vorgehend
Vergabekammer Nordbayern, MF-SG21-3294-02-10, 06.11.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird die Entscheidung der Vergabekammer Nordbayern vom 06.11.2017, Az.: RMF-SG21-31941048, in den Ziffern 1 und 2 aufgehoben.

II. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, das Vergabeverfahren bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht in das Stadium vor der Bekanntmachung zurückzuversetzen, und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über die Vorgaben für die Beschaffungsmaßnahme „Entsorgung von teer- und pechhaltigem Straßenaufbruch" (EU-Bekanntmachung 2017/S 154-319701) zu entscheiden.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerde Verfahrens sowie die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin. Die durch das Verfahren nach § 173 GWB verursachten Kosten und die diesbezüglichen, zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners trägt die Antragstellerin.

IV. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für das Verfahren vor der Vergabekammer durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner beabsichtigt die gemeinsame Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen für das Jahr 2018 für drei unterfränkische Bezirke. Beauftragt werden soll die Abholung bzw. Annahme des bei allen Straßenbaumaßnahmen der staatlichen Bauämter anfallenden teer- und pechhaltigen Straßenaufbruchs in einem vom Auftragnehmer bereitzustellenden Zwischenlager, der Transport und die anschließende thermische Verwertung des Aufbruchs in einer geeigneten Verwertungsanlage.

Die Vergabestelle hat am 12.08.2017 eine europaweite Ausschreibung des Auftrags im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb nach §§ 119 Abs. 4 GWB, 16 VgV durchgeführt (EU-Bekanntmachung 2017/S. 154-319701).

In der Auftragsbekanntmachung heißt es unter der Überschrift „Kurze Beschreibung“ in Ziffer 11.1.4):

„Transport und thermische Verwertung von teer- und pechhaltigem Straßenaufbruch.

Der … strebt eine weitestgehend, langfristige bzw. dauerhafte und sichere Ausschleusung des Schadstoffpotentials des teer-/pechhaltigen Straßenaufbruchs sowie eine hochwertige und ressourcenschonende Verwertung der mineralischen Fraktion an. Der im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen durch die Staatlichen Bauämter S … und B anfallende teer-/pechhaltige Straßenaufbruch soll einer thermischen Behandlung (vollständige Verbrennung der Schadstoffe und Wiederverwendung der enthaltenen Gesteinskörnungen) zugeführt werden.“

Ziffer II.2.4) (Beschreibung der Beschaffung) der Bekanntmachung lautet:

„Transport und thermische Verwertung von teer- und pechhaltigem Straßenaufbruch, ca. 36.0001 teer-/pechhaltiger Straßenaufbruch mit Fremdstoffanteile. Der Auftrag umfasst die Annahme inkl. Abholung von teer-/pechhaltigem Straßenaufbruch an den Zwischenlagern des Auftragnehmers und die rechtskonforme Verwertung des teer-/pechhaltigen Straßenaufbruchs durch thermische Behandlung. Der Straßenaufbruch geht in das Eigentum und die Verantwortung des AN über.“

Diese Vorgaben werden in der mit einem Link zur Ausschreibungsdatenbank elektronisch bereitgestellten Leistungsbeschreibung in Ziffer 1.1. nochmals wiederholt. Ausweislich Ziffer 2.4 der Leistungsbeschreibung (Behandlungs-/Verwertungsanlage für teer-/pechhaltigen Straßenaufbruch) ist „Ziel die umweltverträgliche Entsorgung mit einer dauerhaften und sicheren Ausschleusung des Schadstoffpotentials des Straßenaufbruchs aus der Umwelt, so dass eine ordnungsgemäße, möglichst hochwertige Verwertung des schadstoffentfrachteten Materials (Mineralik) eröffnet wird.“.

Die Zahl der Bewerber, die zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden, beträgt mindestens 5 und höchstens 10. Als Schlusstermin für den Teilnahmeantrag war der 12.09.2017 vorgesehen. Die Frist zur Einreichung von Teilnahmeanträgen wurde bis 20.09.2017 verlängert.

Zuschlagskriterien sind nach der Bekanntmachung der Preis (60%) und die Entfernung zum Zwischenlager (40%).

Mit Schreiben vom 25.08.2017 (vorgelegt als Anlage Bf 6) rügte die Antragstellerin Vorgaben der Ausschreibung als vergaberechtswidrig. Insbesondere beanstandete sie die Pflicht, den Straßenaufbruch zu 100% der thermischen Verwertung/Behandlung zuführen zu müssen. Sie meint, die zwingende thermische Verwertung des Materials stehe nicht im Einklang mit den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG). Bei der vorgesehenen Entsorgung handele es sich nicht um die umweltschonendste Maßnahme, damit missachte die Vergabestelle die zwingend vorgeschriebene Abfallhierarchie. Der Auftragnehmer werde somit dazu verpflichtet, sich nicht gesetzeskonform zu verhalten. Auch sei verabsäumt worden, die im KrWG vorgesehene Ökobilanz zu erstellen. Es müsse zumindest auch gestattet sein, den Straßenaufbruch im Deponiebau verwerten zu können.

Die Vergabestelle hat die Rüge unter Hinweis auf ihr Leistungsbestimmungsrecht sowie gestützt auf das Merkblatt Nr. 3.4/1 des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) mit Schreiben vom 06.09.2017 zurückgewiesen (Anlage Bf 9). Mit Schreiben vom 11.09.2017 erhob die Antragstellerin weitere Rügen.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20.09.2017 hat die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingereicht. Fristgerecht hat die Antragstellerin auch einen Teilnahmeantrag abgegeben. Sie liegt nach der Auswertung der Anträge auf Platz 1 und soll zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

Im Verfahren vor der Vergabekammer haben die Verfahrensbeteiligten ihre Argumente wiederholt und vertieft. Die Antragstellerin stützt sich, wie bereits im Rügeschreiben, auf eine Ökoeffizienzanalyse zu Entsorgungsoptionen von pech-/ teerhaltigem Straßenaufbruch aus dem Jahr 2007 (Anlage Bf 7) sowie ein weiteres Gutachten aus dem Jahr 2017 (Anlage Bf 8). Die Vergabestelle hat in mehreren Stellungnahmen dargelegt, dass sie sich aus Gründen der Vorsorge und im Sinne einer nachhaltigen Lösung für die thermische Behandlung des Straßenaufbruchs entschieden habe. Es sei ihr maßgeblich darauf angekommen, dass die im teer- und pechhaltigen Straßenaufbruch enthaltenen Schadstoffe möglichst rasch ohne Gefahr für Mensch und Umwelt zerstört werden. Hierbei seien die relevanten Aspekte umfassend gewürdigt worden. Die Erstellung einer „ökobilanz“ sei nicht erforderlich gewesen, zumal man sich auf die fundierte Einschätzung des Landesamtes für Umwelt habe stützen können.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 06.11.2017, per Fax übermittelt am 07.11.2017, als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt:

Die Vorgaben in der Ausschreibung seien hinreichend transparent, da für die beteiligten Fachkreise der Begriff der „thermischen Verwertung“ eindeutig sei. Die Pflicht, den anfallenden pechhaltigen Straßenaufbruch der thermischen Verwertung zuzuführen, verstoße nicht gegen die gesetzlichen Vorgaben des KrWG und verpflichte den Auftragnehmer auch nicht zu einem rechtswidrigen Handeln. Die Vergabestelle bewege sich innerhalb des ihr zustehenden Leistungsbestimmungsrechts. Ihr komme ein Beurteilungsspielraum zu, der auch gewahrt worden sei. Das KrWG eröffne der Verwaltung erhebliche Spielräume, die nur eingeschränkt kontrolliert werden können. Aus Sicht der Vergabekammer habe sich die Vergabestelle im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums bewegt.

Ergänzend wird für die Einzelheiten der Entscheidung auf den Beschluss der Vergabekammer vom 06.11.2017 (vorgelegt als Anlage Bf 2) Bezug genommen.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 21.11.2017.

Sie beanstandet weiterhin die Vorgabe der Vergabestelle, wonach der anfallende Straßenaufbruch zwingend einer thermischen Verwertung/Behandlung zuzuführen sei. Sie wiederholt und vertieft ihre Argumentation, wonach die Ausschreibung nicht mit den Anforderungen des KrWG in Einklang stehe. Die Vergabestelle würde die Bieter zu einer rechtswidrigen Auftragsausführung verpflichten, was zu einem unzumutbaren wirtschaftlichen Wagnis führen würde. Auch werde der Grundsatz des Wettbewerbs und der Transparenz verletzt. Die von der Antragstellerin vorgelegten Studien würden belegen, dass es sich bei der thermischen Behandlung gerade nicht um die ökoeffizienteste Methode handele. Den Bietern müsse zumindest die Möglichkeit eingeräumt werden, den Straßenaufbruch im Deponiebau zu verwerten. Die Vergabestelle habe die Umweltverträglichkeit der Entsorgungsmöglichkeiten weder hinreichend geprüft noch die Vor- und Nachteile - wie im Gesetz vorgesehen - abgewogen, sondern sich nur auf das Schreiben des LfU gestützt. Dies könne eine Ökobilanzierung nicht ersetzen. Die Vergabestelle habe damit ihr Ermessen bzw. ihren Beurteilungsspielraum gerade nicht korrekt ausgeübt.

Soweit die Antragstellerin vor der Vergabekammer noch andere, nicht mit dieser Thematik zusammenhängende Rügen geltend gemacht hat, verfolgt sie diese in der Beschwerde nicht weiter.

Die Antragstellerin beantragt,

  • 1.die Entscheidung der Vergabekammer Nordbayern vom 06.11.2017 (Aktenzeichen: RMF-SG21-319410-48) aufzuheben;

  • 2.den Beschwerdegegner zu verpflichten, die Ausschreibung aufzuheben;

  • 3.hilfsweise zu 2. den Beschwerdegegner zu verpflichten, die Vergabeunterlagen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu überarbeiten und die am Auftrag interessierten Unternehmen anschließend unter Gewährung einer angemessenen Bewerbungsfrist erneut zur Teilnahmeantragsabgabe aufzufordern;

  • 4.hilfsweise zu 1. bis 3. die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden.

Der Antragsgegner beantragt,

die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Vorgabe, dass der Auftragnehmer den teer-/pechhaltigen Straßenaufbruch einer thermischen Behandlung-/Verwertung zuführen müsse, verstoße weder gegen das Abfallrecht noch sei dies vergaberechtlich zu beanstanden. Es gebe keinen Anlass, zu befürchten, dass die Abfallbehörden diesbezüglich Beanstandungen vornehmen.

Ausgangspunkt sei das allgemein anerkannte Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers, von dem vorliegend in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht worden sei. Dieses Recht gelte auch im Bereich der Beschaffung abfallrechtlicher Leistungen, wie auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 01.08.2012 konstatiert habe. Die vergaberechtliche Nachprüfung beschränke sich auf eine Ermessens- und Beurteilungskontrolle. Die Vergabestelle habe sich zulässigerweise von dem auf Bundes- und Landesebene dokumentierten Bestreben leiten lassen, die thermische Behandlung des belasteten Materials als umweltfachlich vorzugswürden Entsorgungsweg zu wählen. Die Erholung eines gesonderten Sachverständigengutachtens sei damit entbehrlich, ebenso die Erstellung einer Ökobilanz, zumal das Vergabeverfahren ein beschleunigtes Verfahren sei. Die Vergabestelle habe auch, wie die Erwägungen in der Leistungsbeschreibung zeigen würden, die verschiedenen Methoden gegeneinander abgewogen. Sie bevorzuge zulässigerweise die dauerhafte und sichere Ausschleusung der gesundheitsschädlichen Stoffe sowie eine hochwertige und ressourcenschonende Verwertung der mineralischen Fraktionen. Ergänzend stützt sich der Antragsgegner auf eine Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Umwelt vom 01.12.2017/19.12.2017.

Auch die von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten würden nicht den Schluss rechtfertigen, dass die vorgegebene Verwertungsmethode unzulässig sei. Zudem sei eine der beiden Studien mehr als 10 Jahre alt, damit auch zeitlich überholt. In den Studien werde außerdem nicht berücksichtigt, dass das Schadstoffpotential des Aufbruchs (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe = PAK) erhalten bleibe. Vorrang habe die Entsorgungsmaßnahme, die den Schutz von Mensch und Umwelt unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips im Einzelfall am besten gewährleiste. Es gebe keinen generellen Vorrang für eine der beiden Verwertungsmöglichkeiten, damit aber habe die Vergabestelle zulässigerweise eine Wahl treffen können. Die Gründe für die Festlegung auf die thermische Verwertung seien in der Ausschreibung festgehalten, darüber hinaus seien die Ermessenserwägungen im Verfahren erläutert worden.

Ohnehin gebe das Vorbringen der Antragstellerin Anlass zu zweifeln, dass sie an dem Auftrag interessiert sei und/oder die Vorgaben einhalten wolle.

Mit Schreiben vom 06.12.2017 hat die Vergabestelle allen Bewerbern mitgeteilt, dass aufgrund des anhängigen Verfahrens der Termin zur Angebotsabgabe und Öffnung auf unbestimmte Zeit verschoben ist.

Der Senat hat mit Beschluss vom 04.01.2018 den Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gemäß § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB mangels Rechtschutzbedürfnisses abgelehnt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Sie führt - abgesehen von der Festsetzung der Höhe der Gebühren - zur Aufhebung der Entscheidung der Vergabekammer und Stattgabe des Nachprüfungsantrags.

Sofern der Antragsgegner an seiner Beschaffungsabsicht festhält, hat er das Verfahren auf den Stand vor der Bekanntmachung zurückzuversetzen, die verschiedenen in Betracht kommenden Möglichkeiten der Behandlung des Straßenaufbruchs eingehender in Bezug auf ihre Vor- und Nachteile sowie unter Berücksichtigung des Risikopotentials des Abfalls zu prüfen und zu bewerten und dann neu zu entscheiden, ob er bei der Ausschreibung an der Vorgabe einer ausschließlichen thermischen Verwertung festhält oder (auch) andere Verwertungsarten zulässt.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Die Antragstellerin hat die Vergabeverstöße, die Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, rechtzeitig gerügt und auch fristgerecht nach Zurückweisung der Rüge Nachprüfungsantrag gestellt, § 160 Abs. 3 GWB.

b) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Sie hat fristgerecht einen Teilnahmeantrag abgegeben. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin kein echtes Interesse an einer Beauftragung hat, sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig kann aus der Tatsache, dass die Antragstellerin eine Überprüfung der Vorgaben in der Ausschreibung durch die Nachprüfungsinstanzen begehrt, geschlossen werden, dass sie sich im Falle einer Beauftragung nicht vertragstreu verhalten wird.

c) Im Nachprüfungsverfahren kann ein Bieter zulässigerweise geltend machen, dass bei der Bestimmung des Auftragsgegenstandes und den Bedingungen für die Auftragsdurchführung entsorgungsrechtliche Vorschriften nicht hinreichend berücksichtigt wurden und dadurch der Auftraggeber die vergaberechtlichen Grenzen seiner Bestimmungsfreiheit überschritten habe. Zwar zählen die §§ 6 ff KrWG nicht unmittelbar zu den Normen des Vergaberechts, sie sind jedoch anerkanntermaßen inzident im Rahmen der vergaberechtlichen Brückennormen (u.a. § 97 Abs. 6 GWB) zu prüfen (vgl. BGH vom 18.06.2012, X ZB 9/11; OLG Düsseldorf vom 01.08.2012, Verg 105/11, Rn. 32 f zitiert nach juris).

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet.

Denn der Antragsgegner hat seinen Ermessensbzw. Beurteilungsspielraum bei der Festlegung der Art der Entsorgung des anfallenden Straßenaufbruchs nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Dieses Versäumnis ist im Falle eines Festhaltens an der Beschaffungsabsicht zu beheben.

Im Einzelnen:

Der zentrale Streitpunkt des Verfahrens ist die Frage, ob die Vergabestelle bei der Festlegung des Entsorgungskonzeptes (zwingende thermische Verwertung des Straßenaufbruchs) die Vorschriften des KrWG hinreichend beachtet hat, insbesondere ob sie die bei der Abfallbewirtschaftung zu beachtende Rangfolge der Maßnahmen in vertretbarer Weise berücksichtigt hat.

a) § 6 KfWG regelt als Grundsatznorm abstrakt die generelle Rangfolge von Maßnahmen (Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertung und auf der letzten Stufe die Beseitigung). § 6 Abs. 2 KrWG spezifiziert die in Absatz 1 genannte Prioritätenfolge. Demnach soll nach Maßgabe der §§ 7 und 8 KrWG diejenige Maßnahme Vorrang haben, die den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten gewährleistet. Dabei ist der gesamte Lebenszyklus des Abfalls zugrunde zu legen und insbesondere die zu erwartenden Emissionen, das Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen, die einzusetzende und zu gewinnende Energie sowie die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, in Abfällen zur Verwertung oder in daraus gewonnenen Erzeugnissen zu berücksichtigen. Ebenfalls sind die technischen Möglichkeiten, die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die sozialen Folgen der Maßnahme zu beachten. Absatz .2 ermöglicht damit eine Abweichung von der Rangfolge gemäß Absatz 1, die allerdings als Ausnahme von der Regel rechtfertigungsbedürftig ist (vgl. Landmann/Rohmer UmweltR/Beckmann KrWG § 6 Rn. 45,46, beck-online). § 7 Abs. 2 KfWG und § 8 KrWG setzen diese Grundsätze weiter um. Auch hier findet sich zum einen der Vorrang der Verwertung von Abfällen vor deren Beseitigung, andererseits entfällt dieser Vorrang, wenn die Beseitigung der Abfälle den Schutz von Mensch und Natur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 KrWG am besten gewährleistet. § 8 KrWG konkretisiert die Verwertungspflicht und legt diesbezüglich eine Rangfolge fest. Auch hier findet sich der Aspekt eines Vorrangs für den Schutz von Mensch und Natur, zugleich sind aber auch die in § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 KrWG festgelegten Kriterien zu berücksichtigen und es ist eine hochwertige Verwertung anzustreben. Bei gleichrangigen Verwertungsmaßnahmen hat der Erzeuger bzw. Besitzer ein Wahlrecht, welche Maßnahme er ergreift.

