war 2005 aufgrund eines Lottogewinns in Höhe von 12,5 Mio. € zu Vermögen gekommen. Sie hatte im Jahr 2005 durch Vermittlung der D. Bank AG bei der A. Versicherungs AG (nachfolgend als A. bezeichnet) drei Rentenversicherungsverträge abgeschlossen, nämlich

a. eine AvB Sofortrente Typ E71(Vers.Nr. .../872, Anl. K 2, Bl. 19/27) mit einem zu zahlenden Einmalbetrag von 1.512.712,76 Euro und einer lebenslangen monatlichen Sofort-Garantierente von 3.852,21 € ab 01.10.2005 und einer Überschussbeteiligung, die von der Lebenserwartung und den Kapitalerträgen abhing. Die Überschussbeteiligung führte zu einer Gesamtrente im ersten Jahr des Rentenbezugs von monatlich 4.823,27 €.

Sie war für die Zeit danach insbesondere von der Lebenserwartung und den Kapitalerträgen abhängig und wurde für die Zukunft nicht garantiert. Beim Tod der Klägerin sollte die am 08.10.2004 geborene Tochter Melissa S. eine Beitragsrückzahlung in Höhe des Einmalbetrags für die Altersvorsorge abzüglich bereits gezahlter Garantierenten erhalten (Anlage K 2, Bl. 21). Das bei Tod der Klägerin als versicherte Person zugunsten von Melissa vereinbarte Bezugsrecht konnte nach den Vertragsbedingungen (Anlage K 2, Bl. 21) von der Klägerin als Versicherungsnehmerin durch schriftliche Erklärung geändert werden, solange der Versicherungsfall - der Tod der Klägerin - noch nicht eingetreten ist.

b. Eine Rentenversicherung gegen Einmalbetrag von 307.000,-- € mit Beginn 01.11.2005 (Rentenversicherung Nr. „.755, Anl. K 2, Bl. 9/18). Versichert war die am 8.10.2004 geborene Tochter der Klägerin Melissa mit einer monatlichen Garantierente ab 01.11.2022 von 1.093,58 € oder einer Einmalzahlung von 438.780,-- € zzgl. einer nicht garantierten Überschussbeteiligung, wobei im Falle des Todes von Melissa in dem Zeitraum 01.11.2022 bis 31.10.2027 die Klägerin den fünffachen Jahresbetrag der garantierten Rente abzüglich bereits gezahlter, ab Rentenbeginn garantierter Rente erhalten sollte.

c. Eine Rentenversicherung gegen Einmalzahlung von 307.000,-- € (Vers.-Nr. .983) (Anlage K 2, Bl. 28-38) zugunsten von Melissa mit Beginn der Rentenzahlung ab 01.01.2029, einer lebenslangen monatlichen Garantierente von 1.296,76 € oder anstelle der Rente einer einmaligen Garantiezahlung von 509.269,-- €, wobei im Falle des Todes von Melissa in dem Zeitraum ab Rentenbeginn bis 31.12.2033 an die Klägerin eine Einmalzahlung in Höhe der fünffachen der jährlichen ab Rentenbeginn garantierten Rente geleistet werden sollte.

Am 17.07.2006 wurde das zweite Kind der Klägerin, Damian, geboren.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten zu 1) mehrere Konten und Depots angelegt und wurde in der Filiale der Beklagten zu 1) in Berlin im Wesentlichen von der dortigen Filialleiterin Sch. betreut, die zu den Gesprächen über etwaige Neuabschlüsse oder Veränderungen oder Ergänzungen der von der Klägerin abgeschlossenen Rentenversicherungsverträge für sich, ihre Kinder und sonstigen Angehörigen Herrn Berlitz von der damaligen C.-bank Partner GmbH (einer Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) mit jeweils 50% Gesellschaftsanteilen), die ausschließlich Produkte der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) vertrieb, als Rentenfachmann hinzugezogen hat.

Auf Empfehlung von Sch. und B. schloss die Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) zunächst zwei fondsgebundene Rentenversicherungen am 15.09.2006 ab. Die Versicherung Nr. .324-8 (Anlage K 3 c, nachfolgend als Vertrag 1 bezeichnet) zugunsten von Melissa sah Beitragszahlungen vom 01.09.2006 bis 01.09.2051 von 27.000,-- € jährlich und Rentenzahlungen ab 01.09.2064 (60. Lebensjahr von Melissa) in Höhe von 3.402,-- € (121,5 x 28,- Euro) - bzw. bei Inananspruchnahme ab 1.9.2066 von 3.632,85 Euro (121,5 x 29,20 Euro) -vor zzgl. einer Überschussbeteiligung. Deren Höhe sollte nach § 2 der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die fondsgebundene Rentenversicherung der Tarifgruppe ER 05 (Anlage K 3 c, Bl. 10) jährlich neu festgelegt werden; Angaben über die Höhe der künftige Überschussbeteiligung wurden nicht gemacht.

Der ebenfalls am 15.09.2006 abgeschlossene Versicherungsvertrag zugunsten von Damian (Vers.Nr. .988-9, Anlage K 3 b, nachfolgend als Vertrag 2 bezeichnet)) sah ebenfalls Beitragszahlungen vom 01.09.2006 bis 01.09.2051 von jährlich 27.000,-- € und Auszahlungen frühestens ab 01.09.2066 (dem 60. Lebensjahr des Berechtigten) in Höhe von 3.511,35 € und bei Inanspruchnahme ab 01.09.2071 in Höhe von 3.766,50 € monatlich jeweils zzgl. der Überschussbeteiligung, deren Höhe erst in Zukunft bestimmt wird, vor.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten zu 1) - wie von ihr in der Klageschrift vom 21.04.2011 (Anlage K 1, Seiten 8 und 9) betreffend eine Klage gegen die hiesige Beklagte zu 1 vor dem Landgericht Berlin vorgetragen - 9 Wertpapierdepots, 6 Wertpapiergeldkonten und 6 Spar- und Girokonten mit einem Anlagevolumen in einer Gesamthöhe von ca. 5 Mio. €.

Die Klägerin hat auf Anraten von Sch. und B. mit Schreiben vom 11.07.2007 (Anlage K 4) die drei bei der A. bestehenden Versicherungsverträge gekündigt und um Überweisung des Rückkaufswerts gebeten. Sie erhielt darauf eine Rückzahlung von 2.044.462,12 €.

Am 11.07.2007 beantragte die Klägerin bei der V. D. Lebensversicherung AG zwei Rentenversicherungen mit sofort beginnender Rentenzahlung nach dem Tarif RE 2 07 mit Einmalbeträgen von jeweils 776.681,36 €, wobei Bezugsberechtigte die Klägerin als Versicherungsnehmerin war und nach dem Tod der Versicherungsnehmerin beim Vertrag Nr. 133.746.471-6 (Anl. K 3a, nachfolgend als Vertrag 3 bezeichnet) Melissa und beim Vertrag 133.751.396-8 (Anl. K 3d, nachfolgend als Vertrag 4 bezeichnet) Damian sein sollte. Die Verträge sahen jeweils einen Beginn der Versicherung ab 01.09.2007, einen Beginn der Rentenzahlung ab 01.10.2007, einen Ablauf der Rentengarantiezeit zum 01.09.2012, eine monatliche Rente von 1.710,90 € zzgl. eines Überschussanteiles vor, der bei Vertragsschluss mit monatlich 789,20 € pro Vertrag ausgewiesen war, der jedoch nicht garantiert war und dessen Höhe jährlich neu festgelegt werden sollte (§ 2 der AVB der Tarifgruppe RE 07, Anl. K 3a, Bl. 7).

Nach dem Vortrag der Klägerin sollten die jährlichen Zahlungen von 2 x 27.000,-- € aus „Depots bestritten werden“, die für die Kinder angelegt worden sind (Bl. 517 d. A.).

Die Klägerin hat vorgetragen, beide Beklagten seien zum Schadensersatz verpflichtet wegen Verletzung von Aufklärungspflichten. Die Beklagte zu 1) sei die Beraterin gewesen. Insbesondere Frau Sch. habe ihr geraten, die Verträge bei der A. zu kündigen und die Verträge mit der Beklagten zu 2) zu schließen, da man mit diesen erheblich mehr „herausholen“ könne und nach Auskunft von Frau Sch. es nicht möglich gewesen wäre, die Verträge bei der A. auf das zweite Kind zu erstrecken. In Wirklichkeit seien aber die Verträge bei der A. passgenau und deutlich vorteilhafter als die neuen Verträge gewesen. Die optimale Absicherung ihrer Kinder sei ihr wichtig gewesen. Sie habe gegenüber Sch. und B. geäußert, dass sie möchte, dass ihr Sohn ebenso wie ihre Tochter abgesichert werde. Die Berater hätten Beratungsfehler begangen, indem sie bei der Beratung nicht darüber aufgeklärt hätten, dass mit der Auflösung der alten Verträge der Verlust der Abschlusskosten einhergehe, der sogenannte Garantiezins zwischenzeitlich von 2,75% auf 2,25% gesunken sei, bei den neuen Sofort-Rentenverträgen Nr. 3 und 4 die Renten nach Ablauf der Garantiezeit verlorengehen würden und dabei auf eine mögliche 25-jährige Rentengarantiezeit nicht hingewiesen worden sei. Sie sei auch nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Beklagte zu 1) Provisionen erhalte, dass durch die Aufspaltung der Verträge vom 02.08.2007 in zwei Verträge höhere Vermittlungsgebühren angefallen seien, durch die Gesamtkonstruktion ein unsinniges Hin und Zurück erzeugt worden sei, die Klägerin nicht über das Fehlen eines Kündigungsrechtes aufgeklärt worden sei und die Klägerin nicht darüber informiert worden sei, dass Herr B. ausschließlich Anlagen der Beklagten zu 2) vermittle.

Die Beklagte zu 1) hat vorgetragen, sie sei nicht passivlegitimiert. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass für die Vermittlung der Verträge mit der Beklagten zu 2) die G. Partner GmbH tätig sei.

Die Beklagten zu 1) und 2) tragen weiter vor, die mit der Beklagten zu 2) abgeschlossenen Verträge seien nicht sittenwidrig. Die Klägerin sei auf die relevanten und kritischen Punkte hingewiesen worden. Es sei ihr vor allem darum gegangen, sich von der D. Bank und der A. zu lösen, sowie um die Absicherung der eigenen laufenden Lebensführung und der Altersvorsorge auch für ihre Kinder sowie um steuerliche Aspekte. Die im September 2006 abgeschlossenen Verträge stünden in keinem Zusammenhang mit der Kündigung der A.-Verträge. Die Beklagten erheben die Verjährungseinrede und wenden Mitverschulden der Klägerin ein, die nach Abschluss der Verträge 30 Tage lang die Möglichkeit gehabt habe, sich die Versicherungsunterlagen anzuschauen und die Verträge zu widerrufen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugen B., Sch. und Scha. die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin Beträge von 1.862.105,06 €, 407.266,11 € und 216.000,-- € nebst Zinsen zu bezahlen Zug um Zug gegen Herausgabe der Versicherungsscheine der Sofortrentenversicherungen Nr. „396-8 und „471-6 sowie „988-9 und .324-8 und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ausgeführt, es sei davon überzeugt, dass die finanzielle Absicherung ihrer Kinder ein vordringliches Vertragsziel der Klägerin gewesen sei und sie dieses auch wiederholt gegenüber Sch. und B. geäußert habe. Dieses Anlageziel sei nicht erreicht worden, da durch die Verträge 1 bis 4 für die Kinder der Klägerin nur eine finanzielle Absicherung bis zu zu einem Alter von 6 bzw. 8 Jahren und dann wieder ab einem Alter von 60 Jahren erreicht worden sei. Der Klägerin stünden Schadensersatzansprüche im geltend gemachten Umfang gegen die Beklagte zu 2) als Versichererin zu, der die Beratungs- und Vermittlungstätigkeit des Nebenintervenienten B. zuzurechnen sei. Denn B. habe die Verpflichtung, die Klägerin entsprechend ihrer geäußerten Schutz- und Vertragsziele zu beraten, dadurch verletzt, dass er die Klägerin nicht ausreichend auf die Nachteile in Bezug auf die finanzielle Absicherung der Kinder wegen der nur kurzen Garantiezeit von 5 Jahren hingewiesen habe.

