Oberlandesgericht München Beschluss, 02. Feb. 2018 - 9 St 10/17
Tenor
I. Die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft München vom 22.08.2017 (Az.: 53 OJs 16/17) wird zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem 9. Strafsenat des Oberlandesgerichts München eröffnet.
II. Der Strafsenat ist in der Hauptverhandlung mit fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt, weil nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung zweier weiterer Richter notwendig erscheint, § 122 Abs. 2 Satz 2 GVG.
III. Die Untersuchungshaft der Angeklagten N. A. A. und I. S. dauert aus den Gründen ihrer Anordnung, Aufrechterhaltung und Fortdauer (Haftbefehle des Bundesgerichtshofs vom 31.10.2016, Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2017, 14.06.2017, 12.10.2017) fort.
IV. Der Antrag der Angeklagten A. R. W. Hn., F. Hk. und B. Sa. auf Abtrennung der sie betreffenden Verfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
II.
III.
IV.
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(1) Die Senate der Oberlandesgerichte entscheiden, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozeßgesetze an Stelle des Senats der Einzelrichter zu entscheiden hat, in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.
(2) Die Strafsenate entscheiden über die Eröffnung des Hauptverfahrens des ersten Rechtszuges mit einer Besetzung von fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden. Bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt der Strafsenat, daß er in der Hauptverhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt ist, wenn nicht nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung zweier weiterer Richter notwendig erscheint. Über die Einstellung des Hauptverfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses entscheidet der Strafsenat in der für die Hauptverhandlung bestimmten Besetzung. Ist eine Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden, kann der nunmehr zuständige Strafsenat erneut nach Satz 2 über seine Besetzung beschließen.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Generalbundesanwalt hat den Angeklagten mit der zum Oberlandesgericht Frankfurt erhobenen Anklage vorgeworfen, in 20 Fällen jeweils gemeinschaftlich und gewerbsmäßig handelnd vorsätzlich ohne Genehmigung Flugmotoren in den Iran ausgeführt und dadurch gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 18. Juni 2013 das Hauptverfahren eröffnet. Es hat die Anklage wegen Fehlens der gemäß § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GVG erforderlichen besonderen Bedeutung des Falles indes lediglich zur Hauptverhandlung vor der zuständigen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Wiesbaden zugelassen (§ 120 Abs. 2 Satz 2 GVG). Dagegen wendet sich der Generalbundesanwalt mit seiner sofortigen Beschwerde. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
A.
- 2
- I. Mit der Anklageschrift sind den in Wiesbaden und Teheran (Iran) wohnhaften Angeklagten folgende Straftaten zur Last gelegt worden:
- 3
- 1. Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt Ende des Jahres 2007 kamen die Angeklagten überein, Flugmotoren des deutschen Herstellers L. KG (im Folgenden: L. KG) anzukaufen, um diese in den Iran auszuführen. Dem iranischstämmigen Angeklagten La. , der neben der iranischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt , sollte dabei die Aufgabe der Geschäftsanbahnung und -abwicklung in Deutschland sowie der Organisation des Transports der Motoren in den Iran zukommen, der im Iran ansässige Angeklagte A. hatte die für Erwerb und Transport erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen.
- 4
- Im Januar 2008 nahm der Angeklagte La. daraufhin als angeblich Verantwortlicher einer rechtlich nicht existenten "R. Group" - es existiert lediglich die am 17. Juni 2008 gegründete R. Unternehmen La. GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Angeklagte La. ist - Kontakt zum Geschäftsführer der L. KG auf, dem er den geplanten Export in den Iran verschwieg und - um keine Bedenken wegen etwaiger Verstöße gegen außenwirtschaftsrechtliche Bestimmungen aufkommen zu lassen - vorgab, er verfüge über geschäftliche Beziehungen in die Vereinigten Arabischen Emirate; für dieses Land könne er die Vermarktung und den Vertrieb von L. -Flugmotoren übernehmen. Die L. KG lieferte mit Blick darauf am 20. März 2008 zunächst einen Motor des Typs L 550 E mit Zubehör zum Preis von rund 16.000 €, der nach Angaben des Angeklagten bei Kaufver- tragsverhandlungen mit potentiellen Kunden aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zu Demonstrationszwecken dienen sollte.
- 5
- Im Mai 2008 bestellte der Angeklagte La. in Absprache mit dem Angeklagten A. sodann 30 Flugmotoren des Typs L 550 E bei der L. KG, wobei er wiederum für die "R. Group" auftrat. Er gab an, die Motoren seien von einer Firma in Dubai bestellt worden, die sie an eine Firma in Abu Dhabi weiterverkaufen wolle. Da der Geschäftsführer der L. KG Zweifel an der Existenz dieser Firmen hatte und ihm der Endverbleib der Motoren ungeklärt erschien, machte er den Vertragsschluss von der Vorlage eines Nullbescheides oder einer Ausfuhrgenehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (im Folgenden: BAFA) abhängig. Der Angeklagte La. wandte sich deshalb im Juni 2008 an das BAFA und bat um "Freigabe" der geplanten Ausfuhr. Als das BAFA Rückfragen zur geplanten Verwendung der Motoren stellte, zog er seinen Antrag im Februar 2009 zurück, woraufhin das Verfahren ohne behördliche Erklärung zur Genehmigungsbedürftigkeit eingestellt wurde.
- 6
- Ungeachtet der zunächst geforderten Vorlage eines Bescheides des BAFA schloss die L. KG am 23. Juli 2008 mit der vom Angeklagten La. vertretenen R. Unternehmen La. GmbH (im Folgenden: R. GmbH) den Kaufvertrag über 30 Flugmotoren des Typs L 550 E. Die ersten drei Motoren holte der Angeklagte La. bereits am 14. August 2008 bei der L. KG ab, die restlichen 27 Motoren wurden in 13 Teillieferungen bis März 2009 übergeben. Im März und im Juli 2009 bestellte der Angeklagte La. namens der R. GmbH insgesamt 30 weitere Motoren des genannten Typs, die bis zum 24. August 2009 geliefert wurden. Der Stückpreis für einen Motor betrug anfänglich 8.820 €, später 9.120 € und schließlich 9.570 € netto.
