Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 01. Feb. 2016 - 2 Ws 572/15

bei uns veröffentlicht am01.02.2016

Tenor

1. Die Beschwerde der Nebenklägerin A. B. gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 4. November 2015 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Nebenklägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

 
I.
Dem Angeklagten wird neben einem Meineid u.a. auch eine Nachstellung (§ 238 StGB) zur Last gelegt. Die Beschwerdeführerin hat sich dem Verfahren als Nebenklägerin angeschlossen. Am 13.10.2015 begann die Berufungshauptverhandlung beim Landgericht Freiburg, die am 14.10.2015 fortgesetzt wurde. Die weiteren Fortsetzungstermine am 03.11.2015 und 04.11.2015 fanden jeweils in Abwesenheit des Angeklagten statt, da dieser - im Zusammenhang mit einer unmittelbar vor Terminsbeginn seitens der Nebenklägerin veranlassten Taschenpfändung - erhebliche gesundheitliche Beschwerden geltend machte; die hinzugezogenen Rettungssanitäter hielten eine genauere ärztliche Abklärung im Universitätsklinikum Freiburg für geboten. Diese ergab nach Auskunft der Ärztin der Notaufnahme, dass der Angeklagte einen „frischen Herzinfarkt“ erlitten habe und stationär aufgenommen worden sei, wobei weitere Untersuchungen geboten seien. Als sich der Angeklagte am Nachmittag des 04.11.2015 immer noch in stationärer Behandlung befand und ein Fortsetzungstermin bei einer Nichtberücksichtigung des Termins vom 03.11.2015 (vgl. hierzu BGH NStZ 2009, 168 einerseits und BGH, Beschluss vom 30.06.2015 - 3 StR 202/15 -, juris, andererseits) spätestens am 06.11.2015 hätte stattfinden müssen (zur Fristberechnung vgl. BGH, Beschluss vom 3.03.2014 - 3 StR 408/13 -, juris), eine Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bis zu diesem Zeitpunkt ungewiss und der Verteidiger am 06.11.2015 durch einen anderen Termin verhindert war, setzte die Strafkammer nach Anhörung von Staatsanwaltschaft, Nebenklägervertreterin und Verteidiger die Hauptverhandlung mit Beschluss vom 04.11.2015 aus; ein neuer Termin sollte später von Amts wegen bestimmt werden.
Gegen diesen Beschluss legte die Nebenklägerin durch ihren Rechtsbeistand mit Schriftsatz vom 10.11.2015 Beschwerde ein. Zur Begründung rügte sie die Verfahrensverzögerung und vertrat die Ansicht, eine Verhandlungsunfähigkeit habe nicht vorgelegen; im Übrigen hätte auch in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt werden können. Ferner habe es sich bei dem 04.11.2015 um einen fristunterbrechenden Verhandlungstag im Sinne des § 229 StPO gehandelt.
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat unter dem 04.12.2015 auf Verwerfung der Beschwerde als unbegründet angetragen. Der Verteidiger hält die Beschwerde für unzulässig, da die Nebenklägerin nicht beschwert sei.
II.