Es ist nicht zu verkennen, dass das KrWG damit eine komplexe Prüfung und Abwägung sehr unterschiedlicher Ziele und Folgen vorsieht, um die bestmögliche Verwertung bzw. Entsorgung anfallenden Abfalls zu gewährleisten. Weder aus der Gesetzesbegründung noch aus der von der Antragstellerin zitierten (teils auch vorgelegten) Kommentarliteratur lässt sich allerdings schlussfolgern, dass eine Vergabestelle im Zuge der Ausschreibung von Entsorgungsleistungen nur dann bestimmte Verwertungsmaßnahmen vorgeben kann, wenn sie vorab - ggf. mit sachverständiger Beratung - eine umfassende Ökobilanz entsprechend den im Verfahren von der Antragstellerin vorgelegten Fachgutachten erstellt hat. Allerdings wird man von einer Vergabestelle verlangen können und müssen, dass sie dann, wenn sie einen ganz bestimmten Umgang mit dem Abfall vorschreibt und alle sonstigen (nicht von vorneherein offensichtlich nachrangigen) Möglichkeiten der Verwertung/Entsorgung zwingend ausschließt, die zentralen Aspekte, die für bzw. gegen die beabsichtigte Festlegung sprechen, gegenüberstellt und bewertet und dabei die grundlegende Konzeption des KrWG berücksichtigt. Nur so kann im Zuge eines Nachprüfungsverfahrens festgestellt werden, ob die Vergabestelle den ihr zustehenden Ermessensbzw. Beurteilungsspielraum auch ordnungsgemäß ausgeübt hat.

b) Abgesehen davon unterliegt auch die Bestimmungsfreiheit des öffentlichen Auftraggebers, ob und was beschafft werden soll, und damit auch die Frage, welche Anforderungen an die zu beschaffenden Leistungen gestellt werden dürfen, allgemeinen vergaberechtlichen Grenzen, mag auch der nunmehr in § 97 Abs. 1 S. 2 GWB ausdrücklich aufgenommene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine engeren Schranken für das recht weitgehende Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers begründen, als bisher (vgl. Schneevogl in Heiermann/Zeiss/Summa, juris-PK Vergaberecht, 2016, § 97 GWB, Rn. 30). Die Bestimmung des Auftragsgegenstandes muss nach einhelliger Rechtsprechung sachlich gerechtfertigt sein und es müssen dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe vorliegen. Die Festlegung muss Willkür- und diskriminierungsfrei erfolgen (vgl. OLG Düsseldorf vom 07.06.2017, Verg 53/16). Eine weitere Beschränkung enthält § 31 Abs. 6 VgV für hersteller- oder produktbezogene Leistungsspezifikationen, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfen.

c) Anders als die Vergabekammer vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Vergabestelle ihren Ermessens- und Beurteilungsspielraum ordnungsgemäß ausgeübt hat. Sie hat dieses Versäumnis im Verfahren auch nicht behoben.

Zu Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass eine ordnungsgemäße Ausübung von Ermessens- und Beurteilungsspielräumen voraussetzt, dass der Sach verhalt zutreffend und vollständig ermittelt wurde, dass Verfahrensgrundsätze eingehalten wurden, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind, die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte angemessen und vertretbar gewichtet wurden und der gesetzliche bzw. ein selbst von der Vergabestelle vorgegebene Rahmen bzw. Maßstab beachtet wurde (vgl. auch OLG München vom 07.04.2011, Verg 5/11).

Grundsätzlich bietet im Vergabeverfahren die Dokumentation die Informationsgrundlage dafür, ob diese Vorgaben eingehalten wurden (§ 8 VgV). Vorliegend enthält die vorgelegte Vergabeakte jedoch keinerlei Dokumentation dazu, aufgrund welcher Erwägungen und unter Berücksichtigung welcher Aspekte sich die Vergabestelle auf die thermische Verwertung als einzig zulässige Maßnahme festgelegt hat. Die Ausschreibung selbst lässt nur erkennen, dass die Vergabestelle sich an umweitbzw. gesundheitspolitischen Zielsetzungen auf Landesbzw. Bundesebene orientiert hat. Im Antwortschreiben auf die Rüge bezieht sich die Vergabestelle im Wesentlichen auf das Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz aus dem Jahr 2017. Das von der Antragstellerin vorgelegte Merkblatt Nr. 3.4/1 des LfU in der im August aktualisierten Fassung enthält zwar unter Ziffer. 5.2.4 eine Präferenz für die thermische Behandlung von Straßenaufbruch, nennt aber auch die Verwertung des Abfalls auf Deponien als zulässige Entsorgungsmaßnahme.

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Antwort der Vergabestelle auf das Rügeschreiben erkennen lässt, dass die Vergabestelle als mögliche Alternative zu der von ihr gewählten Verwertungsart nur die - in der Rangfolge des KrWG prinzipiell nachrangige - Beseitigung des Abfalls auf Deponien im Blick hatte, nicht dagegen die von der Antragstellerin im Verfahren dargelegte „Verwertung“ durch Nutzung des Materials für deponieeigene Straßen oder die Modellierung von Anlagen auf Deponien (Deponiebauersatzstoff). Auf die ausführlichen Argumente der Antragstellerin, die bereits im ersten Rügeschreiben alle zentralen Aspekte (u.a. Emissionsproblematik, Fehlen einer umfassenden Abwägung, konkrete Nachteile der thermischen Verwertung ggü. einer Verwendung im Deponiebau) vorgetragen hat, ist die Vergabestelle nicht eingegangen.

Ersichtlich hat die Vergabestelle damit eine wesentliche zulässige Verwertungsoption bei der Erstellung der Vergabe unterlagen nicht in ihre Überlegungen mit einbezogen, mithin den Sachverhalt vorab nicht ausreichend ermittelt und damit auch nicht in eine nach dem KrWG gebotene vergleichende Bewertung der Vor- und Nachteile der Alternativen einbezogen.

Richtig ist zwar, dass die Vergabestelle im Laufe des Verfahrens noch weitere Ausführungen zu ihren Motiven und den Überlegungen gemacht hat und auch zu den Argumenten der Gegenseite Stellung bezogen hat. Dies genügt jedoch nicht, das festgestellte Defizit im Vorfeld der Ausschreibung zu kompensieren, Zwar führt nicht jeder Dokumentationsmangel dazu, dass eine Wiederholung der betreffenden Verfahrensabschnitte anzuordnen ist, weil anderenfalls der Ablauf des Vergabeverfahren unangemessen beeinträchtigt werden könnte (vgl. BGH vom 08.02.2011, X ZB 4/10 = BGHZ 188, 200 ff). Es ist vielmehr möglich, dass Dokumentationsmängel nachträglich geheilt werden können, etwa wenn der Auftraggeber die Dokumentation nachholt und Gründe dartut, die er nach Aufhebung in einem wiederholten Verfahren ohne Weiteres seiner Entscheidung zugrunde legen kann (BGH, a. a. O.) Dies ist aber dann anders zu beurteilen, wenn zu besorgen ist dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation lediglich im Nachprüfungsverfahren nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten (BGH, a. a. O.).

Die Vergabestelle hat im Verfahren nicht eine „versäumte“ Dokumentation nachgeholt, sondern sie hat zu den Einwänden der Antragstellerin Stellung bezogen und sich in diesem Zusammenhang erstmals mit einzelnen Aspekten befasst. Sie hat dargelegt, aus welchen Gründen sie bei einer Abwägung der Vor- und Nachteile dennoch ihre Festlegung für vertretbar erachtet. Ein derartiges „Nachschieben“ nicht dokumentierter und auch nicht vorab vorgenommener Ermessensbzw. Beurteilungserwägungen birgt die Gefahr, dass die Rechtfertigung der Entscheidung im Streitfall - bewusst oder unterbewusst - die Argumentation beeinflusst, mithin nicht mehr eine ergebnisoffene, sondern eine ergebnisorientierte Bewertung der Tatsachen erfolgt. So beurteilt der Senat das Vorbringen des Antragsgegners auch hier; es handelt sich um die - grundsätzlich nachvollziehbare - Rechtfertigung bzw. Verteidigung der getroffenen Entscheidung, die getragen ist von der vorab getroffenen Präferenz für eine sofortige Eliminierung der in pech- und teer-haltigem Straßenaufbruch enthaltenen PAK-Schadstoffe. Eine neue und offene Bewertung der Vor- und Nachteile beider Verfahren vermag der Senat nicht zu erkennen.

Auch die vom Antragsgegner in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung des EuGH vom 20.12.2017, Rs. C-677/15 P befasst sich nicht mit dieser Problematik. Dort ging es nicht um eine Ermessensentscheidung, die im Verfahren ergänzend begründet wurde, sondern darum, dass eine von mehreren Begründungen, die eine Vergabestelle für eine Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter herangezogen hat, tragfähig war. Dass es dann nicht darauf ankommt, ob sich die Vergabestelle daneben noch auf andere Erwägungen gestützt hat, versteht sich von selbst.

Aber auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Vergabestelle bzw. des Antragsgegners im Verfahren fehlt aus Sicht des Senats bislang eine ausreichende Abwägung aller relevanten Aspekte für und gegen beide Verfahren.

Ausgehend von den im Verfahren vorgelegten fachlichen Stellungnahmen spricht vieles dafür, dass die beiden Alternativen des Umgangs mit dem Straßenaufbruch in ihrer Bewertung sehr eng beieinander liegen. Hierfür sprechen zum einen die von der Antragstellerin vorgelegten ausführlichen Gutachten. Aber auch die Fachbehörden des Antragsgegners (Oberste Baubehörde/Umweltschutzministerium) beurteilen in aktuellen Schreiben beide Möglichkeiten als vertretbare Optionen nach dem KrWG. Zwar hat die thermische Verwertung den Vorteil einer zeitnahen, endgültigen Beseitigung potentiell gefährlicher Schadstoffe, andererseits gibt es unstreitig in Deutschland aktuell keine größere Anlage, in der eine solche thermische Verwertung stattfindet. Die vorgesehene Verwertung erfordert vielmehr den Transport des Abfalls zu einer Anlage in den Niederlanden, was entsprechende Umweltfolgen nach sich zieht. Inhaltlich eingehender geprüft werden müsste auch der Aspekt, dass die thermische Verwertung vor Ort zu weiteren Emissionen führt, welcher Energieeinsatzes nötig ist, um bestimmte Inhaltsstoffe zu beseitigen und stattdessen nutzbares Material (in welcher Größenordnung?) zu gewinnen. Eine ausreichende Abwägung und Beurteilung all dieser Aspekte lässt sich aus dem pauschalen Vorbringen der Vergabestelle, sie habe all dies bedacht, wegen der Gefahren der PAK-Verbindungen wolle sie dennoch nur eine thermische Verwertung, nicht schließen.

Darüber hinaus fehlt aus Sicht des Senats eine korrespondierende Betrachtung und substantielle Bewertung der Gefährlichkeit des Abfalls, insbesondere der effektiven Risiken bzw. der Nachteile für Mensch und Umwelt bei der Verwertungsart, wie sie die Antragstellerin anwenden will. So bestehen ausweislich eines Schreibens der Obersten Baubehörde vom 29.11.2017 auf Seiten des Antragsgegners keine Bedenken, das Ausbaumaterial in aufbereiteter Form bei derselben oder einer zeitnah laufenden Staatsstraßen-Baumaßnahmen zu verwerten, einen Verbau in einer Deponie hält die Vergabestelle dennoch wegen etwaiger Restrisiken nicht für akzeptabel. Hier sieht der Senat auf Antragsgegnerseite eine Diskrepanz, die sachlich zu begründen wäre.

Aus den dargelegten Gründen ist es nicht vergaberechtskonform, das Verfahren mit den strittigen Festlegungen fortzusetzen. Vielmehr hat die Vergabestelle bei Festhalten an der Beschaffungsabsicht den aufgezeigten Erwägungen Rechnung zu tragen. Sie hat unter Berücksichtigung der Informationen und Erkenntnisse aus dem streitgegenständlichen Verfahren eine erneute Prüfung vorzunehmen und zu beurteilen, ob eine ausschließliche Beschränkung auf die thermische Verwertung sachlich gerechtfertigt ist oder nicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 und 4, § 120 Abs. 2 i.V.m. § 78 GWB. Der unterlegene Antragsgegner hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens zu tragen. Billigkeitsgesichtspunkte, die eine abweichende Kostenverteilung rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Davon ausgenommen sind die Kosten und notwendigen Auslagen infolge des Verfahrens nach § 173 GWB, in dem die Antragstellerin unterlegen ist. Insoweit trifft die Antragstellerin die Pflicht zur Kostentragung. Aufgrund der Komplexität der aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen war die Hinzuziehung eines anwaltlichen Vertreters auf Seiten der Antragstellerin für das Verfahren vor der Vergabekammer notwendig, § 182 Abs. 4 GWB.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 09. März 2018 - Verg 10/17

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(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft. (2) Öffentlichen Auftraggebern stehen das offene Verfa

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 31 Leistungsbeschreibung


(1) Der öffentliche Auftraggeber fasst die Leistungsbeschreibung (§ 121 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) in einer Weise, dass sie allen Unternehmen den gleichen Zugang zum Vergabeverfahren gewährt und die Öffnung des nationalen Beschaffu

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Oberlandesgericht München Beschluss, 09. März 2018 - Verg 10/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Beschluss, 09. März 2018 - Verg 10/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2011 - X ZB 4/10

bei uns veröffentlicht am 08.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 4/10 Verkündet am: 8. Februar 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Vergabenachprüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2012 - X ZB 9/11

bei uns veröffentlicht am 18.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 9/11 vom 18. Juni 2012 in dem Vergabenachprüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Abfallentsorgung II GWB § 97 Abs. 7, §§ 102 ff., 116 ff. Wird ein Anspruch auf Einhaltung der Bes
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht München Beschluss, 09. März 2018 - Verg 10/17.

Vergabekammer Südbayern Beschluss, 31. Jan. 2019 - Z3-3-3194-1-35-10/18

bei uns veröffentlicht am 31.01.2019

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch die Ausgestaltung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens, insbesondere durch den Ausschluss von seilgezogenen Kabelpflügen ohne Eigenantrieb und Vibrationsschwert, in

Vergabekammer Südbayern Beschluss, 04. Juni 2018 - Z3-3-3194-1-08-03/18

bei uns veröffentlicht am 04.06.2018

Tenor 1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu 1).

Referenzen

(1) Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

(2) Das Gericht lehnt den Antrag nach Absatz 1 Satz 3 ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den öffentlichen Auftrag oder die Konzession zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens.

(3) Hat die Vergabekammer dem Antrag auf Nachprüfung durch Untersagung des Zuschlags stattgegeben, so unterbleibt dieser, solange nicht das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vergabekammer nach § 176 oder § 178 aufhebt.

(1) Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen erfolgt im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren, im Verhandlungsverfahren, im wettbewerblichen Dialog oder in der Innovationspartnerschaft.

(2) Öffentlichen Auftraggebern stehen das offene Verfahren und das nicht offene Verfahren, das stets einen Teilnahmewettbewerb erfordert, nach ihrer Wahl zur Verfügung. Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies aufgrund dieses Gesetzes gestattet ist.

(3) Das offene Verfahren ist ein Verfahren, in dem der öffentliche Auftraggeber eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich zur Abgabe von Angeboten auffordert.

(4) Das nicht offene Verfahren ist ein Verfahren, bei dem der öffentliche Auftraggeber nach vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme eine beschränkte Anzahl von Unternehmen nach objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien auswählt (Teilnahmewettbewerb), die er zur Abgabe von Angeboten auffordert.

(5) Das Verhandlungsverfahren ist ein Verfahren, bei dem sich der öffentliche Auftraggeber mit oder ohne Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen wendet, um mit einem oder mehreren dieser Unternehmen über die Angebote zu verhandeln.

(6) Der wettbewerbliche Dialog ist ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge mit dem Ziel der Ermittlung und Festlegung der Mittel, mit denen die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers am besten erfüllt werden können. Nach einem Teilnahmewettbewerb eröffnet der öffentliche Auftraggeber mit den ausgewählten Unternehmen einen Dialog zur Erörterung aller Aspekte der Auftragsvergabe.

(7) Die Innovationspartnerschaft ist ein Verfahren zur Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen und zum anschließenden Erwerb der daraus hervorgehenden Leistungen. Nach einem Teilnahmewettbewerb verhandelt der öffentliche Auftraggeber in mehreren Phasen mit den ausgewählten Unternehmen über die Erst- und Folgeangebote.

(1) Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

(2) Das Gericht lehnt den Antrag nach Absatz 1 Satz 3 ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den öffentlichen Auftrag oder die Konzession zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens.

