Der Antragsgegner beabsichtigt, den Neubau einer über die Bundesautobahn 92 führenden Brücke im Wege eines offenen Verfahrens nach VOB/A zu vergeben. Die Veröffentlichung erfolgte im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft unter der Nummer 2015/S033-055403 am 17.02.2015. Die Leistung wird als Gesamtauftrag vergeben; Nebenangebote sind nicht zugelassen.
In Punkt IV. 2.1) der Bekanntmachung wurde als Zuschlagskriterium der „niedrigste Preis“ angegeben. In Punkt 6. der Aufforderung zur Abgabe des Angebots machte der Antragsgegner bekannt, dass die Wertung nach dem Preis vorgenommen werde. Weiter: „Der Preis wird aus der Wertungssumme des Angebotes ermittelt. Die Wertungssumme wird ermittelt aus der nachgerechneten Angebotssumme, insbesondere unter Berücksichtigung von Nachlässen, dem eventuellen Erstattungsbetrag aus der Lohngleitklausel, preislich sowie preislich günstigeren Grund- und Wahlpositionen“.
Unter der Position 1.19.160 wurde für die Brücke eine Übergangskonstruktion ausgeschrieben. Die Position ist so gefasst, dass sie in ihren Voraussetzungen nur von dem Produkt der Firma M. S. AG erfüllt werden kann; dieser Hersteller wurde dort aber nicht genannt.
Zugleich hat der Antragsgegner mit den Positionen 1.19.170 und 1.19.180 als Alternative zu Position 1.19.160 eine andere Übergangskonstruktion bzw. eine dazugehörige geräuschmindernde Oberfläche für die Übergangskonstruktion ausgeschrieben. Bei den Positionen 1.19.170 und 1.19.180 ist vermerkt „(nur EP)“.
Die Antragstellerin gab fristgemäß ein Angebot ab. Gemäß dem Submissionsprotokoll vom 10.3.2015 lag sie damit auf dem ersten Platz der nach dem Preis vorgenommenen Reihung.
Am 11.3.2015 erstellte die Vergabestelle eine „Bieterreihenfolge (HA) nach Abschluss der rechnerischen Prüfung Wertungssumme (mit günstigsten Grund- und Wahlpositionen)“ (Anlage 10 zum Vergabevermerk). Danach lag nunmehr die Beigeladene auf Platz 1., die Antragstellerin auf Platz 2. der Reihenfolge. Beide hatten auch die Wahlposition mit einem günstigeren Preis als den der Hauptposition angeboten - die Beigeladene günstiger als die Antragstellerin.
Mit Telefax vom 23.03.2015 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin gemäß § 101 a GWB mit, dass der Zuschlag auf ihr Angebot nicht erteilt werden könne, weil ein wirtschaftlicheres Angebot (der Beigeladenen) vorliege.
Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 25.03.2015 rügte die Antragstellerin die Entscheidung der Vergabestelle.
• Es sei schon unzulässig gewesen, die Übergangskonstruktion alternativ auszuschreiben, da hieran kein berechtigtes Bedürfnis des Auftraggebers bestehe.
• Die Ausschreibung mache auch nicht deutlich, nach welchen Kriterien sich der Auftraggeber entscheide, ob er denn schließlich die Wahl- oder die Grundposition beauftragen wolle.
• Sofern er sich für die Alternativposition entscheide, sei auch nicht hinreichend klar, dass auch deren Preis die Grundlage für die Wertung des Angebotspreises bilde.
Der Antragsgegner kam der Rüge der Antragstellerin nicht nach, woraufhin diese am 31.03.2015 die Vergabekammer Südbayern anrief. Im Nachprüfungsverfahren wiederholte und vertiefte sie ihr Vorbringen. Weiter machte sie geltend, dass
• die Anlage 8 zum Vergabevermerk, welche die Begründung der Wahlposition enthalte, das Datum 02.04.2015 trage, dem Antragsgegner der Nachprüfungsantrag aber schon am 01.04.2015 zugestellt worden sei, weshalb die Dokumentation zu beanstanden sei.
