Oberlandesgericht München Endurteil, 11. Sept. 2015 - 10 U 1455/13

bei uns veröffentlicht am11.09.2015
vorgehend
Landgericht Ingolstadt, 43 O 1455/13, 25.01.2013

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 10 U 1455/13

Im Namen des Volkes

Verkündet am 11.09.2015

43 O 758/10 LG Ingolstadt

Die Urkundsbeamtin …

In dem Rechtsstreit

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin …

gegen

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Schadensersatzes

erlässt der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … und die Richter am Oberlandesgericht … und … im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 03.09.2015 folgendes

Endurteil

I.

Auf die Berufung des Klägers vom 11.04.2013 wird das Endurteil des LG Ingolstadt vom 25.01.2013 (Az. 43 O 1455/13) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,- € zu bezahlen, nebst Zinsen von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

- einem Betrag von 6.000,- € seit 02.02.2010,

- einem weiteren Betrag von 4.000,- € seit 13.04.2010,

- einem weiteren Betrag von 10.000,- € seit 21.06.2012,

- einem weiteren Betrag von 5.000,- € seit 18.01.2014.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 1.488,98 € zu bezahlen, nebst Zinsen von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 480,88 € seit 02.02.2010 und aus weiteren 1.008,10 € seit 18.01.2014.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jegliche künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Schadensereignis vom 04.10.2009 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

II.

Im Übrigen wird einerseits die Berufung des Klägers verworfen (hinsichtlich eines unbestimmten Antrags auf Verdienstausfallschadensrente), andererseits wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

III.

Von den Kosten jeweils des Rechtsstreits erster Instanz und des Berufungsverfahrens tragen der Kläger ein Drittel und der Beklagte zwei Drittel.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Beklagten steht eine entsprechende Abwendungsbefugnis zu.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 36.224,85 € festgesetzt.

Gründe

A.

Der Kläger erhebt gegen den Beklagten Ansprüche auf Ersatz von Personen- und Vermögensschäden aus einem Unfall im öffentlichen Straßenverkehr.

Am 04.10.2009 gegen 14.30 Uhr ereignete sich auf der Staatsstraße 2049 in K. ein Zusammenstoß zwischen dem Kläger als Fahrer eines kurz zuvor ausgeliehenen Elektrorollers, amtliches (rotes) Kennzeichen …, und dem Beklagten als Fahrer eines ebenfalls kurz zuvor ausgeliehenen Fahrrads mit Hilfsmotor (Pedelec). Die Parteien fuhren in gleicher Fahrtrichtung Richtung Ortsmitte, der Beklagte etwas vor dem Kläger. Vor oder an einer durch Verkehrszeichen markierten Überquerungshilfe bog der Beklagte nach links, um die Straße zu überqueren, während der Kläger überholen wollte, und - aus Erschrecken vor dem befürchteten Zusammenstoß und ohne Berührung der Fahrzeuge - zu Sturz kam. Der Kläger wurde mittelschwer verletzt und macht heute noch bestehende Beeinträchtigungen aufgrund der Unfallfolgen geltend. Er forderte in erster Instanz:

- Zum ersten ein weiteres, gestaffelt verzinstes angemessenes Schmerzensgeld, beziffert mit mindestens 20.000,- €,

- Zum zweiten einen verzinsten Zahlbetrag von 522,16 €, gestützt im Wesentlichen auf Kleidungs- und Fahrtkostenersatz,

- Zum dritten eine monatliche angemessene Schadensersatzrente für Verdienstminderungen,

- Zum vierten die Feststellung, dass der Beklagte für sämtliche künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Verkehrsunfall hafte, soweit die Ersatzansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind (oder übergehen).

Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 25.01.2013 (Bl. 156/176 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme den Beklagten verurteilt, ein gestaffelt verzinstes Schmerzensgeld von 7.500,- € und einen verzinsten Schadensersatz von 228,17 € zu bezahlen, sowie festgestellt, dass der Beklagte zu drei Vierteln für sämtliche künftige materielle und immaterielle Schäden des Kläger aus dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen hafte. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 14.03.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Oberlandesgericht München am 11.04.2013 eingegangenen Schriftsatz vom 10.04.2013 Berufung eingelegt (Bl. 187/189 d. A.) und diese nach zweimaliger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem beim Oberlandesgericht München am 02.07.2013 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag (Bl. 197/202 d. A.) begründet.

Der Kläger beantragt - nach Klageerweiterung -,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,- € zu bezahlen, nebst Zinsen von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

- einem Betrag von 6.000,- € seit 02.02.2010,

- einem weiteren Betrag von 4.000,- € seit 13.04.2010,

-einem weiteren Betrag von 10.000,- € seit 21.06.2012,

- einem weiteren Betrag von 5.000,- € seit 18.01.2014,

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 1.530,26 € zu bezahlen, nebst Zinsen von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 522,16 € seit 02.02.2010 und aus weiteren 1.008,10 € seit 18.01.2014,

3.festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger jegliche künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Schadensereignis vom 04.10.2009 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen,

4. den Beklagten zu einer angemessenen monatlichen Rente wegen Folgeschäden aus dem Schadensereignis vom 04.09.2010 zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 19.08.2015 mit Zustimmung der Parteien schriftlich entschieden, § 128 II ZPO; als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 03.09.2015 bestimmt (Bl. 245/247 d. A.). Der Kläger hat hierzu erläuternde Ausführungen eingereicht (Schriftsatz v. 01.09.2015, Bl. 248/249 d. A.), der Beklagte hat sich nicht geäußert.

Zuvor war die Sach- und Rechtslage mit den Parteien in mündlicher Verhandlung erörtert worden, insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl.220/223 d. A.) Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze (BGH, Urt. v. 12.05.2015 - VI ZR 102/14 [juris, Rn. 48]), die Hinweisverfügungen des Senatsvorsitzenden vom 10.07. und 27.09.2013 (Bl. 203/206 u. 216/217 d. A.) und die Hinweise des Berichterstatters vom 30.07. und 03.08.2015 (Bl. 240/241 d. A.) Bezug genommen.

B.

Die Berufung des Klägers ist statthaft, sowie form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist jedoch zu einem Teil unzulässig (Ziffer II der Urteilsformel), weil ein zulässiger, insbesondere bestimmter Berufungsantrag nicht gestellt wurde (§ 520 III 2 Nr. 1 ZPO). Darüber hinaus ist die Berufung jedoch ordnungsgemäß begründet und hat in der Sache weitest gehend Erfolg.

I.

Der Kläger hat, in erster Instanz wie im Berufungsverfahren, eine monatliche Schadensersatzrente gemäß §§ 843 I, 842 BGB beantragt, jedoch deren Höhe und somit den tatsächlichen Schaden nicht errechnet und nicht beziffert, sondern dem Ermessen des Gerichts überlassen. Dies ist unzulässig (BGH NJW 2007, 294 [8]), weil nur in eng begrenzten, im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen, etwa § 253 II BGB, die tatsächlichen Umstände, die den Umfang der Leistung bestimmen oder bestimmbar machen, im Zeitpunkt der Antragstellung oder Entscheidung noch nicht festzustehen brauchen und durch das Gericht bestimmt werden können.

Hierauf wurde der Kläger gemäß § 139 I 2, II ZPO ausdrücklich hingewiesen, seine Prozessbevollmächtigte hat daraufhin erklärt, keine Bezifferung mehr vornehmen und die beantragte Beweiserhebung nicht weiterverfolgen zu wollen.

Hierauf beruht Ziffer II, erster Halbsatz der Urteilsformel.

II.

Das Landgericht hat zu Recht Ansprüche des Klägers auf angemessenes Schmerzensgeld und Ersatz von Kleidung, Fahrtkosten und Unkostenpauschale dem Grunde nach bejaht, jedoch zu Unrecht ein Mitverschulden des Klägers von einem Viertel berücksichtigt und deswegen eine Kürzung der geforderten Beträge vorgenommen (EU 9/13 = Bl. 164/168 d. A.).

Darüber hinaus ist dem Erstgericht hinsichtlich des Schmerzensgeldes - bei grundsätzlich beanstandungsfreier Darstellung und Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen - eine greifbare Fehlbewertung unterlaufen (EU 13/17 = Bl. 168/172 d. A.), die der Senat, auch unter Berücksichtigung neuen und ergänzenden Vorbringens, zu berichtigen hat. Zudem sind eine Versagung der Unkostenpauschale und Kürzung des Bekleidungsersatzes rechtlich nicht zu vertreten (EU 17/18 = Bl. 172/173 d. A.), und eine Kürzung der Fahrtkosten nur insoweit gerechtfertigt, als eine Kilometerpauschale von 0,30 € statt 0,25 € angesetzt wurde. Zuletzt ist eine Quotierung des Feststellungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens nicht vorzunehmen (EU 20 = Bl. 175 d. A.), im Übrigen eine Verringerung immaterieller Ansprüche entsprechend der Haftungsquote rechtsfehlerhaft.

1. Haftung:

a) Das Erstgericht stellt zutreffend fest, dass der Kläger aus §§ 823 I, II BGB, 229 StGB, 9 I 4 StVO Ansprüche gegen den Beklagten geltend machen kann, da er durch dessen vorwerfbar sorgfalts- und verkehrswidriges Verhalten verletzt und geschädigt wurde (EU 10/12 = Bl. 165/167 d. A.; Hinweise des Senats v. 10.07.2013, S. 1/2 = Bl. 203/204 d. A.).

aa) Der Kläger hat vorgebracht und - unter dem Beweismaß des § 286 I 1 ZPO, unterstützt mit den Mitteln des Anscheinsbeweises - nachgewiesen, dass der Beklagte vor ihm fahrend zum Linksabbiegen angesetzt habe, ohne auf den nachfolgenden Verkehr zu achten, und dadurch seinen Sturz, Vermögensschäden und Verletzungen verursacht habe. Damit hat der Kläger seiner grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast genügt, während der Beklagte deren tatsächliche Umstände weder bestritten hat (EU 10, 12 = Bl. 165, 167 d. A.), noch jetzt bezweifeln will (BE 3 = Bl. 210 d. A.).

bb) Dem Beklagten ist es nicht gelungen, die gegen den Linksabbieger wirkende Anscheinsbeweislage (hierzu: Senat, Urt. v. 23.01.2015 - 10 U 299/14 [juris, Rn. 20-31]) zu beseitigen oder den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Möglich wäre dies gewesen etwa durch den Nachweis, dass der Beklagte rechtzeitig den beabsichtigten Fahrtrichtungswechsel angezeigt oder der Kläger verbotswidrig bei unklarer Verkehrslage überholt habe. Das Landgericht beurteilt dies zutreffend (EU 10/12 = Bl. 165/167 d. A.), während der Beklagte die Feststellungslast verkennt: Nicht entscheidend ist, ob er sich glaubhaft oder nachvollziehbar zu entlasten versucht hat, und deswegen nicht geschlossen werden dürfe, er habe kein Richtungszeichen gegeben (BE 3 = Bl. 210 d. A.). Vielmehr hätte der Beklagte nachweisen müssen, dass der den beabsichtigten Richtungswechsel angezeigt habe.