- 7
- Da den Angeklagten bekannt war, dass die ungenehmigte Ausfuhr der Flugmotoren in den Iran gegen die einschlägigen Ausfuhrbestimmungen verstieß , kamen sie überein, die einzelnen Lieferungen wahrheitswidrig als solche von Jet-Ski-Motoren mit einem Warenwert von unter 1.000 € zu deklarieren. Der Angeklagte La. verfuhr dem gemeinsamen Tatplan entsprechend und erreichte so, dass statt der Ausfuhrabfertigung per förmlicher Ausfuhrerklärung die Ausfuhrabfertigung per Handelsrechnung für Waren unter 1.000 € durchgeführt wurde, die regelmäßig keine Sichtprüfung durch den Zoll nach sich zog. In Abstimmung mit dem Angeklagten A. wurden in der Zeit zwischen dem 2. Oktober 2008 und dem 9. Oktober 2009 in 20 Teillieferungen insgesamt 61 Motoren des Typs L 550 E in den Iran ausgeführt. Die Motoren, die dem Angeklagten La. von der L. KG auf seinen Wunsch und auf seine Kosten in speziellen Koffern aus Kunststoff, sog. Peli-Cases, verpackt geliefert wurden, holten die von ihm beauftragten Speditionsfirmen bei ihm ab und lieferten sie an die in wechselnder Folge als Empfänger benannten acht in Teheran ansässigen Unternehmen.
- 8
- Entsprechend dem Tatplan besorgte der Angeklagte A. die Finanzierung der Geschäfte dergestalt, dass er jeweils vor einer anstehenden Lieferung der L. KG den benötigten Kaufpreis, die für die nächste Teillieferung in den Iran anfallenden Transportkosten und einen zuvor vereinbarten Gewinnanteil des Angeklagten La. auf ein Konto bei einer iranischen Bank in Frankfurt am Main überwies. Der Angeklagte La. hob das Geld entweder noch am selben Tag oder ein bis zwei Tage später in bar ab und beglich davon unter anderem die Rechnungen der L. KG und der beauftragten Spedition.
- 9
- Nach der Einfuhr der Motoren in den Iran veräußerte der Angeklagte A. mindestens 40 Stück an namentlich nicht bekannte Abnehmer zum Preis von 25.000 € pro Stück. Den aus dem Weiterverkauf erzielten Gewinn teilten die Angeklagten im Verhältnis von 60 % für den Angeklagten A. und 40 % für den Angeklagten La. . Bei einem Gewinn von ca. 12.000 € pro Motor erhielt der Angeklagte La. damit mindesten 192.000 €, der Angeklagte A. mindestens 288.000 €. Von diesen Einnahmen bestritten die Angeklagten im Tatzeitraum einen nicht unerheblichen Teil ihres Lebensunterhalts.
- 10
- Um den deutschen Exportkontrollbehörden gegenüber eine gesetzmäßige Ausfuhr belegen zu können, kamen die Angeklagten etwa im Mai 2009 überein, in Baumärkten handelsübliche Stromgeneratoren zu einem Stückpreis von ca. 100 € zu erwerben, diese als die Flugmotoren der L. KGzu deklarieren und sie genehmigungsfrei nach Dubai zu liefern. Zwischen Mai und September 2009 erwarb der Angeklagte La. 60 Stromerzeuger, von denen 50 in mehreren Tranchen auf dem Seeweg nach Dubai ausgeführt wurden; für zehn weitere verweigerte der deutsche Zoll am 4. September 2009 die Ausfuhrabfertigung , worauf sie wieder zum Wohnsitz des Angeklagten La. zurückgebracht wurden.
- 11
- Die Flugmotoren des Typs L 550 E der L. KG eignen sich aufgrund ihres niedrigen Leistungsgewichts für den Einsatz in Drohnen und - aufgrund der nahezu identischen Bauweise dieses Systems mit der in Südafrika entwickelten und produzierten Drohne "Seeker" - dabei insbesondere für das im Iran produzierte Modell "Ababil III". Abgesehen von dieser militärischen Verwendung können sie als Antrieb von Ultraleichtflugzeugen eingesetzt werden, die vorwiegend touristischen Zwecken dienen.
- 12
- 2. In der Anklageschrift des Generalbundesanwalts sind diese Sachverhalte rechtlich wie folgt gewürdigt:
- 13
- Die Angeklagten hätten in 20 Fällen jeweils gemeinschaftlich und gewerbsmäßig handelnd vorsätzlich in Teil I Abschnitt C Kennung 9A994 der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) genannte Güter - die Flugmotoren des Typs L 550 E erfüllen die in dieser Listenposition aufgestellten Kriterien - in den Iran ausgeführt und damit in § 33 Abs. 1 AWG bezeichnete Handlungen begangen, die jeweils geeignet gewesen seien, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (§ 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2, § 33 Abs. 1 AWG, § 70 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 AWV i.V.m. Teil I Abschnitt C Position 9A994 der Ausfuhrliste). Zu seiner Verfolgungszuständigkeit und der Zuständigkeit des Staatsschutzstrafsenates beim Oberlandesgericht Frankfurt hat der Generalbundesanwalt ausgeführt, neben der bereits bei der materiell-rechtlichen Prüfung nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG bejahten Eignung der Taten zur erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland weise der Fall auch die nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GVG für die Übernahme der Ermittlungen durch ihn erforderliche besondere Bedeutung auf, die sich bei wertender Betrachtung aus dem Verdacht, die Motoren seien im Iran zum Einbau in militärische Drohnen verwendet worden, der Dauer und der Intensität der Tatserie sowie einem eklatanten Defizit der deutschen Exportkontrollbehörden ergebe.
- 14
- II. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Frankfurt den hinreichenden Verdacht, die Angeklagten hätten die ihnen zur Last gelegten Taten begangen, bejaht und das Hauptverfahren eröffnet. Es hat dabei die rechtliche Würdigung der Anklageschrift auch in Bezug auf die Eignung der Taten, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, nach der Einholung einer aktuellen Stellungnahme des Auswärtigen Amtes geteilt. Indes hat das Oberlandesgericht seine Zuständigkeit mangels Vorliegens der erforderlichen besonderen Bedeutung des Falles verneint und die Anklage vor der Wirtschaftsstrafkammer des örtlich zuständigen Landgerichts Wiesbaden zugelassen. Insoweit hat es ausgeführt, an das Vorliegen dieses Merkmals seien - weil durch die Übernahmeerklärung des Generalbundesanwalts nicht nur der gesetzliche Richter bestimmt, sondern auch in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern eingegriffen werde - strenge Anforderungen zu stellen, die hier nicht erfüllt seien: Die Taten ließen keinen Angriff auf gesamtstaatliche Interessen erkennen, es handele sich vielmehr um der Gewinnerzielungsabsicht dienende Wirtschaftskriminalität von Einzeltätern. Ein bestehender Auslandsbezug betreffend die Länder Iran und Vereinigte Arabische Emirate begründe keinen Ermittlungsaufwand, der über denjenigen hinausgehe, der mit Durchschnittsfällen in Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz ohnehin verbunden sei. Auch sei nicht erkennbar, warum die Verfolgung des Falles die besondere Sachkunde der Bundesbehörden erfordere. Es hätten sich keine Erkenntnisse ergeben, die auf eine sicherheitspolitische Dimension der Taten für die Bundesrepublik Deutschland schließen ließen, insbesondere lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Handlungen der Angeklagten in gezielte staatliche oder geheimdienstliche Aktionen des Iran zur Beschaffung von Militärgütern eingebettet gewesen seien.