Die Antragstellerin beantragte vor der Vergabekammer:
1. Den Antragsgegner zu verpflichten, bei Fortbestehen der Vergabeabsicht der eingegangenen Angebote unter Außerachtlassung der Alternativpositionen 1.19.170 und 1.19.180 und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu werten;
2. hilfsweise festzustellen, dass der Antragsteller durch das Vorabinformationsschreiben vom 23.03.2015 in seinen Rechten verletzt ist und geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern;
3. höchst hilfsweise: Die Ausschreibung aufzuheben;
Der Antragsgegner hat im Nachprüfungsverfahren beantragt:
Der Nachprüfungsantrag wird verworfen und zurückgewiesen.
Er führt aus, der Nachprüfungsantrag sei schon gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB unzulässig, weil die Antragstellerin die angeblichen Vergaberechtsverstöße nicht unverzüglich gerügt habe.
Der Antrag sei jedenfalls aber auch unbegründet. Er, der Antragsgegner, habe ein berechtigtes Interesse daran gehabt, die Übergangskonstruktion wahlweise auszuschreiben, weil die Firma M. S. AG faktisch für die Variante in der Position 1.19.160 eine Monopolstellung innehabe. Somit bestimme die Firma M. S. AG darüber, ob ein Bieter überhaupt bzw. ein wirtschaftlich konkurrenzfähiges Angebot unterbreiten könne, weil sie es in der Hand habe, ihn gar nicht zu beliefern oder ihre Übergangskonstruktion nur zu einem bestimmten Preis zur Verfügung zu stellen. Hätte er also jeweils nur die Position 1.19.160 oder die Position 1.19.170 ausgeschrieben, wäre der Wettbewerb so oder so unzulässig eingeengt gewesen.
Die Kriterien für die Wahl zwischen Grund- und Alternativposition seien ausreichend klar dargestellt worden und grundsätzlich stehe es auch in seinem Beurteilungsspielraum, nach welchen Wertungskriterien er den Zuschlag erteilen wolle.
Auch sei er gar nicht der richtige Antragsgegner, da er im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund tätig geworden sei, der zivilrechtlich auch Vertragspartner werde.
Die Beigeladene hat sich ihm angeschlossen.
Mit Beschluss vom 09.06.2015 hat die Vergabekammer Südbayern entschieden:
1. Der Antragsgegner wird bei fortbestehender Vergabeabsicht verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Versendung der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen und die Leistungsbeschreibung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer Südbayern neu zu fassen.
2. Der Antragsgegner sowie die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung des Antragstellers angefallenen Aufwendungen und Auslagen jeweils zur Hälfte zu tragen. Der Antragsgegner ist hierbei von der Tragung der Kosten des Verfahrens befreit.
3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von 4.675,00 € festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsteller wird für erforderlich erklärt.
Die Vergabekammer hält den Nachprüfungsantrag für zulässig und begründet und führt insbesondere aus, dass die Antragstellerin nicht wegen einer Verletzung der Rügeobliegenheit gemäß § 110 Abs. 3 GWG präkludiert sei. Die Beantwortung der Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen Alternativpositionen vergaberechtlich zulässig ausgeschrieben werden können, erfordere juristisches Spezialwissen, welches auch bei einem erfahrenen Bieter nicht vorausgesetzt werden könne.
Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet, insbesondere sei der Freistaat Bayern der richtige Antragsgegner und es habe kein berechtigtes Bedürfnis der Vergabestelle an der Ausschreibung einer Grundposition sowie Alternativpositionen vorgelegen. Die engen Voraussetzungen, unter denen dies einmal statthaft sei, lägen im konkreten Fall nicht vor. Insbesondere sei das Vorgehen des Antragsgegners nicht geeignet gewesen, eine durch die Monopolstellung der Firma M. S. AG bestehende Einschränkung des Wettbewerbs zu verhindern oder zu reduzieren.
Dem Antragsgegner wurde der Beschluss der Vergabestelle am 24.06.2015 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 06.07.2015, am 08.07.2015 eingegangen, führt der Antragsgegner sofortige Beschwerde mit folgendem Antrag:
1. Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 23.06.2015, Az.: Z3319424-06/15, wird aufgehoben.
2. Der Vergabenachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 31.03.2015 wird abgewiesen.
3. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Antragsgegners zu tragen.
4. Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für erforderlich erklärt.
Die Beigeladene tritt ihm mit gleichlautenden Anträgen bei.