Insoweit ist die Beweiswürdigung des Ersturteils denkgesetzlich möglich (BGH NJW 2012, 3439 [3442]), widerspruchsfrei (BGH Betrieb 1968, 2270) und nachvollziehbar begründet (BGH NJOZ 2009, 1690), und somit nicht zu beanstanden.

b) Ebenfalls noch zutreffend geht das Erstgericht davon aus, dass der Beklagte dem Kläger von diesem verursachte Mitverursachungsbeiträge oder zuzurechnendes Mitverschulden anspruchsmindernd entgegenhalten kann (EU 10 = Bl. 165 d. A.). Jedoch wird übersehen, dass insoweit nur Faktoren berücksichtigt werden dürfen, die unstreitig oder erwiesen zur Entstehung des Schadens beigetragen haben und dem Kläger zuzurechnen sind (BGH NJW 2007, 506 [207]).

aa) Das Ersturteil stützt klägerisches Mitverschulden - zu Recht - ausdrücklich weder auf eine überhöhte Geschwindigkeit, noch auf das Überholverbot (§ 5 III Nr. 1 StVO) bei unklarer Verkehrslage (EU 12/13 = Bl. 167/168 d. A.), geht vielmehr davon aus, dass der Kläger höchstens mit 45 km/h gefahren sein konnte. Soweit der Beklagte dies bezweifeln möchte, zeigt er durchgreifende Mängel der Beweiswürdigung nicht auf, sondern verfolgt den im Berufungsverfahren nicht zielführenden Versuch, eigene Bewertungen der Parteiangaben und Zeugenaussagen, sowie des erwünschten Ergebnisses an die Stelle der Beweiswürdigung des Gerichts zu setzen. Entscheidend ist jedoch die Beurteilung des hierzu vorrangig berufenen Tatrichters (BGH NJW 1988, 266; BayObLG NZM 2002, 449; s. a. BGH NJW 1988, 566), umso mehr, als die Einschätzung des Beklagten wegen offensichtlicher Eigeninteressen an einem gegenteiligen Ausgang des Rechtsstreits kein geeignetes Maß an Unvoreingenommenheit und Objektivität bieten kann.

bb) Das Erstgericht findet ein Mitverschulden des Klägers darin, dass er „obwohl mit dem Roller noch nicht vertraut … doch mit einer recht erheblichen Geschwindigkeit unterwegs gewesen sein dürfte (sic!)“ und mit gleichartiger Unerfahrenheit des Beklagten und der Geräuschlosigkeit seines Fahrzeugs habe rechnen müssen (EU 13 = Bl. 168 d. A.). Dies beanstandet die Berufung des Klägers - etwas kursorisch - zu Recht (BB 2 = Bl. 199 d. A.), einerseits beruhen die Erwägungen des Landgerichts auf Vermutungen statt Tatsachenfeststellungen (etwa BGH NJW 1995, 1029: „nur solche Umstände Berücksichtigung finden können, die sich erwiesenermaßen auf den Unfall ausgewirkt haben“), andererseits ergeben sich aus wünschenswerten vorsichtigem Fahrstil oder grundsätzlichem Absehen von Überholversuchen in derartigen Verkehrslagen weder die vom Beklagten bevorzugte Rechtsfolge, noch zusätzliche, nicht in der StVO festgelegte Sorgfaltspflichten.

Der Senat würdigt deswegen, nach Überprüfung und eigenständiger Bewertung, das erstinstanzliche Beweisergebnis in der Weise, dass ein Mitverschulden des Klägers nicht nachgewiesen ist und deswegen der Beklagte uneingeschränkt haftet. Ergänzend wird auf die Hinweise des Senats (v. 10.07.2013, S. 1/2 = Bl. Bl. 203/204 d. A.) verwiesen. Hierauf beruht Ziffer I 3 der Urteilsformel.

2. Schmerzensgeld:

a) Der Senat hält die Ausführungen des Landgerichts zu den Grundlagen, Bemessungsgesichtspunkten und Aufgaben des Schmerzensgeldes (EU 13/16 = Bl. 168/171 d. A.) für uneingeschränkt zutreffend. Jedoch ist zu berücksichtigen:

aa) Zwar sind tatbestandliche Darstellung, Beweiserhebung und -würdigung des Ersturteils - auch unter Berücksichtigung äußerst knappen Berufungsvorbringens (BB 4 = Bl. 200 d. A.) - vollständig und nicht zu beanstanden. Deswegen ist der Senat nach § 529 I Nr. 1 ZPO gebunden, weil konkrete Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit nicht vorgetragen oder ersichtlich wurden. Insbesondere vermag der Kläger ein sogenanntes Heranziehungsdefizit (Senat, Terminhinweise v. 16.02.2015 - 10 U 1319/14: es sind nicht alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Gesichtspunkte in die Ermessensausübung einbezogen worden) nicht aufzuzeigen.

bb) Der Berufung ist jedoch Recht zu geben, dass die erstinstanzliche Berücksichtigung eine 25-prozentigen Mitverschuldens (EU 16 = Bl. 171 d. A.) nach den Erwägungen von oben 1. entfallen muss. Zudem hat der Kläger neue Gesichtspunkte vorgebracht und belegt (Schriftsatz v. 16.01.2014, S. 2 = Bl. 219 d. A.; Schriftsatz v. 01.09.2015, Bl. 248/249 d. A.), denen der Beklagte nicht widersprochen hat. Die Parteien wurden darauf hingewiesen, dass der Senat bereits aufgrund der erstinstanzlich festgestellten Umstände und der unstreitigen Verletzungen ein deutlich höheres Schmerzensgeld für geboten hält (Hinweise v. 10.07.2013, S. 3 = Bl. 205 d. A.). Der Beklagte hat sich demgegenüber - ohne sachliche Auseinandersetzung - auf die Mitteilung beschränkt, dass er die Berücksichtigung von Mitverschulden aufrecht erhalte und die erstinstanzliche Bemessung für zutreffend halte (BE 5/6 = Bl. 202/203 d. A.).

b) Zur Höhe des angemessenen Schmerzensgelds hält der Senat die Überlegungen des Erstgerichts für nicht ausreichend begründet und im Ergebnis nicht für zutreffend. Die Bewertung der festgestellten entscheidungserheblichen Umstände weist insoweit Mängel einer sogenannten Ermessensdisproportionalität auf (Senat, Terminhinweise v. 16.02.2015 - 10 U 1319/14: einzelne oder mehrere Gesichtspunkte wurden nicht mit dem ihnen gebührenden Gewicht in die Ermessensausübung eingestellt).

aa) Der Senat beziffert nach eigenständiger Überprüfung und Bewertung (BGH NJW 2006, 1589; Senat, Urt. v. 30.07.2010 - 10 U 2930/10 [juris]) unter Würdigung aller Gesamtumstände das vorliegend angemessene Schmerzensgeld mit insgesamt 25.000,- €.

bb) Dabei wurden sämtliche vom Erstgericht festgestellten und verwerteten Umstände, die Erkenntnisse des Berufungsverfahrens und die Rechtsprechungspraxis des Senats berücksichtigt, wonach bei der Schmerzensgeldbemessung eine Kleinlichkeit ebenso zu vermeiden ist wie die letztlich nicht begründbare Abänderung erstinstanzlicher Entscheidungen um Kleinbeträge. Ergänzend wird auf die Hinweise des Senats (v. 10.07.2013, S. 3 = Bl. 205 d. A.) Bezug genommen. Insbesondere ist zu erwähnen:

- Das bisher - wenn auch untergeordnet - berücksichtigte Mitverschulden des Klägers entfällt.

- Aus der Sicht des Senats von ganz erheblicher Bedeutung bei der Schmerzensgeldbemessung fällt ins Gewicht, dass der Kläger seit nunmehr fast sechs Jahren unter dem Unfall leidet, die Behebung der Unfallfolgen trotz zahlreicher Behandlungen und Krankenhausaufenthalte noch nicht abgeschlossen ist, und eine langdauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und Lebensqualität eingetreten ist.

Hierauf beruht Ziffer I 1 der Urteilsformel, der erstinstanzlich ausgeurteilte Betrag von 7.500,- € ist abzuziehen.

3. Fahrtkosten, Kleidung, Unkostenpauschale:

Eine Unkostenpauschale von 25,- € (EU 17 = Bl. 172 d. A.) ist ohne weiteres zu ersetzen, denn diese dient der Verwaltung und Abwicklung der Schadensregulierung, und wird durch Fahrtkosten zu Behandlungen nicht berührt. Eine Kürzung des Bekleidungsaufwands ist nicht geboten (EU 18 = Bl. 173), weil bei derartigen Gebrauchsgegenständen ein Abzug „Neu für Alt“ nicht sachgerecht ist. Insgesamt hat eine Kürzung wegen Mitverschuldens (EU 18 = Bl. 173) nach den Darlegungen von oben 1. zu entfallen. Ergänzend wird auf die Hinweise des Senats (v. 10.07.2013, S. 3/4 = Bl. 205/206 d. A.) verwiesen.

Eine Reha-Zuzahlung von 79,60 € (Schriftsatz v. 16.01.2014, S. 2 = Bl. 219 d. A.) ist ebenso wenig vom Beklagten bestritten wie Fahrtkosten ab 22.07.2011. Insoweit wurden nur der angemessene Kilometersatz von 0,25 € und lediglich wöchentliche Besuche in der Reha geltend gemacht, sowie letztere belegt (Anlage BV 3, 4). Die erstinstanzlichen Fahrtkosten wurden auf einen Kilometersatz von 0,25 € bereinigt, sind aber im Übrigen ausreichend belegt und aufgrund zeitlicher Unfallnähe erstattungsfähig (Klageschrift v. 07.05.2010, S. 5, Anlage K 3) .

Hieraus ergeben sich Ziffer I 2 und II, zweiter Halbsatz der Urteilsformel.

4. Die Entscheidung über die Verzugszinsen beruht auf §§ 286 I 1, 288 I BGB. Der Beklagte hat die Zeitpunkte, zu welchen die Beträge gefordert wurden, nicht bestritten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 Fall 2 ZPO. Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass der Kläger - in der Berufung und in erster Instanz - mit dem Antrag auf Erwerbsschadensrente unterlegen ist, welcher mit 15.047,76 € zu beziffern war.