B.
- 15
- Die gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 3 StPO statthafte sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit das Oberlandesgericht die Anklage vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Wiesbaden zugelassen hat und zur Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. Im Einzelnen:
- 16
- In Fällen, in denen sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niedrigerer Ordnung richtet, kann sich das Beschwerdegericht nicht auf die Prüfung der Anträge der Staatsanwaltschaft und die von ihr geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränken. Es hat die vom Anklagevorwurf umfassten Taten vielmehr in ihrer Gesamtheit zu würdigen (BayObLG, Beschluss vom 7. November 1986 - 3 St ObWs 1/86, NJW 1987, 511 mwN) und ist dabei an den Eröffnungsbeschluss weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht gebunden (LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 210 Rn. 30 mwN). Hat der Bundesgerichtshof damit als Beschwerdegericht in der Sache selbst über die Eröffnung zu entscheiden, so hat er das in der Eröffnungsentscheidung liegende Wahrscheinlichkeitsurteil eines Oberlandesgerichts über den Tatnachweis und dessen rechtliche Bewertung des Tatvorwurfs in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu prüfen (BGH, Beschluss vom 26. März 2009 - StB 20/08, BGHSt 53, 238, 243). Insoweit gilt, dass gemäß § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens zu beschließen ist, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist zu bejahen , wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismit- teln wahrscheinlich ist (BGH, Beschluss vom 22. April 2003 - StB 3/03, BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2 mwN). Der gleiche Maßstab gilt hinsichtlich solcher Merkmale der Tat, die die besondere Bedeutung des Falles und damit das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts zu begründen vermögen. Die Darlegung von insoweit bedeutsamen Umständen kann die Staatsanwaltschaft zudem noch im Beschwerdeverfahren nachholen; das Beschwerdegericht hat auch im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung noch nicht bekannte Tatsachen oder Beweismittel bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (LR/Stuckenberg, aaO, § 210 Rn. 19, 23).
- 17
- Die dem Senat danach obliegende umfassende Überprüfung des Falles hat Folgendes ergeben: Die Angeklagten sind in tatsächlicher Hinsicht hinreichend verdächtig, als Mittäter die ihnen in der Anklageschrift vorgeworfenen Ausfuhren von Flugmotoren der L. KG in den Iran durchgeführt und dabei in der Absicht gehandelt zu haben, sich aus der wiederholten Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Dabei waren die Taten geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (dazu unten I.). In rechtlicher Hinsicht stellen sich die Taten als Verstöße gegen § 18 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1, Abs. 7 Nr. 2 AWG, § 8 Abs. 1 Nr. 2 AWV i.V.m. Teil I Abschnitt B Position 9A994 der Ausfuhrliste, jeweils in der ab dem 1. September 2013 geltenden Fassung dar (dazu unten II.). Die Gesamtumstände der vom Anklagevorwurf umfassten Taten begründen mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit die besondere Bedeutung des Falles, die zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt führt (dazu unten III.).
- 18
- I. Bei vorläufiger Tatbewertung ist auf der Grundlage des in der Anklageschrift mitgeteilten Ermittlungsergebnisses überwiegend wahrscheinlich, dass die Angeklagten - entgegen der Einlassung des Angeklagten La. - mit den dort genannten Beweismitteln überführt werden können, als Mittäter durch 20 Ausfuhren insgesamt 61 Flugmotoren des Typs L 550 E der L. KG in den Iran geliefert und dabei die deutschen Exportkontrollbehörden durch die Falschdeklaration als Jet-Ski-Motoren zu einem Warenwert von unter 1.000 € getäuscht zu haben. Mindestens 40 dieser Motoren wurden durch den Angeklagten A. im Iran zu einem Stückpreis von 25.000 € veräußert, woraus sich nach Abzug der Kosten für Anschaffung und Transport entsprechend den Abrechnungen des Angeklagten A. gegenüber dem Angeklagten La. die Gewinnanteile der beiden Angeklagten in Höhe von 192.000 € für den An- geklagten La. und in Höhe von 288.000 € für den Angeklagten A. ergeben. Diese lassen es auch hinreichend wahrscheinlich erscheinen, dass die Angeklagten, die die Motoren in mehreren Tranchen beschafften und durch 20 Taten ausführten, sich durch die wiederholte Begehung von Verstößen gegen das AWG eine Einnahmequelle von einigem Umfang erschließen wollten und deshalb gewerbsmäßig handelten. Zur Frage des hinreichenden Tatverdachts im Übrigen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts Frankfurt in dem angefochtenen Beschluss sowie auf die Würdigung der Ermittlungsergebnisse in der Anklageschrift des Generalbundesanwalts Bezug.
- 19
- Zutreffend ist auch die Annahme des Oberlandesgerichts, die Taten der Angeklagten seien geeignet gewesen, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Auf die ausführliche Begründung in dem angefochtenen Beschluss, mit der das Oberlandesgericht seine dahingehende umfassende Würdigung der Gesamtumstände des Falles dargelegt hat und der sich der Senat anschließt, nimmt er ebenfalls zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
- 20
- II. Auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Anklageerhebung und der Eröffnungsentscheidung geltenden Rechts bestand damit der hinreichende Verdacht , dass sich die Angeklagten in 20 Fällen gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 Nr. 2, § 33 Abs. 1 AWG, § 70 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 AWV i.V.m. Teil I Abschnitt C Position 9A994 der Ausfuhrliste strafbar gemacht haben. Mittlerweile ist indes am 1. September 2013 das Gesetz zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts vom 6. Juni 2013 (BGBl. I S. 1482) in Kraft getreten. In diesem sind unter anderem die Strafbestimmungen einer umfänglichen Neustrukturierung unterzogen worden.
