Oberlandesgericht Köln Beschluss, 24. Juni 2016 - 19 W 10/16
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 21.4.2016 (41 O 90/12) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 3.6.2016 (41 O 90/12) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
1
Gründe:
2Die gemäß § 793 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Ermächtigung zur Erstellung eines Buchauszugs und zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 5.000,00 € hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat eine entsprechende Ermächtigung der Gläubigerin und Zahlungspflicht der Schuldnerin zu Recht ausgesprochen. Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss und in der Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts verwiesen werden. Das Beschwerdevorbringen führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
3Eine Verurteilung zur Erstellung eines Buchauszugs im Sinne von § 87 c Abs. 2 HGB ist grundsätzlich nach § 887 ZPO zu vollstrecken, wenn der Buchauszug aufgrund vorhandener Unterlagen nicht nur vom Schuldner, sondern auch von einem Dritten erstellt werden kann (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20.1.2011 – I ZB 67/09, in: NJW-RR 2011, 470 f. m.w.N.). Hiervon ist auch im vorliegenden Fall, in dem die Schuldnerin durch - infolge Rücknahme der dagegen gerichteten Berufung rechtskräftiges - Teilurteil des Landgerichts Aachen vom 3.2.2015 u.a. dazu verurteilt wurde, der Gläubigerin einen Buchausdruck über sämtliche Geschäfte zu erteilen, die nach dem 30.06.2009 bis 31.12.2009 in ihrem Kundenbereich noch abgewickelt worden sind, auszugehen.
4Im Vollstreckungsverfahren ist der Erfüllungseinwand des Schuldners zu berücksichtigen (BGH, a.a.O.). Ob – wie die Schuldnerin meint – die von ihr in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 7.2.1990 – IV ZR 314/88, in: NJW-RR 1990 1370 f.) zur Erfüllung des Anspruchs auf Provisionsabrechnung durch die Erklärung des Unternehmers, dass der Handelsvertreter während des Abrechnungszeitraums keine Provision verdient habe, auf den hier in Rede stehenden Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs übertragbar ist, bedarf keiner abschließenden Beurteilung. Denn der von der Schuldnerin vorliegend erhobene Erfüllungseinwand greift unabhängig davon nicht durch. Insbesondere reicht die „Negativerklärung“ im Schreiben vom 28.8.2015 (Bl. 13 d.SH), derzufolge die Schuldnerin in der Zeit vom 30. Juni bis 31. Dezember 2009 weder von der Gläubigerin vermittelte Geschäfte abgeschlossen noch Geschäfte in ihrem Kundenbereich abgewickelt habe, nicht aus, um den titulierten Anspruch der Gläubigerin auf Erteilung eines Buchauszugs zu erfüllen. Hierbei handelt es sich in der Sache um den gleichen Einwand, den die Schuldnerin bereits im Erkenntnisverfahren erhoben hatte und mit dem sich der Senat in seinem Beschluss vom 9.7.2015 (19 U 32/15), durch den auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO hingewiesen wurde, unter 2. wie folgt befasst hat:
5„Das Landgericht hat die Beklagte auch in der Sache zu Recht zur Erteilung einer Provisionsabrechnung und eines Buchauszugs für den Zeitraum nach dem 30.6.2009 bis 31.12.2009 verurteilt. Die Klägerin hat die Voraussetzungen für diese Ansprüche hinreichend dargelegt, während die dagegen gerichteten Einwendungen der Beklagten nicht durchgreifen.
