Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 19. Nov. 2015 - 3 Ws 413/15
Gericht
Tenor
Der angefochtene Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 28. September 2015 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten in der Beschwerdeinstanz trägt die Staatskasse; § 473 Abs. 4 StPO analog.
1
G r ü n d e :
2I.
3Das Amtsgericht – Jugendschöffengericht – Minden verhängte gegen den Verur-teilten mit Urteil vom 20. April 2015 wegen Diebstahls im besonders schweren Fall unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Minden vom 20. Januar 2014 (Az.: 12 Ls 845 Js 1132/13) eine vollstreckbare Einheitsjugendstrafe von 10 Monaten.
4Auf die dagegen eingelegte Berufung des Verurteilten hat die IV. große Strafkammer – Jugendkammer – des Landgerichts Bielefeld mit Urteil vom 21. August 2015 das Urteil neu gefasst und den Verurteilten wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbe-schädigung unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Minden vom 20. Januar 2014 zu einer Einheitsjugendstrafe von 10 Monaten verurteilt und die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung einem gesonderten Beschluss gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 2 JGG vorbehalten. Das Urteil der Jugendkammer ist seit dem 29. August 2015 rechtskräftig.
5Im Bewährungsbeschluss vom 21. August 2015 hat die Jugendkammer dem Ver-urteilten u.a. die Weisung erteilt, sich um eine schnellstmögliche Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe und um einen Auszug aus dem elterlichen Haushalt zu bemühen. Hilfen des Jugendamtes und der Bewährungshilfe habe der Verurteilte insoweit anzunehmen (Ziffer 6) des Bewährungsbeschlusses).
6Mit Verfügung vom 2. September 2015 hat der Vorsitzende der Jugendkammer Termin zur Aufstellung des Bewährungsplanes auf den 21. September 2015 anberaumt und die Verfahrensbeteiligten geladen. Mit Beschluss vom selben Tage hat die lV. große Strafkammer des Landgerichts Bielefeld die persönliche Anhörung des Verurteilten auf den Berichterstatter als beauftragten Richter übertragen.
7Am 21. September 2015 hat der Berichterstatter als beauftragter Richter den Verurteilten und seine Erziehungsberechtigten sowie die Vertreterin der Bewäh-rungshilfe angehört, wobei dem Verurteilten eröffnet worden ist, dass die Anhörung zum Zwecke der Aufstellung eines Bewährungsplanes für die Vorbewährungszeit diene. Der Verurteilte ist zum Verlauf seit dem letzten Hauptverhandlungstermin und insbesondere zu einem Einzel- und einem Familiengespräch mit dem Jugendamt am 8. und 15. September 2015 angehört worden. Die Bewährungshelferin hat berichtet, dass das Jugendamt die Bewilligung der Finanzierung der Fremdunterbringung des Verurteilten inzwischen abgelehnt habe.
8In dem in diesem Termin erstellten Bewährungsplan heißt es u.a.:
9„
101)
11Die Vorbewährungszeit dauert höchstens sechs Monate ab Rechtskraft des Urteils vom 20.08.2015, also längstens bis zum 28.02.2016. Sofern erfor-derlich kann die Kammer auch früher über die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung entscheiden. Damit ist insbesondere zu rechnen, falls C erneut Straftaten begeht oder den ihm erteilten Auflagen und Weisungen nicht nachkommt.
122) – 5) …
136)
14C hat sich unverzüglich um seine Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe und einen Auszug aus dem elterlichen Haushalt zu bemühen. Hilfen des Jugendamtes und der Bewährungshilfe hat er inso-weit anzunehmen.“
15Der Verurteilte hat hierzu in dem Termin am 21. September 2015 u.a. erklärt, dass ihm Inhalt und Zweck der erteilten Auflagen und Weisungen erläutert worden seien, dass er darüber belehrt worden sei, was passieren werde, wenn er den Auflagen und Weisungen nicht nachkommen oder eine weitere Straftat begehen werde.
