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| Die Beteiligten streiten um die Bewertung französischer Rentenanwartschaften. |
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| Die Antragstellerin, geb. am ...1965, und der Antragsgegner, geb. am ...1964, haben am ...2000 die Ehe geschlossen. Die Antragstellerin ist französische Staatsangehörige. Aus der Ehe ist das Kind C., geb. am ...2000, hervorgegangen. |
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| Auf den dem Antragsgegner am 11.07.2006 zugestellten Scheidungsantrag ist die Ehe der Parteien mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Rastatt vom 15.10.2008 in Ziffer 1 geschieden worden (insoweit rechtskräftig) und in Ziffer 2 ist der Versorgungsausgleich dahin geregelt worden, dass vom Konto des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 36,48 EUR auf das Konto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen werden. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, in der Ehezeit vom 01.07.2000 bis 30.06.2006 habe der Antragsgegner Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 238,01 EUR und die Antragstellerin in Höhe von monatlich 165,05 EUR erworben. Der Antragsgegner sei in Höhe der Hälfte des Differenzbetrages von 72,96 EUR, mithin in Höhe von 36,48 EUR ausgleichspflichtig. |
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| Mit am 14.11.2008 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Deutsche Rentenversicherung Bund Beschwerde gegen diese Regelung des Versorgungsausgleichs in dem ihr am 23.10.2008 zugestellten Urteil eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, es sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin eigene französische Rentenanwartschaften erworben habe, die in die Ausgleichsbilanz des Versorgungsausgleichs einzubeziehen seien. Ausweislich eines französischen Versicherungsverlaufs seien für die Antragstellerin im Zeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2006 insgesamt ein Trimester (3 Kalendermonate) mit Pflichtbeiträgen und zwei Trimester (6 Kalendermonate) mit gleichgestellten Zeiten vorhanden. Davon würden zwei Kalendermonate in der Ehezeit liegen. Darüber hinaus seien acht Trimester (24 Kalendermonate) „majoration annuités pour mère de famille“ bescheinigt. Da die Geburt des Kindes während der Ehezeit erfolgt sei, seien die hierauf beruhenden Anwartschaften als während der Ehezeit erworben anzusehen. |
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| Die Beschwerdeführerin beantragt, |
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| die Entscheidung zum Versorgungsausgleich aufzuheben und zur weiteren Sachverhaltsaufklärung sowie erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. |
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| Die Antragstellerin beantragt, |
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| die Beschwerde zurückzuweisen. |
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| Sie macht geltend, die zeitlich nicht lagerbaren französischen Rentenanwartschaften seien nicht fiktiv einem bestimmten Zeitraum zuzuordnen. Indem nach französischem Recht die Kindererziehungszeiten lediglich die Gesamtversicherungszeit erhöhen würden und sich der Wert relativ zu Versicherungsdauer verändere (verringere), wäre es systemwidrig, im Rahmen des deutschen Versorgungsausgleichs den vollen Wert in den Ausgleich einzustellen, nachdem die Antragstellerin während der Ehezeit kein versicherungspflichtiges Einkommen erzielt habe. Vorsorglich sei zur Höhe der Anwartschaft zu beachten, dass hier nur der Ansatz eines reduzierten Steigerungssatzes unter Beachtung des gesetzlichen französischen Rentenalters von 60 Jahren denkbar sei. Eine Vermischung der Systeme sei nicht angezeigt. |
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| Der Antragsgegner ist der Beschwerde nicht entgegengetreten. |
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| Der Senat hat mit Beschluss vom 12.01.2009 zur Bewertung der von der Antragstellerin in der Ehezeit in Frankreich erworbenen Rentenanwartschaften ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. vom 15.02.2010 Bezug genommen. |
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| Die befristete Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund ist gemäß §§ 621e Abs. 1, 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO in Verbindung mit Art. 111 Abs. 1 FGG-RG zulässig und in der Sache begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des Versorgungsausgleichs. |
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| 1. In dem gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB durchzuführenden Versorgungsausgleich sind neben den vom Amtsgericht einbezogenen Rentenanwartschaften der Antragstellerin und des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zusätzlich noch die Rentenanwartschaften der Antragstellerin in Frankreich zu berücksichtigen. |
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| a) Grundsätzlich sind Renten und Rentenanwartschaften eines ausländischen Sozialversicherungsträgers in die Bewertung einzubeziehen. Vorliegend hat die Antragstellerin ohne Berücksichtigung der Anwartschaften aus der französischen Rentenversicherung die geringeren Anwartschaften erworben. Auf Seiten des Berechtigten sind solche Anrechte immer einzustellen und gegebenenfalls mittels eines Sachverständigengutachtens zu bewerten (Borth, Versorgungsausgleich, 4. Aufl., Rdnr. 210). Für Anwartschaften aus der französischen Rentenversicherung gelten diese Grundsätze uneingeschränkt. Die Einbeziehungsfähigkeit französischer Rentenanwartschaften ist in der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, 962). Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass das französische gesetzliche System der Sozialen Sicherheit für Erwerbstätige (Sécurité Sociale), hier das Allgemeine System (Régime Général) eine Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenensicherung gewährt. Die Finanzierung erfolgt überwiegend aus Beiträgen, die sich am Einkommen orientieren. Die Leistung bei Alter besteht aus einer Rente, die sich aus dem Einkommen der besten 10 bzw. 20 - 25 Jahre vor Eintritt des Versicherungsfalles und der anrechenbaren Versicherungszeit (Trimester) errechnet. Mit dem Sachverständigen ist deshalb davon auszugehen, dass das System sowohl in der Finanzierung als auch bei den Leistungen der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Beamtenversorgung in der Funktion vergleichbar und daher in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist. |
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| Nach den Ausführungen des Sachverständigen errechnet sich die von der Antragstellerin in Frankreich erworbene Jahresrente aus einem Basisgehalt (Durchschnitt der aufgewerteten Jahresverdienste), dem Steigerungssatz (bis zu 50 % des Basisgehalts) und der Versicherungsdauer (= Zahl der Trimester : 160). Die französische Sozialversicherung berücksichtigt das während der besten Jahre erzielte Einkommen, das mit einem Steigerungssatz vervielfältigt wird. Dieser ist abhängig von der Zahl der zurückgelegten Versicherungsjahre, aber es werden ein Mindeststeigerungssatz und damit ein Mindestbetrag garantiert. Der Senat folgt der Auffassung des Sachverständigen, dass die Berechnung damit der deutschen Beamtenversorgung ähnelt und es angebracht ist, die pro-rata-temporis-Methode des § 1587a Abs. 2 Nr. 4b BGB anzuwenden. |
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| Im Rahmen der Berechnung der fiktiven Leistung aus der Sécurité Sociale hat der Sachverständige ein Basiseinkommen, ermittelt aus dem in der Auskunft angegebenen Einkommen und dem jeweiligen Aufwertungsfaktor, von 13.039,74 EUR errechnet. Den anwendbaren Steigerungssatz hat er, nachdem die Antragstellerin bis zum 60. Lebensjahr eine Gesamtversicherungszeit von 174,66 Trimester erreichen kann, mit 50 % angenommen. Denn bei Erreichen der Höchstversicherungszeit, in der Regel 164 Trimester, wird der volle Steigerungssatz von 50 % gezahlt. Aus der so ermittelten Gesamtleistung ist der beitragsbezogene Ehezeitanteil aus der Leistung der Sécurité Sociale zu berechnen. In einem ersten Schritt hat der Sachverständige zunächst den Ehezeitanteil berechnet, der auf der Beitragsleistung beruht. Während der Ehezeit hat die Antragstellerin in Frankreich kein versicherungspflichtiges Einkommen erzielt. Aus dem vor der Ehe erworbenen versicherungspflichtigen Einkommen hat sie unter Zugrundelegung einer während der Ehezeit zurückgelegten Versicherungszeit von einem Trimester (01.04.2006 bis 30.06.2006) bei einer Höchstversicherungszeit von 164 Trimestern und einem Basiseinkommen von 13.039,74 EUR sowie einem Steigerungssatz von 50 % einen Anspruch von jährlich 39,75 EUR erworben. |
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| Weiterhin sind der Antragstellerin 8 Trimester als Ausgleich für die Erziehung ihrer in der Ehe geborenen Tochter gutgeschrieben worden. Der auf die Kinder-erziehungszeiten entfallende Anteil errechnet sich bei einer Höchstversicherungszeit von 164 Trimestern, dem Basiseinkommen von 13.039,74 EUR und einem Steigerungssatz von 50 % auf 318,04 EUR im Jahr. Dadurch erhöhen sich die mit Beiträgen belegten 115 Trimester (123 Trimester - 8 Trimester) um (318,04 EUR : 115 =) 2,76 EUR, d.h. es erhöht sich für jedes mit Beiträgen belegte Trimester der Zahlbetrag um 2,76 EUR. Da die Kindererziehungszeiten den Gesamtzahlbetrag um jährlich 318,04 EUR erhöhen, beträgt er somit (39,75 EUR + 318,04 EUR =) 357,79 EUR. Der Monatsbetrag beläuft sich auf (357,79 EUR : 12 =) 29,81 EUR und bezieht sich auf das eine Trimester mit gleichgestellten Zeiten (01.04.2006 bis 30.06.2006) sowie auf die 8 Trimester mit Kindererziehungszeiten. |
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| Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind die Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten erläutert, dass die Kindererziehungszeiten in der französischen Rentenversicherung zeitlich nicht bestimmten Jahren zugeordnet sind, sondern die Gesamtversicherungszeit erhöhen. Die Berechtigte erhält eine pauschale Anzahl von Trimestern gutgeschrieben, die jedoch nur von relativem Wert sind. Denn je länger die Versicherungsdauer ist, desto geringer ist der Einfluss und Wert der Kindererziehungszeiten. Aufgrund des Umstandes, dass die Geburt des Kindes und die Erziehungszeit in die Ehezeit fallen, ist von einem ehezeitbezogenen Erwerb auszugehen. Dieser Erwerb der Anwartschaften trägt dem Prinzip des ehezeitbezogenen Erwerbs aufgrund einer gemeinsamen Lebensleistung Rechnung. Nach dem Gedanken des Erwerbs aufgrund einer gemeinsamen Lebensleistung gilt im Versorgungsausgleich grundsätzlich das In-Prinzip (BGH, FamRZ 1981, 1169, sowie 1985, 687). Die Beitragsleistungen der Antragstellerin stellen nur eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für den Erwerb der Kindererziehungszeiten dar. Entscheidender auslösender Umstand ist letztlich die Geburt und die Erziehung des Kindes. Dieser Umstand führt zur zusätzlichen Gutschrift der Kindererziehungszeiten, denen nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ein konkret bezifferbarer Wert zugewiesen werden kann. Er verkörpert die während der Ehezeit erbrachte gemeinsame Lebensleistung, so dass seine Einbeziehung der Umsetzung des In-Prinzips dient (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 09.02.2009 - 16 UF 234/07). |
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| Die Kindererziehungszeiten müssten nach den Ausführungen des Sachverständigen auf den gesamten Zeitraum verteilt werden, wenn davon auszugehen wäre, dass die Antragstellerin bis zum Erreichen der Altersgrenze in Frankreich versicherungspflichtig beschäftigt wäre und dort Beiträge entrichten würde. Hiervon kann aufgrund des bisherigen tatsächlichen Verlaufs aber nicht ausgegangen werden. Zwar ist die Antragstellerin französische Staatsangehörige. Sie hat jedoch nach der Trennung der Parteien im Ergebnis erfolglos versucht, wieder in Frankreich zu leben. Sie ist unstreitig im Jahr 2006 mit dem Kind nach Frankreich gezogen und dort erwerbstätig gewesen. Sie ist aber bereits wieder im Sommer 2007 nach Deutschland zurückgekehrt und seitdem hier berufstätig. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie zukünftig in Frankreich arbeiten könnte, bestehen nicht. Deshalb sind die Kindererziehungszeiten entsprechend der Bewertung des Sachverständigen insgesamt einzubeziehen. |
