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Die sich mit der Entwicklung von Computerprogrammen - u.a. für den Internet-Auftritt von Möbelhändlern - befassende Klägerin verlangt von der Beklagten, einem Handelshaus, Schadensersatz für die Lieferung eines nicht vertragsgemäßen Computerprogramms.
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Mit Schreiben vom 21.10.1999 bestellte die Klägerin bei der Beklagten unter Bezugnahme auf deren Angebot vom 19.10.1999 ein Software-Paket zur Vergrößerung von auf Internetseiten des Nutzers bereitgestellten Bildern zum Preis von 5.817,42 DM zzgl. MwSt.. Im Angebot der Beklagten war aufgeführt, dass von dem Vergrößerungsprogramm nur die mit einer unbegrenzten Lizenz verbundene Version „L. Server Standard Edition 1 CPU unlimited“ verfügbar sei, diese aber nach Absprache mit dem Hersteller L. bzw. der Fa. M. - die den Hersteller inzwischen übernommen hatte - wegen der bevorstehenden Präsentation einer neuen Version zu dem sich eigentlich auf eine einjährige Lizenz beziehenden Preis angeboten werden könne.
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Noch im Oktober 1999 hat die Beklagte das Programm geliefert, jedoch mit einem Lizenzschlüssel, der das Programm nur für 30 Tage und nicht für unbegrenzte Zeit aktiviert. Ebenfalls im Oktober 1999 hat die Klägerin den Kaufpreis bezahlt. Erstmals mit Schreiben vom 24.03.2000 hat die Klägerin gegenüber der Beklagten das Fehlen eines vertragsgemäßen Lizenzschlüssels gerügt. Nachdem die Klägerin ihr den Artikel Anfang Juli 2000 zur Überprüfung übersandt hatte, hat sich die Beklagte mit Schreiben vom 20.07.2000 unter Zurückweisung weitergehender Ansprüche bereiterklärt, den Kaufpreis kulanzweise zurückzuerstatten.
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Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die gelieferte Ware kurz nach deren Eintreffen überprüft. Dabei habe der Mangel aufgrund seiner Art aber nicht festgestellt werden können. Mit Schriftsatz vom 09.04.2001 hat sie ausgeführt, der Fehler sei „irgendwann im Februar 2000“ festgestellt worden. Erst nach der (einzigen) mündlichen Verhandlung vom 08.05.2001 - nämlich mit Schriftsatz vom 11.05.2001 - hat die Klägerin behauptet, es sei „sicherlich im März 2000“ (I 119) gewesen, als sie bemerkt habe, dass der von der Beklagten gelieferte Lizenzschlüssel das Programm nicht auf Dauer aktiviere.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch zur Vornahme eines Deckungskaufes zu. Für den Kauf eines dem streitgegenständlichen entsprechenden Computerprogramms müsse sie 140.000,-- DM aufwenden.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 140.000,-- DM nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 16.08.2000 zu bezahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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Sie hat den geltendgemachten Anspruch bestritten und vorgetragen, sie würde der Klägerin bei zeitnaher Überprüfung und Mitteilung des Mangels einen passenden Lizenzschlüssel geliefert haben. Indessen habe die Klägerin ihre kaufmännische Rügepflicht verletzt; Gewährleistungsansprüche seien verjährt.
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Mit Urteil vom 10.07.2001 hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe die Mängelrüge zu spät erhoben, so dass die Ware als genehmigt gelte. Dass sich die Klägerin innerhalb von 30 Tagen anmelden müsse und sich das Programm anderenfalls löschen werde, sei - wie sich bei der Demonstration im Gerichtstermin vom 08.05.2001 gezeigt habe - aufgrund des Demonstrationshinweises ohne weiteres erkennbar gewesen. Selbst wenn aber der Mangel im Oktober 1999 nicht feststellbar gewesen und erst im Februar 2000 entdeckt worden sei, sei die mit Schreiben vom 24.03.2000 erfolgte Rüge nicht rechtzeitig gewesen. Ob die mit dem bisherigen Vortrag in Widerspruch stehende erst nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 11.05.2001 aufgestellte Behauptung, wonach der Mangel erst im März 2000 entdeckt worden sei, zutreffe, könne dahingestellt bleiben, weil der neue Vortrag sowohl gemäß § 296 a ZPO als auch gemäß § 296 Abs. 1 u. 2 ZPO verspätet sei.
