Oberlandesgericht München Beschluss, 03. Nov. 2014 - 4c Ws 18/14

bei uns veröffentlicht am03.11.2014
vorgehend
Landgericht Augsburg, 9 Kls 501 Js 132220/11, 13.06.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Das Verfahren wird zur Entscheidung dem Senat übertragen.

2. Auf die Beschwerde des Pflichtverteidigers wird der Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 13. Juni 2014 dahingehend abgeändert, dass die dem Pflichtverteidiger xx aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf weitere 211,82 € brutto festgesetzt werden.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde des Pflichtverteidigers xx gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Augsburg vom 13. Juni 2014 als unbegründet zurückgewiesen.

4. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Kürzung seines Kostenfestsetzungsantrags vom 22.1.2014. Er wendet sich gegen die Nichtfestsetzung der beantragten Zusatzgebühren nach Ziffer RVG VV Nr. 4122 in Höhe von jeweils 178 € netto an insgesamt 5 Hauptverhandlungstagen und die Nichtfestsetzung der beantragten Zusatzgebühr nach Ziffer RVG VV Nr. 4123 in Höhe von 356 € und die stattdessen erfolgte Festsetzung nach Ziffer RVG VV Nr. 4122 in Höhe von netto 178 € für den Termin vom 17.12.2013. Er begehrt die Berücksichtigung der Zeit der Mittagspause als Teilnahme an der Hauptverhandlung und die Berücksichtigung der Zeit der Durchführung von Verständigungsgesprächen am 1.10.2013. Des Weiteren wendet er sich gegen die Nichtfestsetzung von Kopierkosten nach Ziffer RVG VV Nr. 7000 für den Ausdruck der im Rahmen der Akteneinsicht ihm zur Verfügung gestellten elektronischen Akte für sich und seinen Mandanten und den durchgeführten Abzug von Übernachtungskosten.

In dem bei der 7. Strafkammer des Landgerichts Augsburg (Wirtschaftsstrafkammer) anhängigen Strafverfahren gegen den Angeklagten xx, der sich seit dem 14.6.2012 bis zum 21.1.2014 in Untersuchungshaft befand, wurde Rechtsanwalt xx mit Verfügung dieser Strafkammer vom 12.6.2013 dem Angeklagten als Pflichtverteidiger bestellt. Dieser hatte am 18.10.2012 die Verteidigung des Angeklagten unter Vorlage einer Vollmacht vom 17.10.2012 angezeigt. Der gegen den Angeklagten bestehende Haftbefehl des Amtsgerichts Augsburg vom 24.5.2012 wurde mit Beschluss der Strafkammer vom 20.1.2014 gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt und mit Beschluss der Strafkammer vom 13.2.2014 aufgehoben. Mit Beschluss der Strafkammer vom 24.2.2014 wurde das Strafverfahren gegen den Angeklagten gemäß § 153a StPO endgültig eingestellt.

Der Beschwerdeführer nahm an den im Zeitraum vom 30.9.2013 bis 21.1.2014 stattgefunden Hauptverhandlungen als Pflichtverteidiger des Angeklagten teil.

Mit Schriftsatz vom 22.1.2014 hat der Pflichtverteidiger die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen als Zwischenabrechnung in Höhe von insgesamt 27775,09 € (brutto) beantragt.

Der Rechtspfleger des Landgericht Augsburg hat mit Beschluss vom 27.1.2014 den dem Pflichtverteidiger xx aus der Staatskasse zu zahlenden Vorschuss auf die entstandenen Gebühren und Auslagen auf (brutto) 21.545,87 € festgesetzt. Die beantragte Zusatzgebühr für den Hauptverhandlungstermin am 1.10.2013 nach RVG VV Nr. 4122 in Höhe von 178 € netto hat das Landgericht nicht festgesetzt, da die Verhandlung auf 14.00 Uhr angesetzt worden sei und um 16.35 Uhr geendet habe, somit der Pflichtverteidiger nicht mehr als 5 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen habe. Die beantragte Zusatzgebühr nach RVG VV Nr. 4122 in Höhe von 178 € netto jeweils für den 17.10.2013, 24.10.2013, 18.11.2013 und 16.1.2014 wurde nicht festgesetzt, da die Verhandlungsdauer nach Abzug der jeweiligen Mittagspause weniger als 5 Stunden betragen habe. Die beantragte Zusatzgebühr nach RVG VV Nr. 4123 in Höhe von 356 € netto für den 17.12.2013 hat das Landgericht nicht festgesetzt, da die Verhandlungsdauer nach Abzug der Mittagspause 7 Stunden und 45 Minuten betragen habe. Statt dessen hat das Landgericht eine Zusatzgebühr nach RVG VV Nr. 4122 in Höhe von 178 € netto festgesetzt. Ferner hat das Landgericht die beantragten Kopierkosten nicht festgesetzt, da es sich insoweit nicht um zur sachgerechten Durchführung der Angelegenheit erforderliche Auslagen handele. Die gesamte Akte sei digital dem Angeklagten und dem Antragsteller zur Verfügung gestellt worden. Für den Terminstag 1.10.2013 wurde statt 60 € ein Abwesenheitsentgelt in Höhe von 35 € festgesetzt. Bei den Hotelkosten wurden die Kosten für das Frühstück in Höhe von 13,87 € in Abzug gebracht. Aktenversendungsgebühren in Höhe von 12,50 € wurden ferner nicht festgesetzt. Dieser Festsetzungsbeschluss ist dem Antragsteller mit Verfügung vom 4.2.2014, die am 17.2.2014 ausgeführt worden ist, mitgeteilt worden.

Mit Schriftsatz vom 31.1.2014 hat der Pflichtverteidiger seinen Antrag vom 22.1.2014 dahingehend berichtigt, dass von den geltend gemachten Hotelkosten die Kosten für das Frühstück in Höhe von 11,50 € in Abzug zu bringen seien und somit insoweit die Festsetzung von 67,75 € beantragt werde.

