Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 09. Jan. 2013 - 3 W 672/12

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2013:0109.3W672.12.0A
09.01.2013

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 24. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Parteien sind Geschwister. Sie wurden neben der Ehefrau des Erblassers und Mutter der Parteien jeweils zu 1/6 Erben ihres am ...11.1998 in …[X] verstorbenen Vaters,…[A]. Ein gemeinschaftlicher Erbschein wurde am 26.03.2001 (4 a VI 227/07) vom Amtsgericht Koblenz erteilt. (Anlage K 1, GA 4). Die Antragsteller begehren die Zustimmung zu einem erbrechtlichen Teilungsplan.

2

Das Landgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 24.10.2012 (GA 57 ff.) mit der Begründung abgelehnt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragsteller keine Aussicht auf Erfolg biete. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer form-und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.

II.

3

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

4

Das Landgericht hat zu Recht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

5

Gemäß § 2042 Abs. 1 BGB kann grundsätzlich jeder Miterbe die Erbauseinandersetzung verlangen. Zutreffend führt das Landgericht aus, dass sich der Anspruch des Miterben auf Auseinandersetzung aus § 2042 BGB auf den gesamten Nachlass bezieht. In der Regel kann keine Teilauseinandersetzung verlangt werden (OLG Rostock, Beschluss vom 27.03.2009 - 3 W 18/09 - OLGR Rostock 2009, 653 f. = FamRZ 2010, 329 f.; OLG Celle, Urteil vom 25.04.2002 - 22 U 99/01 - OLGR Celle 2003, 43 ff = ZEV 2002, 363 f..; Bamberger/Roth-Lohmann, BGB Kommentar, 3. Aufl. 2012 § 2042 Rn.9 = BeckOK/Lohmann, BGB, Stand 01.03.2011,. § 2042 Rn.9 ; Staudinger-Werner, BGB Kommentar, 2010, § 2042 Rn. 30; MünchKommBGB-Ann, 5. Aufl. 2010, § 2042 Rn. 18 f.) Nur ausnahmsweise kann eine Teilauseinandersetzung verlangt werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen und Belange der Erbengemeinschaft und der anderen Miterben nicht beeinträchtigt werden (BGH NJW 1985, 51 f.; NJW 1963, 1611; Bamberger/Roth-Lohmann, ebd ; MünchKommBGB-Ann, ebd.).

6

Zutreffend stellt das Landgericht fest, dass die Antragsteller in ihrem Schriftsatz vom 19.10.2012, S. 3 (GA 39) selbst vorgetragen haben, dass der Nachlass nicht nur aus dem im Klageantrag ersichtlichen Guthaben bestanden habe, sondern dass darüber hinaus noch weitere Konten und Bargeld vorhanden gewesen seien. Zudem ergibt sich aus den zur Gerichtsakten überreichten Unterlagen, dass noch Nachlassverbindlichkeiten bestanden haben. So verweisen die Antragsgegner auf Steuerschulden der Eltern, die von ihnen übernommen worden seien.

7

Hierüber verhält sich der Teilungsplan nicht.

8

Eine gegenständliche Teilauseinandersetzung würde die Belange der Erbengemeinschaft und der Antragsgegner als Miterben unzumutbar beeinträchtigen.

9

Die Beschwerde war aus den dargelegten Gründen zurückzuweisen.

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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 09. Jan. 2013 - 3 W 672/12 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2042 Auseinandersetzung


(1) Jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen, soweit sich nicht aus den §§ 2043 bis 2045 ein anderes ergibt. (2) Die Vorschriften des § 749 Abs. 2, 3 und der §§ 750 bis 758 finden Anwendung.

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Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 27. März 2009 - 3 W 18/09

bei uns veröffentlicht am 27.03.2009

Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg, mit dem dieses dem Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagt hat, aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das L

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen, soweit sich nicht aus den §§ 2043 bis 2045 ein anderes ergibt.