(3) Hat die Vergabekammer dem Antrag auf Nachprüfung durch Untersagung des Zuschlags stattgegeben, so unterbleibt dieser, solange nicht das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vergabekammer nach § 176 oder § 178 aufhebt.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 9/11
vom
18. Juni 2012
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Abfallentsorgung II
Wird ein Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren
darauf gestützt, dass die angekündigte Beschaffung von Entsorgungsleistungen
durch Vergabe einer Dienstleistungskonzession gesetzwidrig sei und nur im Wege
eines öffentlichen Auftrags erfolgen dürfe, sind die Nachprüfungsinstanzen des Vierten
BGH, Beschluss vom 18. Juni 2012 - X ZB 9/11 - Vergabekammer Düsseldorf
OLG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juni 2012 durch
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens, die Richter Gröning und
Hoffmann sowie die Richterin Schuster

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Oktober 2011 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Antragsgegnerin ist eine im Jahr 2010 von der Stadt V. als Alleingesellschafterin gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Übernahme kommunaler Entsorgungs- und Straßenreinigungsaufgaben "als Erfüllungsgehilfe der Stadt V. " ist. Wie sich aus der Präambel einer von der Stadt V. und der Antragsgegnerin am 24. Februar 2011 als Konzessionsvertrag geschlossenen Vereinbarung ergibt, erfolgte die Gründung, um der Antragsgegnerin im Wege einer Dienstleistungskonzession die der Stadt als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger obliegende gesetzliche Aufgabe zu übertragen, die im Stadtgebiet anfallenden Abfälle zu erfassen und dem Kreis V. zur Verwertung oder Beseitigung zu überlassen , wobei die öffentlich-rechtliche Verantwortung als Aufgabenträger bei der Stadt verbleiben sollte. Diese gewährte der Antragsgegnerin für das Stadtgebiet das alleinige Recht, die zur Durchführung der Abfallsatzung der Stadt erforderlichen Dienstleistungen mit Ausnahme der hoheitlichen Maßnahmen auszuführen. Die Antragsgegnerin sollte nach den vertraglichen Regelungen auch berechtigt sein, Rechte und Pflichten aus dem Vertrag ganz oder teilweise auf Dritte zu übertragen, insbesondere auch, eine Unterkonzession zu vergeben.
2
Unter Bezugnahme auf das ihr übertragene ausschließliche Recht zur Sammlung und zum Transport der andienungspflichtigen Abfälle in der Stadt V. machte die Antragsgegnerin Ende 2011 in verschiedenen Presseerzeugnissen die Vergabe einer Unterkonzession für die Sammlung und den Transport von Satzungsabfällen der Stadt V. bekannt (Entsorgung von Restabfällen, Papier und Pappe, Schadstoffen und sperrigen Abfällen sowie von kompostierbaren Pflanzenabfällen). Die Gegenleistung sollte in der Erteilung der Berechtigung bestehen, von den satzungsunterworfenen Nutzern der öffentlichen Einrichtung "Abfallentsorgung" Entgelte zu erheben. Die Dienstleistungskonzession sollte im Verhandlungsverfahren vergeben werden. Bietergemeinschaften und der Einsatz von Nachunternehmern waren nicht zugelassen und die Zahlung von Tariflöhnen sollte zugesichert werden.
3
Nachdem die Antragstellerin die Durchführung des Vergabeverfahrens vergeblich gegenüber der Antragsgegnerin gerügt hatte, hat sie ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und mit näherer Begründung in erster Linie geltend gemacht, es gehe nicht um die Vergabe einer Dienstleistungskonzession, son- dern eines Dienstleistungsauftrags, im Übrigen sei die Vergabe einer Dienstleistungskonzession mit § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschaft - und Abfallgesetz - KrW-/AbfG) nicht vereinbar. Sie hat vor der Vergabekammer beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, das eingeleitete Ausschreibungsverfahren aufzuheben und, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht , den Auftrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben.
4
Die Vergabekammer hat der Antragsgegnerin untersagt, das ausgeschriebene Wettbewerbsverfahren durch Vertragsabschluss zu beenden. Dagegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt, deren Zurückweisung die Antragstellerin beantragt hat.
5
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Beschwerdegericht den Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen für zulässig erklärt und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.


6
Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig. Soweit das Beschwerdegericht zur Begründung seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, auf anderslautende Rechtsprechung (Thüringer OLG, Vergaberecht 2010, 705) hinweist, kann dahinstehen, ob die Sache dem Bundesgerichtshof auch im Wege der Divergenzvorlage (§ 124 Abs. 2 GWB) hätte vorgelegt werden können. Zur Klärung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch ein oberstes Lan- desgericht im Gesetz ausdrücklich vorgesehen (§ 17a Abs. 4 Satz 5 GVG). Dass diese Regelung auch im Verhältnis zwischen den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte und Gerichten anderer Rechtswege gilt, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11, 440 Rn. 6 - Rettungsdienstleistungen III).

III.


7
In der Sache ist das Rechtsmittel nicht begründet.
8
1. Das Beschwerdegericht hat die Zuständigkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen im Streitfall bejaht und dazu im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragsgegnerin habe zwar dem äußeren Anschein nach eine Dienstleistungskonzession ausgeschrieben. Streitigkeiten aus der Vergabe solcher Konzessionen könnten an sich auch nicht vor die Vergabekammer und den Vergabesenat gebracht werden. Jedoch seien die Vergabenachprüfungsinstanzen nach § 104 Abs. 2 GWB zuständig, wenn ein Antragsteller geltend mache, die beabsichtigte Vergabe verletze ihn in seinen Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB. Die Norm schütze nicht nur vor Verstößen gegen vergaberechtliche Bestimmungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, sondern auch davor, dass Leistungen, die als Dienstleistungsaufträge vergeben werden müssten, unter Umgehung des Vergaberechts durch Dienstleistungskonzession beschafft werden sollten. So verhalte es sich hier, weil die Erteilung einer Dienstleistungskonzession nach § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG unzulässig sei. Nach dieser Bestimmung könnten Dritte mit der Erfüllung der Aufgaben der entsorgungspflichtigen Stelle beauftragt werden. Der Dritte werde dann als Erfüllungsgehilfe dieser Stelle tätig. Rechtsbeziehungen zwischen ihm und dem Nutzer entstünden nicht, sondern lediglich zwischen der entsorgungspflichtigen Stelle und dem Dritten einerseits und dem Nutzer andererseits. Dementsprechend könne auch nur die entsorgungspflichtige Stelle Entgeltansprüche gegenüber dem Nutzer erheben. Eine Dienstleistungskonzession sei in diesem Rahmen unzulässig. Eine Pflichtenübertragung nach § 16 Abs. 2 KrW-/AbfG, in deren Rahmen die Vergabe einer Dienstleistungskonzession in Betracht kommen könnte, sei weder von der Antragsgegnerin noch von der Stadt V. gewollt und die Voraussetzungen dafür (§ 16 Abs. 3 KrW-/AbfG) lägen auch nicht vor.
9
2. Die Bejahung der Zuständigkeit der Nachprüfungsinstanzen durch das Beschwerdegericht greift die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg an.
10
a) Ob das Begehren der Antragstellerin vor die im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehenen Nachprüfungsinstanzen gehört oder ein anderer Rechtsweg zu beschreiten ist, ist in Anlehnung an die Grundsätze zu beantworten, nach denen bei - wie hier - fehlender ausdrücklicher Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers zu entscheiden ist, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist. Dafür kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes auf die Natur des Rechtsverhältnisses und dabei entscheidend auf die wahre Natur des Anspruchs an, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt (GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1987 - GmS-OGB 1/88, BGHZ 108, 284, 286 mwN).
11
b) Nach der Natur des von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruchs sind die Nachprüfungsinstanzen nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuständig. Das Begehren der Antragstellerin geht dahin, der Antragsgegnerin die Vergabe einer Dienstleistungskonzession zu untersagen, weil die Wahl dieser Vertragsart der Vergabestelle gesetzlich (§ 16 Abs. 1 KrW-/AbfG) verwehrt und das für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen oberhalb des einschlägigen Schwellenwerts geltende Vergaberecht zu beachten sei. Mit ihrem Angriff, die Wahl eines dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht unterliegenden Vertragstyps sei nicht statthaft, macht die Antragstellerin der Sache nach die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren geltend (§ 97 Abs. 7 GWB). Dafür ist die Zuständigkeit der Vergabekammern (§§ 102 ff. GWB) und der Vergabesenate (§§ 116 ff. GWB) gegeben.
12
aa) Die Annahme des Oberlandesgerichts, das von der Antragstellerin beanstandete Vergabeverfahren sei auf die Vereinbarung einer Dienstleistungskonzession gerichtet, wird von der Rechtsbeschwerde als ihr günstig nicht angegriffen und begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken. Es entspricht des Weiteren der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen an sich nicht in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fällt (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 Rn. 28 f. - S-BahnVerkehr Rhein/Ruhr; Beschluss vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11, VergabeR 2012, 440 Rn. 10 ff. - Rettungsdienstleistungen III). Ohne Hinzutreten besonderer Umstände wären Vergabekammer und Vergabesenat nicht zuständig.
13
bb) Im Streitfall kommt jedoch hinzu, dass der Beschaffung der fraglichen Entsorgungsleistungen im Wege der Erteilung einer Dienstleistungskonzession nach dem Vorbringen der Antragstellerin und den von der Rechtsbeschwerde nicht infrage gestellten Ausführungen des Oberlandesgerichts die Regelung des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG entgegensteht. Zu Recht hat das Oberlandesgericht im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung die Wahl der Dienstleistungskonzession als Vertragsart durch die Antragsgegnerin unter diesen Voraussetzungen einer vergaberechtswidrigen De-facto-Vergabe gleichgesetzt. Um eine solche handelt es sich u. a. dann, wenn die Vergabestelle einen öffentlichen Auftrag unmittelbar einem Unternehmen erteilt, obwohl sie andere Unternehmen ohne gesetzliche Gestattung nicht am Vergabeverfahren beteiligt hat (§ 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB). Diese Regelung will ermöglichen, dass ein vergaberechtswidrig erteilter Auftrag noch nachträglich einem geordneten Vergabeverfahren zugeführt werden kann. Vom Regelungsgegenstand des § 101b Abs. 1 Nr. 2 GWB unterscheidet sich der Streitfall nur graduell durch den unerheblichen Umstand, dass die Antragsgegnerin zwar einen Teilnahmewettbewerb eröffnet hat, die Leistung aber im Übrigen frei von den Restriktionen des für die Vergabe öffentlicher Aufträge oberhalb der einschlägigen Schwellenwerte geltenden Vergaberechts vergeben will.
14
cc) Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Rechtsbeschwerde, im Nachprüfungsverfahren seien nur Verstöße gegen vergaberechtliche Vorschriften zu prüfen, zu denen die vom Oberlandesgericht herangezogenen Bestimmungen des KrW-/AbfG und des Abfallgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen nicht zählten. Der Anspruch aus § 97 Abs. 7 GWB schließt das Recht ein, die Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens zur Beschaffung einer dem Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Leistung zu erzwingen, wenn die Vergabestelle den Beschaffungsvorgang nicht als ausschreibungspflichtig erachtet und ihn deshalb ohne förmliches Vergabeverfahren abschließen will. Um die Durchsetzung eines Vergabeverfahrens unter diesen Vorzeichen geht es der Antragstellerin im Streitfall. Er weist lediglich die Besonderheit auf, dass der Erfolg dieses Begehrens nach Lage des Sachverhalts davon abhängt, ob der Antragsgegnerin die Beschaffung der Leistung durch Vergabe einer Dienstleistungskonzession aufgrund einer gesetzlichen Regelung untersagt ist, die selbst nicht unmittelbar zu den Bestimmungen über das Vergabeverfahren im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB zu rechnen ist (hier: § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG, aufgehoben durch Art. 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts vom 24. Februar 2012, BGBl. I S. 212; vgl. dazu die im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmung in § 22 des als Art. 1 des vorgenannten Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts geschaffenen Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen [Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG]). Diese Frage ist inzidenter im Rahmen der in die Zuständigkeit der Nachprüfungsinstanzen fallenden Prüfung zu beantworten, ob der Beschaffungsvorgang, wie von der Antragstellerin geltend gemacht, den Bestimmungen über das Vergabeverfahren im Sinne von § 97 Abs. 7 GWB unterliegt. Ob § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG - gegebenenfalls eine an die Stelle dieser Regelung getretene Norm - dem Abschluss einer Dienstleistungskonzession im Streitfall entgegensteht, kann nicht losgelöst von dieser Frage beurteilt werden und deshalb auch nicht die Zulässigkeit eines anderen Rechtswegs begründen, sondern ist im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags abschließend zu klären.
15
dd) Nicht zielführend für den Standpunkt der Antragstellerin ist ihr Einwand , die Abgrenzung von Dienstleistungsauftrag und -konzession diene der Festlegung, ob der Vergaberechtsweg eröffnet sei oder nicht, und, diese Abgrenzung werde durch die Erwägungen des Oberlandesgerichts zur Umgehung des Vergaberechts konterkariert. Dies lässt den vorstehend erörterten Umstand außer Acht, dass die Antragstellerin - als eine vor die Nachprüfungsinstanzen gehörende Verletzung ihrer Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB - geltend macht, dass die Antragsgegnerin die in Rede stehende Beschaffung als Dienstleistungskonzession tätigen wolle. Das Oberlandesgericht hat deshalb zu Recht die Auffassung vertreten, dass das Petitum eines Unternehmens mit Interesse am Auftrag (§ 107 Abs. 2 GWB), der Gegenstand einer Dienstleistungskonzession müsse als Dienstleistungsauftrag ausgeschrieben werden, weil der Abschluss eines Konzessionsvertrages aufgrund gesetzlicher Regelung nicht statthaft sei, vor der Vergabekammer und dem Beschwerdegericht geltend zu machen sei.

III.


16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Keukenschrijver Mühlens Gröning
Richter Hoffmann ist in Urlaub und ortsabwesend und kann deshalb nicht unterschreiben. Keukenschrijver Schuster
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.10.2011 - VII-Verg 51/11 -

(1) Maßnahmen der Vermeidung und der Abfallbewirtschaftung stehen in folgender Rangfolge:

1.
Vermeidung,
2.
Vorbereitung zur Wiederverwendung,
3.
Recycling,
4.
sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,
5.
Beseitigung.

(2) Ausgehend von der Rangfolge nach Absatz 1 soll nach Maßgabe der §§ 7 und 8 diejenige Maßnahme Vorrang haben, die den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten gewährleistet. Für die Betrachtung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nach Satz 1 ist der gesamte Lebenszyklus des Abfalls zugrunde zu legen. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
die zu erwartenden Emissionen,
2.
das Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen,
3.
die einzusetzende oder zu gewinnende Energie sowie
4.
die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, in Abfällen zur Verwertung oder in daraus gewonnenen Erzeugnissen.
Die technische Möglichkeit, die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die sozialen Folgen der Maßnahme sind zu beachten.

(3) Die Anlage 5 enthält eine nicht abschließende Liste von Beispielen für Maßnahmen und wirtschaftliche Instrumente zur Schaffung von Anreizen für die Anwendung der Abfallhierarchie von Verwertungsverfahren.

(1) Die Pflichten zur Abfallvermeidung richten sich nach § 13 sowie den Rechtsverordnungen, die auf Grund der §§ 24 und 25 erlassen worden sind.

(2) Die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen sind zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet. Die Verwertung von Abfällen hat Vorrang vor deren Beseitigung. Der Vorrang entfällt, wenn die Beseitigung der Abfälle den Schutz von Mensch und Umwelt nach Maßgabe des § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 am besten gewährleistet. Der Vorrang gilt nicht für Abfälle, die unmittelbar und üblicherweise durch Maßnahmen der Forschung und Entwicklung anfallen.

(3) Die Verwertung von Abfällen, insbesondere durch ihre Einbindung in Erzeugnisse, hat ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die Verwertung erfolgt ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Sie erfolgt schadlos, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.

(4) Die Pflicht zur Verwertung von Abfällen ist zu erfüllen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, insbesondere für einen gewonnenen Stoff oder gewonnene Energie ein Markt vorhanden ist oder geschaffen werden kann. Die Verwertung von Abfällen ist auch dann technisch möglich, wenn hierzu eine Vorbehandlung erforderlich ist. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist gegeben, wenn die mit der Verwertung verbundenen Kosten nicht außer Verhältnis zu den Kosten stehen, die für eine Abfallbeseitigung zu tragen wären.

(1) Bei der Erfüllung der Verwertungspflicht nach § 7 Absatz 2 Satz 1 hat diejenige der in § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 genannten Verwertungsmaßnahmen Vorrang, die den Schutz von Mensch und Umwelt nach der Art und Beschaffenheit des Abfalls unter Berücksichtigung der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 festgelegten Kriterien am besten gewährleistet. Zwischen mehreren gleichrangigen Verwertungsmaßnahmen besteht ein Wahlrecht des Erzeugers oder Besitzers von Abfällen. Bei der Ausgestaltung der nach Satz 1 oder 2 durchzuführenden Verwertungsmaßnahme ist eine den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleistende, hochwertige Verwertung anzustreben. § 7 Absatz 4 findet auf die Sätze 1 bis 3 entsprechende Anwendung.

(2) Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für bestimmte Abfallarten auf Grund der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 festgelegten Kriterien

1.
den Vorrang oder Gleichrang einer Verwertungsmaßnahme und
2.
Anforderungen an die Hochwertigkeit der Verwertung.
Durch Rechtsverordnung nach Satz 1 kann insbesondere bestimmt werden, dass die Verwertung des Abfalls entsprechend seiner Art, Beschaffenheit, Menge und Inhaltsstoffe durch mehrfache, hintereinander geschaltete stoffliche und anschließende energetische Verwertungsmaßnahmen (Kaskadennutzung) zu erfolgen hat.

(3) (weggefallen)

(1) Maßnahmen der Vermeidung und der Abfallbewirtschaftung stehen in folgender Rangfolge:

1.
Vermeidung,
2.
Vorbereitung zur Wiederverwendung,
3.
Recycling,
4.
sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,
5.
Beseitigung.

(2) Ausgehend von der Rangfolge nach Absatz 1 soll nach Maßgabe der §§ 7 und 8 diejenige Maßnahme Vorrang haben, die den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten gewährleistet. Für die Betrachtung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nach Satz 1 ist der gesamte Lebenszyklus des Abfalls zugrunde zu legen. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
die zu erwartenden Emissionen,
2.
das Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen,
3.
die einzusetzende oder zu gewinnende Energie sowie
4.
die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, in Abfällen zur Verwertung oder in daraus gewonnenen Erzeugnissen.
Die technische Möglichkeit, die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die sozialen Folgen der Maßnahme sind zu beachten.

(3) Die Anlage 5 enthält eine nicht abschließende Liste von Beispielen für Maßnahmen und wirtschaftliche Instrumente zur Schaffung von Anreizen für die Anwendung der Abfallhierarchie von Verwertungsverfahren.

(1) Bei der Erfüllung der Verwertungspflicht nach § 7 Absatz 2 Satz 1 hat diejenige der in § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 genannten Verwertungsmaßnahmen Vorrang, die den Schutz von Mensch und Umwelt nach der Art und Beschaffenheit des Abfalls unter Berücksichtigung der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 festgelegten Kriterien am besten gewährleistet. Zwischen mehreren gleichrangigen Verwertungsmaßnahmen besteht ein Wahlrecht des Erzeugers oder Besitzers von Abfällen. Bei der Ausgestaltung der nach Satz 1 oder 2 durchzuführenden Verwertungsmaßnahme ist eine den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleistende, hochwertige Verwertung anzustreben. § 7 Absatz 4 findet auf die Sätze 1 bis 3 entsprechende Anwendung.

