Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 09. Feb. 2005 - 2 Ws 15/05

bei uns veröffentlicht am09.02.2005

Tenor

Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts U. vom 06. Dezember 2004 aufgehoben.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

 
I. Am 21.05.2004 erließ das Amtsgericht Z. gegen den Angeklagten, einen Polizeibeamten, einen Strafbefehl, in welchem ihm ein Vergehen der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr (BAK 2,13 ‰) und drei Vergehen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (Tatzeit 08.09.2003) vorgeworfen wurden. Auf seinen - hinsichtlich des Trunkenheitsvorwurfs auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten - Einspruch verurteilte ihn das Amtsgericht Z. am 08.07.2004 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu der Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 40 EUR. Zugleich entzog es ihm die Fahrerlaubnis, zog den bereits am 19.09.2003 zu den Akten gegebenen Führerschein ein und wies die Verwaltungsbehörde an, vor Ablauf von drei Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Bezüglich der übrigen Vorwürfe war das Verfahren nach mehrstündiger Verhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft gemäß § 154a StPO eingestellt worden.
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, die zugleich die Wiedereinbeziehung der ausgeschiedenen Teile der Tat gem. § 154a Abs. 3 Satz 2 StPO beantragte, hob das Landgericht U. mit Urteil vom 06.10.2004 das Urteil des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die wieder einzubeziehenden Widerstandshandlungen zurück. Gegen dieses Urteil des Landgerichts hat der Angeklagte Revision eingelegt, über die noch nicht entschieden ist, und mit am 20.11.2004 eingekommenem Schriftsatz seines Verteidigers die Herausgabe des Führerscheins beantragt. Hierauf hat die Strafkammer mit dem angefochtenen Beschluss vom 06.12.2004 dem Angeklagten die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen.
Seine hiergegen gerichtete Beschwerde hat Erfolg.
er, auf sachwidriger Behandlung beruhenden Verfahrensverzögerungen unverhältnismäßig ist.aßnahme wegen vermeidbarer, auf sachwidriger Behandlung beruhenden Verfahrensverzögerungen unverhältnismäßig ist.
II. Das gem. § 304 Abs. 1 StPO statthafte und zulässige Rechtsmittel ist begründet. Unbeschadet des fortbestehenden dringenden Tatverdachts hinsichtlich der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr und unabhängig von der Frage, ob angesichts der seit dem Vorfall vom 08.09.2003 verstrichenen Zeit noch ein Eignungsmangel i.S. von § 69 StGB und damit ein dringender Grund für die Maßnahme nach § 111 a StPO besteht, ist die Aufhebung des Beschlusses vom 06.12.2004 veranlasst, weil die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen vermeidbarer, auf sachwidriger Behandlung beruhender Verzögerungen des Verfahrens unverhältnismäßig ist.
Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist wie alle strafprozessualen Zwangsmaßnahmen verfassungsrechtlichen Schranken unterworfen, die sich besonders im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und in dem Beschleunigungsgebot konkretisieren. Die Belastung aus einem Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich eines Beschuldigten muss in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen stehen. Dieses Übermaßverbot setzt der Zulässigkeit eines Eingriffs nicht nur bei dessen Anordnung und Vollziehung, sondern auch bei dessen Fortdauer Grenzen. Darüber hinaus erfordern das Rechtsstaatsgebot und Art. 6 Abs. 1 EMRK eine angemessene Beschleunigung des Strafverfahrens. Andernfalls wird bei Versäumnissen im Justizbereich und dadurch eintretenden erheblichen Verfahrensverzögerungen das Recht eines Beschuldigten auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren verletzt. Ermittlungsverfahren, in denen eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet wurde, sind daher mit besonderer Beschleunigung zu führen (OLG Hamm NZV 2002, 380; OLG Düsseldorf StV 1994, 233; OLG Köln NZV 1991, 243; Schäfer in Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl. § 111 a Rdnr. 3, 14).
Im vorliegenden Verfahren ist gegen das Beschleunigungsgebot in erheblicher Weise verstoßen worden und dadurch eine so gravierende Verfahrensverzögerung eingetreten, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis keinen weiteren Bestand haben kann.