Gegen die landgerichtliche Verurteilung haben die Beklagten zu 1) und 2) sowie der Nebenintervenient Berlitz Berufung eingelegt.

Die Beklagte zu 1) trägt vor, eine aktive Beratung durch Frau Sch. sei von der Klägerin schon nicht behauptet. Der Schaden sei unzutreffend dargestellt. Im Übrigen sei der Schadensersatzanspruch verjährt. Es lägen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, die Zweifel an der Feststellung des Landgerichts, es sei eines der vordringlichen Vertragsziele der Klägerin gewesen, ihre Kinder finanziell abzusichern, begründen, da diese Feststellung weder durch Zeugenaussagen noch durch Angaben der Klägerin gestützt würden. Die Einvernahme der Zeugin Sch. zu diesem Thema sei unterblieben und die Frage, ob die Klägerin eine besonders hohe Rente möchte oder mehr in die Absicherung der Rente investieren wolle und wie lange die Rentengarantiezeit hätte sein sollen, sei ausführlich besprochen worden und es habe eine klare Entscheidung für eine kurze Garantiezeit gegeben, weil das Thema Absicherung für den Todesfall nicht zur Debatte gestanden habe. Die Klägerin trage auch die Beweislast für die von ihr behauptete Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung. Dieser Beweis werde nicht dadurch geführt, dass der maßgebliche Zeuge eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung gerade nicht behaupte, sondern vielmehr das Gegenteil, nämlich eine umfassende Aufklärung über Vor- und Nachteile. Aus der von der Klägerin unterzeichneten Beratungsdokumentation (Anlage B (1) 8, B (1) 9), die die Klägerin unterzeichnet habe, gehe gerade nicht hervor, dass die Klägerin mittels der Sofortrentenversicherungen ihre Kinder habe absichern wollen. Stattdessen sei es ausweislich der angekreuzten Angaben um die Altersvorsorge der Klägerin in Form einer Rente gegangen. Die von der Klägerin unterzeichneten Rentenversicherungsanträge (Anlage B 15 und B 16) hätten auf Seite 1 unübersehbar ausgewiesen „Rentengarantiezeit: 5 Jahre“. Wenn die Klägerin angesichts der jetzt behaupteten Anlageziele nicht ihrerseits darauf hinweist, dass eine Rentengarantiezeit von 5 Jahren nicht ihrem Vertragsziel entspricht, treffe sie ein überwiegendes Mitverschulden, da sie dann in zurechenbarerweise an der Entstehung des Schadens mitgewirkt habe. Insoweit werde auch Verjährung eingewendet.

Die Beklagte zu 2) trägt vor, das Landgericht habe § 42 c VVG a. F. verkannt. Bei Abschluss der Verträge vom 15.09.2006 hätten die zwei bei der A. zugunsten der Tochter abgeschlossenen Verträge noch bestanden. Entscheidend sei der Wunsch der Klägerin gewesen, von ihrem erheblichen Vermögen Teile steuerbegünstigt auf ihre Kinder zu übertragen, was sich aus der Beweisaufnahme ergeben habe. Die Kündigung der A.-verträge sei erst 9 Monate später erfolgt. Im Übrigen werde hinsichtlich der mit Antrag vom 11.07.2007 beantragten Versicherungen Mitverschulden der Klägerin und Verjährung eingewendet, da aus den Versicherungsanträgen und Versicherungspolicen die Begrenzung der Rentengarantiezeit auf 5 Jahre erkennbar gewesen sei.

Der Nebenintervenient trägt vor, das Landgericht habe die Zeugenaussagen falsch gewürdigt. Aufgabe des Nebenintervenienten im 3. Quartal 2006 sei es gewesen, auf Wunsch der Klägerin für deren Kinder eine Absicherung zu vermitteln, die es erlaube, weitestgehend Schenkungssteuer-Freigrenzen auszunutzen. Es sei der Klägerin in erster Linie darum gegangen, Vermögen auf die Kinder unter Ausnutzung der Steuerfreibeträge zu übertragen. Nur deswegen habe der Nebenintervenient 2006 zwei fondsgebundene Rentenversicherungen (Verträge Nrn. 1 und 2) für die beiden Kinder der Klägerin vermittelt.

Ein Schaden der Klägerin sei durch den Abschluss der zwei Sofortrenten-Verträge im August 2007 nicht eingetreten. Die im August 2007 abgeschlossenen Sofortrenten gegen Einmalzahlung hätten eine monatliche Sofortrente in Höhe von monatlich 5.092,80 € ausgeworfen, während die bei der A. abgeschlossene Rentenversicherung eine garantierte monatliche Sofortrente von lediglich 3.852,21 € und nach dem Vortrag der Klägerin eine Überschussbeteiligung von monatlich 971,06 € aufweise. Beide Versicherungen hätten diese Zahlung lebenslang garantiert. Der einzige unterschied zwischen beiden Versicherungen hätte darin gelegen, dass eine Garantierente im Falle des Versterbens der Versicherungsnehmerin für die Kinder bei der Allianz länger laufen würde als dies bei der Volksfürsorge der Fall gewesen wäre. Soweit das Landgericht lediglich auf die Frage der 5-jährigen Garantiezahlung für die Kinder nach Versterben der Versicherungsnehmerin abstelle, setze dies tatsächlich das Vorversterben der Klägerin voraus, was ersichtlich nicht der Fall sei und deshalb ein Schadensereignis nicht eingetreten sei. Es spreche im vorliegenden Fall auch nichts dafür, dass ein derartiger hypothetischer Schadensverlauf vor einer Amortisation eintrete. Der Klägerin sei es um die Maximierung ihres eingesetzten Kapitals für sich selbst gegangen. Die monatliche Rente der Klägerin bei der A. habe ausweislich der Bestätigung der A. Lebensversicherungs AG vom 06.08.2008 (Anlage BB 1) 4.871,50 € und der Auszahlungsbetrag für die Lebensversicherung .557 für Melissa ausweislich der Bestätigung der A. vom 16.08.2007 (Anlage BB 2) 308.249,01 € betragen.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

unter teilweiser Abänderung des am 30.05.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Gz.: 23 O 7463/11, wird die Klage gegen die Beklagte zu 1) in vollem Umfang abgewiesen.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I - 23 O 7463/11 - vom 30.05.2004 die Klage abzuweisen.

Der Nebenintervenient Berlitz beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I, Az.: 23 O 7463/11, vom 30.05.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt werden

1. an die Klägerin 2.067.826,76 € zu zahlen,

die Beklagte zu 2) allein zusätzlich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB vom 12.11.2009 bis 22.09.2011 und beide Beklagten gesamtschuldnerisch, Zinsen in genannter Höhe aus dem gesamten Betrag seit 23.09.2011 Zug um Zug gegen Herausgabe der Versicherungsscheine der Sofortrentenversicherungen Nr. .396-8 und .471-6,

2. an die Klägerin weitere 779.387,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. an die Klägerin weitere 216.000,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe der Versicherungsscheine der fondsgebundenen Rentenversicherungen Nr. .988-9 und .324-8.

Die Klägerin trägt vor, der Antrag 1 beziehe sich auf den Anspruch der Klägerin wegen Auflösung des Vertrags bei der A. AG des zu ihren Gunsten bestehenden Vertrags mit der Vers.Nr. ./872, der Antrag 2 auf den Anspruch der Klägerin wegen Auflösung der zwei bei der Allianz AG zugunsten von Melissa bestehenden Verträge und der Antrag 3 auf Rückzahlung der auf die Verträge 1 und 2 jeweils geleisteten 4 Jahresbeiträge in Höhe von jeweils 27.000 €.

Die Klägerin trägt vor, sie habe eine sinnvolle finanzielle Absicherung ihrer beiden Kinder gewünscht, auch für den Fall ihres Ablebens. Das auf Empfehlung von Frau Sch. und Herrn B. gewählte Konzept mit den streitgegenständlichen Verträgen bei der Beklagten zu 2) sei evident weniger geeignet gewesen, ihre Anlageziele zu erfüllen. Die Beklagten hätten auch ihrer Dokumentationspflicht nicht genügt, weswegen hinsichtlich der Verletzung der Aufklärungspflicht Beweiserleichterungen für sie gelten würden bis hin zur Beweislastumkehr. Die Kündigung der Verträge bei der A. habe objektiv nicht ihren Interessen gedient, da sie auf die beiden Sofortrentenverträge 3 und 4 insgesamt 4.378,80 € erhalte, während bei der Beibehaltung des großen A.-vertrages unter Berücksichtigung der „1%-Dynamik“ derzeit 5.327,80 € zur Auszahlung kommen würden. Der große A.-vertrag sei unter Auszahlung des Rückkaufswertes kündbar gewesen, während die Verträge vom 02.08.2007 nicht kündbar seien. Mit diesen sei der Hinterbliebenenschutz auch nur unzureichend gewährleistet. Es sei nicht über den Verlust von Abschlusskosten bei Kündigung der A.-verträge aufgeklärt worden und auch nicht über den Verlust einer um 0,5 Prozentpunkte höheren Garantieverzinsung. Die in Bezug auf die beiden kleinen 2005-A. LVAG-Verträge bestehende Anwartschaft auf Renten ab 2022 und 2029 sei leichtfertig aufgegeben worden. Die Klägerin sei auch davon ausgegangen, dass die Rente für die Kinder schon ab dem 30. Lebensjahr bezahlt werde.

Der Senat hat ergänzend die Klägerin persönlich angehört (Bl. 516/518 d. A.) und die Zeugen Scha. (Bl. 598/600 d. A.) und B. (Bl. 603/608 d. A.) ergänzend vernommen. Zu dem Inhalt der Zeugenaussagen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.05.2015 sowie hinsichtlich der Aussagen der Zeugen B., Sch. und Scha. vor dem Landgericht auf das Protokoll vom 20.09.2013 (Bl. 309/320) Bezug genommen. Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen urteils sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) und des Nebenintervenienten sind begründet.

1. Berufung der Beklagten zu 1):

1.1. Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) ist konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Dies ergibt sich aus den Angaben der Zeugin Sch., die als Leiterin der Filiale der Beklagten zu 1) in Berlin die Klägerin ab September 2005, nachdem die Klägerin zunächst 700.000 € auf die Beklagte übertragen hatte, auf deren Wunsch wegen Geldanlagen beraten hat und angab, die Beklage zu 1 berate rundum, wozu auch die Versicherungsbranche gehöre; sie habe den Wertpapierspezialisten der Beklagten zu 1) und für die Klärung, ob Optimierungsbedarf in Bezug auf die bestehenden Versicherungen besteht Herrn B. als Spezialisten hinzugezogen. Nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin (Anlage K 1, Seiten 7-9) hatte die Klägerin nach dem 20.09.2005 bei der Beklagten zu 1) insgesamt 7 Wertpapierdepots nebst dazugehörigen Wertpapiergeldkonten und Spar- und Girokonten eröffnet und ein Anlagevolumen in einer Gesamthöhe von ca. 5 Mio. € auf diesen Konten und Depots deponiert. Die ersten Gespräche mit der Klägerin fanden in den Geschäftsräumen der Beklagten zu 1 statt. B. handelte nach seiner Aussage für die C.-bank Partner GmbH, die den Namen der Beklagten zu 1 in ihrer Firmenbezeichnung trägt. Ein eigenständiger schriftlicher Beratungsvertrag mit der C.-bank Partner GmbH wurde nicht abgeschlossen. Es gab auch keinerlei Hinweise dazu, dass eine andere Gesellschaft als die Beklagte zu 1 im Rahmen der Verwaltung der Depots und Konten der Klägerin für die Beratung eine Vergütung erhält. Die zweite Hilfsperson bei der Beratung wurde von Frau Sch. als „unser Wertpapierspezialist“ bezeichnet. Frau Sch. hat als zuständige Ansprechpartnerin bei den Beratungen zum Abschluss aller Verträge 1 bis 4 mitgewirkt. Vor dem Abschluss der Verträge 3 und 4 hat sie aktiv Einfluss genommen auf die Entscheidung über die Wiederanlage des Geldes. Aus der Sicht der Klägerin waren die von Schober hinzugezogenen Spezialisten als Hilfspersonen im Rahmen der von der Beklagten zu 1 vorgenommenen Prüfung und Beratung anzusehen. Auch der umstand, dass B. der Klägerin eine Visitenkarte überreicht hat, auf der die C.-bank Partner GmbH angegeben war und bei Abschluss der Verträge 3 und 4 ein Gesprächsprotokoll unterzeichnet wurde, das die Überschrift „Volksfürsorge“ trug und als Vermittler „René B.“ angeführt ist, ändert dies nichts an der Beurteilung, dass ein konkludenter Beratungsvertrag auch mit der Beklagten zu 1 zustande gekommen ist.