16Mit Beschluss vom 28. September 2015 hat die IV. große Strafkammer – Jugendkammer – des Landgerichts Bielefeld die Aussetzung der Vollstreckung der im Urteil der Kammer vom 21. August 2015 verhängten Einheitsjugendstrafe zur Bewährung abgelehnt. Zur Begründung stützt sich die Kammer darauf, dass sich im Termin zur Aufstellung des Bewährungsplanes ergeben habe, dass der Verurteilte die Erwar-tungen nicht erfüllt habe, die die Kammer veranlasst hätten, ihre Entscheidung über die Vollstreckung der Einheitsjugendstrafe zur Bewährung zurückzustellen. Ins-besondere die ablehnende Haltung des Verurteilten in den zwei Gesprächsterminen mit dem Jugendamt vom 8. und 15. September 2015 hätten – dem Verurteilten vorwerfbar – dazu geführt, dass die angedachte Fremdunterbringung des Verurteilten gescheitert sei und ein von ihm behaupteter Veränderungswille angesichts seines Verhaltens während der ersten Wochen der Vorbewährungs-zeit nicht mehr angenommen werden könne. Die Hoffnung, in absehbarer Zeit eine positive Sozialprognose zu entwickeln, habe sich bei dem Verurteilten nicht erfüllt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
17Gegen diese Entscheidung wendet sich der Verurteilte mit seiner eigenen – undatierten, am 6. Oktober 2015 beim Landgericht eingegangenen – Eingabe und mit der durch seinen Verteidiger am 8. Oktober 2015 eingelegten sofortigen Beschwerde unter näheren Ausführungen.
18Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
19II.
20Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 59 Abs. 1 JGG statthaft und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des ange-fochtenen Beschlusses.
21Die angefochtene Entscheidung ist nicht frei von Rechtsfehlern ergangen.
221.
23a)
24Zwar war die IV. große Strafkammer – als Jugendkammer – gemäß § 61 a Abs. 2 JGG als dasjenige Gericht für die angefochtene Entscheidung zuständig, in dessen Urteil die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmalig geprüft werden konnten.
25b)
26Jedoch durfte die dem Verurteilten im Bewährungsbeschluss der Kammer vom 21. August 2015 unter Ziffer 6) und im Bewährungsplan vom 21. September 2015 ebenfalls unter Ziffer 6) erteilte Weisung, sich um seine schnellstmögliche Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe zu bemühen, nicht erteilt werden. Die Erteilung dieser Weisung ist bei Vorbehalt der Entscheidung über die Aussetzung von Jugendstrafe gesetzlich nicht vorgesehen, so dass sie mangels Vorliegens einer Rechtsgrundlage rechtswidrig und deshalb unwirksam ist. Nach § 61 b Abs. 1 S. 1
271. Halbsatz JGG kann das Gericht dem Jugendlichen zwar für die Zeit zwischen Eintritt der Rechtskraft des Urteils und dem Ablauf der nach § 61 a Abs. 1 JGG maßgeblichen – regelmäßig sechsmonatigen – Frist Weisungen und Auflagen erteilen. § 61 b Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz JGG bestimmt jedoch, dass insoweit die
28§§ 10, 15 Abs. 1 u. 2 und § 23 Abs. 1 S. 1 – 3, Abs. 2 JGG entsprechend gelten. Die hier gemäß § 12 Nr. 2 JGG angeordnete Erziehungsmaßregel, Hilfe zur Erziehung durch Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen, die die Kammer auch in den Gründen des Urteils vom 21. August 2015 ausdrücklich als solche bezeichnet und erläutert hat, ist hiervon nicht erfasst.
29Angesichts des klaren gesetzlichen Wortlauts und aufgrund des Umstandes, dass Regelungen, die mit Eingriffen in die persönlichen Freiheitsrechte verbunden sind, grundsätzlich restriktiv auszulegen sind, scheidet die erweiternde Auslegung der gesetzlichen Regelung aus.
30c)
31Die getroffene Anordnung kann auch nicht als Weisung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1 JGG verstanden werden, welche sich auf Anordnungen hinsichtlich des Aufenthaltsortes bezieht. Weisungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 JGG stellen grundsätzlich keine Rechtsgrundlage für eine – hier angestrebte - Unterbringung dar (vgl. Eisenberg, JGG, 16. Aufl., § 10 Rdnr. 17), die Dauercharakter hat und in der Regel nur mit Zustimmung des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten zulässig ist.
32d)Auch liegt keine zulässige Anordnung i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 2 JGG, in einem Heim zu wohnen, vor. Denn die Jugendkammer hat in dem angefochtenen Urteil die Weisung ausdrücklich dahin erläutert, dass es um die seinerzeit beantragte Fremdunterbringung des Verurteilten in einer Einrichtung des Betreuten Wohnens gehe „statt in einem Heim“, wofür neben dem Lebensalter von nunmehr 17 Jahren auch der Umstand spreche, dass der Verurteilte im Falle der Unterbringung in einer Wohngruppe in seinem Heimatort oder einer Nachbargemeinde die begonnene Berufsförderungsmaßahme fortsetzen könne.