1. Nach der Sicherstellung des Führerscheins am 19.09.2003 und der Erstellung des polizeilichen Schlussberichts am 13.11.2003 wurden die Akten der Staatsanwaltschaft U. vorgelegt, die dem Verteidiger am 01.12.2003 Akteneinsicht mit einer Frist zur Stellungnahme bis 15.01.2004 gewährte. Nachdem binnen dieser großzügig bemessenen Frist entgegen der Ankündigung des Verteidigers keine Stellungnahme eingegangen war, hätte die Sache unverzüglich gerichtlich anhängig gemacht werden müssen. Daran ändert nichts, dass der Verteidiger Ende Januar 2004 fernmündlich erklärte, eine Stellungnahme für den Beschuldigten „alsbald“ abzugeben; ohne einen konkreten, engen zeitlichen Rahmen für deren Eingang war hier ein weiteres Zuwarten wegen des Beschleunigungsgrundsatzes nicht sachgerecht. Tatsächlich ist erst nach nochmaliger Anforderung eine Stellungnahme des Verteidigers am 23.03.2003 eingegangen, mit der er die Widerstandsvorwürfe in Abrede stellte und eine Erledigung im Strafbefehlsverfahren, beschränkt auf den eingestandenen Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr, anregte.
Gleichwohl hat die Staatsanwaltschaft trotz dieser Verzögerung erst am 28.04.2004 den Abschluss der Ermittlungen verfügt und den Erlass eines Strafbefehls hinsichtlich aller Vorwürfe beantragt. Diesem Antrag entsprach das Amtsgericht Z. - nachdem es Einwendungen erhoben und hierzu eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft eingeholt hatte - am 21.05.2004. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls war somit, ohne dass dies sachlich begründet gewesen wäre, ein im Vergleich zu ähnlichen Fällen übermäßig langer Zeitraum von acht Monaten seit der Sicherstellung des Führerscheins verstrichen, obwohl die Ermittlungen schon nach ca. 2 Monaten abgeschlossen gewesen waren.
10 
Nach der - absehbaren - Einlegung des Einspruchs gegen den Strafbefehl hat das Amtsgericht Z. zügig Hauptverhandlungstermin auf den 08.07.2004 bestimmt. Nach eingehender Beweisaufnahme und der mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft vorgenommenen Verfahrenbeschränkung wurde die Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr ausgesprochen, die nur in der Tagessatzhöhe und um einen Monat bei der Sperrfristbemessung vom Antrag der Staatsanwaltschaft abwich.
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2. Ohne Verzug hat das Landgericht Termin zur Berufungshauptverhandlung auf den 06.10.2004 anberaumt. Jedoch ist seine Entscheidung, die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung auch über die wieder einbezogenen Tatteile an das Amtsgericht zurückzuverweisen, rechtsfehlerhaft.
12 
Bis zum Inkrafttreten des Strafverfahrensänderungsgesetzes 1987 am 01.04.1987 (BGBl. I, 1987, 475, 480) war das Berufungsgericht nach § 328 Abs. 2 StPO in der damaligen Fassung befugt, ein Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszugs bei bestimmten, schwerwiegenden Verfahrensfehlern und, nach Satz 2 der Vorschrift, dann zurückzuverweisen, wenn das Berufungsgericht abtrennbare Teile einer in der Anklage bzw. im Eröffnungsbeschluss umgrenzten prozessualen Tat, über die im angefochtenen Urteil nach dessen Gründen nicht entschieden worden war, wieder in das Verfahren nach § 154 a StPO einbezogen hatte. Mit der ersatzlosen Streichung dieser früheren Fassung des § 328 Abs. 2 StPO wurde die Möglichkeit einer Zurückverweisung in solchen Fällen im Interesse der Verfahrensbeschleunigung beseitigt. Daraus folgt, dass das Berufungsgericht auch in den Fällen, in denen in erster Instanz abtrennbare Teile einer Tat gemäß § 154a StPO eingestellt worden sind, in der Sache selbst zu entscheiden hat, auch wenn deren „in jeder Lage des Verfahrens“ (§ 154a Abs. 3 S. 1 StPO) zulässige Wiedereinbeziehung erst in der Berufungsinstanz erfolgt (Weßlau in SK StPO § 154a Rdn 31). Dabei trifft das Berufungsgericht die Pflicht zur erschöpfenden Untersuchung und Aburteilung der Tat, sofern seine Entscheidungsbefugnis nicht durch das Rechtsmittel beschränkt ist (vgl. KK-Engelhardt StPO, 5. Aufl. § 264 Rdnrn. 12, 13).
13 