- 21
- Nach der nunmehr geltenden Gesetzesfassung macht sich nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 AWG unter anderem strafbar, wer gegen die Außenwirtschaftsverordnung verstößt, indem er ohne Genehmigung nach § 8 Abs. 1 AWV nF dort genannte Güter ausführt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AWV nF bedarf die Ausfuhr der in Teil I Abschnitt B der Ausfuhrliste genannten Güter der Genehmigung. In Teil B der Ausfuhrliste, die ebenfalls mit Wirkung ab dem 1. September 2013 neu gefasst worden ist, werden die nach altem Recht in Abschnitt C der Ausfuhrliste gelisteten, national erfassten Güter aufgeführt. Unter Listenposition 9A994 finden sich - nach wie vor - Flugmotoren mit bestimmten - hier erfüllten - technischen Werten, die für den Einsatz in unbemannten Luftfahrzeugen geeignet sind, wenn Käufer- oder Bestimmungsland der Iran ist. Auch nach neuem Recht sind die Taten, deren die Angeklagten hinreichend verdächtig sind, also mit Strafe bedroht.
- 22
- Die Gesetzesänderung macht die Prüfung erforderlich, welches Gesetz nach § 2 Abs. 3 StGB als mildestes Recht zur Anwendung kommt. Zwar werden Ausfüllungsnormen, die der Umsetzung von Embargos dienen, nach herrschender Auffassung als Vorschriften, die nur für einen bestimmten Zeitraum gelten sollen und damit als Zeitgesetze im Sinne von § 2 Abs. 4 StGB angese- hen (Morweiser in Wolffgang/Simonsen/Tietje, AWR-Kommentar, Stand: Mai 2013, § 34 Abs. 4 AWG Rn. 114 mwN). Als solche kommt hier die Listenposition 9A994 in Teil B der nationalen Ausfuhrliste in Betracht, weil die dort genannten Güter nur bei einer Ausfuhr in den Iran kontrolliert werden und diese Kontrolle beendet werden könnte, wenn etwa eine Veränderung der politischen Haltung des Iran zu einer Aufhebung der gegen ihn international verhängten Embargos führen würde. Letztlich kann diese Frage offen bleiben, weil von der Gesetzesänderung nicht die gegebenenfalls als Zeitgesetz anzusehende Ausfüllungsvorschrift , sondern die allgemeinen, die Strafbarkeit bestimmenden Vorschriften des AWG geändert worden sind.
- 23
- Die damit gebotene Prüfung nach § 2 Abs. 3 StGB, welches Gesetz das mildeste ist, führt hier zur Anwendung des neuen Rechts. Insoweit gilt:
- 24
- Die ungenehmigte Ausfuhr der Flugmotoren begründete nach altem Recht grundsätzlich nur den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit nach § 33 Abs. 1 AWG, die lediglich bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 AWG zur Straftat hochgestuft wurde. Dies spräche bei abstrakter Betrachtung dafür, das alte Recht als das mildeste anzusehen, weil es ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal erforderte, das nach neuem Recht nicht gegeben sein muss. Denn der Verstoß gegen § 8 Abs. 1 AWV nF begründet stets den Vorwurf einer Straftat nach § 18 Abs. 2 AWG nF mit einem - demjenigen des § 34 Abs. 2 AWG aF entsprechenden - Strafrahmen von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Jedoch ist als mildestes Gesetz dasjenige anzusehen, das bei einem Gesamtvergleich des konkreten Einzelfalls die dem Täter günstigste Beurteilung zulässt (st. Rspr.; s. zuletzt BGH, Beschluss vom 7. März 2012 - 1 StR 662/11, NStZ 2012, 510, 511). Dieser ergibt, dass das neue Recht für die Angeklagten günstiger ist: Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG aF liegen hier - wie dargelegt - vor, so dass sich aus dem Erfordernis der zusätzli- chen Tatbestandsvoraussetzung bei konkreter Betrachtung nichts Günstigeres für die Angeklagten ergibt. Der Strafrahmen des Grunddeliktes ist bei § 34 Abs. 2 AWG aF und § 18 Abs. 2 AWG nF gleich. Da die Angeklagten aber auch hinreichend verdächtig sind, gewerbsmäßig gehandelt und damit den Qualifikationstatbestand des § 34 Abs. 6 Nr. 2 AWG aF bzw. des § 18 Abs. 7 Nr. 2 AWG nF erfüllt zu haben, ist auf einen Vergleich dieser Strafrahmen abzustellen. Gegenüber § 34 Abs. 6 AWG aF, der eine Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe vorsah, erweist sich § 18 Abs. 7 AWG als milderes Gesetz , weil diese Vorschrift bei gleicher Strafobergrenze (Freiheitsstrafe von 15 Jahren, vgl. § 38 Abs. 2 StGB) eine Mindeststrafe von (nur) einem Jahr Freiheitsstrafe vorsieht.
- 25
- III. Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a GVG ist bei Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gegeben , wenn die Tat nach den Umständen geeignet ist, die äußere Sicherheit oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden ; letzteres ist - wie dargelegt - vorliegend der Fall. Zusätzlich muss dem Fall noch besondere Bedeutung zukommen (KK-Hannich, StPO, 7. Aufl., § 120 GVG Rn. 4d).
- 26
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind an die Bejahung der besonderen Bedeutung im Sinne des § 120 GVG mit Blick auf die in der Übernahmeerklärung durch den Generalbundesanwalt liegenden Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) und des Eingriffs in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (vgl. Art. 96 Abs. 5 GG) strenge Anforderungen zu stellen (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, BGHSt 53, 128, 140 f. mit zahlreichen Nachweisen ). Eine Katalogtat des § 120 Abs. 2 Satz 1 GVG kann selbst dann, wenn sie nach Schwere oder Umfang erhebliches Unrecht verwirklicht und daher staatli- che Sicherheitsinteressen in besonderer Weise beeinträchtigt, nicht allein aus diesem Grund das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts begründen. Dies gilt auch in den Fällen des § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GVG, denn die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ist in erster Linie Aufgabe der Länder; die Zuständigkeit der Bundesgerichtsbarkeit ausübenden Organe ist daher nur bei einem spezifischen, ausreichend gewichtigen Angriff auf gesamtstaatliche Interessen gegeben (BGH aaO, 142). Ob ein solcher vorliegt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände und Auswirkungen der Tat unter besonderer Berücksichtigung des Gewichts ihres Angriffs auf den Gesamtstaat zu entscheiden. Allein die Schwere der Tat und das Ausmaß der von ihr hervorgerufenen Beeinträchtigung der geschützten Rechtsgüter vermag für sich die besondere Bedeutung nicht zu begründen; allerdings können die konkrete Tatund Schuldschwere den Grad der Gefährdung bundesstaatlicher Belange durchaus mitbestimmen (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 120 Rn. 6). Von Bedeutung kann auch sein, ob aufgrund der Erheblichkeit des Delikts eine Verfolgung mit besonderer Sachkunde geboten und angesichts des Auslandsbezuges ein spezieller Ermittlungsaufwand erforderlich erscheint. Bei der Beurteilung der besonderen Bedeutung ist zudem zu erwägen, inwieweit die konkrete Tat den Gesamtstaat etwa durch eine Schädigung des Ansehens Deutschlands in der Staatengemeinschaft zu beeinträchtigen vermag (vgl. BT-Drucks. 16/3038 S. 31).
