Oberlandesgericht Köln Beschluss, 03. Juli 2015 - 2 Ws 400/15
Tenor
Die weitere Beschwerde wird verworfen.
Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 RVG).
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Anklage der Staatsanwaltschaft Köln vom 02.07.2013 hat dem Angeklagten, dem der Beschwerdeführer am 17.06.2013 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war, vorgeworfen, am 24.01.2013 in L einen Raub begangen zu haben. Durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 06.08.2013 (Az. 612 Ls 69/13) ist der Angeklagte wegen Nötigung und unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Köln vom 03.06.2013 (Az. 523 Ds 237/13) kostenpflichtig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten mit Bewährung verurteilt worden.
4Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft Köln unter dem 09.08.2013 Berufung eingelegt. Nach Zustellung des schriftlichen Urteils am 04.09.2013 hat die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 09.09.2013 die Berufung zurückgenommen.
5Mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 30.10.2013 sind die Kosten der zurückgenommenen Berufung und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt worden.
6Bereits zuvor hatte der Beschwerdeführer mit Kostennoten vom 25.09.2013 beantragt, für das Berufungsverfahren Pflichtverteidigergebühren i.H.v. von 280,84 € (Verfahrensgebühr i.H.v. 216 € und Auslagenpauschale i.H.v. 20 € zzgl. Umsatzsteuer) und die Differenz zur Wahlverteidigergebühr in Höhe von 64,26 € (Verfahrensgebühr 54 € zzgl. Umsatzsteuer) festzusetzen. Zugleich hat er eine Abtretungserklärung der Betreuerin des Verurteilten vom 16.09.2013 vorgelegt. Zur Begründung der Gebührenforderung hat er ausgeführt, er habe den Angeklagten und seine Betreuerin insbesondere darüber informiert, was die eingelegte Berufung für den Bewährungsbeschluss bedeute und ob die Bewährungsauflagen und -weisungen trotz der Berufung zu befolgen seien oder nicht.
7Die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht Köln hat mit Beschlüssen vom 21.02.2014 (Az. 612 Ls 69/13) die Kostenfestsetzungsanträge vom 25.09.2013 sowohl hinsichtlich der Pflichtverteidigergebühr als auch der Differenz-Wahlverteidigergebühr zurückgewiesen. Die Beschlüsse sind dem Beschwerdeführer am 05.03.2014 zugestellt worden.
8Er hat mit Schriftsatz vom selben Tag, der am 6.3.2014 beim Amtsgericht Köln eingegangen ist, gegen die Entscheidungen Erinnerung hinsichtlich der Pflichtverteidigergebühr und sofortige Beschwerde hinsichtlich der Differenz-Wahlverteidigergebühr eingelegt.
9Die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht Köln hat den Rechtsmitteln durch Beschluss vom 14.04.2014 nicht abgeholfen.
10Mit Beschluss vom 30.05.2014 (Az. 612 Ls 69/13) hat das Amtsgericht Köln die Erinnerung des Beschwerdeführers vom 05.03.2014 gegen den seinen Kostenfestsetzungsantrag vom 25.09.2013 zurückweisenden Beschluss der Rechtspflegerin vom 21.02.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 04.06.2014, der am 05.06.2014 beim Amtsgericht eingegangen ist, Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
11Die 5. große Strafkammer des Landgerichts Köln hat durch Beschluss vom 18.06.2014 (Az. 105 Qs 146/14) die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 30.05.2014 als unbegründet und die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 21.02.2014 als unzulässig verworfen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat sie in der Besetzung mit drei Berufsrichtern entschieden und die weitere Beschwerde gegen die zurückgewiesene Beschwerde zugelassen.
12Die Entscheidung ist dem Beschwerdeführer aufgrund der Verfügung vom 18.06.2014 übersandt, aber nicht förmlich zugestellt worden.
13Mit Schriftsatz vom 10.5.2015 hat der Beschwerdeführer angefragt, ob inzwischen über seine weitere Beschwerde entschieden worden sei. Dieses Schreiben hat das Landgericht als weitere Beschwerde ausgelegt. Dazu hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 02.06.2015 ausgeführt, er habe keine weitere Beschwerde eingelegt, es gebe eine solche aber, da das Landgericht sie zugelassen habe. Er bitte, die Sache unverzüglich dem OLG vorzulegen.
14Das Landgericht hat die Akten daraufhin dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
15II.
161.
17Die weitere Beschwerde ist vom Landgericht nur hinsichtlich der Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Köln vom 30.05.2014 über die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Pflichtverteidigergebühren zugelassen worden. Nur insoweit ist dem Senat das Rechtsmittel zur Entscheidung angefallen. Eine Erstattung der Differenz-Wahlverteidigergebühr ist rechtskräftig abgelehnt worden.
18Der Senat entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern, weil der Einzelrichter am Landgericht die Sache gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 S. 2 RVG auf die Kammer übertragen hat.
192.
