Oberlandesgericht München Beschluss, 10. Jan. 2017 - 28 W 19/17

bei uns veröffentlicht am10.01.2017
vorgehend
Landgericht München II, 3 O 1819/11, 09.12.2016

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) Peter Arnold vom 9.12.2016 wird der Beschluss des Landgerichts München II vom 1.12.2016 insoweit aufgehoben, als darin gegen diesen ein Ordnungsgeld in Höhe von 400,00 € festgesetzt ist.

2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 400,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer begehrt die Aufhebung eines gegen ihn ergangenen Ordnungsgeldbeschlusses samt Nachfristsetzung für die Gutachtenserstattung.

Mit Beschluss vom 11.11.2014 ordnete das Landgericht u.a. die Einholung eines ergänzenden schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) Peter Arnold zur Höhe der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten für die Mängel an den Treppenhäusern Z. Straße Haus Nr. 11, 13, 15 an.

Mit Verfügung vom 22.7.2015 übersandte das Landgericht die Gerichtsakten an den Beschwerdeführer und ersuchte diesen, ein schriftliches Gutachten zu dem im Beweisbeschluss genannten Beweisthema zu erstatten. Das Landgericht ersuchte den Beschwerdeführer, den Auftrag möglichst bald auszuführen.

Am 29.7.2015 teilte der Beschwerdeführer dem Vorsitzenden mit, dass er bereits Akten gehabt habe und die ihm übersandten vorbeibringen werde.

Mit Verfügung vom 8.1.2016 ersuchte das Landgericht den Beschwerdeführer um Mitteilung des Sachstandes.

Mit Verfügung vom 8.4.2016 fragte das Landgericht erneut beim Beschwerdeführer an, wann mit der Erstellung des Gutachtens gerechnet werden könne.

Mit Schriftsatz vom 17.5.2016 rügte der Kläger gem. § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG die Dauer des Verfahrens.

Mit Verfügung vom 25.5.2016 forderte das Landgericht den Beschwerdeführer auf, umgehend die gerichtliche Anfrage vom 8.4.2016 zu beantworten.

Mit Beschluss vom 23.6.2016 setzte das Landgericht dem Beschwerdeführer unter Androhung der Festsetzung eines Ordnungsgeldes eine Nachfrist zur Erstattung des Gutachtens bis zum 30.9.2016.

Mit Verfügung vom 2.11.2016 und wiederholt mit Verfügung vom 24.11.2016 ersuchte das Landgericht den Beschwerdeführer um Mitteilung des Sachstandes.

Mit Beschluss vom 1.12.2016 setzte das Landgericht gegen den Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 400,00 € fest und setzte diesem unter Androhung eines erneuten Ordnungsgeldes eine weitere Nachfrist zur Erstattung des Gutachtens bis zum 27.1.2017.

Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer per Telefax vom 9.12.2016 „Widerspruch“ ein, welchen er mit gesundheitlichen Problemen begründete, wobei er mitteilte, dass die Nachfrist bis zum 27.1.2017 nicht realistisch sei.

Mit Beschluss vom 13.12.2016 half das Landgericht der sofortigen Beschwerde nur dahingehend ab, dass es aus gesundheitlichen Gründen die Frist zur Niederlegung des Sachverständigengutachtens bis zum 31.3.2017 verlängerte, im Übrigen half es der sofortigen Beschwerde nicht ab und ordnete die Vorlage der „Ausgehobenen Akten“ an das Beschwerdegericht an.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

A. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist gem. § 567 Abs. 1 Nr. 1, 411 Abs. 2 Satz 4, 409 Abs. 2 ZPO statthaft.

Die am 9.12.2016 eingegangene Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 1.12.2016 wahrt die Frist des § 569 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

B. Die Beschwerde ist begründet.

Die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer liegen nicht vor.

Gem. § 411 Abs. 1 Satz 1 ZPO soll das Gericht im Falle der Anordnung schriftlicher Begutachtung dem Sachverständigen eine Frist setzen, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

Gem. § 411 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann gegen den Sachverständigen, welcher die Frist zur Erstattung des Gutachens versäumt, ein Ordnungsgeld festgesetzt werden, dieses muss jedoch gem. § 411 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden.