- 27
- Nach diesen Maßstäben ist die besondere Bedeutung des Falles hier im Ergebnis zu bejahen. Dazu im Einzelnen:
- 28
- Es ist bei einer Gesamtschau sämtlicher Ermittlungsergebnisse hinreichend wahrscheinlich, dass die Flugmotoren im iranischen Drohnenprogramm verwendet worden und in Drohnen des Typs "Ababil III" eingebaut worden sind. Dafür spricht zunächst die festgestellte besondere Eignung der Motoren vom Typ L 550 E, als Antrieb für Drohnen dieses mit dem südafrikanischen Modell "Seeker" baugleichen Typs zu dienen. Hinzu kommt, dass die Ermittlungen keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass die Motoren im Iran einer zivilen Verwendung - etwa dem Einbau in zu touristischen Zwecken hergestellte Ultraleichtflugzeuge - zugeführt wurden. Zudem spricht für einen solchen militäri- schen Zweck der hohe Verkaufspreis von 25.000 € pro Motor, der einem Auf- schlag von über 100 % auf den Einkaufspreis entspricht, wodurch die Angeklagten erhebliche Gewinne erzielen konnten. Es erscheint mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit der Herstellung von Ultraleichtflugzeugen zweifelhaft, dass die Abnehmer von Flugmotoren für zivile Zwecke, die sich über das Internet auch vom Iran aus einen Überblick über die erzielbaren Preise verschaffen konnten und gegebenenfalls andere, keinen Ausfuhrkontrollen unterliegende Motoren hätten verwenden können, sich auf solche Aufschläge eingelassen hätten (vgl. insoweit auch BGH, Beschluss vom 19. Januar 2010 - StB 27/09, BGHSt 54, 275, 292). Diese Indizien erhalten zusätzliches Gewicht durchden - vom Oberlandesgericht nicht erkennbar in seine Überlegungen einbezogenen - E-Mail-Verkehr, der bei dem Zeugen S. , einem Mitarbeiter der L. KG, sichergestellt wurde: So teilte eine Person namens "E. " unter der Anschrift "uavengine " dem Zeugen mit E-Mail vom 8. September 2009 mit, dass sie Designer und Hersteller von "Uav" im Iran sei. Die Abkürzung "UAV" steht für "unmanned aerial vehicle", die englische Bezeichnung für Drohne. Er, E. , habe etwa drei Monate zuvor 20 Maschinen vom Typ L 550 E von der L. KG erworben und hätte Fragen zum Benzinverbrauch. Der Zeuge S. versuchte in der anschließenden Korrespondenz ohne Erfolg , die Lieferquelle zu ermitteln, da er ausschließen konnte, in der fraglichen Zeit Flugmotoren in den Iran geliefert zu haben. Dies spricht dafür, dass E. durch die Angeklagten beliefert wurde, die bis Juni 2009 bereits 46 Motoren in den Iran ausgeführt hatten. Mit einer weiteren E-Mail vom 19. Dezember 2009 erhielt der Zeuge S. von dem Absender "Gods Aviation Uav" die Nachricht , dass dieser 10 Maschinen vom Typ L 550 E erworben habe, die Seriennummer laute 1543. Ein Flugmotor mit dieser Seriennummer war Teil der Lieferung der L. KG an die von dem Angeklagten La. geleitete R. GmbH vom 12. Februar 2009. Unterzeichnet ist die Nachricht mit "Gods military aviation". Bei dem Namen "Gods" handelt es sich um eine andere Schreibweise des Namen "Qods"; nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist die "Qods Aviation Industries" mit der Entwicklung und Produktion von Drohnen betraut und untersteht der "Aviation Industries Organisation" (AVIO) und damit dem iranischen Verteidigungsministerium.
- 29
- Angesichts dieser Indizien, die eine militärische Verwendung der Flugmotoren im iranischen Drohnenprogramm im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts nahe legen, kommt es auf die weiteren nachrichtendienstlichen Erkenntnisse zur Verwendung der Motoren im iranischen Drohnenprogramm, die der Generalbundesanwalt mit seiner Beschwerdebegründung vorgelegt hat, nicht mehr entscheidend an. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob das Behördenzeugnis des Bundesnachrichtendienstes vom 15. Juli 2013 und das dem Auswärtigen Amt überlassene undatierte "US non-paper", das eine weitere Seriennummer eines der an die Angeklagten gelieferten Motoren mit einer im Südsudan abgeschossenen Drohne in Verbindung bringt, aufgrund ihres geringen Beweiswertes bei der Prüfung eines Tatverdachts berücksichtigt werden könnten.
- 30
- Ist aber davon auszugehen, dass die gelieferten Flugmotoren dem iranischen Drohnenprogramm zur Verfügung gestellt worden sind, stellen sich die Taten der Angeklagten entgegen der Wertung des Oberlandesgerichts nicht in erster Linie als Wirtschaftskriminalität von Einzelnen dar; vielmehr ist das Vorliegen der nach § 120 Abs. 2 Satz 1 GVG erforderlichen besonderen Bedeu- tung des Falles zu bejahen. Denn angesichts der auch vom Oberlandesgericht erkannten, über Jahre hinweg immer wieder zum Ausdruck gebrachten, aggressiven Grundhaltung des Iran gegenüber Israel ist eine Ausfuhr solcher Motoren in besonderem Maße geeignet, das Erscheinungsbild der Bundesrepublik Deutschland in den Staaten zu beeinträchtigen, die ihr durch gemeinsame Wertvorstellungen verbunden sind (vgl. dazu Kissel/Mayer, aaO mwN): Durch die Einsatzmöglichkeit militärisch genutzter Drohnen durch den Iran entsteht in der Region des Nahen Ostens ein neues Bedrohungsszenario. Mit dem Bekanntwerden des Umstandes, dass die für den Antrieb dieser Drohnen wesentliche Technologie aus Deutschland geliefert worden ist, werden sämtliche Bemühungen , solche Bedrohungen durch den Iran mittels einer besonders strikten Exportkontrollpolitik zu verhindern, in einem Maße konterkariert, das geeignet ist, die Bundesrepublik Deutschland als Gesamtstaat in ihrem Ansehen insbesondere mit Blick auf den Staat Israel zu schädigen. Die Möglichkeit des Einsatzes einer mit herkömmlichen Abwehrsystemen nur schwer unschädlich zu machenden Trägertechnologie durch den Iran in der Region weist auch eine sicherheitspolitische Dimension auf, ohne dass es entscheidend darauf ankommt , ob die Drohnen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nur zu Zwecken der Aufklärung oder doch auch als Kampfdrohnen eingesetzt werden.