20Die weitere Beschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Landgericht als Beschwerdegericht gem. § 56 Abs. 2, 2. HS, 33 Abs. 6 S. 1 RVG statthaft. Sie ist auch zulässig. Zwar ist die weitere Beschwerde gem. §§ 56 Abs. 2, 2. HS i.V.m. § 33 Abs. 6 S. 4, Abs. 3 S. 3 RVG innerhalb einer Frist von 2 Wochen einzulegen. Die vorliegend vom Landgericht nur veranlasste formlose Mitteilung des Beschlusses hat die Frist gem. § 35 Abs. 2 StPO aber nicht in Lauf gesetzt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage, § 33 RVG Rdn. 23; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Auflage, § 35 Rdn. 10). Der Beschluss ist daher nicht rechtskräftig geworden (vgl. Schmitt a.a.O. Rdn. 12). Die Voraussetzungen für eine nur ausnahmsweise anzunehmende Verwirkung des Rechtsmittels (vgl. dazu Meyer-Goßner a.a.O. vor § 296 Rdn. 6) liegen hier nicht vor, zumal der Beschwerdeführer vom Landgericht auch nicht auf die bei der weiteren Beschwerde zu wahrende Frist hingewiesen worden ist. Da dem Beschwerdeführer offensichtlich selbst nicht bewusst war, dass er eine weitere Beschwerde einlegen musste, um eine Entscheidung des Oberlandesgerichts zu erreichen, hat das Landgericht zu Recht den Schriftsatz vom 10.05.2015 als weitere Beschwerde ausgelegt.
213.
22In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat verweist, einen Gebührenanspruch des Beschwerdeführers für das Berufungsverfahren abgelehnt.
23Die Frage, ob dem Verteidiger für seine Tätigkeit in der Berufungsinstanz eine Verfahrensgebühr gem. Nr. 4124 VV RVG zusteht, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Berufung vor deren Begründung zurücknimmt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
24a.
25In der Literatur wird recht einhellig die Meinung vertreten, auch im Falle einer späteren Rücknahme der Berufung durch die Staatsanwaltschaft reiche für das Entstehen der Gebühr nach Nr. 4124, 4125 VV RVG eine vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist entfaltete Tätigkeit des Verteidigers (vgl. Burhoff, RVG, 3. Auflage, Nr. 4124 VV RVG Rdn. 24 ff; Burhoff in Gerold/Schmitt, RVG, 21. Auflage, Einleitung zu Nr. 4124, 4125 VV RVG Rdn. 7 und Nr. 4124, 4125 VV RVG Rdn. 6; Uher in: Bischof/Jungbauer/ Bräuer/ Curkovic/Matthias/Uher, RVG, 4. Aufl. Nr. 4128 - 4135 VV RVG Rdn. 93; Schneider in: Schneider/Wolf, Anwaltskommentar, RVG, 7. Auflage; VV 4124 – 4125 Rdn. 7;Hartung in: Hartung/Schons/Enders, RVG, 2. Auflage, Nr. 4124 – 4129 VV RVG Rdn. 11; Hartmann, a.a.O., Nr. 4124 – 4129 VV RVG Rdn. 7; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 464 a Rdn. 10 für den Regelfall; Gieg in: Karlsruher Kommentar, 7. Auflage § 464 a Rdn. 10).
26b.
27Der Senat hat die Frage bereits mehrfach für das Revisionsverfahren dahingehend entschieden, dass die Gebühr nach Nr. 4130 VV RVG nicht anfällt, weil erst die Revisionsbegründung den Umfang und die Zielsetzung des Rechtsmittels aufzeigt, so dass erst in diesem Verfahrensstadium eine sinnvolle Verteidigung möglich ist (vgl. SenE vom 22.06.2015 – 2 Ws 361/15 -; SenE vom 05.06.2003 - 2 Ws 317/03 - = Rpfleger 2003, 685; SenE vom 04.06.2004 - 2 Ws 296/04 und 206/04 -). Zum Berufungsverfahren besteht zwar insoweit ein Unterschied, als § 317 StPO eine Begründung der Berufung nicht zwingend vorschreibt. Nach Nr. 156 Abs. 1 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) muss (Unterstreichung durch den Senat) die Staatsanwaltschaft aber jedes von ihr eingelegte Rechtsmittel begründen. Der Verteidiger kann deshalb davon ausgehen, dass - wenn keine Berufungsrücknahme erfolgt - die Berufung der Staatsanwaltschaft innerhalb der Frist des § 317 StPO begründet wird. Das Anfallen der Verfahrensgebühr für Berufung und Revision ist daher in der vorliegenden Konstellation nicht unterschiedlich zu beurteilen. Dementsprechend hält der Senat auch im Hinblick auf das Anfallen der Verhandlungsgebühr für das Berufungsverfahren an seiner Rechtsprechung fest.
28c.
29Diese Auffassung steht in Übereinstimmung mit dem weit überwiegenden Teil der Rechtsprechung (KG Berlin JurBüro 2012, 471 (Berufung), KG JurBüro 2010, 599 (Revision); OLG Bremen NStZ-RR 2011, 391 (Revision); OLG Rostock JurBüro 2009, 541 (Revision); OLG Frankfurt NStZ-RR 1999, 351 (Revision); OLG Karlsruhe JurBüro 1996, 31 (Revision); OLG Koblenz Rpfleger 2006, 670 (Revision); OLG Düsseldorf MDR 1993, 582 (Revision) JurBüro 1981, 229 (Revision); OLG Oldenburg JurBüro 2002, 531 (Revision); OLG Düsseldorf MDR 1993, 582 (Revision); OLG Bamberg JurBüro 1988, 64; LG Bochum JurBüro 2007, 38 (Berufung); LG Koblenz JurBüro 2009, 198 (Berufung), LG Köln StraFo 2007, 305, a.A. OLG Stuttgart StV 1998, 615 (Revision).
30d.
31Die dagegen vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen.
32aa.
