Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 18. Jan. 2010 - 2 Ws 451/09; 2 Ws 451/09 - HEs 226/09

18.01.2010

Tenor

Der Unterbringungsbefehl des Amtsgerichts F. vom 10.12.2009 wird aufgehoben.

Gründe

 
Unter dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit unerlaubter Verabreichung von Betäubungsmitteln, begangen in der Zeit vom 07.10. bis zum 09.10.2008, befand sich der Beschuldigte nach seiner Festnahme am 07.04.2009 zunächst aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts F. vom 26.3.2009 in Untersuchungshaft, die vom 15.05.2009 bis zum 23.07.2009 zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Tagen unterbrochen war. Seit dem 10.12.2009 ist er aufgrund des an diesem Tag erlassenen und eröffneten Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts F. einstweilig untergebracht. Über den Inhalt des Haftbefehls hinaus hat der Unterbringungsbefehl unter Ziff. 1 eine weitere Tat - Tatzeit 21.09.2007 - der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubter Verabreichung von Betäubungsmitteln zum Gegenstand, die zunächst durch den nicht rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts F. vom 21.01.2009 mit einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von acht Monaten geahndet worden war; die Staatsanwaltschaft hat den Strafbefehlsantrag inzwischen zurückgenommen. Die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten war bei der Tat vom 21.09.2007 möglicherweise aufgehoben, bei der Tat im Oktober 2008 möglicherweise erheblich eingeschränkt.
Da ein Urteil noch nicht ergangen ist und das als Haftgericht zuständige Amtsgericht F. die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung für erforderlich hält, sind die Voraussetzungen der besonderen Überprüfung dieser Maßnahme durch den Senat gegeben. Diese führt zur Aufhebung des Unterbringungsbefehls.
Der Beschuldigte hat die Vorwürfe zwar im wesentlichen bestritten. Dennoch ist er der ihm im Unterbringungsbefehl vorgeworfenen Taten dringend verdächtig. Der dringende Tatverdacht beruht hauptsächlich auf den Angaben der geschädigten Zeuginnen J.-C. S. (Tat Ziff. 1) und D. T. (Tat Ziff. 2). Der Hauptverhandlung bleibt dabei die Klärung der Frage vorbehalten, ob im Hinblick auf die Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten (Blatt 72) hinsichtlich der Tat Ziff. 1 die Voraussetzungen des Vollrausches gemäß § 323a StGB vorlagen. Hinsichtlich des dringenden Verdachts für die Tat Ziff. 2 kann hier dahin stehen, ob er sich angesichts der teilweise widersprüchlichen ärztlichen Zeugnisse über Verletzungsspuren bei der Zeugin T. auf alle Einzelheiten des im Unterbringungsbefehl geschilderten sexuellen Geschehens erstreckt. Ferner ergeben sich auch nach Auffassung des Senats aus dem plausiblen schriftlichen Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. S. dringende Gründe dafür, dass der Beschuldigte in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden wird.
Gleichwohl war der Unterbringungsbefehl aufzuheben. Die weitere vorläufige Unterbringung erscheint unverhältnismäßig, weil dem auch bei der einstweiligen Unterbringung gemäß § 126a StPO geltenden Beschleunigungsgebot (OLG Koblenz NStZ-RR 2007, 207; OLG Celle StraFo 2007, 372 jew. m.w.Nachw.) nicht Rechnung getragen wurde. Zwar führt - anders als im Rahmen der besonderen Haftprüfung nach §§ 121f StPO - nicht schon jede nicht unerhebliche vermeidbare Verfahrensverzögerung zur Aufhebung eines Unterbringungsbefehls. Vielmehr eröffnet die bei freiheitsentziehenden Maßnahmen stets gebotene Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Einzelfall eine Abwägung zwischen den Belangen des Freiheitsgrundrechts - und hiermit der Verfahrensbeschleunigung - einerseits sowie dem Interesse der Allgemeinheit an dem Schutz vor gefährlichen Straftätern andererseits. Hiernach kann bei besonders gefährlichen Straftätern trotz erkennbarer Verfahrensverzögerungen die Fortdauer einer einstweiligen Unterbringung zum Schutz der Allgemeinheit im Einzelfall verhältnismäßig sein (einhellige Rechtsprechung: vgl. z.B. KG Berlin B. v. 15.09.2009 (4) 1 HEs 34/09 in juris; OLG Bremen NStZ 2008, 650; OLG Hamm NJW 2007, 3220; Thüringer OLG B. v. 04.09.2007, 1 Ws 331 /07 in juris; OLG Celle aaO.). Im Rahmen dieser Abwägung kommt dem Beschleunigungsgebot als Ausfluss des Freiheitsgrundrechts ein hoher Stellenwert zu (Thüringer OLG aaO).