(2) Die Vorschriften des § 749 Abs. 2, 3 und der §§ 750 bis 758 finden Anwendung.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg, mit dem dieses dem Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagt hat, aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

Die gem. §§ 127, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

2

Gem. § 114 ZPO ist einer Partei Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn sie nicht in der Lage ist, die Kosten ihrer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ganz oder teilweise selbst aufzubringen und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Es muss aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 114 Rn. 19 m.w.N.; Zimmermann, ZPO, 8. Aufl., § 114 Rn. 9).

3

Ob eine solche hinreichende Erfolgsaussicht besteht, vermag der Senat derzeit nicht hinreichend zu beurteilen.

1.

4

Begehrt ein Mitglied einer Erbengemeinschaft die Erbauseinandersetzung oder aber eine unmittelbare Leistung aus dem Nachlass an sich, muss er auch im Klagewege sämtliche Miterben auf Zustimmung oder Leistung in Anspruch nehmen (Palandt/Edenhofer, BGB, 68. Aufl., § 2042 Rn. 18) Hiervon abweichend kann er sich nur dann auf die Inanspruchnahme eines Miterben auf Zustimmung zur Auseinandersetzung bzw. Leistung - hier Auflassung von Grundstücken - verklagen, wenn die übrigen Miterben ihre Zustimmung zur Auseinandersetzung bzw. Leistung außergerichtlich bereits erklärt haben.

5

Ob diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, ist zwischen den Parteien streitig. Der Antragsteller hat behauptet, die übrigen Miterben hätten bereits ihre Zustimmung erteilt, der Antragsgegner hat dies bestritten. Das Landgericht hat dies in dem angefochtenen Beschluss offen gelassen, da es die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Antragstellers aus anderen Gründen verneint hat.

6

Soweit es im weiteren Verfahren hierauf ankommt, wird dem Antragsteller auf richterlichen Hinweis nach § 139 ZPO Gelegenheit zu geben sein, hierzu weiter vorzutragen und Beweis anzutreten. Auf das Bestreiten des Antragsgegners hin hat der Antragsteller bislang die Ansicht vertreten, dass es für diesen Rechtsstreit auf das Vorliegen der Zustimmungen der übrigen Miterben nicht ankomme. Ebenso sei es, so meinte er, ohne Belang, ob das Vormundschaftsgericht eine für den Erben M. T. durch dessen Betreuerin abgegebene Zustimmungserklärung genehmige.

2.

a.

7

Will ein Miterbe Nachlassgegenstände in sein Alleineigentum überleiten, ist er gem. § 2042 BGB grundsätzlich auf die Erbauseinandersetzung verwiesen. Der so geltend zu machende Auseinandersetzungsanspruch ist auf die vollständige Auseinandersetzung des Nachlasses gerichtet (Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2042 Rn. 3). Unter der Auseinandersetzung im Sinne des § 2042 Abs. 1 BGB ist die Verteilung der Nachlassgegenstände unter den Miterben nach Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten zu verstehen. Der Begriff umfasst sowohl ihre schuldrechtliche Vereinbarung als auch deren dinglichen Vollzug (Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2042 Rn. 1).

b.

8

Trifft der Erblasser etwa durch testamentarische Verfügung eine Teilungsanordnung i.S.d. § 2048 BGB wird hierdurch die Auseinandersetzung nicht schon entbehrlich. Die Teilungsanordnung ersetzt lediglich die schuldrechtliche Vereinbarung der Erben (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 21.10.1976, 6 U 106/75, NJW 1977, 253). Die dingliche Teilung wird hierdurch grundsätzlich nicht ersetzt.

c.

9

Eine Teilungsanordnung berechtigt daher nicht ohne weiteres dazu, eine Teilauseinandersetzung zu verlangen und diese unmittelbar gerichtlich durchzusetzen. Die Teilauseinandersetzung bleibt auch in diesem Fall die Ausnahme. Gegen den Willen eines Miterben kann eine gegenständlich beschränkte Teilauseinandersetzung nur verlangt werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen und dadurch die Belange der Erbengemeinschaft und der anderen Miterben nicht beeinträchtigt werden (BGH, Urt. v. 13.03.1963, V ZR 208/61, MDR 1963, 578). In diesem Ausnahmefall kann eine teilweise Auseinandersetzung unter vorläufigem Ausscheiden bestimmter Nachlassteile durchgesetzt werden (Staudinger-BGB/Olaf Werner, 2002, § 2042 Rn. 30 m.w.N.).

d.