33Der Angeklagte mag ein Interesse daran haben, allgemeine Informationen über den Fortgang des Verfahrens zu erhalten. Gibt der Verteidiger einen kurzen Hinweis auf die Rechtslage und den weiteren Verfahrensgang, ist dies aber bereits mit den Gebühren für die Vorinstanz abgegolten. Das ist deswegen gerechtfertigt, weil der Verteidiger, der - wie hier - schon in der Vorinstanz tätig war, sich die notwendigen Kenntnisse bereits in diesem Rechtszug verschafft hat und sonst keinerlei Tätigkeit mehr für diesen Hinweis entfalten muss. Zudem gehört bei ihm gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Ziff. 10 RVG sogar die Einlegung der Berufung einschließlich der diesbezüglichen Beratung zum Rechtszug erster Instanz (Hartmann a.a.O. Nr. 4124 – 4129 VV RVG Rdn. 5). Daraus ist zu schließen, dass bei einer Berufung der Staatsanwaltschaft die bloß informelle Beratung über den weiteren Verfahrensgang erst recht noch von der erstinstanzlichen Gebühr abgedeckt wird.
34bb.
35Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers besagt § 17 Abs. 1 RVG, wonach das Verfahren über ein Rechtsmittel und der vorausgegangene Rechtszug verschiedene Angelegenheiten sind, nichts über die Vergütungsfrage, die in § 19 Abs. 1 S. 2 Ziff. 10 RVG für den Strafprozess gesondert geregelt ist.
36cc.
37Eine über allgemein gehaltene Informationen hinausgehende Beratung ist vor Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist nicht notwendig, denn i.d.R. macht erst die Begründung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft dessen Umfang und Zielrichtung erkennbar und versetzt den Verteidiger in die Lage, den Mandanten sachgerecht zu beraten und die weitere Verteidigungsstrategie mit ihm zu besprechen. Zudem muss damit gerechnet werden, dass die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel nach Kenntnisnahme von den schriftlichen Urteilsgründen zurücknimmt. Eine voreilige Beratung über die Aussichten der Berufung und die Beiziehung weiterer Beweismittel ist für die Verteidigung des Angeklagten daher weder notwendig noch irgendwie förderlich. Der Einwand, der Angeklagte dürfe im Hinblick auf Nr. 146 bis 148 RiStBV darauf vertrauen, dass ein von der Staatsanwaltschaft eingelegtes Rechtsmittel auch durchgeführt werde, verfängt schon deshalb nicht, weil in der Praxis Berufungen und Revisionen der Staatsanwaltschaft häufig nach Überprüfung der schriftlichen Urteilsgründe zurückgenommen werden. Es gibt daher keinen Erfahrungssatz, dass ein von der Staatsanwaltschaft eingelegtes Rechtsmittel auch tatsächlich durchgeführt wird.
38dd.
39Eine zulässige, aber zwecklose Tätigkeit des Verteidigers löst keinen Erstattungsanspruch wegen der dadurch entstandenen Gebühren aus (Meyer-Goßner a.a.O. § 464 a Rdn. 10).
40Das ergibt sich für den Wahlverteidiger, dessen Gebühren die Staatskasse aufgrund einer Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 1 StPO zu erstatten hat, aus § 464 a Abs. 2 Ziff. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 ZPO. Für den Pflichtverteidiger ist die Verpflichtung, im Interesse der Allgemeinheit keine Gebühren durch unnötiges Verteidigungshandeln auszulösen, aus dem durch die Bestellung begründeten öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis herzuleiten (KG JurBüro 2012, 471). Zudem gilt der Grundsatz, dass der Pflichtverteidiger nicht besser gestellt werden soll als ein vom Angeklagten beauftragter Wahlverteidiger, dessen Gebühren von der Staatskasse zu erstatten sind (KG a.a.O.; OLG Jena, Beschluss vom 17.08.2009 - 1 Ws 277/09 Rdn. 24 -, zitiert nach Juris).
41ee.
42Soweit der BGH in der Entscheidung vom 17.12.2002 (NJW 2003, 756) ausgeführt hat, der mit einem Rechtsmittel überzogenen Partei könne nicht zugemutet werden, zunächst die weiteren Entschließungen des anwaltlich vertretenen Berufungsklägers abzuwarten, ist das den Besonderheiten des Zivilprozesses geschuldet, in dem die Frist zur Einlegung der Berufung gem. § 517 ZPO erst mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten erstinstanzlichen Urteils zu laufen beginnt. Es besteht daher eine ganz andere Grundlage für eine Besprechung mit dem Mandanten. Zudem gehört im Zivilprozess die Einlegung der Berufung nicht zu den Tätigkeiten, die von der Gebühr des im vorangegangenen Rechtszug tätigen Rechtsanwalts abgedeckt sind. Auch das ist – wie ausgeführt – im Strafprozess anders.
43ff.
44Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf den Grundsatz der Waffengleichheit gemeint hat, er könne eine für den Angeklagten eingelegte Berufung nicht - wie dies der Staatsanwaltschaft möglich sei - kostenneutral zurücknehmen, hat das Landgericht bereits auf die maßgeblichen Regelungen Nr. 3121 KV GKG und § 19 Abs. 1, S. 2 Nr. 10 RVG hingewiesen, nach denen die Rücknahme der Berufung durch den erstinstanzlichen Verteidiger vor Ablauf der Begründungsfrist keine Kosten und Gebühren auslöst.