Die nach diesen Maßstäben vorzunehmende Abwägung zwischen den Belangen des Freiheitsgrundrechts und dem Interesse der Allgemeinheit an dem Schutz vor gefährlichen Straftätern führt vorliegend zur Aufhebung der einstweiligen Unterbringung.
Dem Beschuldigten werden zwar erhebliche, im Abstand von einem Jahr begangene Straftaten zur Last gelegt. Sie richteten sich gegen Frauen, mit denen der nur unerheblich vorbestrafte jetzt 39 Jahre alte Beschuldigte intim befreundet war. Es besteht die Gefahr, dass der unter einer kombinierten Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit einer Polytoxikomanie leidende Beschuldigte, für den der psychiatrische Sachverständige „für die Zukunft vergleichbare Straftaten mit der vom Gesetzgeber geforderten Wahrscheinlichkeit“ prognostiziert, in erneuten Beziehungen zu Frauen ähnliche gegen hochrangige Rechtsgüter - die sexuelle Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit und Gesundheit anderer - gerichtete Taten wieder begehen könnte. Damit ist der Beschuldigte zwar als gefährlich für die Allgemeinheit anzusehen, doch wird diese Einschätzung in einem gewissen Grade durch den erheblichen Zeitabstand zwischen den Taten und durch die Tatsache relativiert, dass in dem halben Jahr zwischen der letzten Tat des Beschuldigten und seiner Festnahme keine neuen Vorwürfe bekannt geworden sind. Hinzu kommt, dass sich der Beschuldigte bereit erklärt hat, im Falle seiner Freilassung therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Da der Beschuldigte auch früher schon Behandlungsangebote wahrgenommen hatte, erachtet der Senat dies als glaubhaft und misst diesem Gesichtspunkt einige Bedeutung zu. Auch die Staatsanwaltschaft hatte vor der Unterbringungsprüfung signalisiert, dass sie einer Außervollzugsetzung des Unterbringungsbefehls nicht entgegentreten würde, wenn eine Therapieeinrichtung gefunden würde, die bereit wäre, den Beschuldigten aufzunehmen. Entsprechende Bemühungen des Verteidigers sind allerdings erfolglos geblieben.
Dem steht bei der hier vorzunehmenden Abwägung gegenüber, dass das Verfahren, das - unbeschadet der Unterbrechung der Untersuchungshaft zur Verbüßung von 70 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe - bis zu der mehr als acht Monate nach der Festnahme des Beschuldigten erfolgten Eröffnung des Unterbringungsbefehls als besonders beschleunigungsbedürftige Haftsache zu behandeln war, nur unzureichend gefördert wurde.
Seit der Festnahme des Beschuldigten am 07.04.2009 und der an diesem Tage durchgeführten Wohnungsdurchsuchung und Beschuldigtenvernehmung sind den Akten nur wenige das Verfahren fördernde Maßnahmen zu entnehmen, wobei der Senat durchaus berücksichtigt, dass die Auswertung der bei der Durchsuchung sicher gestellten Gegenstände durch die Kriminalpolizei im Monat Mai einige Zeit beanspruchte.
- Am 20.04.2009 wurde dem Verteidiger auf seinen Antrag vom 07.04.2009 Akteneinsicht gewährt, worauf er seinen zuvor gestellten Haftprüfungsantrag zurücknahm und der Haftprüfungstermin vom 22.04.2009 aufgehoben wurde.
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- Am 29.04.2009 beantragte die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht F. den Erlass eines Beschlusses gemäß § 81a StPO zur Entnahme einer Haarprobe beim Beschuldigten. Dieser Beschluss erging noch am 29.04.2009 und wurde, da sich die zunächst gewonnenen Haarproben als ungeeignet erwiesen hatten, am 08.06.2009 wiederholt und am 15.06.2009 nochmals ausgeführt.
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- Am 22.05.2009 war die Mutter der geschädigten Zeugin D. T., G. T. polizeilich vernommen worden.
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- Am 24.06.2009 wurde die Geschädigte D. T. ergänzend vernommen. Außerdem wurde an diesem Tage der Schlussbericht der Kriminalpolizei zu den Akten gebracht.