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Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Anspruch weiter. Dabei wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag, meint aber, es handele sich nicht um einen Fall der Schlechtlieferung, sondern um eine aliud-Lieferung. Ergänzend führt sie aus, aufgrund des Installationshinweises sei nicht zu erkennen gewesen, dass sie sich binnen 30 Tagen habe registrieren lassen müssen und sich das Programm anderenfalls löschen werde. Die Aufforderung zur Registrierung diene nur dazu, dem Hersteller des Programms Adressenmaterial für seine Werbung zu verschaffen. - Das Programm sei erst Mitte Februar 2000 unter Eingabe des mitgelieferten Schlüsselcodes auf einen Rechner aufgespielt worden. Als das Programm Mitte März 2000 - also nach 30 Tagen - ohne erkennbaren Grund ausgefallen sei, habe sich die Klägerin telefonisch an die Beklagte gewandt und mitgeteilt, dass mit dem Programm etwas nicht stimme. Am 16.03.2000 haben sich die Klägerin - auf Veranlassung der Beklagten - per E-Mail an die Hotline des Herstellers gewandt und dort erfahren, dass der von der Beklagten mitgelieferte Schlüsselcode das Programm nur für 30 Tage aktiviere. - Die Klägerin meint, das Landgericht habe ihren im Schriftsatz vom 11.05.2001 enthaltenen Vortrag zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen, weil es im Protokoll (I 109) heiße, sie könne „weiter vortragen bis 25.05.2001“.
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das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 140.000,-- DM (71.580,86 EUR) nebst 8 % Zinsen hieraus seit 16.08.2000 zu bezahlen.
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Zurückweisung der Berufung.
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Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, wobei sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend ausführt: Das gelieferte Programm sei mangelhaft gewesen, es habe sich nicht um ein aliud gehandelt; gemäß Installationshinweis habe sich die Klägerin registrieren lassen müssen; die Registrierung sei technisch notwendige Voraussetzung der Überprüfung des benutzten Codes; sie bestreitet, dass die Mitte März 2000 erfolgte Kontaktaufnahme der Klägerin mit der Hotline - nicht des Herstellers, sondern des Distributors - auf Rat der Beklagten erfolgt sei; das Landgericht habe den im Schriftsatz vom 11.05.2001 enthaltenen Vortrag der Klägerin mit Recht zurückgewiesen.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
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I. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht besteht, weil die von der Beklagten gelieferte Ware infolge verspäteter Erhebung der Mängelrüge als genehmigt gilt.
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1. Nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung hatte die Beklagte der Klägerin gegen Zahlung eines einmaligen Entgelts eine vorgefertigte Standardsoftware für die Nutzung auf Dauer zu liefern. Dass derartige Verträge Kaufverträge sind, ist heute in Literatur und Rechtsprechung weitgehend anerkannt (vgl. Brandi-Dohrn, Gewährleistung bei Hard- und Softwaremängeln, 2. Aufl. 1994, S. 1 m.w.N.; Redeker, Der EDV-Prozess, 2. Aufl. 2000, Rn. 334 mit umfassenden Nachweisen in Fn. 27; Marly, Softwareüberlassungsverträge, 3. Aufl. 2000, Rn. 63 und - eingehend - Rn. 165 ff.).
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2. Unstreitig ist, dass die Beklagte das Computerprogramm mit einem Codeschlüssel geliefert hat, der nicht eine unbegrenzte Nutzung, sondern eine Nutzung für nur 30 Tage ermöglichte. Damit war die Kaufsache zwar nicht vertragsgemäß. Indessen gilt sie - unabhängig davon, ob man (mit der Beklagten und dem Landgericht) eine Schlechtlieferung oder aber (gemäß dem zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin) eine Falschlieferung annimmt - gemäß § 377 bzw. § 378 HGB als genehmigt, weil die Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit, die sich kurz nach Eintreffen der Ware bei der Klägerin gezeigt hatte, nicht unverzüglich gerügt worden ist.