33Ist aber die dem verurteilten Jugendlichen erteilte Weisung rechtswidrig, vermag ein Verstoß hiergegen die erteilte Anordnung die die Ablehnung der Vollstreckungs-aussetzung nicht zu rechtfertigen. Bereits deshalb unterliegt der angefochtene Beschluss der Aufhebung.
342.
35Im Hinblick auf die erforderliche erneute Behandlung und Entscheidung durch die Jugendkammer sieht sich der Senat zu folgenden weiteren Hinweisen veranlasst:
36a)
37Die Begründung der Kammer für die Nichtaussetzung der Bewährung trägt auch in der Sache nicht. Denn das maßgebliche weigerliche Verhalten des Verurteilten seit Erlass des Urteils vom 21. August 2015, auf das die Kammer das Scheitern einer positiven Sozialprognose stützt, war der Kammer bereits bei Aufstellung des Bewährungsplanes am 21. September 2015 bekannt. Die Kammer hat ausweislich des Anhörungsprotokolls von diesem Tage in dem Termin von der weigerlichen Haltung des Jugendlichen und seiner Erziehungsberechtigten erfahren, ebenso davon, dass die Finanzierung der angestrebten Fremdunterbringung durch das Jugendamt endgültig abgelehnt worden war.
38Wenn in Kenntnis dieser Umstände dann aber mit dem Verurteilten ein Bewährungsplan erstellt wird, in dem ihm erneut aufgegeben wird, sich unverzüglich um seine Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe und seinen Auszug aus dem elterlichen Haushalt zu bemühen, ihm außerdem die Belehrung über die Folgen der Zuwiderhandlung erteilt und ihm das Versprechen (§ 60 Abs. 3 S. 1 JGG) abgenommen wird, den Auflagen und Weisungen Folge zu leisten, so ist es widersprüchlich und verstößt gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, wenn die Kammer, ohne dass sich irgendwelche weiteren Umstände ereignet hätten, nur eine Woche später die Aussetzung der Vollstreckung ablehnt und diese Entscheidung allein auf die ihr bei Aufstellung des Bewährungsplans bereits bekannte Verweigerungshaltung des Jugendlichen stützt.
39b)
40Die Kammer ist bei der angefochtenen Entscheidung darüberhinaus ihren gesetz-lichen Anhörungspflichten gemäß §§ 57 Abs. 1 S. 2, 2. Halbsatz, 67 Abs. 1 JGG (hierzu OLG Hamburg, Beschluss vom 09.09.2014 – 1 Ws 92/14, BeckRS 2014, 18081 m.w.N.) nicht nachgekommen. Sie hat weder den Jugendlichen und dessen gesetzliche Vertreter noch die Staatsanwaltschaft zu ihrer beabsichtigten nach-träglichen ablehnenden Entscheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe angehört.
41Zwar muss die Anhörung nicht notwendigerweise mündlich erfolgen, sie ist hier jedoch auch in keiner anderen Form erfolgt; insbesondere auch nicht im An-hörungstermin am 21. September 2015. Dieser Termin diente – wie sowohl aus der Terminsverfügung des Vorsitzenden vom 2. September 2015 als auch aus dem Terminsprotokoll vom 21. September 2015 ausdrücklich hervorgeht – allein dem Zweck der Aufstellung eines Bewährungsplanes für die Vorbewährungszeit. Eine beabsichtigte Ablehnung der Aussetzung der Jugendstrafe ist ausweislich des Protokolls weder in der Anhörung vom 21. September 2015 noch sonst gegenüber den Verfahrensbeteiligten thematisiert worden.
42Soweit die Kammer in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt hat, dass der
43Verurteilte zum Bewährungsverlauf zwischen dem 21. August 2015 und dem 21. September 2015 angehört worden ist, reicht dies nach den gesetzlichen Vorgaben nicht aus; vielmehr hat ausdrücklich auch eine Anhörung zu der Entscheidung über den Vorbehalt der Vollstreckung der Jugendstrafe zu erfolgen.
