| | |
| | Der (VerfĂŒgungs-) KlĂ€ger ist in der Krebsforschung tĂ€tiger Mediziner. In der Ausgabe Nr. 12/2007 vom 17.03.2007 der von der (VerfĂŒgungs-) Beklagten herausgegebenen Zeitschrift âN. W.â wurde auf Seite 17 unter der Ăberschrift âKrebstod, weil Eltern Vitamin-Guru glaubtenâ ĂŒber den Tod eines Kindes berichtet, welches ein Vitamin-PrĂ€parat angewendet hatte, das Gegenstand der Forschungen des KlĂ€gers gewesen war. |
|
| | Aufgrund dieser Veröffentlichung hat der KlĂ€ger beantragt, die Beklagte zum Abdruck einer Gegendarstellung zu mehreren der in dem Artikel enthaltenen ĂuĂerungen zu verpflichten. |
|
| | Wegen der vom KlĂ€ger verfolgten AnsprĂŒche und des zugrundeliegenden Sachverhalts im einzelnen, wegen des Vorbringens der Parteien sowie wegen der gestellten AntrĂ€ge wird auf Tatbestand und EntscheidungsgrĂŒnde des angefochtenen Urteils Bezug genommen. |
|
| | Auf den Hilfsantrag und unter Abweisung des Hauptantrags hat das Landgericht die Beklagte zum Abdruck einer Gegendarstellung gemÀà der Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung verurteilt. |
|
| | WĂ€hrend der KlĂ€ger das landgerichtliche Urteil hinnimmt, verfolgt die Beklagte mit der Berufung ihr Begehren auf ZurĂŒckweisung auch des Hilfsantrags weiter. Sie ist der Auffassung, die Gegendarstellung des KlĂ€gers, zu deren Abdruck das Landgericht die Beklagte verurteilt hat, stelle in bezug auf Nr. 1 lit. a keine Erwiderung auf die Erstmitteilung dar und sei in bezug auf Nr. 1 lit. b und lit. c, Nr. 2 und Nr. 3 âgeschwĂ€tzigâ, d. h. unangemessen lang. Somit entspreche sie insoweit nicht den gem. § 11 bad.-wĂŒrtt. LPG an eine Gegendarstellung zu stellenden Anforderungen. Nach dem Grundsatz âganz oder gar nichtâ mĂŒsse die Gegendarstellung daher insgesamt nicht abgedruckt werden. - Ferner beanstandet die Beklagte die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. |
|
| | Das zulÀssige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Was die Beklagte gegen das landgerichtliche Urteil vorbringt, greift nicht durch. |
|
| | 1. Nr. 1 lit. a der Gegendarstellung lautet: | |
| | âIch praktiziere nicht als Arzt. Ich bin ausschlieĂlich forschender und publizierender Mediziner.â |
|
| | Sie bezieht sich auf folgende Erstmitteilung: | |
| | âDer NeunjĂ€hrige starb an Knochenkrebs, weil seine Eltern den Theorien des selbsternannten Krebsarztes Dr. M. R. (51) glaubtenâ. |
|
| | a) Die Beklagte meint, mit ihrer Gegendarstellung wende sich die KlĂ€gerin nicht gegen eine mit der Erstmitteilung aufgestellte Behauptung: Indem sie - Beklagte - den KlĂ€ger als âKrebsarztâ bezeichnet habe, habe sie ihn der Berufsgruppe der Heilkundigen zugeordnet. Damit sei aber nicht gesagt worden, dass er selber als praktizierender Arzt behandele. Um letzteres zum Ausdruck zu bringen, hĂ€tte es der Verwendung eines Begriffs wie âKrebsdoktorâ o.Ă€. bedurft. |
|
| | b) Dem vermag der Senat nicht zu folgen. |
|
| | MaĂgeblich fĂŒr die Interpretation des Sinngehalts veröffentlichter ĂuĂerungen ist das VerstĂ€ndnis des unbefangenen Durchschnittslesers (vgl. die Nachweise bei Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Rdn. 4.4). |
|
| | Die Auffassung der Beklagten, wonach der praktizierende Heilkundige nicht als âArztâ, sondern ausschlieĂlich als âDoktorâ bezeichnet werde, ist nicht richtig. Das Wort âArztâ stellt die Berufsbezeichnung fĂŒr Personen dar, die nach einer wissenschaftlichen Ausbildung âden Heilberuf ausĂŒben und zum FĂŒhren dieser Bezeichnung aufgrund der Approbation berechtigtâ sind (Brockhaus EnzyklopĂ€die, 19. Auflage, Stichwort âArztâ). DemgemÀà wird der praktizierende Mediziner ĂŒblicherweise als âArztâ bezeichnet. Daran Ă€ndert nichts der Umstand, dass umgangssprachlich der Arzt bisweilen auch als âDoktorâ bezeichnet wird. Im Zusammenhang mit einer Gebietsbezeichnung (Augenarzt, Zahnarzt) wird fĂŒr praktizierende Mediziner indessen so gut wie ausschlieĂlich der Begriff âArztâ verwendet; Bezeichnungen wie âAugendoktorâ, âZahndoktorâ usw. wĂŒrde ein ironischer Unterton anhaften und sind absolut ungebrĂ€uchlich. DemgemÀà war die inkriminierte ĂuĂerung zweifelsfrei dahin zu verstehen, dass sich der KlĂ€ger zumindest auch mit der Behandlung von Krebspatienten befasst. |