10

Als besonderer Grund im vorgesagten Sinne kommt etwa in Betracht, dass ein Miterbe einen Teil des Nachlasses begehrt, der ihm bei endgültiger Auseinandersetzung ohnehin zufallen würde. Dies kann etwa für den Gewinn eines von einem Miterben fortgeführten zum Nachlass gehörenden Betriebs der Fall sein (BGH, Urt. v. 13.03.1963, a.a.O.). Ebenso hat der BGH (Urt. v. 28.06.1963, V ZR 15/62, NJW 1963, 1611 = MDR 1963, 832) es ausreichen lassen, wenn kein Streit mehr darüber besteht, dass dem Miterben der herausverlangte Teil auch zustehen wird. Das OLG Frankfurt (a.a.O.) lässt es für die Annahme eines solchen besonderen Grundes auch ausreichen, wenn sich der herausverlangte Erbteil aus der Teilungsanordnung des Erblassers ergibt und der klägerische Anspruch nicht dadurch gehindert ist, dass zumindest Verbindlichkeiten bestehen, die aus dem verbleibenden Nachlass befriedigt werden müssen und sich im Falle einer Befriedigung vor der Teilauseinandersetzung auch der Erbteil des Klägers nicht verändern würde. Es ist also erforderlich, dass für eine solche Befriedigung der herausverlangte Erbteil nicht in Anspruch zu nehmen ist, denn auch im Rahmen der Teilauseinandersetzung verbleibt es bei dem Grundsatz, dass vor der Verteilung des Nachlasses zwischen den Erben aus dem Nachlass die Nachlassverbindlichkeiten zu bedienen sind.

e.

11

Ob diese vom OLG Frankfurt aufgezeigten Voraussetzungen für einen Teilauseinandersetzungsanspruch gegeben sind, vermag der Senat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht zu beantworten.

12

Der Antragsgegner hat hierzu vorgetragen, erhebliche Investitionen in das von der Erblasserin bewohnte Wohngrundstück getätigt zu haben, zu deren Beweis er dem Antragsteller entsprechende Belege übersandt habe. Es seien hierdurch vorrangig zu befriedigende Nachlassverbindlichkeiten entstanden. Diese könnten nach Ansicht des Senates einer Teilauseinandersetzung jedenfalls dann entgegenstehen, wenn der übrige Nachlass nicht ausreicht, diese zu befriedigen und deshalb auch das herausverlangte Grundstück zu verwerten wäre.

13

Das vermag der Senat derzeit nicht zu beurteilen. Der Antragsgegner hatte bislang umfangreiche Investitionen als unstreitig dargestellt, der Antragsteller hat diese bestritten. Der Antragsteller, der die vom Regelfall abweichende Teilauseinandersetzung begehrt, wird daher die Voraussetzungen derselben weiter darzulegen und zu beweisen haben. Dem Antragsgegner wird es bei entsprechendem Sachvortrag des Antragstellers dann obliegen, im Rahmen einer subsidiären Vortragslast zu den von ihm eingewandten Nachlassverbindlichkeiten weiter vorzutragen.

14

Der Senat hält es für erforderlich, die Parteien im Rahmen des § 139 ZPO hierauf hinzuweisen und ihnen Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu geben, da der Antragsteller die ihm obliegende Vortrags- und Beweislast bislang verkannt hat. Er hat sich bislang darauf beschränkt, die vom Antragsgegner als unstreitig dargestellten Investitionen mit einem ca. zwei Wochen vor Erlass des angefochtenen Beschlusses bei Gericht eingegangenem Schriftsatz zu bestreiten.

3.

15

In Anbetracht der auch für eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht erforderlichen weiteren Sachaufklärung hält es der Senat für geboten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung an das Landgericht zurückzuverweisen.