Voraussetzung für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist somit eine wirksame Fristsetzung gem. § 411 Abs. 1 ZPO und das Setzen einer Nachfrist mit Ordnungsgeldandrohung gem. § 411 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Vorliegend fehlt es an einer wirksamen Fristsetzung zur Gutachtenserstattung.

Eine solche ist weder in dem die schriftliche Begutachtung anordnenden Beschluss vom 11.11.2014 noch in der Verfügung vom 22.7.2015, mit welcher der Beschwerdeführer zur Erstattung eines schriftlichen Gutachtens ersucht wurde, enthalten. Auch den nachfolgenden Sachstandsanfragen vom 8.1.2016, 8.4.2016 und 25.5.2016 ist keine Fristsetzung zu entnehmen.

Erstmals mit Beschluss vom 23.6.2016 wird dem Beschwerdeführer eine „Nachfrist zur Erstattung des Gutachtens bis zum 30.9.2016“ gesetzt.

Das Setzen einer „Nachfrist“ samt Ordnungsgeldandrohung mit Beschluss vom 23.6.2016 war jedoch unzulässig, da das Landgericht dem Beschwerdeführer zuvor noch gar keine Frist zur Erstattung seines schriftlichen Gutachtens gesetzt hatte. Dem Setzen einer „Nachfrist“ hat bereits begrifflich eine vorherige Fristsetzung voranzugehen. Nur wenn der Sachverständige diese erste Frist versäumt hat, darf ihm eine Nachfrist unter Androhung eines Ordnungsgeldes gesetzt werden (Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Vorwerk/Wolf 22. Edition, Stand 1.9.2016, Rn. 5.1 zu § 411 ZPO, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 2.8.2012, 7 W 26/12, OLG Hamm, Beschluss vom 1.10.1997, 12 W 24/97).

Daraus folgt, dass an die Versäumung der bis zum 30.9.2016 gesetzten „Nachfrist“ keine Ordnungsgeldfestsetzung geknüpft werden durfte.

Auf ein Verschulden des Beschwerdeführers an der Fristversäumung kam es daher nicht entscheidungserheblich an.

C. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens können auch nicht der Staatskasse auferlegt werden, da diese am Rechtsstreit nicht beteiligt ist.

Die Auslagen müssen vielmehr gem. § 91 ZPO vielmehr von derjenigen Partei getragen werden, die nach dem Schlussurteil kostenpflichtig ist (vgl. hierzu: BGH, Beschluss vom 22.6.2011, Az. I ZB 77/10, Rn. 24). Gerichtskosten entstehen nicht (Kostenverzeichnis Nr. 1812 zum GKG).

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens ist mit dem festgesetzten Ordnungsgeld identisch und beträgt daher 400,00 €.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 569 Frist und Form


(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts ande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 02. Aug. 2012 - 7 W 26/12

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Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. X. wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 30. Mai 2012 - 3 OH 9/09 - aufgehoben, soweit gegen ihn darin ein Ordnungsgeld in Höhe von 800,00 EUR festgesetzt ist. Gründe

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(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.

(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.

(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.

(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist

1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren;
2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. X. wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 30. Mai 2012 - 3 OH 9/09 - aufgehoben, soweit gegen ihn darin ein Ordnungsgeld in Höhe von 800,00 EUR festgesetzt ist.