Mit Schriftsatz vom 3.3.2014 hat der Pflichtverteidiger gegen diesen Beschluss „sofortige Beschwerde“ eingelegt mit dem Antrag, den Festsetzungsbeschluss dahingehend abzuändern, dass die aus der Staatskasse zu zahlende Pflichtverteidigervergütung auf 27.090,86 € festgesetzt wird. Er wendet sich unter anderem gegen die Nichtberücksichtigung der Zeit der Mittagspause und die Nichterstattung der Kopierkosten. Die geltend gemachten Kopierkosten in Höhe von 3.562,45 €, die durch die Anfertigung von Ausdrucken der elektronischen Akte entstanden seien, seien gemäß RVG VV Nr. 7000 Nr. 1a zu erstatten. Dem Angeklagten sei es erst ab dem 13.12.2013 in der JVA erlaubt worden, die Akte elektronisch zu sichten. Um vorherige Besprechungen mit dem Angeklagten durchführen zu können, sei der Ausdruck der elektronischen Akte erforderlich gewesen. Für den Termin am 1.10.2013 sei ein Abwesenheitsgeld in Höhe von 60 € festzusetzen, da er an diesem Tag mehr als 11 Stunden unterwegs gewesen sei, wie die auf den Zugfahrkarten ersichtlichen Zeiten bestätigen. Die Aktenversendungspauschale sei erstattungsfähig, da das Verfahren abgeschlossen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 24.3.2014 hat der Pflichtverteidiger ergänzende Ausführungen gemacht. Am 1.10.2013 sei er auf 9.00 Uhr geladen worden. In der Zeit von 9.00 Uhr bis 12.30 Uhr hätten Verständigungsgespräche mit den Verfahrensbeteiligten stattgefunden. Nach der Mittagspause habe die Hauptverhandlung um 14.00 Uhr begonnen.

Mit Beschluss vom 15.5.2014 hat der Rechtspfleger des Landgerichts Augsburg der Erinnerung hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 44,63 € abgeholfen (weiteres Tagegeld in Höhe von 25 € für den 1.10.2013 und Aktenversendungspauschale in Höhe von 12,50 €) und im Übrigen der Erinnerung nicht abgeholfen.

Die Vorsitzende der 9. Strafkammer des Landgerichts Augsburg als Einzelrichterin hat mit Beschluss vom 13.6.2014 diese Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt unter Bezugnahme auf Beschlüsse des Oberlandesgerichts München (Az.: 4 Ws 150/08), die Mittagspause sei nicht in die Dauer der Hauptverhandlung mit einzurechnen. Die Kopierkosten seien nicht erstattungsfähig, da mangels körperlicher Vorlage der Kopien trotz Anforderung durch den Rechtspfleger nicht überprüft werden könne, ob die Anfertigung dieser neben der zur Verfügung Stellung der elektronischen Akte tatsächlich erforderlich gewesen sei. Vor dem 13.12.2013 sei es fernliegend, dass der Pflichtverteidiger derart umfangreiche Besprechungen mit dem Angeklagten durchgeführt habe, die einen Ausdruck der elektronischen Akte erforderlich gemacht hätten. Dieser Beschluss wurde dem Pflichtverteidiger mit Verfügung vom 13.6.2014, die am 16.6.2014 ausgeführt wurde, formlos mitgeteilt.

Mit Schriftsatz vom 26.6.2014, der auch an diesem Tag beim Landgericht eingegangen ist, hat der Pflichtverteidiger gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 4.7.2014, der am 7.7.2014 eingegangen ist, begründet hat. Er hat auf die Begründung seines Schriftsatzes, mit dem er Erinnerung gegen den Festsetzungsbeschluss eingelegt hatte, Bezug genommen hinsichtlich des Abzugs der Mittagspause. Hinsichtlich der Kopierkosten hat er ergänzende Ausführungen gemacht. Insoweit wird auf den Schriftsatz Bezug genommen. Mit Schreiben vom 26.6.2014 hat er Beiakten 14 bis 38 zum Nachweis der Kopierkosten vorgelegt.

Mit Beschluss der Vorsitzenden der 9. Strafkammer als Einzelrichterin vom 4.8.2014 hat das Landgericht Augsburg der Beschwerde nicht abgeholfen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 1.9.2014 hat der Beschwerdeführer zum Nichtabhilfebeschluss Stellung genommen.

II.

1. Das Verfahren war gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG dem Senat zur Entscheidung zu übertragen, da die Rechtssache hinsichtlich der Geltendmachung der Kosten für die Erstellung von Abzügen aus der elektronischen Akte grundsätzliche Bedeutung hat.

2. Die Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Sätze 1 und 3 RVG zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 €. Die Beschwerdefrist von 2 Wochen wurde eingehalten.

3. Die Beschwerde ist unbegründet soweit sie sich gegen den nur teilweisen Ansatz der Übernachtungskosten wendet. Wie sich aus der vom Beschwerdeführer in der Anlage zu seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 22.1.2014 vorgelegten Hotelrechnung ergibt, betragen die Übernachtungskosten netto 63,55 €, die auch im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.1.2014 zuzüglich der hierauf entfallenden Mehrwertsteuer festgesetzt worden sind. Daher war von dem ursprünglich geltend gemachten Betrag in Höhe von 77,42 € netto nicht nur ein Betrag in Höhe von 11,50 € brutto für die Frühstückskosten in Abzug zu bringen, wie vom Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 31.1.2014 beantragt wurde.

4. Die Beschwerde ist unbegründet soweit sie sich gegen die Nichtberücksichtigung der Zeiten der jeweiligen Mittagspause bei der Bemessung des Längenzuschlags an den Hauptverhandlungstagen 17.10.2013, 24.10.2013, 18.11.2013 und 17.12.2013 wendet. Sie ist ferner unbegründet soweit sie sich gegen die Nichtgewährung eines Längenzuschlages nach RVG VV Nr. 4122 am 16.1.2014 wendet, da die Hauptverhandlung an diesem Tag in der Zeit von 9.00 Uhr bis 13.15 Uhr stattfand und somit der Verteidiger weniger als 5 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen hat.

Hinsichtlich der Dauer der jeweiligen Sitzungen und der Mittagspausen wird auf die Zeitaufstellung im Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 27.1.2014 Bezug genommen.

Bei der Festsetzung des Längenzuschlags (vorliegend aus VV RVG Nr. 4122 und 4123) wird die Zeit der Mittagspause in die Dauer der Teilnahme des Verteidigers an der Hauptverhandlung nicht eingerechnet.

a) Der Senat hat bereits mit (ausführlich begründetem) Beschluss vom 23.10.2008 4 Ws 150/08 (K) - (zitiert nach juris; siehe auch RVGreport 2009, 110), auf den ausdrücklich Bezug genommen wird, entschieden, dass bei der Festsetzung des Längenzuschlags die Zeit der Mittagspause in die Dauer der Teilnahme des Verteidigers an der Hauptverhandlung nicht eingerechnet wird. Es gibt keinen Anlass von dieser ständigen Rechtsprechung des Senats auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Karlsruhe (Beschluss vom 10.10.2013 AZ.: 1 Ws 166/12 StraFo 2014, 39ff.) Abstand zu nehmen.