- 31
- Soweit das Oberlandesgericht bei der Ablehnung der besonderen Bedeutung darauf abgestellt hat, dass es sich um nicht international kontrollierte Güter handelt, deren Ausfuhr aus anderen Ländern jederzeit möglich gewesen wäre, ist zudem nach dem Ermittlungsergebnis zu berücksichtigen, dass gleich geeignete Motoren international jedenfalls nicht ohne Weiteres verfügbar sind, so dass es für die Produktion der Drohnen vom Typ "Ababil III" gerade auf die aus Deutschland stammenden Motoren der L. KG ankam. Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol
(1) Es sind
- 1.
die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages, - 2.
der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 8 und § 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Zwecken
(2) Soweit Maßnahmen nach Absatz 1 von Behörden des Bundes durchgeführt werden, unterliegen sie der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission).
(1) Beschränkungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand
- 1.
Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats (§§ 80a bis 83 des Strafgesetzbuches), - 2.
Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (§§ 84 bis 86, 87 bis 89b, 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuches, § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsgesetzes), - 3.
Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 96, 97a bis 100a des Strafgesetzbuches), - 4.
Straftaten gegen die Landesverteidigung (§§ 109e bis 109g des Strafgesetzbuches), - 5.
Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages (§§ 87, 89, 94 bis 96, 98 bis 100, 109e bis 109g des Strafgesetzbuches in Verbindung mit § 1 des NATO-Truppen-Schutzgesetzes), - 6.
Straftaten nach - a)
den §§ 129a bis 130 des Strafgesetzbuches sowie - b)
den §§ 211, 212, 239a, 239b, 306 bis 306c, 308 Abs. 1 bis 3, § 315 Abs. 3, § 316b Abs. 3 und § 316c Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuches, soweit diese sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten,
- 7.
Straftaten nach § 95 Abs. 1 Nr. 8 des Aufenthaltsgesetzes, - 8.
Straftaten nach den §§ 202a, 202b und 303a, 303b des Strafgesetzbuches, soweit sich die Straftat gegen die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere gegen sicherheitsempfindliche Stellen von lebenswichtigen Einrichtungen richtet, oder - 9.
Straftaten nach § 13 des Völkerstrafgesetzbuches
(1a) Beschränkungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen für den Bundesnachrichtendienst auch für Telekommunikationsanschlüsse, die sich an Bord deutscher Schiffe außerhalb deutscher Hoheitsgewässer befinden, angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass jemand eine der in § 72 Abs. 1 und 3 des Zollfahndungsdienstgesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat.
(2) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Verdächtige ihren Anschluss benutzt. Maßnahmen, die sich auf Sendungen beziehen, sind nur hinsichtlich solcher Sendungen zulässig, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie von dem, gegen den sich die Anordnung richtet, herrühren oder für ihn bestimmt sind. Abgeordnetenpost von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder darf nicht in eine Maßnahme einbezogen werden, die sich gegen einen Dritten richtet.
(1) Beschränkungsmaßnahmen nach diesem Gesetz dürfen nur auf Antrag angeordnet werden.
(2) Antragsberechtigt sind im Rahmen ihres Geschäftsbereichs
- 1.
das Bundesamt für Verfassungsschutz, - 2.
die Verfassungsschutzbehörden der Länder, - 3.
der Militärische Abschirmdienst und - 4.
der Bundesnachrichtendienst
(3) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Er muss alle für die Anordnung erforderlichen Angaben enthalten; im Falle der Durchführung nach § 11 Absatz 1a auch eine möglichst genaue Bezeichnung des informationstechnischen Systems, in das zur Datenerhebung eingegriffen werden soll. In den Fällen der §§ 3 und 8 hat der Antragsteller darzulegen, dass die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
(1) Zuständig für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen ist bei Anträgen der Verfassungsschutzbehörden der Länder die zuständige oberste Landesbehörde, im Übrigen das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.
(2) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind der Grund der Anordnung und die zur Überwachung berechtigte Stelle anzugeben sowie Art, Umfang und Dauer der Beschränkungsmaßnahme zu bestimmen.
(3) In den Fällen des § 3 muss die Anordnung denjenigen bezeichnen, gegen den sich die Beschränkungsmaßnahme richtet. Bei einer Überwachung der Telekommunikation ist auch die Rufnummer oder eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses oder die Kennung des Endgerätes, wenn diese allein diesem Endgerät zuzuordnen ist, anzugeben.
(4) In den Fällen der §§ 5 und 8 sind die Suchbegriffe in der Anordnung zu benennen. Ferner sind das Gebiet, über das Informationen gesammelt werden sollen, und die Übertragungswege, die der Beschränkung unterliegen, zu bezeichnen. Weiterhin ist festzulegen, welcher Anteil der auf diesen Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität überwacht werden darf. In den Fällen des § 5 darf dieser Anteil höchstens 20 vom Hundert betragen.
(5) In den Fällen der §§ 3 und 5 ist die Anordnung auf höchstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen.
(6) Die Anordnung ist dem nach § 2 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Verpflichteten insoweit mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen zu ermöglichen. Die Mitteilung entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwirkung ausgeführt werden kann.
(7) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die jeweilige Landesbehörde für Verfassungsschutz über die in deren Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen. Die Landesbehörden für Verfassungsschutz teilen dem Bundesamt für Verfassungsschutz die in ihrem Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen mit.
(1) Die aus der Anordnung sich ergebenden Beschränkungsmaßnahmen sind unter Verantwortung der Behörde, auf deren Antrag die Anordnung ergangen ist, und unter Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen, der die Befähigung zum Richteramt hat.