(2) Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für bestimmte Abfallarten auf Grund der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 festgelegten Kriterien

1.
den Vorrang oder Gleichrang einer Verwertungsmaßnahme und
2.
Anforderungen an die Hochwertigkeit der Verwertung.
Durch Rechtsverordnung nach Satz 1 kann insbesondere bestimmt werden, dass die Verwertung des Abfalls entsprechend seiner Art, Beschaffenheit, Menge und Inhaltsstoffe durch mehrfache, hintereinander geschaltete stoffliche und anschließende energetische Verwertungsmaßnahmen (Kaskadennutzung) zu erfolgen hat.

(3) (weggefallen)

(1) Maßnahmen der Vermeidung und der Abfallbewirtschaftung stehen in folgender Rangfolge:

1.
Vermeidung,
2.
Vorbereitung zur Wiederverwendung,
3.
Recycling,
4.
sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,
5.
Beseitigung.

(2) Ausgehend von der Rangfolge nach Absatz 1 soll nach Maßgabe der §§ 7 und 8 diejenige Maßnahme Vorrang haben, die den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten gewährleistet. Für die Betrachtung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nach Satz 1 ist der gesamte Lebenszyklus des Abfalls zugrunde zu legen. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
die zu erwartenden Emissionen,
2.
das Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen,
3.
die einzusetzende oder zu gewinnende Energie sowie
4.
die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, in Abfällen zur Verwertung oder in daraus gewonnenen Erzeugnissen.
Die technische Möglichkeit, die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die sozialen Folgen der Maßnahme sind zu beachten.

(3) Die Anlage 5 enthält eine nicht abschließende Liste von Beispielen für Maßnahmen und wirtschaftliche Instrumente zur Schaffung von Anreizen für die Anwendung der Abfallhierarchie von Verwertungsverfahren.

(1) Bei der Erfüllung der Verwertungspflicht nach § 7 Absatz 2 Satz 1 hat diejenige der in § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 genannten Verwertungsmaßnahmen Vorrang, die den Schutz von Mensch und Umwelt nach der Art und Beschaffenheit des Abfalls unter Berücksichtigung der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 festgelegten Kriterien am besten gewährleistet. Zwischen mehreren gleichrangigen Verwertungsmaßnahmen besteht ein Wahlrecht des Erzeugers oder Besitzers von Abfällen. Bei der Ausgestaltung der nach Satz 1 oder 2 durchzuführenden Verwertungsmaßnahme ist eine den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleistende, hochwertige Verwertung anzustreben. § 7 Absatz 4 findet auf die Sätze 1 bis 3 entsprechende Anwendung.

(2) Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 68) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für bestimmte Abfallarten auf Grund der in § 6 Absatz 2 Satz 2 und 3 festgelegten Kriterien

1.
den Vorrang oder Gleichrang einer Verwertungsmaßnahme und
2.
Anforderungen an die Hochwertigkeit der Verwertung.
Durch Rechtsverordnung nach Satz 1 kann insbesondere bestimmt werden, dass die Verwertung des Abfalls entsprechend seiner Art, Beschaffenheit, Menge und Inhaltsstoffe durch mehrfache, hintereinander geschaltete stoffliche und anschließende energetische Verwertungsmaßnahmen (Kaskadennutzung) zu erfolgen hat.

(3) (weggefallen)

(1) Maßnahmen der Vermeidung und der Abfallbewirtschaftung stehen in folgender Rangfolge:

1.
Vermeidung,
2.
Vorbereitung zur Wiederverwendung,
3.
Recycling,
4.
sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,
5.
Beseitigung.

(2) Ausgehend von der Rangfolge nach Absatz 1 soll nach Maßgabe der §§ 7 und 8 diejenige Maßnahme Vorrang haben, die den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips am besten gewährleistet. Für die Betrachtung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nach Satz 1 ist der gesamte Lebenszyklus des Abfalls zugrunde zu legen. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
die zu erwartenden Emissionen,
2.
das Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen,
3.
die einzusetzende oder zu gewinnende Energie sowie
4.
die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, in Abfällen zur Verwertung oder in daraus gewonnenen Erzeugnissen.
Die technische Möglichkeit, die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die sozialen Folgen der Maßnahme sind zu beachten.

(3) Die Anlage 5 enthält eine nicht abschließende Liste von Beispielen für Maßnahmen und wirtschaftliche Instrumente zur Schaffung von Anreizen für die Anwendung der Abfallhierarchie von Verwertungsverfahren.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Der öffentliche Auftraggeber fasst die Leistungsbeschreibung (§ 121 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) in einer Weise, dass sie allen Unternehmen den gleichen Zugang zum Vergabeverfahren gewährt und die Öffnung des nationalen Beschaffungsmarkts für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindert.

(2) In der Leistungsbeschreibung sind die Merkmale des Auftragsgegenstands zu beschreiben:

1.
in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen oder einer Beschreibung der zu lösenden Aufgabe, die so genau wie möglich zu fassen sind, dass sie ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und hinreichend vergleichbare Angebote erwarten lassen, die dem öffentlichen Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen,
2.
unter Bezugnahme auf die in Anlage 1 definierten technischen Anforderungen in der Rangfolge:
a)
nationale Normen, mit denen europäische Normen umgesetzt werden,
b)
Europäische Technische Bewertungen,
c)
gemeinsame technische Spezifikationen,
d)
internationale Normen und andere technische Bezugssysteme, die von den europäischen Normungsgremien erarbeitet wurden oder,
e)
falls solche Normen und Spezifikationen fehlen, nationale Normen, nationale technische Zulassungen oder nationale technische Spezifikationen für die Planung, Berechnung und Ausführung von Bauwerken und den Einsatz von Produkten oder
3.
als Kombination von den Nummern 1 und 2
a)
in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen unter Bezugnahme auf die technischen Anforderungen gemäß Nummer 2 als Mittel zur Vermutung der Konformität mit diesen Leistungs- und Funktionsanforderungen oder
b)
mit Bezugnahme auf die technischen Anforderungen gemäß Nummer 2 hinsichtlich bestimmter Merkmale und mit Bezugnahme auf die Leistungs- und Funktionsanforderungen gemäß Nummer 1 hinsichtlich anderer Merkmale.
Jede Bezugnahme auf eine Anforderung nach Nummer 2 Buchstabe a bis e ist mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen.

(3) Die Merkmale können auch Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen. Sie können sich auch auf den Prozess oder die Methode zur Herstellung oder Erbringung der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus des Auftragsgegenstands einschließlich der Produktions- und Lieferkette beziehen, auch wenn derartige Faktoren keine materiellen Bestandteile der Leistung sind, sofern diese Merkmale in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand stehen und zu dessen Wert und Beschaffungszielen verhältnismäßig sind.

(4) In der Leistungsbeschreibung kann ferner festgelegt werden, ob Rechte des geistigen Eigentums übertragen oder dem öffentlichen Auftraggeber daran Nutzungsrechte eingeräumt werden müssen.

(5) Werden verpflichtende Zugänglichkeitserfordernisse im Sinne des § 121 Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit einem Rechtsakt der Europäischen Union erlassen, so muss die Leistungsbeschreibung, soweit die Kriterien der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen oder der Konzeption für alle Nutzer betroffen sind, darauf Bezug nehmen.

(6) In der Leistungsbeschreibung darf nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, das die Erzeugnisse oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens kennzeichnet, oder auf gewerbliche Schutzrechte, Typen oder einen bestimmten Ursprung verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden, es sei denn, dieser Verweis ist durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt. Solche Verweise sind ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand anderenfalls nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann; diese Verweise sind mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen.

(1) Der öffentliche Auftraggeber dokumentiert das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Dazu gehört zum Beispiel die Dokumentation der Kommunikation mit Unternehmen und interner Beratungen, der Vorbereitung der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen, der Öffnung der Angebote, Teilnahmeanträge und Interessensbestätigungen, der Verhandlungen und der Dialoge mit den teilnehmenden Unternehmen sowie der Gründe für Auswahlentscheidungen und den Zuschlag.

(2) Der öffentliche Auftraggeber fertigt über jedes Vergabeverfahren einen Vermerk in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Dieser Vergabevermerk umfasst mindestens Folgendes:

1.
den Namen und die Anschrift des öffentlichen Auftraggebers sowie Gegenstand und Wert des Auftrags, der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems,
2.
die Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Auswahl,
3.
die nicht berücksichtigten Angebote und Teilnahmeanträge sowie die Namen der nicht berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung,
4.
die Gründe für die Ablehnung von Angeboten, die für ungewöhnlich niedrig befunden wurden,
5.
den Namen des erfolgreichen Bieters und die Gründe für die Auswahl seines Angebots sowie, falls bekannt, den Anteil am Auftrag oder an der Rahmenvereinbarung, den der Zuschlagsempfänger an Dritte weiterzugeben beabsichtigt, und gegebenenfalls, soweit zu jenem Zeitpunkt bekannt, die Namen der Unterauftragnehmer des Hauptauftragnehmers,
6.
bei Verhandlungsverfahren und wettbewerblichen Dialogen die in § 14 Absatz 3 genannten Umstände, die die Anwendung dieser Verfahren rechtfertigen,
7.
bei Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb die in § 14 Absatz 4 genannten Umstände, die die Anwendung dieses Verfahrens rechtfertigen,
8.
gegebenenfalls die Gründe, aus denen der öffentliche Auftraggeber auf die Vergabe eines Auftrags, den Abschluss einer Rahmenvereinbarung oder die Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems verzichtet hat,
9.
gegebenenfalls die Gründe, aus denen andere als elektronische Mittel für die Einreichung der Angebote verwendet wurden,
10.
gegebenenfalls Angaben zu aufgedeckten Interessenkonflikten und getroffenen Abhilfemaßnahmen,
11.
gegebenenfalls die Gründe, aufgrund derer mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben wurden, und
12.
gegebenenfalls die Gründe für die Nichtangabe der Gewichtung von Zuschlagskriterien.

(3) Der Vergabevermerk ist nicht erforderlich für Aufträge auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen, sofern diese gemäß § 21 Absatz 3 oder gemäß § 21 Absatz 4 Nummer 1 geschlossen wurden. Soweit die Vergabebekanntmachung die geforderten Informationen enthält, kann sich der öffentliche Auftraggeber auf diese beziehen.

(4) Die Dokumentation, der Vergabevermerk sowie die Angebote, die Teilnahmeanträge, die Interessensbekundungen, die Interessensbestätigungen und ihre Anlagen sind bis zum Ende der Laufzeit des Vertrags oder der Rahmenvereinbarung aufzubewahren, mindestens jedoch für drei Jahre ab dem Tag des Zuschlags. Gleiches gilt für Kopien aller abgeschlossenen Verträge, die mindestens den folgenden Auftragswert haben:

1.
1 Million Euro im Falle von Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen,
2.
10 Millionen Euro im Falle von Bauaufträgen.

(5) Der Vergabevermerk oder dessen Hauptelemente sowie die abgeschlossenen Verträge sind der Europäischen Kommission sowie den zuständigen Aufsichts-oder Prüfbehörden auf deren Anforderung hin zu übermitteln.

(6) § 5 bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 4/10 Verkündet am:
8. Februar 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr

a) Die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen
ist nicht vom Anwendungsbereich der Vergabevorschriften
ausgenommen.

b) Die Prüfung, ob die für eine Dienstleistungskonzession charakteristische
Übernahme zumindest eines wesentlichen Teils des Betriebsrisikos vorliegt
, erfordert eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich
der für den Vertragsgegenstand maßgeblichen Marktbedingungen
und der gesamten vertraglichen Vereinbarungen. Ist neben dem Nutzungsrecht
eine Zuzahlung vorgesehen, hängt die Einordnung als Dienstleistungskonzession
auch davon ab, ob die Zuzahlung bloßen Zuschusscharakter
hat oder die aus dem Nutzungsrecht möglichen Einkünfte als alleiniges
Entgelt bei weitem keine äquivalente Gegenleistung darstellten.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10 - OLG Düsseldorf
Vergabekammer Münster
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Berger und Hoffmann und die
Richterin Schuster
b e s c h l o s s e n :
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss
der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster
vom 18. März 2010 - VK 1/10 - unter Zurückweisung der Rechtsmittel
der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in den Aussprüchen
zu 2 sowie 4 und 5 abgeändert und insgesamt wie folgt neu
gefasst:
Der zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen
am 24. November 2009 geschlossene und am 9. Dezember
2009 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen
Union - 2009/S 237-340159 - bekannt gemachte Änderungsvertrag
zum Verkehrsvertrag vom 12. Juli 2004 wird
für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin wird für den Fall, dass sie an dem Beschaffungsvorhaben
festhält, verpflichtet, den Auftrag über
diese Leistungen in den Kooperationsräumen 1 (VRR) und
9 (Niederrhein) nur im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens
zu vergeben.
Die Gebühr wird auf 50.000 € festgesetzt.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten
des erstinstanzlichen Verfahrens als Gesamtschuldner
und die der Antragstellerin zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen
je zur Hälfte. Im Übrigen sind Aufwendungen nicht zu
erstatten.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin
war notwendig.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten
des Beschwerdeverfahrens und haben der Antragstellerin deren
außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf
7.476.000 € festgesetzt.

Gründe:


A.


1
Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf eine zwischen der Antragsgegnerin (im Folgenden: VRR) und der Beigeladenen (im Folgenden : DB Regio) getroffene Änderungsvereinbarung vom 24. November 2009 (im Folgenden: Änderungsvertrag) zum Verkehrsvertrag vom 12. Juli 2004 (im Folgenden nur: Verkehrsvertrag), den der VRR mit der Rechtsvorgängerin von DB Regio, die inzwischen auf Letztere verschmolzen wurde, geschlossen hatte.
Dieser Vertrag verpflichtete DB Regio zur Erbringung von Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) über anfänglich 44,04 Millionen Zugkilometer. Im Fahrplanjahr 2003/2004 entfielen davon 26,33 Millionen Zugkilometer auf Regional-Express- bzw. Regionalbahn-Leistungen und 17,71 Millionen Zugkilometer auf S-Bahn-Leistungen. Während Letztere über die gesamte Dauer des Vertrags (bis Dezember 2018) jährlich konstant in gleicher Höhe zu erbringen waren, sollten die RE- und RB-Leistungen bereits während der Vertragslaufzeit abgebaut und insoweit jeweils neu im Wettbewerb vergeben werden. Bis Anfang 2009 waren dementsprechend rund 7 Millionen Zugkilometer aus dem Vertrag herausgelöst worden. DB Regio hatte sich im Verkehrsvertrag zur Erneuerung ihres Fahrzeugparks, insbesondere zur Beschaffung von 84 neuen S-Bahn-Zügen verpflichtet, wovon die letzten noch ausstehenden Wagen bis Ende 2010 ausgeliefert und zum Einsatz gebracht werden sollten.
2
DB Regio bezieht über den VRR einen Zuschuss pro gefahrenem Zugkilometer , dessen Höhe nach Maßgabe diesbezüglicher vertraglicher Regelungen fortgeschrieben wird. Die dafür erforderlichen Geldmittel erhält der VRR vom Land Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage des nordrhein-westfälischen Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNVG NRW). Aufgrund des Regionalisierungsgesetzes erhält das Land Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang überwiegend für die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs vorgesehene Bundeszuwendungen. Für den Fall, dass sich diese Mittel reduzieren, enthält der Verkehrsvertrag eine Revisionsklausel (§ 39 Abs. 5 des Vertrags), derzufolge der VRR bei entsprechenden Mittelkürzungen berechtigt ist, eine angemessene Anpassung des SPNV-Angebots zu verlangen. Außerdem vereinnahmt DB Regio den vertraglichen Regelungen zufolge für die Erbringung der Verkehrsdienstleistungen die Fahrscheinerlöse und de- ren Surrogate bei gesetzlich vorgesehener unentgeltlicher Fahrgastbeförderung (z.B. nach dem SGB IX).
3
Nachdem die Mittel für Zuwendungen an die Länder auf der Grundlage des Regionalisierungsgesetzes 2006 gekürzt worden waren, entstand zwischen den Parteien des Verkehrsvertrages Streit über die gegenseitigen Pflichten, die zur Kündigung des Vertrages seitens des VRR und zu verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten, aber auch zu Vergleichsverhandlungen zwischen den Vertragspartnern führten. Am 21./25. Juli 2009 gab der VRR die Absicht, mit DB Regio den Änderungsvertrag abschließen zu wollen, im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union bekannt. Zu den vertraglichen Regelungen sollte danach gehören, dass DB Regio im Bereich der S-Bahn die Linien S 1 bis S 11 über das Ende des ursprünglichen Verkehrsvertrags hinaus bis Dezember 2023 bedient. Entsprechend wurde der Änderungsvertrag am 24. November 2009 geschlossen und der Vertragsschluss am 9. Dezember 2009 im Supplement zum Amtsblatt der EU bekannt gemacht.
4
Die Antragstellerin (im Folgenden: A. R.), die an der Übernahme des Betriebs vornehmlich der S-Bahn-Linie 5 ab Dezember 2018 interessiert ist, meint, die Übertragung des S-Bahn-Betriebs über den Zeitraum nach Dezember 2018 hinaus auf DB Regio sei ein vergaberechtlich ausschreibungspflichtiger Vorgang. Sie hat bei der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster mit dort am 6. Januar 2010 eingegangenem Antrag ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und in der Sache beantragt, 1. festzustellen, dass der Änderungsvertrag über Leistungen im SPNV in den Kooperationsräumen 1 (VRR) und 9 (Niederrhein ) im Hinblick auf den Leistungsteil der Linie S 5 von Anfang an unwirksam ist; hilfsweise, 2. festzustellen, dass der Änderungsvertrag (insgesamt) von Anfang an unwirksam ist, 3. die Antragsgegnerin für den Fall, dass sie an dem Beschaffungsvorhaben für die Linie S 5 festhält, zu verpflichten, den Auftrag über diese Leistungen in den Kooperationsräumen 1 (VRR) und 9 (Niederrhein) nur im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens mit vorheriger europaweiter Bekanntmachung zu vergeben.
5
Der VRR und DB Regio haben beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Die Vergabekammer hat den Änderungsvertrag für unwirksam erklärt und außerdem ausgesprochen: Der Antrag der Antragstellerin auf Teilausschreibung der Linie S 5 und der Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, soweit sie an dem Beschaffungsvorhaben festhält, den Auftrag über diese Leistungen im SPNV in den Kooperationsräumen 1 und 9 im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens mit vorheriger europaweiter Bekanntmachung vor Ablauf der Vertragslaufzeit aus dem Verkehrsvertrag im Jahre 2018 zu vergeben, werden zurückgewiesen.
6
Gegen den Beschluss der Vergabekammer haben A. R., DB Regio und nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf auch der VRR sofortige Beschwerde eingelegt. Der VRR und DB Regio begehren die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Vergabekammer und die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags. A. R. beantragt, das Rechtsmittel des VRR als unzuläs- sig zu verwerfen, hilfsweise, es - ebenso wie die Beschwerde von DB Regio - zurückzuweisen. A. R. verfolgt mit dem Rechtsmittel ihren Antrag zu 3 weiter, jedoch mit der Maßgabe, dass die Worte "für die Linie S 5" entfallen und sich der Antrag somit auf das gesamte Vorhaben bezieht. Der VRR und DB Regio beantragen, die sofortige Beschwerde von A. R. zurückzuweisen.
7
Das Oberlandesgericht erachtet den Nachprüfungsantrag von A. R. für zulässig und in weitem Umfang auch für begründet. Es sieht sich an einer eigenen Sachentscheidung aber durch entgegenstehende Rechtsprechung anderer Vergabesenate gehindert. Diese Divergenz betrifft in erster Linie die Frage, ob bei der Vergabe von Dienstleistungen des SPNV ein Nachprüfungsverfahren nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen überhaupt zulässig ist, was das Brandenburgische Oberlandesgericht in einer Entscheidung vom 2. September 2003 (VergabeR 2003, 654) verneint hat.