Wie in diesem Beschluss des OLG Karlsruhe zutreffend ausgeführt wird, wird die Frage, ob und in welchem Umfang bei der Ermittlung der für diese sogenannten Längenzuschläge maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer eine im Sitzungsprotokoll ausdrücklich als solche ausgewiesene oder ersichtlich als solche angeordnete Mittagspause anzurechnen oder in Abzug zu bringen ist, in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Von dem überwiegenden Teil der Oberlandesgerichte wird die Auffassung vertreten, dass die Zeit der Mittagspause unabhängig von ihrer Länge grundsätzlich und regelmäßig in vollem Umfang von der Dauer der Hauptverhandlung abzuziehen ist, es sei denn, wenn diese sich auf einen ganz kurzen Zeitraum erstreckt (OLG Karlsruhe aaO zitiert nach juris Rdn. 6).

b) Nach dem eindeutigen Wortlaut der hier in Betracht kommenden RVG VV Nr. 4123 und Nr. 4122 setzt deren Anwendung voraus, dass der Rechtsanwalt mehr als acht Stunden, beziehungsweise mehr als 5 Stunden bis zu acht Stunden an einer Hauptverhandlung teilgenommen hat. Eine Teilnahme an der Hauptverhandlung bedingt aber, dass sie stattfindet. Ist die Hauptverhandlung unterbrochen, kann der Rechtsanwalt an ihr nicht teilnehmen.

c) Allerdings ist auch der Senat der Auffassung, dass kurze Sitzungspausen „die Uhr weiterlaufen“ lassen, weil eine kleinliche Auslegung dieser Vorschrift zu unfruchtbaren Streitereien führen würde, zumal in diesen Pausen oft sitzungsrelevante Probleme zwischen den Prozessbeteiligten besprochen werden. Dies kann jedoch für längere Sitzungspausen, insbesondere die Mittagspause, nicht gelten. In dieser Zeit findet die Hauptverhandlung nicht statt und der Rechtsanwalt nimmt an ihr nicht teil.

d) Auch Sinn und Zweck der Regelung und ihre thematische Stellung sprechen für diese Auslegung. Durch das Rechtsanwaltsvergütungsrecht sind die Gebühren für die gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwälte völlig neu geregelt worden. Zusätzlich können sie Zuschläge verdienen, wenn sie z.B. an einer Hauptverhandlung mehr als fünf bis acht Stunden oder mehr als acht Stunden teilgenommen haben.

Wartezeiten und Pausen werden im Rahmen dieser Gesetzessystematik bereits durch die (allgemeine) Terminsgebühr (hier: 424 € gemäß RVG VV Nr. 4120) erfasst. So erhält ein im Strafrecht tätiger Rechtsanwalt nach VV RVG Teil 4 Vorbem. 4 Abs. 3 Satz 2 auch dann die Terminsgebühr, wenn er zu einem Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die der Rechtsanwalt nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Wenn aber der bloße Zeitaufwand bereits durch die allgemeine Terminsgebühr abgegolten wird, muss mit dem Längenzuschlag etwas qualitativ anderes abgegolten werden als der bloße Zeitaufwand. Das kann nur die Tätigkeit als Verteidiger in der laufenden Hauptverhandlung sein.

Bei dieser Sachlage vermag die von den Oberlandesgerichten Düsseldorf, Koblenz, Stuttgart, Hamm und Karlsruhe (siehe oben aaO) vertretene Gegenmeinung nicht zu überzeugen, da sich diese aus der Sicht des Senats nicht mit dem Wortlaut von RVG VV Nr. 4123 vereinbaren lässt und zudem zu wenig berücksichtigt, dass es sich hierbei um eine Zusatzgebühr handelt, die bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zusätzlich zu der immer fällig werdenden Terminsgebühr anfällt (vgl. OLG München Beschluss vom 12.11.2007 - 2 Ws 807-809/07 (K)). Dies gilt ebenso für die nicht näher begründete Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27.7.2012 (5 Ws 33/12).

Mittagspausen dienen allgemein der Regeneration und werden üblicherweise von Rechtsanwälten auch an Arbeitstagen eingelegt, an denen sie ihrer beruflichen Tätigkeit außerhalb einer Hauptverhandlung nachgehen. Im Übrigen handelt es sich bei den Mittagspausen um eine „prozessneutrale“ Unterbrechung, während der der an dem Verfahren beteiligte Rechtsanwalt auch aus eigenem Interesse nicht an einer Verhandlung teilnimmt und deshalb eine zeitliche Beanspruchung seiner Arbeitskraft nicht geltend machen kann (OLG Zweibrücken NStZ-RR 2006, 392).

e) Die Höhe der einzelnen Gebühren richtet sich hierbei gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG nach dem alten Recht, da der Rechtsanwalt vor der am 1.8.2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderung bestellt wurde.

f) Die Beschwerde war daher insoweit als unbegründet zu verwerfen. Zutreffend hat das Landgericht für die Hauptverhandlungstermine vom 17.10.2013, 24.10.2013, und 18.11.2013 die Gebühr RVG VV 4122 in Höhe von 178 € netto nicht festgesetzt, da nach Abzug der Zeit der Mittagspause der Beschwerdeführer nicht länger als 5 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen hat. Der Nichtansatz des Längenzuschlages für den 16.1.2014 ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden, da die Sitzungsdauer 4 Stunden 15 Minuten betragen hat. Des Weiteren hat das Landgericht zutreffend für die Hauptverhandlung vom 17.12.2013 lediglich einen Längenzuschlag nach Ziffer RVG VV 4122 in Höhe von 178 € netto zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer festgesetzt, da nach Abzug der Zeit der Mittagspause der Beschwerdeführer an der Hauptverhandlung mehr als 5 Stunden, nicht aber mehr als 8 Stunden teilgenommen hat.

5. Die Beschwerde ist begründet soweit sie sich gegen die Nichtfestsetzung des Längenzuschlages für den Hauptverhandlungstermin am 1.10.2013 nach RVG VV 4122 in Höhe von 178 € netto richtet. Auch bei Abzug der Zeit der Mittagspause (12.30 Uhr bis 14.00 Uhr) hat der Beschwerdeführer mehr als 5 Stunden und bis zu 8 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen. Der Pflichtverteidiger war an diesem Tag auf 9.00 Uhr geladen worden. In der Zeit von 9.00 Uhr bis 12.30 Uhr fanden Verständigungsgespräche zwischen dem Gericht, den Verteidigern und der Staatsanwaltschaft statt. In der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.30 Uhr fand dann die Hauptverhandlung statt.