Antragsgegner und Beigeladene wiederholen und vertiefen im Beschwerdeverfahren das Vorbringen aus dem Nachprüfungsverfahren. So habe sich die Antragstellerin schon mehrfach an gleichlautenden Ausschreibungen beteiligt, sie sogar auch einmal „gewonnen“. Sie sei nicht nur „ausschreibungs“-, sondern auch „nachprüfungserfahren“. Die Vergabestelle sei an das Vergabehandbuch für Bayern gebunden. Dort sei in Nr. 1.5 der Richtlinien 250/Stand 2014 im Bereich Straßenbau vorgesehen, Wahlpositionen auszuschreiben, wenn sich von mehreren brauchbaren und technisch gleichwertigen Bauweisen nicht von vorneherein die wirtschaftlichste bestimmen lässt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners ausgeführt, eine beide Ausführungsvarianten umfassende Beschreibung werde notwendig so allgemein, dass sie für einen sinnvollen Vertragsvollzug nicht mehr geeignet sei. Der für den Antragsgegner anwesende Prof. Dr. W. erklärte indessen, eine zusammenfassende Beschreibung sei durchaus möglich gewesen, man habe aber den Markt erkunden wollen.
Auch die Antragstellerin hält ihr Vorbringen aufrecht und beantragt:
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Sie sieht in der alternativen Ausschreibung die Transparenz des Vergabeverfahrens in Frage gestellt. Bei Ausschreibungsreife müsse sich der Antragsgegner für ein Produkt entscheiden oder eine nicht-produktspezifische Beschreibung der Position vornehmen. Tatsächlich verfolge der Antragsgegner den Zweck, von jedem Bieter beide Varianten mit Preisangaben angeboten zu bekommen. So könne er dann später in Kenntnis der Kalkulation des Unternehmers eine alternative Ausführung nachverhandeln. Das sei bei einem vergleichbaren Bauwerk auch bereits so geschehen.
B) Die sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
I. Der von der Antragstellerin erhobene Vorwurf, im vorliegenden Vergabeverfahren sei unzulässig eine alternative Ausschreibung durchgeführt worden, ist ihr nicht gemäß § 107 Abs. 3 GWB abgeschnitten. Gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB muss der Antragsteller ihm erkennbare Verstöße gegen Vergabevorschriften spätestens bis Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe rügen. Dabei ist zu fragen, ob der Bieter mit der zumutbaren üblichen Sorgfalt vorgegangen ist. Die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes ist sowohl auf die den Verstoß begründenden Tatsachen als auch auf deren rechtliche Beurteilung zu beziehen. Erkennbar in rechtlicher Hinsicht sind Vergaberechtsverstöße, wenn die Rechtsvorschriften, gegen die verstoßen wurde, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise gehören (Senat, Beschluss vom 25.07.2013, Verg 7/13). Die Vergabekammer arbeitet auf Seite 18 ihrer Entscheidung zutreffend heraus, dass klar erkennbar war, dass der Antragsgegner eine Grund- und eine Alternativposition zu dieser ausgeschrieben hat. In diesem Zusammenhang ist auch unstreitig geblieben, dass die Antragstellerin sich an vergleichbaren Ausschreibungen in der Vergangenheit beteiligt und mindestens einmal den Zuschlag erhalten hat. Dieser Umstand ist aber ohne Bedeutung für die Frage, ob die Antragstellerin in rechtlicher Hinsicht erkennen musste, dass die Ausschreibung Vergabevorschriften zuwiderlaufen könne. In diesem Zusammenhang kehren sich die Argumente, welche der Antragsgegner vorbringt, gegen ihn selbst: Gerade wenn er solche Ausschreibungen wiederholt vorgenommen und sich dabei an dem Vergabehandbuch für Bayern orientiert hat, brauchte auch eine erfahrene Bieterin nicht ohne rechtskundigen Beistand auf den Gedanken zu kommen, das Vorgehen des Antragsgegners sei (ständig) vergabewidrig. Hinzu kommt, dass die rechtliche Problematik tatsächlich nicht ohne weiteres zu erkennen war, sondern juristisches Spezialwissen voraussetzt. Die Vergabekammer führt dies zutreffend, insoweit auch die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13.
4.2011, Verg 58/10 ausführlich und korrekt zitierend, aus, vgl. Seite 18/19 des Beschlusses. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu Eigen.
