Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Okt. 2014 - 2 VAs 12/14

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2014:1016.2VAS12.14.0A
bei uns veröffentlicht am16.10.2014

Tenor

1. Es verbleibt bei dem Senatsbeschluss vom 18. August 2014.

Die Anhörungsrüge des Betroffenen gegen den vorgenannten Beschluss wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

2. Soweit sich die Anhörungsrüge auch gegen den Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2014 richten sollte, hat das Amtsgericht darüber in eigener Zuständigkeit zu entscheiden.

Gründe

1

1. Mit Beschluss vom 5. Mai 2014 hat das Amtsgericht Koblenz den Betroffenen aus gesundheitlichen Gründen von der Hilfsschöffenliste gestrichen.

2

Seinen dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Senat durch Beschluss vom 18. August 2014 mit der Begründung als unzulässig verworfen, dass die §§ 23 ff EGGVG auf eine Entscheidung über die Streichung von der Schöffenliste nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GVG keine Anwendung finden, weil es sich um eine „justizförmige“ Verwaltungstätigkeit des Amtsrichters handelt, bei der zwar keine Rechtsprechung im engeren Sinne, aber richterliche Tätigkeit unter richterlicher Unabhängigkeit ausgeübt wird (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss 1 Ws 303/05 vom 01.07.2005, zit. n. juris Rn. 5; Siolek in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 77 GVG Rn. 9; Böttcher in Löwe-Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 4).

3

Da der Betroffene die Streichung von der Schöffenliste verfassungsgerichtlicher Überprüfung unterziehen möchte, erhebt er mit Schreiben vom 4. September 2014 „Gehörs- und Verfahrensrüge und beantrag(t) … Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei etwaigen Fristversäumnissen“ (Bl. 40 der Blattsammlung).

4

2. Soweit der Rechtsbehelf des Betroffenen eine Gegenvorstellung beinhalten soll, ist diese unzulässig. Der Beschluss des Senats unterliegt keiner Anfechtung, da eine Rechtsbeschwerde nur im Falle der - hier nicht erfolgten - Zulassung statthaft ist (§ 29 Abs. 1 EGGVG; s. dazu BGH StraFo 2011, 319; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 29 GVG Rn. 2). Gegenvorstellungen gegen rechtskräftige Entscheidungen sind ausgeschlossen. Rechtsbehelfe müssen in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt sein. Deshalb ist es den Gerichten untersagt, tatsächliche oder vermeintliche Lücken im Rechtsschutzsystem eigenmächtig zu schließen (vgl. BVerfGE 107, 395, 416; BVerfG NJW 2007, 2538; BVerwG, Beschluss 7 B 14/07 vom 01.06.2007, zit. n. juris; BGHSt 45, 37; OVG Lüneburg NJW 2006, 2506; KG, Beschluss 4 VAs 5/14 vom 16.04.2014). Eine Änderung unanfechtbarer gerichtlicher Beschlüsse ist gesetzlich nur zugelassen, wenn das rechtliche Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist (§§ 33a, 311a, 356a StPO).

5

3. Auch die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss ist unzulässig. Ein für die §§ 23 ff EGGVG gesetzlich nicht ausdrücklich geregelter Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs entsprechend § 33a StPO (Meyer-Goßner/Schmitt aaO § 28 EGGVG Rn. 1, § 29 EGGVG Rn. 1) ist nur zulässig, wenn in einem zum Nachteil eines Beteiligten ergangenen unanfechtbaren Beschluss der diesem zustehende Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn das Gericht zum Nachteil des Antragstellers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen er nicht gehört worden ist, oder wenn es zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen hat (vgl. KG aaO). Das ist hier nicht der Fall. Der Senat hat keine Tatsachen verwertet, zu denen der Beschwerdeführer nicht gehört worden ist. Auch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen nicht übergangen, denn das Vorbringen kann - wie in der angegriffenen Entscheidung dargelegt - nicht im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG berücksichtigt werden.

6

4. Soweit sich die Anhörungsrüge auch gegen den beanstandeten Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 5. Mai 2014 selbst richten sollte, hat das Amtsgericht darüber in eigener Zuständigkeit zu entscheiden.