Maßgeblich für die Stundenberechnung ist der anberaumte Beginn und der gerichtlich angeordnete Schluss der Verhandlung (Hartmann Kostengesetz 44. Aufl. RVG VV 4111 Rdn. 1). Denn in dieser Zeit stellt der anwesende Rechtsanwalt für das Verfahren seine Arbeitszeit zur Verfügung. Nicht maßgeblich ist, wann das Gericht die Sache tatsächlich aufruft (Hartmann aaO). Da vorliegend der Beschwerdeführer am 1.10.2013 auf 9.00 Uhr geladen wurde und auch zu diesem Zeitpunkt erschienen war, rechnet die erste Terminsstunde ab diesem Zeitpunkt. Bei einem Sitzungsende um 16.35 Uhr hat der Beschwerdeführer somit mehr als 5 Stunden an der Hauptverhandlung teilgenommen.

Die Zeit für die Durchführung von Verständigungsgesprächen zwischen den Verteidigern, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht (hier von 9.00 Uhr bis 12.30 Uhr) ist beim Längenzuschlag auch bei Sitzungsunterbrechungen zu berücksichtigen, denn diese Zeit hat der Pflichtverteidiger anders als die Zeiten der Mittagspause nicht zur freien Verfügung. Es handelt sich insoweit nicht um eine „prozessneutrale“ Unterbrechung. Diese Zeiten stellen gleichgültig, ob nach Aufruf der Sache innerhalb einer Sitzungsunterbrechung oder vor Aufruf der Sache, aber ab dem Zeitpunkt der Terminsanberaumung, eine Teilnahme des Rechtsanwalts an der Hauptverhandlung dar.

Auf die Beschwerde des Pflichtverteidigers war daher der Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 13.6.2014 dahingehend abzuändern, dass der dem Pflichtverteidiger xx aus der Staatskasse zu zahlende Vorschuss auf die entstanden Gebühren und Auslagen auf weitere 211,82 € brutto festgesetzt wird.

6. Die Beschwerde ist unbegründet soweit sie sich gegen die Nichterstattung der Kopierkosten in Höhe von 3.562,45 € richtet.

6.1 Ein Anspruch auf Ersatz von Auslagen gem. § 46 RVG i.V.m. RVG VV Nr. 7000 gegenüber der Staatskasse scheidet für vor dem 12.6.2013 gefertigte Ausdrucke aus der elektronischen Akte aus. Der Beschwerdeführer wurde erst mit Verfügung vom 12.6.2013 anstelle des vormaligen Pflichtverteidigers RA xx dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet. Ab diesem Zeitpunkt war die Beiordnung somit erst wirksam. Erstattungsfähig gegenüber der Staatskasse sind jedoch nur solche Auslagen, die der Beschwerdeführer für eine Tätigkeit nach der Bestellung tatsächlich gemacht hat (Hartmann aaO § 46 Rdn. 12 und 3 RVG). Damit scheiden die Erstattung von Aufwendungen für Ausdrucke, die vor dem 27.11.2012 (17.410 Blatt) und zum 8.1.2013 (Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 1.9.2014) gefertigt wurden, bereits aus diesem Grunde aus.

6.2 Eine Erstattung der Auslagen für die restlichen angefertigten 5.121 Ausdrucke aus der elektronischen Akte gemäß § 46 RVG i.V.m. RVG VV Nr. 7000 Nr. 1a, die nach Gewährung der digitalen Akteneinsicht im weiteren Prozess gegenüber dem Beschwerdeführer und dem Angeklagten zur Vorbereitung auf die Hauptverhandlung und Fertigung von Anmerkungen sowie Anlagen gefertigt wurden, scheidet ebenfalls aus.

a) Gemäß RVG VV Nr. 7000 Nr. 1a kann der Rechtsanwalt die Pauschale für Ausdrucke aus Gerichtsakten gegenüber der Staatskasse nur in Rechnung stellen, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Aus dieser positiven Formulierung ergibt sich, dass anders als in § 46 Abs. 1 RVG die Darlegungs- und Beweislast dafür beim antragstellenden Rechtsanwalt liegt (OLG Rostock, Beschluss vom 4.8.2014, AZ.: 20 Ws 193/14, zitiert nach juris Rdn. 14).

b) Mit Ausnahme der im Rahmen der Akteneinsicht am 7.11.2013 angefertigten 1.497 Ausdrucke wurde vom Beschwerdeführer nicht dargelegt, ob diese nach dem 12.6.2013 angefertigt wurden. Soweit sie vor diesem Zeitpunkt angefertigt worden sein sollten, scheidet eine Erstattung aus der Staatskasse aus den oben unter Ziffer 6a) benannten Gründen aus. Mangels entsprechenden Sachvortrag des Beschwerdeführers scheidet ein Anspruch bereits aus diesem Grunde aus.

c) Ein Anspruch gegenüber der Staatskasse scheidet unabhängig davon für diese Ausdrucke gemäß § 46 Abs. 1 RVG aus, da die Anfertigung der Ausdrucke zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht geboten war.

aa) Aus der Vorbemerkung zu Ziffer 7 Abs. 1 Satz 1 VV ergibt sich, dass mit den Gebühren auch die allgemeinen Geschäftskosten abgegolten werden. Diese hat der Rechtsanwalt selbst zu tragen. Auch die Kosten für Abschriften, Ausdrucke und Ablichtungen gehören zu diesen allgemeinen Geschäftskosten, es sei denn, dass sich eine Erstattungsfähigkeit aus der Ziffer VV RVG 7000 ergibt.

bb) Was in diesem Zusammenhang zur Bearbeitung einer Sache sachgemäß ist, bestimmt sich nicht nach der subjektiven Ansicht des Anwalts oder seines Mandanten, sondern nach dem objektiven Standpunkt eines vernünftigen sachkundigen Dritten (Hartmann aaO Nr. 7000 VV RVG Rdn. 6). Dabei hat der Rechtsanwalt allerdings einen gewissen und auch nicht zu engen, sondern eher großzügigeren Ermessensspielraum (Hartmann aaO RVG VV Nr. 7000 Rdn. 7). Er muss allerdings den allgemeinen Kostengrundsatz berücksichtigen, dass jeder die Auslagen möglichst gering halten muss (Hartmann aaO § 46 Rdn. 14 RVG).

