Oberlandesgericht München Beschluss, 10. Jan. 2017 - 28 W 19/17
vorgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) Peter Arnold vom 9.12.2016 wird der Beschluss des Landgerichts München II
2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 400,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
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(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
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ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.
(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn
(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.
(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.
(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. X. wird der Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 30. Mai 2012 - 3 OH 9/09 - aufgehoben, soweit gegen ihn darin ein Ordnungsgeld in Höhe von 800,00 EUR festgesetzt ist.
Gründe
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten wird auf jeweils 300 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Die klagende Transportversicherung hat das beklagte Speditionsunternehmen aus übergegangenem Recht wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen hat mit Verfügung vom 8. September 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und das persönliche Erscheinen der Parteien zur Aufklärung des Sachverhalts und für einen Güteversuch angeordnet. Die Klägerin hat sich in der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2009 durch einen unterbevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Terminsvertreter der Beklagten hat eine "Prozessvollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO" vorgelegt, die sich nach ihrem Wortlaut auf alle den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen , insbesondere auch den Abschluss eines unwiderruflichen Vergleichs, bezogen hat.
- 2
- Das Landgericht hat mit Beschluss vom 19. Januar 2009 gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gegen beide Parteien ein Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 300 € festgesetzt. In der Sache hat das Landgericht einen weiteren Haupttermin auf den 8. Juni 2009 anberaumt. Zu diesem Termin hat es erneut das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet und gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 4 ZPO vorsorglich die Ladung von zwei Zeugen verfügt. Des Weiteren hat das Landgericht den Parteien die Gelegenheit eingeräumt, zu den im Termin am 19. Januar 2009 erörterten Fragen binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. In der mündlichen Verhandlung am 8. Juni 2009 sind die vorsorglich geladenen Zeugen vernommen worden. Mit Urteil vom selben Tag hat das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben.
- 3
- Gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 19. Januar 2009 haben beide Parteien Beschwerde eingelegt, die das Beschwerdegericht zurückgewiesen hat.
- 4
- Hiergegen richten sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden der Klägerin und der Beklagten.
- 5
- II. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerden sind begründet. Die Ordnungsgeldbeschlüsse des Landgerichts entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen.
- 6
- 1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass sowohl die formellen als auch die materiellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgelds gegen die Klägerin und die Beklagte erfüllt seien. Dazu hat es ausgeführt:
- 7
- Die Voraussetzungen für die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin und des gesetzlichen Vertreters der Beklagten hätten vorgelegen. Der Umstand, dass der Name und die Funktion derjenigen Person, deren Erscheinen angeordnet worden sei, in der Terminsverfügung keine Erwähnung gefunden hätten, stehe dem nicht entgegen, weil die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer juristischen Person regelmäßig dahingehend zu verstehen sei, dass ihr gesetzlicher Vertreter erscheinen und angehört werden solle.
- 8
- Es könne davon ausgegangen werden, dass die Ladungen den gemäß § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO erforderlichen Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens enthalten hätten. Für die Klägerin sei im Termin am 19. Januar 2009 kein gesetzlicher Vertreter erschienen. Der für sie auftretende Terminsvertreter sei nicht ausreichend im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO "zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt" gewesen, da eine dem Terminsvertreter erteilte allgemeine Prozessvollmacht dafür nicht ausreiche. Die Beklagte habe zum Termin am 19. Januar 2009 ebenfalls keinen Vertreter entsandt, der "zur Aufklärung des Tatbestands" in der Lage gewesen sei. Ihr Terminsvertreter sei mit dem Sachverhalt nicht vertraut und deshalb nicht imstande gewesen, ergänzende Fragen des Gerichts in hinreichendem Maße zu beantworten. Anhaltspunkte für die Annahme, das Landgericht habe das ihm bei der Festsetzung des Ordnungsgelds eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, lägen nicht vor.
- 9
- 2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 10
- a) Es lässt sich schon nicht feststellen, dass die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgelds im Streitfall gewahrt sind.
- 11
- aa) Das Landgericht hat das persönliche Erscheinen der Klägerin und der Beklagten mit Terminsverfügung vom 8. September 2008 angeordnet. Die Ladung ist mit einfachem Brief zur Post erfolgt, wie der Erledigungsvermerk vom 8. September 2008 zeigt. Das war gemäß § 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO ausreichend.