Über die hier nicht einschlägige, in der aktuellen Fassung des § 328 Abs. 2 StPO gesetzlich vorgesehene Verweisungsmöglichkeit aus Zuständigkeitsgründen hinaus werden allerdings in der Rechtssprechung weiterhin Fallgestaltungen anerkannt, in denen eine Aufhebung des Urteils und eine Zurückverweisung zu erfolgen haben, so beispielsweise bei einer nicht berechtigten Verfahrenseinstellung wegen eines Verfahrenshindernisses (OLG Stuttgart NStZ 1995, 301; OLG Koblenz NStZ 1990, 296) oder bei zu Unrecht erfolgter Verwerfung eines Einspruchs nach § 412 StPO unter fälschlicher Annahme eines unberechtigten Ausbleibens des Angeklagten (BGH NJW 1989, 1869). Voraussetzung dieser Möglichkeit einer Zurückverweisung ist aber stets, dass eine Verhandlung über den Anklagevorwurf und eine Entscheidung zur Sache in erster Instanz noch nicht stattfanden, sondern nur ein erstinstanzliches „Prozessurteil“ vorliegt, auf das in der Berufungsinstanz dann keine Sachentscheidung folgen kann. Eine Zurückverweisung ist daher nur gestattet, wenn das Amtsgericht keine Sachentscheidung getroffen hat (so auch Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 328 Rdnr. 4; Ruß in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2003, § 328 Rdnr. 7; Gössel in Löwe-Rosenberg StPO, 25. Aufl., § 328 Rdnrn. 20, 38). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben. Das Amtsgericht hat eingehend über alle im Strafbefehl enthaltenen Vorwürfe verhandelt und sie – wie auch das Landgericht - als einheitlichen Lebensvorgang und damit als eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne gewertet. Diese Annahme ist auch nach der Auffassung des Senats zutreffend (zu vergleichbaren Fällen OLG Frankfurt NJW 1985, 1850; OLG Stuttgart MDR 1975, 423). Demnach hat das Amtsgericht durch den Beschluss vom 08.07.2004 zutreffend nicht nach § 154 StPO, sondern gemäß § 154a StPO die Verfolgung auf den Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr beschränkt mit der Folge, dass die übrigen Teile (Ziffern 2- 4 des Strafbefehls) der Tat, die materiellrechtlich im Verhältnis der Realkonkurrenz angeklagt sind, ausgeschieden wurden. Damit war dennoch die (prozessual) eine Tat vom 08.09.2003 der Urteilsfindung des Amtsgerichts unterbreitet, über die es eine sachliche Entscheidung in dem ihm eröffneten, nur nach § 154 a StPO eingeschränkten Rahmen getroffen hat. Für eine Zurückverweisung war deshalb kein Raum.
14 
Die fehlerhafte Zurückverweisung der Sache durch das Landgericht hat zu einer weiteren gravierenden Verfahrensverzögerung mit der Folge geführt, dass eine Verfahrensbeendigung auch nach der inzwischen über 16 Monate andauernden amtlichen Verwahrung des Führerscheins nicht abzusehen ist. Auch im Falle einer erfolgreichen Revision des Angeklagten gegen das Urteil vom 06.10.2004 würde in jedem Fall eine neue Tatsachenverhandlung erforderlich, in der über die Berufung der Staatsanwaltschaft befunden werden müsste.
15 
Die im Ermittlungsverfahren bis zum Erlass des Strafbefehls und durch die Sachbehandlung des Berufungsgerichts eingetretenen jeweils erheblichen Verzögerungen stellen sich bei zusammenfassender Betrachtung als gravierender Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot dar, überschreiten deutlich den Rahmen einer noch üblichen Verfahrensdauer vergleichbarer Fälle und stehen auch nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu der Gesamtdauer eines Entzugs der Fahrerlaubnis, wie er nach sonstigen Erkenntnissen im Falle eines Ersttäters zu erwarten ist. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis war daher aufzuheben und der Beschwerde stattzugeben.
16 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 09. Feb. 2005 - 2 Ws 15/05 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 304 Zulässigkeit


(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

Strafgesetzbuch - StGB | § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Strafprozeßordnung - StPO | § 328 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen. (2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungs

Strafprozeßordnung - StPO | § 412 Ausbleiben des Angeklagten; Einspruchsverwerfung


§ 329 Absatz 1, 3, 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Hat der gesetzliche Vertreter Einspruch eingelegt, so ist auch § 330 entsprechend anzuwenden.

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(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.

(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen

1.
der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
1a.
des verbotenen Kraftfahrzeugrennens (§ 315d),
2.
der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
3.
des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
4.
des Vollrausches (§ 323a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht,
so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.

(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen.

(2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen.

(2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.

§ 329 Absatz 1, 3, 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Hat der gesetzliche Vertreter Einspruch eingelegt, so ist auch § 330 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.