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- Am 13.08.2009 erteilte die Staatsanwaltschaft nach Eingang zweier rechtsmedizinischer Gutachten dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. S. den Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über die Schuldfähigkeit des Beschuldigten und zur Frage seiner Gefährlichkeit i. S. von § 63 StGB.
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- Am 20.10.2009 wurde nach wiederholter Mahnung durch den Verteidiger die Mutter des Beschuldigten, die Zeugin S., vernommen.
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- Nach Eingang des psychiatrischen Gutachtens am 27.11.2009 wurden die bisher getrennt geführten Verfahren verbunden, und
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- am 10.12.2009 wurde der Unterbringungsbefehl erlassen.
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Mit Recht beanstandet der Verteidiger des Beschuldigten, dass diese Verfahrensweise dem Gebot beschleunigter Bearbeitung nicht entspricht.
18 
Vor allem ist das Verfahren durch die verspätete Beauftragung des psychiatrischen Sachverständigen, die sich seit der Festnahme des Beschuldigten von Anfang an als zentral wichtige Ermittlungsmaßnahme aufdrängte und bereits im April 2009, spätestens aber nach Eingang des Antrags des Verteidigers Ende Mai 2009 möglich und geboten gewesen wäre, in schwerwiegender Weise verzögert worden.
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Bereits aus der Aussage der Zeugin T. anlässlich ihrer Anzeigeerstattung am 19.02.2009 ergaben sich eindeutige Hinweise, dass der Beschuldigte bei der Tat zu ihrem Nachteil unter starkem Drogeneinfluss gestanden hatte. In dem damals bereits ausermittelten, hier später hinzuverbundenen Verfahren wegen einer gleichartigen Tat zum Nachteil der Zeugin S. hatte der Verteidiger des Beschuldigten bereits am 31.03.2009 einen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschuldigten gestellt, den er am 08.04.2009 zu den Akten des vorliegenden Verfahrens übersandte. Zwar teilte der Verteidiger, der zu diesem Zeitpunkt noch keine Akteneinsicht erhalten hatte, im Hinblick auf den dem Haftbefehl zugrunde liegenden neuen Tatvorwurf mit, dass er den Antrag zurückstelle. Dies ändert aber nichts an der sich für die Ermittlungsbehörden aus der Kenntnis der Akten schon zu diesem Zeitpunkt aufdrängenden Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung des Beschuldigten. Mit Fax-Schreiben vom 27.05.2009 wiederholte der Verteidiger den Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens unter Hinweis auf den bereits bei den Akten befindlichen Antrag vom 31.03.2009 und begründete ihn. Eine Reaktion der Staatsanwaltschaft erfolgte hierauf nicht, auch nicht auf die Anregung des Verteidigers, die nunmehr aussagebereite Mutter des Beschuldigten, die Zeugin S., zu vernehmen - deren Vernehmung erfolgte erst am 20.10.2009. Am 09.07.2009 mahnte der Verteidiger die Erteilung eines Gutachtenauftrages und auch, wie schon am 22.06.2009, die Vernehmung der Zeugin S. an. Der sachbearbeitende Staatsanwalt teilte daraufhin mit, es lägen noch nicht alle Untersuchungsergebnisse vor. Nachdem das Ergebnis der noch ausstehenden Haaranalyse hinsichtlich des Beschuldigten am 20.07.2009 und das Ergebnis der Blutuntersuchung der Zeugin T. am 06.08.2009 eingegangen war, erteilte die Staatsanwaltschaft am 13.08.2009 dem Psychiater Dr. S. den Auftrag, zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten und zur Frage seiner Unterbringung gemäß § 63 StGB ein Gutachten zu erstellen. Dieses Gutachten ging am 27.11.2009 bei der Staatsanwaltschaft ein und führte zum Erlass des Unterbringungsbefehls.