6Bei einer Klage auf Abrechnung und Buchauszug genügen die Darlegung und Beweisführung des bestehenden Vertretervertrags und der konkret aufgezeigten Möglichkeit zumindest eines entstandenen Zahlungsanspruchs durch Vermittlung von Kunden oder Abschluss von Kundengeschäften (vgl. Löwisch, in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3. Auflage 2014, § 87 c HGB Rn 86 m.w.N.). Diesen – geringen – Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin gerecht. Dass auch nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zum 30.6.2009 noch Provisionsansprüche der Klägerin entstanden sein können, weil von ihr vermittelte Geschäfte i.S.d. § 87 a Abs. 1 Satz 1 HGB erst später ausgeführt wurden (sog. Überhangprovisionen), erscheint selbst nach dem Vorbringen der Beklagten nicht ausgeschlossen und reicht aus, um einen Anspruch auf Abrechnung und Buchauszug zu bejahen. Auch der Umstand, dass die Klägerin nach dem (bestrittenen) Vorbringen der Beklagten in dem Zeitraum zwischen der Kündigungserklärung vom 21.4.2009 und dem Ablauf der Kündigungsfrist am 30.6.2009 freigestellt gewesen sein soll, führt nicht dazu, insoweit die Möglichkeit der Entstehung von (weiteren) Provisionsansprüchen zu verneinen, zumal sich aus den von der Beklagten selbst erstellten Abrechnungen gemäß Anlage K 10 a („eigene Kunden“) und K 10 b („übergebene Kunden“) in der Spalte „Datum“, von der unklar ist, ob sie sich auf den Zeitpunkt des Abschlusses oder der Ausführung des Geschäfts oder der Provisionsabrechnung bezieht, einige Geschäftsvorfälle auch noch nach dem 21.4.2009 ergeben. Dass nach Ablauf der Kündigungsfrist die Vermittlungstätigkeit der Klägerin „schlagartig“ keinerlei Auswirkungen auf die Ausführung von Geschäften durch die Beklagte mehr hatte, ist hingegen weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Mindestens ebenso naheliegend erscheint es vielmehr, dass solche Geschäftsvorfälle von der Beklagten lediglich – bislang – noch nicht abgerechnet wurden, da die Angaben in der o.g. Spalte taggenau mit dem 30.6.2009, d.h. dem Ablauf der Kündigungsfrist enden.
7Das Verlangen der Klägerin nach Erteilung einer Provisionsabrechnung und eines Buchauszugs ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die von der Klägerin geltend gemachten Auskunftsansprüche dienen gerade dazu, ihr die erforderlichen Informationen aus dem Geschäftsbereich der Beklagten zu verschaffen, über die sie selbst nicht verfügt. Die Beklagte muss sich die Angaben ggf. beschaffen, falls sie – z.B. infolge der Übergabe des Geschäftsbetriebs – nicht mehr bei ihr vorhanden sein sollten.
8Vor diesem Hintergrund reicht auch die pauschale Behauptung der Beklagten in den in der Berufungsbegründung näher bezeichneten erstinstanzlichen Schriftsätzen, dass sämtliche von ihr vermittelten Geschäfte bei Vertragsende bereits ausgeführt, abgerechnet und verprovisioniert worden waren, was die Beklagte als Erfüllung des Auskunftsanspruchs durch eine sog. Fehlanzeige ansieht, nicht aus, um das (Fort-) Bestehen des Anspruchs der Klägerin auf Erteilung einer Provisionsabrechnung und eines Buchauszugs in Frage zu stellen, zumal der Standpunkt der Beklagten im Wesentlichen mit der (angeblichen) Freistellung der Klägerin begründet wird und – wie dargelegt – nicht mit dem Inhalt der von ihr selbst erstellten Aufstellungen plausibel in Einklang gebracht werden kann. Insofern handelt es sich auch nicht um einen Fall einer unvollständigen oder unzutreffenden Informationserteilung, bei dem die Klägerin ggf. zu einer weiteren Stufe ihres Klagebegehrens übergehen oder ihren Klageantrag auf Ergänzung umstellen müsste, sondern um eine Nichterfüllung.
9Durch die vom Landgericht vorgenommene und seitens der Klägerin nicht angegriffenen Begrenzung des Zeitraums, für den die begehrten Auskünfte zu erteilen sind, bis zum 31.12.2009 werden sowohl die Beendigung der Vertriebstätigkeit der Beklagten als auch ihre (sonstigen) schutzwürdigen Belange hinreichend berücksichtigt.“
10Aus dem Schreiben der Schuldnerin vom 28.8.2015 ergeben sich keine (neuen) Aspekte, die geeignet wären, den Erfüllungseinwand (nunmehr) zu begründen. Dass und ggf. in welcher Weise im Vorfeld der Erklärung eine (nochmalige?) Überprüfung der Bücher stattgefunden hätte, ergibt sich aus dem Schreiben selbst nicht und wird auch weder im Schriftsatz vom 28.4.2016, mit dem diese Erklärung eingereicht wurde, noch in der Beschwerdebegründung vom 10.6.2016 oder in der Stellungnahme zum Nichtabhilfebeschluss mit Schriftsatz vom 20.6.2016 näher erläutert. Die pauschale Behauptung, aufgrund der Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils hätten die Geschäftsführerin und die Buchhalterin der Schuldnerin „die Geschäftsunterlagen noch einmal überprüft und die Richtigkeit des schriftsätzlichen Vortrags bestätigt gefunden“, genügt dafür nicht, weil diese Ausführungen nicht geeignet sind, die bereits im Beschluss vom 9.7.2015 im Einzelnen aufgezeigten Bedenken auszuräumen.
11Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.
(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.
(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)