45gg.
46Soweit der Beschwerdeführer auf die Befriedungsgebühr nach Nr. 4141 VV RVG verweist, ist die Vorschrift vorliegend nicht entscheidungsrelevant. Im Übrigen hat das Landgericht dazu Ausführungen gemacht, die mit der Beschwerde nicht angegriffen worden sind. Zu weiteren Ausführungen sieht der Senat daher keine Veranlassung.
47e.
48Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die vom Beschwerdeführer angeführte Belehrung über die Auswirkungen der von der Staatsanwaltschaft eingelegten Berufung auf die erteilten Bewährungsauflagen und -weisungen zu den noch in erster Instanz geschuldeten Tätigkeiten zu rechnen ist. Da von keiner Seite auf Rechtsmittel verzichtet worden war, war der Beschwerdeführer gehalten, den Angeklagten schon im Anschluss an die Urteilsverkündung und völlig unabhängig von der späteren Berufungseinlegung durch die Staatsanwaltschaft darüber zu belehren, dass neue Straftaten schon vor Eintritt der Rechtskraft zum Widerruf der Bewährung führen können, während die Bewährungsauflagen und –weisungen erst zu befolgen sind, wenn das Urteil rechtskräftig geworden ist. Es fehlt damit schon an einer Tätigkeit, die der Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV RVG unterfällt.
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(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.
(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tenor
Die Sache wird zur Entscheidung der Kammer in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 30.05.2014 wird gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG) als unbegründet verworfen.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 21.02.2014 wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 StPO) als unzulässig verworfen.
Die weitere Beschwerde gegen die zurückgewiesene Beschwerde wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Der Angeklagte wurde durch das Amtsgericht Köln am 06.08.2013 kostenpflichtig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Unter dem 09.08.2013 legte die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil Berufung ein. Nach Zustellung des schriftlichen Urteils am 04.09.2013 nahm die Staatsanwaltschaft die Berufung am 11.09.2013 zurück. Durch das Amtsgericht erging sodann unter dem 30.10.2013 der Beschluss, wonach die Kosten der zurückgenommenen Berufung sowie die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen von der Staatskasse zu tragen sind.
4Bereits mit Schriftsätzen vom 25.09.2013 hatte der Beschwerdeführer, der dem Angeklagten bereits im Ermittlungsverfahren am 17.06.2013 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war, die Festsetzung der Gebühren für das Berufungsverfahren sowohl hinsichtlich der Pflichtverteidigergebühren mit einem Gesamtbetrag von 280,84 EUR und einer Differenz zur Wahlverteidigergebühr in Höhe von weiteren 64,26 EUR beantragt. Wegen der Einzelheiten der beiden Gebührenrechnungen wird auf die beiden Schriftsätze vom 25.09.2013 (Bl. 246, 247 GA) ergänzend Bezug genommen. Mit Beschlüssen vom 21.02.2014 wies das Amtsgericht durch die Rechtspflegerin die beiden vorgenannten Gebührenanträge des Beschwerdeführers zurück mit der Begründung, dass eine Gebühr nach Nr. 4124 VV RVG vor Rücknahme der Berufung mangels einer auf die Verteidigung gerichteten Tätigkeit nicht entstanden sei.
5Gegen die am 05.03.2014 zugestellten Beschlüsse legte der Beschwerdeführer Erinnerung (hinsichtlich des Beschlusses über die Pflichtverteidigergebühren) und sofortige Beschwerde (hinsichtlich des Beschlusses über die Differenzgebühren eines Wahlverteidigers) ein. Das Amtsgericht wies die Erinnerung des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 30.05.2014 zurück, wogegen der Beschwerdeführer unter dem 05.06.2014 Beschwerde einlegte. Zur Begründung seiner Rechtsmittel führt er aus, dass mit dem Angeklagten und dessen Betreuerin erörtert worden sei, wie sich die Berufung auf den Bewährungsbeschluss ausgewirkt habe. Zudem sei eine „Waffengleichheit“ herzustellen, wonach die Staatsanwaltschaft ohne weitere Konsequenzen fristwahrend Berufung einlegen könne, wohingegen der Mandant sich dieses wegen der einhergehenden Kostenlast überlegen müsse. Schließlich sei ergebe eine systematische Auslegung zu Nr. 4141 VV RVG sowie der Wortlaut der Nr. 4124 VV RVG, dass die Grundgebühr ohne Einschränkung mit der Einlegung der Berufung entstehe.
6II.
7Die Kammer entscheidet über die eingelegten Rechtsmittel ungeachtet der kostenrechtlichen Fragen aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung in der Besetzung mit drei Berufsrichtern.
8Für die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 21.02.2014 folgt dieses aus der rechtlichen Erwägung, dass die Strafkammern gemäß § 76 Abs. 1 GVG durch drei Richter einschließlich des Vorsitzenden entscheiden. Soweit zwar in § 464b Abs. 3 StPO auf die Vorschriften der ZPO verwiesen wird, gilt dieses allein für das eigentliche Kostenfestsetzungsverfahren. Das weitergehende strafprozessuale Rechtsmittelverfahren ist demgegenüber – auch nach dem Willen des Gesetzgebers – von der Verweisung in § 464b Abs. 3 StPO nicht erfasst (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.02.2012 – 3 Ws 41/12 [Rn. 6] – nach juris).