B.


8
Die Vorlage ist zulässig.
9
Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der sich mit einem die Entscheidung eines anderen Obergerichts tragenden Rechtssatz nicht in Einklang bringen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2008 - X ZB 31/08, BGHZ 179, 84 - Rettungsdienstleistungen). So verhält es sich hier. Das vorlegende Oberlandesgericht bejaht die Kompetenz der Nachprüfungsinstanzen des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 102 ff., § 116 Abs. 3 GWB) zur vergaberechtlichen Überprüfung des Änderungsvertrags. Es meint des Weiteren, dass der Vertrag nach § 101 Abs. 7 Satz 1 GWB, § 4 Abs. 1 VgV, § 1a Nr. 2 Abs. 2, § 3 VOL/A öffentlich hätte ausgeschrieben werden müssen. Damit würde das Oberlandesgericht seiner Entscheidung Rechtssätze zugrunde legen, die mit denjenigen nicht zu vereinbaren wären, auf denen der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 2. September 2003 beruht. Dieses vertritt die Ansicht, die Aufgabenträger der Eisenbahnverkehrsleistungen seien nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) berechtigt, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob sie öffentlich ausschreiben oder die Leistungserbringung ohne förmliches Vergabeverfahren frei mit Eisenbahnverkehrsunternehmen vereinbaren wollen. Dieses Ermessen habe der Gesetzgeber des Vergaberechtsänderungsgesetzes vom 28. August 1998 (VgRÄG, BGBl. I S. 2512) nicht einschränken, sondern er habe den vom Allgemeinen Eisenbahngesetz erfassten Anwendungsbereich aus Gründen der Spezialität unverändert fortgelten lassen wollen.
10
Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber, wie im Streitfall, für eine Beauftragung ohne Ausschreibung, ist auf der Grundlage der vom Brandenburgischen Oberlandesgericht vertretenen Rechtsauffassung von vornherein kein Raum für die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung wäre der vorliegende Nachprüfungsantrag unzulässig.
11
Da die Vorlage hiernach zulässig ist, bedarf die vom vorlegenden Gericht außerdem ausgeführte Divergenz zur Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle (VergabeR 2010, 669) zu den vergaberechtlichen Konsequenzen einer zeitversetzten Dokumentation des Vergabeverfahrens an dieser Stelle keiner Erörterung.

C.


12
Die sofortigen Beschwerden von DB Regio und des VRR bleiben in der Sache ohne Erfolg.
13
I. Das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, dass auch der VRR in zulässiger Weise sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer eingelegt hat, auch wenn in dem dafür maßgeblichen Schriftsatz vom 8. April 2010 nicht ausdrücklich erklärt wird, dass gegen die Entscheidung der Vergabekammer "sofortige Beschwerde" eingelegt werde. Soweit die Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - dessen analoge Anwendung A. R. verficht - die Erklärung enthalten muss, dass gegen das angefochtene Urteil Berufung eingelegt wird, ist zu bedenken, dass die Frage, ob ein Rechtsmittel eingelegt ist, nach ständiger Rechtsprechung erforderlichenfalls im Wege der Auslegung der Rechtsmittelschrift und der sonst heranzuziehenden Unterlagen zu beurteilen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2009 - VI ZB 89/08 Rn. 8). Das gilt auch für die nach § 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgesehene Erklärung. Dementsprechend reicht es aus, wenn sich der unbedingte Wille des Antragsgegners , selbst sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer einzulegen, aus den gesamten Umständen ergibt. Dies ist der Fall. Zweifel daran können überhaupt nur aufkommen, weil zuvor bereits die Beigeladene dieses Rechtsmittel eingelegt hat, deren rechtliche Interessen sich nach Lage der Dinge mit denen des VRR decken. Dass mit dem Schriftsatz vom 8. April 2010 nur die bereits eingelegte Beschwerde von DB Regio unterstützt werden sollte, wie das vorlegende Gericht vorsorglich erwogen hat, liegt aber schon deshalb fern, weil der VRR im Verhältnis zu DB Regio Hauptpartei ist und jedenfalls nicht ohne Weiteres anzunehmen ist, dass der VRR ungeachtet dieser Parteirolle lediglich das Rechtsmittel der Beigeladenen unterstützen wollte.
Hinzu kommt, dass, worauf das vorlegende Gericht zu Recht auch abgestellt hat, der VRR im Rubrum des Schriftsatzes vom 8. April 2010 als Beschwerdeführerin bezeichnet ist und als solche die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags beantragt hat, während DB Regio in diesem Schriftsatz nicht als Beschwerdeführerin bezeichnet ist.
14
II. Die Vergabekammer hat die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags von A. R. im Ergebnis und auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des VRR und von DB Regio zu Recht bejaht.
15
1. Der DB Regio im Änderungsvertrag übertragene Betrieb der S-BahnLinien 1 bis 11 über den Dezember 2018 hinaus, bis 2023, fällt in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
16
a) Dieser Anwendungsbereich ist im Gesetz nach Vertragsarten und -gegenständen prinzipiell umfassend bestimmt (BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2008 - X ZB 31/08, BGHZ 179, 84 Rn. 21 - Rettungsdienstleistungen; aA Prieß, NZBau 2002, 539 ff.). Von ihm sind - unter der im Streitfall nicht umstrittenen Voraussetzung, dass der jeweils einschlägige Schwellenwert erreicht ist - lediglich Arbeitsverträge und die Aufträge ausgenommen, die in § 100 Abs. 2 lit. a bis t GWB bezeichnet sind. Dieser Ausnahmekatalog ist grundsätzlich als abschließend anzusehen (vgl. BGHZ 179, 84 Rn. 21 - Rettungsdienstleistungen

).


17
Bei den im von DB Regio vorgelegten Rechtsgutachten (im Folgenden: Privatgutachten) gegen den abschließenden Charakter der Regelung angeführten Beispielen der In-House-Geschäfte, der interkommunalen Zusammenarbeit und bei den sozialrechtlichen Beschaffungen handelt es sich nur um vermeintli- che Durchbrechungen des Ausnahmekatalogs von § 100 Abs. 2 GWB. In dieser Bestimmung sind bestimmte Aufträge wegen des jeweiligen Vertragsgegenstands bzw. wegen damit oder mit dem Auftraggeber zusammenhängenden Umständen vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Die für InHouse -Geschäfte und die interkommunale Kooperation anerkannten Ausnahmen beruhen auf einer Rechtsfortbildung im Sinne einer teleologischen Reduktion durch den Gerichtshof der Europäischen Union, die nicht im Auftragsgegenstand oder in Merkmalen des Auftraggebers, sondern im rechtlichen Verhältnis der jeweiligen Vertragspartner zueinander ihren Grund hat. Soweit es Beschaffungen im Gesundheitssektor betrifft, war deren Zuweisung zum Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den ordentlichen Gerichten und denjenigen der Sozialgerichtsbarkeit umstritten, wurde vom Senat in einem obiter dictum bejaht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2008 - X ZB 17/08, VergabeR 2008, 787 - Rabattvereinbarungen mwN) und ist erst danach vom Gesetzgeber abweichend geregelt worden (vgl. Art. 1 Nr. 1e und 2b Nr. 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15. Dezember 2008, GKV-OrgWG, BGBl. I S. 2426). Ob gemeinschaftsrechtliche Sonderregelungen in ganz speziellen Bereichen - wie etwa bei der im Privatgutachten angesprochenen Beschaffung von Euro-Banknoten gemäß der Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 16. September 2004 - im Einzelfall ausnahmsweise eine Relativierung der Auslegung von § 100 Abs. 2 GWB erforderlich machen könnten, bedarf im Streitfall keiner Beantwortung, weil hier eine solche Kollision entgegen den Annahmen des Privatgutachtens nicht besteht (insbesondere unten C II 1 d).
18
b) Die Dienstleistungen, um deren Erbringung im SPNV durch DB Regio es hier geht, sind nicht infolge der Regelung in § 15 Abs. 2 AEG vom Geltungs- bereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen. Auch diese (ältere) Regelung, nach der die zuständigen Behörden , die beabsichtigen, die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen zu vereinbaren, diese Leistungen ausschreiben können, begründet keine Ausnahme von dem im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen definierten Anwendungsbereich seiner Vergabevorschriften.
19
aa) Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat bei seiner gegenteiligen Auslegung auf den geäußerten Willen des Gesetzgebers zum Zeitpunkt der Schaffung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (1993) und des Vergaberechtsänderungsgesetzes (1998) abgestellt und gemeint, es sei dem deutschen Gesetzgeber bei Schaffung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen allein darum gegangen, die gemeinschaftsrechtlich eingeforderte Einräumung einklagbarer Rechtspositionen für Bieter zu schaffen und den fehlenden effektiven Rechtsschutz in laufenden Vergabeverfahren zu verbessern, während nicht ersichtlich sei, dass er darüber hinaus gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen einer Ausschreibungspflicht habe unterwerfen wollen. Dafür hätte er sich aber bewusst entscheiden müssen, weil seinerzeit eine Ausschreibungspflicht nach den Vergaberichtlinien der Europäischen Gemeinschaft nicht bestanden habe (Brandenburgisches OLG, aaO, S. 664).
20
bb) Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Nicht entscheidend ist demgegenüber die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung (BVerfGE 1, 299, 312). Die vorrangig am objektiven Sinn und Zweck des Gesetzes zu orientierende Auslegung kann durch Motive, die im Gesetzgebungsverfahren dargelegt wurden, im Gesetzeswortlaut aber keinen Ausdruck gefunden haben, nicht gebunden werden (BGH, Beschluss vom 21. Februar 1995 - KVR 4/94, BGHZ 129, 38, 50 - Weiterverteiler ). Im Übrigen hat der Senat bereits am Beispiel der Regelung in § 126 GWB aufgezeigt, dass gerade der objektive Regelungsgehalt des den Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beinhaltenden Art. 1 des Vergaberechtsänderungsgesetzes vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2512) auch in anderem Sachzusammenhang über den subjektiven Willen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe hinausgeht (BGHZ 179, 84 Rn. 24 - Rettungsdienstleistungen

).