1.2 Abschluss der Verträge vom 15.09.2006 (Vertrag 1 mit der Vers.-Nr. „988-9 zugunsten Damian S. und Vertrag 2 mit der Vers.-Nr. „324-8 zugunsten Melissa S.).

1.2.1. Rechtslage

§ 42 c VVG a. F., der durch Gesetz vom 19.12.2006 mit Gültigkeit ab 22.05.2007 eingeführt wurde, war zum Zeitpunkt der Beratung hinsichtlich der am 15.09.2006 abgeschlossenen Verträge weder geltend noch beschlossen. Es bestand jedoch nach allgemeinen Regeln die Verpflichtung der Beklagten zu 1), die Beratung der Klägerin nach der von diesen geäußerten Anlagezielen durchzuführen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Pflichtverletzung trägt die Klägerin.

1.2.2. Anlageziele der Klägerin im September 2006 Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass sie vor dem Erwerb der Verträge 1 und 2 vom 15.09.2006 gegenüber Frau Sch. oder Herrn B. geäußert habe, es ginge ihr darum, ihre Kinder während deren Schul- und Berufsausbildung abzusichern. Die Angaben der Klägerin im Rahmen der informatorischen Befragung durch das Landgericht vom 10.04.2014 (Bl. 362/363 d. A.) ergeben, dass die behaupteten Äußerungen der Klägerin, die neuen Verträge sollten genauso abgeschlossen werden wie diejenigen bei der A. - nämlich dass für jedes Kind der gleiche Anteil ausgezahlt werden würde, wenn ihr etwas passiert - sich auf Gespräche vor der Kündigung der bei der A. AG bestehenden Verträge bezogen und nicht auf die ca. 9 Monate vorher abgeschlossenen Verträge 1 und 2. Denn der Zeuge B. bekundete, es sei der Klägerin in erster Linie darum gegangen, Teile des weiteren Vermögens auf die Kinder zu übertragen und dabei die Schenkungssteuerfreibeträge auszunutzen, die alle 10 Jahre in Anspruch genommen werden könnten, wobei nach der damaligen Rechtslage bei der Übertragung von Rentenversicherungen ein um ein Drittel höherer Betrag als der Schenkungssteuerfreibetrag steuerfrei gewesen sei. Dass dies vor dem Abschluss der Verträge 1 und 2 Thema war, wurde auch vom Zeugen Scha. bestätigt, der angab, dass ihm und der Klägerin zu den Rentenverträgen für die 2 Kinder erklärt worden sei, dass man einen Betrag von ungefähr 300.000,-- € ohne Schenkungssteuer an die Kinder weitergeben könne und nach 10 Jahren dann den neuen Freibetrag noch einmal einzahlen könne und nach 10 Jahren noch einmal (Bl. 318 d. A.). Der Senat ist davon überzeugt, dass beim Abschluss der Verträge vom 15.09.2006 die Absicherung der Kinder der Klägerin während deren Kindheit und der Ausbildungsphase nicht Anlageziel war, sondern dass es darum ging, Vermögensteile der Klägerin möglichst schenkungssteuerfrei auf die Kinder zu übertragen. Hierfür spricht auch, dass zu diesem Zeitpunkt die Tochter Melissa über die beiden zu ihren Gunsten abgeschlossenen A.-verträge und über das Bezugsrecht aus dem zugunsten der Klägerin abgeschlossenen A.-Vertrag im Falle des Todes der Klägerin bereits abgesichert war und die Klägerin nach Erhalt der Versicherungsscheine (Anlage K 3 b und K 3 c) der Versicherung nicht widersprochen hat, obwohl auf Seite 2 dieser Verträge sowohl der hohe jährlich zu bezahlende Betrag von 27.000,-- € und der Zeitpunkt der Ablaufphase (mit der Erläuterung „vorgezogener Rentenbeginn zum 01.09.2064 bzw. zum 01.09.2066“) ins Auge fallen und keine Leistungen für ihre Kinder während der Zeit ihres Heranwachsens vorgesehen waren. 1.2.3. Eine Falschberatung im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Klägerin ist durch die Verträge vom 15.09.2006 nicht dargetan. Zwar erscheint die jährliche Zahlung von 2 x 27.000,-- €, die in der Summe jährlich ca. den Betrag ausmachten, den die Klägerin als Rentenleistung aus der für sie bei der Allianz abgeschlossenen Lebensversicherung erhielt, außergewöhnlich hoch und - bezogen auf den Verdienst einer Kassiererin - ungeeignet. Hierbei ist jedoch zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin über erhebliches weiteres Vermögen verfügte, von dem bei der Beklagten zu 1) ca. 5 Mio. € in Wertpapieren angelegt waren und damit die jährlichen Zahlungen auf die Verträge 1 und 2 von 54.000,-- € nur ca. 1,1% des Anlagevolumens ausmachte und die Erwirtschaftung einer Rendite von mehr als 1,1% aus dem in Anlage K 1, Seite 12 bis 15 im Einzelnen aufgeführten Wertpapieren gut möglich erschien. Damit war das Konzept, aus den Renditen des bei der Beklagten zu 1) verwalteten Anlagevermögens der Klägerin die Rentenversicherungen für ihre Kinder zu speisen - wie es auch die Klägerin bei ihrer Anhörung bekundet hat (Bl. 517) - und dabei innerhalb von 10 Jahren jedem Kind den Gegenwert von 270.000,-- € vollständig oder weitgehend steuerfrei zuzuwenden, um den Kindern bei Eintritt in das Rentenalter eine gute Altersrente ohne selbst geleistete Beiträge zuzuwenden, nicht fehlerhaft. Nach dem 2006 geltenden § 16 Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz lag der Freibetrag für Kinder bei 205.000,-- € zzgl. des besonderen Versorgungsfreibetrages nach § 17 Abs. 2 ErbStG.

1.2.4. Kein Beratungsverschulden wegen eines Missverhältnisses der vertraglichen Leistungen und Gegenleistungen.

Die Klägerin hat die Pflichtverletzung in vollem Umfang darzulegen und nachzuweisen. Die Beweiserleichterungen nach § 61 VVG, wie sie im Urteil des BGH vom 13.11.2014 (Az.: III ZR 544/13) ausgesprochen wurden, kann die Klägerin nicht für sich in Anspruch nehmen, weil die Dokumentationspflicht des § 62 VVG erst ab 01.01.2008 geltendes Recht geworden ist. Auch die in § 42 c VVG besonders ausgewiesenen Befragungs- und Beratungspflichten, auf die das Landgericht abgestellt hat, galten erst ab 22.05.2007. Die Beklagte war im September 2006 noch nicht gesetzlich verpflichtet, den Inhalt der Beratung und die Anlageziele zu dokumentieren. Mangels einer entsprechenden Dokumentationspflicht ist die Entscheidung des BGH vom 14.11.2014 (Az.: III ZR 544/13) die zu einer Anfang 2011 erfolgten Beratung erging, nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die Beklagte zu 1) war im September 2006 zur Erstellung einer Dokumentation über die der Klägerin erteilten Beratung nicht gesetzlich verpflichtet.

1.2.5. Aus dem Inhalt der Verträge ist eine Beratungspflichtverletzung nicht herzuleiten. Zwar stehen dem bis zum Jahr 2051 zu leistenden Beitrag von insgesamt 1.215.000,-- € pro Versicherung die in den auf Seite 2 von Anlage 3 b und 3 c jeweils aufgeführten monatlichen Rentenleistungen gegenüber, die - bezogen jeweils auf einen Rentenbezug ab dem 60. Lebensjahr - bei M. unter Ansatz einer dann durchschnittlichen Lebenserwartung von noch 24,68 Jahren zu einer Rentengarantieleistung von ca. 1 Mio. € und bei Damian unter Berücksichtigung einer statistischen Lebenserwartung von noch 21,13 Jahren von ca. 890.000,-- € führen, den Anschein einer sehr ungünstigen Versicherungsgestaltung. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass zusätzlich zur Rentengarantiezahlung Überschussbeteiligungen im Rentenbezug in Form jährlicher Rentensteigerungen gewährt werden, die während der Vertragslaufzeit jährlich neu festgesetzt werden und die zu einer Erhöhung der monatlichen Rentenleistungen führen. Dass eine fondsgebundene Rentenversicherung einen Teil der monatlich zu gewährenden Rente enthält, der sich aus der Überschussbeteiligung speist, ist in dem System der fondsgebunden Versicherung angelegt. Eine Empfehlung einer derartigen Versicherung ist, nachdem dieser Teil nicht den überwiegenden Teil der Rentenzahlung ausmacht, auch nicht als fehlerhafte Beratung anzusehen. Dass die Klägerin als Anlageziel äußerte, eine bereits bei Vertragsschluss fest fixierte Rentenzahlung ohne den variablen Anteil aus der Überschussbeteiligung zu erhalten, ist nicht dargetan.

1.3 Kündigung der Verträge bei der Allianz vom 11.07.2007 und Neuabschluss der Verträge 3 und 4 vom 11.7./02.08.2007.

1.3.1. Rechtslage:

Zum Zeitpunkt der aufgrund der Beratung der Beklagten zu 1) von der Klägerin gegenüber der A. ausgesprochenen Kündigung der drei bestehenden Versicherungsverträge (Anlage K 4), galt § 42 c VVG mit der darin gesetzlich festgelegten Beratungsverpflichtung und der Dokumentationspflicht nach § 42 d VVG. Diese Dokumentationspflicht wurde erfüllt durch die von B. als Vermittler und von der Klägerin als Kundin unterzeichnete Anlagen B (1) 8 und B (1) 9. Beide Dokumentationen enthalten als Angabe zu den Wünschen und Bedürfnissen „Altersvorsorge“ und „Rente“ sowie „Kapitalbildung/Konsum“ und „Fondsanlage: Nein“. Zu der Angabe „Hinterbliebenenabsicherung für ... „ findet sich keinerlei Eintrag. Im Hinblick auf die vorgelegte Dokumentation ist eine Beweislastumkehr zum Nachteil der Beklagten zu 1 zu verneinen. Die ab 01.01.2008 geltende Erweiterung der Beratungs- und Dokumentationsverpflichtung war noch nicht geltendes Recht.