cc) Ein Ausdruck der elektronischen Akte war im Zeitpunkt der Anfertigung nach dem objektiven Standpunkt eines vernünftigen sachkundigen Dritten nicht erforderlich. Zum Zeitpunkt der Anfertigung der Auszüge standen dem Angeklagten und dem Beschwerdeführer die elektronischen Akten dauerhaft zu Verfügung. Der Beschwerdeführer konnte außerhalb der Hauptverhandlung jederzeit unter Nutzung entsprechender Hard- und Software auf die Akten Zugriff nehmen. Dem in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten war ein entsprechender Zugriff mit den Einschränkungen, die sich aus dem Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, ebenfalls möglich. Wie der Beschwerdeführer selbst vorträgt, war dem Angeklagten auch eine jederzeitige Einsichtnahme in die überlassenen umfangreichen Auszüge aus der elektronischen Akte aufgrund der räumlichen Verhältnisse nicht möglich. Diese Zugriffsmöglichkeit hatte der Beschwerdeführer auch während der Hauptverhandlung soweit er einen mobilen Computer mit sich führte. Dem Angeklagten stand zwar insoweit keine direkte Einsichtnahme zu. Er konnte jedoch jederzeit im Rahmen von Unterbrechungen eine derartige Einsichtnahme in den vom Verteidiger mitgeführten mobilen Computer vornehmen. Eine Einsichtnahme in diese Aktenbestandteile in Papierform wäre schon aufgrund ihres Umfangs nicht möglich gewesen.

dd) Soweit der Beschwerdeführer diese Auszüge auch angefertigt hat, um bestimmte Vorgänge plastischer vor Augen zu haben oder in der Handakte leichter finden zu können, handelt es sich nicht um zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache gebotene Ausdrucke. Vielmehr dienen diese Ausdrucke lediglich der Vereinfachung der Arbeit des Rechtsanwalts. Es handelt sich daher um allgemeine Geschäftskosten, die mit den allgemeinen Gebühren abgegolten werden.

ee) Es ist dem Rechtsanwalt auch zumutbar, die ihn interessierenden Informationen am Bildschirm zusammenzusuchen. Die elektronische Aktenbearbeitung gehört für viele Berufstätige, auch Rechtsanwälte und Richter, zum normalen Arbeitstag. In Kürze wird die elektronische Akte im Justizbereich eingeführt werden.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

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(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.

(1) Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren.

(2) Wenn das Gericht des Rechtszugs auf Antrag des Rechtsanwalts vor Antritt der Reise feststellt, dass eine Reise erforderlich ist, ist diese Feststellung für das Festsetzungsverfahren (§ 55) bindend. Im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde tritt an die Stelle des Gerichts die Verwaltungsbehörde. Für Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gelten Absatz 1 und die Sätze 1 und 2 entsprechend; die Höhe zu ersetzender Kosten für die Zuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers ist auf die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zu zahlenden Beträge beschränkt.

(3) Auslagen, die durch Nachforschungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens entstehen, für das die Vorschriften der Strafprozessordnung gelten, werden nur vergütet, wenn der Rechtsanwalt nach § 364b Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung bestellt worden ist oder wenn das Gericht die Feststellung nach § 364b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung getroffen hat. Dies gilt auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren (§ 85 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

Tenor

1. Die Beschwerde des Verteidigers gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 04.06.2014 wird als unbegründet verworfen.

2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist Pflichtverteidiger des wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u.a. vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Rostock Angeschuldigten ... Der Umfang der dem Landgericht vorliegenden Akten einschließlich Sonderbände und Sonderhefte beläuft sich auf über 40.000 Blatt. Dem Verteidiger sind nach Anklageerhebung die Akten (nur) in digitalisierter Form als PDF-Dokumente komplett auf einem USB-Speicherstick zur Verfügung gestellt worden.

2

Mit Schreiben vom 13.09.2013 beantragte der Rechtsanwalt beim Landgericht u.a. die vorschussweise Erstattung der Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV RVG für die Herstellung von 44.198 Ablichtungen (gemeint: Ausdrucken) aus den Strafakten in Höhe von 7.045,70 € (netto). Auf entsprechende Anforderung begründete er dies unter dem 11.10.2013 damit, ihm seien die Akten vom Gericht nur „elektronisch“ zur Verfügung gestellt worden, weshalb er sie ausdrucken müsse, um „effektiv“, d.h. durch Anbringung von Anmerkungen und Markierungen damit arbeiten zu können, was anwaltlich versichert werde.

3

Dem widersprach die von der Kostenbeamtin eingeschaltete Bezirksrevisorin mit Stellungnahme vom 11.11.2013. Sie führt darin unter ausdrücklicher Ablehnung der gegenteiligen Auffassung des OLG Celle (Beschluss vom 28.11.2011 - 1 Ws 451/11 u.a.; juris) im Wesentlichen aus, die Beweislast für die Notwendigkeit des Aktenausdrucks liege bei dem Rechtsanwalt, der die diesbezüglichen Auslagen geltend mache. Mit dem Ausbau der technischen Möglichkeiten hätten sich auch die Bearbeitungsweisen in der Berufswelt geändert. Hierzu gehöre, dass selbst große Textmengen am Bildschirm bearbeitet würden. Auch sei es inzwischen üblich, dass Verteidiger zur Hauptverhandlung einen Laptop mitbrächten, um so erforderlichenfalls auf alle Unterlagen zugreifen zu können. Ferner sei es mittlerweile möglich, mit handelsüblichen Programmen auch an Dokumenten in PDF-Dateien Lesezeichen, Anmerkungen und Hervorhebungen anzubringen.

4

Der Rechtsanwalt hat sich dazu mit Schreiben vom 28.11. und 17.12.2013 geäußert. Er trägt ergänzend vor, der Umgang mit „Papierakten“ sei im Vergleich zu denjenigen nur in elektronischer Form einsehbaren Akten einfacher und zügiger und damit arbeits- und zeitsparender zu bewältigen. Das gelte in besonderem Maße für umfangreiche Akten, weil diese sich, wenn sie in Papierform vorliegen, schneller und einfacher „von Hand“ sortieren ließen. Auch müsse es dem Beurteilungsermessen des Rechtsanwalts überlassen bleiben, in welcher Art und Weise er eine Akte bearbeite und wie sie ihm vorgelegt werden müsse, um auf diese Weise von ihm bearbeitet werden zu können. Zudem stelle es eine Benachteiligung des Verteidigers gegenüber dem Gericht und der Staatsanwaltschaft dar, wenn letztere die Möglichkeit haben, (auch) mit einer Papierakte zu arbeiten, er das jedoch nur mit einem digitalisierten Exemplar tun könne.