Dem steht gegenüber in erster Instanz ein Obsiegen mit einer Schmerzensgeldforderung von 20.000,- €, einem Feststellungsbegehren von 9.500,- € (geschätzt aus dem Klägervorbringen) und mit einem Zahlbetrag von 480,88 € zu 522,16 €. Dies errechnet eine Quote von 66,5%.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger mit einer Schmerzensgeldforderung von noch 17.500,- € obsiegt (weil 7.500,- € bereits zugesprochen waren), mit einem Feststellungsbegehren von 2.375,- € (weil drei Viertel bereits zugesprochen waren) und mit einem Zahlbetrag von 1.488,98 € zu 1.530,26 €. Hieraus errechnen sich 58,6%.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 II 1, 47 I 1, 40, 48 I 1 GKG, 3 ff. ZPO.

VI.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (BVerfG NJW 2014, 2417 f. [2419, Tz. 26-32]; BGH NJW-RR 2014, 505) noch die Fortbildung des Rechts (BVerfG, a. a. O. [2419, Tz. 33]) oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (BVerfG, a. a. O. [2420, Tz. 34]; BGH NJW 2003, 1943) erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall, der grundlegende Rechtsfragen nicht aufwirft.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 102/14 Verkündet am:
12. Mai 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zum Verbreiten unrichtiger Informationen im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB.

b) Die Beweiskraft des Tatbestands kann grundsätzlich nur durch das Protokoll über
die Verhandlung entkräftet werden, auf Grund derer das Urteil ergangen ist.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Mai 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner
sowie die Richterinnen von Pentz, Dr. Oehler und Dr. Roloff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Teil- und Grundurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 5. Februar 2014 aufgehoben, soweit über die Klage gegen den Beklagten zu 3 entschieden und die Revision zugelassen worden ist. Die weitergehende Revision der Klägerin wird, soweit sie sich gegen den Beklagten zu 3 richtet, als unzulässig verworfen. Die gegen den Beklagten zu 4 gerichtete Revision wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Aberkennung von Ansprüchen aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG und wegen von Anfang an gegebener Prospektmängel richtet. Im Übrigen wird die gegen den Beklagten zu 4 gerichtete Revision zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, die Beklagten zu 3 und 4 auf Schadensersatz im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der V. C. GmbH & Co. KG (nachfolgend: V. KG) in Anspruch.
2
Die im November 2000 gegründete V. KG bietet Kapitalanlagemöglichkeiten an. Ihre Komplementärin ist die Beklagte zu 2. Treuhandkommanditistin ist die Beklagte zu 1. Der Beklagte zu 3 war bis zum 31. Juli 2001 Geschäftsführer der Beklagten zu 2. Der Beklagte zu 4 war Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
3
Die Klägerin schloss am 17. Dezember 2001 durch Unterzeichnung eines als "Beitrittserklärung und Treuhandvertrag" bezeichneten Vertragsformulars mit der Beklagten zu 1 einen Treuhandvertrag. Danach sollte die Beklagte zu 1 mittelbar die Beteiligung der Klägerin an der V. KG bewirken, indem sie im eigenen Namen, aber für Rechnung der Klägerin eine Kommanditbeteiligung an der Gesellschaft erwarb und als Treuhänderin verwaltete. Die Klägerin verpflichtete sich, eine Einlage in Höhe von 9.532,68 € (inklusive Ratenausgabeaufschlag von 5 %) zu erbringen. Die Beteiligungssumme war in 226 monatlichen Raten von je 40,17 € zuzüglich 2,01 € als Ratenzahlungsaufschlag zu zahlen. Bei der Zeichnung durch die Klägerin lag der Emissionsprospekt der V. KG vom 5. Januar 2001 vor. Danach war der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von offenen Immobilienfonds -, Unternehmensbeteiligungsfonds- und sonstigen Fondsanteilen sowie von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen als direkte Investition jeweils für eigene Rechnung und im eigenen Namen. Unter Punkt E II 2 des Prospektes wurde der Vertriebs-Rahmen-Vertrag der V. KG mit dem Vertriebsunternehmen C. GmbH dargestellt. Zur Stornohaftung ist u.a. ausgeführt :
4
"Stellt ein durch die C. GmbH vermittelter Treugeber bei einer Kombination mit mindestens 10 % Sofortzahlungsquote die Zahlung zwischen der ersten und fünfzehnten Monatsrate ein, ist durch die C. GmbH die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision für den Vertrag mit Ratenzahlung anteilig bis auf einen Betrag von 1/x, wobei für x die jeweils individualvertraglich vereinbarte Ratenzahlungsdauer (max. 240 Monate ) einzusetzen ist, für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen.
5
Stellt ein durch die C. GmbH vermittelter Treugeber bei einem Vertrag mit einer Rateneinlage die Zahlung zwischen der ersten und dreißigsten Rate ein, ist durch die C. GmbH die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision anteilig bis auf einen Betrag von 1/x, wobei für x die jeweils individualvertraglich vereinbarte Ratenzahlungsdauer (max. 240 Monate) einzusetzen ist, für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen."
6
Die vorstehend zitierte Stornohaftungsregelung änderten die V. KG und die C. GmbH durch Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 mit Wirkung vom 1. April 2001 u.a. wie folgt ab:
7
"Stellt ein durch die Auftragnehmerin vermittelter Treugeber bei einer Kombination von monatlichen Rateneinlagen mit mindestens 10 % Sofortzahlungsquote die Zahlung zwischen der 1. und der 15. Monatsrate ein, ist durch die Auftragnehmerin die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision für den Ratenzahlungsanteil anteilig bis auf einen Betrag von 1/15 für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen.
8
Stellt ein durch die Auftragnehmerin vermittelter Treugeber bei einem Vertrag mit monatlichen Rateneinlagen die Zahlung zwischen der 1. und der 30. Monatsrate ein, ist durch die Auftragnehmerin die vorschüssig ausgezahlte Vermittlungsprovision anteilig bis auf einen Betrag von 1/30 für jede geleistete Monatsrate zurückzuzahlen."
9
Die Klägerin verlangt unter Berufung auf mehrere Prospektmängel die Rückabwicklung der Beteiligung und entgangenen Gewinn. Sie begehrt die Zahlung von 2.242,30 € nebst Zinsen und die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von ihrer Kommanditistenhaftung freizustellen, beides Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Rechte aus der Beteiligung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat - nach Aufhebung eines Beschlusses gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch das Bundesverfassungsgericht - die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, soweit die Klage gegen die Beklagten zu 3 und 4 abgewiesen worden ist. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge gegen die Beklagten zu 3 und 4 weiter.

Entscheidungsgründe:

A.

10
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagten zu 3 und 4 ein Schadensersatzanspruch nicht zusteht. Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne seien verjährt, Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG seien nicht gegeben.
11
Der Klägerin ständen gegen die Beklagten zu 3 und 4 auch keine Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB zu. Der Emissionsprospekt sei nicht deswegen fehlerhaft gewesen, weil darin nicht auf eine mögliche Erlaubnispflicht des Geschäftsmodells der V. KG nach § 32 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG bzw. auf ein mögliches Einschreiten des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen hingewiesen worden sei. Zum Zeitpunkt der Abgabe der Beitrittserklärung durch die Klägerin habe die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nur so verstanden werden können, dass damit die sogenannten Eigengeschäfte nicht hätten erfasst werden sollen. Diese Auslegung entspreche mittlerweile der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Annahme , dass die zuständige Aufsichtsbehörde das Gesetz unzutreffend anwenden würde, sei zum Zeitpunkt der Zeichnung der Anlage fernliegend gewesen.
12
Der Prospekt sei auch nicht deswegen fehlerhaft gewesen, weil darin nicht auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B. gegen die Verantwortlichen der G. Gruppe hingewiesen worden sei. Es sei nicht ersichtlich, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nachdrücklich gegen die Beklagten zu 3 und 4 gerichtet hätten. Der Umstand, dass der Beklagte zu 3 in der EDV der Staatsanwaltschaft als einer der Vorstände der Gesellschaften, die den Gegenstand der Ermittlungen gebildet hätten, erfasst gewesen sei, reiche nicht aus. Ermittlungen konkreter Art hätten in Bezug auf den Beklagten zu 3 nicht stattgefunden. Dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Beklagten zu 4 gerichtet hätten, sei nicht vorgetragen worden.
13
Der Emissionsprospekt sei zwar insoweit fehlerhaft gewesen als darin die geänderte Stornohaftungsregelung nicht wiedergegeben worden sei. Nach der zwischen der V. KG und der Vertriebsgesellschaft C. GmbH getroffenen Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 hätten die an die C. GmbH vorschüssig ausgezahlten Provisionen im Falle von Vertragsstornierungen in geringerem Umfang an die V. KG zurückgezahlt werden sollen, als dies aus dem Prospekt ersichtlich gewesen sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 264a StGB seien von den Beklagten zu 3 und 4 indes nicht erfüllt worden. Dabei könne offen bleiben, zu welchem Zeitpunkt der Prospekt der V. KG in den Verkehr gebracht worden sei. Wenn er vor dem 15. Januar 2001 in den Verkehr gebracht worden sei, sei die mögliche Tathandlung der Beklagten zu 3 und 4 nach § 264a StGB vollendet und beendet gewesen, weil der Prospekt bereits vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung einem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelangt sei. Für den Straftatbestand des § 264a StGB komme es nicht auf die zivilrechtliche Pflicht an, einen einmal verbreiteten Prospekt zu aktualisieren , wenn sich der für die Anlageentscheidung maßgebliche Sachverhalt wesentlich ändere.
14
Sei der Prospekt dagegen erst nach Abschluss der Nachtragsvereinbarung in den Verkehr gebracht worden, sei zwar die mögliche Tathandlung der Beklagten zu 3 und 4 nach § 264a StGB nicht beendet, weil der Prospekt bereits bei erstmaliger Verbreitung fehlerhaft gewesen sei. Der subjektive Tatbestand des § 264a StGB sei aber nicht erfüllt. Das Wissen des Beklagten zu 3 über die falsche Darstellung der Stornohaftungsregelung im Prospekt begründe nicht den erforderlichen Vorsatz. Dieser könne nur dann bejaht werden, wenn der Beklagte zu 3 auch erkannt hätte, dass die Stornohaftungsregelung für den durchschnittlichen Anleger bei der Zeichnung der Beteiligung von Bedeutung gewesen sei. Es sei aber weder naheliegend noch bewiesen, dass sich der Beklagte zu 3 der Erheblichkeit der Stornohaftänderung für die Anlageentscheidung bewusst gewesen sei. Der Differenzbetrag, um den sich die Investitionssumme unter Berücksichtigung der Nachtragsvereinbarung verringert habe, habe unter 18,61 Mio. € gelegen. Die Änderung der Stornohaftungsregelungen habe damit lediglich ca. 1 % der prospektierten Investitionssumme von 995,55 Mio. € betroffen. Das Wissen des Beklagten zu 3 um die Erheblichkeit folge auch nicht aus seiner angeblichen Kenntnis von einer Stornoquote von nahezu 53 %. Insoweit handele es sich um eine willkürliche Behauptung der Klägerin ins Blaue hinein, der nicht weiter nachzugehen sei. Dem Beklagten zu 4 fehle bereits deshalb der erforderliche Vorsatz, weil er die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 nicht gekannt habe.
15
Die Beklagten zu 3 und 4 hafteten auch nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 BGB, weil ihnen der insoweit erforderliche Vorsatz gefehlt habe. Hinsichtlich des Beklagten zu 4 folge dies bereits daraus, dass er die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 nicht gekannt habe. Der Beklagte zu 3 habe die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 und damit die Unrichtigkeit des Prospekts zwar gekannt. Es sei jedoch nicht anzunehmen, dass er auch erkannt habe, dass die Klägerin bei Kenntnis der tatsächlichen Stornohaftungsregelung von der Beteiligung abgesehen hätte. Die im Zivilrecht entwickelte Fiktion des aufklärungsrichtigen Verhaltens von Anlegern sei auf die Prüfung von Straftatbeständen nicht übertragbar.
16
Die Haftung der Beklagten zu 3 und 4 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB scheitere ebenfalls daran, dass die Klägerin das vorsätzliche Handeln der Beklagten zu 3 und 4 nicht habe beweisen können.