II. Die somit nicht präkludierte Rüge greift auch inhaltlich durch.
1. Der Antragsgegner ist „passivlegitimiert“, d. h. der Antrag richtet sich zu Recht gerade gegen ihn, auch wenn er die anstehende Vergabe im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund durchführt. Der Senat hat sich hierzu zuletzt im Beschluss vom 09.04.2015, Verg 1/15 geäußert. An der Auffassung des Senats hat sich nichts geändert, sie wird auch nicht durch in der Zwischenzeit ergangene Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte in Frage gestellt.
2. Die Aufnahme einer Alternativposition in die Bekanntmachung war vergaberechtswidrig.
a. Eine Vergabestelle darf nicht nach Belieben Grund- und Alternativpositionen hierzu ausschreiben. Zwar ist das anders als für Eventualpositionen (hierfür gilt § 7 Abs. 1, Nr. 4 Satz 2 VOB/A) nicht gesetzlich geregelt. Ein solches Vorgehen gefährdet aber die das Vergaberecht bestimmenden Grundsätze, insbesondere die Transparenz des Vergabeverfahrens, § 97 Abs. 1 GWB. Das Vergabehandbuch des Bundes 2008 (Stand 20014) verbietet Wahlpositionen sogar ganz. Von den Gerichten wird eine solche Ausschreibung nur dann ausnahmsweise für zulässig gehalten, wenn ein bestimmtes berechtigtes Bedürfnis des Auftraggebers daran besteht, die zu beauftragende Leistung einstweilen offen zu halten, vgl. Kapellmann/Messerschmidt VOB, 5. Auflage § 7 VOB/A Rdnr. 34, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2002, Verg 25/02, Beschluss vom 24.03.2004, Verg 7/04, OLG München, Beschluss vom 27.01.2006, Verg 1/06. Ein solches berechtigtes Interesse soll zum Beispiel dann bestehen, wenn nur mit Hilfe der Ausschreibung und entsprechenden Wahlpositionen die Kosten für die verschiedenen Ausführungsvarianten ermittelt werden können, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.04.2011, Verg 58/10.
Der Senat hat es in seiner bereits angegebenen Entscheidung für ausreichend erachtet, dass der Vergabestelle durch die Wahlposition die Möglichkeit eröffnet wurde, ein technisch höherwertiges Gerät zu erhalten. In dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 24.03.2004 wurde ein berechtigtes Bedürfnis für den Fall angenommen, dass damit die Möglichkeit eröffnet werden soll, bei unsicherer Finanzierung auf eine kostengünstigere Alternative zurückzugreifen. Umgekehrt ist nach dem OLG Naumburg die Ausschreibung von Wahlpositionen unzulässig, wenn bei ordnungsgemäßer Vorbereitung der Ausschreibung eine Festlegung auf eine der beiden Alternativen möglich und zumutbar wäre, Beschluss vom 01.02.2008, 1 U 99/07. Dabei sollen Wahlpositionen auch nur dann überhaupt zulässig sein, wenn sie nicht den Hauptteil der Leistung betreffen, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2002, Verg 25/02. Auch ein grundsätzlich berechtigtes Interesse rechtfertigt nach VK Bund die Aufnahme einer Wahlposition dann nicht, wenn es auf anderem Weg verwirklicht werden kann, VK Bund vom 18.6.2012, VK2-53/12 IBR 2013, 43.
All das gebietet eine den Einzelfall betrachtende Abwägung: Je größer das Interesse der Vergabestelle an der Ausschreibung einer Alternativposition ist, desto großzügiger wird man diese zulassen können und umgekehrt.
b. Da einziges Kriterium für den Zuschlag der Preis sein sollte, ist hier eine Verletzung des Transparenzgebotes nicht ohne weiteres zu erkennen. Es mag sein, dass zivilrechtlich eine Wahlschuld nach § 262 BGB bis zur Entscheidung über die Zuschlagserteilung besteht. Aber vergaberechtlich war der Antragsgegner gebunden und konnte nicht nach Belieben zwischen den Angeboten wählen. Hingegen ist nicht einzusehen, warum der Bieter zwei Ausführungsvariante anbieten und damit seine Kalkulation unnötig aufdecken sollte.