44Aufgrund des allseitigen Anhörungsrechts (§§ 57 Abs. 1 S. 2, 67 Abs. 1 JGG) empfiehlt sich, die (erneute) Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung zu treffen; dies gilt insbesondere, wenn eine weitere Klärung des Sachstandes notwendig erscheint oder die Erstellung eines Bewährungsplanes für die Bewährungszeit erfolgen soll (vgl. Ostendorf, JGG, 9. Aufl., § 58 Rdnr. 8; ebenso Eisenberg, JGG,
4516. Aufl., § 57 Rdnr. 15).
46Die Verletzung der gesetzlichen Anhörungspflichten begründet einen Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs, welches insbesondere den jugend-lichen Angeklagten und seine gesetzlichen Vertreter in ihrem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Zugleich hat dieser Verstoß aber auch dazu geführt, dass der (Jugend-)Staatsanwaltschaft die Möglichkeit genommen worden ist, die ihr ob-liegende Wächterrolle im Jugendstrafverfahren wahrzunehmen; denn auch die Staatsanwaltschaft ist zu der beabsichtigten Entscheidung im Vorfeld in keiner Weise angehört worden.
47c)
48Bedenken bestehen auch dagegen, dass die Anhörung zum Zwecke der Aufstellung des Bewährungsplanes durch den Berichterstatter als beauftragten Richter durchgeführt worden ist. Die Aufstellung des Bewährungsplanes ist gemäß §§ 60 Abs. 1, 61 b Abs. 1 S. 7 JGG von Gesetzes wegen Aufgabe des Vorsitzenden des Jugendgerichts – hier der Jugendkammer -, das die Entscheidung über den Vorbehalt der Vollstreckung getroffen hat. Die Kammer hat mit Beschluss vom 2. September 2015 diese „persönliche Anhörung des Verurteilten“ dem Berichterstatter als beauftragten Richter übertragen. Insoweit ist jedoch weder aus den Verfahrensakten noch aus den Beschlussgründen ersichtlich, ob und ggf. aufgrund welcher konkreten Umstände
49ein Vertretungsfall vorgelegen hat, der die Übertragung der Anordnung auf den Berichterstatter rechtfertigt. Soweit ein Vertretungsfall nicht vorgelegen hat, bestehen gegen die Zulässigkeit der Übertragung der Anhörung auf einen beauftragten Richter, die weitergehend gesetzlich nicht vorgesehen ist, durchgreifende Bedenken.
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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Das Gericht kann im Urteil die Entscheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung ausdrücklich einem nachträglichen Beschluss vorbehalten, wenn
- 1.
nach Erschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten die getroffenen Feststellungen noch nicht die in § 21 Absatz 1 Satz 1 vorausgesetzte Erwartung begründen können und - 2.
auf Grund von Ansätzen in der Lebensführung des Jugendlichen oder sonstiger bestimmter Umstände die Aussicht besteht, dass eine solche Erwartung in absehbarer Zeit (§ 61a Absatz 1) begründet sein wird.
(2) Ein entsprechender Vorbehalt kann auch ausgesprochen werden, wenn
- 1.
in der Hauptverhandlung Umstände der in Absatz 1 Nummer 2 genannten Art hervorgetreten sind, die allein oder in Verbindung mit weiteren Umständen die in § 21 Absatz 1 Satz 1 vorausgesetzte Erwartung begründen könnten, - 2.
die Feststellungen, die sich auf die nach Nummer 1 bedeutsamen Umstände beziehen, aber weitere Ermittlungen verlangen und - 3.
die Unterbrechung oder Aussetzung der Hauptverhandlung zu erzieherisch nachteiligen oder unverhältnismäßigen Verzögerungen führen würde.
(3) Wird im Urteil der Vorbehalt ausgesprochen, gilt § 16a entsprechend. Der Vorbehalt ist in die Urteilsformel aufzunehmen. Die Urteilsgründe müssen die dafür bestimmenden Umstände anführen. Bei der Verkündung des Urteils ist der Jugendliche über die Bedeutung des Vorbehalts und seines Verhaltens in der Zeit bis zu der nachträglichen Entscheidung zu belehren.
(1) Gegen eine Entscheidung, durch welche die Aussetzung der Jugendstrafe angeordnet oder abgelehnt wird, ist, wenn sie für sich allein oder nur gemeinsam mit der Entscheidung über die Anordnung eines Jugendarrests nach § 16a angefochten wird, sofortige Beschwerde zulässig. Das gleiche gilt, wenn ein Urteil nur deshalb angefochten wird, weil die Strafe nicht ausgesetzt worden ist.
(2) Gegen eine Entscheidung über die Dauer der Bewährungszeit (§ 22), die Dauer der Unterstellungszeit (§ 24), die erneute Anordnung der Unterstellung in der Bewährungszeit (§ 24 Abs. 2) und über Weisungen oder Auflagen (§ 23) ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß die Bewährungs- oder die Unterstellungszeit nachträglich verlängert, die Unterstellung erneut angeordnet worden oder daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist.