B.

I.

17
Die Revision ist zulässig, soweit sie sich gegen die Abweisung der Ansprüche der Klägerin wegen der (weiteren) Verwendung des Emissionsprospekts vom 5. Januar 2001 ungeachtet der am 15. Januar 2001 geänderten und vom prospektierten Inhalt abweichenden Stornohaftungsregelung bzw. wegen unterbliebenen Hinweises auf diesen Gesichtspunkt richtet. Im Übrigen ist sie nicht statthaft und damit unzulässig. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage beschränkt, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche zustehen, weil der Prospekt vom 5. Januar 2001 in Bezug auf die durch die Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 geänderte Storno- haftungsregelung nicht aktualisiert, sondern unverändert weiterverwendet worden ist. Die Beschränkung der Revisionszulassung hat zur Folge, dass der Streitstoff, soweit er von der Zulassung nicht erfasst wird, nicht der Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts unterliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11, VersR 2012, 1140 Rn. 2; Senatsurteile vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, VersR 2014, 381 Rn. 58; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 17).
18
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines selbständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 7; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, VersR 2014, 381 Rn. 59; BGH, Urteil vom 30. März 2007 - V ZR 179/06, VersR 2007, 1230 Rn. 6, jeweils mwN).
19
2. Von einer derartigen beschränkten Revisionszulassung ist vorliegend auszugehen. Zwar enthält die Entscheidungsformel des Berufungsurteils keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Die Beschränkung der Rechtsmittelzulassung kann sich aber auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich die Beschränkung aus den Gründen klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 19 mwN).
20
Dies ist hier der Fall. Aus den Gründen des Berufungsurteils ergibt sich zweifelsfrei, dass das Berufungsgericht eine die Anrufung des Revisionsgerichts rechtfertigende Rechtsfrage nur darin gesehen hat, ob den Prospektverantwortlichen strafrechtlich sanktionierte Pflichten zur Aktualisierung seines Prospektes treffen, wenn sich der für die Anlageentscheidung maßgebliche Sachverhalt nachträglich wesentlich geändert hat. Diese Rechtsfrage ist aber nur für die von der Klägerin geltend gemachten Ersatzansprüche wegen der (weiteren) Verwendung des Emissionsprospekts vom 5. Januar 2001 ungeachtet der am 15. Januar 2001 geänderten und vom prospektierten Inhalt abweichenden Stornohaftungsregelung bzw. wegen unterbliebenen Hinweises auf diesen Gesichtspunkt von Bedeutung. Sie berührt hingegen nicht die sachlich davon zu trennenden Ansprüche der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG und wegen weiterer, dem Prospekt von Anfang an anhaftender Unrichtigkeiten (unterlassener Hinweis auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B. gegen die Verantwortlichen der G. Gruppe, unterlassener Hinweis auf eine etwaige Erlaubnispflicht des Geschäftsmodells der V. KG nach §§ 32, 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG sowie auf ein mögliches Einschreiten des früheren Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen). Der Vorwurf des unterbliebenen Hinweises auf die nachträgliche Änderung der prospektierten Stornohaftungsregelung kann eindeutig von den übrigen angeblich unrichtigen Angaben abgegrenzt und in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht selbständig beurteilt werden. Dementsprechend hätte die Klägerin ihre Revision selbst auf den Anspruch wegen unrichtiger Angaben über die Stornohaftungsregelung beschränken können (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 20).

II.