9Für die Beschwerde gemäß § 56 Abs. 2 RVG gelten insoweit vergleichbare Erwägungen mit folgenden zusätzlichen Gründen. Zwar sieht der unmittelbar einschlägige § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG noch ausdrücklich vor, dass über die Beschwerde eine Einzelrichterzuständigkeit begründet ist. Dabei kann jedoch vorliegend dahinstehen, ob für strafprozessuale Beschwerden oder Erinnerungen im Rahmen des § 56 RVG aus obigen Gründen originär das Kollegialgericht zu entscheiden hat. Denn aufgrund der aufgeworfenen und im hiesigen Bezirk noch nicht entschiedenen Frage der Erstattungsfähigkeit der Verteidigergebühr nach Nr. 4124 VV RVG bei Rücknahme der Berufung durch die Staatsanwaltschaft vor Ablauf der Begründungsfrist handelt es sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, die damit gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG ohnehin auf die Kammer zur Entscheidung zu übertragen ist.
10Die gegen den die Differenzgebühr zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts vom 21.02.2014 gerichtete sofortige Beschwerde ist als solche statthaft (§ 464b Satz 3 StPO, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, §§ 304, 311 StPO). Mangels Erreichens des Beschwerdewertes von wenigstens 200,00 EUR (§ 304 Abs. 3 StPO) ist diese sofortige Beschwerde indessen unzulässig, da die beantragte Differenzgebühr zur Wahlverteidigergebühr ausweislich des Antrags vom 25.09.2013 lediglich 64,26 EUR beträgt. Dabei kann nicht darauf abgestellt werden, dass der gesamte Gebührenwert in den Anträgen auf summarisch 345,10 EUR lautete. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass die Gebühren aufgrund unterschiedlicher Rechtsnormen zu erstatten sind. Während die Auszahlung der Pflichtverteidigergebühren auf Grundlage des Beiordnungsbeschlusses durch Kostenfestsetzung gemäß § 55 RVG erfolgt, sind die Differenzgebühren der notwendigen Auslagen eines Wahlverteidigers auf Grundlage der gemäß § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO getroffenen Kostengrundentscheidung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 30.10.2013 im Rahmen der Kostenfestsetzung gemäß §§ 464b StPO, 104 ZPO zu erstatten. Hiergegen sind als Folge unterschiedliche Rechtsbehelfe eröffnet, nämlich die Erinnerung gegen die unterbliebene Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren (§ 56 Abs. 1 RVG) einerseits und die sofortige Beschwerde nach oben genannten Normen bzw. die befristete Erinnerung (§ 11 RPflG). Diese Differenzierung gebietet es daher, auch den Wert der jeweiligen Gebühren nicht zu summieren, sondern innerhalb der unterschiedlich ausgestalteten Rechtswege eigenständig zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die zutreffende Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschluss vom 21.02.2014 und den Wortlaut des Schriftsatzes vom 05.03.2014, welcher zwischen den Rechtsbehelfen der Erinnerung und der sofortigen Beschwerde gegen die beiden ergangenen Entscheidungen eindeutig differenziert, verbietet es sich auch, das unzulässige Rechtsmittel im Wege der Auslegung in eine Erinnerung umzudeuten. Die diesbezügliche Kostenentscheidung des damit unzulässigen Rechtsmittels beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
11Die gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 30.05.2014 gerichtete zulässige Beschwerde nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 bis 8 RVG ist unbegründet. Dem Beschwerdeführer steht kein Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung einer Vergütung für das Berufungsverfahren zu.
12Für die Erstattungsfähigkeit von anwaltlichen Gebühren eines beigeordneten Pflichtverteidigers gilt grundsätzlich, dass nur derartige Gebühren erfasst sein können, deren Tätigkeit für die Verteidigung des Angeklagten als notwendig anzusehen sind. Zwar ist dieses in der den Vorschriften des RVG für den nach § 55 RVG abrechnenden Pflichtverteidiger nicht ausdrücklich normiert. Allerdings ist wegen § 52 Abs. 1 Satz 2 RVG zu berücksichtigen, dass der Pflichtverteidiger bei der Entfaltung seiner Tätigkeit keine unnötigen Handlungen unternehmen und insoweit auch keine Besserstellung im Vergleich zu einem beauftragten Wahlverteidiger entstehen darf, der aufgrund einer Kostenentscheidung nach § 467 StPO jedenfalls nur die notwendigen Verteidigungshandlungen abrechnen kann (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 19.05.2011 – 1 Ws 168/10 [Rn. 4, 5]; OLG Jena, Beschluss vom 17.08.2009 – 1 Ws 277/09 [Rn. 24] – nach juris). Hieraus folgend ist demnach anhand objektiver Kriterien zu prüfen, ob und welche Tätigkeiten für die Verteidigung als notwendig und damit gebührenauslösend anzusehen sind.