|
| | 2. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Gegendarstellung des KlĂ€gers in Nr. 1 lit. b und lit. c sowie in Nr. 2 und Nr. 3 nicht von unangemessener Breite. Richtig ist zwar, dass sich die Gegendarstellung in den genannten Abschnitten nicht darauf beschrĂ€nkt, die jeweils in Bezug genommene Ausgangsmitteilung als falsch zu bezeichnen. Sie enthĂ€lt vielmehr jeweils einen erklĂ€renden Zusatz. Derartige ZusĂ€tze sind dann zulĂ€ssig, wenn sie zum VerstĂ€ndnis notwendig sind. Dies ergibt sich aus der Funktion der Gegendarstellung, dem Leser den den Gegenstand der Erstmitteilung bildenden Sachverhalt aus der Sicht des von ihr Betroffenen gegenĂŒberzustellen (vgl. Wenzel/Burkhardt, aaO, Rdn. 11.104, m.w.N.). An diesen GrundsĂ€tzen gemessen gehen die hier in Rede stehenden gegendarstellenden ĂuĂerungen noch nicht ĂŒber den Rahmen des ZulĂ€ssigen hinaus. |
|
| | a) Die Gegendarstellungen Nr. 1 lit. b und c beziehen sich auf die in der Erstmitteilung enthaltene Behauptung, wonach das Kind an Knochenkrebs starb, weil seine Eltern den Theorien des Beklagten glaubten und deswegen eine Chemotherapie abgebrochen haben. |
|
| | Die bloĂe Verneinung einer KausalitĂ€t zwischen dem behaupteten Glauben der Eltern an die Theorien des KlĂ€gers und dem Abbruch der Therapie sowie zwischen dem Abbruch der Therapie und dem Tod des Kindes wĂ€re - wie der KlĂ€ger in der Berufungserwiderung richtig ausfĂŒhrt - nicht geeignet gewesen, dem Leser den Sachverhalt aus der Sicht des KlĂ€gers verstĂ€ndlich zu machen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der KlĂ€ger in die Gegendarstellung den Hinweis aufnahm, dass die Eltern des Kindes bei Abbruch der Chemotherapie weder den KlĂ€ger noch seine Theorien kannten, ferner, dass zum Zeitpunkt des Abbruchs der Chemotherapie feststand, dass das Kind hierauf nicht ansprach, so dass deren Fortsetzung den Tod nicht verhindert hĂ€tte. |
|
| | b) Die Gegendarstellung gem. Nr. 2 bezieht sich auf die Erstmitteilung, der KlÀger biete im Internet PrÀparate an und mache damit nach ExpertenschÀtzungen einen Umsatz von 60 Millionen EUR pro Jahr. |
|
| | Eine BeschrĂ€nkung auf die Verneinung dieser Behauptung wĂ€re insbesondere deshalb nicht zur Darstellung des Standpunktes des KlĂ€gers geeignet gewesen, weil die PrĂ€parate von einem den Namen des KlĂ€gers tragenden niederlĂ€ndischen Unternehmen vertrieben werden. Der Hinweis, wonach der KlĂ€ger weder GeschĂ€ftsfĂŒhrer noch Anteilseigner des Unternehmens ist, dient daher dem VerstĂ€ndnis, so daĂ sie in die Gegendarstellung aufgenommen werden durfte. |
|
| | c) Nr. 3 der Gegendarstellung greift die Beklagte mit der BegrĂŒndung an, die Aussage hĂ€tte statt in zwei SĂ€tzen auch in einem Satz erfolgen können. Letzteres ist zwar richtig, rechtfertigt nach Auffassung des Senats aber nicht das Verdikt der unzulĂ€ssigen âGeschwĂ€tzigkeitâ. Eine Zusammenfassung der Aussage in einem Satz hĂ€tte nĂ€mlich zu keiner wesentlichen VerkĂŒrzung des Textes gefĂŒhrt, wie der Formulierungsvorschlag der Beklagten zeigt, der mit 27 Wörtern lediglich 10 Wörter weniger aufweist als die Gegendarstellung des KlĂ€gers. |
|
| | Nach allem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegrĂŒndet zurĂŒckzuweisen. Entgegen der von der Beklagten in der mĂŒndlichen Berufungsverhandlung vertretenen Auffassung indiziert der Umstand, daĂ der KlĂ€ger die ohne weiteres vollstreckbare erstinstanzliche Entscheidung nicht zwangsweise durchgesetzt hat, nicht das Fehlen der Dringlichkeit und damit des VerfĂŒgungsgrundes. DaĂ er nicht vollstreckt hat, hat der KlĂ€ger damit erklĂ€rt, daĂ er in Unkenntnis der stĂ€ndigen Rechtsprechung des Senats damit gerechnet habe, daĂ dem Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung entsprochen werde. |
|
| | FĂŒr die von der Beklagten beantragte Ănderung der das erstinstanzliche Verfahren betreffenden Kostenquote sieht der Senat keinen Anlass. Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren nĂ€mlich nicht drei, sondern lediglich zwei Gegendarstellungsverlangen. |
|
| | Da das Urteil rechtskrĂ€ftig ist (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO), bedarf es keines Ausspruchs ĂŒber die vorlĂ€ufige Vollstreckbarkeit. |
|