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a) In der im Oktober 1999 erfolgten Auslieferung der Software liegt zugleich deren „Ablieferung“ im Sinne der §§ 377, 378 HGB. Daran ändert nichts der von der Klägerin erst in der Berufungsinstanz vorgetragene Umstand, dass keine Benutzerdokumentation bzw. kein Handbuch mitgeliefert worden ist. Es entspricht zwar höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass beim Kauf einer Software die Lieferung des Handbuchs / der Benutzerdokumentation zu den Hauptleistungspflichten des Verkäufers gehört; bei Nichtlieferung liegt nur Teilleistung vor mit der Folge, dass noch keine Ablieferung im Sinne von §§ 377, 378 HGB erfolgt ist (vgl. BGH, NJW 1993, S. 461 ff.; Redeker, a.a.O., Rn. 208; Marly, a.a.O., Rn. 814). Im vorliegenden Fall hatte das Fehlen eines Handbuchs auf die Rügepflicht aber deshalb keinen Einfluss, weil sich die Klägerin professionell mit der Entwicklung von Computerprogrammen beschäftigt und zur Nutzung des gekauften Programms auf ein Handbuch oder ähnliches offensichtlich nicht angewiesen war. Demgemäß hat sie das Fehlen des Handbuchs auch erst in der Berufungsinstanz vorgetragen. Sinn und Zweck der Lieferung eines Handbuchs ist es, dem Erwerber die Nutzung des Programms überhaupt erst zu ermöglichen. Dem entspricht es, dass die an den Inhalt eines Handbuchs oder einer Programmdokumentation zu stellenden Anforderungen sich nach dem angesprochenen Adressatenkreis zu richten haben (vgl. Marly, a.a.O., Rn. 815 f.). Daher kann bei der Lieferung einer Software an berufsmäßige Softwareentwickler auf ein Handbuch verzichtet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Hilfehinweise - wie hier - während des Programmaufrufs erscheinen (so wohl für einfach zu bedienende Programme: Redeker, a.a.O., Rn. 209, mit freilich nicht ganz passendem Hinweis auf Landgericht Heilbronn, BB 1994, Beilage 7, S. 7 f. = CR 1998, S. 519 ff.). Zumindest ist in einem solchen Fall die Berufung auf das Fehlen eines Handbuchs treuwidrig.
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b) Dass die Ware nicht vertragsgemäß war, hat sich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Ende Oktober 1999 erfolgten Lieferung der Software gezeigt. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag die Ware „bei Erhalt ... sofort ...“ dergestalt untersucht hat, „dass die Software auf einen Rechner aufgespielt, der mitgelieferte Keycode, der das Programm aktiviert, eingegeben und die wesentlichen Funktionen durchgespielt wurden“ (II, 23). Hat die Klägerin die Überprüfung in der von ihr vorgetragenen Weise durchgeführt, so war die Mangelhaftigkeit für sie ohne weiteres zu erkennen, weil - wie das Landgericht ausgeführt hat und was sich bei der Demonstration im Senatstermin vom 06.06.2003 bestätigt hat - beim Hochfahren des Computers der nicht zu übersehende und unmißverständliche Hinweis erscheint, dass sich der Nutzer innerhalb von 30 Tagen registrieren lassen muss. Unabhängig davon, ob der mit dieser Aufforderung verbundene Hinweis, dass sich das Programm anderenfalls selbst löschen werde, von der Klägerin nicht hätte wahrgenommen werden müssen, war infolge der unübersehbaren und klaren Registrierungsanordnung objektiv erkennbar (zu diesem Erfordernis Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl. 2002, Rn. 8 zu § 377 m.w.N.), dass das Programm noch der Lizenzierung bedürfe. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, die Registrierungsaufforderung habe allein dazu gedient, dem Hersteller des Programms Adressenmaterial für seine Werbung zu verschaffen, erscheint abwegig. Auch wenn die Beklagte das Programm, wie von ihr vorgetragen, bis dahin nicht genutzt hat, hätte sich bei der spätestens bis Ende November 1999 vorzunehmenden Registrierung ergeben, daß es entgegen der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung nicht unbegrenzt lizenziert war.
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In beiden Fällen - Erkennbarkeit des Mangels Ende Oktober oder aber Ende November 1999 - war die erst mit Schreiben vom 24.03.2000 erfolgte Rüge nicht mehr unverzüglich. Auf das vom Landgericht als verspätet angesehene Vorbringen der Klägerin mir Schriftsatz vom 11.05.2001 kommt es daher nicht an.
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II. Demgemäß hat das Landgericht richtig entschieden. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. i.V.m. § 26 Nr. 7 EGZPO). Weder hat die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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