1.3.2. Der von der Klägerin behauptete Wunsche, Anlageziel bei der Kündigung der drei bei der A. bestehenden Versicherungsverträge sei gewesen, ihre beiden Kinder in gleicher Weise abzusichern, hat in den schriftlichen Dokumentationen (Anlagen B (1) 8 und B (1) 9) keinen Niederschlag gefunden. Die Angabe, dass eine Beratung zu den Wünschen und Bedürfnissen zur Altersvorsorge und zur Rente erfolgte, spricht im Gegenteil dafür, dass es der Klägerin darum ging, ihre ab 01.11.2005 lebenslang zu zahlende Garantierente von monatlich 3.852,21 € zzgl. der Überschussbeteiligung in einer Rente bei der Volksfürsorge umzuändern, die ihr zu ihren Lebzeiten allein zugute kommen sollte, wobei nach dem Allianzvertrag eine Garantierente von 3.852,21 € zzgl. nicht garantierter Überschussanteile von 971,06 € im ersten Vertragsjahr, insgesamt also 4.823,27 €, monatlich ausbezahlt wurden, während bei den beiden zu ihren Gunsten abgeschlossenen Verträgen 3 und 4 bei der Volksfürsorge bei einem um ca. 40.000,-- € höheren Einstandsbeitrag insgesamt eine Garantierente von 3.421,80 € zzgl. 1.578,40 € Überschussanteile im ersten Versicherungsjahr, die für die Zukunft nicht garantiert waren, zu einer Rente von 5.000,20 € führte. Soweit die Klägerin angegeben hat, sie habe vor der Kündigung vom 11.07.2007 gegenüber Sch. und B. geäußert, dass sie möchte, dass ihr Sohn ebenso wie ihre Tochter abgesichert werde, sie habe nicht gewollt, dass sich die Kinder später, falls sie unterschiedlich gut bedacht werden würden, „in die Haare bekommen“ (Bl. 516), wurde dem Interesse, beide Kinder gleich zu behandeln, durch die Bildung von zwei Lebensversicherungsverträgen für die Klägerin bei der Volksfürsorge mit gleichen Bedingungen Rechnung getragen.

1.3.3. Der Zeuge B. hat hierzu bekundet, er habe im Zusammenhang mit der Auflösung einiger Verträge prüfen sollen, ob nicht ein besserer Vertrag mit höherer Rente möglich sei. Dies habe er getan und entsprechende Vorschläge unterbreitet mit hoher Einmalzahlung und Sofortrente (Bl. 312 d. A.). Dieses Ansinnen sei von Frau S. ausgegangen, die die D. Bank komplett verlassen wollte und die über die Dresdner Bank vermittelten Verträge kündigen wollte. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem vom Zeugen Berlitz nach dessen Angaben im Jahr 2008 gefertigten Gedächtnisprotokoll (Anlage K 22). Die Klägerin habe vor Kündigung der Allianzverträge eine eigene monatliche lebenslange Rente, die gegenüber der Rente der A. um ca. 2.000,-- € erhöht wäre, gewünscht. Von der Planung für eine Versicherung mit einer monatlichen Rente von ca. 7.000,--€ sei noch vor Antragstellung auf Vorschlag von Frau Sch. abgewichen worden, weil aus dem Restbetrag (Anmerkung der für die erhöhte 7000 € Rente nötig gewesen wäre) mehr für die Klägerin herauszuholen sei und sie sich dort monatlich 2.000,-- € entnehmen könne. Dass die Absicherung der Kinder der Klägerin während ihrer Ausbildung nicht dem geäußerten Anlagewunsch der Klägerin entsprochen hat, ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin die insoweit zugunsten ihrer Tochter bei der A. bestehenden 2 Verträge, die dieser ab dem Alter von 18 bzw. 25 Jahren Rentenzahlungen gewährten, beendet und die entsprechenden Gelder anderweitig investiert hat. Die bei der Volksfürsorge am 02.08.2007 abgeschlossenen Verträge 3 und 4 gewährten den Kindern der Klägerin zu deren Lebzeiten gerade keine Leistungen. Bei der im Juli 2007 zugunsten der Klägerin bestehenden Vermögenssituation mit einem eigenen Anlagevermögen von mindestens 5 Mio. € bestand auch keine Veranlassung zu fürchten, dass die Kinder im Falle des Todes der Klägerin während ihrer Ausbildung mittellos dastünden. Der zu dem Vortrag der Klägerin nach optimaler Hinterbliebenenvorsorge ihrer beiden Kinder durch den Abschluss der Volksfürsorge Versicherungsverträge vernommene Zeuge Scha. konnte hierzu keine Angaben machen, weil er nach Auflösung seines Verlöbnisses mit der Klägerin spätestens im Januar 2007 bei Gesprächen der Klägerin mit Schober oder Berlitz nicht mehr zugegen war. An Äußerungen der Klägerin zur versicherungsmäßigen Absicherung ihres Sohnes D. könne er sich nicht erinnern. Dass Sch. oder B. gegenüber der Klägerin bekundet haben, die Verträge 1 und 2 vom 15.09.2006 führten zu einer einmaligen Auszahlung zugunsten der Kinder bei ihrem 30. Lebensjahr, wie es der Zeuge Scha. bekundet hat (Bl. 598 d. A.), behauptet selbst die Klägerin nicht. Hierfür sprechen auch keinerlei sonstige Umstände, insbesondere nicht die eindeutigen Angaben in den schriftlichen Versicherungsanträgen.

1.3.4. Die nach den Verträgen 3 und 4 vom 11.7./02.08.2007 im Falle des Todes der Versicherungsnehmerin Mandy S. bestehende kurze Rentengarantiezeit für die Bezugsberechtigten von 5 Jahren war nach Angaben des Zeugen B. mit der Klägerin ausführlich besprochen worden (Bl. 313 und 603 d. A.) bei der Frage, ob die Klägerin eine besonders hohe Rente wolle oder mehr in die Absicherung der Rente investiere, wozu auch die Länge der Rentengarantiezeit gehöre, habe sich klar eine Entscheidung für eine kurze Garantiezeit ergeben. Hierfür habe sich die Klägerin entschieden. Da auch die von der Klägerin unterzeichneten Dokumentationen vom 11.7.2007 (Anlagen B (1) 8 und B (1) 9) keinen Eintrag auf eine gewünschte Hinterbliebenenabsicherung enthielten, bleibt die Klägerin für das Vorliegen einer Beratungspflichtverletzung voll darlegungs- und beweisbelastet. Der Zeuge Scha. bekundete, nach Januar 2007 bei den Gesprächen nicht mehr dabei gewesen zu sein. Somit hat die Klägerin den Nachweis des Anlageziel der lückenlosen Absicherung ihrer Kinder während deren Kindheit und Ausbildung im Zusammenhang mit der Auflösung der Verträge bei der A. und dem Abschluss der beiden Verträge bei der V. vom 02.08.2007 nicht nachgewiesen.

1.3.5. Die Klägerin hat ihren Vortrag, sie habe gewünscht, dass die zu ihren Gunsten bei der A. bestehende Rentenversicherung auf ihren Sohn erstreckt werden sollte, den die Beklagten bestritten haben, nicht nachgewiesen. Die Zeugen Sch. und B. haben dies nicht bestätigt. Nach Aussage des Zeugen B. (Bl. 312 d. A.) habe es im Zusammenhang mit der Auflösung der A.-verträge das Ansinnen der Klägerin gegeben, die über die D. Bank vermittelten Verträge zu kündigen bzw. die D. Bank komplett zu verlassen (Bl. 312 d. A.) und ihre eigene Sofortrente auf 7000 € zu erhöhen (Anl. K 22 Nr. 3).

1.3.6. Es ist auch nicht als beratungsfehlerhaft anzusehen, dass Berlitz oder Schober nicht auf die nach den Vertragsbedingungen der A. mögliche Änderung des für Melissa allein bestehenden Bezugsrechts (Anlage K 2, Bl. 21) aufgeklärt haben. Denn nach dem unter 1.3.5. Ausgeführten hatte die Klägerin den Wunsch, die Geschäftsverbindung zur D. Bank und der mit ihr zusammen arbeitenden A. aufzulösen. Dass bei dem Abschluss der Verträge 3 und 4 für beide Kinder gleiche Bedingungen galten und insoweit eine Gleichbehandlung erfolgte, ist unstreitig.

1.3.7. Dass die Verträge K 3 und K 4 deutlich schlechtere Bedingungen enthielten als der zugunsten der Klägerin bei der A. abgeschlossene Vertrag, ist nicht hinreichend dargetan. Die Klägerin sollte nach den ursprünglich angegebenen Bezugsbedingungen für das erste Versicherungsjahr einschließlich der Überschussbeteiligung eine um ca. 4% höhere monatliche Rentenzahlung erhalten. Die von der Klägerin angeführten Vorteile, wie die Steigerung der Überschussbeteiligung ab dem zweiten Rentenbezugsjahr jährlich um zur Zeit 1%, waren für die Zukunft nicht garantiert. Die Behauptung der Klägerin, der sogenannte Garantiezins sei seit Abschluss der alten Verträge von 2,75% auf 2,2% gesunken, findet in dem schriftlichen Vertrag keine Stütze. Die Höhe der zukünftigen Überschussbeteiligungen waren auch nach den Verträgen mit der A. AG nicht garantiert. Zusagen über die Zusammensetzung des Fondsvermögens, aus dem sich die Überschussbeteiligung speisen sollte und über die zukünftige Wertentwicklung, wurden nicht gemacht.

1.3.8. Eine Verpflichtung der Beklagten zu 1), die Klägerin darüber aufzuklären, dass sie Provisionen erhält, bestand nicht. Denn es musste der Klägerin klar sein, dass die Beklagte bei der Beratung über fremde Versicherungsprodukte eine Vergütung bezieht, die hier ersichtlich nicht von der Klägerin kommen sollte (vgl. BGH XI ZR 247/12).

1.3.9. Dass die Aufspaltung der Verträge 3 und 4 nachteilig gewesen sei, weil nach der Behauptung der Klägerin dadurch höhere Vermittlungsgebühren angefallen seien, hat die Klägerin nicht substantiiert dargetan und nachgewiesen. Im Übrigen entsprach diese Aufteilung ihrem Wunsch, ihre Kinder gleich zu bedenken, damit diese sich nicht später „in die Haare bekommen würden“.

1.3.10. Hinsichtlich etwaiger Verluste bei der Auflösung der bei der A. bestehenden Versicherungen hat die Beklagte zu 1) ihre Beratungspflichten nicht verletzt. Denn nach Angaben des Zeugen B. (Bl. 313 und 603 d. A.) hat er mit der Klägerin über die Abrechnung des Rückkaufswerts von dem eigentlichen eingezahlten Kapital gesprochen und mit ihr auch die Rettungsschreiben der A. AG, in der die Rückkaufswerte angegeben waren, besprochen.

1.3.11. Eine Beratungspflicht, die Klägerin bei dem Abschluss der Verträge 3 und 4 auf das Fehlen eines Kündigungsrechtes hinzuweisen, bestand nicht. Die Klägerin strebte eine lebenslange Rente für sich selbst an. Anhaltspunkte, dass für die Klägerin eine Notwendigkeit bestehen würde, diese Verträge aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen vorzeitig zu kündigen, bestanden angesichts des den Parteien bekannten sonstigen Vermögens der Klägerin nicht.

1.3.12. Soweit die Klägerin behauptet, sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) als Ausschließlichkeitsvertreter der Beklagten zu 2) tätig seien, hatte die Klägerin diese Behauptung nicht nachweisen können, da nach den Angaben des Zeugen B. (Bl. 313 d. A.) er sich bei der Klägerin wie auch üblicherweise als Ausschließlichkeitsvertreter für die Volksfürsorge vorgestellt habe. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin ihre Geschäftsbeziehung zur D. Bank beenden und die Anlagegeschäfte über die Beklagte zu 1 abwickeln wollte, musste die Klägerin auch damit rechnen, dass die ihr gemachten Versicherungsangebote von der Versicherungsgesellschaft stammten, mit der die C.-bank zusammenarbeitet.

Somit hat die Klägerin eine die Beklagte zu 1) zum Schadensersatz verpflichtete Beratungspflichtverletzung nicht dargetan bzw. nachgewiesen.

1.4. Ein Anspruch nach § 826 BGB besteht nach den vorgenannten Ausführungen nicht, weil die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagten zu 1) nicht erfüllt sind. Die Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Verträge nach § 138 BGB, auf die sich die Klägerin berufen hat, liegen ebenfalls nicht vor.