21
cc) Die Regelung in § 15 Abs. 2 AEG, wonach die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen auf der Grundlage von Art. 1 Abs. 4, Art. 14 der VO (EWG) 1191/69 von den zuständigen Behörden ausgeschrieben werden können, hat gegenüber dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen keinen Vorrang unter dem Gesichtspunkt der Spezialität.
22
(1) Die Regelung mag Vorbehalten gegen die Zweckmäßigkeit von Ausschreibungsverfahren und befürchteten negativen Auswirkungen eines verbes- serten Rechtsschutzes auf die Investitionstätigkeit im Allgemeinen geschuldet gewesen sein, wie das Brandenburgische Oberlandesgericht ausführt (aaO, S. 661 f.; vgl. insoweit auch BGH, Beschluss vom 15. August 2008 - X ZB 17/08, VergabeR 2008, 787 Rn. 13 - Rabattvereinbarungen mwN). Auch wenn solche Vorbehalte grundsätzlich gerade auch dem an der Schwelle zur Öffnung für den Wettbewerb stehenden Schienenverkehr gegolten haben können , so herrschte darüber zwischen den beteiligten Gesetzgebungsorganen doch keineswegs Konsens. Die Gesetzgebungsmaterialien offenbaren diesbezüglich kontroverse Vorstellungen zwischen dem von den Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der FDP, den damaligen Regierungsfraktionen, sowie von weiteren Abgeordneten eingebrachten Gesetzentwurf einerseits und dem Bundesrat andererseits. Nach dem Entwurf für § 13 Abs. 2 AEG (später: § 15 Abs. 2 AEG) sollten die fraglichen Leistungen obligatorisch ausgeschrieben werden. Die verabschiedete Fassung hat zwar den dagegen gerichteten Vorbehalten des Bundesrats (BR-Drucks. 131/93 S. 47) Rechnung getragen. Dies ist jedoch nach dem Wortlaut des Allgemeinen Eisenbahngesetzes nicht in der Weise geschehen, dass es den zuständigen Behörden freigestellt worden ist, solche Leistungen direkt zu vergeben. Vielmehr ist die im Gesetzentwurf vorgesehene Verpflichtung zur Ausschreibung lediglich zu einer Kann-Regelung abgeschwächt worden. Dies bietet schon mit Blick auf die gleichwohl bestehenden Meinungsverschiedenheiten unter den Organen des Gesetzgebungsverfahrens über die Wettbewerbsöffnung des Schienenverkehrs keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass die in § 15 Abs. 2 AEG beschriebenen Leistungen nach dem rund vier Jahre später geschaffenen Vergaberechtsänderungsgesetz nicht in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fallen sollten, obwohl sie nicht unter den Ausnahmekatalog von § 100 Abs. 2 GWB gehören und auch die Materialien des Vergaberechtsänderungsgesetzes keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Gesetz- geber des Vergaberechtsänderungsgesetzes in § 15 Abs. 2 AEG eine Spezialregelung gesehen hat, die eine außerhalb dieses Gesetzes formulierte Ausnahme vom Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen begründen und damit aus der eisenbahnrechtlichen Möglichkeit zur Ausschreibung die Möglichkeit zur Direktvergabe machen sollte.
23
(2) Von DB Regio wird unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmaterialien zu § 100 Abs. 2 GWB109 RegE GWB, BT-Drucks. 13/9340 S. 15 rechte Spalte vor "Zu § 110") und im Anschluss an das Privatgutachten eine Lesart des Ausnahmetatbestands vertreten, derzufolge dieser nicht so zu verstehen sein soll, dass außer den dort genannten Ausnahmen keine anderen möglich seien, sondern dass damit lediglich zum Ausdruck gebracht sei, dass alle Ausnahmen aus den umzusetzenden Richtlinien in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen übernommen worden seien, und der Katalog nur insofern abschließend sei, als keine weiteren Ausnahmen in der einschlägigen Richtlinie genannt seien. Dem kann nicht beigetreten werden. Die seinerzeit einschlägige Richtlinie 92/50/EWG (ABl. Nr. L 209 vom 24. Juli 1992, S. 1), deren Umsetzung auch Gegenstand des Vergaberechtsänderungsgesetzes war, bezog sich auch auf die hier interessierenden Dienstleistungen im Bereich "Eisenbahnen". Als im Anhang I B katalogisiert unterfielen diese Leistungen allerdings nur sehr begrenzten Regulierungen (Art. 9 i.V.m. 14 und 16 der Richtlinie ). Zu dieser Differenzierung verhalten sich die Gesetzgebungsmaterialien zum Vergaberechtsänderungsgesetz nicht. Aus dem Schweigen der Materialien zu diesen Regelungszusammenhängen der Richtlinie 92/50/EWG kann nicht pauschal auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, dass diese Leistungen nicht dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterstellt werden sollten. Das gilt umso mehr, als diese Leistungen bereits vor Verabschiedung des Vergaberechtsänderungsgesetzes Gegenstand von Maßnahmen zur Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vergaberichtlinien gewesen waren. Der durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) vom 26. November 1993 (BGBl. I S. 1928) in das HGrG eingefügte § 57a Abs. 1 HGrG hatte die Bundesregierung ermächtigt , zur Erfüllung der Verpflichtungen aus Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften die Vergabe unter anderem von Dienstleistungsaufträgen durch Rechtsverordnung zu regeln. Nach § 1 der auf dieser Rechtsgrundlage erlassenen Vergabeverordnung vom 22. Februar 1994 (BGBl. I S. 321) in der Fassung der ersten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung vom 29. September 1997 (BGBl. I 2384) hatten die "klassischen" öffentlichen Auftraggeber (§ 57a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 HGrG, jetzt: § 98 Nr. 1 bis 3 GWB) bei der Vergabe von Dienstleistungen und Erreichen der festgelegten Schwellenwerte die Bestimmungen des Abschnitts 2 der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Mai 1997 (BAnz Nr. 163a vom 2. September 1997) anzuwenden. In Bezug auf die im Anhang I B der VOL/A aufgeführten , den Eisenbahnbereich einschließenden Dienstleistungen war gemäß § 1a VOL/A unter anderem die Ausschreibung nach dem ersten Abschnitt der VOL/A vorgeschrieben. Damit hatte § 1a VOL/A nicht nur haushaltsrechtlichen Charakter, sondern beinhaltete Wettbewerbsrecht, auf das sich die Unternehmen vor der Vergabekammer und den Vergabesenaten berufen konnten (Marx in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Komm. zur VOL/A (2006), 1. Aufl., § 1a Rn. 43). War die Vergabe von Dienstleistungen im Eisenbahnbereich bereits Gegenstand von Umsetzungsmaßnahmen, hätte der Gesetzgeber des Vergaberechtsänderungsgesetzes umso mehr Anlass gehabt, den etwaigen Willen, sie dessen Anwendungsbereich zu entziehen, kundzutun.
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c) Für einen Vorrang von § 15 Abs. 2 Satz 2 AEG spricht auch nicht, dass der Gesetzgeber Änderungen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes nach Inkrafttreten des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht zum Anlass genommen hat, § 15 Abs. 2 AEG zu ändern bzw. aufzuheben (aA Prieß, NZBau 2002, 539, S. 542).
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Zwar kann es bei der Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung durchaus zu berücksichtigen sein, wenn der Gesetzgeber die Änderung anderer Bestimmungen eines Gesetzes nicht zum Anlass nimmt, (auch) eine konkrete weitere Regelung aufzuheben oder zu ändern. Daraus kann indes regelmäßig nicht ohne zusätzliche konkrete Anhaltspunkte die Schlussfolgerung gezogen werden , dass der unberührt gebliebenen Norm deshalb nur ein ganz bestimmtes Verständnis beigelegt werden kann. An entsprechenden Anhaltspunkten dafür, dass § 15 Abs. 2 AEG als lex specialis vom Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen bleiben sollte, fehlt es. Die Regelung in § 15 Abs. 2 AEG bedurfte angesichts ihrer die Ausschreibung ausdrücklich ermöglichenden Formulierung und nach dem Grundsatz, dass das ältere Gesetz von einer jüngeren Norm gleichen Rangs verdrängt wird, nicht der förmlichen Aufhebung. Zudem deutet der Erlass von § 4 Abs. 3 VgV durch die Erste Verordnung zur Veränderung der Vergabeverordnung vom 7. November 2002 (BGBl. I S. 4338) umgekehrt darauf hin, dass mit der Bundesregierung und dem Bundesrat zwei Gesetzgebungsorgane vom generellen Vorrang des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgegangen sind und die daraus resultierenden, von einer Vergabekammer ausgesprochenen Konsequenzen (VK Magdeburg, ZfBR 2002, 706 ff.) zum Anlass für eine modifizierende Regelung genommen haben (vgl. dazu BR-Drucks. 727/02).
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d) Verträge über die Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung im SPNV sind nicht aufgrund einer durch die Verordnung (EG) 1191/69 vom 26. Juni 1969 (ABl. L 156 vom 28. Juni 1969, S. 1, geändert unter ande- rem durch die Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 des Rates vom 20. Juni 1991, ABl. Nr. L 169 vom 29. Juni 1991, S. 1) begründeten Sonderrechtsordnung der Geltung der Vergaberichtlinien entzogen. Dem im Privatgutachten vertretenen Verständnis dazu, wie sich diese Regelungsmaterie zum gemeinschaftsrechtlichen Vergaberecht verhält, kann nicht nähergetreten werden. In jener Verordnung ging es um den Schutz der Eisenbahnunternehmen vor unkompensierten finanziellen Lasten und auch um den Abbau von Wettbewerbsverfälschungen (vgl. Fehling in: Kaufmann/Lübbig/Prieß/Pünder, Komm. zur VO (EG) 1370/2007 Einl. Rn. 18). Es sollten die Unterschiede beseitigt werden, die sich dadurch ergaben, dass die Mitgliedstaaten den Verkehrsunternehmen mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundene Verpflichtungen auferlegen; diese Unterschiede führten zu einer erheblichen Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen (Erwägungsgrund 1). Dazu sollten im Grundsatz die den Verkehrsunternehmen auferlegten, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf Antrag aufgehoben werden können (Art. 1 Abs. 3 VO 1191/69). Jedoch sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, um insbesondere unter Berücksichtigung sozialer, umweltpolitischer und landesplanerischer Faktoren eine ausreichende Verkehrsbedienung sicherzustellen, mit einem Verkehrsunternehmen Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes abschließen können. Von einem durch die Verordnung begründeten, die Anwendung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf den Eisenbahnbereich ausschließenden Sonderrecht könnte nur ausgegangen werden, wenn der Abschluss von entsprechenden Verträgen zwischen öffentlichen Auftraggebern und Eisenbahnverkehrsunternehmen im Wege förmlicher Vergabeverfahren sich schlechthin nicht in Einklang mit den Zielen der Verordnung bringen ließe. Davon kann keine Rede sein. Verträge über Dienstleistungen im Eisenbahnbereich konnten, ohne dass die Regelungsziele der Verordnung dadurch untergraben wurden, nicht allein im Wege von - wie es im Privatgutachten heißt - "formloskonsensualen Vertragsverhandlungen" verwirklicht werden. Das durch die Verordnung geschaffene Recht schloss eine vergaberechtlich geprägte Sicherstellung der Verkehrsbedienung nicht aus. Das ergibt sich auch daraus, dass die die Verordnung 1191/69 ersetzende Verordnung über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (VO (EG) 1370/2007 (im Folgenden: VO 1370/2007)) ausweislich ihres 6. Erwägungsgrundes und Art. 5 Abs. 6 selbst davon ausgeht, dass vor ihrem Inkrafttreten, also unter Geltung der VO 1191/69, nationale Regelungen zur Vergabe von Eisenbahndienstleistungen existierten (und weiter Bestand haben können). Auch deshalb war es einem nationalen Gesetzgeber nicht verwehrt, den Eisenbahnbereich in die nationalen vergaberechtlichen Regelungen einzubeziehen. Die von DB Regio vertretene Ansicht, Art. 5 Abs. 6 VO 1370/2007 gelte nur für diesbezüglich neu geschaffenes nationales Recht, entbehrt der nachvollziehbaren Herleitung.
27
2. Der Nachprüfungsantrag ist nicht deshalb unzulässig, weil der über den Dezember 2018 hinausgehende S-Bahn-Betrieb DB Regio durch eine - vom Anwendungsbereich des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommene - Dienstleistungskonzession übertragen worden wäre. Die Vertragsleistungen sind vielmehr als gewöhnliche entgeltliche Dienstleistungen i.S.v. § 99 Abs. 2 bis 4 GWB Gegenstand des Änderungsvertrages.
28
a) Das Oberlandesgericht Düsseldorf und die Verfahrensbeteiligten gehen zu Recht davon aus, dass auf den Streitfall das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung anzuwenden ist. Nach der Übergangsbestimmung in § 131 Abs. 8 GWB (in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009, BGBl. I S. 790) sind Vergabeverfahren, die vor dem 24. April 2009 begonnen haben, nach den bisher hierfür geltenden Vorschriften zu beenden. Für ein vor dem maßgeblichen Stichtag begonnenes Vergabeverfahren ist hier nichts ersichtlich. Zwar hatten der VRR und DB Regio schon geraume Zeit zuvor mit Vergleichsverhandlungen zur Beilegung ihrer Streitigkeiten aus dem Verkehrsvertrag begonnen. Solche einseitigen Verhandlungen eines öffentlichen Auftraggebers mit dem bisherigen Vertragspartner stellen jedoch kein Vergabeverfahren im Sinne der genannten Übergangsvorschrift dar. Davon kann nur die Rede sein, wenn der Auftraggeber ein konzeptionell auf die wettbewerbliche Auswahl eines Vertragspartners ausgerichtetes Verfahren in die Wege leitet. Daran fehlt es hier vor dem Stichtag. Als ein mögliches Ereignis, das als Publizitätsakt den Anforderungen der Übergangsvorschrift in § 131 Abs. 8 GWB in entsprechender Anwendung eventuell genügen könnte, kommt allenfalls die Bekanntgabe der Absicht des VRR im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 21./25. Juli 2009 in Betracht, mit DB Regio einen Vergleichsvertrag abzuschließen. Dieser Zeitpunkt liegt nach dem maßgeblichen Stichtag.
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b) Soweit dem Beschluss des Senats vom 1. Dezember 2008 (BGHZ 179, 84 Rn. 20 - Rettungsdienstleistungen) Zweifel daran entnommen werden können, dass Dienstleistungskonzessionen vom Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen waren, bezog sich diese Entscheidung auf die bis zum 23. April 2009 geltende Fassung des Gesetzes. Jedenfalls seither ist das Gesetz nicht auf Dienstleistungskonzessionen anzuwenden. Das ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit daraus, dass das Gesetz Baukonzessionen nunmehr ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezieht (§ 99 Abs. 6 GWB) und ergänzend in den Gesetzgebungsmaterialien durch positive Erklärung klargestellt worden ist, dass das Gesetz nicht auf Dienstleistungskonzessionen anzuwenden sein soll (vgl. BT-Drucks. 16/10117 S. 17). Wird in Gesetzgebungsmaterialien positiv zum Ausdruck gebracht, dass das geplante Gesetz auf einen bestimmten Gegenstand nicht anzuwenden sein soll, ist dem bei der Auslegung ein anderes Gewicht beizumessen, als im entgegengesetzten Fall, in dem trotz generellen Schweigens der Materialien zum Problempunkt und einer umfassenden Ausnahmeregelung auf die Weitergeltung älteren entgegenstehenden Rechts geschlossen werden soll, wie hier in Bezug auf Dienstleistungen im SPNV geltend gemacht wird (oben C II 1 cc).
30
c) Das deutsche Recht definiert den Begriff der Baukonzession (§ 99 Abs. 6 GWB), nicht aber den der Dienstleistungskonzession. In den Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates 2004/17/EG und 2004/18/EG sind Dienstleistungskonzessionen übereinstimmend als Verträge definiert, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zu ihrer Nutzung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.
31
In Anlehnung an den Begriff der Baukonzession in § 99 Abs. 6 GWB und die gemeinschaftsrechtliche Definition der Dienstleistungskonzession, die der Gesetzgeber bei seiner Entschließung, solche Konzessionen vom Anwendungsbereich des Gesetzes auszunehmen, vor Augen gehabt hat (BT-Drucks. 16/10117 S. 17 rechte Sp.), sind unter Dienstleistungskonzessionen vertragliche Konstruktionen zu verstehen, die sich von einem Dienstleistungsauftrag nur dadurch unterscheiden, dass der Konzessionär das zeitweilige Recht zur Nutzung der ihm übertragenen Dienstleistung enthält und gegebenenfalls die zusätzliche Zahlung eines Preises vorgesehen ist. Der Begriff der Zuzahlung eines Preises ist unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten weit zu verstehen; es kommt lediglich darauf an, dass der Konzessionär zusätzlich zum Verwertungs- recht geldwerte Zuwendungen erhält (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 1. Februar 2005 - X ZB 27/05, BGHZ 162, 116 ff.).
32
d) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist für die Dienstleistungskonzession charakteristisch, dass der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung in der Weise den Risiken des Marktes ausgesetzt ist, dass er das damit einhergehende Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt (EuGH, VergabeR 2007, 604 Rn. 34 mwN; VergabeR 2010, 48 Rn. 77 - WAZV Gotha).
33
Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Abgrenzung von Dienstleistungskonzessionen und öffentlichen Dienstaufträgen ist für die nationalen Gesetzgeber und Gerichte in dem Maße verbindlich, als dadurch positiv die materielle Reichweite der Richtlinien 2004/17/EG bzw. 2004/18/EG konkretisiert wird. Verträge dürfen nicht entgegen dieser Rechtsprechung als Dienstleistungskonzessionen eingeordnet und dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen entzogen werden, wenn der Konzessionär das Betriebsrisiko nur zu einem unwesentlichen Teil im Sinne dieser Rechtsprechung übernimmt. Das ergibt sich aus den den Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 3 EUV obliegenden Verpflichtungen.
34
Ob und inwieweit der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung tatsächlich den Risiken des Marktes ausgesetzt ist und er das Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt, hängt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beantwortung dieser Frage ist folgerichtig in die Hände des nationalen Richters gelegt (EuGH, VergabeR 2010, 48 Rn. 78 - WAZV Gotha).
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e) Bei der hierfür erforderlichen Gesamtbetrachtung aller Umstände sind insbesondere die in Bezug auf den Vertragsgegenstand herrschenden Marktbedingungen und die vertraglichen Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen , die beide ganz unterschiedlich gestaltet sein können. So kann die Dienstleistung sich, wie in dem vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Fall des Wasser- und Abwasserzweckverbands Gotha beispielsweise auf einen Markt beziehen, bei dem einerseits das Risiko des Konzessionärs infolge der dafür bestehenden öffentlichrechtlichen Bestimmungen (Anschluss - und Benutzungszwang) von vornherein herabgesetzt erscheint, der Konzessionär aber andererseits sein Auskommen allein in den ihm seitens der Abnehmer zufließenden Einnahmen finden muss, weil eine Zuzahlung seitens des Konzessionsgebers nicht vorgesehen ist. Da marktregulierende rechtliche Rahmenbedingungen wie etwa ein Anschluss- und Benutzungszwang nach der auch vom Senat befürworteten Rechtsprechung des Gerichtshofs für die Risikofrage außer Betracht zu bleiben haben, wird in Fällen, in denen keinerlei Zuzahlung erfolgt, regelmäßig eine Dienstleistungskonzession anzunehmen sein, weil jeder Bewerber das Risiko der Auskömmlichkeit der möglichen Einnahmen übernimmt.
36
Soll, wie auch im Streitfall, neben dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung zusätzlich ein Preis gezahlt werden, kann demgegenüber, da die Zahlung eines Preises charakteristisch für einen - der Pflicht zur Ausschreibung unterliegenden - öffentlichen Dienstleistungsauftrag ist, je nach den Umständen des Einzelfalls zweifelhaft sein, ob der jeweilige Vertrag trotz dieser Zuzahlung als Dienstleistungskonzession einzuordnen und nicht als öffentlicher Dienstleistungsauftrag zu bewerten ist.
37
f) Ist eine Zuzahlung vorgesehen, kann der Vertrag jedenfalls dann nicht als Dienstleistungskonzession vom Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen werden, wenn die zusätzliche Vergütung oder (Aufwands-)Entschädigung ein solches Gewicht hat, dass ihr bei wertender Betrachtung kein bloßer Zuschusscharakter mehr beigemessen werden kann, sondern sich darin zeigt, dass die aus der Erbringung der Dienstleistung möglichen Einkünfte allein ein Entgelt darstellen würden , das weitab von einer äquivalenten Gegenleistung läge.
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aa) Stehen die beiden Vergütungselemente in einem solchen Verhältnis zueinander, liegt kein Vertrag vor, bei dem die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen in dem Recht zu ihrer Nutzung zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht, sondern gleichsam umgekehrt ein Vertrag, bei dem eine Zahlung zuzüglich der Einräumung eines Nutzungsrechts erfolgt, was als Dienstleistungsauftrag zu behandeln ist. Zugleich wird die Übernahme der Dienstleistung bei einem solchen Verhältnis von auftraggeberseitigen Zahlungen auf der einen und den Verwertungsmöglichkeiten auf der anderen Seite regelmäßig auch indizieren, dass die Interessen des Vertragspartners des öffentlichen Auftraggebers durch die Zahlungen in einem Maße gesichert sind, dass mit der Übernahme der Dienstleistung für ihn kein wesentliches Vertragsrisiko im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einhergeht. Ein betriebswirtschaftlichen Grundsätzen verpflichtetes Unternehmen wird in einem von Beihilfen und Zuschüssen geprägten Geschäftsverkehr, in dem folglich die regulären Einnahmen aus dem Nutzungsrecht Auskömmlichkeit bei weitem nicht erwarten lassen, Verpflichtungen nur übernehmen, wenn die Auskömmlichkeit durch derlei Förderungsmaßnahmen gesichert erscheint.
39