21
Soweit die Revision zulässig ist und sich gegen den Beklagten zu 3 richtet , hat sie in der Sache Erfolg.
22
1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts , dass Schadensersatzansprüche der Klägerin aus Prospekthaftung im engeren Sinne verjährt sind und der Klägerin gegen den Beklagten zu 3 mangels Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens keine Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen zustehen. Diese Annahme des Berufungsgerichts lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
23
2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin ständen keine Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB, § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB gegen den Beklagten zu 3 zu.
24
a) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Bestimmung des § 264a StGB Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers ist (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 24 mwN).
25
b) Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Verstoß des Beklagten zu 3 gegen dieses auch den Schutz der Klägerin als Kapitalanlegerin bezweckende Gesetz nicht verneint werden.
26
aa) Gemäß § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen , die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermö- gensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt. Gemäß § 264a Abs. 2 StGB gilt Abs. 1 entsprechend, wenn sich die Tat auf Anteile an einem Vermögen bezieht, das ein Unternehmen im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung verwaltet.
27
bb) Für das Revisionsverfahren ist mangels entgegenstehender Feststellungen davon auszugehen, dass der Beklagte zu 3 als Täter eines Kapitalanlagebetrugs gemäß § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht kommt. Der Kapitalanlagebetrug ist kein Sonderdelikt. Täter kann jeder sein, der im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Kapitalanlagen falsche Angaben macht, sofern nach strafrechtlichen Kriterien eine Zurechnung täterschaftlicher Verantwortlichkeit gerechtfertigt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZR 254/08, juris Rn. 7; vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 27; BT-Drucks. 10/318, S. 24; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264a Rn. 16, 95 ff. mwN; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 264a Rn. 101 mwN).
28
cc) Nach den getroffenen Feststellungen fällt der Emissionsprospekt in den Anwendungsbereich des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Denn der Prospekt bezieht sich auf den Erwerb von Kommanditanteilen an der V. KG und steht damit im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen; die Einschaltung eines Treuhänders steht der Anwendung des § 264a Abs. 1 StGB gemäß § 264a Abs. 2 StGB nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 28; OLG München, Urteil vom 18. Juli 2007 - 20 U 2052/07, juris Rn. 33; BT-Drucks. 10/318, S. 22 f.; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 264a Rn. 8, 19; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 264a Rn. 46 ff., 52 ff.; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264a Rn. 46, 50 ff.; siehe auch BVerfG, NJW 2008, 1726).
29
dd) Für das Revisionsverfahren ist ferner davon auszugehen, dass der Prospekt unrichtige vorteilhafte Angaben hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb der Anlage erheblichen Umstände gemäß § 264a Abs. 1 StGB enthielt. Nach den insoweit auch von der Revisionserwiderung mit der Gegenrüge nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war der Prospekt insofern fehlerhaft, als die darin wiedergegebene Regelung über die Stornohaftung im Verhältnis zum Vertriebsunternehmen C. GmbH mit Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 zum Nachteil der V. KG geändert worden ist. Die Revisionserwiderung räumt ausdrücklich ein, dass der der V. KG gegen die C. GmbH im Falle von Vertragsstornierungen zustehende Provisionsrückzahlungsanspruch durch die Nachtragsvereinbarung abweichend vom Prospektinhalt reduziert worden ist. Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang geltend, daraus resultierende Mehraufwendungen gingen im Ergebnis ausschließlich zu Lasten der Beklagten zu 2, da es sich um im Rahmen der Geschäftsführung anfallende Kosten handle, die gemäß § 17 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages die Komplementärin trage. Die Revisionserwiderung zeigt nicht auf, inwiefern dieser Umstand die Unrichtigkeit des Prospekts in Frage stellen könnte. Er ändert nichts daran, dass die C. GmbH aufgrund der Nachtragsvereinbarung die vorschüssig ausgezahlten Provisionen im Falle von Vertragsstornierungen in geringerem Umfang an die V. KG zurückzahlen musste, als dies im Prospekt ausgewiesen ist. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, "das Behaltendürfen bereits ausbezahlter Provisionen" sei lediglich "geringfügig" geändert worden, betrifft dies die Frage der Erheblichkeit des Prospektfehlers, zu der das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat und die deshalb zugunsten der Revision zu unterstellen ist.
30
ee) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die (alternative) Annahme des Berufungsgerichts, die mögliche Tathandlung des Beklagten zu 3 nach § 264a StGB sei, sofern der Prospekt bereits vor dem 15. Januar 2001 in den Verkehr gebracht worden sei, zum Zeitpunkt des Abschlusses der Nachtragsvereinbarung schon beendet gewesen, weil er dann bereits zuvor einem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelangt sei, und wonach die Weiterverwendung des Prospekts nach dessen erstmaliger Veröffentlichung nicht mehr zur tatbestandsmäßigen Handlung gehöre.
31
(1) Der objektive Tatbestand des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter durch Äußerungen in einem der dort genannten Werbemittel tatsächliche Informationen verbreitet, die aufgrund ihres unrichtigen Inhalts geeignet sind, bei potentiellen Anlegern Fehlvorstellungen über die mit einem bestimmten Anlageobjekt verbundenen Risiken zu erzeugen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 31; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 264a Rn. 13; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 264a Rn. 64 f.; 84). Dabei muss er die unrichtigen oder unvollständigen Werbemittel gegenüber einem größeren Kreis von Personen verwenden. Die Bestimmung soll potentielle Kapitalanleger vor möglichen Schädigungen schützen und zugleich die Funktion des Kapitalmarkts sichern. Unter einem größeren Kreis von Personen ist deshalb eine so große Zahl potentieller Anleger zu verstehen, dass deren Individualität gegenüber dem sie zu einem Kreis verbindenden potentiell gleichen Interesse an der Kapitalanlage zurücktritt. Erfasst werden öffentlich gemachte Angebote gegenüber einem zahlenmäßig unbestimmten Anlegerpublikum wie im Falle der Medienwerbung oder durch das Auslegen oder Aushängen der Werbemittel in öffentlich zugänglichen Räumen. Unter den Tatbestand fällt aber auch die Direktwerbung durch Post, Fax, E-Mail und dergleichen, wenn sie massenhaft erfolgt (vgl. Entwurf eines Zweiten Ge- setzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drucks. 10/318, S. 23 f.; Fischer, aaO, Rn. 17; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, aaO, Rn. 65 f.). Erforderlich ist, dass die in der Bestimmung genannten Werbemittel den der Anlagegesellschaft und ihrer Vertriebsorganisation zuzurechnenden "internen" Bereich verlassen haben und einem größeren Kreis potentieller Anleger zugänglich gemacht wurden (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 31; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, aaO Rn. 82, 84, 90; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 264a Rn. 37; Fischer, aaO, Rn. 13, 18; SK-StGB/Hoyer, § 264a Rn. 17 [Stand: Juni 2014]; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264a Rn. 101; Bosch in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 264a Rn. 20; Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, BT-Drucks. 10/318, S. 23 r. Sp. Abs. 2 a.E.).
32
(2) Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft die aus dem Sitzungsprotokoll vom 28. November 2012 ersichtliche und von der Revision ausdrücklich in Bezug genommene Darstellung des Beklagten zu 3 nicht berücksichtigt, wonach die von der Vertriebsgesellschaft C. GmbH mit dem Vertrieb der Beteiligungen beauftragten selbständigen Handelsvertreter die im Prospekt vom 5. Januar 2001 vorgesehene Stornohaftungsregelung nicht akzeptiert hätten. Aus diesem Grund habe der Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft , Dr. H., beim Beklagten zu 3 darauf gedrungen, diese Regelung abzuändern, "sonst verkauft das keiner". Nach Abänderung der Stornohaftungsregelung hätten sich der Beklagte zu 3 und Dr. H. die Frage gestellt, ob sie den Prospekt zurückziehen sollten. Das sei allerdings nicht in Betracht gekommen, weil sie "dann den Vertrieb ohne Arbeit gelassen hätten". Es sei notwendig gewesen , dass der Fonds schnell platziert würde und dazu hätte es der Prospekte bedurft. Diese Darstellung hat sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2012 ausdrücklich zu Eigen gemacht. Auf das Sitzungsprotokoll vom 28. November 2012 hat das Berufungsgericht in der letzten mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2013 ausdrücklich hingewiesen.
33
Diesen Vortrag der Klägerin hätte das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht außer Betracht lassen dürfen. Denn waren die Prospekte vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 nur den mit dem Vertrieb der Beteiligung beauftragten Handelsvertretern zugänglich gemacht worden und hatten diese eine Vermittlung der Anlage unter Berufung auf die ungünstige Stornohaftungsregelung abgelehnt, so wäre der Prospekt vom 5. Januar 2001 vor der Nachtragsvereinbarung noch nicht dem Anlegerpublikum zugänglich gemacht worden. Waren vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung erst vereinzelt potentielle Anleger angesprochen worden, so wäre die mögliche Tathandlung mangels Erreichens eines größeren Kreises potentieller Anleger jedenfalls nicht vollendet (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 34 f.; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, aaO Rn. 84; Perron in Schönke/Schröder, aaO Rn. 37; Fischer, aaO, Rn. 13, 18; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, aaO Rn. 101; Bosch in Satzger /Schluckebier/Widmaier, aaO § 264a Rn. 20).
34
(3) Aber auch wenn der Prospekt vor Abschluss der Nachtragsvereinbarung bereits einem größeren Kreis potentieller Anleger zugänglich gemacht worden sein sollte, kann ein Verstoß des Beklagten zu 3 gegen § 264a Abs. 1 StGB mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht verneint werden.
35
(a) Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass auch derjenige unrichtige Informationen im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB verbreitet, der nachträglich unrichtig gewordene Werbemittel im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB gegenüber einem größeren Kreis anderer, bislang noch nicht angesprochener Anleger (weiter) verwendet, indem er sie nach Eintritt der Unrichtigkeit zusendet, auslegt , verteilt oder sonst zugänglich macht (vgl. OLG München, OLGR 2004, 239, 240; NK-StGB/Hellmann, 4. Aufl., § 264a Rn. 41 a.E.; Joecks in Achenbach /Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., 10. Teil 1. Kap. Rn. 45; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, aaO § 264a Rn. 82 mit Fn. 91; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, aaO § 264a Rn. 62; siehe auch OLG München, Urteil vom 9. Februar 2011 - 15 U 3789/10, juris Rn. 58; SKStGB /Hoyer, § 264a Rn. 17 f. [Stand: Juni 2014]; aA OLG Naumburg, Urteil vom 5. August 2004 - 2 U 42/04, juris Rn. 13 ff.). Die Verwirklichung des Tatbestandes wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Prospekt bereits zu einem Zeitpunkt, als er noch richtig war, gegenüber einem größeren Kreis potentieller Anleger verwendet worden ist. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht darauf an, wann ein durch Verbreitung gedruckter Prospekte begangener Kapitalanlagebetrug beendet ist (vgl. dazu OLG Köln, NJW 2000, 598, 599; OLG München, OLGR 2004, 239, 240; Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 264a Rn. 42; Tiedemann/Vogel in Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 264a Rn. 127; MünchKommStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264a Rn. 111; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 264a Rn. 18; NK-StGB/Hellmann, 4. Aufl., § 264a Rn. 73, 88). Denn durch die Verwendung eines (noch) richtigen Prospekts wird der Tatbestand des § 264a StGB nicht verwirklicht. Eine Straftat, die vollendet oder beendet sein könnte, liegt nicht vor.
36
(b) Das Berufungsgericht wird deshalb die Darstellung des Beklagten zu 3 in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2012, die sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat, zu berücksichtigen haben, wonach die mit dem Vertrieb der Beteiligung beauftragten Handelsvertreter die aufgrund der zwischenzeitlich getroffenen Nachtragsvereinbarung unrichtig gewordenen Prospekte im ausdrücklichen Einverständnis des Beklagten zu 3 und auf dessen Veranlassung gegenüber einem verbleibenden größeren Kreis anderer Anleger weiter verwendet haben, um den Fonds schnell zu platzieren.
37
ff) Das Berufungsurteil wird auch nicht von der (alternativen) Begründung des Berufungsgerichts getragen, der Beklagte zu 3 habe nicht vorsätzlich gehandelt , weil er sich der Erheblichkeit der Stornohaftungsänderung für die Anlageentscheidung nicht bewusst gewesen sei.
38
(1) Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung erhebliches Vorbringen der Klägerin nicht berücksichtigt hat. Diese hatte vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die im Prospekt ausgewiesene Stornohaftungsregelung durch die Nachtragsvereinbarung den entsprechenden Regelungen in den Anlagemodellen der Gesellschaften der G. Gruppe angeglichen worden sei, obwohl diese Anlagemodelle an der vergleichbaren Ausgestaltung der Stornoregelungen gescheitert seien. Die Stornoquote habe dort 30 - 60 % betragen. Von diesen Umständen habe der Beklagte zu 3 Kenntnis gehabt. Die Änderung des im Prospekt ausgewiesenen Vertriebs-Rahmen-Vertrags sei gerade zu dem Zweck erfolgt, dem Vertrieb im Hinblick auf die befürchtete hohe Stornoquote auch bei dem streitgegenständlichen Beteiligungsmodell die Provisionen zu sichern.
39
Unter Hinweis auf das Protokoll der Sitzung der "TOP 6" vom 11. September 2001, an der der Beklagte zu 3 teilgenommen hatte, hatte die Klägerin weiter vorgetragen, der Beklagte zu 3 habe gewusst, dass Stornierungen aller Voraussicht nach nicht nur im prospektierten Umfang, sondern "in erheblichstem Ausmaß" erfolgen und damit die zur Investition zur Verfügung stehenden Mittel nach der Nachtragsvereinbarung ganz erheblich verringern würden; der Beklagte zu 3 habe Kenntnis von einer Stornoquote von nahezu 53 % gehabt. Nachdem das Berufungsgericht in der letzten mündlichen Verhandlung auf die vermeintlich fehlende Nachvollziehbarkeit dieses Vorbringens hingewiesen hatte , hatte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung und im nachgelassenen Schriftsatz vom 10. Januar 2014 ergänzt, dass die im Protokoll festgehaltene Stornoquote naturgemäß nicht für noch zu konzipierende Produkte gelte; es werde aber deutlich, dass sich die Teilnehmer der Sitzung derartiger Stornoquoten bewusst gewesen seien und damit auch für zukünftige Beteiligungen gerechnet hätten.
40
Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag rechtsfehlerhaft als prozessual unbeachtlich und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich gewürdigt. Entgegen seiner Auffassung war es einer Beweiserhebung nicht deshalb enthoben, weil die Klägerin ihre Behauptung ohne jegliche Anhaltspunkte aufgestellt hätte. Die darlegungsbelastete Partei ist grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten , über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (vgl. Senatsurteile vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, VersR 1995, 852, 853; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 36; Senatsbeschluss vom 18. März 2014 - VI ZR 128/13, juris Rn. 6; BGH, Urteile vom 4. März 1991 - II ZR 90/90, NJW-RR 1991, 888, 890 f.; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 40; vom 4. Februar 2014 - XI ZR 398/12, BKR 2014, 200 Rn. 16; BVerfG, WM 2012, 492, 493, jeweils mwN; Hk-ZPO/Saenger, 6. Aufl., § 284 Rn. 47; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., Vor § 284 Rn. 5). Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen (vgl. Senatsurteile vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94, aaO; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 36; BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, aaO).
41
Danach durfte das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin nicht als unbeachtliche Behauptung "ins Blaue" ansehen. Vielmehr ergaben sich aus dem Protokoll der Sitzung der "TOP 6" vom 11. September 2001, an derder Beklagte zu 3 teilgenommen hatte, Anhaltspunkte für ihr Vorbringen. Darin heißt es in Ziffer 13 "Neue Produkte KG ff." unter Punkt 6 "Konzeptionsgebühr": "Die Konzeptionsgebühr ist aus Sicht des Vertriebs zu hoch…. Warum erhalten die Personen, die verantwortlich für das Desaster sind, 1,5 % aus den neuen Bereichen? ...Der Vertrieb differenziert deutlich zwischen "Vertrieb" und "G. - ". Fraglich ist, ob der Vertrieb sich freizeichnen kann von allen alten Problemen. Die Vertriebsleistung hat 700 Mio. DM gekostet, heute haben wir nahezu 53 % Stornoquote."
42
(2) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung rechtsfehlerhaft auch nicht berücksichtigt, dass nach dem Vortrag des Beklagten zu 3 zwischen dem Fonds und dem Vertriebsunternehmen vereinbart gewesen sei, nach der im Prospekt ausgewiesenen Stornohaftungsregelung abzurechnen, solange der alte Prospekt im Umlauf gewesen sei. Dies könnte - ebenso wie der bereits unter ee) (2) erwähnte Umstand, dass der Beklagte zu 3 nach seinen Angaben die Rücknahme des unrichtig gewordenen Prospekts erwogen hatte - dafür sprechen , dass er der Regelung erhebliche Bedeutung beigemessen hat.
43
3. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist eine Haftung des Beklagten zu 3 nicht bereits deshalb zu verneinen, weil er im Zeitpunkt des Beitritts der Klägerin nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten zu 2 war. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann der objektive Tatbestand des § 264a StGB im Streitfall nicht allein durch Unterlassen verwirklicht worden sein. Es steht nicht fest, dass die Prospekte bereits vor ihrem Unrichtigwerden den Anlegern ausgehändigt worden und erst durch Zeitablauf fehlerhaft geworden sind. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann vielmehr nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu 3 fehlerhafte Prospekte verwendet hat oder hat verwenden lassen, damit den Tatbestand des § 264a StGB durch positives Tun verwirklicht und eine - trotz der Beendigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beklagten zu 2 fortwirkende - Ursache für den Schaden der Klägerin gesetzt hat. Denn das Berufungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen , zu welchem Zeitpunkt die Prospekte in den Verkehr gebracht worden sind. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist der Prospekt auch nicht erst durch das Inkrafttreten der Nachtragsvereinbarung am 1. April 2001, sondern bereits durch ihren Abschluss am 15. Januar 2001 fehlerhaft geworden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stand mit dem Abschluss der Nachtragsvereinbarung fest, dass von ihrem Inkrafttreten an eine andere Stornohaftungsregelung als im Prospekt wiedergegeben gelten würde. Die neue und für die V. KG nachteilige Regelung erfasste dabei alle Stornierungen , die nach dem Inkrafttreten der Nachtragsvereinbarung erfolgten.