2. Berufung der Beklagten zu 2): Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 2) als Rechtsnachfolgerin der V. D Lebensversicherung AG aufgrund eines Beratungsvertrages bestehen schon deswegen nicht, weil zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) als Vertragspartnerin der Versicherungsverträge ein Beratungsvertrag nicht zustande gekommen ist. Soweit die Beratung vom Zeugen B. erfolgte, war dessen Handeln der Beklagten zu 1) zuzurechnen. Selbst wenn aufgrund der Beratungsleistung des Zeugen B. ein konkludent geschlossener Vermittlungsvertrag mit der Klägerin bejaht werden würde, wäre insoweit Vertragspartner die Gesellschaft für die B. handelt, die G. Partner GmbH. Umstände, die eine Anscheins- oder Rechtsscheinsvollmacht der Beklagten zu 2) in Bezug auf das Handeln des Zeugen B. begründen, sind nicht dargetan. Soweit sich die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Tätigkeit von inländischen Vermittlern für die englische Versicherung CMI beruft (nach der eine Zurechnung der Tätigkeit des Vermittlers über die entsprechende Anwendung von § 278 BGB bejaht wurde, ist diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn diese Zurechnung erfolgt allein aufgrund des Umstands, dass die im Ausland ansässige Versicherungsgesellschaft im Inland keinen Vertrieb unterhält und insoweit sich die Angaben der von ihr eingesetzten Vermittler zurechnen lassen muss (BGH IV ZR 271/10). Das ist hier ersichtlich nicht der Fall.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 I, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II Nr. 1 oder 2 ZPO nicht erfüllt sind. Es geht in Bezug auf die Annahme von Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr vor Inkrafttreten der §§ 42 c, 42d, 61 und 62 VVG (vgl. Nr. II. 1.2.1 und 1.2.4 dieses Urteils) um Rechtsfragen, die nur noch Altfälle betreffen.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


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(1) Neben dem Freibetrag nach § 16 wird dem überlebenden Ehegatten und dem überlebenden Lebenspartner ein besonderer Versorgungsfreibetrag von 256 000 Euro gewährt. Der Freibetrag wird bei Ehegatten oder bei Lebenspartnern, denen aus Anlass des Todes des Erblassers nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge zustehen, um den nach § 14 des Bewertungsgesetzes zu ermittelnden Kapitalwert dieser Versorgungsbezüge gekürzt.

(2) Neben dem Freibetrag nach § 16 wird Kindern im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 (§ 15 Abs. 1) für Erwerbe von Todes wegen ein besonderer Versorgungsfreibetrag in folgender Höhe gewährt:

1.
bei einem Alter bis zu 5 Jahren in Höhe von 52 000 Euro;
2.
bei einem Alter von mehr als 5 bis zu 10 Jahren in Höhe von 41 000 Euro;
3.
bei einem Alter von mehr als 10 bis zu 15 Jahren in Höhe von 30 700 Euro;
4.
bei einem Alter von mehr als 15 bis zu 20 Jahren in Höhe von 20 500 Euro;
5.
bei einem Alter von mehr als 20 Jahren bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres in Höhe von 10 300 Euro.
Stehen dem Kind aus Anlaß des Todes des Erblassers nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge zu, wird der Freibetrag um den nach § 13 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes zu ermittelnden Kapitalwert dieser Versorgungsbezüge gekürzt. Bei der Berechnung des Kapitalwerts ist von der nach den Verhältnissen am Stichtag (§ 11) voraussichtlichen Dauer der Bezüge auszugehen.

(3) In den Fällen der beschränkten Steuerpflicht (§ 2 Absatz 1 Nummer 3) wird der besondere Versorgungsfreibetrag nach Absatz 1 oder 2 gewährt, wenn durch die Staaten, in denen der Erblasser ansässig war oder der Erwerber ansässig ist, Amtshilfe geleistet wird. Amtshilfe ist der Auskunftsaustausch im Sinne oder entsprechend der Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Absatz 11 des EU-Amtshilfegesetzes in der für den jeweiligen Stichtag der Steuerentstehung geltenden Fassung oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsaktes.

(1) Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.

(2) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung oder die Dokumentation nach Absatz 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 544/13
Verkündet am:
13. November 2014
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Bei einem Wechsel der Lebensversicherung muss der Versicherungsvermittler
(hier: Versicherungsvertreter) seinen Kunden (Versicherungsnehmer
) insbesondere auf die Folgen und Risiken der vorzeitigen Kündigung
einer bestehenden und des Abschlusses einer neuen Lebensversicherung
hinweisen.

b) Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers
nach § 61 Abs. 1 Satz 2, § 62 VVG kann zu Beweiserleichterungen zugunsten
des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr führen.
Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht, auch
nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so muss grundsätzlich der Versicherungsvermittler
beweisen, dass dieser Hinweis erteilt worden ist.
BGH, Urteil vom 13. November 2014 - III ZR 544/13 - OLG Stuttgart
LG Ulm
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. November 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Wöstmann, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird der Beschluss des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. November 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Kläger nehmen die Beklagten unter dem Vorwurf der Verletzung von Hinweis- und Beratungspflichten im Zusammenhang mit der Kündigung eines bestehenden und dem Abschluss eines neuen Lebensversicherungsvertrags auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Beklagten sind selbständige Versicherungsvertreter und als solche für die D. V. AG tätig. Die Beklagte zu 1 überprüfte Anfang des Jahres 2011 den für die Kläger bestehenden Versicherungsschutz.
Anschließend kündigten die Kläger ihre mit der Versicherung abgeschlossenen Versicherungsverträge, hierunter auch eine seit dem 1. November 2004 bestehende und bis zum 1. November 2034 laufende kapitalbildende Lebensversicherung ; das diesbezügliche Kündigungsschreiben war von der Beklagten zu 1 aufgesetzt worden. Stattdessen schlossen die Kläger über die D. V. AG neue Versicherungen einschließlich einer Lebensversicherung bei der A. M. Versicherung ab. Nachdem die Kläger zu der Einschätzung gelangt waren, dass die neuen Versicherungen für sie ungünstiger seien als die alten, widerriefen sie die Verträge mit der A. M. Versicherung mit der Begründung, sie seien falsch beraten worden. Die Kläger schlossen dann neue Versicherungsverträge mit der Versicherung ab, nachdem der Versuch gescheitert war, den alten Lebensversicherungsvertrag aus dem Jahre 2004 wieder in Kraft zu setzen.
3
Die Kläger haben geltend gemacht, die Beklagten hätten sie fehlerhaft beraten, indem sie nicht auf die Nachteile einer Kündigung der bestehenden und des Abschlusses einer neuen Lebensversicherung hingewiesen hätten, nämlich den zwischenzeitlichen Wegfall der Steuerfreiheit, das höhere Eintrittsalter mit höheren Prämien, den erneuten Anfall von Abschlusskosten und einen geringeren Garantiezins. Die Kläger sind der Auffassung, die Beklagten hätten eine ordnungsgemäße Beratung zu beweisen. Der ihnen, den Klägern, entstandene Schaden, bemesse sich nach der Differenz der Kosten und Erträge der alten und der neuen Lebensversicherung.
4
Die Beklagten haben ihre Passivlegitimation bestritten und behauptet, die Kläger hätten die alte Lebensversicherung unbedingt beenden wollen; die Beklagten hätten die Kläger auf die Folgen einer Kündigung der alten Lebensver- sicherung hingewiesen und ihnen geraten, diese ruhend (beitragsfrei) zu stellen.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar komme entgegen der Ansicht des Landgerichts eine persönliche Haftung der Beklagten für etwaige Beratungsfehler gemäß § 63 Satz 1 VVG in Betracht. Das Landgericht sei aber zutreffend davon ausgegangen , dass die Kläger für ihre Behauptung, die Beklagten hätten sie fehlerhaft beraten, beweisfällig geblieben seien. Nach allgemeinen Grundsätzen treffe die Beweislast für die geltend gemachte objektive Pflichtverletzung nicht die Beklagten, sondern die Kläger als Anspruchsteller. Ihrer sekundären Darlegungslast hätten die Beklagten genügt, indem sie vorgetragen hätten, die Kläger dahin beraten zu haben, dass von der Kündigung der alten Lebensversiche- rung wegen der damit verbundenen Nachteile abgesehen und diese lediglich beitragsfrei gestellt werden solle.

II.


8
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat erhebliches Vorbringen der Kläger nicht beachtet und in rechtlicher Hinsicht übersehen , dass sich aus einer Verletzung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvertreters nach §§ 61, 62 VVG Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr ergeben können.
9
a) Zu Recht hat das Berufungsgericht als Anspruchsgrundlage auf § 63 VVG abgestellt. Seit dem 22. Mai 2007 gelten für die Haftung des Versicherungsvermittlers (Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler, § 59 Abs. 1 VVG) wegen der Verletzung von Pflichten in der Phase bis zum Abschluss des Versicherungsvertrags vorrangig die speziellen Regelungen des Versicherungsvertragsgesetzes (s. etwa OLG Karlsruhe, VersR 2012, 856, 857; OLG Saarbrücken, VersR 2010, 1181, 1182; OLG Hamm, VersR 2010, 1215; MünchKommVVG/Reiff, § 63 Rn. 22 ff, 34 ff; Prölss/Martin/Dörner, VVG, 28. Aufl., § 63 Rn. 1 ff). Diese waren zunächst in §§ 42a ff, 42e VVG (aF) enthalten (Art. 2 Nr. 1 und Art. 4 Satz 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 19. Dezember 2006, BGBl. I S. 3232) und finden sich seit dem 1. Januar 2008 - inhaltlich unverändert - in den §§ 59 ff, 63 VVG (Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007, BGBl. I S. 2631; s. Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG).
10
b) Die als selbständige Versicherungsvertreter für die D. V. AG tätigen Beklagten sind der Haftung nach § 63 VVG unterworfen. Unter den Anwendungsbereich der §§ 59 ff, § 63 VVG fallen gemäß § 59 Abs. 2 VVG auch solche Versicherungsvertreter, die nicht vom Versicherer selbst, sondern von einem anderen Versicherungsvertreter (hier: D. V. AG) als Untervertreter damit betraut sind, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen (s. dazu etwa MünchKommVVG /Reiff, § 59 Rn. 38 f). Für das Vorliegen einer Ausnahme nach § 66 VVG in Verbindung mit § 34d Abs. 9 Nr. 1 GewO (sogenannte Bagatellvermittler ) ist kein Anhaltspunkt vorgetragen oder sonst ersichtlich.
11
c) Zutreffend hat das Berufungsgericht unter Zugrundelegung des Vorbringens der Kläger eine Pflichtverletzung der Beklagten in Betracht gezogen.
12
Gemäß § 61 Abs. 1 VVG hat der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer , soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben und dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren. Bei einer Kapitallebensversicherung handelt es sich regelmäßig - so auch hier - um einen komplizierten und damit auch besonders beratungsbedürftigen Versicherungsvertrag (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts, BT-Drucks. 16/1935 S. 24; LG Saarbrücken, VersR 2013, 759, 760; MünchKommVVG/Reiff, § 61 Rn. 6). Der Versicherungsvermittler (hier: Versicherungsvertreter) muss seinen Kunden insbesondere auf die Folgen und Risiken der vorzeitigen Kündigung einer bestehenden und des Abschlusses einer neuen Lebensversicherung hinweisen (vgl. OLG Stuttgart , BeckRS 2011, 02562 mwN; OLG Karlsruhe aaO S. 858 mwN [für Versicherungsmakler ]; OLG Saarbrücken, VersR 2011, 1441, 1443 [für Versicherungsmakler ]; OLG München, VersR 2012, 1292, 1293 [für Krankenversicherung ]; Prölss/Martin/Dörner aaO § 61 Rn. 27 mwN; MünchKommVVG/Reiff, § 61 Rn. 11).
13
Sollten die Beklagten die Kläger nicht auf die negativen Folgen einer Kündigung der alten - für die Kläger günstigen - Kapitallebensversicherung hingewiesen haben, so hätten sie ihre Beratungspflicht verletzt.
14
d) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kläger seien für den von ihnen geltend gemachten Beratungsfehler beweisfällig geblieben, ist allerdings von Rechtsfehlern beeinflusst.
15
aa) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass grundsätzlich der den Schadensersatz begehrende Kunde (Versicherungsnehmer ) darlegen und beweisen muss, dass der Versicherungsvermittler seine Beratungspflicht verletzt hat, wobei den Versicherungsvermittler eine sekundäre Darlegungslast trifft (Senatsurteil vom 25. September 2014 - III ZR 440/13, BeckRS 2014, 19132 Rn. 34 mwN).
16
bb) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass sich die Kläger unter anderem auch darauf berufen haben, dass die Beklagten die Beratung nicht dokumentiert hätten, und dass sich hieraus Folgen für die Beweislastverteilung ergeben können.
17
(1) Die Kläger haben unwidersprochen vorgetragen, dass es kein Protokoll und keine Auflistung über alle wesentlichen leistungs- und beitragsrelevanten Unterschiede der bestehenden und der angebotenen Versicherung gebe, und geltend gemacht, dass hieraus die Beweisbelastung der Beklagten folge (Berufungsbegründung vom 21. Mai 2013, Seite 9 [GA II 236]). Dieses - unstreitige - Vorbringen, das in der Sache dahin geht, dass es an einer Dokumentation über die Beratung durch die Beklagten fehle, hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt.
18
(2) Dieser Vortrag ist entscheidungserheblich. Die Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach § 61 Abs. 1 Satz 2, § 62 VVG kann Beweiserleichterungen zugunsten des Versicherungsnehmers bis hin zu einer Beweislastumkehr nach sich ziehen (Senatsurteil vom 25. September 2014 aaO mwN; s. auch BT-Drucks. 16/1935 S. 26). Die Funktion der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Dokumentationspflicht liegt vornehmlich darin, dass der Versicherungsnehmer mit einer Beratungsdokumentation die wesentlichen Inhalte der Beratung vor Augen geführt und an die Hand bekommt ; hierdurch wird er in die Lage versetzt, seine Entscheidung des Näheren zu überprüfen und den ihm sonst kaum möglichen Nachweis über den Inhalt der Beratung zu führen. Wird ihm diese Nachweismöglichkeit durch das Fehlen einer Dokumentation abgeschnitten, so hat dies zu seinen Gunsten Auswirkungen auf die Verteilung der Beweislast. Ist ein erforderlicher Hinweis von wesentlicher Bedeutung - wie er auch hier in Rede steht - nicht, auch nicht im Ansatz, dokumentiert worden, so muss grundsätzlich der Versicherungsvermittler beweisen , dass dieser Hinweis erteilt worden ist (vgl. OLG München, VersR 2012, 1292, 1293; OLG Saarbrücken, VersR 2011, 1441, 1443 und VersR 2010, 1181, 1182; MünchKommVVG/Reiff, § 63 Rn. 49). Gelingt ihm dieser Beweis nicht, so ist zugunsten des Versicherungsnehmers davon auszugehen, dass der betreffende Hinweis nicht erteilt worden ist, der Versicherungsvermittler mithin pflichtwidrig gehandelt hat.
19
2. Hiernach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird unter Beachtung der beweisrechtlichen Folgen einer Verletzung der Dokumentationspflicht der Beklagten erneut zu prüfen haben, ob eine Pflichtverletzung der Beklagten vorliegt und ob und inwieweit das Schadensersatzbegehren der Kläger begründet ist.
Schlick Wöstmann Tombrink
Remmert Reiter
Vorinstanzen:
LG Ulm, Entscheidung vom 08.02.2013 - 2 O 287/12 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 22.11.2013 - 7 U 119/13 -