5

Daraufhin wies die Kostenbeamtin am 18.12.2013 unter Hinweis auf ein anhängiges Parallelverfahren, in dem es ebenfalls um die vorschussweise Erstattung der Dokumentenpauschale ging und dessen Ausgang deshalb abgewartet werden solle, im Einvernehmen mit dem Verteidiger zunächst nur die von diesem geltend gemachten Gebühren sowie die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von insgesamt 495,04 € (brutto) zur Zahlung an. Nach Abschluss des anderen Kostenfestsetzungsverfahrens, das - wenn auch aus anderen Gründen als hier in Rede stehend - zugunsten des dortigen Verteidigers ausging, wies die Kostenbeamtin am 11.03.2014 weitere 7.889,34 € (brutto) und damit die gesamte beantragte Dokumentenpauschale zur Zahlung an den Verteidiger an und setzte diese mit Beschluss vom 26.03.2014 nachträglich auch förmlich fest, weil die Bezirksrevisorin angekündigt hatte, dagegen Einwendungen erheben zu wollen.

6

Das geschah mit Schreiben vom 07.04.2014. Darin führt die Bezirksrevisorin im Wesentlichen unter Wiederholung ihrer Stellungnahme vom 11.11.2013 sowie unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Köln vom 11.12.2009 - 2 Ws 496/09 - (juris) sinngemäß ergänzend aus, es sei nicht erkennbar, wieso einem Verteidiger nicht zumutbar sei, ihm in digitaler Form überlassene Akten am Bildschirm zu lesen und zu bearbeiten. Schließlich werde in absehbarer Zeit in der gesamten Justiz die „elektronische Akte“ eingeführt. In Teilbereichen sei das bereits jetzt der Fall. Was den dortigen Mitarbeitern, die sich bislang auch nicht darüber beklagt hätten, bei der Führung und Bearbeitung einer elektronischen Akte möglich und zumutbar sei, müsse auch für einen Rechtsanwalt gelten.

7

Das Landgericht Rostock hat nach Übertragung der Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung vom Einzelrichter auf die gesamte Kammer auf die Erinnerung der Bezirksrevisorin den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.03.2014 mit Beschluss vom 04.06.2014 aufgehoben und den Antrag des Rechtsanwalts auf vorschussweise Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen abgelehnt, soweit ihm nicht bereits durch den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.12.2013 entsprochen wurde. Im Ergebnis läuft dies auf die Versagung der geltend gemachten Kostenpauschale für das Ausdrucken der Akten hinaus.

8

Ergänzend zu den Ausführungen der Bezirksrevisorin, denen sich die Kammer angeschlossen hat, hat das Landgericht ausgeführt, die dem Verteidiger in digitalisierter Form zur Verfügung gestellten Akten seien auch in diesem Format in Sachbände, Sonderbände und Sonderhefte unterteilt, wobei in einem eigenen Unterordnerverzeichnis, aufgegliedert nach den einzelnen Angeschuldigten, deren bisherige Einlassungen sowie die konkret sie betreffenden Ermittlungsmaßnahmen dokumentiert seien. Ferner gebe es entsprechende Unterverzeichnisse zu Zeugenvernehmungen, Durchsuchungs- und TKÜ-Maßnahmen und weiteren Ermittlungsbereichen, die ihrerseits wieder nach einzelnen Personen oder Maßnahmen untergliedert seien. Diese Struktur ermögliche es, sich, ausgehend von der Anklageschrift, innerhalb weniger Wochen zumindest einen Überblick vom wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zu verschaffen. Auch dem Gericht sei es möglich gewesen, sich anhand der Anklageschrift mithilfe der elektronischen Doppelakte für jeden der Angeschuldigten die ihn betreffenden und für die Beurteilung des Tatvorwurfs bedeutsamen Dokumente zu erschließen. Der Verteidiger könne deshalb keinesfalls pauschal die Auslagen für den Ausdruck der gesamten Akten beanspruchen. Vielmehr sei es ihm zuzumuten, diese innerhalb der ihm zur Verfügung stehenden Zeit zunächst am Bildschirm zu sichten und sodann eine Auswahl zu treffen, welche Aktenbestandteile er gegebenenfalls für seine weitere Tätigkeit (auch) auf Papier ausgedruckt benötige. Auf entsprechend begründeten Antrag seien dann allenfalls die für die Erstellung eines solchen papiernen Aktenauszugs anfallenden Auslagen zu erstatten.

9

Gegen diese Entscheidung hat der Rechtsanwalt mit am 13.06.2014 beim Landgericht eingegangenen Schreiben vom 11.06.2014 Beschwerde eingelegt, die er mit weiterem Schreiben vom 30.06.2014 näher begründet hat. Er wiederholt und vertieft darin sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, er brauche sich als Rechtsanwalt nicht auf die Arbeitsweisen und -vorlieben von Gericht und Staatsanwaltschaft mit elektronischen Akten einzulassen. Seine langjährige Arbeitsweise in der Kanzlei sei auf papierne Akten ausgerichtet. Dort finde bislang lediglich eine elektronische Aktenverwaltung aber keine elektronische Aktenbearbeitung statt. Auch sei es ihm nicht zumutbar, sich für die Teilnahme an der Hauptverhandlung eine „Abspielmöglichkeit“ anzuschaffen, um damit auf die vollständige elektronische Akte zugreifen zu können, zumal es nicht gewährleistet sei, dass er ein solches Gerät während der gesamten Dauer eines Sitzungstages im Gericht betreiben könne. Dies sei in deutschen Gerichten nicht zwangsläufig der Fall. Das damit verbundene (technische) Ausfallrisiko könne er als Verteidiger nicht eingehen. Er bearbeite deshalb auch im Sitzungssaal seine Akten grundsätzlich in ausgedruckter Form. Alles andere würde ihm seine Verteidigertätigkeit fast unmöglich machen. Eine ihn betreffende gesetzliche Verpflichtung zur Arbeit mit „elektronischen Akten“ gebe es zudem bislang nicht.

10

Die Kammer hat der Beschwerde unter dem 10.07.2014 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Bezirksrevisorin hat im Beschwerdeverfahren auf eine (ergänzende) Stellungnahme verzichtet.

II.

11

Die Beschwerde ist statthaft und innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG angebracht worden, mithin zulässig. Das Rechtsmittel, über das der Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu befinden hat (§ 33 Abs. 8 Satz 1 letzter Halbsatz RVG e contrario) bleibt jedoch ohne Erfolg.