13Für den vorliegenden Fall, dass die Staatsanwaltschaft gegen das erstinstanzliche Urteil die Berufung einlegt und diese noch vor Ablauf der Begründungsfrist zurücknimmt, ist in der Rechtsprechung umstritten, ob durch eine beratende Tätigkeit des Anwalts eine Verteidigergebühr nach Nr. 4124 VV RVG ausgelöst wird. Hierzu wird einerseits vertreten, dass ein anwaltliches Tätigwerden vor Eingang der Berufungsbegründung prozessual nicht erforderlich und mithin nicht vergütungsfähig sei (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 19.05.2011 – 1 Ws 168/10 [Rn. 8 f.]; LG Koblenz, Beschluss vom 27.08.2008 – 9 Qs 50/08 [Rn. 16] – jeweils nach juris). Demgegenüber wird teilweise vertreten, dass bereits die beratende Tätigkeit des Verteidigers auf das noch unbegründete Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft einen Gebührenanspruch auslösen kann (vgl. LG Dresden, Beschluss vom 23.05.2007 – 3 Qs 75/07 [Rn. 7] nach juris). Für die anwaltlichen Gebühren im Revisionsrechtszug wird überwiegend vertreten, dass vor Begründung des Rechtsmittels eine Gebühr nach Nr. 4130 VV RVG nicht entstanden ist (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 27.04.2010 – 1 Ws 61/10 [Rn. 3]; OLG Koblenz, Beschluss vom 03.07.2006 – 2 Ws 424/06 [Rn. 3]; OLG Köln, Beschluss vom 05.06.2003 – 2 Ws 317/03 [Rn. 38]; a.A.: OLG Stuttgart, Beschluss vom 02.04.1998 – 3 Ws 102/95 und 3 Ws 103/95 – jeweils nach juris).
14Die Kammer schließt sich im Ergebnis der Auffassung an, dass vor Begründung des zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Rechtsmittels eine prozessuale Notwendigkeit für das Tätigwerden des Verteidigers nicht vorhanden ist und damit ein Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse nicht entstanden sein kann. Hierzu vertritt die Kammer im Anschluss an die im Ergebnis gleichlautenden genannten Entscheidungen ebenfalls die Ansicht, dass eine konkrete Verteidigungsmaßnahme gegen das eingelegte Rechtsmittel im Regelfall solange nicht entfaltet werden kann, bis die Begründung der Staatsanwaltschaft vorliegt. Erst hieraus sind sowohl Zielrichtung und Argumente der Staatsanwaltschaft bekannt, die hinsichtlich weiterer Verteidigungsmaßnahmen einer Prüfung zu unterziehen und mit dem Mandanten zu beraten sind. Die vorab erteilten Informationen über den abstrakten Fortgang des Verfahrens sind allein informeller Natur und können damit bereits aus diesem Grunde einer erforderlichen Verteidigungshandlung nicht zugerechnet werden, wobei erschwerend hinzutritt, dass eine konkrete sachbezogene Tätigkeit des Pflichtverteidigers nicht aktenkundig ist.
15Für den vorliegenden Fall ist zudem auch zweifelhaft, ob die beratende Tätigkeit überhaupt bereits der Verteidigung gegen die eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft zugerechnet werden kann. Nach eigenen Angaben des Verteidigers war die Beratung des Mandanten und dessen Betreuerin auf die Auswirkungen des Bewährungsbeschlusses und den darin getroffenen Auslagen im Hinblick auf den Rechtskrafteintritt bezogen. In dieser Tätigkeit liegt bereits dem Grunde nach keine auf eine zweckentsprechende Verteidigung gegen die Berufung gerichtete Beratung. Vielmehr erfolgte diese ausschließlich bezogen auf die möglichen Folgen der Nichtbefolgung erteilter Weisungen und Auflagen, so dass dieses noch der informellen Beratung des verurteilten Mandanten im ersten Rechtszug oder allenfalls einer nachfolgenden Vollstreckung in Bezug auf nachträgliche Entscheidungen nach §§ 453, 462a StPO zuzuordnen ist. Diesbezüglich besteht mit Ausnahme der zeitlichen Verzögerung des Rechtskrafteintritts auch kein Unterschied zu einer sofortigen Beratung des verurteilten Mandanten über die erteilten Auflagen und Weisungen eines Bewährungsbeschlusses, wenn ein Rechtsmittelverzicht nicht erklärt wurde. Auch in diesen Fällen ist das erstinstanzliche Urteil nebst den erteilten Bewährungsauflagen und weisungen erst nach Ablauf der Rechtsmittelfristen rechtskräftig. Allein der wegen des eingelegten Rechtsmittels verzögerte Rechtskrafteintritt des Urteils und einhergehenden Bewährungsbeschlusses vermag bei im Übrigen gleicher Sach- und Rechtslage eine abweichende Bewertung der informellen Beratung in gebührenrechtlicher Hinsicht nicht zu begründen.
16Im Übrigen vermögen auch die weiteren Argumente des Beschwerdeführers eine gegenteilige Ansicht nicht zu begründen. Soweit dieser auf einen angeblichen Widerspruch zur Erstattungsfähigkeit einer Tätigkeit nach Nr. 4141 VV RVG abstellt, verkennt er, dass dieses gerade eine irgendwie geartete zweckentsprechende Tätigkeit des Verteidigers voraussetzt, die ursächlich zur Erledigung des Verfahrens außerhalb des Hauptverfahrens führt (vgl. Mayer / Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, RVG Nr. 4141ff. Rn. 14). Wird die Berufung durch die Staatsanwaltschaft ohne jegliche aktive Tätigkeit des Verteidigers zurückgenommen, entsteht auch eine „Befriedungsgebühr“ nach Nr. 4141 VV RVG nicht. Im anderweitigen Fall, dass die Tätigkeit des Verteidigers geeignet und ursächlich für die Rücknahme der Berufung durch die Staatsanwaltschaft war, entstehen dem Verteidiger die Gebühren nach Nr. 4124 und 4141 VV RVG (vgl. LG Köln, Beschluss vom 08.02.2007 – 111 Qs 30/07 [Rn. 4, 5] – nach juris). Insofern besteht gerade kein Widerspruch, sondern gar ein offensichtlicher Gleichklang zwischen den genannten Gebührenvorschriften. Dabei ist auch die Argumentation des Beschwerdeführers hinsichtlich des Wortlauts des Gebührentatbestandes zu Nr. 4124 VV RVG nicht stichhaltig, dass die Gebühr mangels Einschränkung bereits dann entstehe, wenn diese eingelegt werde. Bereits aus der entsprechenden Vorbemerkung zu Teil 4 Abs. 2 VV RVG wird für die Entstehung der Verfahrensgebühr das Betreiben des Geschäfts – also eine zweckgerichtete Tätigkeit – verlangt, welches jedenfalls vorliegend nicht aktenkundig ist.