(1) Dem Versicherungsnehmer sind die Informationen nach § 60 Abs. 2 vor Abgabe seiner Vertragserklärung, die Informationen nach § 61 Abs. 1 vor dem Abschluss des Vertrags klar und verständlich in Textform zu übermitteln.

(2) Die Informationen nach Absatz 1 dürfen mündlich übermittelt werden, wenn der Versicherungsnehmer dies wünscht oder wenn und soweit der Versicherer vorläufige Deckung gewährt. In diesen Fällen sind die Informationen unverzüglich nach Vertragsschluss, spätestens mit dem Versicherungsschein dem Versicherungsnehmer in Textform zu übermitteln; dies gilt nicht für Verträge über vorläufige Deckung bei Pflichtversicherungen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI ZR 247/12
Verkündet am:
1. Juli 2014
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die beratende Bank ist aufgrund eines mit ihrem Kunden geschlossenen Finanzierungsberatungsvertrags
nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass ihr für
die Vermittlung einer Lebensversicherung eine Provision zufließt.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2014 - XI ZR 247/12 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und die Richterin Dr. Derstadt

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. Juni 2012 wird insoweit zurückgewiesen , als das Berufungsgericht über die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs des Klägers wegen unterlassener Aufklärung über empfangene Vermittlungsprovisionen zum Nachteil des Klägers erkannt hat. Im Übrigen wird die Revision als unzulässig verworfen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der Kläger, selbstständiger Vermessungsingenieur, der bereits mehrere gewerbliche Immobilienkäufe fremdfinanziert hatte, wandte sich an die Beklagte , da er zur gewerblichen Errichtung einer Wohnanlage eine Teilfinanzierung benötigte. Nach mehreren Gesprächen mit einem Mitarbeiter der Beklagten schloss der Kläger am 14. Dezember 1995 mit der D. AG, die damals ein Tochterunternehmen der Beklagten war (im Folgenden: Versicherung), einen Darlehensvertrag über 600.000 DM ab. Die Tilgung des Darlehens sollte zur Endfälligkeit am 1. Dezember 2015 in voller Höhe durch eine auf Empfehlung des Mitarbeiters der Beklagten mit der Versicherung abgeschlossene Kapitallebensversicherung erfolgen. Die Beklagte erhielt von der Versicherung für die Vermittlung der Lebensversicherung eine Vermittlungsprovision, ohne dies dem Kläger mitzuteilen.
3
Entgegen der ursprünglichen Annahme wird die Ablaufleistung aus der Lebensversicherung voraussichtlich nicht zur Tilgung des Darlehens am 1. Dezember 2015 ausreichen.
4
Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn den Betrag zu zahlen, der sich als Differenz zwischen der Belastung aus dem Darlehensvertrag und der Ablaufleistung aus der Lebensversicherung ergibt, höchstens jedoch 256.970,73 €. Darüber hinaus hat er Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.830,60 € begehrt. Das Landgericht hat der Klage bis auf Teile der Rechtsanwaltskosten stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er unter Aufhebung des Berufungsurteils seinen zuletzt in der Berufungsinstanz gestellten Antrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, soweit der Kläger sich gegen die Ablehnung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen un- terlassener Aufklärung über empfangene Vermittlungsprovisionen wendet; im Übrigen ist sie unzulässig.

A.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit diese für das Revisionsverfahren von Interesse ist, ausgeführt:
7
Zwischen den Parteien sei konkludent ein Vertrag über die Beratung des Klägers hinsichtlich der Teilfinanzierung des Bauprojekts geschlossen worden. Pflichten aus diesem Beratungsvertrag habe die Beklagte jedoch nicht verletzt.
8
Entgegen dem Urteil des Landgerichts sei die Beklagte insbesondere nicht verpflichtet gewesen, den Kläger darüber aufzuklären, dass sie für den Abschluss der Lebensversicherung eine Provision erhalte. Eine solche Beratungspflicht folge nicht aus der sog. Kick-Back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach sei eine Bank zwar im Rahmen der Beratung über eine Kapitalanlage verpflichtet, über den Rückfluss von Provisionen aus offen ausgewiesenen Ausgabeaufschlägen und weiteren Posten, die der Kunde über die Bank einem Dritten zahle, aufzuklären. Eine Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf andere Fälle als die der Kapitalanlageberatung sei aber nicht vorzunehmen. Die Lebensversicherung stelle vorliegend keine Kapitalanlage dar, sondern diene der Gegenfinanzierung des endfälligen Darlehens. Im Übrigen habe der Kläger keine ausgewiesenen Aufschläge über die Bank an Dritte zu bezahlen gehabt, die sodann für ihn nicht erkennbar an die Bank zurückgeflossen seien. Weiter mache der Kläger nicht geltend, er habe sich wegen des unterlassenen Hinweises Fehlvorstellungen über den Wert der Lebensversicherung gemacht.
9
Die Beklagte habe auch nicht ihre - ggf. bestehende - Pflicht, den Kläger auf das Risiko einer Unterdeckung hinzuweisen, verletzt.

B.

10
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

I.

11
Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Schadensersatzforderung des Klägers wegen unterlassener Aufklärung über die von der Beklagten erlangte Vermittlungsprovision beschränkt. Soweit die Revision das Berufungsurteil auch darüber hinaus angreift, ist das Rechtsmittel nicht statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und daher als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 ZPO).
12
1. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort zugelassene Revision entsprechend einschränkt. Die Beschränkung ergibt sich aber durch Auslegung der Urteilsgründe.
13
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich die Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (vgl. nur Senatsbeschluss vom 15. Januar 2013 - XI ZR 400/11, juris Rn. 4 und Senatsurteil vom 4. März 2014 - XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 18, jeweils mwN). So verhält es sich hier.
14
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, es liege bislang keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage vor, ob eine Bank darauf hinweisen müsse, dass sie für die Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrags, der zur Gegenfinanzierung eines Darlehens diene, eine Provision erhalte. Es hat "zu dieser Frage" die Revision zugelassen. Damit hat das Berufungsgericht die Beschränkung der Revisionszulassung auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über den Erhalt von Provisionen klar zum Ausdruck gebracht; die angesprochene Rechtsfrage ist nur insoweit erheblich. Schadensersatzansprüche wegen der übrigen gerügten Pflichtverletzungen hat das Berufungsgericht dagegen aus verschiedenen, das Urteil insoweit selbstständig tragenden anderweitigen Gründen abgelehnt. Dass das Berufungsgericht insoweit gemäß § 543 Abs. 2 ZPO klärungsbedürftige Rechtsfragen angenommen hat, ist nicht ersichtlich (vgl. auch Senatsurteil vom 4. März 2014 - XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 19).
15
2. Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam.
16
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision vom Berufungsgericht auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden. Nach dieser Maßgabe ist die Zulassungsbeschränkung auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen möglich (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 27 mwN). Das gilt in gleicher Weise für vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzungen (vgl. BGH, Urteile vom 12. Dezember 2013 - III ZR 404/12, WM 2014, 118 Rn. 8 und vom 4. März 2014 - XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 Rn. 22), hier im Rahmen einer Finanzierungsberatung. Der Vorwurf der unterbliebenen Aufklärung über die von der Beklagten erlangte Provision kann von den übrigen geltend gemachten Pflichtverstößen abgegrenzt und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht selbstständig beurteilt werden.

II.