1.

12

Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 RVG kann ein beigeordneter Rechtsanwalt, dem - wie hier - wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Staatskasse zusteht, u.a. für die voraussichtlich entstehenden Auslagen aus der Staatskasse einen angemessenen Vorschuss fordern.

13

a) Nr. 7000 Abs. 1 a) VV RVG, bei der es sich gegenüber § 46 Abs. 1 RVG um die speziellere Regelung handelt, sieht einen Anspruch des Rechtsanwalts auf (pauschalen) Ersatz seiner Auslagen für Ausdrucke aus Gerichtsakten nur in dem Umfang vor, wie deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten ist. Was in diesem Zusammenhang zur „Bearbeitung“ einer Sache sachgemäß ist, bestimmt sich nicht nach der subjektiven Auffassung des beigeordneten Rechtsanwalts, sondern nach dem objektiven Standpunkt eines vernünftigen sachkundigen Dritten (Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., Rdz. 6 zu Nr. 7000 VV RVG m.w.N.; BGH MDR 2005, 956; AGS 2005, 573; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., VV 7000 Rdn. 55 m.w.N.). Es kommt dabei auf die Verfahrensart und den konkreten Sachverhalt sowie auf die aktuelle Verfahrenslage an (Hartmann a.a.O. § 46 RVG Rdz. 14 f. m.w.N.). Eine bloße Erleichterung oder Bequemlichkeit reicht jedoch ebenso wenig, wie eine bloße Zweckmäßigkeit (Hartmann a.a.O. Nr. 7000 VV RVG, Rdz. 23 „Zweckmäßigkeit“; § 46 RVG Rdz. 17). Allerdings hat der Anwalt einen gewissen, nicht zu engen, sondern eher großzügigen Ermessensspielraum, den er allerdings auch pflichtgemäß handhaben muss (Hartmann a.a.O. Rdz. 6), indem er den allgemeinen Grundsatz kostenschonender Prozessführung berücksichtigt (Hartmann a.a.O. § 46 RVG, Rdz. 15 ff.; Müller-Rabe a.a.O. Rdz. 56; OLG Celle, Beschlüsse vom 22. Oktober 2010 - 1 Ws 547/10 - und vom 28. November 2011 - 1 Ws 415/11, 1 Ws 416/11, 1 Ws 417/11, 1 Ws 418/11 -, juris; ebenso KG, Beschluss vom 27. Mai 2008 - 2/5 Ws 131/06).

14

b) Während in § 46 Abs. 1 RVG die Darlegungs- und Beweislast, eine vom beigeordneten Rechtsanwalt gegenüber der Staatskasse geltend gemachte Auslage sei zur sachgerechten Durchführung der Angelegenheitnicht erforderlich gewesen, wegen der dort gewählten negativen Formulierung bei der nach § 45 Abs. 1 RVG grundsätzlich vergütungspflichtigen Staatskasse liegt, ist dies bei der Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV-RGV ausweislich der dort verwendeten positiven Formulierung umgekehrt: Der Rechtsanwalt kann die Pauschale - auch gegenüber der Staatskasse - nur in Rechnung stellen,soweit die Herstellung der Dokumente (hier: der Ausdruck der Akten) zur sachgemäßen Bearbeitung durch ihn geboten war. Die Darlegungs- und Beweislast dafür liegt also bei ihm.

2.

15

Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist vorliegend nicht erkennbar, dass der komplette Ausdruck der aus über 40.000 Blatt bestehenden Akten für die sachgerechte Bearbeitung durch den Verteidiger im Sinne von Nr. 7000 Abs. 1 a VV RVG geboten ist.

16

a) Dem Verteidiger stehen die kompletten Akten dauerhaft in digitalisierter Form zur Verfügung. Er kann darauf - das Vorhandensein entsprechender Hard- und Software vorausgesetzt - jederzeit Zugriff nehmen. Eine Fallkonstellation, in dem die Gerichtsakten dem Rechtsanwalt nur vorübergehend überlassen wurden und er deshalb, auch um auf alle künftigen Eventualitäten im weiteren Verfahren vorbereitet zu sein, eher zu viel als zu wenig daraus für seine eigenen Unterlagen kopieren bzw. ausdrucken muss, ist deshalb vorliegend nicht gegeben.

17

Das gilt auch während der Teilnahme an einer etwaigen Hauptverhandlung. Die aktuell am Markt befindlichen mobilen Computer verfügen über genügend Akku-Kapazität, um selbst während langer Sitzungstage dauerhaft in Betrieb bleiben zu können. Erforderlichenfalls wird dem Verteidiger im Verhandlungssaal die Möglichkeit zum Abschluss seines Computers an das Stromnetz zu gestatten sein.

18

b) Mit dem Einwand, ihm sei die Anschaffung einer entsprechenden „Abspielmöglichkeit“ eigens für die Hauptverhandlung, um damit auf die digitalisierten Akten zugreifen zu können, nicht zumutbar, kann der Verteidiger ebenfalls nicht gehört werden.

19

Der Senat hat angesichts der nachfolgend unter c) dargelegten Erkenntnisse schon keinen Zweifel daran, dass der Rechtsanwalt bzw. die Kanzlei, in der er tätig ist, über eine geeignete mobile „Abspielmöglichkeit“ verfügt. Ansonsten wäre eine solche im Zuge der berufsrechtlichen Verpflichtung, die für die Verteidigertätigkeit erforderlichen sachlichen Voraussetzungen vorzuhalten (§ 5 BO), umgehend zu beschaffen.

20

c) Der Verteidiger trägt nicht vor, dass ihm das Studium und die Arbeit mit der digitalisierten Akte innerhalb seiner Kanzleiräume technisch nicht möglich sei. Er teilt selbst mit, dass dort eine elektronische Aktenführung stattfindet. Die von ihm stammenden Schriftsätze sind nicht auf einer Schreibmaschine, sondern mittels Computer und einer vorhandenen Textbe- und Verarbeitungssoftware gefertigt worden. Auch ist die Kanzlei offenbar in der Lage, die digitalisierte Akte auszudrucken, was bedeutet, dass eine Software zum Öffnen (und Anschauen) der einzelnen PDF-Dokumente dort vorhanden ist. Ferner verfügt die Kanzlei nach den Hinweisen auf ihren Briefbögen nicht nur über einen eigenen Internet-Auftritt, sondern neben einem Fax-Anschluss auch über eine E-Mail-Adresse, was belegt, dass eine „elektronische“ Kommunikation auch auf diesem Wege mit ihr möglich ist. Auf der Webseite der Kanzlei wird dazu sogar ausdrücklich ermuntert. Auch findet sich auf den Briefbögen der Kanzlei der „Hinweis nach § 33 BDSG: Hier verwendete Daten werden gespeichert“.