III.

44
Soweit die Revision zulässig ist und sich gegen den Beklagten zu 4 richtet , ist sie unbegründet.
45
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 4 aus Prospekthaftung im engeren Sinne und aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen verneint.
46
2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Klägerin ständen keine Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 826 BGB gegen den Beklagten zu 4 zu, weil letzterer mangels Kenntnis von der Nachtragsvereinbarung nicht vorsätzlich gehandelt habe. Die Rüge, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang unter Beweis gestelltes Vorbringen der Klägerin rechtsfehlerhaft übergangen, geht bereits deshalb fehl, weil sie sich gegen eine tatbestandliche Feststellung wendet, die auch im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist.
47
Ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil hat die Klägerin Beweis für ihre bestrittene Behauptung, der Beklagte zu 4 habe Kenntnis von der Nachtragsvereinbarung vom 15. Januar 2001 gehabt, nicht angeboten. Diese tatbestandliche Feststellung des Berufungsgerichts ist bindend. Sie erbringt gemäß § 314 ZPO Beweis für das Vorbringen der Parteien am Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339 mwN). Unter Vorbringen in diesem Sinne fällt auch die Bezeichnung der Beweismittel (vgl. § 282 Abs. 1 ZPO; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 314 Rn. 3; Prütting/Gehrlein/Thole, ZPO, 6. Aufl., § 314 Rn. 3).
48
Entgegen der Auffassung der Revision entfällt die Beweiskraft der tatbestandlichen Feststellungen nicht deshalb, weil die Klägerin schriftsätzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt hatte, dass sämtlichen Beklagten die Nachtragsvereinbarung bekannt gewesen sei, und das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil zur Ergänzung des Sach- und Streitstands gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen hat. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass dem Tatbestand keine Beweiskraft zukommt, wenn und soweit er Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten aufweist (vgl. Senatsurteile vom 2. Februar 1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339; vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 42). Solche Mängel müssen sich allerdings aus dem Urteil selbst ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 277/10, VersR 2012, 1265 Rn. 12). Diesem Erfordernis ist genügt, wenn ein Widerspruch zwischen den tatbestandlichen Feststellungen und einem konkret in Bezug genommenen schriftsätzlichen Vorbringen einer Partei besteht (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 42; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08 - Satan der Rache, NJW 2011, 1513 Rn. 12 mwN). Lassen sich die Widersprüche, Lücken oder Unklarheiten dagegen nur durch Rückgriff auf - gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO allgemein in Bezug genommene - vorbereitende Schriftsätze darstellen, bleibt es bei der Beweiswirkung des § 314 ZPO und dem Grundsatz, dass der durch den Tatbestand des Urteils erbrachte Beweis nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden kann (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 1999 - VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339; BGH, Urteile vom 8. November 2007 - I ZR 99/05, NJW-RR 2008, 1566, 1567; vom 22. Juni 2011 - IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120 Rn. 7; vom 15. Juli 2011 - V ZR 277/10, VersR 2012, 1265 Rn. 12; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 314 Rn. 5; Zöller /Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 314 Rn. 6). So verhält es sich im Streitfall.
49
Die Beweiskraft der tatbestandlichen Feststellungen wird auch nicht durch das Sitzungsprotokoll entkräftet. Unter Sitzungsprotokoll in diesem Sinne ist nur das Protokoll über die Verhandlung zu verstehen, auf Grund derer das Urteil ergangen ist (vgl. RGZ 15, 348, 353); durch den widersprechenden Inhalt eines früheren Sitzungsprotokolls wird die Beweiskraft des Tatbestands nicht entkräftet (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO, § 314 Rn. 6; Prütting/Gehrlein/Thole, aaO Rn. 9; Hk-ZPO/Saenger, 6. Aufl., § 314 Rn. 11). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn ein im Tatbestand aufgeführtes Vorbringen ausdrücklich ei- nem bestimmten Verhandlungstermin zugeordnet wird und diese Feststellung dem Protokoll über diese Sitzung widerspricht (vgl. Zöller/Vollkommer, aaO, § 314 Rn. 6). Eine derartige Ausnahmekonstellation ist vorliegend nicht gegeben. In der letzten mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende die Klägerin vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nach wie vor an einem Beweisantritt für die Behauptung fehle, dem Beklagten zu 4 sei die Nachtragsvereinbarung bekannt gewesen. Die Klägerin hat auf diesen Hinweis nicht reagiert. Sie hat auch keinen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt. Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Darstellungen im Berufungsurteil kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden. Eine Verfahrensrüge nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO kommt zur Richtigstellung eines derartigen Mangels nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 42; BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 12 mwN; vom 8. Mai 2013 - IV ZR 233/11, VersR 2013, 853 Rn. 19).

IV.

50
Das Berufungsurteil war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen treffen kann (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwänden der Parteien - insbesondere zum Vorliegen des für Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB erforderlichen Vorsatzes des Beklagten zu 3 und den von der Revisionserwiderung im Schriftsatz vom 18. September 2014 erhobenen Gegenrügen - zu befassen. Es wird dabei zu berücksichtigen haben, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (vgl. BGH, Urteile vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 29 mwN) nicht für die Feststellung der Voraussetzungen eines Straftatbestandes gilt (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13, VersR 2014, 1095 Rn. 46 mwN). Galke Wellner von Pentz Oehler Roloff
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom 02.10.2008 - 2 O 2294/07 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 05.02.2014 - 3 U 184/08 -

Tenor

1. Die Berufung des Klägers und Widerbeklagten vom 20.01.2014 gegen das Endurteil des LG München I vom 29.11.2013 (Az. 17 O 1457/12) wird zurückgewiesen.

2. Das Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A. Der Kläger, gleichzeitig Widerbeklagter, macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Die Beklagte zu 2) und Widerklägerin hat in erster Instanz eine Vorschussleistung auf den Schadensersatz zurückgefordert.

Zugrunde liegt ein Zusammenstoß am 29.04.2011 gegen 17.15 Uhr zwischen dem klägerischen Pkw Mercedes Sprinter, amtliches Kennzeichen …, und dem Pkw Renault Laguna, amtliches Kennzeichen …, des Beklagten zu 1). Das klägerische Fahrzeug, gesteuert von seinem Angestellten F., wollte - auf Höhe des Anwesens Nr. 3 in der H.-Straße in M. in südwestlicher Richtung fahrend - nach links in eine Grundstückseinfahrt abbiegen oder wenden, als der Beklagte zu 1) sich zum Überholen entschlossen hatte.

Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 29.11.2013 (Bl. 110/119 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG München I hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen, und der Widerklage in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 20.12.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Oberlandesgericht München am 20.01.2014 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 128/129 d. A.) und diese mit einem beim Oberlandesgericht München am 20.02.2014 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 135/148 d. A.) begründet.

Der Kläger und Widerbeklagte beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach den Anträgen erster Instanz zu erkennen.

Erstinstanzlich hatte er beantragt, die Beklagten samtverbindlich zu Schadensersatzleistungen von 5.543,33 € nebst Verzugszinsen seit 16.08.2011 zu verurteilen, und die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten und die Widerklägerin beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat zunächst den Kläger gemäß § 522 II 2 ZPO darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung zurückzuweisen. Dennoch wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, um dem Kläger hierzu Gelegenheit zur persönlichen Stellungnahme zu geben, und eine - gegenüber einer früheren Mitteilung an den Klägervertreter - geänderte Rechtsauffassung des Senats zu erläutern.

Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung vom 26.11.2014 (Bl. 176/188 d. A.), den Hinweisbeschluss vom 30.09.2014 (Bl. 156/171 d. A.) die Hinweisreplik vom 28.10.2014 (Bl. 173 d. A.), und den weiteren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsatz des Klägers vom 22.09.2014 (Bl. 154/155 d. A.), sowie die Sitzungsniederschrift vom 05.12.2014 (Bl. 182/184 d. A.) Bezug genommen.

Im Übrigen wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).

B. Die statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz verneint.

1. Zwar kommt grundsätzlich ein Anspruch des Klägers aus §§ 7 I, 18 I StVG, 823 I BGB, 115 I 1 Nr. 1, 4 VVG in Betracht, da unstreitig dessen Fahrzeug bei einem Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) beschädigt wurde. An einem Fall höherer Gewalt (§ 7 II StVG) scheitert ein solcher Anspruch im Streitfall nicht, was von den Beklagten auch nicht geltend gemacht wird.

2. Jedoch ist ein Anspruch des Klägers deshalb ausgeschlossen, weil der Unfallschaden von ihm durch ein für den Beklagten zu 1) unabwendbares Ereignis (§ 17 III 1 StVG) oder jedenfalls ganz überwiegend verursacht und allein verschuldet (§ 17 I, II StVG) wurde, so dass der Verursachungsbeitrag der Beklagten, vorliegend allein die Betriebsgefahr, vernachlässigt werden kann (§§ 17 I StVG, 254 I BGB). Verursachungs- und Verschuldensbeiträge des vom Kläger eingesetzten, somit berechtigten Fahrers sind dem Kläger zuzurechnen, § 18 III StVG.