17
Soweit die Revision zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Feststellungsantrag des Klägers, soweit er auf Schadensersatz wegen unterbliebener Aufklärung über die für die Vermittlung der Lebensversicherung erlangte Provision gerichtet ist, zu Recht abgewiesen.
18
1. Ob der Feststellungsantrag des Klägers mangels ausreichender Darlegung des Feststellungsinteresses bereits unzulässig ist, was grundsätzlich auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteile vom 8. Juli 1955 - I ZR 201/53, BGHZ 18, 98, 105 f. und vom 11. Oktober 1989 - IVa ZR 208/87, NJW-RR 1990, 130), kann dahinstehen, denn das Berufungsgericht hat den Feststellungsantrag jedenfalls zu Recht als unbegründet abgewiesen (vgl. BGH, Urteile vom 9. November 1967 - KZR 10/65, GRUR 1968, 219, 220 f. und vom 14. März 1978 - VI ZR 68/76, NJW 1978, 2031, 2032; BAG, NJW 2003, 1755, 1756 mwN).
19
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über die empfangene Vermittlungsprovision, da die Rechtsprechung des Senats zur Pflicht der Bank, auf Rückvergütungen hinzuweisen, eine - hier nicht vorliegende - Kapitalanlageberatung voraussetzt, die Provision für die Vermittlung einer Lebensversicherung ohnehin keine Rückvergütung nach diesen Grundsätzen darstellt und solche Provisionen offensichtlich und folglich nicht aufklärungsbedürftig sind.
20
a) Nach der Rechtsprechung des Senats sind die von der Revision in Anspruch genommenen Grundsätze zu den Aufklärungspflichten einer anlageberatend tätigen Bank über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen nicht auf Finanzierungsberatungen durch eine Bank übertragbar (Senatsurteil vom 29. November 2011 - XI ZR 220/10, WM 2012, 30 Rn. 39). Das Berufungsgericht ist bei der Qualifizierung des - als solchem im Revisionsverfahren außer Streit stehenden - Beratungsvertrags zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der den Beratungsgegenstand bildenden Kapitallebensversicherung nicht um eine Kapitalanlage gehandelt hat und folglich der von den Parteien konkludent geschlossene Beratungsvertrag nicht als Kapitalanlageberatungsvertrag, sondern als Vertrag über eine Finanzierungsberatung einzuordnen ist.
21
Ein Beratungsvertrag über eine Kapitalanlage kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn ein Anlageinteressent an ein Kreditinstitut oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden herantritt, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten (st. Rspr. u.a. Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 und vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199 Rn. 12, jeweils mwN). Gegenstand einer Anlageberatung ist mithin die Investition von Finanzmitteln durch den Anleger.
22
Die vom Kläger nachgefragte Beratung durch die Beklagte betraf jedoch eine Finanzierung und nicht die Anlage eines Geldbetrags. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts trat der Kläger an die Beklagte heran, um ein gewerbliches Wohnbauprojekt mit einem Investitionsvolumen von rund 3 Millionen DM in Höhe eines Teilbetrags von 600.000 DM zu finanzieren. Der Kläger wurde vom Filialleiter der Beklagten über Finanzierungsmöglichkeiten beraten und entschied sich sodann für eine Kombination aus endfälligem Darlehen und zu dessen Tilgung bestimmter Lebensversicherung. Die konkludent vereinbarten Beratungsleistungen der Beklagten hatten somit nicht die Anlage von Kapital des Klägers zum Gegenstand, sondern die Beschaffung von Finanzmitteln, die der Kläger anderweitig investieren wollte.
23
Der Annahme eines Finanzierungsberatungsvertrags steht nicht entgegen , dass - nach Darstellung der Revision - für den Kläger die Versicherung des Todesfallrisikos nur von untergeordneter Bedeutung war (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 53). Das würde nämlich nichts daran ändern, dass vorliegend nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung (BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 aaO Rn. 53) die Lebensversicherung nicht der Anlage von Kapital diente. Sie war vielmehr - anders als in dem genannten Urteil des IV. Zivilsenats vom 11. Juli 2012 - unabhängig von einem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Sicherung des Todesfallrisikos ausschließlich Teil eines Finanzierungskonzepts, auf das sich die Beratung der Beklagten bezog.
24
b) Weiter zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich auch bei einer - von der Revision geforderten - entsprechenden Anwendung der Rechtsprechung des Senats zu der Pflicht einer anlageberatenden Bank, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen ungefragt aufzuklären, keine Haftung der Beklagten ergäbe.
25
Aufklärungspflichtig sind danach nämlich nur - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 23 ff. und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17).
26
Dass die vom Kläger zu zahlenden Prämien solche offen ausgewiesene Provisionen enthielten, hat weder das Berufungsgericht festgestellt noch wird das von der Revision geltend gemacht.
27
c) Entgegen der Ansicht der Revision ist eine beratende Bank auch nicht allgemein verpflichtet, auf von ihr vereinnahmte Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen hinzuweisen. Hat die Bank nämlich - wie hier die Beklagte - eine Provision für die Vermittlung einer Kapitallebensversicherung erhalten, so ist ihr damit realisiertes Gewinnerzielungsinteresse aus normativobjektiver Sicht offensichtlich und folglich nicht aufklärungsbedürftig.
28
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit Produkten, die sie in ihrer Beratung empfiehlt, Gewinne erzielt. Es ist nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, sodass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss (Senatsurteile vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 38, vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rn. 37 und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 40, vom 26. Juni 2012 - XI ZR 316/11, WM 2012, 1520 Rn. 19, vom 16. Oktober 2012 - XI ZR 367/11, NJW-RR 2013, 244 Rn. 27 ff. und vom 17. September 2013 - XI ZR 332/12, WM 2013, 1983 Rn. 11, jeweils mwN). Dabei lässt ein Umstand, der für den Kunden im Rahmen des aufgrund der Beratung zustande gekommenen Vertragsverhältnisses - hier des Versicherungsvertrags - offensichtlich ist, auch innerhalb des Beratungsvertrags seine Schutzwürdigkeit entfallen (vgl. dazu Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rn. 44 und XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 47).
29
bb) Nach diesen Grundsätzen besteht keine Pflicht der Beklagten, auf den Bezug einer Provision für die Vermittlung der Lebensversicherung hinzuweisen.
30
Denn der Provisionsanspruch der Beklagten als Versicherungsvermittlerin gegen den Versicherer ist offensichtlich. Die Zahlung einer Provision durch die Versicherung an den Vermittler entspricht einem überkommenen, allgemein bekannten Handelsbrauch, der nach überwiegend vertretener Auffassung - aufgrund einer vom Willen aller Beteiligten getragenen gleichförmigen Übung (Bruck/Möller, VVG, 8. Aufl., 1961, vor §§ 43 - 48 Anm. 73) - sogar als Gewohnheitsrecht anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 359 f.; LG Hamburg, VersR 1951, 261 f.; Bundesamt für das Versicherungswesen, VerBAV 1996, 222; Bruck/Möller, VVG, 8. Aufl., 1961, vor §§ 43 - 48 Anm. 73; Durstin/Peters, VersR 2007, 1456, 1461 f.; Gauer, Der Versicherungsmakler und seine Stellung in der Versicherungswirtschaft, 1951, S. 65 ff.; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., Nach § 48 Rn. 28 f.; Möller, Recht und Wirklichkeit der Versicherungsvermittlung, S. 162 ff.; Trinkhaus, Handbuch der Versicherungsvermittlung, Band I, 1955, S. 133 f.; vgl. auch BGH, Urteile vom 20. Januar 2005 - III ZR 251/04, BGHZ 162, 67, 72, vom 14. Juni 2007 - III ZR 269/06, WM 2007, 1676 Rn. 12 und vom 12. Dezember 2013 - III ZR 124/13, WM 2014, 159 Rn. 13). Das gilt nicht nur für den Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters, der im Lager des Versicherers steht und vorrangig dessen Interessen im Auge zu behalten hat (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - III ZR 124/13, WM 2014, 159 Rn. 14), sondern auch für den Anspruch eines Versicherungsmaklers (BGH, Urteil vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 359 f.; LG Hamburg, VersR 1951, 261 f.; Gauer, Der Versicherungsmakler und seine Stellung in der Versicherungswirtschaft , 1951, S. 65 f.; BK/Gruber, 1999, Anhang zu § 48 VVG Rn. 15; vgl. auch BGH, Urteil vom 6. November 2013 - I ZR 104/12, WM 2014, 14 Rn. 32), ob- wohl dieser nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - vergleichbar sonstigen Beratern - treuhänderischer Sachwalter und Interessenvertreter des Versicherungsnehmers ist (BGH, Urteile vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 359, vom 14. Juni 2007 - III ZR 269/06, WM 2007, 1676 Rn. 10 und vom 12. Dezember 2013 - III ZR 124/13, WM 2014, 159 Rn. 13).
31
Danach ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung für einen Bankkunden - hier den Kläger - offensichtlich, dass auch die zu einer Finanzierung beratende Bank der allgemeinen Übung folgend im Falle der Vermittlung einer Lebensversicherung von der Versicherung eine Provision erhält.
32
d) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht eine Aufklärungspflicht über die in die Prämien einkalkulierten Vermittlungsprovisionen unter dem Gesichtspunkt der Werthaltigkeit der Lebensversicherung (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22) rechtsfehlerfrei und unangegriffen verneint.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Derstadt
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 05.10.2011 - 8 O 282/10 B -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.06.2012 - 13 U 219/11 -

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 271/10 Verkündet am:
11. Juli 2012
Bott
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom11. Juli 2012

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger verlangen von der Beklagten, einem englischen Lebensversicherer , Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten bei Abschlussvon zwei Lebensversicherungsverträgen.
2
Die Beklagte bietet eine Kapitallebensversicherung "Wealthmaster Noble" an, bei der mit einer Einmalzahlung Anteile an einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs" erworben werden. Die Beklagte "garantiert" den Anlegern, dass der Wert des einzelnen Poolanteils nicht fallen kann. Der Vertragswert des Anlegers ist das Produkt aus der Anzahl der ihm zugewiesenen Poolanteile und dem Anteilswert. Das den verschiedenen Pools der Beklagten zugrunde liegende Gesamtvermögen wird von der Beklagten als Teil ihres Lebensversicherungsfonds am Aktienmarkt investiert. Im Rahmen des sogenannten Glättungsverfahrens ("smoothing") überführt sie einen Teil der durch die Investitionen der Vermögenswerte erzielten Rendite in Rückstellungen und gibt nur den verbleibenden Teil während der Vertragslaufzeit in Form des garantierten Wertzuwachses und gegebenenfalls durch - nicht garantierte - Fälligkeitsboni an die Anleger weiter. An den gebildeten Reserven können die Anleger auch am Ende der Vertragslaufzeit durch einen Fälligkeitsbonus beteiligt werden, der dem Wert der Anteile hinzugerechnet wird.
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Diese Lebensversicherung war Teil eines Anlagemodells, das als weitere Bestandteile die Darlehensfinanzierung der Einmalzahlung und die Investition in einen Investmentfonds beinhaltete. In Deutschland wurde dieses Anlagemodell unter anderem über die E. AG als sogenannte "Masterdistributorin" und von dieser beauftragte Untervermittler vertrieben.
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Geworben durch einen dieser Untervermittler schlossen auch die Kläger jeweils gemeinsam als Ehepaar bei der Beklagten zwei Lebensversicherungsverträge "Wealthmaster Noble" mit Versicherungsbeginn zum 13. August 2002 und einer Laufzeit von 15 Jahren ("Tilgungspolice") und 54 Jahren ("Rentenpolice") ab. Mit der Zahlung vonEinmalbeträgen in Höhe von 216.364 € und 283.636 € erwarben sie jeweils Anteile am "Euro-Pool 2000EINS", einem "Pool mit garantiertem Wertzuwachs". Die Versicherungsscheine sahen halbjährliche "regelmäßige Auszahlungen" vor, die nach Betrag und Auszahlungsdatum konkret festgelegt waren.
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Zur Finanzierung der Einmalbeträge nahm der Kläger zu 2) bei einer Bank einen Kredit in Höhe von 500.000 € zuzüglich 55.555,56 € Disagio mit einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 6,87% auf. Ihre Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen traten die Kläger zur Sicherung an die Kreditgeberin ab. Daneben investierten sie in einen Fondssparplan. Das Anlagemodell sah vor, dass die Darlehenszinsen durch die halbjährlichen Auszahlungen aus den Lebensversicherungen beglichen werden sollten. Mit der "Tilgungspolice" sollte sodann ein Teil des nach 15 Jahren endfälligen Darlehens getilgt werden, der Rest mit dem Fondssparplan. Die "Rentenpolice" sollte nach Tilgung des Darlehens für private Entnahmen zur Verfügung stehen.
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Die Kläger erhielten von der Beklagten jährliche Mitteilungen über die aktuellen Vertragswerte und den zum 1. Februar jeden Jahres festgelegten deklarierten Wertzuwachs für den Pool der Serie 2000EINS. Dieser betrug vor Abschluss der streitgegenständlichen Verträge im Jahr 2001 4% und im Jahr 2002 3,5%; nach Vertragsschluss wurde er für das Jahr 2003 mit 3%, für 2004 mit 1,5% und ab 2005 mit 0,5% festgesetzt.
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Wegen sinkender Vertragswerte nahmen die Kläger im Jahr 2006 eine Umschuldung vor, um die Darlehenszinsen anderweitig zu bedienen. Auch an die neue Kreditgeberin traten sie ihre Rechte aus den Lebensversicherungsverträgen ab.
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Ihr Schadensersatzbegehren haben die Kläger auf die Behauptung gestützt, dass sie unzureichend über die Risiken der Lebensversicherung aufgeklärt worden seien. Insbesondere sei ihnen ein unzutreffendes Bild über die zu erwartende Rendite vermittelt worden. Das Verhalten des Untervermittlers sei der Beklagten zuzurechnen, da sie den Vertrieb ihrer Lebensversicherungen in Deutschland vollständig auf Masterdistributoren und Untervermittler ausgelagert habe. Die Kläger verlangen, so ge- stellt zu werden als hätten sie die Lebensversicherungsverträge nicht geschlossen, und fordern als Schadensersatz die Freistellung von der Darlehensverbindlichkeit und Erstattung der im Zusammenhang mit der Darlehensaufnahme stehenden Kosten und Zinsen.
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Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Kläger wegen der Sicherungsabtretung an die Bank in Abrede gestellt. Ein etwaiges Verschulden des Vermittlers sei ihr nicht zuzurechnen, da das Anlagemodell durch unabhängige Makler vertrieben worden sei; zumindest treffe die Kläger ein Mitverschulden. Von der Fremdfinanzierung habe die Beklagte keine Kenntnis gehabt. Schadensersatzansprüche der Kläger seien jedenfalls verjährt, da den Klägern spätestens im Jahr 2003 aufgrund der jährlichen Zusendung der Kontoauszüge bekannt gewesen sei, dass die für ihr Anlagekonzept erforderliche Rendite nicht erzielt werde.
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Revision der Kläger, die eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstreben.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat die Frage der Aktivlegitimation offen gelassen. Den Klägern stünden mangels einer Verletzung von Aufklärungspflichten keine Schadensersatzansprüche zu.
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Eine Aufklärung über die aus der Fremdfinanzierung resultierenden Risiken hätte die Beklagte nur geschuldet, wenn sie hiermit hätte rechnen müssen. Die Kenntnis von dem konkreten Zinsdifferenzgeschäft sei jedoch nicht nachgewiesen. Daher sei die Beklagte nur zur Aufklärung über die wesentlichen Fragen des Versicherungsvertrages verpflichtet gewesen; dazu gehörten aber die Vergangenheitsrenditen und die künftig zu erwartenden Renditen nicht. Aufklärung habe insoweit allein der Anlageberater geschuldet, der hier nicht im Pflichtenkreis der Beklagten tätig geworden sei. Dass die eigenen Angaben der Beklagten zu den Vergangenheitsrenditen falsch seien, hätten die Kläger nicht dargetan.
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II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte - die in jeder Lage des Verfahrens, auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 9; vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 17; vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 85) - gegeben. Sie folgt sowohl aus Art. 9 Abs. 1 Buchst. b als auch aus Art. 16 Abs. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO.
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2. Ob den Klägern die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss zustehen, kann der Senat nicht abschließend prüfen, da das Berufungsgericht weitere Feststellungen treffen muss.

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a) Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass die Kläger trotz Abtretung aller gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus den Versicherungsverträgen an die neue Kreditgeberin Inhaber des geltend gemachten Anspruchs auf Rückabwicklung des Vertrages wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen sind. Vom Berufungsgericht wurde die Frage der Auslegung der Abtretungsvereinbarung offen gelassen.
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b) Auf der Grundlage des revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalts hat die Beklagte im Rahmen der Vertragsverhandlungen ihre Aufklärungspflichten verletzt.
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aa) Das Verhalten des Untervermittlers ist ihr nach § 278 BGB zuzurechnen. Übernimmt ein Vermittler mit Wissen und Wollen einer Vertragspartei Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, steht der Vermittler - unabhängig von seiner etwaigen Selbständigkeit und einer Tätigkeit auch für den Vertragspartner - in ihrem Lager, wird in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist als ihre Hilfsperson zu betrachten (BGH, Urteile vom 14. November 2000 - XI ZR 336/99, VersR 2001, 188 unter II 2; vom 9. Juli 1998 - III ZR 158/97, VersR 1998, 1093 unter II 2; vom 24. September 1996 - XI ZR 318/95, VersR 1997, 877 unter II 1). Eine solche umfassende Aufgabenübertragung ist hier erfolgt. Die Beklagte hat ihre Lebensversicherung "Wealthmaster Noble" unter Verzicht auf ein eigenes Vertriebssystem im Rahmen eines sogenannten Strukturvertriebs über rechtlich selbständige Vermittler, die ihrerseits Untervermittler eingesetzt haben, veräußert, ohne selbst mit den Kunden in Kontakt zu treten. Sie hat es also diesen Vermittlern überlassen, den Versicherungsinteressenten die Angebote der Beklagten nahezubringen, ihnen dabei die notwendigen Auskünfte zum Vertragsinhalt und zum angebotenen Versicherungsprodukt zu geben, auftauchende Fragen hierzu zu beantworten und die Verhandlungen bis zum Abschluss zu führen.
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bb) Die Frage, ob durch eigenes Verhalten der Beklagten oder durch ihr zuzurechnendes Verhalten des Vermittlers im Rahmen der Vertragsverhandlungen Aufklärungspflichten gegenüber den Klägern verletzt wurden, hat das Berufungsgericht mit einer rechtlich nicht tragfähigen Begründung verneint.
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(1) Das Berufungsgericht hat zunächst verkannt, dass sich der Abschluss der streitgegenständlichen kapitalbildenden Lebensversicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstellt. Gegenüber der Renditeerwartung war die Versicherung des Todesfallrisikos von untergeordneter Bedeutung. Dies zeigt sich schon daran, dass die garantierte Todesfallleistung nur "101,00% des Rücknahmewertes von Einheiten /Anteilen" beträgt. Die Beklagte war daher nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Aufklärung bei Anlagegeschäften verpflichtet, die Kläger bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle Umstände verständlich und vollständig zu informieren, die für ihren Anlageentschluss von besonderer Bedeutung waren. Das gilt insbesondere für die mit der angebotenen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 1998 aaO unter I 1; vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, WM 2005, 833 unter II 2 b; vom 17. Februar 2011 - III ZR 144/10, NJW-RR 2011, 910 Rn. 9).
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(2) Eine Verletzung dieser Aufklärungspflichten ist, wie von der Revision geltend gemacht, darin zu sehen, dass die Beklagte ein in tat- sächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild der Renditeerwartung gegeben hat.
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Bei Vertragsabschluss wurde gegenüber den Klägern der Eindruck erweckt, dass die Prognose einer Durchschnittsrendite von mindestens 8,5% realistisch ist. Die Kläger berufen sich auf vom Vermittler erstellte "Berechnungsgrundlagen" für eine Individualrente, die auf einer Renditeerwartung von 8,5% basieren, sowie auf die ebenfalls vom Vermittler zur Verfügung gestellten "Erläuterungen für das Finanzamt", die auf Seite 8 mit einer Rendite in Höhe von 8,5% kalkulieren. Die Beklagte verweist ihrerseits auf eine "unverbindliche Musterberechnung", mit der die Kläger über die zu erwartende Wertentwicklung aufgeklärt worden seien. Hierin wird jeweils auf den Seiten 3 und 4 eine Rendite von 8,5% zugrunde gelegt, die auch auf Seite 1 bei der Ablaufleistung und auf Seite 2 bei der Todesfallleistung als alleiniger Wert angenommen wird. Sowohl die "Berechnungsgrundlagen" und die Erläuterungen für das Finanzamt als auch die "unverbindliche Musterberechnung" erwecken den Eindruck, dass mit einer Rendite von 8,5% aufgrund einer sachlich gerechtfertigten Prognose gerechnet werden kann. Tatsächlich hat die Beklagte - wie sich auch aus Ziffer 5 der Hinweise auf Seite 5 der "unverbindlichen Musterberechnung" ergibt - aber nur die Prognose einer Wertentwicklung von 6% als gerechtfertigt angesehen.
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Werden konkrete Aussagen über eine zu erwartende Wertentwicklung gemacht, müssen diese ein realistisches Bild vermitteln; zeichnet sich bereits bei Vertragsschluss ab, dass diese Werte tatsächlich nicht erreicht werden können, ist der Interessent hierüber aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2012 - IV ZR 194/09, VersR 2012, 601 Rn. 38; BGH, Urteil vom 18. Juli 2008 - V ZR 71/07, NJW 2008, 3059 unter 1 b; OLG Düsseldorf VersR 2001, 705 unter 1).
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An einer solchen Aufklärung fehlt es. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus den Hinweisen auf Seite 5 der "unverbindlichen Musterberechnung". Auch wenn dort die von der Beklagten tatsächlich angenommene Wertentwicklung von 6% erwähnt wird, ist dieser Hinweis angesichts des Umstands, dass auf sämtlichen Seiten zuvor die Musterberechnung durchgehend auf der Grundlage einer Rendite von 8,5% durchgeführt wurde und sich der Hinweis auf die tatsächlich angenommene - niedrigere - Wertentwicklung nur kleingedruckt und erst auf Seite 5 der Musterberechnung findet, nicht ausreichend; Anordnung und Kontext des Hinweises gewährleisten nicht, dass der Anleger hiervon in der gebotenen Weise Kenntnis nimmt. Auf die streitige Frage, ob die "unverbindliche Musterberechnung" den Klägern vor Vertragsschluss zugegangen ist, kommt es daher nicht an. Zur Aufklärung ungeeignet ist auch der Hinweis im "Beratungsprotokoll zur Individualrente", dass "die garantierte Jahresdividende niedriger sein kann als der Effektivzinssatz für das aufzunehmende Darlehen". Die Rendite setzt sich aus dem garantierten Wertzuwachs und dem nicht garantiertem Fälligkeitsbonus zusammen, so dass dieser Hinweis nichts über die Gesamthöhe der zu erwartenden Wertentwicklung aussagt. Unerheblich ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch der Hinweis auf Seite 3 der den Klägern übergebenen Broschüre "Individual-Rente", wonach "eine jährlich neu festgesetzte Jahresdividende garantiert wird, die im Jahr 2001 4% beträgt". Auch dieser Hinweis bezieht sich ausschließlich auf den garantierten Wertzuwachs. Die Kläger konnten hieraus nicht schließen, dass die Prognose einer Gesamtrendite von 8,5% für die Folgejahre unrealistisch ist.
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c) Nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt ist die Aufklärungspflichtverletzung für den Abschluss der Lebensversicherungsverträge ursächlich. Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer fehlerhaften Aufklärung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, VersR 2011, 395 Rn. 20 m.w.N.; siehe dazu im Einzelnen BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10 Rn. 28 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Die Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die diese Vermutung entkräften könnten. Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Höhe der möglichen Rendite für den Kapitalanleger nur im Hinblick auf die Auswahl unter mehreren Verträgen, nicht aber für den Abschluss der Lebensversicherung selbst von Bedeutung sei. Tatsächlich ist die Renditeprognose bei objektiver Beurteilung ein für den Abschluss einer als Kapitalanlage dienenden Lebensversicherung zentrales Kriterium.
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III. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, da das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen zum Bestehen eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Aufklärungspflichtverletzung und zur Verjährungseinrede treffen muss.
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Die Aufhebung und Zurückverweisung wird dem Berufungsgericht dabei auch Gelegenheit geben, zu den weiteren vom Kläger in den Tatsacheninstanzen geltend gemachten Aufklärungsmängeln, insbesondere bezüglich des von der Beklagten praktizierten Glättungsverfahrens ("smoothing") und der Regelungen zur Marktpreisanpassung (vgl. zu diesen beiden Punkten auch das Senatsurteil vom heutigen Tage - IV ZR 164/11 unter Rn. 55 und 61) Stellung zu nehmen.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 12.06.2009- 5 O 354/07 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 18.11.2010- 4 U 130/09 -

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.