(1a) Die Überwachung und Aufzeichnung der laufenden Telekommunikation, die nach dem Zeitpunkt der Anordnung übertragen worden ist, darf auch in der Art und Weise erfolgen, dass in ein von dem Betroffenen genutztes informationstechnisches System eingegriffen wird, wenn dies notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung insbesondere in unverschlüsselter Form zu ermöglichen. Auf dem informationstechnischen System des Betroffenen ab dem Zeitpunkt der Anordnung gespeicherte Inhalte und Umstände der Kommunikation dürfen überwacht und aufgezeichnet werden, wenn sie auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz in verschlüsselter Form hätten überwacht und aufgezeichnet werden können. Bei den Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 ist technisch sicherzustellen, dass
- 1.
ausschließlich überwacht und aufgezeichnet werden können: - a)
die laufende Kommunikation (Satz 1) und - b)
Inhalte und Umstände der Kommunikation, die auch während des laufenden Kommunikationsvorgangs ab dem Zeitpunkt der Anordnung im öffentlichen Telekommunikationsnetz hätten überwacht und aufgezeichnet werden können (Satz 2),
- 2.
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, - 3.
die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig gemacht werden.
- 1.
die Bezeichnung des technischen Mittels und der Zeitpunkt seines Einsatzes, - 2.
die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen, - 3.
die Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, und - 4.
die Organisationseinheit, die die Maßnahme durchführt.
(1b) Werden nach der Anordnung weitere Kennungen von Telekommunikationsanschlüssen der Person, gegen die sich die Anordnung richtet, bekannt, darf die Durchführung der Beschränkungsmaßnahme auch auf diese Kennungen erstreckt werden. Satz 1 findet keine Anwendung auf weitere Kennungen von Telekommunikationsanschlüssen von Personen, gegen die sich die Anordnung richtet, weil auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass der Verdächtige ihren Anschluss benutzt (§ 3 Absatz 2 Satz 2 Variante 3).
(2) Die Maßnahmen sind unverzüglich zu beenden, wenn sie nicht mehr erforderlich sind oder die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vorliegen. Die Beendigung ist der Stelle, die die Anordnung getroffen hat, und dem nach § 2 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Verpflichteten, dem die Anordnung mitgeteilt worden ist, anzuzeigen. Die Anzeige an den Verpflichteten entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwirkung ausgeführt wurde.
(3) Postsendungen, die zur Öffnung und Einsichtnahme ausgehändigt worden sind, sind dem Postverkehr unverzüglich wieder zuzuführen. Telegramme dürfen dem Postverkehr nicht entzogen werden. Der zur Einsichtnahme berechtigten Stelle ist eine Abschrift des Telegramms zu übergeben.
(1) Es sind
- 1.
die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages, - 2.
der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 8 und § 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Zwecken
(2) Soweit Maßnahmen nach Absatz 1 von Behörden des Bundes durchgeführt werden, unterliegen sie der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission).
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.
Gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen nach den §§ 3 und 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und ihren Vollzug ist der Rechtsweg vor der Mitteilung an den Betroffenen nicht zulässig.
(1) Die G 10-Kommission besteht aus dem Vorsitzenden und vier Beisitzern sowie fünf stellvertretenden Mitgliedern, die an den Sitzungen mit Rede- und Fragerecht teilnehmen können. Mindestens drei Mitglieder und drei stellvertretende Mitglieder müssen die Befähigung zum Richteramt besitzen. Die Mitglieder der G 10-Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie nehmen ein öffentliches Ehrenamt wahr und werden von dem Parlamentarischen Kontrollgremium nach Anhörung der Bundesregierung für die Dauer einer Wahlperiode des Deutschen Bundestages mit der Maßgabe bestellt, dass ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der Mitglieder der Kommission endet. Die oder der Ständige Bevollmächtigte des Parlamentarischen Kontrollgremiums nimmt regelmäßig an den Sitzungen der G 10-Kommission teil.
(2) Die Beratungen der G 10-Kommission sind geheim. Die Mitglieder der Kommission sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Kommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission.
(3) Der G 10-Kommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen; sie ist im Einzelplan des Deutschen Bundestages gesondert im Kapitel für die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste auszuweisen. Der Kommission sind Mitarbeiter mit technischem Sachverstand zur Verfügung zu stellen.
(4) Die G 10-Kommission tritt mindestens einmal im Monat zusammen. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bedarf. Vor der Zustimmung ist die Bundesregierung zu hören.
(5) Die G 10-Kommission entscheidet von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Verarbeitung der nach diesem Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Der Kommission und ihren Mitarbeitern ist dabei insbesondere
- 1.
Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen, - 2.
Einsicht in alle Unterlagen, insbesondere in die gespeicherten Daten und in die Datenverarbeitungsprogramme, zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Beschränkungsmaßnahme stehen, und - 3.
jederzeit Zutritt in alle Diensträume zu gewähren.
(6) Das zuständige Bundesministerium holt die Zustimmung der G 10-Kommission zu den von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen ein. Die Anordnung darf erst vollzogen werden, wenn die G 10-Kommission der angeordneten Beschränkungsmaßnahme nach Prüfung der Zulässigkeit und Notwendigkeit zugestimmt hat. Stimmt die G 10-Kommission der angeordneten Beschränkungsmaßnahme nicht zu, hat das zuständige Bundesministerium die Anordnung unverzüglich aufzuheben.
(7) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G 10-Kommission über Mitteilungen von Bundesbehörden nach § 12 Abs. 1 und 2 oder über die Gründe, die einer Mitteilung entgegenstehen. Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, ist diese unverzüglich vorzunehmen. § 12 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt, soweit das Benehmen einer Landesbehörde erforderlich ist.
(8) Die G 10-Kommission und das Parlamentarische Kontrollgremium tauschen sich regelmäßig unter Wahrung der jeweils geltenden Geheimhaltungsvorschriften über allgemeine Angelegenheiten ihrer Kontrolltätigkeit aus.
Die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Beamte darf nicht gefordert werden, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Satz 1 gilt entsprechend für Akten und sonstige Schriftstücke, die sich im Gewahrsam eines Mitglieds des Bundestages oder eines Landtages beziehungsweise eines Angestellten einer Fraktion des Bundestages oder eines Landtages befinden, wenn die für die Erteilung einer Aussagegenehmigung zuständige Stelle eine solche Erklärung abgegeben hat.
(1) Es sind
- 1.
die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages, - 2.
der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 8 und § 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Zwecken
(2) Soweit Maßnahmen nach Absatz 1 von Behörden des Bundes durchgeführt werden, unterliegen sie der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission).
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Beschränkungsmaßnahmen nach diesem Gesetz dürfen nur auf Antrag angeordnet werden.