(3) Gegen den Widerruf der Aussetzung der Jugendstrafe (§ 26 Abs. 1) ist sofortige Beschwerde zulässig.
(4) Der Beschluß über den Straferlaß (§ 26a) ist nicht anfechtbar.
(5) Wird gegen ein Urteil eine zulässige Revision und gegen eine Entscheidung, die sich auf eine in dem Urteil angeordnete Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung bezieht, Beschwerde eingelegt, so ist das Revisionsgericht auch zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig.
Der Richter kann dem Jugendlichen nach Anhörung des Jugendamts auch auferlegen, unter den im Achten Buch Sozialgesetzbuch genannten Voraussetzungen Hilfe zur Erziehung
- 1.
in Form der Erziehungsbeistandschaft im Sinne des § 30 des Achten Buches Sozialgesetzbuch oder - 2.
in einer Einrichtung über Tag und Nacht oder in einer sonstigen betreuten Wohnform im Sinne des § 34 des Achten Buches Sozialgesetzbuch
(1) Weisungen sind Gebote und Verbote, welche die Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. Der Richter kann dem Jugendlichen insbesondere auferlegen,
- 1.
Weisungen zu befolgen, die sich auf den Aufenthaltsort beziehen, - 2.
bei einer Familie oder in einem Heim zu wohnen, - 3.
eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen, - 4.
Arbeitsleistungen zu erbringen, - 5.
sich der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person (Betreuungshelfer) zu unterstellen, - 6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen, - 7.
sich zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), - 8.
den Verkehr mit bestimmten Personen oder den Besuch von Gast- oder Vergnügungsstätten zu unterlassen oder - 9.
an einem Verkehrsunterricht teilzunehmen.
(2) Der Richter kann dem Jugendlichen auch mit Zustimmung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters auferlegen, sich einer heilerzieherischen Behandlung durch einen Sachverständigen oder einer Entziehungskur zu unterziehen. Hat der Jugendliche das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so soll dies nur mit seinem Einverständnis geschehen.
(1) Der Vorsitzende stellt die erteilten Weisungen und Auflagen in einem Bewährungsplan zusammen. Er händigt ihn dem Jugendlichen aus und belehrt ihn zugleich über die Bedeutung der Aussetzung, die Bewährungs- und Unterstellungszeit, die Weisungen und Auflagen sowie über die Möglichkeit des Widerrufs der Aussetzung. Zugleich ist ihm aufzugeben, jeden Wechsel seines Aufenthalts, Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes während der Bewährungszeit anzuzeigen. Auch bei nachträglichen Änderungen des Bewährungsplans ist der Jugendliche über den wesentlichen Inhalt zu belehren.
(2) Der Name des Bewährungshelfers wird in den Bewährungsplan eingetragen.
(3) Der Jugendliche soll durch seine Unterschrift bestätigen, daß er den Bewährungsplan gelesen hat, und versprechen, daß er den Weisungen und Auflagen nachkommen will. Auch der Erziehungsberechtigte und der gesetzliche Vertreter sollen den Bewährungsplan unterzeichnen.
(1) Die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung wird im Urteil oder, solange der Strafvollzug noch nicht begonnen hat, nachträglich durch Beschluß angeordnet. Ist die Entscheidung über die Aussetzung nicht im Urteil vorbehalten worden, so ist für den nachträglichen Beschluss das Gericht zuständig, das in der Sache im ersten Rechtszug erkannt hat; die Staatsanwaltschaft und der Jugendliche sind zu hören.
(2) Hat das Gericht die Entscheidung über die Aussetzung nicht einem nachträglichen Beschluss vorbehalten oder die Aussetzung im Urteil oder in einem nachträglichen Beschluss abgelehnt, so ist ihre nachträgliche Anordnung nur zulässig, wenn seit Erlaß des Urteils oder des Beschlusses Umstände hervorgetreten sind, die allein oder in Verbindung mit den bereits bekannten Umständen eine Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung rechtfertigen.
(3) Kommen Weisungen oder Auflagen (§ 23) in Betracht, so ist der Jugendliche in geeigneten Fällen zu befragen, ob er Zusagen für seine künftige Lebensführung macht oder sich zu Leistungen erbietet, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Kommt die Weisung in Betracht, sich einer heilerzieherischen Behandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen, so ist der Jugendliche, der das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat, zu befragen, ob er hierzu seine Einwilligung gibt.
(4) § 260 Abs. 4 Satz 4 und § 267 Abs. 3 Satz 4 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend.