Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 22. Nov. 2006 - 19 U 40/06

bei uns veröffentlicht am22.11.2006

Tenor

Der Antrag des Berufungsbeklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin U. L. für den Berufungsrechtszug wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Der Berufungsbeklagte hat unter dem 18.04.2006 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zur Verteidigung gegen das Rechtsmittel der Berufungsklägerin vom 28.03.2006 beantragt. Die Berufungsklägerin hat ihre Berufung mit Schriftsatz vom 18.10.2006 zurückgenommen. Durch Senatsbeschluss vom 20.10.2006 sind ihr die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden. Mit Schriftsatz vom 16.11.2006 hat die Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten um Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag nachgesucht.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen. Allerdings hindert Berufungsrücknahme den Senat nicht daran, in der Sache über das Prozesskostenhilfegesuch zu entscheiden (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1995, 703). Eine nachträgliche Bewilligung kommt jedoch nicht in Betracht, wenn sie, wie vorliegend, ausschließlich zu Gunsten der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers erfolgen soll.
Der Antragsteller selbst bedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt keiner Prozesskostenhilfe mehr, um seine Rechte gegen die Berufungsklägerin zu wahren. Soweit ihm außergerichtliche Kosten entstanden sind, kann er diese auf der Grundlage der ergangenen Kostenentscheidung ohne weiteres gegen die - solvente - Berufungsklägerin durchsetzen. Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers begehrt ihre Beiordnung mit ihrem erneuerten Antrag denn auch erklärtermaßen nicht im Interesse ihres Mandanten. Vielmehr geht es ihr darum, ihre Gebühren und Auslagen gemäß § 126 Abs. 1 ZPO in eigenem Namen beitreiben zu können, um auf diese Weise ihren - offenbar gefährdeten - Honoraranspruch gegen den Berufungsbeklagten zu realisieren. Dies widerspricht jedoch dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe. Er besteht darin, unbemittelten Personen den Zugang zu den staatlichen Gerichten zu eröffnen. Dagegen dienen die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO nicht dem gebührenrechtlichen Interesse des Rechtsanwalts, über dessen Beiordnung im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden wird (vgl. BGHZ 109, 163, 168f.).
Im Übrigen birgt die Beiordnung zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Gefahr, dass die Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten gemäß § 45 Abs. 1 RVG die Staatskasse ohne Möglichkeit eines Regresses gegen die Berufungsklägerin über § 59 Abs. 1 RVG in Anspruch nimmt. Soweit nämlich der Berufungsbeklagte vor seiner Prozessbevollmächtigten einen Kostenfestsetzungsbeschluss erwirkt und gegen die Berufungsklägerin als Kostenschuldnerin vollstreckt, so ist die Kostenschuldnerin auch dann in Analogie zu §§ 836 Abs. 2 ZPO, 409 BGB gegen eine Doppelzahlung geschützt, wenn ein zweiter Kostenfestsetzungsbeschluss zugunsten der beigeordneten Anwältin ergeht (vgl. Zöller, ZPO, 25. Aufl., Rn. 11 zu § 126). Demgegenüber soll das selbständige Beitreibungsrecht des § 126 ZPO die Staatskasse gerade entlasten (Zöller a.a.O., Rn. 1).
Der Senat war nicht gehalten, vor der Zurücknahme der Berufung über das Prozesskostenhilfegesuch zu entscheiden. Eine aktuelle Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Berufungsbeklagte nicht vorgelegt. Die Angabe, seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich seit der erstinstanzlichen Erklärung nicht geändert, reicht im vorliegenden Fall nicht aus. Der Berufungsbeklagte ist selbständiger Unternehmensberater; noch im Jahr 2004 hat er nach seinen Angaben in erster Instanz einen nicht unerheblichen Einnahmeüberschuss i.H. von EUR 36.736,13 erzielt (vgl. Beschluss des Senats vom 04.04.2006, 19 W 8/06). Unter diesen Umständen ist von gleich bleibenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht ohne weiteres auszugehen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

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Referenzen - Gesetze

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 45 Vergütungsanspruch des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts


(1) Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete oder zum besonderen Vertreter im Sinne des § 41 bestellte Rechtsanwalt erhält, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten des Bundes

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 59 Übergang von Ansprüchen auf die Staatskasse


(1) Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe oder nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensache

Zivilprozessordnung - ZPO | § 126 Beitreibung der Rechtsanwaltskosten


(1) Die für die Partei bestellten Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben. (2) Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig. Der Gegner

Zivilprozessordnung - ZPO | § 836 Wirkung der Überweisung


(1) Die Überweisung ersetzt die förmlichen Erklärungen des Schuldners, von denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung zur Einziehung der Forderung abhängig ist. (2) Der Überweisungsbeschluss gilt, auch wenn er mit Unrech

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(1) Die für die Partei bestellten Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben.

(2) Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig. Der Gegner kann mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.

(1) Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete oder zum besonderen Vertreter im Sinne des § 41 bestellte Rechtsanwalt erhält, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten des Bundes aus der Bundeskasse, in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse.

(2) Der Rechtsanwalt, der nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nach § 109 Absatz 3 oder § 119a Absatz 6 des Strafvollzugsgesetzes beigeordnet oder nach § 67a Absatz 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bestellt ist, kann eine Vergütung aus der Landeskasse verlangen, wenn der zur Zahlung Verpflichtete (§ 39 oder § 40) mit der Zahlung der Vergütung im Verzug ist.

(3) Ist der Rechtsanwalt sonst gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden, erhält er die Vergütung aus der Landeskasse, wenn ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat, im Übrigen aus der Bundeskasse. Hat zuerst ein Gericht des Bundes und sodann ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet, zahlt die Bundeskasse die Vergütung, die der Rechtsanwalt während der Dauer der Bestellung oder Beiordnung durch das Gericht des Bundes verdient hat, die Landeskasse die dem Rechtsanwalt darüber hinaus zustehende Vergütung. Dies gilt entsprechend, wenn zuerst ein Gericht des Landes und sodann ein Gericht des Bundes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat.

(4) Wenn der Verteidiger von der Stellung eines Wiederaufnahmeantrags abrät, hat er einen Anspruch gegen die Staatskasse nur dann, wenn er nach § 364b Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung bestellt worden ist oder das Gericht die Feststellung nach § 364b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung getroffen hat. Dies gilt auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren (§ 85 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

(5) Absatz 3 ist im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend anzuwenden. An die Stelle des Gerichts tritt die Verwaltungsbehörde.

(1) Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe oder nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, beigeordneten oder nach § 67a Absatz 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bestellten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht der Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Rechtsanwalts geltend gemacht werden.

(2) Für die Geltendmachung des Anspruchs sowie für die Erinnerung und die Beschwerde gelten die Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend. Ansprüche der Staatskasse werden bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt. Ist das Gericht des ersten Rechtszugs ein Gericht des Landes und ist der Anspruch auf die Bundeskasse übergegangen, wird er insoweit bei dem jeweiligen obersten Gerichtshof des Bundes angesetzt.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Beratungshilfe.

(1) Die Überweisung ersetzt die förmlichen Erklärungen des Schuldners, von denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung zur Einziehung der Forderung abhängig ist.

(2) Der Überweisungsbeschluss gilt, auch wenn er mit Unrecht erlassen ist, zugunsten des Drittschuldners dem Schuldner gegenüber so lange als rechtsbeständig, bis er aufgehoben wird und die Aufhebung zur Kenntnis des Drittschuldners gelangt.

(3) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Erteilt der Schuldner die Auskunft nicht, so ist er auf Antrag des Gläubigers verpflichtet, sie zu Protokoll zu geben und seine Angaben an Eides statt zu versichern. Der gemäß § 802e zuständige Gerichtsvollzieher lädt den Schuldner zur Abgabe der Auskunft und eidesstattlichen Versicherung. Die Vorschriften des § 802f Abs. 4 und der §§ 802g bis 802i, 802j Abs. 1 und 2 gelten entsprechend. Die Herausgabe der Urkunden kann von dem Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt werden.

(1) Die für die Partei bestellten Rechtsanwälte sind berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben.

(2) Eine Einrede aus der Person der Partei ist nicht zulässig. Der Gegner kann mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.