3. Soweit die zugrunde liegenden Tatsachen zwischen den Parteien streitig waren, haben die Beklagten bewiesen, dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs beim Abbiegen straßenverkehrsrechtliche Sorgfaltspflichten verletzt hat. Dagegen ist dem Kläger der Beweis misslungen, dass der Verursachungsbeitrag der Beklagten über die bloße Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs hinausgehe, oder den Beklagten zu 1) an dem Unfallgeschehen ein Verschulden treffe. Die Darlegungs- und Beweislast für anspruchs- und einwendungsbegründende Tatsachen, sowie die Beweislastverteilung ergeben sich aus folgenden Grundsätzen:

a) Grundsätzlich genügt der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast mit der - hier unstreitigen - Behauptung, sein Kraftfahrzeug sei im Straßenverkehr durch einen Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) beschädigt worden. Jedoch hat er selbst die tatsächlichen Voraussetzungen einer Verkehrsvorschrift vorgetragen, die ihm höchste Sorgfalt abverlangt (§ 9 V StVO): Laut unstreitigem Tatbestand des Ersturteils wollte der klägerische Fahrer nach links abbiegen, nach streitigem Klägervorbringen in eine Grundstückszufahrt. Die Beklagten haben diese Tatsachen als zutreffend und ihnen günstig übernommen.

b) Den Beklagten obliegt dennoch Darlegung und Nachweis, dass der Schaden jedenfalls ganz überwiegend vom klägerischen Fahrzeug verursacht oder verschuldet worden sei. Dies gilt auch für die Behauptung, dass die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs durch dessen Fahrweise wesentlich erhöht gewesen sei, oder den klägerischen Fahrer an dem Unfall ein Verschulden treffe.

Diese Beweisführung wird jedoch erleichtert durch eine Anscheinsbeweislage, die sich nach allgemeiner Meinung aus der Gesetzesfassung (§ 9 V StVO: „muss sich … darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist“) ergibt. Der Anscheinsbeweis ist als Element der Beweiswürdigung von Amts wegen zu berücksichtigen (etwa Senat, Urt. v. 14.02.2014 - 10 U 2815/13 [juris]; v. 14.03.2014 - 10 U 4774/13 [juris]; v. 25.04.2014 - 10 U 1886/13 [juris]), und nicht von einer Geltendmachung durch den Beweispflichtigen abhängig, wirkt allerdings nur bei „typischen Geschehensabläufen“ (BGH NZV 1996, 277; NJW 2001, 1140; Senat, Urt. v. 22.02.2008 - 10 U 4455/07 [juris]), also wenn sich unter Prüfung und Bewertung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände und besonderen Merkmale des Sachverhalts nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat (BGH VersR 2007, 557; VersR 2011, 234). In solchen Fällen genügt grundsätzlich die Feststellung „eines allgemeinen Erfahrungssatzes als einer aus allgemeinen Umständen gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerung“ (BGH NJW 1997, 528), allerdings darf der Sachverhalt nicht auf ein „Kerngeschehen“ wie z. B. das bloße Abbiegen, reduziert werden, ohne Rücksicht auf die vorausgegangene Fahrweise. Das „Kerngeschehen“ für sich allein reicht als Grundlage eines Anscheinsbeweises nicht aus, wenn weitere Umstände des Unfallereignisses bekannt sind, die als Besonderheiten gegen die bei derartigen Fallgestaltungen gegebene „Typizität“ sprechen. Ob der Sachverhalt in diesem Sinne im Einzelfall wirklich typisch ist, kann nur aufgrund einer umfassenden Betrachtung aller tatsächlichen Elemente des Gesamtgeschehens beurteilt werden, die sich aus dem unstreitigen Parteivortrag und den getroffenen Feststellungen ergeben (BGH NJW-RR 1986, 383; NJW 1996, 1828; 2012, 608).

aa) Danach streitet für die Beklagten und gegen den Kläger ein Anscheinsbeweis, dass der klägerische Fahrer den Unfall durch eine Sorgfaltspflichtverletzung verursacht hat. Die Beklagten haben die hierfür erforderlichen Tatsachen schlüssig vorgetragen, die der Kläger in entscheidenden Einzelheiten bestätigt hat. Das unstreitige Kerngeschehen besteht darin, dass der klägerische Fahrer in einer engen Straße mit geringer Geschwindigkeit eine längere Strecke dem Beklagten zu 1) voraus gefahren war, und nach einer Verlangsamung nach links gelenkt hatte, um zu wenden oder in ein Grundstück abzubiegen. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als der Beklagte zu 1) seinen Überholvorgang bereits begonnen hatte. Diese Feststellungen des Erstgerichts sind rechtsfehlerfrei und stehen in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (Senat, Urt. v. 25.04.2014 - 10 U 1886/13 [juris 4]; OLG Hamm, Urt. v. 09.07.2013 - 9 U 191/12 [BeckRS 2013, 18082]; KG, Beschl. v. 12.07.2010 - 12 U 177/09 [BeckRS 2010, 22692]; KG, Urteil vom 09.09.2002 - 12 U 26/01 [BeckRS 2002, 07774]; BGH NJW-RR 1986, 384: „für einen Zusammenstoß des wendenden Fahrzeugs mit dem Gegenverkehr“; Senat, Urt. v. 25.10.2013 - 10 U 964/13 [juris]; v. 13.12.2013 - 10 U 2372/13 [juris]; v. 14.02.2014 - 10 U 3074/13 [juris], je für einen Auffahrunfall;).

Die „Typizität“ der streitgegenständlichen Anscheinsbeweislage wird durch die vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkte weder beseitigt, noch auch nur in Frage gestellt:

(1) Der Kläger macht geltend, über eine längere Strecke vor dem eigentlichen Abbiegevorgang den linken Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt und damit seine Absicht bei weitem rechtzeitig angekündigt zu haben. Dieser Behauptung ist jedoch gerade streitig geblieben und betrifft damit nicht das nach umfassender Sachverhaltsaufklärung und Beweiswürdigung festgestellte Kerngeschehen, sondern die Frage einer möglichen Erschütterung des Anscheinsbeweises, für welche der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist. Der Anscheinsbeweis für verkehrs- und sorgfaltswidriges Abbiegen entfällt nicht aufgrund der bloßen Behauptung, die notwendige Sorgfalt sei gerade beachtet worden (Senat, Urt. v. 16.05.2008 - 10 U 1748/08 [juris]; KG, Urteil vom 09.09.2002 - 12 U 26/01 [BeckRS 2002, 07774]).

(2) Auch der - unstreitige - Überholvorgang des Beklagten zu 1) als solcher kann die „Typizität“ der Anscheinsbeweislage nicht beeinträchtigen. Zulässiges und verkehrsgerechtes Überholen stellt - ebenso wie beispielsweise der bevorrechtigte Gegenverkehr - eine Grundvoraussetzung dar, dass sorgfaltswidriges Abbiegen überhaupt zu einem Unfall, dann allerdings mit einer entsprechenden Anscheinsbeweislage, führt (OLG Brandenburg, Urt. v. 26.09.2001 - 14 U 24/01 [BeckRS 2008, 17564]; OLG Frankfurt a. M., NZV 2000, 211; OLG Nürnberg NZV 2003, 89; KG NZV 2006, 309; OLG Rostock NJOZ 2011, 1564; KG NZV 2010, 156).

(3) Zuletzt wird eine Anscheinsbeweislage nicht aufgehoben durch die Alkoholisierung des Beklagten, unabhängig davon, ob die im unstreitigen Tatbestand des Ersturteils festgestellte Blutalkoholkonzentration von 1,04 Promille, oder - wie vom Kläger gewünscht - bis zu 1,4 Promille zugrunde gelegt wird. Selbst eine Alkoholisierung im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit erlaubt keinen Rückschluss auf die Unfallursache, darf vielmehr bei der Abwägung nach § 17 StVG nur berücksichtigt werden, wenn sie sich nachweislich in dem Unfall niedergeschlagen hat (BGH NJW 1995, 1029). Aus diesem Grund ist ein unfallursächlicher Verstoß das alkoholisierten Kraftfahrers vorauszusetzen, bevor - aufgrund der Alkoholisierung, gegebenenfalls in Form eines Anscheinsbeweises - darauf geschlossen werden kann, der Unfall habe sich in einer Verkehrslage ereignet, die ein nüchterner Kraftfahrer problemlos hätte meistern können (BGH NJW 1976, 897: Fußgänger, zusätzlich zur Alkoholisierung unmotiviertes Liegen auf der Fahrbahn; OLG Stuttgart r + s 1988, 329 [Volltext BeckRS 2008, 19041: zusätzlich stark überhöhte Geschwindigkeit; OLG Hamm NZV 1995, 483; OLG Köln VersR 2002, 1040; KG Urt. v. 21.06.1990 - 12 U 3456/89 [BeckRS 1990, 07643: Alkoholisierung nicht ursächlich, weil ohnehin schuldhaftes Überholen einer unübersichtlichen Kolonne]; OLG Celle, Urt. v. 29.09.2010 - 14 U 27/10 [BeckRS 2011, 14566: zusätzlicher Verstoß gegen § 1 II StVO gefordert, aber nicht erweislich]; Senat, Beschl. v. 12.11.2014 - 10 U 3222/14: zusätzlich zur Alkoholisierung nicht rechtzeitige Ausweichreaktion erforderlich).

Deswegen ist ein Zusammenstoß des Linksabbiegers mit dem Überholenden nicht schon dann „nicht mehr typisch“, wenn und weil der Überholende alkoholisiert war. Anderenfalls stünde jede der bisherigen Anscheinsbeweislagen unter dem Vorbehalt, dass keiner der beteiligten Fahrzeugführer alkoholisiert wäre, während andererseits neue Anscheinsbeweislagen mit alkoholisierten Beteiligten zu entwickeln wären. Zudem verlöre die ständige Rechtsprechung des BGH, dass die Unfallursächlichkeit der Alkoholisierung festzustellen sei, jeden Anwendungsbereich. Die Anscheinsbeweislagen des Abbiegens in ein Grundstück oder Wendens einerseits, der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit andererseits stehen in einem Stufenverhältnis: Zunächst ist bei anzuwendendem Anscheinsbeweis gegen den Linksabbieger zu klären und im Strengbeweisverfahren festzustellen, ob ein Fehlverhalten des anderen Verkehrsteilnehmers vorliegt, dass den Anscheinsbeweis erschüttert. Sollte das nicht der Fall sein, kommt es auf dessen Alkoholisierung nicht mehr an. Werden dagegen eine Pflichtwidrigkeit oder ein Sorgfaltsverstoß des zunächst vom Anscheinsbeweis Begünstigten festgestellt, spricht jedenfalls im Fall der absoluten Fahruntüchtigkeit ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Alkoholisierung unfallursächlich geworden ist, wenn sich der Unfall in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet hat, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können.

bb) Dem Kläger ist es nicht gelungen, den für die Beklagten wirkenden Anscheinsbeweis zu entkräften oder zu „erschüttern“ durch Darlegung ernsthafter Möglichkeiten eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs (BGH NJW 1953, 584; NJW 1963, 953; DAR 1985, 316; OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.07.2014 - 1 U 2572/13 [juris]), deren Tatsachen unstreitig oder (voll) bewiesen sein müssen. Zweifel gehen zulasten des Klägers als Anscheinsbeweisgegner.