bb) Dieses Verständnis wird bereits durch die Auslegung des nationalen Rechts nahegelegt. Die Präposition "zuzüglich" impliziert einen Zusatz oder Annex , also eine Leistung bzw. Verpflichtung, die zu einer (Haupt-)Leistung hinzukommt und diese ergänzt und die dementsprechend auch quantitativ die im Verhältnis zur Hauptleistung geringere ist. Unterstützt wird dieses Verständnis durch die Verwendung des Adverbs "gegebenenfalls" in § 99 Abs. 6 GWB, das unterstreicht, dass die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung im Rahmen einer Dienstleistungskonzession an sich in der Verwertung der Dienstleistung besteht und nur dann, wenn dies unter Äquivalenzgesichtspunkten erforderlich ist, ausnahmsweise eine Zuzahlung seitens des öffentlichen Auftraggebers erfolgen kann, die aber schon deshalb nicht zu hoch ausfallen darf, weil ansonsten der Bereich zum entgeltlichen Dienstleistungsauftrag überschritten wird.
40
g) Wann eine Zuzahlung im vorgenannten Sinne im Vordergrund steht und überwiegt, lässt sich wegen der Unterschiedlichkeit der möglichen Fallgestaltungen ebenso wenig einheitlich durch eine rechnerische Quote festlegen, wie sich auch sonst eine schematische Lösung verbietet. Es bedarf auch insoweit stets einer alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Gesamtschau. Dazu kann insbesondere gehören, ob der Konzessionär bei Nutzung der Dienstleistung monopolistisch oder sonst aus einer überlegenen Position heraus am Markt agieren kann bzw. inwieweit er dem Risiko ausgesetzt ist, seine Leistung im Wettbewerb mit Konkurrenten absetzen zu müssen. Ist Letzteres der Fall, kann es im Einzelfall unbedenklich sein, wenn der Auftraggeber die gleichwohl bestehende Bereitschaft zur Übernahme der Dienstleistung mit einer Zuzahlung prämiert, die vergleichsweise höher ausfällt, als sie unter monopolistisch geprägten Marktstrukturen angemessen wäre. Dagegen kann es für eine Einordnung als Dienstleistungsauftrag sprechen, wenn Dienstleistungen in ei- nem von öffentlichen Zuschüssen bzw. staatlichen Beihilfen geprägten geschäftlichen Verkehr erbracht werden sollen und diese einen wesentlichen Teil der Gegenleistung ausmachen. Dies kann ein gewichtiges Indiz dafür sein, dass das beauftragte Privatunternehmen so weit abgesichert ist, dass ein eigenes wesentliches Risiko im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht anzunehmen ist.
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h) Im Streitfall liegt danach keine Dienstleistungskonzession vor.
42
aa) DB Regio erhält nicht allein das Recht, die Dienstleistung zu verwerten , sondern Zuwendungen pro gefahrenem Zugkilometer, die zugestandenermaßen und ohne dass A. R. dies substanziell hätte überprüfen können, weil DB Regio die Höhe dieser aus öffentlichen Mitteln stammenden Pauschale und weitere betriebswirtschaftliche Daten als Geschäftsgeheimnisse deklariert hat, circa 64 % der bei Vertragsdurchführung anfallenden Gesamtkosten abdecken. Damit überwiegt die Zuzahlung seitens des VRR im Verhältnis zu den durch die Nutzung der Dienstleistung von DB Regio erzielten Einnahmen von vornherein ganz erheblich.
43
bb) Hinzu kommt, dass DB Regio bei Verwertung der Dienstleistung keinem direkten Wettbewerb ausgesetzt ist, weil nicht vorgesehen ist, dass auch ein anderes Unternehmen gleichzeitig S-Bahn-Dienstleistungen im Vertragsgebiet anbietet. Aus welchen Gründen, wie DB Regio anführt, zusätzlich eine nennenswerte Verschiebung zu Gunsten anderer Verkehrsmittel im Linienverkehr zu besorgen sein könnte, als sie den Kalkulationen des Verkehrsvertrages und des Änderungsvertrages ohnehin zugrunde liegt, ist weder substanziiert vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr verbleibt den Fahrgästen als Handlungsalternative im Wesentlichen nur, auf den Individualverkehr auszuweichen. Damit erscheint das Risiko der Abwanderung von Fahrgästen in einer erheblichen Größenordnung - und damit zugleich auch das Vertragsrisiko von DB Regio - von vornherein als gering.
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cc) Soweit DB Regio mit einer jährlichen Fahrpreis- und Einnahmenerhöhung von 2,75 % kalkuliert, ergeben sich daraus keine zureichenden Anhaltspunkte für unzulängliche Einnahmeentwicklungen. Gegen ein erhebliches Marktrisiko spricht dabei, dass DB Regio sich im Gegenzug zu einer eigenen "Zuzahlung" in Gestalt einer weiteren - gewinnmindernden - Investitionszusage über bis zu 215 Mio. € für S-Bahn-Züge verpflichtet und in das "Kick-BackModell" nach Maßgabe von Anlage 39.2.3 zum Änderungsvertrag eingewilligt hat, durch das der VRR an die dort zugrunde gelegten Referenzwerte übersteigenden Einnahmen hälftig beteiligt wird.
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dd) Die weiteren von DB Regio als risikoerhöhend angeführten Faktoren (insbesondere Beschwerdebegründung S. 49 ff.) rechtfertigen nicht die Annahme realistischer Vertragsrisiken in einer Größenordnung, die die Einordnung als Dienstleistungsauftrag auch nach Maßgabe der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union infrage stellen könnte.
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Ob bestimmte ungewisse Umstände geeignet sein können, Zweifel am Charakter einer Vereinbarung als Dienstleistungsauftrag aufkommen lassen können, kann nur durch eine Bewertung dieser Umstände geklärt werden, welche die Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts berücksichtigt. Diese Wahrscheinlichkeit ist bei einigen angeführten Gesichtspunkten gering (Risiko von erheblichen und nachhaltigen Fahrgeldmindereinnahmen infolge von Attentaten wie in der Moskauer U-Bahn vom 28. März 2010, von Epidemien bzw. Pandemien oder von Stürmen). Ebenfalls wenig überzeugend erscheint die Hochrechnung der Verluste aus einer verschobenen Fahrpreiserhöhung von August 2010 auf Januar 2011 über die gesamte Laufzeit unter der Prämisse, dass diese nicht durch spätere überproportionale Erhöhungen aufgefangen werden können. DB Regio stellt nämlich gleichzeitig Modellrechnungen an, die von einer Steigerung von 4 % im Jahre 2012 ausgehen. Hinzu kommt, dass die Kick-Back-Regelung in Anlage 39.2.3 des Änderungsvertrages für den VRR nachhaltig Anreiz zu Fahrpreiserhöhungen in einer Höhe bieten kann, bei der der Verbund an den daraus resultierenden Einnahmesteigerungen teilhat. Mit Nachfrageeinbrüchen von 5 % im Jahr 2014 zu rechnen erscheint nicht nur spekulativ, sondern auch deshalb unerheblich, weil dies nicht repräsentativ für das Risiko von Einnahmenminderungen über die gesamte Laufzeit ist.
47
3. Der Änderungsvertrag konnte auch nicht deshalb ohne Weiteres geschlossen werden, weil mit seinem Abschluss der zwischen den Vertragsparteien herrschende Streit über die Durchführung des Verkehrsvertrages beigelegt werden sollte. Das Anliegen, im Wege beiderseitigen Nachgebens den Streit über die Abwicklung dieses Vertrages auszuräumen, berechtigt den öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich nicht zur vergaberechtsfreien Disposition über Dienstleistungen, die jenseits der Laufzeit des abgeschlossenen Vertrages zu erbringen sind, auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass der Vergleichsvertrag nur mit dem bisherigen Leistungserbringer geschlossen werden kann. Ob eine Ausnahme davon zuzulassen ist, wenn es sich dabei um einen unbedeutenden Nachtrag handelt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. EuGH, VergabeR 2008, 758 - pressetext Nachrichtenagentur; VergabeR 2010, 643, insbesondere Rn. 36 Satz 1 - Wall AG). Die zum Gegenstand des Änderungsvertrags gemachte Verlängerung des S-Bahn-Betriebs im Verkehrsverbund über fünf Jahre kann nach Volumen und Wert dieser Leistungen nicht als unbedeutender Nachtrag angesehen werden.
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Im Übrigen kann auch die Bereitschaft von DB Regio zu nicht unerheblichen Investitionen, die dem Leistungsangebot im Verkehrsverbund zugute kommen sollen, aus Rechtsgründen nicht von der Anwendung der Regeln des nationalen Vergaberechts entbinden. Diese Bereitschaft kann nach dem gesetzlichen Regelungsrahmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge nicht außerhalb von wettbewerblichen Verfahren geregelt werden, indem der Zeitraum für die Leistungserbringung so verlängert wird, wie dies für eine hinreichende Amortisation der nachträglichen Investitionen erforderlich erscheint. Deshalb kann DB Regio als bisherige Leistungserbringerin auch nicht als ein nach § 3 Abs. 5 lit. l VOL/A (2009) zu privilegierendes Unternehmen behandelt und die Notwendigkeit einer Ausschreibung aus diesem Grunde verneint werden. Ebenso wenig können Bedürfnisse der Praxis nach einem fakultativen Einsatz einer Auftragsvergabe im Wettbewerb, auf die sich insbesondere DB Regio beruft, eine Abweichung von dem vom nationalen Vergaberecht vorgesehenen Rechtsrahmen rechtfertigen.
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4. A. R. kann das für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags erforderliche Interesse am Auftrag (§ 107 Abs. 2 GWB) nicht abgesprochen werden, auch wenn sich dieses Interesse auf den Betrieb der S-Bahn-Linie 5, gegebenenfalls in Verbindung mit dem der Linie 8, beschränkt.
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a) Für die Antragsbefugnis von A. R. kommt es nicht darauf an, dass der VRR im Änderungsvertrag DB Regio das gesamte S-Bahn-Linienbündel des Verkehrsverbundes en bloc außerhalb eines geordneten Vergabeverfahrens übertragen hat und A. R. dieses insgesamt nicht bedienen kann und will. Entscheidend ist vielmehr, ob der VRR ohne Verstoß gegen Vergaberecht so verfahren dürfte. Ein ihre Antragsbefugnis ausschließendes Interesse am Auftrag könnte A. R. allenfalls abgesprochen werden, wenn der VRR für den Fall der Vergabe der Leistungen im Wettbewerb unter keinen Umständen verpflichtet sein könnte, die Leistungen losweise so zu vergeben, dass sich A. R. um ein Teillos bewerben könnte. Dass der VRR berechtigt sein könnte, von einer losweisen Vergabe gänzlich Abstand zu nehmen, ist jedoch nicht anzunehmen, insbesondere rechtfertigen dies der Vergleichscharakter des Änderungsvertrages und der Wunsch, zusätzliche Fahrzeuge anzuschaffen und entsprechende Amortisationsmöglichkeiten durch Verlängerung der Vertragslaufzeit zu schaffen , nicht (oben C II 3).
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Das vorlegende Oberlandesgericht meint, die Vergabe des gesamten S-Bahn-Netzes ohne Losaufteilung verstoße gegen § 97 Abs. 1, Abs. 3 GWB und § 5 VOL/A (aF). Sachlich gegen diese Auffassung sprechende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Auf ein Vergabeverfahren werden aus gegenwärtiger Sicht die Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 2009 (VOL/A 2009) anzuwenden sein (§ 4 Abs. 4 VgV). In dieser Fassung ist nur noch bestimmt, dass Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben sind und darauf nur aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen verzichtet werden kann (§ 2 Abs. 2; § 2 Abs. 2 VOL/A-EG). Der in § 5 Nr. 1 VOL/A aF enthaltene funktionale Hinweis auf die mit der Losvergabe bezweckte Ermöglichung der Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen ist entfallen. Soweit in § 2 Abs. 2 VOL/A-EG vorangestellt ist, mittelständische Interessen seien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen, soll damit lediglich betont werden, dass der Mittelstand gerade auch bei den gemeinschaftsweiten Vergaben über eine Losvergabe vornehmlich berücksichtigen werden soll (vgl. Kus/Marx in: Kulartz/Marx/ Portz/Prieß, Komm. zur VOL/A, 2. Aufl., § 3 Rn. 62 f.). Daraus folgt jedenfalls nicht, dass sich nur mittelständische Unternehmen - wie auch immer dieser Be- griff vergaberechtlich in diesem Zusammenhang zu verstehen sein mag - auf eine Losvergabe berufen können. Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner vertieften Erörterung, ob die Regelung in § 97 Abs. 3 Satz 1 GWB, wonach "mittelständische Interessen" bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen sind, speziell auf kleine und mittlere Unternehmen zu beziehen ist und unter welchen Gesichtspunkten insoweit eine Abgrenzung von anderen Unternehmen vorzunehmen ist. Wie das vorlegende Oberlandesgericht zutreffend und unter Hinweis auf die Materialien zu § 4 Abs. 3 VgV (BR-Drucks. 727/02), das Sondergutachten 55 der Monopolkommission und das Schrifttum ausführt, kann Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr nur im Wege der Bildung von Losen gefördert werden (vgl. zur Auslegung von § 97 Abs. 3 GWB speziell unter ökonomischen Gesichtspunkten Kirchner, VergabeR 2010, 725, 730 f.).
52
b) Zweifel an der Antragsbefugnis von A. R. unter dem Gesichtspunkt des Interesses am Auftrag (§ 107 Abs. 2 GWB) ergeben sich auch nicht daraus, dass das Unternehmen anfangs nur Interesse an der Bedienung der Linie S 5 bekundet hat. Der VRR hat dazu dargelegt, dass eine isolierte Vergabe dieser Linie als Teillos aus betriebstechnischen Gründen nicht in Betracht komme. Die Linie S 5 verkehrt im S-Bahn-System Rhein-Ruhr zwischen Dortmund und Hagen. Zwischen Dortmund und Witten besteht ein 30-Minuten-Takt. Eine Fahrt pro Stunde wird weiter nach Hagen geführt. Dieses Fahrzeug fährt von dort weiter auf der Linie S 8 Richtung Düsseldorf/Mönchengladbach; Gleiches gilt für die Gegenrichtung. Durch diese so genannte Durchbindung der Linien S 5 und S 8 wird die Linie S 5 in das gesamte S-Bahn-System Rhein-Ruhr integriert. Mit diesen Erläuterungen konfrontiert, hat A. R. erklärt, sich auch um ein ein Linienbündel betreffendes Teillos bewerben zu wollen. Damit ist das Interesse am Auftrag hinreichend dargetan. Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, können A. R. weitergehende Darlegungen zu ihrer Leistungsfähigkeit in Bezug auf denkbare Teillose nicht abverlangt werden, bevor der VRR nicht selbst ein Konzept zur Vergabe des S-Bahn-Betriebs für den Zeitraum nach Auslaufen des Verkehrsvertrages entwickelt und publik gemacht hat.
53
5. Entgegen der Auffassung von DB Regio kann A. R. das Interesse an einer Sachentscheidung auch nicht mit Blick darauf abgesprochen werden, dass inzwischen die VO 1370/2007 in Kraft getreten ist und den zuständigen Behörden gestattet, öffentliche Dienstleistungsaufträge im Eisenbahnverkehr, worunter der hier interessierende S-Bahn-Betrieb fällt, unter bestimmten Voraussetzungen direkt zu vergeben (Art. 5 Abs. 6 VO 1370/2007). Die Verordnung lässt nämlich einer Direktvergabe entgegenstehendes nationales Recht unberührt.
54
Wie bereits ausgeführt, steht das deutsche Recht der Direktvergabe insoweit entgegen, als die Vergabe der hier interessierenden Leistungen in den Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fällt. Ob die Übertragung ihrer Erbringung durch den Änderungsvertrag rechtsbeständig ist, ist keine Frage der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags , sondern der Begründetheit.
55
6. Der Nachprüfungsantrag ist nicht infolge der Übergangsregelung in Art. 8 Abs. 3 VO 1370/2007 unzulässig. Nach dieser Regelung können bestimmte vor dem 3. Dezember 2019 vergebene Aufträge für ihre vorgesehene Laufzeit gültig bleiben. Diese Regelung berührt nicht die Frage, ob eine geschlossene Vereinbarung in Anwendung des nationalen Rechts gar keine Gültigkeit erlangt hat und die Unwirksamkeit nach nationalem Recht geltend gemacht werden kann.
56
III. Die Vergabekammer hat den Änderungsvertrag zu Recht für unwirksam erklärt (§ 101b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 GWB).
57
1. Der S-Bahn-Betrieb konnte DB Regio im Umfang des Änderungsvertrages nicht gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV wirksam übertragen werden.
58
a) Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV ist bei Verträgen, welche die Übertragung von mehr als einer einzelnen Linie bei einer Laufzeit von bis zu drei Jahren vorsehen , eine freihändige Vergabe ohne sonstige Voraussetzungen im Rahmen von § 15 Abs. 2 AEG zulässig, wenn ein wesentlicher Teil der durch den Vertrag bestellten Leistungen während der Vertragslaufzeit ausläuft und anschließend im Wettbewerb vergeben wird, wobei die Laufzeit des Vertrages zwölf Jahre nicht überschreiten soll.
59
b) § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV ist dahin auszulegen, dass Leistungen, die einmal zum Gegenstand einer freihändigen Vergabe über eine Laufzeit von zwölf Jahren gemacht worden sind, grundsätzlich nicht abermals durch eine entsprechende Vereinbarung in dieser Weise vergeben werden können. Bereits die Vergabe einer einzelnen Linie ist nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 VgV nur einmalig und selbst dann nur für nicht länger als drei Jahre zulässig. In Anbetracht dieser Regelung kann nicht angenommen werden, dass § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV ermöglichen will, Aufträge für den Betrieb einer Linie über mehr als drei Jahre oder für mehrere Linien über mehr als 12 Jahre durch Kettenverträge im Wege freihändiger Vergabe zu erteilen. Dies gilt umso mehr, als die Laufzeit einer entsprechenden Vereinbarung konsequenterweise erneut zwölf Jahre müsste betragen können. Dadurch würde der betreffende Dienstleistungsverkehr auf unannehmbar lange Zeit dem Wettbewerb vorenthalten. Einem solchen Normverständnis stünde unter diesem Gesichtspunkt ferner entgegen, dass § 4 Abs. 3 VgV gemäß Art. 2 der Ersten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung vom 7. November 2002 am 31. Dezember 2014 außer Kraft tritt. Diese zeitliche Befristung der Regelung durch den Verordnungsgeber spricht ebenfalls dafür, dass mehrere aufeinander folgende Vereinbarungen nicht möglich sein sollen.
60
c) Es kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Vorschrift es erlaubt hätte, im Rahmen einer zwischen dem VRR und DB Regio zur Beilegung der entstandenen Streitigkeiten getroffenen Vereinbarungen die Regelungen des Verkehrsvertrags sachgerecht zu modifizieren und dabei gegebenenfalls auch die Gesamtlaufzeit von zwölf Jahren in gewissem Umfang zu überschreiten, wie DB Regio unter Hinweis auf die Regelung in Art. 4 Abs. 3 und 4 VO 1370/2007 meint. Denn jedenfalls durfte eine solche vergleichsweise Änderung nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV nicht in der Weise erfolgen, wie dies im Änderungsvertrag geschehen ist,
61
Um den Tatbestandsmerkmalen der Norm wenigstens sinngemäß zu genügen , wäre erforderlich gewesen, auch bei einer Verlängerung der Laufzeit dem Grundgedanken der Vorschrift zu entsprechen, dass die freihändige Vergabe voraussetzt, dass ein wesentlicher Teil der vorgesehenen Leistungen während der Vertragslaufzeit in den Wettbewerb gegeben wird. Eine substanzielle Verlängerung der Laufzeit ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn nicht gleichzeitig auch die wettbewerbsfördernde Komponente des Vertrages verstärkt wird. An einer solchen Verstärkung fehlt es. Soweit es die Leistungen im Regionalbahn- und -expressverkehr betrifft, verbleibt es im Wesentlichen bei den bereits im Verkehrsvertrag getroffenen Regelungen (vgl. Anlage 16 zur Beschwerdebegründung von DB Regio und hierzu Beschwerdebegründung von DB Regio S. 17). Es werden nur im Interesse der Kompatibilität mit den Anschlussleistungen in angrenzenden Verkehrsräumen die Fahrpläne angepasst, was nicht ausreicht, um den Anforderungen von § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV zu genü- gen. Auch die S-Bahn-Leistungen laufen nicht während des Verlängerungszeitraums teilweise aus, sondern sollen nach dem Vertrag bis 2023 in vollem Umfang von DB Regio erbracht werden. Unter diesen Umständen steht jedenfalls eine Verlängerung der Laufzeit des Verkehrsvertrags um fünf Jahre mit § 4 Abs. 3 Nr. 2 VgV nicht in Einklang.
62
2. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag nach allem zu Recht für begründet erachtet, soweit A. R. die Feststellung der Unwirksamkeit des Änderungsvertrags insgesamt begehrt hat. Nach dem auf den Vertrag anwendbaren § 101b GWB (siehe oben C II 2 b) kann im Nachprüfungsverfahren die anfängliche Unwirksamkeit eines Vertrags festgestellt werden, wenn der Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag unmittelbar an ein Unternehmen erteilt, ohne andere Unternehmen am Vergabeverfahren zu beteiligen und ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet ist. Wie ausgeführt, liegen diese Voraussetzungen vor. Der für die Feststellung der Unwirksamkeit nach § 101b Abs. 2 GWB vorgegebene zeitliche Rahmen ist gewahrt; A. R. hat den Nachprüfungsantrag vor Ablauf von 30 Kalendertagen nach Veröffentlichung der Bekanntmachung der Auftragsvergabe im Amtsblatt der Europäischen Union gestellt. Dass sie vornehmlich allein am Betrieb der Linie S 5 interessiert ist, ist für die Rechtsfolge der Unwirksamkeit entgegen der Auffassung von DB Regio (Beschwerdebegründung S. 22 ff.) unerheblich (vgl. oben C II 4).
63
3. DB Regio rügt, dass die Vergabekammer die Gesamtnichtigkeit des Vertrags gemäß dem Hilfsantrag von A. R. ausgesprochen und die Unwirksamkeit des Vertrags nicht gemäß deren Hauptantrag isoliert auf den Leistungsteil der Linie S 5 beschränkt hat.
64
Diese Rüge ist als das hilfsweise Begehren zu verstehen, dem Nachprüfungsantrag nach dem Hauptantrag von A. R. stattzugeben. Dem ist kein Erfolg beschieden. Dafür bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, inwieweit die Rechtsfolge der Unwirksamkeit gemäß § 101b GWB generell auf Teile des geschlossenen Vertrags beschränkt werden kann. Im Streitfall wäre dies - in entsprechender Anwendung der aus § 139 BGB ersichtlichen Grundsätze - allenfalls vorstellbar, wenn angenommen werden könnte, dass der VRR und DB Regio den Änderungsvertrag auch unter Ausklammerung des Betriebs der Linie S 5 geschlossen hätten. Diese Annahme ist indes nicht gerechtfertigt. Der VRR macht noch in der sofortigen Beschwerde und insoweit in Widerspruch zu dem hilfsweisen Begehren von DB Regio geltend, sowohl aus wirtschaftlichen als auch technischen Gründen hätte von einer Ausschreibung der Linie S 5 als Teillos abgesehen werden können, weil der isolie rte Betrieb nicht praktikabel sei (vgl. oben C II 4 b). In Anbetracht dieses Vorbringens kann nicht entsprechend § 139 BGB davon ausgegangen werden, dass der VRR und DB Regio den Änderungsvertrag unter Ausgliederung allein der Linie S 5 geschlossen hätten.