7

5. Die Kostenentscheidung für die erfolglos gebliebene Anhörungsrüge beruht auf § 22 Abs. 1 GNotKG (KG aaO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Okt. 2014 - 2 VAs 12/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Okt. 2014 - 2 VAs 12/14

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Okt. 2014 - 2 VAs 12/14 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 356a Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bei einer Revisionsentscheidung


Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 22 Kostenschuldner in Antragsverfahren, Vergleich


(1) In gerichtlichen Verfahren, die nur durch Antrag eingeleitet werden, schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schulde

Strafprozeßordnung - StPO | § 33a Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Nichtgewährung rechtlichen Gehörs


Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte

Strafprozeßordnung - StPO | § 311a Nachträgliche Anhörung des Gegners


(1) Hat das Beschwerdegericht einer Beschwerde ohne Anhörung des Gegners des Beschwerdeführers stattgegeben und kann seine Entscheidung nicht angefochten werden, so hat es diesen, sofern der ihm dadurch entstandene Nachteil noch besteht, von Amts weg

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 52


(1) Ein Schöffe ist von der Schöffenliste zu streichen, wenn 1. seine Unfähigkeit zum Amt eines Schöffen eintritt oder bekannt wird, oder2. Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorhandensein eine Berufung zum Schöffenamt nicht erfolgen s

Referenzen

(1) Ein Schöffe ist von der Schöffenliste zu streichen, wenn

1.
seine Unfähigkeit zum Amt eines Schöffen eintritt oder bekannt wird, oder
2.
Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorhandensein eine Berufung zum Schöffenamt nicht erfolgen soll.
Im Falle des § 33 Nr. 3 gilt dies jedoch nur, wenn der Schöffe seinen Wohnsitz im Landgerichtsbezirk aufgibt.

(2) Auf seinen Antrag ist ein Schöffe aus der Schöffenliste zu streichen, wenn er

1.
seinen Wohnsitz im Amtsgerichtsbezirk, in dem er tätig ist, aufgibt oder
2.
während eines Geschäftsjahres an mehr als 24 Sitzungstagen an Sitzungen teilgenommen hat.
Bei Hauptschöffen wird die Streichung nur für Sitzungen wirksam, die später als zwei Wochen nach dem Tag beginnen, an dem der Antrag bei der Schöffengeschäftsstelle eingeht. Ist einem Ersatzschöffen eine Mitteilung über seine Heranziehung zu einem bestimmten Sitzungstag bereits zugegangen, so wird seine Streichung erst nach Abschluß der an diesem Sitzungstag begonnenen Hauptverhandlung wirksam.

(3) Ist der Schöffe verstorben oder aus dem Landgerichtsbezirk verzogen, ordnet der Richter beim Amtsgericht seine Streichung an. Im Übrigen entscheidet er nach Anhörung der Staatsanwaltschaft und des beteiligten Schöffen.

(4) Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(5) Wird ein Ersatzschöffe in die Hauptschöffenliste übertragen, so gehen die Dienstleistungen vor, zu denen er zuvor als Ersatzschöffe herangezogen war.

(6) Hat sich die ursprüngliche Zahl der Ersatzschöffen in der Ersatzschöffenliste auf die Hälfte verringert, so findet aus den vorhandenen Vorschlagslisten eine Ergänzungswahl durch den Ausschuß statt, der die Schöffenwahl vorgenommen hatte. Der Richter beim Amtsgericht kann von der Ergänzungswahl absehen, wenn sie in den letzten sechs Monaten des Zeitraums stattfinden müßte, für den die Schöffen gewählt sind. Für die Bestimmung der Reihenfolge der neuen Ersatzschöffen gilt § 45 entsprechend mit der Maßgabe, daß die Plätze im Anschluß an den im Zeitpunkt der Auslosung an letzter Stelle der Ersatzschöffenliste stehenden Schöffen ausgelost werden.

Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch beschwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt entsprechend.

(1) Hat das Beschwerdegericht einer Beschwerde ohne Anhörung des Gegners des Beschwerdeführers stattgegeben und kann seine Entscheidung nicht angefochten werden, so hat es diesen, sofern der ihm dadurch entstandene Nachteil noch besteht, von Amts wegen oder auf Antrag nachträglich zu hören und auf einen Antrag zu entscheiden. Das Beschwerdegericht kann seine Entscheidung auch ohne Antrag ändern.

(2) Für das Verfahren gelten die §§ 307, 308 Abs. 2 und § 309 Abs. 2 entsprechend.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

Hat das Gericht in einem Beschluss den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt und steht ihm gegen den Beschluss keine Beschwerde und kein anderer Rechtsbehelf zu, versetzt es, sofern der Beteiligte dadurch noch beschwert ist, von Amts wegen oder auf Antrag insoweit das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. § 47 gilt entsprechend.

(1) In gerichtlichen Verfahren, die nur durch Antrag eingeleitet werden, schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.