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| Da vorliegend die Höchstversicherungszeit von 164 Trimestern erreichbar ist - die mögliche Gesamtversicherungszeit bis zum 60. Lebensjahr der Antragstellerin beträgt 174,66 Trimester - und deshalb ein Steigerungssatz von 50 % zugrundezulegen ist, kommt es auf das unterschiedliche gesetzliche Rentenalter in Frankreich (60 Jahre) und in Deutschland (mindestens 65 Jahre) nicht an. Denn auch bei einem Rentenbezug ab dem 60. Lebensjahr wird die Höchstversicherungszeit erreicht werden können und damit der volle Steigerungssatz von 50 % gezahlt. |
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| b) Einen daneben bestehenden Ehezeitanteil der französischen Zusatzversorgung bei der ARRCO hat der Sachverständige nicht festgestellt, da die Voraussetzungen der französischen Zusatzversorgung nicht vorliegen. |
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| c) Der Ausgleich ist daher unter Einbeziehung der französischen Rentenanwartschaften wie folgt vorzunehmen: |
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| Der Antragsgegner hat in der Ehezeit (01.07.2000 bis 30.06.2006) Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 238,01 EUR erworben. |
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| Die Anwartschaften der Antragstellerin in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung belaufen sich auf 165,05 EUR monatlich. Hinzu kommen die Anwartschaften aus der französischen Rentenversicherung in Höhe von 29,81 EUR monatlich. Der Sachverständige hat diese als dynamisch bewertet, da der Wert der Anwartschaften in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung, so dass eine Umrechnung nach der Barwertverordnung auch nach Auffassung des Senats nicht veranlasst ist. Die Anwartschaften der Antragstellerin belaufen sich damit insgesamt auf (165,05 EUR + 29,81 EUR =) 194,86 EUR monatlich. |
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| Damit ist der Antragsgegner mit den höheren Anwartschaften ausgleichspflichtig. Die Differenz beträgt (238,01 EUR - 194,86 EUR =) 43,15 EUR. Gemäß § 1587a Abs. 1 BGB ist die Hälfte des Unterschiedsbetrages von (43,15 EUR : 2 = 21,575 EUR, abgerundet, da andernfalls ein Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz vorliegt, vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 674, 676) 21,57 EUR ausgleichspflichtig. Der Ausgleich hat gemäß § 1587b Abs. 1 BGB durch Rentensplitting zu erfolgen. |
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| Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587b Abs. 6 BGB. |
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| 2. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Sachverhalt geklärt ist, den Parteien rechtliches Gehör gewährt wurde und eine Vereinbarung nicht zu erwarten ist (BGH, FamRZ 1983, 267). |
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| Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 621 Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Eine grundsätzliche Bedeutung der Frage, wie die Kindererziehungszeiten nach französischem Recht im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu bewerten sind, kann aufgrund der zum 01.09.2009 wirksam gewordenen Reform des Versorgungsausgleichsrechts nicht mehr angenommen werden. Auch zur Fortbildung des Rechts erscheint eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht angezeigt. Denn nach § 19 Abs. 2 VersAusglG sind Anrechte bei einem ausländischen Versorgungsträger künftig nicht mehr ausgleichsreif. Es ist nicht mehr mit einer Vielzahl von Einzelfällen zu rechnen, in denen die Frage relevant werden wird. Ein Bedürfnis nach einer Leitentscheidung besteht damit auch nicht, zumal sich die zu treffende Entscheidung unter Heranziehung der Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung unter Beachtung der Einzelfallumstände abschließend beurteilen lässt. |
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