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Die bei strenger Betrachtung um vier, mindestens aber zweieinhalb Monate verspätete Beauftragung des Sachverständigen hat zur Folge, dass in dem wenig umfangreichen Verfahren acht Monate nach der Festnahme des Beschuldigten und fast ein halbes Jahr nach Erstellung des polizeilichen Schlussberichts eine Anklage noch nicht vorliegt und der Zeitpunkt einer möglichen Hauptverhandlung nicht absehbar ist, zumal zu prüfen sein wird, ob die von der Verteidigung benannten Zeuginnen zur Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin T. noch vor der Eröffnung des Hauptverfahrens vernommen werden müssen.
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Das Vorliegen der Haaranalyse brauchte für die Gutachtenerstattung nicht abgewartet zu werden, da aus ihm keine detaillierten Erkenntnisse zur Intoxikation des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt zu erwarten waren und da das Ergebnis dem Sachverständigen, wäre es für ihn für die Frage der Unterbringung von Bedeutung gewesen, noch nachgereicht hätte werden können. Dass dem am 03.03.2009 in Auftrag gegebenen Gutachten über die Blutuntersuchung der Geschädigten T., die sich am 10.10.2008 in der Universitätsklinik F. zur Dokumentation ihrer Verletzungen vorgestellt hatte und der dabei eine Blutprobe entnommen worden war, maßgebliche Bedeutung für die Beurteilung des Tatverdachts und für den Gutachtensauftrag zugekommen wäre, erscheint dem Senat nicht als plausibel. Denn die Akten enthalten nur eine einzige Anfrage der Kriminalpolizei am 25.05.2009 bei dem toxikologischen Institut der rechtsmedizinischen Klinik und keine Mahnung der Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf die Eilbedürftigkeit der Sache, die sonst notwendig gewesen wäre. Hätte dieses Gutachten ergeben, dass die Geschädigte zum Tatzeitpunkt nicht unter Drogeneinfluss gestanden hätte, wäre das Verfahren schwerlich eingestellt worden. Vielmehr erachtet es der Senat als naheliegend, dass die Tat unter dem nicht minder erheblichen Vorwurf der sexuellen Nötigung weiter verfolgt worden wäre.
22 
Unter diesen Umständen wiegt die eingetretene Verfahrensverzögerung so schwer, dass die Fortdauer der einstweiligen Unterbringung als unverhältnismäßig angesehen werden muss.
23 
Der Unterbringungsbefehl vom 10.12.2009 war deshalb aufzuheben.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 63 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus


Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und

Strafprozeßordnung - StPO | § 81a Körperliche Untersuchung des Beschuldigten; Zulässigkeit körperlicher Eingriffe


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Strafprozeßordnung - StPO | § 126a Einstweilige Unterbringung


(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrisc

Strafgesetzbuch - StGB | § 323a Vollrausch


(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat

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(1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel in einen Rausch versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen nicht bestraft werden kann, weil er infolge des Rausches schuldunfähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die Strafe, die für die im Rausch begangene Tat angedroht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgt werden könnte.

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.

(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§ 114 bis 115a, 116 Abs. 3 und 4, §§ 117 bis 119a, 123, 125 und 126 entsprechend. Die §§ 121, 122 gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht prüft, ob die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung weiterhin vorliegen.

(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten werden. § 120 Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Hat der Untergebrachte einen gesetzlichen Vertreter oder einen Bevollmächtigten im Sinne des § 1831 Absatz 5 und des § 1820 Absatz 2 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, so sind Entscheidungen nach Absatz 1 bis 3 auch diesem bekannt zu geben.

(1) Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.

(2) Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 oder § 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.

(3) Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.