(2) Antragsberechtigt sind im Rahmen ihres Geschäftsbereichs
- 1.
das Bundesamt für Verfassungsschutz, - 2.
die Verfassungsschutzbehörden der Länder, - 3.
der Militärische Abschirmdienst und - 4.
der Bundesnachrichtendienst
(3) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Er muss alle für die Anordnung erforderlichen Angaben enthalten; im Falle der Durchführung nach § 11 Absatz 1a auch eine möglichst genaue Bezeichnung des informationstechnischen Systems, in das zur Datenerhebung eingegriffen werden soll. In den Fällen der §§ 3 und 8 hat der Antragsteller darzulegen, dass die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.
(1) Beschränkungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand
- 1.
Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats (§§ 80a bis 83 des Strafgesetzbuches), - 2.
Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (§§ 84 bis 86, 87 bis 89b, 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuches, § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsgesetzes), - 3.
Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (§§ 94 bis 96, 97a bis 100a des Strafgesetzbuches), - 4.
Straftaten gegen die Landesverteidigung (§§ 109e bis 109g des Strafgesetzbuches), - 5.
Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages (§§ 87, 89, 94 bis 96, 98 bis 100, 109e bis 109g des Strafgesetzbuches in Verbindung mit § 1 des NATO-Truppen-Schutzgesetzes), - 6.
Straftaten nach - a)
den §§ 129a bis 130 des Strafgesetzbuches sowie - b)
den §§ 211, 212, 239a, 239b, 306 bis 306c, 308 Abs. 1 bis 3, § 315 Abs. 3, § 316b Abs. 3 und § 316c Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuches, soweit diese sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten,
- 7.
Straftaten nach § 95 Abs. 1 Nr. 8 des Aufenthaltsgesetzes, - 8.
Straftaten nach den §§ 202a, 202b und 303a, 303b des Strafgesetzbuches, soweit sich die Straftat gegen die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere gegen sicherheitsempfindliche Stellen von lebenswichtigen Einrichtungen richtet, oder - 9.
Straftaten nach § 13 des Völkerstrafgesetzbuches
(1a) Beschränkungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen für den Bundesnachrichtendienst auch für Telekommunikationsanschlüsse, die sich an Bord deutscher Schiffe außerhalb deutscher Hoheitsgewässer befinden, angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass jemand eine der in § 72 Abs. 1 und 3 des Zollfahndungsdienstgesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat.
(2) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Verdächtige ihren Anschluss benutzt. Maßnahmen, die sich auf Sendungen beziehen, sind nur hinsichtlich solcher Sendungen zulässig, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie von dem, gegen den sich die Anordnung richtet, herrühren oder für ihn bestimmt sind. Abgeordnetenpost von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder darf nicht in eine Maßnahme einbezogen werden, die sich gegen einen Dritten richtet.
(1) Zu dem in § 160 Abs. 1 bis 3 bezeichneten Zweck ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen zu lassen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes sind verpflichtet, dem Ersuchen oder Auftrag der Staatsanwaltschaft zu genügen, und in diesem Falle befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen.
(2) Soweit in diesem Gesetz die Löschung personenbezogener Daten ausdrücklich angeordnet wird, ist § 58 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes nicht anzuwenden.
(3) Ist eine Maßnahme nach diesem Gesetz nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig, so dürfen die auf Grund einer entsprechenden Maßnahme nach anderen Gesetzen erlangten personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der von der Maßnahme betroffenen Personen zu Beweiszwecken im Strafverfahren nur zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach diesem Gesetz hätte angeordnet werden dürfen. § 100e Absatz 6 Nummer 3 bleibt unberührt.
(4) In oder aus einer Wohnung erlangte personenbezogene Daten aus einem Einsatz technischer Mittel zur Eigensicherung im Zuge nicht offener Ermittlungen auf polizeirechtlicher Grundlage dürfen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu Beweiszwecken nur verwendet werden (Artikel 13 Abs. 5 des Grundgesetzes), wenn das Amtsgericht (§ 162 Abs. 1), in dessen Bezirk die anordnende Stelle ihren Sitz hat, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme festgestellt hat; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(1) Es sind
- 1.
die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages, - 2.
der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in § 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 8 und § 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Zwecken
(2) Soweit Maßnahmen nach Absatz 1 von Behörden des Bundes durchgeführt werden, unterliegen sie der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission).
(1) Die erhebende Stelle prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen ihrer Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bestimmten Zwecke erforderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nicht erforderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen. Die Löschung der Daten unterbleibt, soweit die Daten für eine Mitteilung nach § 12 Abs. 1 oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall ist die Verarbeitung der Daten einzuschränken; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden.
(2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen nur zu den in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und den in Absatz 4 genannten Zwecken verwendet werden.
(3) Der Behördenleiter oder sein Stellvertreter kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf die Kennzeichnung verzichtet wird, wenn dies unerlässlich ist, um die Geheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme nicht zu gefährden, und die G 10-Kommission oder, soweit es sich um die Übermittlung durch eine Landesbehörde handelt, die nach Landesrecht zuständige Stelle zugestimmt hat. Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung bereits vor der Zustimmung getroffen werden. Wird die Zustimmung versagt, ist die Kennzeichnung durch den Übermittlungsempfänger unverzüglich nachzuholen; die übermittelnde Behörde hat ihn hiervon zu unterrichten.
(4) Die Daten dürfen an andere als die nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 berechtigten Stellen nur übermittelt werden
- 1.
zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten, wenn - a)
tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand eine der in § 3 Abs. 1 und 1a genannten Straftaten plant oder begeht, - b)
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine sonstige in § 7 Abs. 4 Satz 1 genannte Straftat plant oder begeht,
- 2.
zur Verfolgung von Straftaten, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Nummer 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat, oder - 3.
zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens nach Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes oder einer Maßnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes,
(5) Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere Daten des Betroffenen oder eines Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter der übermittelnden Stelle, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren.
(6) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für diese Zwecke erforderlich sind. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Stelle unverzüglich über die erfolgte Löschung.
Findet die Hauptverhandlung gegen mehrere Angeklagte statt, so kann durch Gerichtsbeschluß einzelnen Angeklagten, im Falle der notwendigen Verteidigung auch ihren Verteidigern, auf Antrag gestattet werden, sich während einzelner Teile der Verhandlung zu entfernen, wenn sie von diesen Verhandlungsteilen nicht betroffen sind. In dem Beschluß sind die Verhandlungsteile zu bezeichnen, für die die Erlaubnis gilt. Die Erlaubnis kann jederzeit widerrufen werden.