D.


65
I. Die sofortige Beschwerde von A. R. ist zulässig. Dem Antragsteller im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren steht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu, wenn seinen Anträgen nicht voll entsprochen worden und er dementsprechend formell beschwert ist (vgl. Kuhlig in: Vergaberecht Kompaktkommentar , 12. Los, § 116 Rn. 29). Diese Voraussetzung ist erfüllt, nachdem die Vergabekammer den im tatbestandlichen Teil dieser Beschlussgründe unter Nummer 3 mitgeteilten Antrag von A. R. abschlägig beschieden hat.
66
II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
67
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für dieses Begehren kann A. R. nicht abgesprochen werden. Es ist zwar richtig, dass die von A. R. in erster Linie begehrte Unwirksamkeitserklärung des Änderungsvertrages faktisch darauf hinausläuft , dass ein förmliches Vergabeverfahren zu erfolgen hat. Das Rechtsschutzbedürfnis dafür, dass die Verpflichtung zur Ausschreibung ausgesprochen wird, ergibt sich für den Antragsteller im Nachprüfungsverfahren indes bereits aus dem vorangegangenen Verstoß des Auftraggebers gegen diese Verpflichtung.
68
2. Der zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemachte Antrag weicht sprachlich von dem vor der Vergabekammer gestellten insoweit ab, als er nicht mehr auf das Beschaffungsvorhaben für die Linie S 5 bezogen ist. Indes war schon der Antrag in der vor der Vergabekammer gestellten Fassung nicht so zu verstehen, dass der VRR verpflichtet werden sollte, die Linie S 5 isoliert auszuschreiben. A. R. hat mehrfach erklärt, einen Anspruch auf Ausschreibung eines auf die Linie S 5 beschränkten Einzelloses nicht erheben, sondern sich auch auf die Übernahme des Betriebs der kombinierten Linien S 5 und S 8 bewerben zu wollen, nachdem der VRR die gegen einen alleinigen Betrieb der Linie S 5 sprechenden betriebstechnischen Gründe dargelegt hat. Für einen ihrem Interesse am Auftrag entsprechenden prozessualen Erfolg musste A. R. aus den bereits dargelegten Gründen die gesamte Änderungsvereinbarung zu Fall bringen. So war ihr erstinstanzliches Begehren zu verstehen und so ist es im Beschwerdeantrag nunmehr auch ausdrücklich formuliert, wobei die begehrte Verpflichtung zur Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens antragsgemäß unter der Bedingung steht, dass der S-Bahn-Betrieb nach Dezember 2018 durch ein Beschaffungsvorhaben sichergestellt wird, also der VRR den Betrieb nicht in einer wie auch immer gestalteten Form von vergaberechtsfreier Eigenregie übernimmt, was nicht zu erwarten sein dürfte.
69
3. Der so verstandene Antrag ist schon deshalb begründet, weil der VRR die Erbringung der fraglichen Leistungen DB Regio vergaberechtswidrig übertragen hat. Die Vergabekammer hat dem Antrag ersichtlich auch nur deshalb nicht stattgegeben, weil sie ihn fälschlich dahin ausgelegt hat, dass A. R. die "umgehende" Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens begehre, worauf kein Anspruch bestehe. Diesem Verständnis des Antrags kann nicht beigetreten werden. Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass A. R. jenseits des Antragswortlauts auf eine besonders beschleunigte Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens hinaus wolle, sind dem Vorbringen des Unternehmens im Nachprüfungsverfahren jedenfalls nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen.
70
4. Soweit es die vorherige europaweite Bekanntmachung betrifft, will A. R., wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt, ihren Antrag dahin verstanden wissen, dass eine Vergabe nach Maßgabe des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfolgen soll. Dieser Zusatz bedarf keiner Erwähnung in der Beschlussformel, weil ein förmliches Vergabeverfahren ohnehin entsprechend den jeweils geltenden gesetzlichen Bedingungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung bestehender Ausnahmetatbestände, durchzuführen ist.

E.


71
Für ein durchzuführendes Vergabeverfahren erscheinen noch folgende Hinweise angezeigt.
72
Das vorlegende Oberlandesgericht meint, eine Ausschreibung werde im offenen Verfahren zu erfolgen haben. Die Wahl der etwa zulässigen Art der Vergabe (§ 3 VOL/A) bedarf indes im gegenwärtigen Stadium keiner näheren Erörterung. Mit Blick auf die von DB Regio erhobenen Einwendungen ist jedoch vorsorglich darauf hinzuweisen, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 3 und 4 VOL/A 2009 bei beschränkten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben mehrere - grundsätzlich mindestens drei - Bewerber zur Angebotsaufgabe aufgefordert werden sollen. Demzufolge wäre selbst eine freihändige Vergabe im Wege der Direktvergabe ohne Berücksichtigung weiterer geeigneter Anbieter unstatthaft.
73
Das vorlegende Oberlandesgericht erörtert mit Blick auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle (VergabeR 2010, 669) zur notwendigerweise zeitnahen Dokumentation (Vergabevermerk), inwieweit es unter dem Gesichtspunkt unzureichender Dokumentation vergaberechtlichen Bedenken ausgesetzt sein könnte, dass der VRR lediglich zeitversetzt, erst im Nachprüfungsverfahren , dargelegt hat, dass nur eine gemeinsame Vergabe der Linien S 5 und S 8 in Betracht komme. Die Frage der vergaberechtlichen Zulässigkeit einer nachträglichen Dokumentation stellt sich indes nicht. Da der VRR gar kein förmliches Vergabeverfahren und insbesondere kein solches mit einer losweisen Vergabe durchgeführt hat, dürfte der Einwand, die Linie S 5 könne nicht isoliert, sondern nur im Verbund mit der Linie S 8 vergeben werden, nicht unter dem Gesichtspunkt fehlender Dokumentation unberücksichtigt bleiben. Im Übrigen ist mit Blick auf die Dokumentationspflichten im Allgemeinen zu unterschei- den zwischen dem, was nach § 20 Abs. 1 und 2 VOB/A 2009 oder § 24 VOL/AEG im Vergabevermerk mindestens niederzulegen ist, und Umständen oder Gesichtspunkten, mit denen die sachliche Richtigkeit einer angefochtenen Vergabeentscheidung außerdem nachträglich verteidigt werden soll. Solche vorgetragenen Überlegungen auf ihre Stichhaltigkeit hin zu überprüfen, kann der Vergabestelle schwerlich generell unter dem Gesichtspunkt fehlender Dokumentation verwehrt werden. Der Auftraggeber kann im Nachprüfungsverfahren nicht kategorisch mit allen Aspekten und Argumenten präkludiert werden, die nicht im Vergabevermerk zeitnah niedergelegt worden sind. Vielmehr ist, soweit es die Frage der möglichen Heilung von Dokumentationsmängeln im Vergabevermerk betrifft, einerseits zu berücksichtigen, dass insbesondere die zeitnahe Führung des Vergabevermerks die Transparenz des Vergabeverfahrens schützen und Manipulationsmöglichkeiten entgegenwirken soll (vgl. Thüringer OLG, VergabeR 2010, 96, 100). Andererseits gibt das Gesetz der Vergabekammer - was für die Beschwerdeinstanz entsprechend zu gelten hat - vor, bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf zu achten, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird (§ 110 Abs. 1 Satz 4 GWB). Mit dieser dem vergaberechtlichen Beschleunigungsgrundsatz verpflichteten Regelung wäre es, wofür ersichtlich auch das vorlegende Oberlandesgericht hält (in diese Richtung auch OLG München, VergabeR 2010, 992, 1006), nicht vereinbar, bei Mängeln der Dokumentation im Vergabevermerk generell und unabhängig von deren Gewicht und Stellenwert von einer Berücksichtigung im Nachprüfungsverfahren abzusehen und stattdessen eine Wiederholung der betroffenen Abschnitte des Vergabeverfahrens anzuordnen. Dieser Schritt sollte vielmehr Fällen vorbehalten bleiben, in denen zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation lediglich im Nachprüfungsverfahren nicht ausreichen könnte, um eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten.

F.


74
Die im Verfahren vor der Vergabekammer angefallenen Gebühren und Auslagen (§ 128 Abs. 1 GWB) haben der VRR und DB Regio als Unterliegende gesamtschuldnerisch zu tragen (§§ 109, 128 Abs. 3 Satz 1, 2 GWB). DB Regio ist als Beigeladene Verfahrensbeteiligte (§ 109) und ebenfalls unterlegen. Als unterlegener Beteiligter ist ein Beigeladener jedenfalls dann anzusehen, wenn er vor der Vergabekammer zur Hauptsache einen Antrag gestellt hat und damit nicht durchgedrungen ist (BGH, Beschluss vom 26. September 2006 - X ZB 14/06, BGHZ 169, 131 Rn. 58; OLG Düsseldorf VergabeR 2004, 126 f.).
75
Der VRR und DB Regio haben als Beteiligte ferner A. R. deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen zu erstatten (§ 128 Abs. 4 Satz 1 GWB). Die Mithaftung auch eines unterlegenen Beigeladenen entspricht der Rechtsprechung des Senats zu § 128 Abs. 4 GWB aF (BGHZ 169, 131 Rn. 58). Daran hat sich durch die Modifikation, die die Bestimmung durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts erfahren hat, nichts geändert. Das Gesetz sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass die Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig sind, soweit die Vergabekammer sie aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Diese Klarstellung, die es den Vergabekammern nach den Gesetzgebungsmaterialien ermöglichen soll zu berücksichtigen, wie sich ein Beigeladener am Verfahren beteiligt hat, stellt die Kostenhaftung des den Auftraggeber unterstützenden Beigeladenen gegenüber dem obsiegenden Antragsteller nicht infrage (ebenso Summa in: jurisPK-VergR, 2. Aufl., § 128 Rn. 26 i.V.m. Rn. 23.2). Da das Gesetz insoweit nicht ausdrücklich gesamtschuldnerische Haftung vorsieht, haften diese Beteiligten als Teilschuldner (BGHZ 169, 131 Rn. 58; ebenso OLG Düsseldorf VergabeR 2001, 38, 40; OLG München NZBau 2006, 135 f.). Im vorliegenden Fall ist es nach der Interessenlage angezeigt, VRR und DB Regio die Aufwendungen von A. R. je zur Hälfte aufzuerlegen.
76
Eine anteilige Haftung von A R. wegen Teilunterliegens ist nicht angezeigt. Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass für die Kostentragung nicht schematisch auf die gestellten Anträge abzustellen ist, weil die Vergabekammer daran nicht gebunden ist (§ 114 Abs. 1 Satz 2 GWB), sondern darauf, ob der Antragsteller sein Ziel materiell erreicht hat (vgl. Noelle in: Byok/Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 2. Aufl. Rn. 1396; Brauer in: Kulartz/Kus/Portz, Komm. zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., § 128 Rn. 16).
77
Materiell ist A. R. nicht teilweise unterlegen. Soweit es das Ziel, den Änderungsvertrag für unwirksam zu erklären, mit dem Hilfsantrag erreicht hat, ist zu bedenken, dass mit der Fassung des Hauptantrags bezweckt wurde, den Vertrag nur insoweit anzufechten, als es dem (begrenzten) Interesse von A R. am Auftrag entsprach. Diese Beschränkung kam den mutmaßlichen Interessen des VRR und DB Regio am weitestmöglichen Erhalt des Vertrages entgegen, ändert aber nichts daran, dass A. R. sein Rechtsschutzziel in diesem Punkt voll erreicht hat.
78
Darüber hinaus ist die Kostenentscheidung der Vergabekammer zulasten von A. R. ersichtlich von ihrer unrichtigen Auslegung des Antrags zu 2 beeinflusst.
79
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts unter entsprechender Anwendung von § 78 GWB zu treffen (vgl. § 120 Abs. 2 GWB). Diese Bestimmung findet, was im Wortlaut nicht ganz klar zum Ausdruck kommt, auch auf die Gerichtskosten Anwendung (vgl. Wiese in: Kulartz/Kus/Portz, aaO, § 128 Rn. 78 mwN). Soweit das Gesetz bei seinem Verweis auf § 78 GWB nicht zwischen Satz 1 und Satz 2 der Bestimmung unterscheidet, bedarf die für das Kartellverwaltungsverfahren umstrittene Frage, ob § 78 Satz 2 GWB nur für das Rechtsbeschwerdeverfahren gilt (vgl. Bechtold, Kartellgesetz, 5. Aufl. § 78 Rn. 5 ff.), auch in dem im Streitfall betriebenen Beschwerdeverfahren nach §§ 116 ff. GWB keiner Beantwortung. Denn jedenfalls entspräche es auch im Kartellbeschwerdeverfahren der Billigkeit, dem Beigeladenen, der selbst Beschwerde gegen die Verfügung der Kartellbehörde eingelegt hat und damit unterlegen ist, mit den Gerichtskosten und grundsätzlich auch mit den außergerichtlichen Kosten anderer Verfahrensbeteiligter zu belasten, soweit nicht die besonderen Umstände des Einzelfalls gemäß § 78 GWB ausnahmsweise eine abweichende Entscheidung geböten. Dementsprechend entspricht es vorliegend der Billigkeit, DB Regio als Beschwerdeführerin Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten von A. R. aufzuerlegen. Es entspricht in Anbetracht der Interessen des VRR und von DB Regio des Weiteren der Billigkeit, diesen Beteiligten die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten von A. R. je zur Hälfe aufzuerlegen.
80
Die Festsetzung des Gegenstandswerts geht von einem jährlichen geschätzten Auftragsvolumen für die Linien S 5 und S 8 von 37.380.000 € aus, das in entsprechender Anwendung der Grundsätze in § 3 VgV für einen Zeitraum von 48 Monaten zugrunde zu legen (vgl. Kühnen in: Byok/Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 2. Aufl. Rn. 1512) und in diesem Rahmen nach § 50 Abs. 2 GKG zu begrenzen ist.
Meier-Beck Gröning Berger
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.07.2010 - VII-Verg 19/10 -

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

(2) Das Gericht lehnt den Antrag nach Absatz 1 Satz 3 ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Das Gericht berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch die Erfolgsaussichten der Beschwerde, die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den öffentlichen Auftrag oder die Konzession zu erhalten, und das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens.

(3) Hat die Vergabekammer dem Antrag auf Nachprüfung durch Untersagung des Zuschlags stattgegeben, so unterbleibt dieser, solange nicht das Beschwerdegericht die Entscheidung der Vergabekammer nach § 176 oder § 178 aufhebt.

(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

(2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden.

(3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, ist die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden.

(4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Hat sich der Antrag durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Beteiligter zu tragen hat, nach billigem Ermessen; in Bezug auf die Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen gilt im Übrigen Satz 2 entsprechend. § 80 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.