17Letztlich vermögen auch die Argumente der „Waffengleichheit“ zwischen Verurteiltem und Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Kostengefahr eines vorsorglich und fristwahrend eingelegten Rechtsmittels nicht zu überzeugen. Zunächst übersieht die Beschwerde, dass für die Staatsanwaltschaft ein solches Vorgehen nach Nr. 148 RiStBV in Ausnahmefällen gerade vorgesehen ist. Vorliegend ist aus der Akte nicht ersichtlich und von der Beschwerde auch nicht anderweitig dargestellt, dass das fristwahrende Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft gerade nicht einen Ausnahmefall dargestellt haben könnte. Hierfür spricht jedenfalls der Umstand, dass die verurteilte Tat in der zugelassenen Anklageschrift vom 02.07.2013 zunächst als Raub gewertet und schließlich als einfache Nötigung verurteilt wurde. Inwiefern diese abweichende rechtliche Würdigung des erkennenden Amtsgerichts zutreffend war, konnte für die Staatsanwaltschaft sichtlich nur aufgrund der schriftlichen Urteilsgründe nachvollzogen werden, so dass unter Berücksichtigung des erheblich unterschiedlichen Strafmaßes eines Raubes nach § 249 StGB und der Nötigung nach § 240 StGB die Annahme einer Ausnahme zur vorsorglichen Einlegung eines Rechtsmittelns nach Nr. 148 RiStBV nicht gänzlich fernliegend ist. Bezüglich der Kostengefahr des eingelegten Rechtsmittels verkennt die Beschwerdebegründung zudem, dass die Gerichtsgebühren bei Rücknahme der Berufung vor Ablauf der Begründungsfrist auch für den Verurteilten wegfällt (Nr. 3121 KV GKG) und die schlichte Einlegung der Berufung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 RVG für die Verteidigergebühren noch dem ersten Rechtszug zuzuordnen ist. Auch dem Verurteilten steht es mithin kostenneutral offen, ein Rechtsmittel zunächst fristwahrend einzulegen, um anhand der schriftlichen Urteilsbegründung die konkreten und vielfach im Vorfeld nicht einschätzbaren Erfolgsaussichten eines weiteren Vorgehens beurteilen zu können.
18Die Entscheidung über die Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 30.05.2014 ergeht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG gebührenfrei und ohne Kostenerstattung.
19Die weitere Beschwerde gegen die Zurückweisung der Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 30.05.2014 wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 1 RVG zugelassen. Die Frage, ob die Verteidigergebühr nach Nr. 4124 VV RVG auch in dem Fall entsteht, dass die Berufung von der Staatsanwaltschaft eingelegt und noch vor Ablauf der Begründungsfrist zurückgenommen wird, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich entschieden. Soweit ersichtlich hat das Oberlandesgericht Köln diese Frage für das Rechtsmittel der Berufung noch nicht entschieden.
(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.
(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.
(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.
(1) Entscheidungen, die in Anwesenheit der davon betroffenen Person ergehen, werden ihr durch Verkündung bekanntgemacht. Auf Verlangen ist ihr eine Abschrift zu erteilen.
(2) Andere Entscheidungen werden durch Zustellung bekanntgemacht. Wird durch die Bekanntmachung der Entscheidung keine Frist in Lauf gesetzt, so genügt formlose Mitteilung.
(3) Dem nicht auf freiem Fuß Befindlichen ist das zugestellte Schriftstück auf Verlangen vorzulesen.
(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.
(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.
Die Berufung kann binnen einer weiteren Woche nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil noch nicht zugestellt war, nach dessen Zustellung bei dem Gericht des ersten Rechtszuges zu Protokoll der Geschäftsstelle oder in einer Beschwerdeschrift gerechtfertigt werden.
Verschiedene Angelegenheiten sind
- 1.
das Verfahren über ein Rechtsmittel und der vorausgegangene Rechtszug, soweit sich aus § 19 Absatz 1 Satz 2 Nummer 10a nichts anderes ergibt, - 1a.
jeweils das Verwaltungsverfahren, das einem gerichtlichen Verfahren vorausgehende und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende weitere Verwaltungsverfahren (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren), das Verfahren über die Beschwerde und die weitere Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung, das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter und ein gerichtliches Verfahren, - 2.
das Mahnverfahren und das streitige Verfahren, - 3.
das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger und das streitige Verfahren, - 4.
das Verfahren in der Hauptsache und ein Verfahren - a)
auf Anordnung eines Arrests oder zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, - b)
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, - c)
über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, über die Aufhebung der Vollziehung oder über die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts sowie - d)
über die Abänderung, die Aufhebung oder den Widerruf einer in einem Verfahren nach den Buchstaben a bis c ergangenen Entscheidung,
- 5.