Gründe

 
I.
Gegen den Sachverständigen hat das Landgericht Mannheim mit Beschluss vom 30.05.2012 (AS 220-222), ihm zugestellt am 02.06.2012 (AS 225), u.a. ein Ordnungsgeld in Höhe von 800,00 EUR festgesetzt. Dagegen wendet sich der Sachverständige mit seinem am 13.06.2012 beim Landgericht Mannheim mittels Telefax eingegangenen, als sofortige Beschwerde zu behandelnden Einspruch vom 11.06.2012 (AS 227 f.). Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 19.07.2012 (AS 243 f.) nicht abgeholfen.
II.
Die gem. §§ 411 Abs. 2, 409 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige, insbesondere gem. § 569 ZPO frist- und formgerecht eingelegte und gem. §§ 569 Abs. 3 Nr. 3, 78 Abs. 3 ZPO nicht dem Anwaltszwang unterliegende sofortige Beschwerde des Sachverständigen hat auch in der Sache Erfolg.
Der Senat verkennt nicht, dass sich das Landgericht zu Recht veranlasst sah, gegenüber dem ersichtlich die Erstellung des Ergänzungsgutachtens verzögernden Sachverständigen auf eine zügige Erstattung des Gutachtens hinzuwirken (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 411a Rn. 6 m.w.N.). Das Landgericht war jedoch gehalten, dabei die förmlichen Voraussetzungen des § 411a Abs. 2 ZPO einzuhalten. Diese hat es nicht hinreichend beachtet.
1. Das Landgericht durfte dem Sachverständigen durch den angefochtenen Beschluss vom 30.05.2012 kein Ordnungsgeld auferlegen, weil es an einer vorherigen wirksamen Fristsetzung nach § 411 Abs. 1 S. 2 ZPO fehlte und deshalb auch das Setzen der Nachfrist und die Androhung des Ordnungsgeldes im Beschluss vom 26.03.2012 (AS 210/211) unzulässig war. Die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes sind hier nicht gegeben.
a) Nach § 411 Abs. 1 S. 2 ZPO soll im Falle der Anordnung einer schriftlichen Begutachtung das Gericht dem Sachverständigen eine Frist zur Niederlegung des von ihm unterschriebenen Gutachtens auf der Geschäftsstelle des Gerichts bestimmen. Nur wenn der Sachverständige diese erste Frist versäumt hat, darf ihm eine Nachfrist unter Androhung eines Ordnungsgeldes gesetzt werden, § 411 Abs. 2 S. 2 ZPO (OLGR Hamm 1998, 55 f., juris Tz. 5). Erst nach Ablauf dieser Androhungsfrist, also der zweiten Frist, kann gegen den Sachverständigen das Ordnungsgeld verhängt werden. Die Verhängung des Ordnungsgeldes setzt voraus, dass das Gericht wirksam eine Frist zur Gutachtenübermittlung gem. § 411 Abs. 1 ZPO gesetzt hat (OLGR Hamm 1998, 55 f., juris Tz. 5 f.; OLGR Hamm 1991, 14 f., juris Tz. 4; Musielak/Huber, ZPO, 9. Aufl., § 411 Rn. 6, 5; MünchKomm/Zimmermann, ZPO, 3. Aufl., § 411 Rn. 6).
b) Diese formellen Voraussetzungen hat das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss nicht hinreichend beachtet. Es hat in seinem Beschluss vom 26.03.2012 (AS 210/211) ohne vorherige verbindliche richterliche Frist eine Nachfrist gesetzt mit entsprechender Androhung eines Ordnungsgeldes gegen den Sachverständigen. Der der Beauftragung des Sachverständigen zu Grunde liegende Beschluss vom 02.09.2011 (AS 183 f.) enthält keine Vorgabezeit für die Erstellung des Gutachtens. Auch das Schreiben des Kammervorsitzenden vom 04.10.2011 (AS 195), mit welchem dem Sachverständigen die Gerichtsakte übersandt wurde, enthält lediglich die Bitte um alsbaldige Erstattung, jedoch keine verbindliche Fristsetzung. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob eine Fristsetzung allein durch den Vorsitzenden wirksam ist (verneinend: Musielak/Huber, ZPO, 9. Aufl., § 411 Rn. 5a; bejahend: Zöller/Greger, a.a.O., § 411 Rn. 6a). Die folgenden Sachstandsanfragen des Gerichts vom 13.01.2012 (AS 201) und 09.03.2012 (AS 207) machten die nach § 411 Abs. 1 ZPO erforderliche ordnungsmäßige richterliche Frist zur Niederlegung des Gutachtens auf der Geschäftsstelle ersichtlich nicht entbehrlich. Die mit Beschluss des Landgerichts vom 26.03.2012 gesetzte Nachfrist und die Androhung des Ordnungsgeldes für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der „Nachfrist” waren demnach unzulässig. Sie boten keine ausreichende Grundlage für die Festsetzung des Ordnungsgeldes.
2. Der Senat hat erwogen, ob es hier ausnahmsweise entbehrlich war, dass das Landgericht dem Sachverständigen eine Frist gem. § 411 Abs. 1 ZPO setzte. Es kann jedoch dahinstehen, ob dies etwa der Fall ist, wenn der Sachverständige selbst das Gutachten für einen bestimmten Termin zugesagt hat und es sich deshalb um eine reine Förmelei handeln würde (vgl. MünchKomm/Zimmermann, a.a.O.; OLG Rostock, Beschluss vom 06.10.2009, 1 U 3/08, juris Tz. 6). Denn den Antworten des Sachverständigen vom 23.01.2012 („ich rechne .. bis Ende Februar, Anfang März“,“ AS 204) und vom 15.03.2012 („noch mindestens bis Mitte Mai“, AS 208) auf die Sachstandsanfragen des Gerichts lässt sich eine Zusage zu einem bestimmten Termin, die als Grundlage für Zwangsmaßnahmen dient (vgl. Musielak/Huber, a.a.O., Rn. 5a), nicht hinreichend entnehmen. Die Erklärung des Sachverständigen in seinem Schreiben vom 30.05.2012 („um die Fertigstellung bis zum 15.06.2012 zu gewährleisten“, AS 218) rechtfertigt schon deshalb keine andere Entscheidung, weil der Ordnungsgeldbeschluss bereits vor diesem Datum erging und das Gutachten im Übrigen innerhalb der selbst gesetzten Frist am 13.06.2012 bei Gericht einging (AS 229 ff.).
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Gemäß § 380 Abs. 3 ZPO sind die Kosten der erfolgreichen Beschwerde des Sachverständigen nicht in entsprechender Anwendung des § 46 OWiG der Staatskasse aufzuerlegen, denn diese ist nicht am Rechtsstreit beteiligt. Derartige Auslagen gehen vielmehr zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei (BGH, NJW-RR 2007, 1364 ff., juris Tz. 23; Zöller/Greger, a.a.O., § 380 Rn. 10).

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 77/10
vom
22. Juni 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für die Frage, ob das Fernbleiben einer Partei, deren persönliches Erscheinen
im Termin nach § 141 ZPO angeordnet ist, genügend entschuldigt ist,
kommt es nicht auf ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an; die
Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO findet insoweit keine Anwendung.

b) Da ein Ordnungsgeld nur festgesetzt werden kann, wenn das unentschuldigte
Ausbleiben einer Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den
Prozess verzögert, scheidet die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach
§ 141 Abs. 3 Satz 1, § 381 ZPO aus, falls eine gütliche Beilegung der Auseinandersetzung
scheitert und die Erledigung des Rechtsstreits eine Beweisaufnahme
in einem gesonderten Termin erfordert.
BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011 - I ZB 77/10 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2011 durch die
Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten werden der Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. September 2010 und der Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts Mannheim, 4. Kammer für Handelssachen , vom 19. Januar 2009 aufgehoben.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten wird auf jeweils 300 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die klagende Transportversicherung hat das beklagte Speditionsunternehmen aus übergegangenem Recht wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen hat mit Verfügung vom 8. September 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und das persönliche Erscheinen der Parteien zur Aufklärung des Sachverhalts und für einen Güteversuch angeordnet. Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2009 durch einen unterbevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Terminsvertreter der Beklagten hat eine "Prozessvollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO" vorgelegt, die sich nach ihrem Wortlaut auf alle den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen , insbesondere auch den Abschluss eines unwiderruflichen Vergleichs, bezogen hat.
2
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 19. Januar 2009 gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gegen beide Parteien ein Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 300 € festgesetzt. In der Sache hat das Landgericht einen weiteren Haupttermin auf den 8. Juni 2009 anberaumt. Zu diesem Termin hat es erneut das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet und gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 4 ZPO vorsorglich die Ladung von zwei Zeugen verfügt. Des Weiteren hat das Landgericht den Parteien die Gelegenheit eingeräumt, zu den im Termin am 19. Januar 2009 erörterten Fragen binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. In der mündlichen Verhandlung am 8. Juni 2009 sind die vorsorglich geladenen Zeugen vernommen worden. Mit Urteil vom selben Tag hat das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben.
3
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 19. Januar 2009 haben beide Parteien Beschwerde eingelegt, die das Beschwerdegericht zurückgewiesen hat.
4
Hiergegen richten sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten.
5
II. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerden sind begründet. Die Ordnungsgeldbeschlüsse des Landgerichts entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen.
6
1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass sowohl die formellen als auch die materiellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgelds gegen die Klägerin und die Beklagte erfüllt seien. Dazu hat es ausgeführt:
7
Die Voraussetzungen für die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin und des gesetzlichen Vertreters der Beklagten hätten vorgelegen. Der Umstand, dass der Name und die Funktion derjenigen Person, deren Erscheinen angeordnet worden sei, in der Terminsverfügung keine Erwähnung gefunden hätten, stehe dem nicht entgegen, weil die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer juristischen Person regelmäßig dahingehend zu verstehen sei, dass ihr gesetzlicher Vertreter erscheinen und angehört werden solle.
8
Es könne davon ausgegangen werden, dass die Ladungen den gemäß § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO erforderlichen Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens enthalten hätten. Für die Klägerin sei im Termin am 19. Januar 2009 kein gesetzlicher Vertreter erschienen. Der für sie auftretende Terminsvertreter sei nicht ausreichend im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO "zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt" gewesen, da eine dem Terminsvertreter erteilte allgemeine Prozessvollmacht dafür nicht ausreiche. Die Beklagte habe zum Termin am 19. Januar 2009 ebenfalls keinen Vertreter entsandt, der "zur Aufklärung des Tatbestands" in der Lage gewesen sei. Ihr Terminsvertreter sei mit dem Sachverhalt nicht vertraut und deshalb nicht imstande gewesen, ergänzende Fragen des Gerichts in hinreichendem Maße zu beantworten. Anhaltspunkte für die Annahme, das Landgericht habe das ihm bei der Festsetzung des Ordnungsgelds eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, lägen nicht vor.
9
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

10
a) Es lässt sich schon nicht feststellen, dass die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgelds im Streitfall gewahrt sind.
11
aa) Das Landgericht hat das persönliche Erscheinen der Klägerin und der Beklagten mit Terminsverfügung vom 8. September 2008 angeordnet. Die Ladung ist mit einfachem Brief zur Post erfolgt, wie der Erledigungsvermerk vom 8. September 2008 zeigt. Das war gemäß § 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausreichend.
12
Aus den Gerichtsakten kann jedoch nicht festgestellt werden, dass für die Parteien - wie erforderlich - ihre gesetzlichen Vertreter (vgl. § 170 Abs. 1 und 2 ZPO) geladen worden sind, weil ein Doppel des Schreibens nicht zu den Akten gelangt und dem Akteninhalt auch nicht zu entnehmen ist, mit welchem Vordruck die Ladungen erfolgt sind. Die Parteien haben zwar ihrerseits das Ladungsschreiben nicht vorgelegt. Dies gereicht ihnen aber nicht zum Nachteil, weil ihnen die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für den Ordnungsgeldbeschluss nachzuweisen ist (BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 10). Feststellungen zur Ladung der Parteien hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Gegen eine ordnungsgemäße Ladung sprechen auch die Zustellungen der Ordnungsgeldbeschlüsse , die ebenfalls nicht an die gesetzlichen Vertreter der Klägerin und der Beklagten vorgenommen worden sind.
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bb) Die Rechtsbeschwerden rügen zudem mit Recht, dass nicht ersichtlich ist, dass die Parteien unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens geladen worden sind (§ 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Die gegenteilige Annahme des Beschwerdegerichts entbehrt einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage.
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b) Eine Aufhebung des Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur weiteren Aufklärung sind nicht erforderlich. Auch wenn die Ladung der Parteien ordnungsgemäß erfolgt wäre, könnten die Ordnungsmittelbeschlüsse nicht aufrechterhalten werden.
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3. Die Festsetzung der Ordnungsgelder durch das Landgericht ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ermessensfehlerhaft.
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a) Die Vorschrift des § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestattet die Festsetzung eines Ordnungsgelds, wenn eine nach § 141 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß geladene Partei im Termin trotz richterlicher Anordnung nicht erscheint. Zweck der Vorschrift ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG, NJW 1998, 892, 893; BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 16, mwN; BAG, Beschluss vom 20. August 2007 - 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252 Rn. 6; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 141 Rn. 12; MünchKomm.ZPO/Wagner, 3. Aufl., § 141 Rn. 28; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 141 Rn. 5; Wieczorek/Schütze/ Smid, ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn. 68; aA OLG München, MDR 1992, 513). Ein Ordnungsgeld kann daher nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 16, mwN; BAG, NJW 2008, 252 Rn. 6; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., § 141 Rn. 13; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 55; Hk-ZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 141 Rn. 6; aA Zöller/ Greger aaO § 141 Rn. 12).
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Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei und die Verhängung eines Ordnungsgeldes stehen im Ermessen des Gerichts. Sie sind daher nur nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zulässig. Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgelds darf zudem nicht dazu ver- wendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 17 f.; OLG Brandenburg, NJW-RR 2001, 1649, 1650; Musielak /Stadler aaO § 141 Rn. 16; Zöller/Greger aaO § 141 Rn. 3, 19).
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b) Eine diesen Grundsätzen entsprechende Abwägung durch das Landgericht kann den angefochtenen Beschlüssen nicht entnommen werden.
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Das Landgericht hat bei der Festsetzung der Ordnungsgelder nicht berücksichtigt , dass das Nichterscheinen der Parteien im Verhandlungstermin am 19. Januar 2009 nicht zu einer Erschwerung oder Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung und auch nicht zu einer späteren umfassenden Erledigung des Rechtsstreits geführt hat. Der Rechtsstreit ist erst nach Vernehmung von zwei Zeugen im Verhandlungstermin am 8. Juni 2009 entscheidungsreif gewesen. Beide vernommenen Zeugen waren im Termin am 19. Januar 2009 nicht anwesend. Eine Erledigung des Rechtsstreits ohne Beweisaufnahme hätte nur durch Abschluss eines Vergleichs erreicht werden können. Hierzu waren beide Parteien indes nicht bereit. Die mangelnde Vergleichsbereitschaft konnte dem Gericht zwar erst nach einer telefonischen Rückfrage der im Termin anwesenden Parteivertreter mitgeteilt werden. Die Rechtsbeschwerden weisen jedoch unwiderlegbar darauf hin, dass das Ergebnis auch bei einer persönlichen Anwesenheit der Parteien im Termin nicht anders ausgefallen wäre. Eine gütliche Beilegung der Auseinandersetzung kam nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien aufgrund der vorgerichtlichen Korrespondenz von vornherein nicht in Betracht. Unter diesen Umständen war die Anberaumung eines weiteren Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme - wie nachfolgend auch geschehen - für die Erledigung des Rechtsstreits in erster Instanz unerlässlich. Zu den im Termin am 19. Januar 2009 offengebliebenen Fragen des Gerichts haben die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Februar 2009 und die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Februar 2009 rechtzeitig vor dem Termin am 8. Juni 2009 Stellung genommen. Der ergänzende Vortrag der Parteien hat dem Landgericht ersichtlich auch ausgereicht, da eine weitere Erörterung des Sach- und Streitstands vor Durchführung der Beweisaufnahme nicht mehr stattgefunden hat.
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Die Festsetzung der Ordnungsgelder kann im Streitfall auch nicht darauf gestützt werden, dass das Landgericht gemäß § 278 Abs. 3 Satz 1 ZPO das persönliche Erscheinen der Parteien auch zu einer Güteverhandlung angeordnet hatte mit dem Ziel, den Rechtsstreit durch den Abschluss eines Vergleichs zu beenden. Die Partei braucht zu diesem Termin nicht persönlich zu erscheinen. Nach § 278 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsenden, der zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Nach dem Vortrag der Klägerin war dem für sie im Termin am 19. Januar 2009 auftretenden Rechtsanwalt eine schriftliche Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO übersandt worden, die der Terminsvertreter dem Gericht aus der Klägerin nicht bekannten Gründen allerdings nicht vorgelegt hat. Das braucht sich die Klägerin jedoch nicht als etwaiges Verschulden zurechnen zu lassen, da die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO im Rahmen von § 141 Abs. 3 ZPO nicht zur Anwendung kommt (vgl. OLG Bamberg, MDR 1982, 585, 586; OLG Celle, NdsRpfl. 1988, 164, 165; OLG Schleswig, OLGRep. 2003, 259; Musielak/ Stadler aaO § 141 Rn. 12; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 52; Wieczorek/Schütze/Smid aaO § 141 Rn. 67; Reichold in Thomas/Putzo aaO § 141 Rn. 6; Hk-ZPO/Wöstmann aaO § 141 Rn. 6; aA OLG Köln, NJW 1978, 2515, 2516; OLG Stuttgart, JZ 1978, 689, 690; Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl, § 141 Rn. 40). Nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann gegen eine Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet ist, im Fall ihres Ausbleibens ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen einen nicht erschienenen Zeugen setzt dessen ungenügende oder nicht rechtzeitige Entschuldigung voraus und erfordert in diesem Zusammenhang ein eigenes Verschulden des Zeugen (§ 381 ZPO). Die Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO oder die Zurechnung des Verschuldens Dritter aufgrund anderer Bestimmungen sehen die Vorschriften über die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen einen Zeugen nicht vor. Entsprechendes hat deshalb auch für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 141 Abs. 3 Satz 1, § 381 ZPO gegen die nicht erschienene Partei zu gelten. Die Klägerin konnte berechtigterweise davon ausgehen, im Güte- und Verhandlungstermin am 19. Januar 2009 ordnungsgemäß vertreten zu sein. Gleiches gilt für die Beklagte, da deren Terminsvertreterin - wie im Sitzungsprotokoll ausdrücklich vermerkt ist - eine Vollmacht gemäß § 141 ZPO vorweisen konnte.
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Da somit das Ausbleiben der Parteien im Termin am 19. Januar 2009 weder zu einer Erschwerung und erheblichen Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung noch zu einer späteren umfassenden Erledigung des Rechtsstreits geführt hat und davon auszugehen ist, dass die Parteien zu diesem Termin Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsandt haben, können die Ordnungsgeldbeschlüsse des Landgerichts keinen Bestand haben.
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4. Danach ist der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), sind auch die Beschlüsse über die Festsetzung der Ordnungsgelder aufzuheben.
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5. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgelds ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1, § 380 Abs. 3 ZPO sind die Kosten der erfolgreichen Beschwerde der Partei (Auslagen) allerdings nicht in entsprechender Anwendung des § 46 OWiG der Staatskasse aufzuerlegen (so aber OLG Hamm, MDR 1980, 322; OLG Bamberg, MDR 1982, 585; Stein/Jonas/Leipold aaO § 141 Rn. 58; MünchKomm.ZPO/Damrau aaO § 380 Rn. 13; Reichold in Thomas/Putzo aaO § 380 Rn. 12), da diese nicht am Rechtsstreit beteiligt ist. Die Auslagen gehen vielmehr zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei (§ 91 ZPO; BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 23; BAG, NJW 2008, 252 Rn. 9; Musielak/Stadler aaO § 141 Rn. 15; Zöller/Greger aaO § 380 Rn. 10). Gerichtskosten entstehen nicht (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 1812,

1826).


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Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 19.01.2009 - 24 O 147/07 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.09.2010 - 15 W 30/09 -