Die Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss vom 04.11.2015 ist als unzulässig zu verwerfen, da eine solche im Fall der Nebenklage nicht statthaft ist.
Angesichts der bei einer Beschwerde des Nebenklägers von vornherein fehlenden Zulässigkeit bedarf es keiner Entscheidung, ob eine solche ungeachtet der Regelung des § 305 Satz 1 StPO bei einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft oder des Angeklagten gegeben wäre (vgl. die überwiegend differenzierende Ansicht: OLG Karlsruhe Justiz 1977, 277; NStZ 1985, 227; OLG Brandenburg NStZ 2014, 176; OLG Stuttgart Justiz 2000, 91; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 142; OLG Frankfurt StV 1988, 195; KK-Gmel, StPO, 7. Aufl. 2013, § 228 Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 228 Rn. 16; LR-StPO/Becker, 26. Aufl. 2009, § 228 Rn. 40; SK-StPO/Deiters/Albrecht, 5. Aufl. 2015, § 228 Rn. 21; Radtke/Hohmann/Britz, StPO, 1. Aufl. 2011, § 228 Rn. 29; SSW-Grube, StPO, 2. Aufl. 2016, § 228 Rn. 28; HK-StPO/Julius, 5. Aufl. 2012, § 228 Rn. 11; generell ablehnend: KMR-Eschelbach, StPO, Stand Mai 2006, § 228 Rn. 32).
Die prozessualen Rechte des Nebenklägers sind seit der Neuregelung durch das Opferschutzgesetz vom 18.12.1996 (BGBl. I Seite 2496) und dem 2. Opferrechtsreformgesetz vom 29.07.2009 (BGBl. I Seite 2280) in der Strafprozessordnung im Wege der Einzelregelung abschließend normiert worden (vgl. zum Opferschutzgesetz Rieß/Hilger NStZ 1987, 145, 154). Dessen Befugnisse in der Hauptverhandlung, insbesondere aktiven Möglichkeiten, ergeben sich jeweils abschließend aus § 397 Abs. 1 Sätze 3 und 4 StPO, die Anfechtungsbefugnisse aus § 400 StPO. Weitergehende Rechte stehen dem Nebenkläger grundsätzlich nicht zu; er hat insbesondere keine der Staatsanwaltschaft entsprechende Rechtsstellung inne (KK-Senge, aaO, § 397 Rn. 1; Radtke/Hohmann/Merz, aaO, § 397 Rn. 11; SSW-Schöch, aaO, § 397 Rn. 9). Der Nebenkläger ist demzufolge nur zur Rechtsmitteleinlegung befugt, soweit er in seiner Rechtsstellung beschwert ist (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 400 Rn. 1; vgl. auch KK-Senge, aaO, § 400 Rn. 4). Angesichts dieser eingeschränkten Rechtsstellung steht dem Nebenkläger nicht zu, die Aussetzung der Hauptverhandlung zu verlangen (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 397 Rn. 6 a.E.; SK-StPO/Velten, aaO, § 397 Rn. 10; Radtke/Hohmann/Merz, aaO, § 397 Rn. 11; SSW-Schöch, aaO, § 397 Rn. 9; einschränkend LR-StPO/Hilger, aaO, § 397 Rn. 11 bei besonderer - hier nicht gegebener - Konstellation).
Da der Nebenkläger eine Aussetzung der Hauptverhandlung nicht wirksam beantragen kann, ist die Anfechtung einer solchen Entscheidung ebenfalls ausgeschlossen, da auch sie dessen (eingeschränkte) Rechtsstellung nicht berührt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Sätze 1 und 3 StPO.

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen, indem er wiederholt

1.
die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,
2.
unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
3.
unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person
a)
Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder
b)
Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen,
4.
diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht,
5.
zulasten dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person eine Tat nach § 202a, § 202b oder § 202c begeht,
6.
eine Abbildung dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
7.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft der Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
8.
eine mit den Nummern 1 bis 7 vergleichbare Handlung vornimmt.

(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 7 wird die Nachstellung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch die Tat eine Gesundheitsschädigung des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person verursacht,
2.
das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt,
3.
dem Opfer durch eine Vielzahl von Tathandlungen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachstellt,
4.
bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 ein Computerprogramm einsetzt, dessen Zweck das digitale Ausspähen anderer Personen ist,
5.
eine durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangte Abbildung bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 6 verwendet,
6.
einen durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangten Inhalt (§ 11 Absatz 3) bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 7 verwendet oder
7.
über einundzwanzig Jahre ist und das Opfer unter sechzehn Jahre ist.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 0 2 / 1 5
vom
30. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 18. Dezember 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Mit der Rüge, die Hauptverhandlung sei entgegen § 229 Abs. 1 StPO für die Dauer von mehr als drei Wochen unterbrochen gewesen, hat das Rechtsmittel Erfolg.
2
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
3
Am 5. November 2014 wurde die Hauptverhandlung unterbrochen. Zum Fortsetzungstermin am 26. November 2014 wurde eine Zeugin geladen. Diese ließ am 25. November 2014 unter Vorlage eines ärztlichen Attests mitteilen, sie könne der Ladung wegen einer akuten, voraussichtlich bis 2. Dezember 2014 bestehenden Erkrankung keine Folge leisten. Dies gab der Vorsitzende in der Hauptverhandlung am 26. November 2014 bekannt; das Attest und die Mitteilung wurden laut Protokoll "zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht". Anschließend wurde die Hauptverhandlung erneut unterbrochen; gemäß Absprache mit den Verfahrensbeteiligten wurde Fortsetzungstermin auf den 10. Dezember 2014 bestimmt.
4
2. Die Rüge, die Hauptverhandlung sei zwischen 5. November und 10. Dezember 2014 - mithin länger als drei Wochen - unterbrochen gewesen, hat Erfolg. Am 26. November 2014 wurde die Hauptverhandlung nicht im Sinne von § 229 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 StPO fortgesetzt.
5
a) Nach ständiger Rechtsprechung gilt eine Hauptverhandlung dann als fortgesetzt, wenn zur Sache verhandelt und das Verfahren gefördert wird (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2014 - 4 StR 370/13, NStZ 2014, 220). Zwar kann auch in der Befassung lediglich mit Verfahrensfragen eine Förderung des Verfahrens in der Sache liegen, wenn deren Ziel die Klärung ist, durch welche Untersuchungshandlungen der Aufklärung des Sachverhalts Fortgang gegeben werden kann (BGH aaO). Nicht ausreichend hierfür ist jedoch allein die in der Sache selbst nicht weiterführende Prüfung und Erörterung, ob eine - weitere - Unterbrechung der Hauptverhandlung notwendig ist und wann diese gegebenenfalls fortgesetzt werden kann (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 229 Rn. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 229 Rn. 11; jeweils mwN). So liegt der Fall indes hier.
6
b) Allerdings hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass die Unterbrechungsfrist des § 229 Abs. 1 StPO auch dann gewahrt ist, wenn die für den Fortsetzungstermin in Aussicht genommene weitere Förderung des Verfahrens in der Sache infolge unvorhersehbarer Ereignisse nicht stattfinden kann (BGH, Beschluss vom 5. November 2008 - 1 StR 583/08, NJW 2009, 384). Der Senat kann offen lassen, ob er dieser Ansicht beitreten könnte, insbesondere , ob sie mit dem wesentlichen Zweck des § 229 StPO, der Wahrung der Konzentrationsmaxime (LR/Becker aaO, Rn. 1 mwN), noch zu vereinbaren ist; denn auf die vorliegende Sachverhaltsgestaltung ist diese Entscheidung jedenfalls nicht übertragbar. Ihr lag zu Grunde, dass das Gericht im Fortsetzungstermin zunächst einem mit veränderter Sachlage begründeten Unterbrechungsantrag des Verteidigers entsprechen musste. Demgegenüber war das Landgericht hier ausschließlich infolge der Erkrankung der geladenen Zeugin daran gehindert, die Beweisaufnahme wie vorgesehen fortzusetzen. Welche Auswirkungen es auf den Lauf der höchstzulässigen Unterbrechungsfrist hat, wenn ein Verfahrensbeteiligter wegen Krankheit nicht zur Hauptverhandlung erscheinen kann, ist indes Gegenstand der besonderen und abschließenden Regelung in § 229 Abs. 3 StPO. Eine Hemmung der Unterbrechungsfrist wegen Erkrankung eines Zeugen ist dort nicht vorgesehen. Dies kann nicht dadurch umgangen werden, dass die Bekanntgabe einer Erkrankung als Sachverhandlung im Sinne einer Fortsetzung der Hauptverhandlung nach § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO gewertet wird, durch die die Unterbrechungsfrist gewahrt wird.
Becker Hubert Mayer
Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 0 8 / 1 3
vom
20. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. März 2014 einstimmig

beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. Juli 2013 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Die Rüge der Verletzung des § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO bleibt ohne Erfolg. Denn selbst wenn - wie von der Revision geltend gemacht - an den Hauptverhandlungstagen vom 30. Mai 2013 und 7. Juni 2013 nicht zur Sache verhandelt worden wäre, wäre die Unterbrechungsfrist des § 229 Abs. 1 StPO bei Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht abgelaufen gewesen. Die Fristen des § 229 StPO stellen keine Fristen im Sinne der §§ 42, 43 StPO dar. Weder der Tag, an dem die Unterbrechung angeordnet wird, noch derjenige, an dem die Verhandlung wieder aufgenommen wird, sind in die Frist einzuberechnen (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 229 Rn 6). Vor dem 30. Mai 2013 war zuletzt am Donnerstag, den 16. Mai 2013, verhandelt worden, so dass die Unterbre- chungsfrist am Freitag, den 17. Mai 2013, zu laufen begann und am Freitag, den 7. Juni 2013, endete. Da der 8. Juni 2013, an dem nach § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO die Hauptverhandlung hätte fortgesetzt werden müssen, ein Samstag war, musste nach § 229 Abs. 4 Satz 2 StPO die Hauptverhandlung erst am Montag, den 10. Juni 2013, wieder aufgenommen werden. Dies ist auch geschehen.
Becker Hubert Schäfer Gericke Spaniol

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, unterliegen nicht der Beschwerde. Ausgenommen sind Entscheidungen über Verhaftungen, die einstweilige Unterbringung, Beschlagnahmen, die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, das vorläufige Berufsverbot oder die Festsetzung von Ordnungs- oder Zwangsmitteln sowie alle Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden.

(1) Der Nebenkläger ist, auch wenn er als Zeuge vernommen werden soll, zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt. Er ist zur Hauptverhandlung zu laden; § 145a Absatz 2 Satz 1 und § 217 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend. Die Befugnis zur Ablehnung eines Richters (§§ 24, 31) oder Sachverständigen (§ 74), das Fragerecht (§ 240 Absatz 2), das Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden (§ 238 Absatz 2) und von Fragen (§ 242), das Beweisantragsrecht (§ 244 Absatz 3 bis 6) sowie das Recht zur Abgabe von Erklärungen (§§ 257, 258) stehen auch dem Nebenkläger zu. Dieser ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, im selben Umfang zuzuziehen und zu hören wie die Staatsanwaltschaft. Entscheidungen, die der Staatsanwaltschaft bekannt gemacht werden, sind auch dem Nebenkläger bekannt zu geben; § 145a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Nebenkläger kann sich des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen. Der Rechtsanwalt ist zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt. Er ist vom Termin der Hauptverhandlung zu benachrichtigen, wenn seine Wahl dem Gericht angezeigt oder er als Beistand bestellt wurde.

(3) Ist der Nebenkläger der deutschen Sprache nicht mächtig, erhält er auf Antrag nach Maßgabe des § 187 Absatz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes eine Übersetzung schriftlicher Unterlagen, soweit dies zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich ist.

(1) Der Nebenkläger kann das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, daß eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird oder daß der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluß des Nebenklägers berechtigt.

(2) Dem Nebenkläger steht die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß zu, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nach den §§ 206a und 206b eingestellt wird, soweit er die Tat betrifft, auf Grund deren der Nebenkläger zum Anschluß befugt ist. Im übrigen ist der Beschluß, durch den das Verfahren eingestellt wird, für den Nebenkläger unanfechtbar.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.