(1) Der Kläger hat schon keine Umstände nachweisen können, die einen Verstoß des Beklagten zu 1) gegen Verkehrsvorschriften oder allgemeine Sorgfaltspflichten begründen. Nach Sachlage wäre angesichts der unstreitig geringen Geschwindigkeiten lediglich ein Verstoß gegen das Verbot des Überholens bei unklarer Verkehrslage (5 III Nr. 1 StVO) in Betracht gekommen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 16.10.2014 - 4 U 145/13 [BeckRS 2014, 20521: Überholen bei unklarer Verkehrslage und falsches Wiedereinscheren]; KG, Beschl. v. 12.07.2010 - 12 U 177/09 [BeckRS 2010, 22692]; OLG Koblenz NZV 2005, 413; OLG Frankfurt NZV 1989, 155). Unter Würdigung aller Gesamtumstände hätten im Streitfall die auch sonst zu fordernden drei Gesichtspunkte vorliegen müssen: eine wesentliche Verlangsamung des Vorausfahrenden, das Einordnen nach links und - vor allem - das Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers (KG NZV 2003, 89; 2010, 298; OLG Hamm NZV 2006, 309). Vorliegend waren die beiden erstgenannten unerheblich oder ausgeschlossen, denn die schon deutlich vor dem Abbiegevorgang von beiden Fahrzeugen eingehaltenen geringen Geschwindigkeiten von etwa 30 km/h nehmen einer Verringerung auf 10 bis 15 km/h jegliche Aussagekraft. Dagegen war - nach sachverständigen Erkenntnissen - ein Einordnen nach links angesichts der geringen Straßenbreite technisch ausgeschlossen. Deswegen wäre ein Überholen für den Beklagten zu 1) nur verboten gewesen, wenn der klägerische Fahrer nicht nur den linken Fahrtrichtungsanzeiger bedient, sondern dies so rechtzeitig begonnen hätte, dass der Beklagte zu 1) nach Wahrnehmung noch auf den Überholvorgang verzichten oder diesen hätte abbrechen können.

Den Beweis der vorgenannten streitentscheidenden Tatsache rechtzeitiger Anzeige eines beabsichtigten Fahrtrichtungswechsels hat der Kläger nicht führen können. Insoweit wird auf die ausführliche Darstellung und Beweiswürdigung im Hinweisbeschluss vom 30.09.2014 (S. 6-12 = Bl. 161/167 d. A.) Bezug genommen, neue oder abweichende Erkenntnisse haben sich auch in mündlicher Verhandlung und den klägerischen Schriftsätzen nicht mehr gezeigt. Beweisbedürftigkeit und -fälligkeit sind dem Kläger durchaus bewusst, anderenfalls wäre nicht einerseits erstmals im Zivilrechtsstreit eine ausführliche Darlegung samt zugehörigen Zeugenaussagen gebracht worden, andererseits nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung in persönlicher Anhörung behauptet worden, der klägerische Fahrer müsse ordnungsgemäß geblinkt haben, weil man hierzu verpflichtet und verkehrsrichtiges Verhalten üblich sei. Letztgenannte Überlegungen haben keinen Beweiswert, ein zwingender Schluss von gebotenem, sinnvollen oder nützlichen auf das tatsächliche Verhalten hätte zur Folge, dass sich Unfälle nicht ereignen könnten. Eine entsprechende Vermutung wird dagegen bereits durch die tatsächliche Häufigkeit von Verkehrsverstößen widerlegt. Nach Einschätzung des Senats haben die klägerischen Zeugen versucht, die ursprüngliche Darstellung des Unfallgeschehens im Strafverfahren des Beklagten zu 1) zu erweitern und abzuändern, durchaus in dem - nachträglich gewonnenen - Bewusstsein, dass diese für ein Obsiegen im Zivilrechtsstreit nicht ausreichend sein könnte. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn sich das Erstgericht bei dieser Sachlage nicht von der Richtigkeit der Zeugenaussagen überzeugt hat. Der Senat tritt dem nach eigenständiger Überprüfung und Würdigung bei.

(2) Hieraus folgend hat der Kläger auch keine Tatsachen nachgewiesen, die den Schluss darauf zulassen, dass die - selbst zur absoluten Fahruntüchtigkeit führende - Alkoholisierung des Beklagten zu 1) den Unfall mitverursacht habe oder haben könnte (BGH NJW 1995, 1029).

Da schon ein Fahrfehler oder Rechtsverstoß des Beklagten zu 1) nicht erweislich war, kann eine Alkoholisierung (im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit) keine Anscheinsbeweislage für die Unfallursächlichkeit der Trunkenheit (BGH, a. a. O., [1030, unter 3., vorl. u. letzter Abs.]) liefern: Im Fall des BGH war ein absolut fahruntüchtiger, vorfahrtsberechtigter Kraftfahrer auf ein Fahrzeug aufgefahren, welches - unstreitig oder nachgewiesen - unter Verletzung der Wartepflicht in seine Fahrbahn eingebogen war. Dagegen konnte nicht nachgewiesen werden, dass der alkoholisierte Kraftfahrer mit einer überhöhten Geschwindigkeit gefahren sei, oder verspätet oder falsch reagiert - kurz: gegen Verkehrsvorschriften verstoßen - habe. Die Alkoholisierung (egal ob im Bereich der nur relativen, oder absoluten Fahruntüchtigkeit) hatte deswegen keine Rolle zu spielen (BGH, a. a. O. [1030 unter 3., 1. Abs.: „Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht die Fahruntüchtigkeit des Erstbeklagten - obschon feststehend - hier bei der Schadensabwägung nicht zulasten der Beklagten herangezogen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass bei der Abwägung nach § STVG § 17 StVG nur solche Umstände Berücksichtigung finden können, die sich erwiesenermaßen auf den Unfall ausgewirkt haben. Dies gilt grundsätzlich auch für die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit. Dass der Beklagte … infolge seiner Trunkenheit das Fahrzeug gar nicht erst führen durfte, ist insoweit ohne Belang. Maßgebend ist vielmehr, ob sich die Fahruntüchtigkeit als Gefahrenmoment in dem Unfall tatsächlich niedergeschlagen hat.“]). Diese Grundsätze gelten auch im Streitfall: Für den Beklagten zu 1) bestand an der Unfallstelle kein Überholverbot, weil eine unklare Verkehrslage nicht erweislich war. Unstreitig fuhr der Beklagte zu 1) nicht mit überhöhter Geschwindigkeit, während ihm nach den - von der Berufung nicht angegriffenen - Sachverständigenfeststellungen eine verspätete oder fehlerhafte Reaktion nicht vorgeworfen werden kann.

Soweit der Kläger nun meint, der Beklagte zu 1) habe nach dem Unfall alkoholtypische Ausfallerscheinungen gezeigt, wurde dies weder im Strafverfahren festgestellt, noch bisher im Rechtsstreit vorgetragen. Da keinerlei Gründe vorgebracht oder ersichtlich wurden, warum diese Umstände erst jetzt geltend gemacht werden, kann die Verzögerung nur auf grober Nachlässigkeit beruhen, so dass das Vorbringen nach § 531 II 1 Nr. 3 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden kann.

Der Kläger ist offenbar der Auffassung, ein nüchterner Fahrer hätte den Unfall dadurch vermieden, dass er im Hinblick auf die Örtlichkeit und Verkehrsverhältnisse insgesamt auf ein Überholen verzichtet hätte. Insoweit trifft zwar zu, dass der Anscheinsbeweis gegen einen alkoholisierten Kraftfahrer (nur insoweit) wirkt, „(als) sich der Unfall in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet (hat), die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können“ (BGH, a. a. O. [1030, vorl. Abs.]). Der Kläger übersieht jedoch, dass der Anscheinsbeweis ausscheidet, wenn dem Alkoholisierten kein Verkehrsverstoß zur Last zu legen ist (BGH, a. a. O. [1030, letzter Abs.]). Allein aus einem wünschenswerten defensiven Fahrstil oder einem grundsätzlichen Absehen von Überholversuchen in derartigen Verkehrslagen ergibt sich jedoch die vom Kläger bevorzugte Rechtsfolge nicht. Nach Sachlage ist auszuschließen, dass ein nüchterner Kraftfahrer in der urteilsgegenständlichen Situation in jedem Fall nicht überholt hätte, anderenfalls würden derartige Unfälle nüchternen Kraftfahrern niemals unterlaufen.

cc) Zuletzt berücksichtigt der Senat wie das Erstgericht, dass der klägerische Fahrer (F.) - unabhängig von einem Anscheinsbeweis - eine Sorgfaltspflichtverletzung bereits eingeräumt hat, nämlich einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur zweiten Rückschau aus § 9 I 4 StVO (Hinweisbeschl. v. 30.09.2014, S. 12, 13 = Bl. 167/168 d. A., unter c) aa).

c) Unter Würdigung alle Gesamtumstände hält der Senat die Ausführungen des Landgerichts insgesamt im Ergebnis für zutreffend. Der klägerische Fahrer hat den Verkehrsunfall dadurch verursacht und verschuldet, dass er einerseits beim Abbiegen in ein Grundstück oder beim Wenden sich nicht so verhalten hat, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (§ 9 V StVO), andererseits seiner zweiten Rückschaupflicht (§ 9 I 4 StVO) nicht genügt hat.

Gegenüber diesen schwerwiegenden Verstößen tritt die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Beklagten zurück, weil dem Beklagten zu 1) keine Pflichtverletzungen nachzuweisen waren (OLG Nürnberg NZV 2003, 89). Insoweit bedarf das Ersturteil einer berichtigenden Klarstellung (EU 7 = Bl. 117 d. A., unter 3.): Die Beklagten träfe als Anspruchsgegner kein Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteil, sondern der ursprüngliche Verursachungs- oder Verschuldensanteil, während Mitverursachung und -verschulden den Kläger als Anspruchssteller belasten. Auf das Entscheidungsergebnis hat diese Feinheit jedoch keine Auswirkungen.

II. Das Landgericht hat, aus der vollständigen Abweisung des Klageanspruchs zwingend zu folgern, auch den Widerklageanspruch zu Recht zugesprochen. Wenn insgesamt keine Ersatzpflicht der Beklagten zu 2) bestand, sind hierauf gezahlte Vorschusszahlungen ohne Rechtsgrund geleistet und nach Bereicherungsgrundsätzen herauszugeben.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

V. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, erfordern weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (BVerfG NJW 2014, 2417 f. [2419, Abs. 26 - 32]), noch die Fortbildung des Rechts (BVerfG, a. a. O. [2419, Abs. 33]) oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (BVerfG, a. a. O. [2420, Abs. 34]) eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.