c. Umgekehrt hat der Antragsgegner ein berechtigtes Interesse an dem eingeschlagenen Weg nicht einmal annähernd dargetan. Wäre das Produkt der Firma M. die einzige technisch zufriedenstellende Lösung, so wäre diesbezüglich eine offen-produktspezifische Ausschreibung zulässig gewesen und es hätte gar kein Anlass bestanden, eine Alternativposition auszuschreiben. Dies war jedoch jedenfalls am Ende des Nachprüfungsverfahrens nicht (mehr) die Einschätzung auf Seiten des Antragsgegners: Hierzu wird auf Seite 23, 3. Absatz der Entscheidung der Vergabekammer verwiesen, wo ausgeführt wird, dass die Mitarbeiter des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung erklärt hätten, sie seien jederzeit bereit gewesen, auch eine andere Übergangskonstruktion zu akzeptieren, gerade deswegen seien die beiden alternativen Positionen produktneutral ausgeschrieben worden. Das wurde im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Dann ist freilich nicht nachvollziehbar, warum die Ausschreibung nicht gleich insgesamt produktneutral und für jede denkbare Konstruktion erfolgt ist. Das gilt auch unter Berücksichtigung der bereits zitierten Entscheidungen, insbesondere des OLG Düsseldorf: Mit seiner Vorgehensweise konnte der Antragsgegner gerade nicht ermitteln, welche technischen Lösungsansätze möglich sind und wie diese sich in ihrem Preis zueinander verhalten, um sodann Preis und Qualität der Ansätze abzuwägen. Denn einziges Kriterium für den Zuschlag sollte ja gerade der Preis sein und so hat sich dann auch der Antragsgegner (insoweit folgerichtig) im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens verhalten, als er ausschließlich aufgrund der unterschiedlichen Angebote für die alternativen Ausführungen die Beigeladene auf den ersten Platz der ausschließlich nach dem Preis erfolgten Reihung setzte. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, welche Überlegung es rechtfertigen soll, dass der Antragsgegner im Sinne einer Markterkundung versucht hat, nach Möglichkeit von jedem Bieter die Preise für zwei unterschiedliche Vorgehensweisen zu erfahren.
d. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, wie durch die Vorgehensweise der Vergabestelle der wettbewerbsbeschränkende Einfluss der Firma M. begrenzt werden sollte. Auch hier gilt: Hätte die Firma M. schlichtweg die beste und die technischen Voraussetzungen als einziges Produkt erfüllende Lösung, so wäre ihre Dominanz im Wettbewerb hinzunehmen. Zutreffend führt die Vergabekammer aus: „Hat der Auftraggeber in Kenntnis der Problematik aufgrund nachvollziehbarer objektiver und auftragsbezogener Gründe die Leistungsbestimmung willkürfrei getroffen, kann er auch derartige wettbewerbsbeschränkende faktische Einflussmöglichkeiten Dritter in Kauf nehmen“ (Seite 23 des Beschlusses unter Verweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2014, VII Verg 29/13, Beschluss vom 22.05.2013 VII Verg 16/12, Beschluss vom 01.08.2012 VII Verg 10/12). Wenn aber, wie hier selbst von der Vergabestelle angeführt, gleichwertige Übergangskonstruktionen möglich waren, hätte von vorneherein produktneutral ausgeschrieben werden können und müssen.
Das Argument, der Antragsgegner habe sich an das Vergabehandbuch gehalten und die von ihm verwendeten Standardtexte ließen keine andere Formulierung der Ausschreibung zu, bedarf keiner nachhaltigen Erörterung, insbesondere nicht der Klärung, ob das Vergabehandbuch tatsächlich solche Vorgaben gibt (Ohnehin ist eher das Gegenteil der Fall, wenn es dort heißt: „wenn sich von mehreren brauchbaren und technisch gleichwertigen Bauweisen nicht von vorneherein die wirtschaftlichste bestimmen lässt“ (Nr. 1.5 der Richtlinien 250/Stand 2014)): Das Handbuch hat keinen normativen Charakter. Natürlich wäre eine produktneutrale, nicht-alternative Ausschreibung möglich gewesen. Das wurde im Termin eingeräumt und zutreffend verwies der Bevollmächtigte der Antragstellerin darauf, dass es ausgereicht hätte, die beiden Positionen mit einem „oder“ zu verknüpfen.
3. Die weiteren gerügten Rechtsverstöße bedürfen daher keiner Erörterung.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Den Wert hat der Senat mit 5% der Auftragssumme ermessen, so wie sie sich der Größenordnung nach aus den Angeboten der Beigeladenen und der Antragstellerin für Grund- und Alternativposition ergibt.