- 12
- Aus den Gerichtsakten kann jedoch nicht festgestellt werden, dass für die Parteien - wie erforderlich - ihre gesetzlichen Vertreter (vgl. § 170 Abs. 1 und 2 ZPO) geladen worden sind, weil ein Doppel des Schreibens nicht zu den Akten gelangt und dem Akteninhalt auch nicht zu entnehmen ist, mit welchem Vordruck die Ladungen erfolgt sind. Die Parteien haben zwar ihrerseits das Ladungsschreiben nicht vorgelegt. Dies gereicht ihnen aber nicht zum Nachteil, weil ihnen die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für den Ordnungsgeldbeschluss nachzuweisen ist (BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 10). Feststellungen zur Ladung der Parteien hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Gegen eine ordnungsgemäße Ladung sprechen auch die Zustellungen der Ordnungsgeldbeschlüsse , die ebenfalls nicht an die gesetzlichen Vertreter der Klägerin und der Beklagten vorgenommen worden sind.
- 13
- bb) Die Rechtsbeschwerden rügen zudem mit Recht, dass nicht ersichtlich ist, dass die Parteien unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens geladen worden sind (§ 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Die gegenteilige Annahme des Beschwerdegerichts entbehrt einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage.
- 14
- b) Eine Aufhebung des Beschlusses und eine Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur weiteren Aufklärung sind nicht erforderlich. Auch wenn die Ladung der Parteien ordnungsgemäß erfolgt wäre, könnten die Ordnungsmittelbeschlüsse nicht aufrechterhalten werden.
- 15
- 3. Die Festsetzung der Ordnungsgelder durch das Landgericht ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ermessensfehlerhaft.
- 16
- a) Die Vorschrift des § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestattet die Festsetzung eines Ordnungsgelds, wenn eine nach § 141 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß geladene Partei im Termin trotz richterlicher Anordnung nicht erscheint. Zweck der Vorschrift ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG, NJW 1998, 892, 893; BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 16, mwN; BAG, Beschluss vom 20. August 2007 - 3 AZB 50/05, NJW 2008, 252 Rn. 6; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 141 Rn. 12; MünchKomm.ZPO/Wagner, 3. Aufl., § 141 Rn. 28; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 141 Rn. 5; Wieczorek/Schütze/ Smid, ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn. 68; aA OLG München, MDR 1992, 513). Ein Ordnungsgeld kann daher nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 16, mwN; BAG, NJW 2008, 252 Rn. 6; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., § 141 Rn. 13; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 55; Hk-ZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 141 Rn. 6; aA Zöller/ Greger aaO § 141 Rn. 12).
- 17
- Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei und die Verhängung eines Ordnungsgeldes stehen im Ermessen des Gerichts. Sie sind daher nur nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls zulässig. Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgelds darf zudem nicht dazu ver- wendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 17 f.; OLG Brandenburg, NJW-RR 2001, 1649, 1650; Musielak /Stadler aaO § 141 Rn. 16; Zöller/Greger aaO § 141 Rn. 3, 19).
- 18
- b) Eine diesen Grundsätzen entsprechende Abwägung durch das Landgericht kann den angefochtenen Beschlüssen nicht entnommen werden.
- 19
- Das Landgericht hat bei der Festsetzung der Ordnungsgelder nicht berücksichtigt , dass das Nichterscheinen der Parteien im Verhandlungstermin am 19. Januar 2009 nicht zu einer Erschwerung oder Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung und auch nicht zu einer späteren umfassenden Erledigung des Rechtsstreits geführt hat. Der Rechtsstreit ist erst nach Vernehmung von zwei Zeugen im Verhandlungstermin am 8. Juni 2009 entscheidungsreif gewesen. Beide vernommenen Zeugen waren im Termin am 19. Januar 2009 nicht anwesend. Eine Erledigung des Rechtsstreits ohne Beweisaufnahme hätte nur durch Abschluss eines Vergleichs erreicht werden können. Hierzu waren beide Parteien indes nicht bereit. Die mangelnde Vergleichsbereitschaft konnte dem Gericht zwar erst nach einer telefonischen Rückfrage der im Termin anwesenden Parteivertreter mitgeteilt werden. Die Rechtsbeschwerden weisen jedoch unwiderlegbar darauf hin, dass das Ergebnis auch bei einer persönlichen Anwesenheit der Parteien im Termin nicht anders ausgefallen wäre. Eine gütliche Beilegung der Auseinandersetzung kam nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien aufgrund der vorgerichtlichen Korrespondenz von vornherein nicht in Betracht. Unter diesen Umständen war die Anberaumung eines weiteren Termins zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme - wie nachfolgend auch geschehen - für die Erledigung des Rechtsstreits in erster Instanz unerlässlich. Zu den im Termin am 19. Januar 2009 offengebliebenen Fragen des Gerichts haben die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Februar 2009 und die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Februar 2009 rechtzeitig vor dem Termin am 8. Juni 2009 Stellung genommen. Der ergänzende Vortrag der Parteien hat dem Landgericht ersichtlich auch ausgereicht, da eine weitere Erörterung des Sach- und Streitstands vor Durchführung der Beweisaufnahme nicht mehr stattgefunden hat.
- 20
- Die Festsetzung der Ordnungsgelder kann im Streitfall auch nicht darauf gestützt werden, dass das Landgericht gemäß § 278 Abs. 3 Satz 1 ZPO das persönliche Erscheinen der Parteien auch zu einer Güteverhandlung angeordnet hatte mit dem Ziel, den Rechtsstreit durch den Abschluss eines Vergleichs zu beenden. Die Partei braucht zu diesem Termin nicht persönlich zu erscheinen. Nach § 278 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsenden, der zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Nach dem Vortrag der Klägerin war dem für sie im Termin am 19. Januar 2009 auftretenden Rechtsanwalt eine schriftliche Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO übersandt worden, die der Terminsvertreter dem Gericht aus der Klägerin nicht bekannten Gründen allerdings nicht vorgelegt hat. Das braucht sich die Klägerin jedoch nicht als etwaiges Verschulden zurechnen zu lassen, da die Vorschrift des § 85 Abs. 2 ZPO im Rahmen von § 141 Abs. 3 ZPO nicht zur Anwendung kommt (vgl. OLG Bamberg, MDR 1982, 585, 586; OLG Celle, NdsRpfl. 1988, 164, 165; OLG Schleswig, OLGRep. 2003, 259; Musielak/ Stadler aaO § 141 Rn. 12; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 52; Wieczorek/Schütze/Smid aaO § 141 Rn. 67; Reichold in Thomas/Putzo aaO § 141 Rn. 6; Hk-ZPO/Wöstmann aaO § 141 Rn. 6; aA OLG Köln, NJW 1978, 2515, 2516; OLG Stuttgart, JZ 1978, 689, 690; Baumbach/Hartmann, ZPO, 69. Aufl, § 141 Rn. 40). Nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann gegen eine Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet ist, im Fall ihres Ausbleibens ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Die Verhängung von Ordnungsmitteln gegen einen nicht erschienenen Zeugen setzt dessen ungenügende oder nicht rechtzeitige Entschuldigung voraus und erfordert in diesem Zusammenhang ein eigenes Verschulden des Zeugen (§ 381 ZPO). Die Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO oder die Zurechnung des Verschuldens Dritter aufgrund anderer Bestimmungen sehen die Vorschriften über die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen einen Zeugen nicht vor. Entsprechendes hat deshalb auch für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nach § 141 Abs. 3 Satz 1, § 381 ZPO gegen die nicht erschienene Partei zu gelten. Die Klägerin konnte berechtigterweise davon ausgehen, im Güte- und Verhandlungstermin am 19. Januar 2009 ordnungsgemäß vertreten zu sein. Gleiches gilt für die Beklagte, da deren Terminsvertreterin - wie im Sitzungsprotokoll ausdrücklich vermerkt ist - eine Vollmacht gemäß § 141 ZPO vorweisen konnte.
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- Da somit das Ausbleiben der Parteien im Termin am 19. Januar 2009 weder zu einer Erschwerung und erheblichen Verzögerung der Sachverhaltsaufklärung noch zu einer späteren umfassenden Erledigung des Rechtsstreits geführt hat und davon auszugehen ist, dass die Parteien zu diesem Termin Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsandt haben, können die Ordnungsgeldbeschlüsse des Landgerichts keinen Bestand haben.
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- 4. Danach ist der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), sind auch die Beschlüsse über die Festsetzung der Ordnungsgelder aufzuheben.
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- 5. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgelds ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1, § 380 Abs. 3 ZPO sind die Kosten der erfolgreichen Beschwerde der Partei (Auslagen) allerdings nicht in entsprechender Anwendung des § 46 OWiG der Staatskasse aufzuerlegen (so aber OLG Hamm, MDR 1980, 322; OLG Bamberg, MDR 1982, 585; Stein/Jonas/Leipold aaO § 141 Rn. 58; MünchKomm.ZPO/Damrau aaO § 380 Rn. 13; Reichold in Thomas/Putzo aaO § 380 Rn. 12), da diese nicht am Rechtsstreit beteiligt ist. Die Auslagen gehen vielmehr zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei (§ 91 ZPO; BGH, NJW-RR 2007, 1364 Rn. 23; BAG, NJW 2008, 252 Rn. 9; Musielak/Stadler aaO § 141 Rn. 15; Zöller/Greger aaO § 380 Rn. 10). Gerichtskosten entstehen nicht (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 1812,
1826).
Büscher Pokrant Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 19.01.2009 - 24 O 147/07 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.09.2010 - 15 W 30/09 -