21

Dem auf der Internetseite der Kanzlei angelegten persönlichen Profil des Rechtsanwalts ist darüber hinaus zu entnehmen, dass er u.a. auch in Wirtschaftsstrafsachen verteidigt, ein Fernstudium in Betriebswirtschaftslehre absolviert hat, Dozent an einer Fachhochschule und Mitarbeiter eines juristischen Online-Reports ist. All das deutet zur Überzeugung des Senats darauf hin, dass der Verteidiger sowohl über die technischen Möglichkeiten wie auch über die edv-fachlichen Fähigkeiten verfügt, um mit digitalisierten Dokumenten zu arbeiten. Er gehört damit nicht zu der in der Kommentarliteratur beschriebenen Gruppe „älterer und für die ausschließliche Arbeit mit elektronischen Dokumenten nicht ausreichend geübten Anwälten“ (vgl. Müller-Rabe a.a.O. Rdz. 58), auf deren subjektives Unvermögen bei der Beurteilung der Frage, ob ein kompletter Ausdruck der Gerichtsakten zur sachgerechten Bearbeitung der Sache geboten war, sonst möglicherweise auch kostenrechtlich Rücksicht zu nehmen wäre.

22

d) Das Studium umfangreicher Akten „am Bildschirm“ mag von dem Rechtsanwalt als beschwerlicher und für die Augen ermüdender empfunden werden als das Lesen von Akten auf Papier. Dabei handelt es sich indes allein um persönliche Befindlichkeiten. Eine objektive Notwendigkeit, die Akten deshalb (vollständig) auszudrucken, folgt daraus ebenfalls nicht. Im Übrigen kann den geklagten Erschwernissen durch die Auswahl eines geeigneten Bildschirms, durch eine edv-gerechte Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und erforderlichenfalls durch eine darauf abgestimmte Lesehilfe weitgehend begegnet werden.

23

Die - ausnahmslose - elektronische Aktenbearbeitung findet bereits in weiten Teilen der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung statt. Auch soweit es nicht um die Arbeit mit elektronischen Akten geht, gehört die oft stundenlange Tätigkeit „am Bildschirm“ mittlerweile für viele Berufstätige - so auch für die Senatsmitglieder - zum normalen Arbeitsalltag. Auch von daher ist nicht ersichtlich, warum dem Rechtsanwalt eine solche Arbeitsweise nicht zumutbar sein sollte. Der Senat folgt der insoweit gegenteiligen Auffassung des OLG Celle (Beschluss vom 28. November 2011 - 1 Ws 415/11, 1 Ws 416/11, 1 Ws 417/11, 1 Ws 418/11 -, Rdz. 10 in juris) und des LG Duisburg (StraFo 2014, 307) deshalb nicht.

24

e) Der Rechtsanwalt musste die umfangreichen Akten auch nicht etwa unter besonderem Zeitdruck studieren und bearbeiten. Diese stehen ihm seit Anklageerhebung, mithin seit nunmehr über einem Jahr zur Verfügung. Innerhalb dieses Zeitraums wäre es ihm objektiv möglich und zumutbar gewesen, die digitalisierten Akten „am Bildschirm“ wenigstens daraufhin durchzusehen, ob und welche Teile er für seine weitere Tätigkeit, insbesondere während einer eventuellen Hauptverhandlung, zur sachgerechten Verteidigung des Mandanten auch in Papierform benötigt (vgl. zu diesem Erfordernis einer Vorauswahl Bräuer in Bischof/Jungbauer, RVG 6. Aufl. Rdz. 11D zu Nr. 7000 VV m.w.N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29.03.2012 - 2 Ws 49/12 = NStZ-RR 2014, 2; OLG Köln NStZ-RR 2012, 392 mit abl. Stellungnahme Hansens RVGreport 2012, 428). Dabei deutet schon das Argument des Rechtsanwalts, er könne die ausgedruckten Akten schneller und einfacher von Hand sortieren und mit Anmerkungen und Anstreichungen versehen, darauf hin, dass es ihm vornehmlich darum geht, sich einen von ihm für notwendig erachteten Aktenauszug zu fertigen. Dem Senat erscheint es eher fern liegend, dass der Verteidiger sich mit dem gesamten, bei einem Ausdruck rund 80 Stehordner füllenden Akten sitzungstäglich in die Hauptverhandlung begeben und dort damit „arbeiten“ würde.

25

Eine solche Vorsichtung der Akten und die gezielte, nicht notwendig abschließende Auswahl bestimmter, für seine weitere Verteidigertätigkeit bedeutsamer Aktenteile, die er deswegen „auf Papier“ benötigt, ist dem Rechtsanwalt vorliegend auch deshalb zumutbar, weil die Akten in ihrer digitalisierten Form durch Anlegen von Ordnern und Unterordnern mit entsprechenden Verzeichnissen so strukturiert sind, dass der gezielte Zugriff auf bestimmte Informationen dadurch beträchtlich erleichtert wird.

3.

26

Die Beschwerde des Verteidigers konnte danach keinen Erfolg haben. Es bleibt ihm unbenommen, nach getätigter Vorauswahl einen erneuten Antrag auf Zahlung eines Auslagenvorschusses aus der Staatskasse für den Ausdruck eines Aktenauszuges zu stellen, der dann anhand der zu seiner „Erforderlichkeit“ abgegebenen Begründung zu prüfen sein wird.

III.

27

Der tenorierte Ausspruch über die Kosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

(1) Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren.

(2) Wenn das Gericht des Rechtszugs auf Antrag des Rechtsanwalts vor Antritt der Reise feststellt, dass eine Reise erforderlich ist, ist diese Feststellung für das Festsetzungsverfahren (§ 55) bindend. Im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde tritt an die Stelle des Gerichts die Verwaltungsbehörde. Für Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gelten Absatz 1 und die Sätze 1 und 2 entsprechend; die Höhe zu ersetzender Kosten für die Zuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers ist auf die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zu zahlenden Beträge beschränkt.

(3) Auslagen, die durch Nachforschungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens entstehen, für das die Vorschriften der Strafprozessordnung gelten, werden nur vergütet, wenn der Rechtsanwalt nach § 364b Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung bestellt worden ist oder wenn das Gericht die Feststellung nach § 364b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung getroffen hat. Dies gilt auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren (§ 85 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.