der Urkunden- oder Wechselprozess und das ordentliche Verfahren, das nach Abstandnahme vom Urkunden- oder Wechselprozess oder nach einem Vorbehaltsurteil anhängig bleibt (§§ 596, 600 der Zivilprozessordnung), - 6.
das Schiedsverfahren und das Verfahren über die Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme sowie das Verfahren über einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer Entscheidung über die Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 7.
das gerichtliche Verfahren und ein vorausgegangenes - a)
Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle (§ 794 Absatz 1 Nummer 1 der Zivilprozessordnung) oder, wenn die Parteien den Einigungsversuch einvernehmlich unternehmen, vor einer Gütestelle, die Streitbeilegung betreibt (§ 15a Absatz 3 des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung), - b)
Verfahren vor einem Ausschuss der in § 111 Absatz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes bezeichneten Art, - c)
Verfahren vor dem Seemannsamt zur vorläufigen Entscheidung von Arbeitssachen und - d)
Verfahren vor sonstigen gesetzlich eingerichteten Einigungsstellen, Gütestellen oder Schiedsstellen,
- 8.
das Vermittlungsverfahren nach § 165 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und ein sich anschließendes gerichtliches Verfahren, - 9.
das Verfahren über ein Rechtsmittel und das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels, - 10.
das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und - a)
ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren und - b)
ein sich nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens anschließendes Bußgeldverfahren,
- 11.
das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und das nachfolgende gerichtliche Verfahren, - 12.
das Strafverfahren und das Verfahren über die im Urteil vorbehaltene Sicherungsverwahrung und - 13.
das Wiederaufnahmeverfahren und das wiederaufgenommene Verfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4 oder 5 des Vergütungsverzeichnisses richten.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist. Hierzu gehören insbesondere
- 1.
die Vorbereitung der Klage, des Antrags oder der Rechtsverteidigung, soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet; - 1a.
die Einreichung von Schutzschriften und die Anmeldung von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zum Klageregister für Musterfeststellungsklagen sowie die Rücknahme der Anmeldung; - 1b.
die Verkündung des Streits (§ 72 der Zivilprozessordnung); - 2.
außergerichtliche Verhandlungen; - 3.
Zwischenstreite, die Bestellung von Vertretern durch das in der Hauptsache zuständige Gericht, die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Sachverständigen, die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung, die Wertfestsetzung, die Beschleunigungsrüge nach § 155b des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit; - 4.
das Verfahren vor dem beauftragten oder ersuchten Richter; - 5.
das Verfahren - a)
über die Erinnerung (§ 573 der Zivilprozessordnung), - b)
über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, - c)
nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, - d)
nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und - e)
nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen;
- 6.
die Berichtigung und Ergänzung der Entscheidung oder ihres Tatbestands; - 7.
die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe; - 8.
die für die Geltendmachung im Ausland vorgesehene Vervollständigung der Entscheidung und die Bezifferung eines dynamisierten Unterhaltstitels; - 9.
die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Einlegung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, der Antrag auf Entscheidung über die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, die nachträgliche Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag, die Erteilung des Notfrist- und des Rechtskraftzeugnisses; - 9a.
die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach - a)
§ 1079 oder § 1110 der Zivilprozessordnung, - b)
§ 39 Absatz 1 und § 48 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes, - c)
§ 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes, - d)
§ 14 des EU-Gewaltschutzverfahrensgesetzes, - e)
§ 71 Absatz 1 des Auslandsunterhaltsgesetzes, - f)
§ 27 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes und - g)
§ 27 des Internationalen Güterrechtsverfahrensgesetzes;
- 10.
die Einlegung von Rechtsmitteln bei dem Gericht desselben Rechtszugs in Verfahren, in denen sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten; die Einlegung des Rechtsmittels durch einen neuen Verteidiger gehört zum Rechtszug des Rechtsmittels; - 10a.
Beschwerdeverfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten und dort nichts anderes bestimmt ist oder keine besonderen Gebührentatbestände vorgesehen sind; - 11.
die vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung, wenn nicht eine abgesonderte mündliche Verhandlung hierüber stattfindet; - 12.
die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung und die Anordnung, dass Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind (§ 93 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), wenn nicht ein besonderer gerichtlicher Termin hierüber stattfindet; - 13.
die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn deswegen keine Klage erhoben wird; - 14.
die Kostenfestsetzung und die Einforderung der Vergütung; - 15.
(weggefallen) - 16.
die Zustellung eines Vollstreckungstitels, der Vollstreckungsklausel und der sonstigen in § 750 der Zivilprozessordnung genannten Urkunden und - 17.
die Herausgabe der Handakten oder ihre Übersendung an einen anderen Rechtsanwalt.
(2) Zu den in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Verfahren gehören ferner insbesondere
- 1.
gerichtliche Anordnungen nach § 758a der Zivilprozessordnung sowie Beschlüssenach §§ 90 und 91 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 2.
die Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung, - 3.
die Bestimmung eines Gerichtsvollziehers (§ 827 Absatz 1 und § 854 Absatz 1 der Zivilprozessordnung) oder eines Sequesters (§§ 848 und 855 der Zivilprozessordnung), - 4.
die Anzeige der Absicht, die Zwangsvollstreckung gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu betreiben, - 5.
die einer Verurteilung vorausgehende Androhung von Ordnungsgeld und - 6.
die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme.