Oberlandesgericht Hamm Urteil, 22. Juni 2015 - 22 U 120/12
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) gegen das am 4.6.2012 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Beklagten zu 1) und 2) tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner; der Beklagte zu 3) trägt als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 1) und 2) 3 % der Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Das Urteil des Landgerichts Münster vom 4.6.2012 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Soweit noch Gegenstand der Berufung begehren die Kläger die Rückabwicklung des mit den Beklagten zu 1) und 2) geschlossenen notariellen Kaufvertrags über das
3Wohnungserbbaurecht an dem Grundstück M Weg 36 in E, (Grundbuch Bl. XXXX, Gemarkung E, Flur 1, Flurstück XXXX, 2/3-Anteil). Bei dem Objekt handelt es sich um ein 1954 erbautes, 1980 um einen unterkellerten Anbau erweitertes Zweifamilienhaus, welches das Elternhaus der Beklagten zu 2) war. Bereits während der Besitzzeit der Eltern der Beklagten zu 2) wurden drei Kellerräume (Keller III-V, vgl. Bl. 14, 32 GA) zu einem Bad und zwei Kinder- bzw. Gästezimmern wohnlich ausgebaut. Die lichte Deckenhöhe beträgt in diesen Räumen zwischen 1,99 m und 2,05 m. Eine bauordnungsrechtliche Genehmigung der Nutzung der Kellereinräume als Wohnräume (§ 63 Abs. 1 S. 1 BauO NRW) wurde nicht eingeholt. Auch eine – nach späterem Rechtszustand (vgl. § 2 Nr. 4 c des Bürokratieabbaugesetzes für Nordrhein-Westfalen vom 13.03.2007, GV. NRW. S. 133) - lediglich noch erforderliche Anzeige der Nutzungsänderung bei der Bauordnungsbehörde erfolgte nicht.
4Im Jahr 2002 veranlassten die Eltern der Beklagten zu 2) die Aufteilung des Hauses nach dem Wohnungseigentumsgesetz; geschaffen wurden zwei Wohneinheiten. Die Beklagten zu 1) und 2) erwarben daraufhin das im Erdgeschoss gelegene Wohnungserbbaurecht (einschließlich der Kellerräume II-V, vgl. Bl. 32 GA), der Bruder der Beklagten zu 2) das an der oberen Wohnung. Zwischen 2002 und 2010 wurden von den Beklagten zu 1) und 2) an dem Objekt verschiedene Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen vorgenommen. Eine „Entkernung“ der Immobilie – im Sinne eines Rückbaus sämtlicher Installationen und eines Freilegens der Rohbauwände und –decken bzw. im Sinne eines Teilabrisses, bei dem nur die Fassade erhalten bleibt sowie eines anschließenden Neuaufbaus – fand allerdings nicht statt.
5Anfang 2010 bot der – aufgrund der zwischenzeitlichen Rechtskraft der gegen ihn ergangenen Entscheidung des Senates vom 21.1.2013 nicht mehr am Berufungsverfahren beteiligte - Beklagte zu 3) in seiner Eigenschaft als Immobilienmakler im Auftrag der Beklagten das Wohnungserbbaurecht M
6Weg 26 in E im Internet zum Verkauf an. Im dem Exposé heißt es u.a.
7„EG ETW mit ausgebauten Souterrain & Garage, Baujahr: 1954/Komplett Sanierung und Renovierung in 2005“ und „Wohnfläche: ca. 125 qm & Keller …5 Zimmer, 2 Bäder… Komplett sanierte EG ETW … Objekt wurde entkernt und neu aufgebaut… Kaufpreis 139.000 €“.
8Wegen der Einzelheiten wird auf das Exposé (Bl. 12 ff. GA) Bezug genommen.
9Die Kläger meldeten sich auf das Inserat und besichtigten die Immobilie u.a. am 22.5.2010 um 16.30 Uhr, 31.5.2010 um 18.00 Uhr, und am 4.6.2010 um 14.30 Uhr. Ihnen wurde vom Beklagten zu 1), von Beruf stellvertretender Filialleiter einer Bank mit Zuständigkeit für Baufinanzierungen, eine selbst erstellte Wohnflächenberechnung ausgehändigt (Bl. 15 f. GA). Hieraus ergab sich für das in Rede stehende Objekt eine Gesamtwohnfläche von 127,92 qm, wovon auf die im Keller gelegenen „Kinderzimmer“ I und II 19,27 qm und 12,84 qm entfielen. Im unmittelbaren Anschluss an den Besichtigungstermin vom 31.5.2010 – am gleichen Tag um 18.46 Uhr – übersandte der Beklagte zu 1) dem Kläger zu 1) zudem eine E-Mail (Bl. 95 GA), in der um den Heizölverbrauch des Objektes ging. Dort heißt es u.a.:
10„…meine ETW im EG => beheizte Fläche im EG ca. 100 qm und im UG welches zum Teil zum Wohnraum umgebaut wurde (ein Badezimmer und zwei Kinderzimmer) hat nochmal 35 qm beheizte Fläche“
11Im Rahmen der Besichtigungstermine wurde den Klägern auf Nachfrage erklärt, der Keller sei trocken.
12Am 10.6.2010 schlossen die Kläger und die Beklagten zu 1) und 2) einen notariellen Kaufvertrag (Urk-Nr. XXX/10 des Notars I in E) über das streitgegenständlichen Wohnungserbbaurecht zum Preis von 139.000 € inklusive eines Betrages von 10.000,00 € für Einbauküche, Gartenhaus sowie ein Hauswasserwerk. Der Verkauf erfolgte unter Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag vom 10.6.2010 (Bl. 17 ff. GA) Bezug genommen.
13In der Folgezeit zahlten die Kläger den vereinbarten Kaufpreis an die Beklagten zu 1) und 2) sowie ein Maklercourtage von insgesamt 4.000,00 € an den Beklagten zu 3); ferner mussten sie 1.023,22 € für die notarielle Beurkundung, weitere 161,96 € für die Beurkundung einer Zustimmungserklärung sowie insgesamt 583,76 € an die Oberjustizkasse Hamm für die diversen Grundbucheintragungen aufwenden.
14Die Übergabe des Objektes erfolgte am 23.7.2010. Die Kläger richteten in den beiden als Wohnräumen bezeichneten Räumen im Keller ein sog. Medienzimmer bzw. Büro und ein Gästezimmer ein.
15Am 22.10.2010 stellte der von den Klägern hinzugezogene sachverständige Zeuge Dipl.-Ing. H erhebliche Feuchtigkeit und zum Teil Schimmelbildung an verschiedenen Keller- und Erdgeschosswänden des verkauften Objektes fest. Wegen der Einzelheiten wird auf das Privatgutachten vom 24.11.2010 (Bl. 36 ff. GA) Bezug genommen.
16Mit Schreiben vom 7.12.2010 erklärten die Kläger daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag und zwar unter Hinweis darauf, sie seien über die Feuchtigkeit des Objektes, dessen Wohnfläche sowie die Durchführung einer „Entkernung mit Neuaufbau“ arglistig getäuscht worden (Bl. 116 f. GA). Unter dem 6.01.2011 fochten die Kläger überdies den Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung an (Bl. 118 GA).
17Die Beklagten zu 1) und 2) lehnten unter dem 17.2.2011 eine Rückabwicklung des Vertrages oder Mängelbeseitigung ab, woraufhin die Kläger unter dem
184.4.2011 die vorliegende Klage – auch gegen den Beklagten zu 3) - anhängig gemacht haben.
19Die Kläger haben erstinstanzlich u.a. behauptet, bei der Besichtigung seien Wohnung und Keller frisch renoviert und ohne Gebrauchsspuren gewesen. Ende des Sommers habe sich Schimmel an den Rückwänden mehrerer Schränke im Schlafzimmer sowie in zwei Kellerräumen gefunden. Im Kellerraum II sei auch die Farbe an der Wand abgeplatzt. Zudem hätten sich Salzausblühungen am unteren
20Bereich der Kellerwand im Flur und an der Außenwand des Waschkellers gezeigt und an der Außenwand des Waschkellers schwarzer Schimmel gebildet. Die Beklagten hätten die Kläger arglistig getäuscht, zumindest hätten die Beklagten zu 1)
21und 2) billigend in Kauf genommen, dass ein Feuchtigkeitsschaden vorgelegen habe. Ferner seien sie über die Größe des Wohnraums getäuscht worden. Es sei kein Hinweis darauf erfolgt, dass die Kellerräume die für eine Nutzung als Wohnraum erforderliche Höhe nicht erreichten, bauordnungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig seien. Bei einem entsprechenden Hinweis hätten sie einen Kaufpreis von 1.000,00 €/m² für diese Räume nicht akzeptiert.
22Die Kläger haben erstinstanzlich beantragt,
231. die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 4.000,00 € zu zahlen sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 91,25 €, insgesamt zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2011.
242. die Beklagten zu 1) und 2) darüber hinaus als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger weitere 140.768,94 € zu zahlen, sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 2.950,39 €, insgesamt zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 18.12.2010, Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wohnungserbbaurechts an dem Grundstück Amtsgericht Dülmen, Grundbuch von E Blatt XXXX, Gemarkung E, Flur 1, Flurstück XXXX, Größe 557 qm, Gebäude- und Freifläche, M Weg 36, Anteil 2/3, eingetragen auf dem im Grundbuch von Stadt E, Blatt XXXXX in Abt. II Nr. 1 genannten Grundstück, sowie Einbauküche, Gartenhaus und Hauswasserwerk.
253. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) sich hinsichtlich der Rückübertragung in Annahmeverzug befinden.
264. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern als Gesamtgläubigern alle Kosten zu erstatten, die diesen infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages künftig noch entstehen werden.
27Die Beklagten haben beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Die Beklagten haben behauptet, im ersten Besichtigungstermin sei man sogleich auf die niedrige Deckenhöhe der ausgebauten Kellerräume zu sprechen gekommen. Der Beklagte zu 1) habe darauf hingewiesen, dass für genehmigte Wohnräume seines Erachtens grundsätzlich eine Deckenhöhe von 2,40 m verlangt werde. Es habe keine Zusicherung gegeben, dass die Räume im Keller bauordnungsrechtlich als Wohnraum einzuordnen seien. Die unzureichende Raumhöhe sei allzu offensichtlich gewesen; zudem habe der Beklagte zu 1) mehrfach darauf hingewiesen. Die Beklagten zu 1) und 2) haben ferner behauptet, den Klägern sei bei einem Durchgang durch die einzelnen Räume des Objektes ausführlich erläutert worden, was durch den Beklagten in Eigenleistung renoviert worden sei. Sie hätten keine anderen Erkenntnisse gehabt, als dass das Mauerwerk trocken sei. Von Feuchtigkeit und Schimmel sei ihnen vorab nichts bekannt gewesen.
30Mit Urteil vom 4.6.2012 (Bl. 211 ff. GA) hat das Landgericht Münster – nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung - der Klage vollumfänglich stattgegeben: Die Kläger hätten den Kaufvertrag mit Schreiben vom 6.1.2011 wirksam angefochten. Die Beklagten hätten die Kläger im Sinne von § 123 BGB arglistig getäuscht. Für die Kläger sei die Trockenheit des Hauses wesentlich gewesen. Ihre Frage danach hätte der Beklagte zu 1) jedoch objektiv falsch beantwortet. Die Beklagten zu 1) und 2) hätten im Gegensatz zum Beklagten zu 3) nicht bestritten, dass das Mauerwerk Durchfeuchtungen aufgewiesen habe. Aus dem vorprozessual eingeholten Gutachten des sachverständigen Zeugen H ergebe sich eine stark erhöhte Feuchtigkeit an mehreren Außenwänden, und zwar sowohl im
31Keller wie auch im Erdgeschoss. Angesichts der Ausbreitung der Feuchtigkeit sei der Wertung des sachverständigen Zeugen H zu folgen, dass sich die Feuchtigkeit bereits seit geraumer Zeit vor dem Sommer 2010 in den Wänden halte. Es könne zwar nicht festgestellt werden, dass den Beklagten die Feuchtigkeitsbelastung der Wände positiv bekannt gewesen sei. Die Beklagten zu 1) und 2) hätten jedoch – so das Landgericht weiter – die Kläger dadurch arglistig getäuscht, dass sie bei ihrer Erklärung, das Objekt sei trocken, nicht die Begrenztheit ihres Kenntnisstandes deutlich gemacht hätten, sondern den Eindruck vermittelt hätten, die Erklärung beruhe auf der Grundlage verlässlicher Kenntnis. Dies ergebe sich aus dem Hinweis darauf, es handele sich um das Elternhaus der Beklagten zu 2), in dem sie selbst schon seit 10 Jahren wohnten und umfangreiche Arbeiten in Eigenleistung durchgeführt hätten. Zudem seien die Kläger durch die im Exposé enthaltene Angabe, das Objekt sei „komplett saniert“, „entkernt und neu aufgebaut“ fehlgeleitet worden, die einen Rückbau bis auf die tragenden Strukturen und ggfs. Instandsetzung auch der tragenden Wände 2005 nahegelegt hätten. Die Angaben im Exposé seien den Beklagten zu 1) und 2) auch zuzurechnen, da der Beklagte zu 3) das Exposé in ihrem Auftrag erstellt und der Beklagte zu 1) dessen Unrichtigkeit erkannt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass die Kläger bei einem Hinweis, zur Feuchtigkeit des Kellermauerwerks könne nichts Verlässliches gesagt werden, das Objekt ohne weitere Erkundigungen gekauft hätten.
32Hiergegen haben die Beklagten zu 1) bis 3) form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie haben jeweils ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt.
33Zur Begründung haben die Beklagten zu 1) und 2) vorgetragen, sie hätten während ihrer 10 jährigen Besitzzeit keine Anhaltspunkte für eine Feuchtigkeitsbelastung gehabt und diese daher auch nicht für möglich gehalten. Auch bei der Begehung sei den Klägern keine Feuchtigkeit aufgefallen, obwohl der Lebensgefährte der Mutter der Klägerin zu 2) sämtliche Wände wiederholt genau inspiziert habe. Die Beklagten hätten den Klägern sämtliche während ihrer Besitzzeit vorgenommenen Renovierungsarbeiten (vgl. Bl. 265 GA) erläutert, so dass den Klägern auch klar
34gewesen sei, was gerade nicht vorgenommen worden wäre. Die Kläger hätten daher aufgrund des Exposés nicht davon ausgehen können, dass die Aussage zur Trockenheit des Gebäudes auf der Grundlage des Rückbaus bis auf die tragenden Strukturen und ggfs. einer Instandsetzung auch der tragenden Wände abgegeben worden sei. Schon aufgrund der offensichtlichen Begebenheiten (u.a. alte Heizkörper im Eingangsbereich, deutliche Gebrauchsspuren des Teppichs auf den Holztreppen, alte und gesprungene Fliesen im Flur des Kellers, Badezimmer im Keller im Stil der 80er Jahre, alte Fliesen und defektes Fenster in Küche, Dacheindeckung mit halbrunden roten Tonpfannen aus dem Jahr der Erbauung, sichtbares Muster der Außenwand im Souterrain ohne Isolierung) hätten die Kläger nicht von einem Rückbau bis auf die tragenden Strukturen ausgehen können.
35Die Beklagten haben im Berufungsverfahren beantragt,
36unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
37Die Kläger haben beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Sie haben das erstinstanzliche Urteil verteidigt und unter Bezugnahme auf ihren Sachvortrag aus der ersten Instanz vorgetragen, die Beklagten hätten ihre eigene Unkenntnis offen legen müssen, zumal die Wände verkleidet gewesen seien. Bei rechtzeitiger Kenntnis der Feuchtigkeit hätten sie, die Kläger, das Haus nie gekauft. Zudem sei die zugesicherte Kernsanierung nicht vorgenommen worden. Aus den gesamten Umständen ergebe sich, dass die Beklagten zu 1) und 2) positive Kenntnis von der Feuchtigkeit gehabt hätten. Sie hätten die Ausführung anderer Sanierungsarbeiten geschickt in den Vordergrund gestellt, ohne die falschen Angaben im Exposé zu korrigieren. Grundlage der Kaufentscheidung seien für die Kläger überdies die im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen übergebenen Zeichnungen (Bl. 13 f. GA) gewesen, die Wohnräume im Kellergeschoss ausgewiesen hätten. Die Räume seien auch als solche eingerichtet gewesen und in
40die Quadratmeterzahl eingeflossen. Auch dies begründe eine arglistige Täuschung durch die Beklagten.
41Der Senat hat (in seiner damaligen Besetzung) – nach erneuter Anhörung der Kläger und der Beklagten zu 1) und 2) sowie nach Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dipl.-Ing. H - die Berufungen der Beklagten zurückgewiesen.
42Es könne – so die Begründung im Wesentlichen – dahin stehen, ob die Beklagten zu 1) und 2) durch ihre Erklärung, der Keller des Hauses sei trocken, die Kläger im Sinne von § 123 BGB arglistig getäuscht hätten. Eine arglistige Täuschung sei nämlich bereits darin zu sehen, dass die Beklagten sich auf die im Maklerexposé und in der Wohnflächenberechnung angegebene Wohnfläche unter Einschluss der Fläche der Kellerräume mit ca. 125 qm bzw. mit 127,92 qm gestützt und damit den Klägern vorgespiegelt hätten, es stünde über die Fläche im Erdgeschoss hinaus genehmigter Wohnraum zur Verfügung. Grundsätzlich komme bei Verschweigen des Fehlens einer für die Nutzung von Kellerräumen als Wohnraum erforderlichen – hier unstreitig nicht vorliegenden – Baugenehmigung eine arglistige Täuschung in Betracht. Zwar hätten die Beklagten zu 1) und 2) das die Angaben zur Wohnfläche enthaltene Exposé nicht selbst erstellt. Sie hätten dem Beklagten zu 3) aber bereits falsche Informationen zur Erstellung des Exposés gegeben, indem sie ihm die vom
43Beklagten zu 1) unstreitig selbst erstellte Wohnflächenberechnung überreicht hätten, die die streitigen Kellerräume in die Berechnung der 127,92 qm Wohnraum einbeziehe. Abgesehen davon habe der Beklagte zu 1) in seiner E-Mail vom 31.5.2010 (Bl. 95 GA) einen Link auf das bei immobilienscout24 hinterlegte Exposé aufgenommen, wodurch er selbst noch einmal den Bezug auf die darin enthaltenen Daten hergestellt habe. Sein Einwand, er habe den Inhalt des Exposés nicht zur Kenntnis genommen, verfange außerdem nicht, da er in der E-Mail unabhängig davon selbst noch einmal die im Untergeschoss befindlichen Räume (Badezimmer und zwei Kinderzimmer) als „Wohnräume“ mit 35 qm bezeichnet habe.
44Die Beklagten zu 1) und 2) hätten auch über die Kenntnis verfügt, dass die Genehmigungsfähigkeit der Nutzung der Räume im Keller als Wohnräume aufgrund
45ihrer Höhe von unter 2,40 m zumindest fraglich gewesen sei und jedenfalls keine behördliche Genehmigung vorgelegen habe. So habe der Beklagte zu 1) in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat erklärt, er habe, wenn auch nicht über das Problem des gesonderten Zugangs, so doch über das der Höhe der Kellerräume im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit ein Problembewusstsein gehabt.
46Eine Aufklärung darüber, dass die Landesbauordnung für Wohnräume grundsätzlich eine Höhe von 2,40 m verlange, wie sie die Beklagten zu 1) und 2) für den ersten Besichtigungstermin mit den Klägern behauptet hätten, hätten die Beklagten jedoch nicht bewiesen. Der mit den Klägern im betreffenden Besichtigungstermin alleine anwesende Beklagte zu 1) habe zwar in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat erklärt, er habe auf die Deckenhöhe der Räume im Keller hingewiesen, seine Wohnflächenberechnung erläutert und erklärt, dass die Nutzung als Wohnfläche mit der Stadt nicht abgesprochen sei. Die Kläger hätten jedoch in ihrer jeweiligen persönlichen Anhörung angegeben, die Frage der Genehmigungsfähigkeit der Kellerräume sei mit dem Beklagten nicht erörtert worden. Nach der Anhörung der Parteien sei der Senat weder davon überzeugt, dass der Beklagte zu 1) entsprechende Angaben gemacht habe, noch, dass er sie nicht gemacht habe. Damit seien die Beklagten zu 1) und 2) bezüglich ihrer Behauptung beweisfällig geblieben. Die Beklagten zu 1) und 2) seien – so der Senat weiter - insoweit auch
47beweispflichtig. Zwar trage der Anfechtende die volle Beweislast für alle Voraussetzungen des § 123 BGB (vgl. BGH NJW 1957, 988). Wenn die Anfechtung auf ein Verschweigen gestützt werde, reiche es an sich, wenn der Gegner behaupte, wann und wie er die erforderliche Aufklärung gegeben habe; alsdann sei es Sache des Anfechtenden, diese Behauptung zu widerlegen (Palandt-Heinrichs, BGB, 71. Auflage 2012, § 123 Rn. 30). Vorliegend müssten danach die Kläger beweisen, dass der Beklagte zu 1) bei der Besichtigung nicht auf die Probleme der fehlenden Genehmigungsfähigkeit der Kellerräume als Wohnräume hingewiesen habe. Hier bestehe jedoch – vergleichbar mit dem vom OLG Köln im Urteil vom 26.1.1996 entschiedenen Fall (vgl. VersR 1996, 631-633) – die Besonderheit, dass die Beklagten zu 1) und 2) nicht erst durch die unterlassene Aufklärung über die fehlende Genehmigungsfähigkeit als Wohnfläche anlässlich der Besichtigung die
48Täuschung verübt hätten. Vielmehr hätten bereits vorher das unrichtige Exposé, die unrichtige Wohnflächenberechnung sowie die falschen Angaben in der E-Mail vom 31.5.2010 die falsche Vorstellung bei den Klägern erzeugt, es stehe eine Wohnfläche von ca. 125 qm zur Verfügung, die die Kläger zum Abschluss des Kaufvertrages bewogen habe. Allein der Umstand, dass die Beklagten zu 1) und 2) zum Zwecke des Verkaufs mit dem Zurverfügungstellen der genannten Dokumente einen falschen Eindruck von der Größe der Wohnfläche erweckt hätten, obwohl sie aufgrund der erheblichen Abweichung um rund 1/3 der Wohnfläche gewusst oder zumindest für möglich gehalten hätten, dass die Größe der Wohnfläche für die Kläger erheblich sei, beweise, dass die Beklagten die Absicht gehabt hätten, den Klägern durch die Übergabe dieser Dokumente die wahren Verhältnisse zu verschweigen, um den Vertragsschluss nicht zu gefährden. Daraus ergebe sich, dass prima facie der Beweis dafür erbracht sei, dass die Beklagten zu 1) und 2) die Kläger getäuscht hätten und die durch die in den genannten Dokumenten enthaltenen falschen Angaben zur Wohnfläche erzeugte Fehlvorstellung während der Besichtigung nicht korrigiert worden sei. Sei aber prima facie der Beweis für die arglistige Täuschung erbracht, so kehre sich die Beweislast dergestalt um, dass nunmehr die Beklagten zu 1) und 2) hätten beweisen müssen, dass sie die Kläger über die bestehende Problematik der Genehmigungsfähigkeit der Flächen im Keller als Wohnfläche im Besichtigungstermin aufgeklärt hätten. Dies sei aber wie dargelegt nicht erfolgt. Die
49Täuschung sei auch für die Willenserklärung der Kläger ursächlich geworden, da diese nach unbestrittenem Vortrag den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätten, wenn sie von den der Täuschung zugrunde liegenden Umständen gewusst hätten. Angesichts der erheblichen Abweichung bezüglich der im Keller betroffenen „Wohnfläche“ von rund 1/3 der Gesamtfläche seien die Angaben der Kläger in ihrer persönlichen Anhörung, sie hätten in Kenntnis der wahren Wohnfläche jedenfalls nicht den Kaufpreis gezahlt, plausibel und nachvollziehbar.
50Die Beklagten zu 1) und 2) haben gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Senates vom 21.1.2013 mit Erfolg Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt, während der Beklagte zu 3) die Senatsentscheidung gegen sich hat in Rechtskraft erwachsen lassen.
51Zur Begründung der Revision haben die Beklagten zu 1) und 2) sich u.a. darauf berufen, der Senat habe zu Unrecht im Hinblick auf die Frage einer Aufklärung der Kläger durch die Beklagten über die mangelnde behördliche Genehmigung der Nutzbarkeit der Kellerräume zu Wohnzwecken eine Beweislastumkehr angenommen. Überdies habe der Senat zu Unrecht angenommen, es sei unstreitig, dass die Kläger vom Kaufvertrag Abstand genommen hätten, wenn sie gewusst hätten, dass die Räume im Keller nicht als Wohnraum hätten genutzt werden dürfen.
52Die Kläger haben das angefochtene Urteil des Senats im Ergebnis verteidigt, allerdings gerügt, dass keine Feststellungen zur Frage einer arglistigen Täuschung der Kläger durch die Angabe der Beklagten, das Haus sei trocken, getroffen worden seien.
53Der BGH hat auf die Revision der Beklagten zu 1) und 2) hin das Urteil des Senates insoweit aufgehoben, als es zu deren Nachteil ergangen ist sowie im Kostenpunkt.
54Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, das Berufungsurteil beruhe auf einer Verkennung der Beweislast. Zwar sei der Senat im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass es Sache der
55Kläger sei, sämtliche Voraussetzungen der Arglist zu beweisen, und dass hierzu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die unterbliebene Offenbarung gehöre. Zudem habe er zumindest der Sache nach ohne Rechtsfehler zugrunde gelegt, dass den Schwierigkeiten bei dem Beweis einer negativen Tatsache nach den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast Rechnung zu tragen sei: Danach müssten die Käufer nur die zunächst von dem Verkäufer substantiiert darzulegende Aufklärung ausräumen; gelinge dies, sei der Beweis der negativen Tatsache erbracht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertige aber die Besonderheit, dass die Fehlvorstellung der Kläger nicht erst durch die behauptete unterlassene Aufklärung hervorgerufen worden sei, sondern bereits durch das unrichtige Exposé und die falschen Angaben in der übersandten E-Mail, keine andere rechtliche Bewertung. Die Beweislast hinsichtlich der Aufklärung kehre sich nicht um, wenn es darum gehe, ob ein durch vorheriges aktives Tun hervorgerufener
56Irrtum durch spätere Aufklärung wieder beseitigt worden sei. Anders als hinsichtlich des Fortbestandes eines einmal entstandenen Rechts besteht auch keine Vermutung für die Fortdauer eines einmal eingetretenen Irrtums. Allerdings seien dem Getäuschten in solchen Konstellationen Erleichterungen hinsichtlich des Beweismaßes zuzubilligen. Denn auch wenn der Käufer „nur“ die in zeitlicher, räumlicher und inhaltlicher Weise konkretisierte Behauptung ausräumen müsse, es sei (nachträglich) aufgeklärt worden, bleibe es dabei, dass die Führung eines solchen „Negativbeweises“ regelmäßig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei und deshalb keine überspannten Anforderungen an die Beweisführung gestellt werden dürften. Vor diesem Hintergrund sei bei der Beweiswürdigung der Umstand zu berücksichtigen, dass derjenige, der einen anderen durch arglistiges (positives) Tun zum Vertragsschluss bewegen wolle, hiervon in der Regel nicht zeitnah durch Offenbarung der wahren Verhältnisse wieder abrücken werde. Da das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner abweichenden Rechtsauffassung zu diesem Gesichtspunkt nicht vorgedrungen und die erneute Beweiswürdigung nicht Sache des Revisionsgerichts sei, könne das Berufungsurteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
57Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die – inzwischen veröffentlichte – Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.6.2014 (V ZR 55/13 - NJW 2014, 3296) Bezug genommen.
58Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen nunmehr,
59unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Münster die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen.
60Die Kläger beantragen,
61die Berufung zurückzuweisen.
62Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
63Der Senat hat die Parteien im Senatstermin vom 1.6.2015 nochmals persönlich angehört. Darüber hinaus sind der sachverständige Zeuge Dipl.-Ing. H sowie die Zeugin L vernommen worden. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung sowie der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 1.6.2015 Bezug genommen.
64Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) und 2) hat in der Sache keinen Erfolg.
651.
66Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 139.000 € an die Kläger verurteilt, und zwar Zug um Zug gegen Rückübertragung des Erbbaurechtsanteils an dem streitbefangenen Objekt (§§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt., 142 Abs. 1, 123 Abs. 1, 421 BGB).
67a)
68Die Beklagten zu 1) und 2) haben Eigentum und Besitz an den durch die Kläger als Kaufpreis geleisteten Betrag von 139.000 € erlangt.
69b)
70Die Zahlung ist ohne Rechtsgrund erfolgt, da der notarielle Kaufvertrag nach wirksamer Anfechtung durch die Kläger wegen arglistiger Täuschung von Anfang an nichtig war (§§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB).
71aa)
72Die Kläger haben fristgerecht (§ 124 Abs. 1 BGB) nach § 143 BGB die Anfechtung des Kaufvertrages erklärt, und zwar mit Schreiben vom 6.1.2011 (Bl. 118 GA).
73Wie der Senat bereits in seiner vorangegangenen Entscheidung – vom Bundesgerichtshof unbeanstandet – festgestellt hat, steht einer wirksamen Anfechtung auch nicht entgegen, dass die Kläger bereits zuvor, nämlich mit Schreiben vom 7.12.2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatten: Beide Rechtsinstitute verfolgen unterschiedliche Schutzrichtungen, wobei über die Anfechtung wegen ihrer stärkeren Wirkung vorrangig zu entscheiden ist (vgl. etwa BGH, Urteil vom 6. 8. 2008 - XII ZR 67/06 – NJW 2009, 1266).
74bb)
75Der Beklagte zu 1) hat die Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB über die zur Verfügung stehende und zulässigerweise als solche nutzbare Wohnfläche des verkauften Objektes arglistig getäuscht. Das steht zu Überzeugung des Senats nach der Anhörung der Kläger sowie der Beklagten zu 1) und 2) im Senatstermin vom 1.6.2015 sowie unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundesgerichtshofes in dessen Revisionsurteil vom 27.6.2014 fest.
76(1)
77Eine Täuschungshandlung, also ein Verhalten, welches darauf abzielt, in einem anderen eine unrichtige Vorstellung hervorzurufen, zu bestärken oder zu unterhalten (vgl. allgemein etwa Wendtland, in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Hrsg: Bamberger/Roth, Stand: 01.05.2015, § 123 Rdn. 7), ist vorliegend darin zu sehen, dass durch das Maklerexposé – auf welche der Beklagte zu 1) in seiner E-Mail vom 31.5.2010 (Bl. 95 GA) auch ausdrücklich verwiesen hat - , durch die den Klägern unstreitig überreichte Wohnflächenberechnung (Bl. 15 f. GA) sowie schließlich durch den sonstigen Inhalt der E-Mail vom 31.5.2010 (Bl. 95 GA) der – unstreitig sachlich unzutreffende - Eindruck vermittelt worden ist, neben der Wohnfläche im Erdgeschoss stehe im Keller weiterer, und zwar bauordnungsrechtlich zulässigerweise zu Wohnzwecken nutzbarer Raum in Form zweier Kinderzimmer (19,27 qm und 12,84 qm) zur Verfügung. Die entsprechende Annahme des Senates in seinem vorangegangenen Urteil vom 21.1.2013 hat der Bundesgerichthof ausdrücklich gebilligt.
78Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 100/02 - NJW 2003, 2380), weil die Baubehörde die Nutzung der Wohnung jedenfalls bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung untersagen kann, und zwar unabhängig von der Frage, ob eine Genehmigung unter Zulassung einer Ausnahme erteilt werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90 - BGHZ 114, 260). Dabei besteht der Sachmangel bereits darin, dass es an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehlt, das Objekt für den vertraglich vorausgesetzten Zweck zu nutzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2013 – V ZR 266/11 – NJW 2012, 2182; vgl. auch Senat, Urteil vom 19.2.1998, 22 U 96/95 – OLGR 1998, 305).
79In diesem Zusammenhang ist es im Ergebnis auch nicht von Bedeutung, ob für die Nutzungsänderung im Hinblick auf die Kellerräume eine ausdrückliche baubehördliche Genehmigung (§ 63 Abs. 1 BauO NRW) einzuholen gewesen wäre oder aber – worauf der Bundesgerichtshof hingewiesen hat – inzwischen nach
80neuerer Rechtlage (vgl. § 2 Nr. 4 c des Bürokratieabbaugesetzes für Nordrhein-Westfalen vom 13.03.2007, GV. NRW. S. 133) nur noch eine Anzeige der Nutzungsänderung bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde hätte erfolgen müssen: Unstreitig lag weder das eine noch das andere vorliegend vor.
81Mit dem positiven Tun – hier der Aushändigung der entsprechenden Unterlagen – korrespondiert vorliegend zugleich ein Verschweigen von Tatsachen, nämlich der mangelnden baurechtlichen Zulässigkeit der Nutzung der Kellerräume als Wohnräume.
82(2)
83Der Beklagte zu 1) hat die Kläger auch nicht rechtzeitig bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – nämlich um Rahmen der gemeinsamen Besichtigungen – über die mangelnde baurechtliche Zulässigkeit der Nutzung der Kellerräume zu Wohnzwecken aufgeklärt. Hiervon ist der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt.
84Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass die Beweislast dafür, dass eine Aufklärung nicht erfolgt ist, auf Seiten der Kläger liegt:
85Es gilt der Grundsatz, dass derjenige, der sich auf die Anfechtung beruft, deren tatsächliche Voraussetzungen zu beweisen hat (vgl. etwa Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 123 Rdn. 83). Allerdings wird angenommen, dass dem beweispflichtigen Käufer insofern Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugutekommen, als der Verkäufer substantiiert darzulegen hat, wann, wo und wie er den Käufer aufgeklärt hat; dieser muss dann diese Behauptung ausräumen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09 –, BGHZ 188, 43; Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99 - NJW 2001, 64; auch BGH in dem im vorliegenden Fall ergangenen Urteil vom 27. Juni 2014, V ZR 55/13, Rn 13 m.w.N.).
86Die sekundäre Darlegungslast für eine rechtzeitig erfolgte Aufklärung begründet zwar nicht auch eine Umkehr der Beweislast. Diese trägt weiterhin derjenige, der sich auf Arglist beruft. Weil die Führung eines solchen Negativbeweises in der Praxis aber regelmäßig mit besonderen Schwierigkeiten verbunden bleibt, dürfen daran keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Bei der Beweiswürdigung ist etwa auch der Umstand zu berücksichtigen, dass derjenige, der einen anderen durch arglistiges (positives) Tun zum Vertragsschluss bewegen wolle, hiervon in der Regel nicht zeitnah durch Offenbarung der wahren Verhältnisse wieder abrücken werde (BGH, Urteil vom 27. Juni 2014, V ZR 55/13, Rn 15 unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 27. April 1966 – VIII ZR 74/65 - VRS 31, 321).
87Gemessen hieran hält der Senat das Vorbringen der Kläger für erwiesen, wonach der Beklagte zu 1) nicht über die mangelnde bauordnungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung der Kellerräume zu Wohnzwecken aufgeklärt hat.
88Der Beklagte zu 1) hat allerdings – im Rahmen seiner sog. sekundären Darlegungslast – sowohl bei seiner Anhörung durch das Landgericht (Bl. 132 GA) sowie vor dem Senat (vgl. Bl. 349 R sowie Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 1.6.2015) hinreichend substantiiert dargelegt, es sei mit den Klägern anlässlich der Besichtigungen über die mangelnde Deckenhöhe im Keller gesprochen worden, wobei gesagt worden sei, dass es sich hierbei nicht um „offiziellen“ bzw. „mit der Stadt abgesprochenen“ Wohnraum handele.
89Demgegenüber haben die Kläger sowohl vor dem Landgericht (vgl. Bl. 133 GA) als auch im Rahmen ihrer Anhörungen durch den Senat (vgl. Bl. 350 f. GA sowie Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 1.6.2015) erklärt, man habe über die baurechtliche Genehmigung der Nutzung der Räume zu Wohnzwecken nicht gesprochen.
90Der Senat ist nach zusammenfassender Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme von der Richtigkeit dieser Erklärung überzeugt. Dabei hat er sich von folgenden Erwägungen leiten lassen:
91Irgendwelche gemeinsam errichteten Urkunden, die unmittelbar Aufschluss über den Inhalt und Umfang erfolgter Aufklärungen geben könnten, existieren nicht. Zeugen sind dazu, abgesehen von der Zeugin L, nicht benannt oder vernommen worden. Der Aussage der Zeugin L misst der Senat keinen Beweiswert zu. Sie ist zwar unergiebig hinsichtlich der vom Beklagten behaupteten Aufklärung, schließt eine solche aber auch nicht aus. Denn es erscheint weiterhin möglich, dass diese zu anderer Zeit oder in Anwesenheit der Zeugin erfolgt ist. Auch von einer aktiven Täuschung des Beklagten über den baurechtlichen Zustand vermag sich der Senat aufgrund der Angaben der Zeugin nicht zu überzeugen, da schon nicht feststeht, dass diese ihre Aussage aus einer lebhaften Erinnerung heraus gemacht hat; näher liegt, dass ihre Erinnerung aufgrund des Zeitablaufs getrübt ist und sie Erinnerungslücken unbewusst durch Schlussfolgerungen geschlossen hat. Diese Zweifel gründen sich auf Folgendem: problematisch und aufklärungsbedürftig ist hier die baurechtliche Wohnraumqualität der im Kellergeschoss des Anbaus gelegenen Kinder-/Medienzimmer und was der Beklagte, der sie in der von ihm stammenden Wohnflächenberechnung zum Wohnraum gezählt hat, den Klägern bei der Besichtigung dazu gesagt hat. Der Anbau ist im Jahre 1980 von Anfang an unterkellert errichtet worden, sei das auch auf dem Niveau des schon im Altbau vorhandenen Kellers erfolgt. Die Zeugin berichtete, der Beklagte habe erklärt, man habe den Keller ausgeschachtet, um mehr Stehhöhe zu erhalten. Sie bezog das auf die fraglichen Wohnräume, also auf Kellerräume des Anbaus. Diese können allerdings, weil von Anfang an auf einer Bodenplatte aus Beton errichtet, nicht nachträglich tiefer geschachtet worden sein. Eine entsprechende Erklärung des Beklagten ergäbe auch keinerlei Sinn. Der Senat ist deshalb sicher, dass die Zeugin den Inhalt der damaligen Gespräche in ihren bedeutsamen Einzelheiten nicht zuverlässig erinnert. Deshalb mag es zwar so sein, dass die Stehhöhe im Keller Gegenstand der Gespräche der Parteien gewesen ist. Dass darüber in einer Weise aufgeklärt worden sei, dass ein Bezug zur baurechtlichen Legalität geschaffen wurde, lässt sich aber anhand der Angaben der Zeugin weder feststellen noch ausschließen.
92Nachdem damit die Beweismittel im engeren Sinne ausgeschöpft waren, war der Senat auf die Wertung von Hilfstatsachen angewiesen. Diese reichen in ihrer Gesamtheit indessen aus, dem Senat eine Überzeugungsbildung im Sinne einer praktischen Gewissheit zu ermöglichen und die Schlussfolgerung zu begründen, dass der Beklagte die Kläger nicht über die baurechtliche Illegalität bzw. darüber aufgeklärt hat, dass es sich bei den im Keller gelegenen Räumlichkeiten nicht um von einer Baugenehmigung oder zumindest von einer Bauanzeige rechtlich abgesicherten Wohnraum handelt.
93Bei seinen Erwägungen geht der Senat zunächst von der Einlassung des Beklagten selbst aus. Dieser hat angegeben, er habe dargelegt, dass die BauO NW „eigentlich“ eine Stehhöhe von rd. 2,40 m erfordere, während der Keller hier nur eine lichte Höhe von rd. 2 m aufwies. Die Kläger hätten geantwortet, das sei ihnen gleich, sie seien klein. Bereits das, einmal unterstellt, es wäre so gewesen, spricht eher dafür, dass den Klägern dadurch nicht die baurechtliche Illegalität ins Bewusstsein gelangt ist, sondern sie diese Erklärung nur auf die praktische Nutzbarkeit im Hinblick auf die Körpergröße bezogen haben.
94Zu berücksichtigen ist auch, worauf der BGH hingewiesen hat, dass die Annahme eher fernliege, ein Veräußerer rücke freiwillig von den in ein Exposé eingestellten unzutreffenden Erklärungen ab. Das gilt umso mehr, je deutlicher von den durch das Exposé geschürten Erwartungen abgewichen werden müsste. Denn je umfassender der Verkäufer unzutreffende Angaben im Exposé korrigieren muss, umso stärker verprellt er den Interessenten und vermittelt diesem das Gefühl, lediglich angelockt und an der Nase herum geführt worden zu sein. Hier liegt ein solcher Fall vor. Denn zum einen hat die im Exposé angepriesene Entkernung mit anschließendem Neuaufbau nicht stattgefunden. Zum anderen war die legale Wohnfläche erheblich geringer als angegeben. Unter diesen Umständen würde eine unmittelbare Konfrontation eines Interessenten mit den Tatsachen nahelegen, dass die Interessenten gar nicht erst weiterverhandeln, weil die tatsächliche Situation eben erheblich von dem abwich, was sie erwarten durften.
95Fest steht zunächst, dass das Exposé eine Wohnung beschrieb, die über 127 m² Wohnfläche verfügt. Dieses Exposé und seine Unrichtigkeit im Hinblick auf die Wohnfläche und die nicht stattgefundene Entkernung waren dem Beklagten auch bekannt. Denn er hat angegeben, den Makler deswegen angerufen und das Exposé als „geschönt“ bezeichnet zu haben. Fest steht andererseits, dass die tatsächliche, also zulässigerweise nutzbare Wohnfläche lediglich 85 m² (vgl. die Wohnflächenberechnung Bl. 15 f. GA) betrug, also rund 30 % geringer war als ursprünglich angenommen. Fest steht ferner, dass die Kläger die Kaufvertragsverhandlungen fortgesetzt haben. Fest steht schließlich, dass sie nicht einmal versucht haben, im Hinblick auf die deutlich enttäuschte Erwartung an legaler Wohnfläche den Kaufpreis zu drücken. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass hier die vom Beklagten behauptete Aufklärung nicht stattgefunden hat. Denn von einem Interessenten, dessen Erwartung an eine bestimmte Wohnfläche dermaßen enttäuscht worden ist, wäre bei entsprechender Aufklärung, wenn er nicht ohnehin sofort die Verhandlungen wegen einer nicht mehr gegebenen Vertrauensbasis abbricht, zu erwarten gewesen, dass er versuchen würde, den Kaufpreis zu drücken. Das haben die Kläger hier – unstreitig – nicht versucht. Dabei ist zweitrangig, ob der
96Beklagte, wie er im Senatstermin angegeben hat, sich darauf eingelassen hätte, weil er fixe Preisvorstellungen hatte. Für den Senat ist allein bedeutsam, dass die Kläger offenbar keinen Grund gesehen haben, sich naheliegend zu verhalten und auf eine Herabsetzung des Kaufpreises zu drängen, sondern sich vielmehr bereitgefunden haben, für die Immobilie den vollen, bereits im Exposé verlangten Kaufpreis von 139.000 € zu zahlen.
97Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nach der notariellen Urkunde im vereinbarten Preis schließlich noch ein Gartenhaus, eine Einbauküche und ein Hauswasserwerk zum Preis von insgesamt 10.000 € eingeschlossen war und nach der Angabe der Beklagten im Senatstermin vom 1.6.2015 etwa auch noch Gardinenstangen den Klägern überlassen wurde: Alle diese „Draufgaben“ stellen keinen auch nur ansatzweise angemessenen und damit plausiblen Gegenwert für eine um ca. 30 % geringere Wohnfläche dar. Die Klägerin zu 2) hat hierzu im Senatstermin vom 21.1.2013 auch unmissverständlich geäußert (Bl. 350 R GA), sie
98hätten sich nicht bereitgefunden, die Fläche im Keller als Wohnraum zu bezahlen, wenn sie gewusst hätten, dass es sich bauordnungsrechtlich nicht um zulässigen Wohnraum handelte. Die Vereinbarung dieser „Draufgaben“ ist im Übrigen auch bereits im Hinblick auf die offenkundig nicht stattgefundene Kernsanierung begründet gewesen.
99Der Kläger hat im Senatstermin angegeben, er sei durch Zufall und nicht durch das Maklerexposé aufmerksam geworden. Eigentlich hätten sie sich für die Wohnung im Obergeschoss interessiert. Der Makler habe ihnen dann bei der Besichtigung gesagt, auch die untere Wohnung stehe zum Verkauf. Dann hätte zwar objektiv kein Anlass bestanden, das Exposé richtigzustellen. Eine Aufklärungspflicht hätte aber auch dann bestanden. Denn zwar hätten sich die Kläger unter diesen Umständen nicht mit konkreten Erwartungen an die Wohnungsgröße zur Besichtigung begeben. Aber auch dann hätte die Bezeichnung der Räume als Wohnräume – für die Eignung einer solchen Nutzung sprach schließlich ihre Einrichtung, Ausstattung und Beschreibung ihrer früheren Nutzung – die Klarstellung erfordert, dass es sich dabei nicht um bauordnungsrechtlich genehmigten Wohnraum gehandelt hat. Soweit dies
100Rückschlüsse auf die eingangs angesprochene fernliegende Annahme zulässt, ein Verkäufer rücke nicht zeitnah von seinen Angaben aus einem Exposé ab, sieht der Senat die Grundlage seiner Überzeugung nicht in Frage gestellt. Denn der Verkäufer – hier der Beklagte – weiß in jedem Fall, dass das von ihm veranlasste Exposé in der Welt ist und deshalb, weil eine erste Besichtigung noch nicht den Vertragsschluss herbeiführt, dem Interessenten auch danach noch zur Kenntnis gelangen und ihm Widersprüche verdeutlichen kann. Das gilt erst recht, wenn der Interessent ihm von dem Makler vorgestellt wird, der das Exposé verfasst hat und wenn das Exposé nicht ausdrücklich zurückgezogen worden ist. Das hat der Beklagte hier nämlich nicht getan, sondern es nach seinen Angaben lediglich dem Makler gegenüber lediglich als „geschönt“ bezeichnet. Es ist aber weiterhin aktuell und im Internet abrufbar geblieben. Der Beklagte selbst hat, worauf noch einzugehen ist, darauf Bezug genommen.
101Gegen die vom Beklagten zu 1) behauptete Aufklärung über die mangelnde Eigenschaft der Kellerräume als – bauordnungsrechtlich zugelassene - Wohnräume spricht nämlich auch und in besonderem Maße seine Email vom 31.5.2010 (Bl. 95 GA), welche in unmittelbarem Anschluss an den zweiten Besichtigungstermin an die Kläger versandt worden ist. Dort heißt es, das Untergeschoss sei zum Teil „zu Wohnraum umgebaut“ mit „35 qm beheizter Fläche“. Überdies verweist die Email durch entsprechende Verlinkung auch ausdrücklich auf das angesprochene, trotz Kenntnis des Beklagten von seiner Unrichtigkeit inhaltlich unverändert gebliebene Exposé, in welchem ebenfalls von einer „Wohnfläche“ von „ca. 125 qm“ die Rede ist. Hätte der Beklagte – wie er behauptet – die Kläger in dem gerade vorausgegangenen Termin tatsächlich darüber aufgeklärt, dass die Räume im Keller eben gerade keine „Wohnfläche“ darstellten, so hätte es nahe gelegen, nun in der Email nicht wieder – gleichsam unter Aufrechterhaltung der zuvor angeblich korrigierten Fehlbezeichnung – darauf zu verweisen, es handele sich um „Wohnraum“.
102Überhaupt hätte es aus der Sicht des Senates bei unterstellter mündlicher Aufklärung durch den Beklagten zu 2) über die – schließlich erhebliche - Abweichung der Wohnfläche von den Angaben namentlich im Exposé und der Wohnflächenberechnung (Bl. 15 f. GA) nahe gelegen, diesen Gesichtspunkt in irgendeiner Form schriftlich zu fixieren – gegebenenfalls auch im notariellen Vertrag. Dies wäre auch insoweit zu erwarten gewesen, als dem Beklagten zu 1) als Bankkaufmann mit Zuständigkeit für Immobilienfinanzierungen bewusst sein musste, welche erhebliche Bedeutung der Umfang der zur Verfügung stehenden Wohnfläche für den Wert einer Immobilie hat. Dies gilt insbesondere im Lichte seiner Erklärung im Senatstermin vom 21.1.2013, wonach er selbst davon ausgegangen sei, dass erst „ab 2,40 m Höhe eines Raumes Wohnfläche anfängt“ (vgl. Bl. 349 R GA).
103Unter zusammenfasender Würdigung all dieser Erwägungen begründen die darin dargelegten Tatsachen die Schlussfolgerung, dass eine rechtzeitige Aufklärung vor Vertragsschluss, wie der Beklagte sie behauptet, nicht stattgefunden hat, seine
104entsprechenden, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast erhobenen Behauptungen also widerlegt sind.
105(3)
106Durch das Verschweigen der mangelnden baurechtlichen Zulässigkeit der Nutzung der Kellerräume zu Wohnflächen durch den Beklagten zu 1) ist bei den Klägern ein diesbezüglicher Irrtum erregt worden. Dieser ist auch ursächlich für die Abgabe der auf den Kauf gerichteten Willenserklärungen der Kläger geworden. Die Kläger haben im Senatstermin vom 1.6.2015 – wie bereits im vorangegangenen Senatstermin vom 21.1.2013 (Bl. 350 R) – erklärt, sie hätten das Objekt keinesfalls – insbesondere nicht zu dem verlangten Preis – erworben, wenn sie gewusst hätten, dass die Räume im Keller tatsächlich nicht als Wohnräume zugelassen waren. Dies erscheint dem Senat ohne weiteres nachvollziehbar und überzeugend.
107(4)
108Das Verschweigen durch den Beklagten zu 1) ist auch arglistig erfolgt.
109Bereits nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten zu 1) wusste dieser von der mangelnden baurechtlichen Zulässigkeit der Nutzung der Kellerräume zu Wohnzwecken (Bl. 132, 349 f. GA). Überdies ergibt sich diese auch aus der den Beklagten vorliegenden Abgeschlossenheitsbescheinigung der Stadt Dülmen (Bl. 300 GA) vom 3.12.2001, wo ausdrücklich auf „nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume“ Bezug genommen wird. Voraussetzung für die Annahme von Arglist ist, dass der Handelnde die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt oder aber jedenfalls - im Sinne eines bedingten Vorsatzes - ernsthaft für möglich hält (vgl. etwa BGH NJW 2001, 2326; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 74. Aufl., § 123 Rdn. 11).
110Der Beklagte zu 1) wäre auch zur Aufklärung verpflichtet gewesen.
111Eine solche ergibt sich allgemein in den Fällen, in denen der Anfechtende nach Treu und Glauben und den im Verkehr herrschenden Anschauungen im Einzelfall wegen der Bedeutung des verschwiegenen Umstandes für seine Entschließung mit einer
112Aufklärung rechnen durfte (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. 5. 1980 - IV a ZR 1/80 - NJW 1980, 2460; Arnold in: Erman, BGB, § 123 BGB Rdn. 13 m.w.N.). Bei dem Kauf einer Wohnimmobilie ist der Umfang der – und zwar zulässigerweise als Wohnraum nutzbaren – Wohnfläche für den Käufer von entscheidender Bedeutung. Gerade auch mit Blick auf die von ihnen veranlassten, objektiv unzutreffenden Angaben im Exposé, der Wohnflächenberechnung und der Email vom 31.5.2010 hätte eine Pflicht der Beklagten bestanden, die Kläger vor Vertragsabschluss hierüber zu informieren, so dass sich eine Aufklärungspflicht auch unter dem Gesichtspunkt der Ingerenz, nämlich eines vorangegangenen pflichtwidrigen Tuns, ergibt.
113Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der Beklagte zu 1) es zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass die Kläger aufgrund der falschen Angabe der baurechtlich zulässigen Wohnfläche bzw. des Verschweigens der wahren Tatsachen insoweit zum Abschluss des Kaufvertrages bewogen worden sind, und bei einer entsprechenden Aufklärung von dem Vertragsabschluss – jedenfalls zu diesen Konditionen - Abstand genommen hätten.
114cc)
115Zwar hat die Beklagte zu 2) unstreitig dem Beklagten zu 1) die Verhandlungen mit den Klägern überlassen; er war derjenige, der die Besichtigungstermine durchgeführt hat. Es ist allerdings – worauf der Bundesgerichtshof in seiner Revisionsentscheidung ebenfalls hingewiesen hat - für ein Anfechtungsrecht nach § 123 Abs. 1 BGB unerheblich, ob auch der Beklagten zu 2) ein arglistiges Verhalten zur Last zu legen ist: § 123 Abs. 2 BGB findet hier unmittelbar keine Anwendung, da die Beklagte zu 2) nicht als Dritte i. S. dieser Bestimmung angesehen werden kann. Dritter im Wortsinn von § 123 Abs. 2 BGB ist jeder außer dem, der die Willenserklärung abgegeben hat, und dem, gegenüber dem sie abgegeben worden ist (vgl. BGH NJW 1962, 2195). Die Beklagte zu 2) ist neben dem Beklagten zu 1) ebenfalls Empfängerin der angefochtenen Willenserklärung der Kläger und kann bereits deshalb nicht als "Dritte" behandelt werden. Bereits das Reichsgericht hat im Übrigen angenommen, dass wenn der Anfechtungsberechtigte einen Vertrag mit mehreren Partnern abgeschlossen habe, zur Anfechtung wegen arglistiger
116Täuschung ein Anfechtungsrecht gegenüber einem der Vertragspartner genüge. Die Anfechtung diesem gegenüber führe gemäߠ 139 BGB zur Nichtigkeit des Vertrages mit allen Vertragspartnern (vgl. dazu RG Warneyer 1912, Nr. 360, 396; RGZ 65, S. 399, 405; zum ganzen OLG Koblenz, Urteil vom 11. Dezember 2001 – 3 U 1642/00 –NJW-RR 2003, 119).
117dd)
118Ob darüber hinaus auch die im Rahmen der Besichtigungstermine unstreitig abgegebene Erklärung des Beklagten zu 1), das Haus sei trocken, die Kläger zur Anfechtung des Kaufvertrages berechtigt, kann vorliegend dahinstehen, da bereits die Anfechtung aufgrund falscher Angaben zur Wohnfläche durchgreift.
1192.
120Den Klägern steht – wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung weiterhin zu Recht angenommen hat - gegen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner darüber hinaus ein Anspruch auf Zahlung von 1.768,94 € sowie weiterer 2.950,39 € aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1, 2, 241 Abs. 2, 421 BGB zu.
121a)
122Der Beklagte zu 1) hat durch die arglistige Täuschung schuldhaft eine Pflicht aus dem (vor-)vertraglichen Schuldverhältnis mit den Klägern verletzt und muss diesen daher den entstandenen Schaden ersetzen. Ein solcher besteht unbestritten in Höhe der von den Klägern geltend gemachten Notargebühren für den Kaufvertrag, der Notargebühren für die Zustimmungserklärung und der für die Grundbuchänderung entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 1.768,94 €.
123Einen weiteren Schaden stellen die den Klägern entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach einem Gegenstandwert von 139.000 € (= 97 % des Gesamtgegenstandswertes von 143.000 €) dar.
124b)
125Ein derartiger Anspruch steht den Klägern auch gegen die Beklagte zu 2) zu.
126Zwar hat sich diese an den Vertragsverhandlungen unstreitig nicht aktiv beteiligt, insbesondere erfolgten die Besichtigungen nur in Anwesenheit des Beklagten zu 1). Allerdings muss sich die Beklagte zu 2) das schuldhafte Verhalten des Beklagten zu 1) gemäß § 278 BGB zurechnen lassen; der Beklagte zu 1) hat insoweit zugleich als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 2) – seiner Ehefrau und der Miteigentümerin der Immobilie gehandelt (vgl. allgemein etwa Senat, Urteil vom 4.8.2003 - 22 U 63/02 - OLGR 2003, 327 sowie die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofes).
1273.
128Der Zinsanspruch folgt unter dem Gesichtspunkt des Verzuges aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB jedenfalls ab dem vom Landgericht tenorierten Zeitpunkt 18.12.2011, da den Beklagten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 7.12.2010 eine Frist zur Rückabwicklung bis zum 17.12.2010 gesetzt wurde.
1294.
130Die Kläger haben darüber hinaus – wie das Landgericht ebenfalls zu Recht festgestellt hat - einen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs bezüglich der Rückübertragung des Wohnungserbbaurechts durch die Beklagten zu 1) und 2). Der Feststellungsantrag ist im Hinblick auf das aus § 756 und § 765 ZPO folgende Feststellungsinteresse zulässig. Die Beklagten befinden sich nach obigen Darlegungen mit der Rückübertragung des Wohnungserbbrauchrechts in Verzug, da ihnen von den Klägern mit Schreiben vom 7.12.2010 unter Fristsetzung erfolglos eine Rückübertragung angeboten wurde.
1315.
132Nach den obigen Ausführungen steht den Klägern weiterhin ein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner im Hinblick auf die weiteren Kosten der Rückabwicklung des Kaufvertrages zu. Da diese Kosten noch nicht bezifferbar sind, ist der Feststellungsantrag zulässig. Aus den
133obigen Gründen ist der Anspruch zudem aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 und 2, 241 Abs. 2, 278, 421 BGB begründet.
1346.
135Schließlich haben die Kläger nicht nur gegen den – insoweit bereits rechtskräftig verurteilten - Beklagten zu 3), sondern auch gegen die Beklagten zu 1 bis 2) - sämtliche Beklagten als Gesamtschuldner - einen Anspruch auf Rückzahlung der Maklercourtage in Höhe von 4.000 € nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten.
136Gegen die Beklagten zu 1) und 2) ergibt sich dieser nach den obigen Ausführungen aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 1 und 2, 241 Abs. 2, 421, 438 BGB, da die Kosten ihnen als Teil des Schadens entstanden sind.
137III.
138Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
139Der Auferlegung der vollen Verfahrenskosten für sämtliche Instanzen auf die Beklagten steht auch nicht entgegen, dass ihre Revision insoweit erfolgreich war, als der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Senates vom 21.1.2013 aufgehoben und die Sache an den Senat zurückverwiesen hat. Entscheidend ist nämlich für die Kostentragung allein das letzte Obsiegen bzw. Unterliegen (vgl. etwa Schulz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, 3 97 Rdn. 14).
140Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
141Der Streitwert wird auf 155.000 € festgesetzt.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 22. Juni 2015 - 22 U 120/12
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Urteil einreichenOberlandesgericht Hamm Urteil, 22. Juni 2015 - 22 U 120/12 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
(2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
(3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
(1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.
(2) Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrag der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat.
(3) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das einem anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der andere der Anfechtungsgegner. Das Gleiche gilt bei einem Rechtsgeschäft, das einem anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war, auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vorgenommen worden ist.
(4) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist Anfechtungsgegner jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mitteilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Abwicklung eines inzwischen beendeten, von der Beklagten nachträglich wegen arglistiger Täuschung angefochtenen Mietvertrages über Wohn- und Geschäftsräume.
- 2
- Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung restlicher Miete und rückständiger Nebenkosten. Sie hatte zunächst von der Beklagten und den früheren weiteren Beklagten zu 2 und 3 Räumung und Herausgabe des Mietobjekts verlangt. Insoweit war der Rechtsstreit von den Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 28. August 2002 übereinstimmend für erledigt erklärt worden.
- 3
- Die Klägerin schloss am 30. Juli 1997 mit der Beklagten für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Juli 2002 einen Mietvertrag über "Büroräume im Souterrain, Hochparterre und 2. Obergeschoss" (§ 1 Ziff. 1 des Mietvertrages) in einer von ihr 1996/1997 sanierten Altbauvilla. Beide Parteien konnten den Mietvertrag durch einmalige Option um fünf Jahre verlängern (§ 2 Ziff. 2 des Mietvertrages). Laut § 1 Ziff. 2 des Mietvertrages wurden die Mieträume in vollständig renoviertem und für den vertragsgemäßen Gebrauch nutzbaren Zustand übergeben.
- 4
- Der monatliche Staffelmietzins wurde zunächst mit 8.200 DM sowie 60 DM für den Kfz-Stellplatz jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die monatliche Betriebs- und Nebenkostenvorauszahlung sollte 1.341 DM betragen (§ 4 Ziff. 3 des Mietvertrages).
- 5
- Die Beklagte vermietete mit Zustimmung der Klägerin die Räume im Souterrain und im Hochparterre als Büroräume zum Betrieb einer Anwaltskanzlei an die früheren Beklagten zu 2 und zu 3. Das zweite Obergeschoss vermietete sie an die frühere Beklagte zu 3 als Wohnraum.
- 6
- Die Beklagte zahlte wegen verschiedener behaupteter Mängel seit November 1997 zeitweise lediglich eine geminderte Miete und gekürzte Nebenkostenvorauszahlung. Die Klägerin veranlasste verschiedene Mängelbeseitigungsmaßnahmen.
- 7
- Wegen der Zahlungsrückstände erklärte die Klägerin am 8. Februar 2000 und in der Folgezeit wiederholt die fristlose Kündigung des Mietvertrages.
- 8
- Mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Wohnräume im zweiten Obergeschoss zum 31. Dezember 2001 geräumt an die Klägerin herausgeben werde und übte vorsorglich das vertraglich vereinbarte Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages um weitere fünf Jahre aus. Mit weiterem Schreiben vom 24. Juli 2002 erklärte sie der Klägerin, sie werde im Hinblick darauf, dass der Mietvertrag am 31. Juli 2002 vertragsgemäß ende, das Mietobjekt an diesem Tag geräumt an die Klägerin herausgeben.
- 9
- Das Landgericht hat der gegen die Beklagte zuletzt auf Zahlung von 76.599,27 € gerichteten Klage in Höhe von 48.696,49 € stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat der Beklagten und den früheren Beklagten zu 2 und zu 3 gemäß § 91 a ZPO die Kosten der Räumungsklage auferlegt. Gegen dieses Urteil haben die Klägerin, die Beklagte und die früheren Beklagten zu 2 und zu 3 Berufung eingelegt. In zweiter Instanz hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. August 2004 die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt und Hilfswiderklage auf Rückzahlung der geleisteten Kaution zuzüglich Zinsen in Höhe von insgesamt 15.320,69 € sowie Stufenwiderklage auf Abrechnung der Mietkaution von 12.761,85 € nebst angefallenen Zinsen und Zahlung des sich danach ergebenden Betrages an die Beklagte erhoben.
- 10
- Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Hilfswiderklage verurteilt, an die Beklagte 12.761,85 € zu zahlen. Im Übrigen hat es die Hilfswiderklage der Beklagten abgewiesen und deren Stufenwiderklage als unzulässig zurückgewiesen. Die Berufungen der Klägerin und der früheren Beklagten zu 2 und zu 3 hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung ihrer Berufung und ihre Verurteilung zur Zahlung richtet sich die Revision der Klägerin, die der Se- nat dahin auslegt, dass die Klägerin das Berufungsurteil nur angreift, soweit es sie beschwert.
- 11
- Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Fragen zugelassen , ob die Anfechtung eines Mietvertrages nach Überlassung der Mietsache neben der Kündigung - gegebenenfalls mit Rückwirkung - zulässig ist, ferner ob ein steuerbares Geschäft im Hinblick auf den Nutzungsersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung anzunehmen ist.
Entscheidungsgründe:
- 12
- Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
- 13
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte wegen der Nutzung der Mieträume. Mietvertragliche Ansprüche bestünden schon deshalb nicht, weil die Beklagte den Mietvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten habe.
- 14
- Die Klägerin habe die Beklagte arglistig über die Gebrauchstauglichkeit der Souterrainräume als vollwertige Büroräume getäuscht. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des schriftlichen Mietvertrages und der Anhörung der Parteien stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Parteien übereinstimmend eine Vermietung des Souterrains zur Nutzung als vollwertige Büroräume gewollt hätten und Hinweise auf eine etwaige eingeschränkte Benutzbarkeit durch die Klägerin auch nicht erteilt worden seien. Die Räume im Souterrain seien jedoch öffentlich-rechtlich nur zur Nutzung als Nebenflächen, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet sei, zugelassen und hätten deshalb - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - nicht als Büroräume genutzt werden dürfen. Die Klägerin habe somit der Beklagten im Souterrain Räume vermietet, die für den vertragsgemäß vorausgesetzten Zweck, nämlich zur Nutzung als vollwertige Büroflächen, nicht geeignet gewesen seien. Hierüber sei die Beklagte getäuscht worden. Denn sie habe die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit bei Abschluss des Mietvertrages weder gekannt noch kennen müssen. Die Klägerin habe die Beklagte auch arglistig getäuscht. Nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Klägerin die eingeschränkte Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und bewusst gegenüber der Beklagten verschwiegen habe. Dies ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B. , die übereinstimmend bekundet hätten, die Klägerin sei schon in der Planungsphase der Sanierungsarbeiten davon in Kenntnis gesetzt worden, dass insbesondere im Hinblick auf den Fußbodenaufbau die Souterrainräume nicht als vollwertige Büroräume hergestellt werden könnten. Dementsprechend sei mit dem Bauantrag in Abstimmung mit der Klägerin auch nur eine Genehmigung zur Nutzung der Räume im Souterrain als Nebenfläche beantragt worden. Diese Aussagen der Zeugen stünden im Einklang mit den von der Klägerin gestellten Anträgen und Eingaben im Baugenehmigungsverfahren, in denen die Räume im Souterrain stets als Büronebenräume bezeichnet gewesen seien. Schließlich habe die Klägerin bei ihrer Anhörung selbst eingeräumt, die Räume im Souterrain seien als Nebenflächen im Bauantrag deklariert worden, um leichter eine Baugenehmigung zu erhalten. Sie habe folglich billigend in Kauf genommen, dass die ver- tragsgemäß vorgesehene Nutzung bauordnungsrechtlich nicht zulässig gewesen sei. Darin liege jedenfalls eine bedingt vorsätzliche Täuschung der Beklagten durch das Verschweigen entscheidungserheblicher Tatsachen für die Nutzung der Mieträume. Diese Täuschung sei auch für den Abschluss des Mietvertrages kausal gewesen. Es habe auf der Hand gelegen, dass die Beklagte den Mietvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Räume im Untergeschoss nur als Nebenflächen genutzt werden durften. Der Klägerin sei zudem klar gewesen, dass bei fehlender Nutzbarkeit als vollwertige Büroräume insgesamt nur ein niedrigerer Mietpreis zu erzielen gewesen sei.
- 15
- Die Beklagte habe die Anfechtung auch binnen der Jahresfrist des § 124 BGB erklärt. Sie habe von der mangelnden Nutzbarkeit der Räume im Souterrain als Bürovollflächen erst am 24. März 2004 im Verhandlungstermin beim Oberlandesgericht in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen ihren Architekten K. -von K. Kenntnis erlangt. In diesem Termin habe der Zeuge K. - von K. erklärt, eine Nutzung der Souterrainräume als Büroräume sei von vornherein nicht in Betracht gekommen, weil hierfür umfangreiche Baumaßnahmen hätten durchgeführt werden müssen, welche die Klägerin nicht habe vornehmen wollen. Eine frühere Kenntnis der Beklagten könne nicht positiv festgestellt werden.
- 16
- Der Anfechtung stehe auch nicht entgegen, dass der Mietvertrag tatsächlich durchgeführt und zwischenzeitlich sogar längst beendet worden sei. Dies habe nicht zur Folge, dass die Wirkung der Anfechtung entgegen § 142 Abs. 1 BGB keine Nichtigkeit des Mietverhältnisses von Anfang an nach sich ziehe, sondern ausnahmsweise nur eine Nichtigkeit mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung eintrete. Diese Rechtsfragen zur Anfechtbarkeit von Mietverträgen seien in der Literatur seit längerer Zeit umstritten. Das Berufungsgericht folge der Auffassung, wonach es beim Mietvertrag bei den allgemeinen Wirkungen der Anfechtung, insbesondere der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts von Anfang an, bleibe. Die Regeln über die Anfechtung im Allgemeinen Teil des BGB hätten grundsätzlich für alle Verträge Geltung. Ein hinreichender Grund für einen gänzlichen Ausschluss der Anfechtung oder eine Abweichung von der gesetzlichen Rechtsfolge des § 142 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben. Die in den Bereichen des Gesellschafts- und Arbeitsrechts angestellten Überlegungen seien auf die Geschäftsraummiete nicht übertragbar. Die sich dort aus sozialen Erwägungen ergebenden Einschränkungen könnten allenfalls im Wohnungsmietrecht , nicht aber im Gewerbemietrecht herangezogen werden, weil vergleichbare soziale Verbundenheiten wie im Arbeits- und Gesellschaftsrecht bei der Gewerbemiete nicht vorlägen. Es handele sich dabei vielmehr um ein schlichtes, auf Austausch angelegtes Dauerschuldverhältnis ohne die Begründung irgendwie gearteter persönlicher Beziehungen. Die teilweise erwähnten Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung in Vollzug gesetzter Mietverhältnisse rechtfertigten nicht das Abweichen von gesetzlichen Vorschriften. Die Rückabwicklung sei rechtlich und tatsächlich möglich und könne nach den Regeln des Bereicherungsausgleichs durchgeführt werden.
- 17
- Auch die Gewährleistungsregeln in §§ 536 ff. BGB ersetzten die Regeln über die Anfechtung nicht. Eine Parallele zum Kaufrecht könne nicht zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten im Mietrecht herangezogen werden. Zum einen sei auch im Kaufrecht eine derartige Einschränkung umstritten, zum andern sei die Interessenlage dort eine andere als im Mietrecht.
- 18
- Da das Mietverhältnis aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen sei, könne die Klägerin entsprechend ihrer Hilfsbegründung gegen die Beklagte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen. Der Klägerin stehe als Eigentümerin der Räume ein Anspruch auf Wertersatz aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 , 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB zu. Zu ersetzen sei der objektive Verkehrswert der Gebrauchsvorteile, welche die Beklagte erlangt habe. Dabei seien die Wohn- und Büroräume sowie der Pkw-Stellplatz zu berücksichtigen. Zwar könnten grundsätzlich auch verbrauchsabhängige Nebenkosten zu den erlangten Vorteilen gehören. Hierzu habe die Klägerin allerdings unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nicht schlüssig vorgetragen. Hinsichtlich der Jahre bis 2000 seien Nebenkostenabrechnungen erstellt worden und in eine Gesamtabrechnung eingeflossen. Diese beinhalte zu erheblichen Teilen verbrauchsunabhängige Bestandteile (z.B. 30 % Grundkosten für Heizung und Warmwasser, Versicherungen, Grundsteuer), die nach Bereicherungsrecht nicht verlangt werden könnten, weil es sich nicht um Gebrauchsvorteile oder gezogene Nutzungen handele. Dem Vortrag der Klägerin könne nicht entnommen werden, hinsichtlich welcher konkreten Nutzungsvorteile eine Bereicherung der Beklagten noch vorliegen solle. Die vorgelegten Abrechnungen sprächen im Gegenteil eher für eine Überzahlung durch die Beklagte. Von den Ansprüchen der Klägerin seien die von der Beklagten im Laufe der Jahre auf das nichtige Mietverhältnis erbrachten Leistungen in Abzug zu bringen. Nach einer Saldierung der gegenseitigen Ansprüche verbleibe kein Überschuss zu Gunsten der Klägerin. Damit sei die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit dem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaution gegenstandslos.
- 19
- Der Beklagten stehe gegen die Klägerin der mit der Hilfswiderklage erhobene Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Mietkaution aus Bereicherungsrecht zu. Die Klägerin habe aufgrund des anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution. Die gegenüber dem Rückzahlungsanspruch erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die Beklagte greife nicht durch. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch scheide schon deshalb aus, weil der Mietvertrag als Grundlage für etwaige Ansprüche insgesamt nach der Anfechtung entfallen sei. Es sei auch keine andere Rechtsgrundlage gegeben.
II.
- 20
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 21
- 1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin die Beklagte arglistig darüber getäuscht hat, dass es sich bei den Räumen im Souterrain - ungeachtet ihrer tatsächlichen Nutzbarkeit - um Büronebenflächen gehandelt hat, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen nicht zugelassen waren und damit als vollwertige Büroräume nicht genutzt werden durften.
- 22
- Der dagegen gerichtete Einwand der Revision, das Berufungsgericht verstoße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze, wenn es aus der rechtlichen Unzulässigkeit der Nutzung schließe, die Räume seien auch tatsächlich nicht als Büroräume nutzbar gewesen, greift nicht. Zum einen hat das Berufungsgericht diesen Schluss nicht gezogen. Zum anderen steht es der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht entgegen, dass die Räume von der Beklagten tatsächlich als Büroräume genutzt worden sind. Für die Anfechtbarkeit der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten Willenserklärung ist vielmehr entscheidend, ob die Klägerin durch positives Tun oder Unterlassen gegenüber der Beklagten das Vorhandensein eines Umstandes vorgespiegelt hat, der für deren Willensbildung, den Mietvertrag abzuschließen, von wesentlicher Bedeutung war.
- 23
- Davon ist nach den getroffenen Feststellungen auszugehen. Die Klägerin hat es unterlassen, die Beklagte über den Umstand in Kenntnis zu setzen, dass die Souterrainräume aufgrund ihres baulichen Zustands für den dauernden Aufenthalt von Menschen bauordnungsrechtlich nicht genehmigt und auch nicht genehmigungsfähig waren, und damit nicht als vollwertige Büroräume genutzt werden durften. Dieser Umstand war, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, für die Entscheidung der Beklagten, den Mietvertrag abzuschließen , von wesentlicher Bedeutung. Denn sie wollte die Souterrainräume zur Nutzung als Büroräume mieten. Im Hinblick darauf, dass bei einer bauordnungswidrigen Nutzung mit einer behördlichen Nutzungsuntersagung gerechnet werden musste, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den Mietvertrag, wie geschehen, abgeschlossen hätte, wenn sie Kenntnis von der insoweit fehlenden Genehmigung gehabt hätte.
- 24
- Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht beanstandet aufgrund der Aussagen der Zeugen K. -von K. und von B. sowie des von der Klägerin selbst unterzeichneten, am 2. Februar 1996 eingereichten Antrags auf Baugenehmigung angenommen, dass die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages, am 30. Juli 1997, die eingeschränkte Nutzbarkeit des Souterrains gekannt und diese der Beklagten bewusst verschwiegen hat.
- 25
- Die Klägerin hat somit die Beklagte durch arglistige Täuschung zum Abschluss des Mietvertrages veranlasst. Die hierauf gestützte, von der Beklagten mit Schriftsatz vom 6. August 2004 erklärte, der Klägerin am 12. August 2004 zugestellte Anfechtung des Mietvertrages ist nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch binnen der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erfolgt und damit wirksam.
- 26
- 2. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Anfechtung nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil der Mietvertrag zum Zeitpunkt der Anfechtung tatsächlich durchgeführt und sogar beendet war.
- 27
- Während nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung vor Übergabe der Mietsache uneingeschränkt zulässig ist und gemäß § 142 Abs. 1 BGB Nichtigkeitswirkung von Anfang an entfaltet, besteht Uneinigkeit darüber, ob und gegebenenfalls mit welcher Rechtsfolge eine Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB auch nach Übergabe der Mietsache möglich ist.
- 28
- a) Teilweise wird vertreten, das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung werde, sobald der Mietvertrag durch Überlassung der Mietsache vollzogen sei, durch das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 BGB verdrängt, soweit sich der Willensmangel auf verkehrswesentliche Eigenschaften des Mietobjekts selbst beziehe (Roquette Das Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches vor §§ 537 bis 542 Rdn. 16, 20; Sternel Mietrecht 3. Aufl. I Rdn. 245; Bub in: Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. II Rdn. 673; offen gelassen in Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266). Die Verdrängung der Anfechtungsmöglichkeit durch die Gewährleistungs - und Kündigungsvorschriften benachteilige den Anfechtungsberechtigten nicht, weil diese ihm einerseits wie bei der Anfechtung die Möglichkeit gäben, das Vertragsverhältnis aufzulösen, andererseits die Rückabwicklung erleichterten. Habe der Anfechtungsberechtigte die Vertragsleistung der Gegenseite in Anspruch genommen, so verdiene er es nicht, besser gestellt zu werden als bei einer fristlosen Kündigung (Sternel aaO).
- 29
- b) Nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur kann zwar eine auf Abschluss eines Mietvertrages gerichtete Willenserklärung auch nach Überlassung der Mietsache wegen arglistiger Täuschung stets angefochten werden (RGZ 157, 173, 174; KG NZM 2002, 21; LG Mannheim ZMR 1990, 303; Emmerich/Sonnenschein/Rolfs Miete 9. Aufl. § 542 BGB Rdn. 82; Soergel/Heintzmann BGB 12. Aufl. vor § 542 Rdn. 2; Hübner/Griesbach/Schreiber in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete Kap. 14 Rdn. 214; Kraemer in: Bub/Treier aaO Kap. III Rdn. 1326; MünchKomm/Häublein BGB 5. Aufl. vor § 536 Rdn. 24). Umstritten ist jedoch, ob die nach Überlassung der Mietsache erfolgte Anfechtung den Mietvertrag gemäß § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend (ex tunc) oder nur mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung (ex nunc) vernichtet (offen gelassen in Senatsurteil BGHZ 137, 255, 266 und BGH Urteil vom 10. Juli 1968 - VIII ZR 180/66 - WM 1968, 1306, 1307).
- 30
- aa) Die Ansicht, die die Anfechtung vollzogener Mietverträge wegen arglistiger Täuschung entgegen § 142 Abs. 1 BGB nur mit Wirkung ab Zugang der Anfechtungserklärung (ex nunc) zulässt, beruft sich zur Begründung zum einen darauf, dass ein bereits vollzogenes Mietverhältnis nur unter Inkaufnahme großer Schwierigkeiten abgewickelt werden könne und deshalb eine Beendigung ex nunc sachgerechter sei (Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 9. Aufl. vor § 535 BGB Rdn. 7; Staudinger/Rolfs BGB [2006] § 542 Rdn. 179). Zum anderen stellt sie darauf ab, dass eine einmal begonnene Dauerleistung nur beendet, nicht aber rückgängig gemacht werden könne (vgl. Roquette aaO vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17; LG Nürnberg-Fürth MDR 1966, 1003, 1004). Schließlich verweist sie darauf, dass mit Bezug der Mieträume ein sozialer Tatbestand geschaffen werde , der einen Bestands- und Vertrauensschutz begründe (für die Wohnraummiete : Hille WuM 1984, 292, 293) und in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Gesellschafts- und Arbeitsrecht für die Zulassung einer Anfechtung mit Wirkung ex nunc spreche.
- 31
- bb) Die Auffassung, die auch bei der Anfechtung in Vollzug gesetzter Mietverträge wegen arglistiger Täuschung von der in § 142 Abs. 1 BGB geregelten rückwirkenden Vernichtung des Rechtsgeschäfts ausgeht (RGZ 86, 334; 102, 225, 226; 157, 173, 174; KG MDR 1967, 404; KG NZM 2002, 21; Soergel /Heintzmann aaO vor § 542 Rdn. 2; Erman/Jendrek BGB 12. Aufl. vor § 536 Rdn. 20; Schmid DWW 1985, 302; Fischer NZM 2005, 567, 571; Emmerich NZM 1998, 692, 694 f.) verweist darauf, dass für Mietverträge kein Anlass bestehe , von der gesetzlichen Bestimmung des § 142 Abs. 1 BGB durch Richterrecht abzuweichen. Es handele sich bei Mietverträgen um "normale" schuldrechtliche Verträge, für die grundsätzlich die Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB Geltung hätten. Es sei nicht ersichtlich, was bei der Rückabwicklung eines fehlerhaften Mietvertrages nach den bereicherungsrechtlichen Vorschriften erschwert sein solle.
- 32
- Auch sei beim Mietvertrag eine dem Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag vergleichbare Interessenlage, die eine Einschränkung der Anfechtungswirkung rechtfertigen könne, nicht gegeben. Im Gegensatz zum Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag werfe die Rückabwicklung beim Mietvertrag auch keine besonderen Schwierigkeiten auf, weil es sich um ein einfach strukturiertes synallagmatisches Austauschverhältnis handele (Hille WuM 1984, 292; Emmerich NZM 1998, 692, 695; Fischer NZM 2005, 567, 570; Weimar MDR 1966, 1004). Soweit die Rückwirkung damit abgelehnt werde, der Vollzug des Mietverhältnisses habe einen sozialen Tatbestand geschaffen, der nur noch für die Zukunft beseitigt werden könne, könne diese Überlegung im Bereich des Gesellschafts- und Arbeitsrechts berechtigt sein. Jedenfalls für das Gebiet der Geschäftsraummiete lasse sich ein die Rückabwicklung ausschließender sozialer Einschlag jedoch nicht erkennen (KG NZM 2002, 21).
- 33
- 3. Der Senat schließt sich in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht der letzteren Ansicht an.
- 34
- a) Das Recht zur Anfechtung der auf Abschluss des Mietvertrages gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung wird auch nach Vollzug des Mietvertrages nicht durch die mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften (§§ 536 ff. BGB) und das Recht zur fristlosen Kündigung gemäß § 543 BGB verdrängt, weil die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung einerseits und die Gewährleistungs- sowie die Kündigungsvorschriften andererseits unterschiedliche Sachverhalte regeln und unterschiedliche Schutzzwecke haben.
- 35
- Während die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit schützt und deren Beeinträchtigung durch rückwirkende Vernichtung der Erklärung beseitigt, ist Gegenstand der Gewährleistungsrechte und der außerordentlichen Kündigung eine aktuelle Leistungsstörung, der durch Minderung und Schadensersatz bzw. durch Beendigung des Vertrages Rechnung getragen wird (vgl. Staudinger/Rolfs aaO § 542 BGB Rdn. 179). Diese unterschiedlichen Schutzzwecke lassen es nicht zu, dass das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung nach Überlassung der Mietsache durch das Recht zur außerordentlichen Kündigung verdrängt wird.
- 36
- b) Eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 142 Abs. 1 BGB ist nach Ansicht des Senats bei der Geschäftsraummiete nicht gerechtfertigt.
- 37
- aa) Die Schwierigkeiten, die sich bei der Rückabwicklung vollzogener Dauerschuldverhältnisse aufgrund des Zeitablaufs und der Anzahl der rückabzuwickelnden Leistungen ergeben, rechtfertigen keine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung. Die gleichen Schwierigkeiten bestehen bei Mietverträgen, die gemäß § 105 BGB oder §§ 134, 138 BGB nichtig sind, ohne dass dort an einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsmöglichkeit gezweifelt wird (Hille WuM 1984, 292; Fischer NZM 2005, 567, 570).
- 38
- bb) Besonderheiten, die bei in Vollzug gesetzten Arbeits- und Gesellschaftsverträgen dazu geführt haben, dass von der Rückwirkung abgegangen wurde, liegen bei der Geschäftsraummiete nicht vor. Weder besteht - wie beim Arbeitsverhältnis - eine besonders intensive Leistungsbeziehung mit starkem Persönlichkeitsbezug und mit Eingliederung in eine soziale Organisation, noch ist - wie beim Gesellschaftsverhältnis - ein erhöhtes Verkehrsschutzbedürfnis für Gläubiger vorhanden, die durch eine rückwirkende Anfechtung ihr Haftungssubjekt verlieren würden. Vielmehr handelt es sich bei dem Mietvertrag - anders als beim Arbeits- oder Gesellschaftsvertrag - um ein einfach strukturiertes synallagmatisches Austauschverhältnis, bei dem die Rückabwicklung keine besonderen Schwierigkeiten aufwirft.
- 39
- cc) Zur Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten wegen arglistiger Täuschung kann für das Mietrecht auch keine Parallele zum Kaufrecht herangezogen werden. Denn durch die Gewährleistungsvorschriften vor allem der §§ 434 ff. BGB beim Kauf wird nur die Irrtumsanfechtung (§ 119 Abs. 2 BGB), nicht aber die Anfechtung nach § 123 BGB ausgeschlossen. Dem Käufer stehen dieses Anfechtungsrecht und Ansprüche aus Gewährleistung, sofern ihre jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, wahlweise zu (MünchKomm/Kramer BGB 5. Aufl. § 123 Rdn. 35).
- 40
- dd) Entgegen der Ansicht der Revision spricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausschluss des Rücktritts vom Mietvertrag nach Überlassung der Mietsache in Fällen, in denen eine Auflösung des Vertrages durch fristlose Kündigung möglich ist (BGHZ 50, 312, 315), nicht dafür, dass auch die Anfechtung von Mietverträgen nur für die Zukunft wirkt. Der Bundesgerichtshof hat die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit darauf gestützt, dass bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung nach § 346 ff. BGB in der Regel nicht den Interessen der Parteien entspreche und angesichts der insbesondere bei längerer Vertragsdauer entstehenden erheblichen Durchführungsschwierigkeiten zu Unzuträglichkeiten führe. Von einer solchen Interessenlage kann bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht ausgegangen werden. Die Partei, die aufgrund der arglistigen Täuschung zu einer Willenserklärung veranlasst worden ist, die sie bei Kenntnis der Umstände nicht abgegeben hätte, hat ein schutzwürdiges Interesse an der rückwirkenden Vernichtung ihrer Willenserklärung. Diesem Interesse trägt § 142 Abs. 1 BGB Rechnung. Demgegenüber regelt der auf Nichterfüllung gestützte Rücktritt, ebenso wie die mietrechtlichen Gewährleistungsansprüche und die Kündigung aus wichtigem Grund, die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen.
- 41
- ee) Auch das Argument, die Rückgängigmachung der vollzogenen Vermieterleistung sei mit der Ingebrauchnahme der Mietsache durch den Mieter nicht mehr möglich (Roquette vor §§ 537 bis 542 Rdn. 17), trägt nicht. Das Bereicherungsrecht sieht für den Fall, dass die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, gemäß § 818 Abs. 2 BGB vor, dass der Wert zu ersetzen ist.
- 42
- ff) Schließlich lassen sich bei der Geschäftsraummiete in der Regel auch keine sozialen Belange feststellen, die ggf. einen erhöhten Bestandsschutz in Vollzug gesetzter Mietverträge und deshalb eine Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf den Zeitpunkt des Zugangs der Anfechtungserklärung erforderlich machen könnten.
- 43
- 4. Die Anfechtung des Mietvertrages durch die Beklagte ist auch nicht nach Treu und Glauben als unzulässige Rechtsausübung ausgeschlossen. Eine solche Einschränkung der Anfechtung greift ein, wenn die Rechtslage des Getäuschten durch die arglistige Täuschung nicht oder nicht mehr beeinträchtigt ist (Staudinger/Looschelders/Olzen BGB [2005] § 242 Rdn. 444 m.w.N.).
- 44
- Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat zwar die Mieträume bis zu dem vertraglich vereinbarten Ablauf , am 31. Juli 2002, als Büroräume genutzt, ohne dass die Nutzung durch ein Einschreiten der Baubehörde beeinträchtigt gewesen wäre. Insoweit hat sich die arglistige Täuschung der Klägerin zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht mehr nachteilig ausgewirkt. Die arglistige Täuschung der Klägerin wirkt aber dadurch weiter zu Lasten der Beklagten, weil diese für die Souterrainräume einen Mietpreis vereinbart hat, der auf der fehlerhaften Annahme beruhte, es handele sich um vollwertige Büroräume, die als solche öffentlich-rechtlich genehmigt seien. Tatsächlich waren die Räume jedoch nur als Büronebenräume, in denen ein dauernder Aufenthalt von Menschen nicht gestattet war, genehmigt und genehmigungsfähig. Das Fehlen einer Genehmigung zur Nutzung als Büroraum stellt - unabhängig von der tatsächlichen Nutzbarkeit der Räume - einen wertbildenden Faktor dar. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beklagte, hätte sie von der fehlenden Genehmigung Kenntnis gehabt, für die Räume im Souterrain jedenfalls nicht den im Mietvertrag festgelegten, sondern einen geringeren für Nebenräume angemessenen Mietzins vereinbart hätte.
- 45
- Soweit die Revision darauf verweist, das Berufungsgericht habe festgestellt , die Parteien hätten im Hinblick auf die Lage der Räumlichkeiten im Souterrain und die eingeschränkten Lichtverhältnisse bereits einen geringeren Mietzins vereinbart, lässt sie außer Acht, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Parteien den Mietpreis ausgehend von einer vollwertigen Büronutzung vereinbart haben. Dass die Beklagte keinen niedrigeren Mietzins vereinbart hat, ist Folge der arglistigen Täuschung der Klägerin. Der daraus entstandene Nachteil war zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht entfallen. Bei einer Einschränkung der Wirkung der Anfechtung auf eine solche ex nunc würde er der Klägerin zugute kommen, die die Mehreinnahmen, die sie aufgrund der arglistigen Täuschung bis zu diesem Zeitpunkt erzielt hat, behalten dürfte (vgl. Erman/Jendrek aaO vor § 536 Rdn. 20).
- 46
- 5. Die Beklagte hat auch auf das Recht zur Anfechtung nicht dadurch verzichtet, dass sie mit Schreiben vom 27. Dezember 2001 die vertraglich vorgesehene Verlängerungsoption ausgeübt hat. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch keine Kenntnis von dem Anfechtungsgrund. Erst am 24. März 2004 hat sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Kenntnis von der arglistigen Täuschung der Klägerin erlangt.
- 47
- 6. Infolge der wirksamen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist der Mietvertrag als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB).
- 48
- Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) hat das Berufungsgericht zutreffend nach den Grundsätzen der Saldotheorie vorgenommen, indem es durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile ermittelt hat, ob sich für die Klägerin ein Überschuss (Saldo) ergibt (BGH Urteil vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 314/97 - NJW 1999, 1181). Eine Einschränkung der Saldotheorie zum Schutz des arglistig Getäuschten ist hier, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, nicht geboten. Denn die Klägerin verlangt als Täuschende Bereicherungsausgleich , so dass Gegenansprüche der getäuschten Beklagten ohne weiteres als Abzugspositionen in die Saldierung einzubeziehen sind.
- 49
- a) Herauszugeben ist gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB das durch die Leistung der Klägerin Erlangte. Das ist hier die von der Klägerin gewährte Gebrauchsüberlassung der Räume. Da die Herausgabe der Gebrauchsüberlassung wegen ihrer Beschaffenheit nicht möglich ist, hat die Beklagte als gutgläubige Bereicherungsschuldnerin nach § 818 Abs. 2 BGB deren Wert zu ersetzen. Dessen Höhe richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem objektiven Verkehrswert des rechtsgrundlos Erlangten, somit hier nach der Miete, die auf dem örtlichen Markt für vergleichbare Objekte erzielt wird (Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194; BGHZ 132, 198, 207; 168, 220, 239).
- 50
- Neben diesem Anspruch auf Ersatz des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung ist ein Anspruch auf Herausgabe eines durch die Untervermietung evtl. erzielten Gewinns nicht gegeben. Mit der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des fehlgeschlagenen Mietvertrages im Wege der Leistungskondition sollen die gegenseitigen, von den Parteien aufgrund des unwirksamen Mietvertrages vorgenommenen Vermögensverschiebungen rückabgewickelt werden. Die Gewinne der Beklagten aus der Untervermietung beruhen jedoch nicht auf einer rückabzuwickelnden Leistung der Klägerin, sondern auf der eigenen vermögensmäßigen Disposition der Beklagten. Ihr stand es frei, den Bereicherungsgegenstand - die Gebrauchsüberlassung - selbst, gar nicht oder durch Untervermietung zu nutzen. Mit der Erstattung des objektiven Mietwerts für die Gebrauchsüberlassung wird erschöpfender Ersatz für den Wert des erlangten Gebrauchsvorteils geleistet (vgl. für bereicherungsrechtliche Ansprüche bei Verletzung gewerblicher Schutzrechte: BGHZ 82, 299, 307 f.; 99, 244, 248 f.).
- 51
- Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin auch nach Treu und Glauben daran gehindert gewesen wäre, von der Beklagten einen etwaigen Gewinn aus der Untervermietung herauszuverlangen, weil sie die Beklagte durch arglistige Täuschung zum Vertragsabschluss veranlasst hat.
- 52
- b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass verbrauchsunabhängige Nebenkosten grundsätzlich nicht nach Bereicherungsrecht verlangt werden könnten, weil es sich dabei nicht um Gebrauchsvorteile handele.
- 53
- Der nach § 818 Abs. 2 BGB zu ersetzende Wert der erlangten Gebrauchsvorteile bestimmt sich nach dem ortsüblichen Mietzins. Dieser beinhaltet in dem Umfang, in dem verbrauchsunabhängige Nebenkosten ortsüblich als Teil des Mietzinses mit vereinbart werden, auch diese Nebenkosten. Da bei der Geschäftsraummiete der vereinbarte Mietzins abweichend von der gesetzlichen Bestimmung in § 535 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB in der Regel die Grundmiete und verbrauchsunabhängige Nebenkosten enthält, spricht eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch im örtlichen Bereich der hier im Streit befindlichen Räume üblicherweise bestimmte verbrauchsunabhängige Nebenkosten vom Mieter zu tragen sind. Ob und in welchem Umfang dies hier der Fall ist, wird erforderlichenfalls durch Sachverständigengutachten festzustellen sein.
- 54
- c) Ferner sind, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, im Rahmen des Bereicherungsanspruchs der Klägerin die verbrauchsabhängigen Nebenkosten nur zu berücksichtigen, wenn der Vermieter sie konkret darlegt.
- 55
- Für die Jahre bis 2000, in denen die Klägerin Nebenkostenabrechnungen erteilt hat, ergeben sich die verbrauchsabhängigen Kosten hinreichend substantiiert aus den Abrechnungen, wenn die dort enthaltenen verbrauchsunabhängigen Kosten ortsüblich sind. Für die Jahre 2001 und 2002, für die die Klägerin keine Nebenkostenabrechnungen erstellt hat, hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verbrauchsabhängige Nebenkosten nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat konkrete Ansprüche insoweit nicht gel- tend gemacht. Das Berufungsgericht war auch nicht gehalten, sich aus Anlagen mögliche verbrauchsabhängige Kosten herauszusuchen.
- 56
- d) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei dem Bereicherungsanspruch der Klägerin die auf den Wertersatz entfallende Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht.
- 57
- Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt ein steuerbarer Umsatz vor, wenn ein Unternehmer im Inland eine Lieferung oder sonstige Leistungen im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Ob es sich bei dem Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB um nicht steuerbaren Schadenersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung des Wertersatzes mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht und damit ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Davon ist bei einem Wertersatzanspruch , der gemäß § 818 Abs. 2 BGB bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Mietvertrages entsteht, auszugehen. Denn er tritt im Rahmen der Abwicklung eines gegenseitigen Leistungsverhältnisses an die Stelle der vereinbarten Vergütung und ist deshalb umsatzsteuerpflichtig (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 142/95 - NZM 1998, 192, 194 f.; BGHZ 175, 118).
- 58
- 7. Das Berufungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kautionsbetrages aus ungerechtfertigter Bereicherung hat. Die Klägerin hat aufgrund des anfechtungsbedingten Wegfalls des Mietvertrages keinen Anspruch auf die Kaution.
- 59
- Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution erklärte Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzansprüchen wegen Ausübung der Verlängerungsoption durch die Beklagte für unbegründet gehalten. Ein vertraglicher Schadensersatzan- spruch scheidet, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, aus, nachdem der Mietvertrag aufgrund der Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Eine andere Rechtsgrundlage ist nicht gegeben.
- 60
- 8. Da es noch tatsächlicher Feststellungen dazu bedarf, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe auch verbrauchsunabhängige Kosten zur ortsüblichen Miete für vergleichbaren Gewerberaum gehören, ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 04.12.2002 - 2 O 240/00 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.03.2006 - 3 U 5/03 -
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte war Eigentümerin mehrerer Grundstücke am Ortsrand von I. , die mit einem "ländlichen Wohnhaus" bebaut waren und im übrigen als Weidefläche genutzt wurden. Die Weidefläche war von einem 1,3 m hohen Zaun umgeben; außerdem befanden sich auf dem Gelände zwei Blockhütten , die als Unterstände für die dort vom Vater der Beklagten gehaltenen
Schafe sowie zur Lagerung von Holz und Futtermitteln genutzt wurden. Der Zaun und die Hütten waren ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden.
Ende 1994 bot die Beklagte das Anwesen in einer Zeitungsanzeige mit dem Hinweis zum Kauf an, es handele sich um ein "Liebhaberobjekt", das "geeignet für Tierhaltung (für Pferde)" sei. Auf Grund dieser Anzeige besichtigten die Kläger das Anwesen. Sie kauften die Grundstücke mit notariellem Vertrag vom 9. Februar 1995 von der Beklagten zum Preis von 560.000 DM. In den Kaufvertrag wurde der Ausschluß der "Haftung für Fehler und Mängel" sowie die Erklärung der Beklagten aufgenommen, ihr sei von dem "Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt."
Unter dem 26. Oktober 1998 richtete der zuständige Landkreis eine Abrißverfügung für den Zaun und die beiden Blockhütten an die Kläger. Sie versuchten daraufhin ohne Erfolg, in einem Verwaltungsstreitverfahren die Aufhebung dieses Bescheids und eine Baugenehmigung für den Zaun und die Hütten zu erreichen.
Die Kläger sehen sich von der Beklagten arglistig getäuscht und fordern deren Verurteilung zur Zahlung von noch 691.682,90 DM als Schadensersatz Zug um Zug gegen Rückauflassung des Grundbesitzes, die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten sowie die Feststellung ihrer Ersatzpflicht für weitere Schäden. Der Beklagten sei, so das Vorbringen der Kläger, die formelle und materielle Baurechtswidrigkeit auch des Zauns schon seit 1994 nach einer Ortsbesichtigung durch das Bauordnungsamt bekannt gewesen. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, vor Vertragsschluß sei auf das
Fehlen einer Baugenehmigung für die Hütten hingewiesen und deren Abriß angeboten worden. Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht sie dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Hiergegen richtet sich die Revision, mit der die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht bejaht einen Schadensersatzanspruch der Kläger aus § 463 Satz 2 BGB a.F.; denn es sei davon auszugehen, daß die Beklagte die Baurechtswidrigkeit zwar nicht des Zaunes, wohl aber der Hütten arglistig verschwiegen habe. Daß eine Information über die Baurechtswidrigkeit der Hütten erfolgt sei, sei nach den Aussagen der Zeugen, die die Beklagte für die von ihr behauptete Aufklärung benannt habe, nicht erwiesen. Dieses Beweisergebnis wirke sich zu Lasten der Beklagten aus. Zwar sei es grundsätzlich Sache der Kläger, den gesamten Sachverhalt, aus dem Arglist folge, zu beweisen. Hier ergebe sich aber eine "abweichende Regelung" aus dem Inhalt des Kaufvertrages, der die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit begründe. Aus der in den Kaufvertrag aufgenommenen Erklärung der Beklagten, ihr sei "vom Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt", könne nur der Schluß gezogen werden, daß über die formelle Baurechtswidrigkeit der Unterstände nicht gesprochen worden sei. Eine über den Vertragsinhalt hinaus erfolgte Aufklärung müsse danach die Beklagte beweisen. Da die
Schadenshöhe noch nicht abschließend geklärt sei, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber trotz der gegenzurechnenden Nutzungsentschädigung ein Schaden verbleibe, könne zunächst ein Grundurteil ergehen.
Das hält einer revisionrechtlichen Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
II.
1. Das angefochtene Urteil leidet bereits an einem Verfahrensmangel, weil der Erlaß eines Grundurteils in der vorliegenden Fallkonstellation nicht zulässig ist.
a) Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich nicht nur um ein Grund-, sondern auch um ein Teilurteil. Gegenstand des Berufungsurteils sind nicht alle im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Anträge, vielmehr ist nur über den geltend gemachten Zahlungsanspruch dem Grunde nach entschieden worden. Das ergibt sich daraus, daß das Berufungsgericht lediglich geprüft hat, ob eine Wahrscheinlichkeit für irgendeinen Schaden gegeben ist, nicht hingegen, ob dies auch für eine Schadenshöhe gilt, die über den Zahlungsantrag hinausgeht und damit von dem Feststellungsantrag erfaßt wird. Zudem hätte über den hier geltend gemachten Feststellungsantrag auch nicht durch Grundurteil entschieden werden können (vgl. Senat, Urt. v. 20. Juli 2001, V ZR 170/00, NJW 2002, 302, 303 m.w.N.).
b) Als Teilurteil ist das Berufungsurteil unzulässig, weil mit ihm die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen verbunden ist. Über die Vor-
aussetzungen des Zahlungsanspruchs, der Gegenstand des Grundurteils ist, wird nämlich bei der Entscheidung über die Feststellungsanträge nochmals zu befinden sein. Insoweit besteht die Gefahr, daß das Gericht bei einem späteren Urteil - sei es auf Grund neuen Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung - abweichend entscheidet (Senat, Urt. v. 28. Januar 2000, V ZR 402/98, NJW 2000, 1405, 1406).
c) Es ist allerdings fraglich, ob dieser Mangel zu einer Aufhebung des Berufungsurteils führen kann. Die Beklagte hat den betreffenden Verfahrensfehler entgegen § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO nicht gerügt und es kann zumindest bezweifelt werden, daß den Klägern für ihre Gegenrüge die erforderliche Rügebefugnis (vgl. BGH, Urt. v. 10. März 1988, III ZR 267/85, BGHR § 554 Abs. 3 Nr. 3 b Rügebefugnis 1) zukommt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Unzulässigkeit eines Teilurteils - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - nur auf entsprechende Verfahrensrüge hin zu berücksichtigen (BGHZ 16, 71, 74; Senat, Urt. v. 22. März 1991, V ZR 16/90, NJW 1991, 2082, 2083; BGH, Urt. v. 17. Mai 2000, VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007). Ob an dieser Auffassung festgehalten werden kann, erscheint zweifelhaft (so auch bereits BGH, Urt. v. 12. Januar 1994, XII ZR 167/92, NJW-RR 1994, 379, 381). So steht etwa für das Grundurteil die Prüfung der Zulässigkeit von Amts wegen außer Frage (BGH, Urt. v. 27. Januar 2000, IX ZR 45/98, NJW 2000, 1572; Urt. v. 17. Februar 2000, IX ZR 436/98, NJW 2000, 1498, 1499); für eine unterschiedliche Behandlung des Teilurteils gibt es keinen überzeugenden Grund (vgl. MünchKommZPO /Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband, § 557 Rdn. 26; Stein/Jonas/ Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 559 Rdn. 17; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 557 Rdn. 16). Hierüber bedarf es aber im vorliegenden Fall ebensowenig einer
Entscheidung wie über die Frage einer Rügebefugnis der Kläger; denn das Berufungsurteil kann aus Gründen des materiellen Rechts ohnehin keinen Bestand haben.
2. Allerdings geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß vorliegend ein - vom Gewährleistungsausschluß nicht berührter (§ 467 BGB a.F.) - Schadensersatzanspruch der Kläger wegen eines arglistig verschwiegenen Fehlers (§ 463 Satz 2 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 5 EGBGB) in Betracht kommt. Hierbei ist es den Klägern möglich, den Kaufgegenstand zurückzuweisen und Ersatz des gesamten ihnen durch die Nichterfüllung entstehenden Schadens zu verlangen ("großer Schadensersatz", vgl. Senat, Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332, 1333).
a) Es kann einen Fehler im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB a.F. begründen , wenn sich auf dem verkauften Grundstück Bauwerke befinden, die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden sind (vgl. Senat, Urt. v. 7. Dezember 1984, V ZR 141/83, WM 1985, 230, 231 m.w.N.). Liegt in solchen Fällen auch keine rechtsverbindliche behördliche Erklärung vor, die den Käufern Bestandsschutz gewährleistet, so besteht der Sachmangel bereits darin, daß es ihnen an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehlt, das Objekt auf Dauer für den vertraglich vorausgesetzten Zweck nutzen zu können (vgl. Senat , Urt. v. 7. Dezember 1984, aaO). So liegen die Dinge hier. Die Kläger konnten auf Grund der im Angebot herausgestellten Eignung der Grundstücke und deren Beschaffenheit zum Zeitpunkt der Besichtigung davon ausgehen, daß ihnen für die beabsichtigte Tierhaltung auch die beiden Blockhütten zur Verfügung standen.
b) Auch eine Aufklärungspflicht der Beklagten, die für die Annahme ei- nes relevanten Verschweigens notwendig ist, hat das Berufungsgericht zutreffend bejaht. Eine solche Verpflichtung besteht regelmäßig nur bei nicht erkennbaren Umständen, die nach der Lebenserfahrung auf das Entstehen bestimmter Mängel schließen lassen, oder bei verborgenen, wesentlichen Mängeln (Senat, Urt. v. 23. März 1990, V ZR 233/88, NJW-RR 1990, 847, 848). Letzteres trifft für das Fehlen der Baugenehmigung für die beiden Blockhütten zu.
c) Für den Fall unterbliebener Aufklärung geht das Berufungsgericht ferner zu Recht von arglistigem Handeln der Beklagten aus. Arglistig handelt ein Verkäufer, wenn er den Fehler mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß sein Vertragspartner den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (Senat, Urt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550; Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332; Urt. v. 22. November 1996, V ZR 196/95, NJW-RR 1997, 270). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt; insbesondere wußte die Beklagte bereits auf Grund des an sie gerichteten Schreibens der Baubehörde vom 8. März 1994, daß für keine der beiden Blockhütten die erforderliche Baugenehmigung erteilt worden war.
d) Schließlich trifft die Ansicht des Berufungsgerichts zu, daß es Sache der Beklagten ist, den Beweis dafür zu führen, daß das arglistige Verschweigen des Fehlers für den Kaufentschluß der Kläger nicht ursächlich gewesen ist (vgl. Senat, Urt. v. 19. September 1980, V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46). Daß
das Berufungsgericht diesen Beweis für nicht erbracht hält, läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
3. Hingegen durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, daß eine Aufklärung der Kläger über die fehlende Baugenehmigung für die beiden Blockhütten unterblieben ist. Die Revision rügt zu Recht, daß dem Berufungsgericht ein Rechtsfehler insoweit unterlaufen ist, als es der Beklagten die Beweislast für die von ihr behauptete Aufklärung über die fehlende Baugenehmigung zugewiesen hat.
a) Nach dem Vorbringen der Beklagten soll der Kläger zu 1 bei der Besichtigung des Anwesens von ihrem Vater, dem Zeugen L. , darauf hingewiesen worden sein, daß für die Blockhütten Baugenehmigungen nicht erteilt seien. Trifft dies zu, so fehlt es auch gegenüber der Klägerin zu 2 an einem arglistigen Verschweigen; denn den Umständen nach war davon auszugehen , daß der Kläger zu 1 diese Information an seine Ehefrau weitergeben wird, weshalb zumindest arglistiges Handeln nicht mehr gegeben wäre.
b) Wie bereits in dem Beschluß des Senats vom 31. Oktober 2002 (WM 2003, 259) über die Zulassung der Revision ausgeführt, hat das Berufungsgericht nicht etwa festgestellt, daß die behauptete Aufklärung unterblieben sei. Es geht - was Rechtsfehler nicht erkennen läßt - vielmehr davon aus, daß die behauptete Unterrichtung über die Baurechtswidrigkeit nicht erwiesen ist. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Beklagten getroffen. Hierbei hat es zwar im Ansatz nicht verkannt, daß der Käufer, weil er bei § 463 Satz 2 BGB a.F. die Darlegungs- und Beweislast für den gesamten Arglisttatbestand trägt, auch vorzutragen und nach-
zuweisen hat, daß der Verkäufer ihn nicht gehörig aufklärte (Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65). Das Berufungsgericht hat jedoch diese Beweislastregel fehlerhaft angewandt. Entgegen seiner Auffassung ist es wegen der in der Kaufvertragsurkunde enthaltenen Erklärung der Beklagten, ihr sei "vom Vorhandensein wesentlicher unsichtbarer Mängel nichts bekannt", nicht gerechtfertigt, von dem geschilderten Grundsatz abzuweichen und den Verkäufer mit dem Nachweis zu belasten, daß eine Unterrichtung des Käufers über aufklärungsbedürftige Mängel des Kaufobjekts tatsächlich erfolgt ist.
aa) Das Berufungsgericht hält die von der Beklagten behauptete Aufklärung für unvereinbar mit der in der Vertragsurkunde beanspruchten fehlenden Kenntnis von unsichtbaren Mängeln. Ersichtlich läßt es sich von der Überlegung leiten, daß niemand über einen ihm selbst nicht bekannten Umstand unterrichten kann. Hieraus folgert das Berufungsgericht, daß nach dem Inhalt der notariellen Urkunde eine Information der Kläger unterblieben ist. Im Anschluß daran weist es - wegen der für die Urkunde streitenden Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit - der Beklagten die Beweislast für eine gleichwohl erfolgte Aufklärung zu.
bb) Diese Argumentation ist schon im Ansatz verfehlt. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß sich die Erklärung mangelnder Kenntnis überhaupt auf den baurechtswidrigen Zustand bezog. Zwingend ist das keineswegs; denn waren - wie von der Beklagten behauptet - die Kläger vor Vertragsschluß bereits informiert, so liegt es doch nahe, daß die Beklagte insoweit nicht länger von einem "unsichtbaren" Mangel ausging. Die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts auf eine nach dem Inhalt der Urkunde
unterbliebene Aufklärung ist mithin nicht möglich. Aber selbst wenn das fehlerhafte Zwischenergebnis hingenommen wird, durfte das Berufungsgericht zur Begründung der von ihm auf dieser Grundlage angenommenen Beweislastumkehr nicht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit notarieller Urkunden heranziehen. Sie erstreckt sich nämlich nur auf die vollständige und richtige Wiedergabe der getroffenen Vereinbarungen. Dagegen gilt sie nicht für eine etwa erteilte Information; denn eine solche bedarf nicht der notariellen Beurkundung und nimmt daher an der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der notariellen Urkunde nicht teil (Senat, Urt. v. 1. Februar 1985, V ZR 180/83, WM 1985, 699, 700; Urt. v. 20. Juni 1986, V ZR 158/85, BGHR § 313 Satz 1 BGB Vollständigkeitsvermutung 1). Der Vertragsinhalt hätte in dieser Hinsicht - wäre die Schlußfolgerung des Berufungsgerichts möglich gewesen - allenfalls eine mehr oder minder große indizielle Bedeutung für die den Klägern obliegende Beweisführung erlangen können (vgl. Senat, Urt. v. 20. Juni 1986, V ZR 158/85, aaO).
c) Das angefochtene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat vermag in der Sache nicht selbst zu entscheiden, weil der Rechtsstreit auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht ist - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - dem Beweisangebot der Kläger auf Vernehmung der Zeugin S. nicht nachgegangen. Die Zeugin ist zu der Behauptung benannt worden, daß bei der von den Zeugen L. und L. -S. geschilderten Unterredung, die am 11. Dezember 1995 stattgefunden habe, nicht über die beiden Blockhütten gesprochen worden sei. Diese Behauptung ist erheblich; denn unter diesen Um-
ständen kann die von der Beklagten vorgetragene und von den beiden Zeugen bestätigte Information über die fehlende Baugenehmigung nicht stattgefunden haben. Die Kläger müssen, um ihrer Darlegungs- und Beweislast zu genügen,
nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen; es reicht vielmehr aus, daß sie die von der Beklagten vorgetragene konkrete Unterrichtung widerlegen (vgl. Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, aaO). Das Berufungsgericht wird demnach dem Beweisangebot der Kläger nachgehen müssen.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. Dezember 2005 kauften die Klägerin und ihr damaliger Lebensgefährte von dem Beklagten eine von diesem sanierte Dachgeschosswohnung zum Preis von 90.000 €. Die Haftung für Sachmängel war ausgeschlossen. Als die Klägerin die Wohnung im Jahr 2009 verkaufen wollte, stellte sich heraus, dass für die Wohnung und den dazu gehörenden Balkon keine Baugenehmigung vorlag. Ein von der Ehefrau des Beklagten gestellter Bauantrag war bereits im Februar 2000 zurückgewiesen worden, wovon der Beklagte jedoch keine Kenntnis erlangt haben will. Ob das Dachgeschoss vor der Sanierung als Wohnung genutzt worden war, ist streitig.
- 2
- Mit Schreiben vom 27. März 2009 forderten die Käufer den Beklagten auf, bis zum 15. April 2009 Baugenehmigungen beizubringen. Darauf ging der Beklagte nicht ein, sondern verwies mit Schreiben vom 15. April 2009 lediglich darauf, dass nur Wohnraum saniert und modernisiert, nicht aber in die Statik eingegriffen worden sei; gleiches gelte für die Balkone. Im Übrigen sei das Dachgeschoss bereits früher bewohnt gewesen. Mit Schreiben vom 17. April 2009 erklärten die Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag, forderten den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises bis zum 25. April 2009 auf und boten an, Erklärungen für die Rückauflassung abzugeben.
- 3
- Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 22. Juni 2009 untersagte das Bauamt gänzlich die Nutzung zu Wohnzwecken, hob diese Untersagung aber später hinsichtlich des Balkons wieder auf und erteilte schließlich am 23. September 2009 eine Baugenehmigung unter Auflagen. Den der Genehmigung zugrundeliegenden Bauantrag nahm der Beklagte allerdings nach Widerspruchseinlegung zurück.
- 4
- Die Klägerin erstrebt aus eigenem Recht und in Prozessstandschaft für ihren früheren Lebensgefährten die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Hierzu verlangt sie Zahlung von 102.490,28 € Zug um Zug gegen Rückauflassung der Eigentumswohnung. Darüber hinaus fordert sie (weiteren) Schadensersatz in Höhe von 3.547,03 € und beantragt die Feststellung des Annahmeverzuges. Sie behauptet, der Beklagte habe das Fehlen der Baugenehmigung arglistig verschwiegen. Von der Richtigkeit dieser Behauptung hat sich das Landgericht überzeugt und auf dieser Grundlage die Klageanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dem ist das Oberlandesgericht im Ergebnis gefolgt. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht bejaht die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils. Begründet sei die Klage dem Grunde nach, weil das Fehlen einer notwendigen Baugenehmigung einen Sachmangel darstelle, den der Beklagte arglistig verschwiegen habe (§ 444 BGB). Ob die bestandskräftige Untersagungsverfügung zu Recht ergangen sei und ob die von dem Beklagten ausgeführten Baumaßnahmen genehmigungsbedürftig gewesen seien, hätten die Zivilgerichte nicht zu prüfen; im Übrigen zeige die später erteilte Baugenehmigung , dass von einem genehmigungsbedürftigen Tatbestand auszugehen sei. Arglist sei dem Beklagten vorzuwerfen, weil diese in Anlehnung an die zur Bankenhaftung entwickelten Grundsätze schon dann gegeben sei, wenn sich dem Verkäufer einer Immobilie aufklärungspflichtige Tatsachen nach den Umständen des Einzelfalles zumindest hätten aufdrängen müssen. Weigere sich - wie hier - der Verkäufer, von solchen Umständen und der sich ebenfalls aufdrängenden Bedeutung für den Käufer Kenntnis zu nehmen, müsse diespositivem Wissen gleichstehen.
II.
- 6
- Die Revision ist begründet.
- 7
- 1. In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt die Revision zu Recht, dass bei einer nicht bezifferten Feststellungsklage der Erlass eines Grundurteils von vornherein ausscheidet (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, NJW 2001, 155; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 304 Rn. 3; vgl. auch Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 49; jeweils mwN).
- 8
- 2. Materiellrechtlich nimmt das Berufungsgericht zu Unrecht an, dem Beklagten sei die Berufung auf den vereinbarten Haftungsausschluss nach § 444 BGB versagt. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen lässt sich weder das Vorliegen eines (aufklärungspflichtigen) Sachmangels noch ein darauf bezogenes arglistiges Verschweigen bejahen.
- 9
- a) Eine fehlende Baugenehmigung stellt regelmäßig einen Sachmangel des veräußerten Wohnungseigentums dar (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2381), weil die Baubehörde die Nutzung der Wohnung jedenfalls bis zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung untersagen kann, und zwar unabhängig von der Frage, ob eine Genehmigung unter Zulassung einer Ausnahme hätte erteilt werden können (vgl. nur Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, BGHZ 114, 260, 262). Dabei besteht der Sachmangel bereits darin, dass es an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehlt, das Objekt für den vertraglich vorausgesetzten Zweck zu nutzen. Die Frage , ob bauliche Veränderungen überhaupt genehmigungsbedürftig sind, haben die Zivilgerichte als Vorfrage der Fehlerhaftigkeit der Kaufsache zu beantworten (vgl. nur Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, aaO, S. 261).
- 10
- Allerdings kommt es für die Frage des Sachmangels auf die Genehmigungsbedürftigkeit ausnahmsweise dann nicht an, wenn die Behörde bereits bei Gefahrübergang als dem auch bei Arglist nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. nur MünchKomm-BGB/Westermann, 6. Aufl., § 434 Rn. 51; Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Auflage, § 434 Rn. 8; ebenso zum früheren Recht Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 73/90, aaO, S. 262) eine rechtsverbindliche Entscheidung dazu getroffen hat, ob der nach dem Kaufvertrag vorausgesetzten Nutzung öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 1988 - V ZR 125/87, WM 1988, 1449, 1451). Gewährleistet eine solche Entscheidung dem Käufer Bestandsschutz, scheidet ein Sachmangel aus (vgl. Senat, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2381). Liegt bei Gefahrübergang eine Nutzungsuntersagung vor, ist das Kaufobjekt ohne weiteres mit einem Sachmangel behaftet. Solche Ausnahmetatbestände liegen hier indessen nicht vor. Da die Nutzungsuntersagungsverfügung erst nach Gefahrübergang ergangen ist, hängt die Annahme eines Sachmangels davon ab, ob die von dem Beklagten vorgenommenen baulichen Veränderungen im Zeitpunkt des Gefahrübergangs genehmigungsbedürftig waren. Diese Frage haben die Zivilgerichte in eigener Verantwortung - ohne Bindung an einen erst später ergangenen baubehördlichen Bescheid - zu beantworten. Ausreichende Feststellungen zur Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - jedoch nicht getroffen.
- 11
- b) Revisionsrechtlich zu beanstanden sind auch die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Arglist.
- 12
- aa) Diese setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zumindest Eventualvorsatz voraus (so etwa Senat, Urteil vom 15. Juni 2012 − V ZR 198/11, NJW 2012, 2793; vgl. auch MünchKomm-BGB/Westermann , aaO, § 438 Rn. 26; jeweils mwN); leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt dagegen nicht (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, ZfIR 2012, 463, 465 f. Rn. 24 u. 28). Ein arglistiges Verschweigen ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (so etwa Senat, Urteil vom 10. Juni 1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990; vgl. auch Krüger in Krüger /Hertel, Der Grundstückskauf, 10. Aufl., Rn. 35 u. 1003 ff.; jeweils mwN).
- 13
- bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt es dagegen nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen, weil dann die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt würde.
- 14
- (1) Der Senat hat bereits entschieden, dass selbst ein bewusstes Sichverschließen nicht den Anforderungen genügt, die an die Arglist zu stellen sind (Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). Eine Gleichstellung mit der Kenntnis kommt lediglich in Betracht, soweit es bei bestimmten Tatbestandsmerkmalen um eine rechtliche (Gesamt-)Bewertung von Tatsachen geht. So erfordert etwa die Kenntnis davon, nicht zum Besitz berechtigt zu sein (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder etwas rechtsgrundlos empfangen zu haben (§ 819 Abs. 1 BGB), nicht nur das Wissen um die tatsächlichen Umstände, aus denen auf die Nichtberechtigung zu schließen ist, sondern auch die Kenntnis dieser Rechtsfolge selbst (zu § 819 Abs. 1 BGB vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - XII ZR 119/91, BGHZ 118, 383, 392 mwN; zu § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1960 - II ZR 125/58, BGHZ 32, 76, 92). Die Kenntnis der Tatsachen ist dabei stets nötig. Sie kann keinesfalls durch wertende Überlegungen ersetzt werden. Nur hinsichtlich des Schlusses von der Tatsachenkenntnis auf die Einschätzung der Rechtslage - in den Beispielen der Mangel des rechtlichen Grundes und die fehlende Besitzberechtigung - kommt eine Abmilderung des Erkenntnisgrades in Betracht. Um eine solche rechtliche Gesamtbewertung geht es bei § 444 BGB jedoch nicht. Bei der Frage der Arglist ist allein entscheidend, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände kennt (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, aaO, mwN), mögen diese auch im Einzelfall - wie hier die revisionsrechtlich zu unterstellende Genehmigungsbedürftigkeit - einen normativen Gehalt aufweisen. Liegt diese Kenntnis zumindest in der Form des Eventualvorsatzes vor, ist es unerheblich , ob der Verkäufer daraus den Schluss auf einen Sachmangel zieht (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, aaO; Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 1005).
- 15
- (2) Nichts anderes lässt sich aus der von dem Berufungsgericht ins Feld geführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. April 2008 - XI ZR 221/07, WM 2008, 1121, 1122 f. Rn. 16 ff.; Urteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 318/09, WM 2010, 1448, 1450 Rn. 10) zur Haftung von Banken im Zusammenhang mit der Finanzierung sittenwidrig überteuerter Grundstückskäufe herleiten. Auch diese Haftung setzt nämlich Kenntnis sämtlicher Tatsachen voraus; nur hinsichtlich der Gesamtbewertung dieser Umstände reicht es aus, dass sich der Bank die sittenwidrige Übervorteilung aufdrängen musste (vgl. insbesonde- re BGH, Urteil vom 29. April 2008 - XI ZR 221/07, aaO, S. 1123 Rn. 22). Das ist mit der Rechtslage bei § 990 Abs. 1 Satz 2 und § 819 Abs. 1 BGB vergleichbar, lässt sich nach dem oben Gesagten aber nicht auf die subjektiven Voraussetzungen der Arglist übertragen.
- 16
- (3) Gemessen daran ist das Berufungsurteil auch insoweit rechtsfehlerhaft. Dass der Beklagte den Sachmangel gekannt oder ihn wenigstens für möglich gehalten hat, hat das Berufungsgericht - anders als das Landgericht - nicht festgestellt; es hat dies andererseits aber auch nicht verneint.
- 18
- 4. Der Rechtsstreit ist nicht im Sinne des Beklagten nach § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung reif. Soweit die Revision rügt, die bis zum 15. April 2009 eingeräumte Frist zur Beibringung der Baugenehmigungen sei zu knapp bemessen gewesen, übersieht sie, dass der Käufer dem arglistig handelnden Verkäufer in aller Regel überhaupt keine Gelegenheit zur Nachbesserung geben muss (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, WM 2007, 1076, 1077 f.; Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, BGHZ 188, 43, 50). Gewährt der Käufer gleichwohl eine Frist zur Nachbesserung, führt dies nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) lediglich dazu, dass er eine fristgemäß erbrachte Nachbesserung, an der es hier fehlt, gelten lassen muss (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, WM 2010, 2129, 2130). Der Käufer darf sich nicht in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen. Zu einem weiteren Entgegenkommen ist er dem arglistig täuschenden Verkäufer gegenüber grundsätzlich nicht gehalten.
- 19
- 5. Nach allem ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
- 20
- 6. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung wird auf Folgendes hingewiesen :
- 21
- a) Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher tatsächlicher Umstände, die ein arglistiges Verschweigen begründen (dazu und zur sekundären Darlegungslast in bestimmten Konstellationen Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, aaO, S. 47 ff.).
- 22
- b) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, wonach es in den Jahren 1999/2000 zum Allgemeinwissen der Bürger in den neuen Bundesländern gehört habe, dass umfangreiche Bauarbeiten und Veränderun- gen an Gebäuden „genehmigungspflichtig sein können“.Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 26. April 1991 (V ZR 73/90, BGHZ 114, 260, 262 f.) nichts anderes. In dieser Entscheidung ist der Senat lediglich der zu weit gehenden Annahme entgegen getreten, nach der Lebenserfahrung „wisse“auch ein Laie um die Notwendigkeit einer behördli- chen Genehmigung für die Umgestaltung eines Trockenspeichers zu Wohnzwecken. Im Rahmen einer erneuten Beweiswürdigung zur Arglist wird das Berufungsgericht jedoch ggf. zu beachten haben, dass der Schluss auf einen Eventualvorsatz zwar nicht allein aufgrund des festgestellten Allgemeinwissens, jedoch durchaus bei Hinzutreten weiterer Umstände gerechtfertigt sein kann.
- 23
- c) Soweit in dem Rechtsstreit mit der Saldotheorie argumentiert worden ist, erscheint dies schon deshalb nicht tragfähig, weil die aus dieser Theorie folgenden Beschränkungen nicht zu Lasten des arglistig Getäuschten eingreifen (vgl. nur BGH, Urteil vom 6. August 2008 - XII ZR 67/06, BGHZ 178, 16, 31; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 818 Rn. 49 f.).
Roth Brückner
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 18.01.2011 - 3 O 175/09 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 08.12.2011 - 3 U 16/11 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten für 85.000 € ein Hausgrundstück unter Ausschluss der "Gewähr für Fehler und Mängel". Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den Beklagten war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade Asbestzementplatten verarbeitet wurden. Sie teilten dies den Klägern jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der Asbestbelastung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forderten die Kläger die Beklagten erfolglos unter Fristsetzung auf, die Fassade im Wege der Nacherfüllung zu sanieren.
- 2
- Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe der von ihnen mit 38.455,34 € veranschlagten Sanierungskosten sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz weiterer - derzeit noch nicht bezifferbarer - Schäden verpflichtet sind. Die Beklagten bestreiten eine Einstandspflicht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das diese Entscheidung bestätigende Berufungsurteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts hat der Senat mit Revisionsurteil vom 27. März 2009 (V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 ff.) aufgehoben. Er hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Berufung erneut - nunmehr durch den 16. Zivilsenat - zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht erblickt in der Verwendung der asbesthaltigen Fassadenplatten zwar einen aufklärungspflichtigen Sachmangel, geht jedoch davon aus, dass die Kläger für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung beweisfällig geblieben sind. Eine Täuschung durch aktives Tun lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Im Übrigen erscheine es auch nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt. Mit Blick auf die Verneinung einer arglistigen Täuschung durch Verschweigen hätten die Kläger darüber hinaus nicht bewiesen, dass sie von den Beklagten über die verbauten Asbestplatten nicht aufgeklärt worden seien. Der als Zeuge vernommene Makler habe glaubhaft bekundet, den Klägern seien vor Vertragsschluss die Finanzierungsunterlagen ausgehändigt worden , mit denen sie noch am selben Tage zu ihrem Finanzdienstleister gefahren seien. Bestandteil dieser Unterlagen sei die Baubeschreibung gewesen, aus der die Verwendung der Asbestplatten - auch für die Kläger - ohne weiteres ersichtlich gewesen sei.
II.
- 4
- Die Revision ist begründet.
- 5
- 1. Allerdings greift nicht schon die auf die Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf den absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO gestützte Verfahrensrüge durch. Dass nunmehr - anders als in dem ersten Berufungsverfahren - nicht mehr der 8. Zivilsenat, sondern der 16. Zivilsenat des Berufungsgerichts über die Berufung entschieden hat, ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Welcher Spruchkörper in solchen Fällen zuständig ist, bestimmt sich nach der Geschäftsverteilung des Berufungsgerichts (vgl. nur RG, JW 1924, 965; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 563 Rn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., Rn. 5). Trotz der Einheitlichkeit des Berufungsverfahrens bildet das durchgeführte Revisionsverfahren eine Zäsur, vor deren Hintergrund Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG weder eine personelle Identität der erkennenden Richter noch eine solche des Spruchkörpers verlangt.
- 6
- Die Auslegung eines Geschäftsverteilungsplanes ist nur bei Willkür zu beanstanden (vgl. nur Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 547 ZPO Rn. 2a). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Nach II. 16. Zivilsenat Nr. 7 des Geschäftsverteilungsplanes des Berufungsgerichts für das Jahr 2009 (GVP) war für Entscheidungen über "Ansprüche aus entgeltlichen Veräußerungsverträgen über Grundstücke gegen Beklagte mit den Anfangsbuchstaben A bis M" der 16. Zivilsenat zuständig. Entgegen der Auffassung der Revision folgt nichts anderes aus der der Regelung in I.C.4. GVP, wonach im Falle der Zurückverweisung an einen "anderen nicht benannten Zivilsenat" der Vertretersenat des Senats zuständig ist, dessen Urteil aufgehoben wurde. Einen Gegenschluss dahin, im Übrigen bleibe stets der im ersten Berufungsverfahren mit der Sache befasst gewesene Senat zuständig, musste das Berufungsgericht daraus nicht ziehen. Denn im Eingangssatz der Bestimmung zu I.C. GVP heißt es unzweideutig, dass vorrangig die rechtliche Natur des Klageanspruches maßgebend ist.
- 7
- Bestätigt wird dies ferner dadurch, dass sich auch in den Fällen des Sachzusammenhangs die Spezialzuständigkeit gegenüber einer Vorbefassung durchsetzt. Von dem nach I.F.1.a Satz 1 GVP bestehenden Vorrang der Vorbefassung ausgenommen sind nämlich nach Satz 3 Sachen "aus einem Spezialgebiet , für das dieser Senat - losgelöst von Gerichtsbezirken und/oder Anfangsbuchstaben - nicht oder nicht mehr zuständig ist". Dabei soll durch die Parenthese lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass bei fortbestehender Spezialzuständigkeit für ein Rechtsgebiet die Änderung der Zuständigkeit nur nach Buchstaben oder Gerichtsbezirken bedeutungslos sein soll. Vorliegend ist der 8. Zivilsenat indessen für das hier in Rede stehende Sachgebiet überhaupt nicht mehr zuständig.
- 8
- 2. In der Sache hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.
- 9
- a) Gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, eine aktive Täuschung hätten die Kläger nicht bewiesen, erhebt die Revision allerdings keine Rügen.
- 10
- b) Zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass die asbesthaltige Fassadenverkleidung einen - offenbarungspflichtigen - Sachmangel begründet (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 207 ff.). Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des Senats eine Pflicht zur Offenbarung aus, wenn es sich - anders als hier - um einen der Besichtigung zugänglichen und damit ohne weiteres erkennbaren Mangel handelt (vgl. nur Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34; Urteil vom 8. April 1994 - V ZR 178/92, NJW-RR 1994, 907; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rn. 731 ff. mwN). Indessen schließt die Möglichkeit, sich Kenntnis anderweit - etwa aus übergebenen Unterlagen - zu verschaffen, die Pflicht zur Offenbarung nicht von vornherein aus.
- 11
- Ein verständiger und redlicher Verkäufer darf davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist. Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich Kenntnis von einem Mangel des Kaufobjekts zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit nicht ohne weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen, aus denen sich die Mangelhaftigkeit der Sache ergibt, ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen als Grundlage seiner Kaufentscheidung durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein verständiger und redlicher Verkäufer nicht ohne weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen auf Mängel des Kaufobjektes hin durchsehen wird. Es ist daher irrelevant, dass die Asbestverwendung der ersten Seite der Baubeschreibung zu entnehmen ist. Davon abgesehen haben auch die Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen Kenntnis von der Asbestverwendung nicht aus der Baubeschreibung erlangt.
- 12
- c) Die Verpflichtung zur Offenbarung haben die Beklagten nicht erfüllt. Zwar trägt der Käufer - so die Vertragsparteien wie hier einen Haftungsausschluss vereinbart haben - nach § 444 BGB grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen (Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742; zu § 463 Satz 2 BGB aF vgl. auch Senat, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 152/86, NJW-RR 1987, 1415; Beschluss vom 31. Oktober 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 754, 755), wozu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört (Senat, Urteil vom 7. März 2003 - V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990 mwN; Krüger in Krüger/Hertel, aaO, Rn. 742). Nicht bedacht hat das Berufungsgericht jedoch, dass es sich bei der behaupteten unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt und dem Käufer bei dieser Sachlage Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute kommen. Er muss lediglich die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen (Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., vor § 284 Rn. 24 mwN).
- 13
- Gemessen daran fehlt es vorliegend bereits an konkretem Vorbringen der Beklagten dazu, dass die Kläger auf die Verwendung von Asbest hingewiesen worden sind. Die Behauptung, sie seien davon ausgegangen, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder durch die noch in dem Haus wohnende Schwiegermutter erlangt hätten, genügt hierfür ersichtlich nicht. Ebensowenig ist die Offenbarungspflicht der Beklagten durch die Übergabe der die Baubeschreibung enthaltenden Finanzierungsunterlagen erfüllt worden. Gegen die Qualifizierung der Übergabe der Unterlagen als Erfüllungshandlung sprechen dieselben Erwägungen, die der Verneinung einer Aufklärungspflicht entgegenstehen (oben II.2.b)).
- 14
- d) Soweit das Berufungsgericht eine arglistige Täuschung zudem mit der Begründung verneint, es erscheine nachvollziehbar, dass die Beklagten davon ausgegangen seien, die Kläger hätten infolge der Information seitens des Maklers bereits Kenntnis von der Asbesthaltigkeit gehabt, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich zwar nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Zöller /Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 546 Rn. 9 mwN), in diesem Rahmen aber zu beanstanden. Zwar dürfte dieser Erwägung der zutreffende Obersatz zugrunde liegen , wonach Arglist neben der Kenntnis des Mangels voraussetzt, dass der Verkäufer weiß oder zumindest für möglich hält, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (vgl. nur Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835 Rn. 8 mwN). Die Revision rügt jedoch zu Recht, dass diese Würdigung des Berufungsgerichts substanzlos im Raum steht (§ 286 ZPO). Offenbar knüpft das Berufungsgericht mit dieser Erwägung an die zuvor wiedergegebene Bekundung des Beklagten zu 1 an, wonach es für die Beklagten klar gewesen sei, dass die Kläger Kenntnis von der Asbesthaltigkeit der Fassade durch den Makler oder die noch im Haus wohnenden Schwiegermutter erlangt hätten. Mit Tatsachen untermauert wird diese Erwägung jedoch nicht einmal ansatzweise. Dass das Berufungsgericht die Ein- lassung der Beklagten gleichwohl für nachvollziehbar hält, ist unter keinem rechtlichen Gesichtpunkt haltbar. Auf der Grundlage der festgestellten Umstände lässt sich dieser Schluss nicht ziehen. Auch die Revisionserwiderung verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, das diesen Schluss plausibel machen könnte. Zu diesbezüglichem Vortrag wären die Beklagten jedoch gehalten gewesen.
- 15
- Allerdings gilt auch für den subjektiven Tatbestand der Arglist, dass grundsätzlich der Käufer die Darlegungs- und Beweislast trägt (oben II.2.c)). Dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht ohne weiteres zu Beweiserleichterungen (vgl. nur Zöller/Greger, aaO, vor § 284 Rn. 24a). In Konstellationen der vorliegenden Art tritt jedoch die Besonderheit hinzu, dass hinsichtlich der unterbliebenen Offenbarung Beweiserleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast eingreifen und es deshalb dem Verkäufer obliegt, die Erfüllung der Offenbarungspflicht in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizieren (dazu oben II.2.c)). Legt der Verkäufer diese Erfüllung nicht dar, behauptet er aber gleichwohl, er sei davon ausgegangen, dass der Käufer aufgeklärt worden sei, gilt mit Blick auf die Darlegungslast nichts anderes. Dass der Verkäufer zumindest für möglich halten muss, dass der Käufer den Mangel nicht kennt, bildet lediglich die für den Arglisttatbestand erforderliche subjektive Seite der objektiv unterlassenen Offenbarung, so dass eine unterschiedliche Verteilung der Darlegungslast nicht sachgerecht erscheint. Daher ist es ebenfalls Sache des Verkäufers, diejenigen Umstände in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu konkretisieren, aufgrund deren er trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel gehabt. Daran fehlt es hier. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die Anhörung des Beklagten zu 1 in der Berufungsverhandlung vom 9. Juli 2009 verwiesen hat, erfüllt auch das dortige - vage - Vorbringen nicht die Anforderungen , die an einen hinreichend spezifizierten Sachvortrag zu stellen sind.
- 16
- 3. Da das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen richtig ist, unterliegt es der Aufhebung (§ 562 ZPO). Der Rechtsstreit ist teilweise zur Endentscheidung reif, weil die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB dem Grunde nach gegeben und hierzu keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt dazu, dass auf die Zahlungsklage ein (Teil-)Grundurteil und mit Blick auf den Feststellungsantrag ein Teilurteil zu erlassen ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 2009 - XII ZR 77/06, BGHZ 182, 116, 121; Zöller/Vollkom-mer, aaO, § 304 Rn. 3; jeweils mwN). Die prozessualen Anforderungen nach § 304 Abs. 1 und § 301 i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Insbesondere ist es zumindest wahrscheinlich, dass der Zahlungsanspruch in irgendeiner Höhe besteht. Im Übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses zur Schadenshöhe die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen treffen kann.
- 17
- Die Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB liegen dem Grunde nach vor. Das Kaufobjekt ist - wie bereits dargelegt - mit einem offenbarungspflichtigen Sachmangel behaftet. Der vereinbarte Haftungsausschluss entfaltet keine Wirkungen, weil die Beklagten den Mangel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB). Diese hatten unstreitig Kenntnis von der Asbestverwendung. Da ihnen bereits ein Kaufinteressent wegen der verbauten Asbestzementplatten abgesprungen war, wussten sie auch, dass dies ein Umstand war, der für einen verständigen Käufer von kaufentscheidender Bedeutung war. Auf der Grundlage der obigen Erörterungen ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Beklagten die Unkenntnis der Kläger von dem Mangel zumindest für möglich gehalten haben. Ihre gegenteilige Behauptung haben sie nicht konkretisiert , so dass die Kläger nicht gehalten waren, das vage Vorbringen der Be- klagten auszuräumen (dazu oben zu II.2.d)). Die erfolglose Setzung einer Frist zur Nachbesserung ist bei Arglist in der Regel entbehrlich (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 Rn. 10 ff. mwN). Davon abgesehen haben die Kläger die Beklagt en erfolglos unter Fristsetzung zur Nacherfüllung aufgefordert. Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger Kenntnis von dem Mangel unabhängig von einer dem Verkäufer zurechenbaren Aufklärung erlangt haben. Solche Umstände vorzutragen und unter Beweis zu stellen, hätte den Beklagten als Verkäufer obgelegen (§ 442 Abs. 1 Satz 1 BGB). Grob fahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis bei Arglist des Verkäufers schon nicht gleich (§ 442 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Roth Brückner
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.09.2009 - 16 U 61/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 17. September 1993 kaufte der Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten für 200.000 DM ein Grundstück, auf dem deren Rechtsvorvorgänger, ein VEB, einen metallverarbeitenden Betrieb unterhalten hatte. Die Gewährleistung für Sachmängel, auch für Altlasten, wurde ausgeschlossen. Wegen des Kaufpreises unterwarf sich der Kläger in der Vertragsurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung.
Wie die Verkäuferin wußte, war das Grundstück in erheblichem Maße durch Mineralkohlenwasserstoffe verunreinigt, die beim Betrieb der Metallver-
arbeitung in den Boden des Hauptgebäudes und in den darunter liegenden Graben gelangt waren. Ob der Kläger hierüber vor dem Kauf oder bei Vertragsschluß aufgeklärt worden ist, ist unter den Parteien streitig.
Nach den von dem Kläger in Auftrag gegebenen Gutachten von Juli/ August 1997 sind erhebliche Sanierungskosten zu erwarten. Die Schätzungen belaufen sich auf etwa 270.000 DM bis etwa 480.000 DM.
Am 5. Mai 1998 focht der Kläger den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Seiner Klage auf Erklärung der Zwangsvollstreckung als unzulässig hat das Landgericht stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen einer Anfechtung nach §§ 123, 142 BGB nicht für gegeben. Es fehle an einer Täuschungshandlung, weil eine Aufklärung über Mängel, die einer Besichtigung zugänglich bzw. ohne weiteres erkennbar seien, vom Käufer nicht erwartet werden könne. So lägen die Dinge hier, da der Kläger bei Anwendung der im eigenen Interesse zu erwartenden Sorgfalt habe erkennen können, daß ein Altlastenverdacht bestehe. Im Rahmen einer "ordnungsgemäßen Besichtigung" habe er die Ölverschmutzungen erkennen können, auf die verschiedene Indizien (Färbung des Beton-
fußbodens, Ölspuren an der Wand, Geruchsbildung) hingewiesen hätten. Angesichts dessen könne es dahingestellt bleiben, ob die Verkäuferin den Kläger vor Abschluß des Kaufvertrages auf das Vorhandensein der Altlasten oder zumindest auf den bestehenden Altlastenverdacht hingewiesen habe.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht verkennt nicht, daß den Verkäufer eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände trifft, die für die Entschließung des Käufers von entscheidender Bedeutung sind und deren Mitteilung dieser nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (st. Senatsrechtspr., Urt. v. 2. März 1979, V ZR 157/77, NJW 1979, 2243; Urt. v. 25. Juni 1982, V ZR 143/81, WM 1982, 960 m.w.N.). Es geht ferner zutreffend davon aus, daß bei einem Grundstücksverkauf die Kontaminierung des Grundstücks mit Altölrückständen einen solchen offenbarungspflichtigen Umstand darstellt und daß der Verkäufer arglistig handelt, wenn er diesen Umstand verschweigt, obwohl er ihn kennt oder ihn jedenfalls für möglich hält und dies in Kauf nimmt (s. nur Senat, Urt. v. 10. Juni 1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990). Schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Mängel der Kaufsache verneint, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei einer im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (vgl. nur Senat, BGHZ 132, 30, 34).
2. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze im konkreten Fall aber nicht fehlerfrei angewendet.
a) Es unterscheidet schon nicht ausreichend zwischen dem offenbarungspflichtigen Umstand eines Altlastenverdachts und dem einer vorhandenen Kontaminierung. Sind dem Verkäufer Altlasten bekannt, genügt er seiner Aufklärungspflicht nicht dadurch, daß er dem Käufer von einem bloßen Altlastenverdacht Mitteilung macht. Der Käufer kann vielmehr erwarten, daß er über eine konkret vorhandene Kontamination Aufklärung erhält. Infolgedessen besteht die Offenbarungspflicht fort, wenn dem Käufer Umstände bekannt sind oder durch eine Besichtigung hätten bekannt werden können, aus denen sich ein Altlastenverdacht ergibt. Hält der Verkäufer in einer solchen Situation mit konkretem Wissen über vorhandene Altlasten zurück, so handelt er arglistig, wenn er es für möglich hält, daß der Käufer lediglich einen Altlastenverdacht hat.
b) Darüber hinaus rechtfertigen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen weder den Schluß auf einen Altlastenverdacht, geschweige denn auf konkrete Altlasten.
aa) Nach dem Gutachten des Sachverständigen T. vom 20. August 1997 war eine durchgehend dunkle Färbung des Betonfußbodens im Erdgeschoß des Hauptgebäudes zu sehen. Diese hätte auch der Kläger bei einer Besichtigung vor Abschluß des Kaufvertrages erkennen können. Es ist jedoch nicht ersichtlich, wieso sich für einen Laien - daß der Kläger besondere Fachkenntnisse hatte oder daß er wußte, was früher auf dem Gelände produziert wurde, ist nicht festgestellt - hieraus der Schluß auf konkrete Altlasten ergeben
sollte. Die Färbung konnte vielfache Ursachen haben und mußte nicht auf einen unsachgemäßen Umgang mit Öl schließen lassen. Jedenfalls läßt das Berufungsgericht Feststellungen vermissen, die diesen Schluß nahelegen und bei der Beklagten die Erwartung begründen konnte, der Kläger wisse Bescheid und bedürfe keiner weiteren Aufklärung.
bb) Der Sachverständige T. hat ferner festgestellt, daß Öl bzw. Bohrölemulsionen "an der Wand heruntergelaufen ist". Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, daß diese Ölspuren bei einer Besichtigung nicht erkennbar waren, sich dem Sachverständigen vielmehr erst nach Öffnen des Betonfußbodens offenbarten. In dem darunter liegenden Hohlraum von 1,5 bis 2 m zeigten sich diese Rückstände von heruntergelaufenem Öl. Als Erkenntnisquelle für die vom Berufungsgericht angenommene Erkennbarkeit für den Kläger scheidet dieser Umstand daher aus, unabhängig davon, ob ein Käufer hieraus überhaupt auf Altlasten größeren Ausmaßes schließen kann.
cc) Die Annahme, man habe die Kontaminierung durch Öl riechen können , hat das Berufungsgericht nicht nachvollziehbar belegt. Einerseits geht das Gericht davon aus, der Kläger habe bei einer Besichtigung der aufstehenden Gebäude, und zwar auch bei trockener Witterung, Ölgeruch wahrnehmen können , da dies eine Bodenprobe ergeben habe. Dabei übersieht es jedoch, daß die Bodenprobe irgendwo außerhalb des Gebäudes entnommen wurde und nichts über Wahrnehmungsmöglichkeiten innerhalb des Gebäudes besagt. Zum anderen stellt das Gericht selbst darauf ab, daß die Probe aus dem Grundstück außerhalb der Gebäude entnommen wurde. Dann aber ist ebensowenig naheliegend, daß dem Kläger Ölgeruch hätte auffallen müssen. Zwar ist nachvollziehbar, daß eine kontaminierte Bodenprobe nach Öl riecht. Das
bedeutet aber nicht, daß in gleicher Weise Ölgeruch wahrnehmbar ist, wenn die Probe nicht entnommen ist und ein etwaiger Ölgeruch durch andere Gerüche oder Umstände überdeckt oder zumindest erheblich gemindert wird.
dd) Daß das Herumliegen von geringen Mengen von verwitterten Metallspänen nichts über eine Kontaminierung aussagt, sondern allenfalls die vage Überlegung rechtfertigt, daß bei der Produktion mit Öl gearbeitet worden sein könnte und daß es dabei - wie vielfach - zu unsachgemäßem Umgang hiermit gekommen sein kann, bedarf keiner näheren Darlegung.
III.
Fehlt es somit an einer Grundlage für die Annahme, daß die Beklagte erwarten durfte, der Kläger bedürfe keiner weiteren Aufklärung, da er sich bei einer Besichtigung selbst ein Bild über die vorhandenen - und ohne weiteres erkennbaren - Kontaminationen hätte machen können, kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. Es kommt daher auf die Frage an, ob die Beklagte den Kläger hinreichend aufgeklärt hat. Entgegen der Meinung des Landgerichts ist hierfür nicht die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Vielmehr muß der Kläger, der für den gesamten Arglisttatbestand die Darlegungs - und Beweislast trägt, vortragen und nachweisen, daß die Beklagte ihn nicht gehörig aufgeklärt hat (vgl. nur Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 123 Rdn. 5 m.w.N.). Dabei muß er allerdings nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen. Vielmehr genügt
er seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er die von der Beklagten vorzutragende konkrete, d.h. räumlich, zeitlich und inhaltlich spezifizierte, Aufklärung widerlegt.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 10. Juni 2010 kauften die Kläger von den Beklagten zu 1 und 2 unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel ein Woh- nungserbbaurecht zum Preis von 139.000 €.
- 2
- Das Kaufobjekt war im Internet von dem Beklagten zu 3, einem Makler, u.a. mit den Angaben „Baujahr: 1954/Komplett Sanierung und Renovierung in 2005“ und „Wohnfläche: ca. 125 qm und Keller …“ beworben worden. Vor Ver- tragsschluss erhielten die Kläger eine von dem Beklagten zu 1 erstellte Wohnflächenberechnung. Diese wies 127,92 qm aus, wovon auf die im Keller gelegenen und eine Raumhöhe unter 2,40 m aufweisenden Kinderzimmer I und II 19,27 qm und 12,84 qm entfielen. Bei den Besichtigungsterminen wurde den Klägern auf Nachfrage erklärt, dass insbesondere der Keller trocken sei.
- 3
- Nach Vertragsschluss stellte ein von den Klägern beauftragter Sachverständiger erhebliche Feuchtigkeit und zum Teil Schimmelbildung an Keller- und Erdgeschosswänden fest. Darauf erklärten die Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und etwas später die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.
- 4
- Soweit hier noch von Interesse verlangen die Kläger von den Beklagten zu 1 und 2 (im Folgenden: Beklagte) Rückzahlung des Kaufpreises sowie Erstattung von Vertrags- und vorgerichtlichen Anwaltskosten Zug um Zug gegen Rückübertragung des Wohnungserbbaurechts. Darüber hinaus beantragen sie die Feststellung des Annahmeverzugs und der Verpflichtung zum Ersatz weiterer - noch nicht bezifferbarer - Rückabwicklungskosten. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hält die Klage für begründet. Insbesondere stünden den Klägern Ansprüche nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. i.V.m. § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB und nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB zu. Dabei lässt das Berufungsgericht offen, ob den Beklagten schon wegen der Erklärung, der Keller sei trocken, eine arglistige Täuschung vorzuwerfen ist. Jedenfalls hätten sie den Klägern arglistig vorgespiegelt, dass über die Fläche im Erdgeschoss hinaus genehmigter Wohnraum zur Verfügung stehe. Zwar hätten die Beklagten das Exposé nicht selbst erstellt. Sie hätten dem Makler aber dadurch falsche Informationen zur Erstellung des Exposés gegeben , dass sie die von dem Beklagten zu 1 erstellte Wohnflächenberechnung überreicht hätten, in der die Kellerräume als Wohnraum ausgewiesen seien. Davon abgesehen habe der Beklagte zu 1 in einer an die Kläger gerichteten EMail nicht nur auf das Exposé verwiesen, sondern zudem die Kellerräume als Wohnraum bezeichnet.
- 6
- Die subjektive Seite einer arglistigen Täuschung sei ebenfalls gegeben. Die Beklagten hätten gewusst, dass die Genehmigungsbedürftigkeit der Nutzung der Kellerräume als Wohnraum zumindest fraglich gewesen sei und eine behördliche Genehmigung jedenfalls nicht vorgelegen habe. Ihre Behauptung, die Kläger darüber aufgeklärt zu haben, hätten die Beklagten nicht bewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bleibe offen, ob aufgeklärt worden sei. Zwar trage der Anfechtende die volle Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des § 123 BGB. Hier bestehe jedoch die Besonderheit, dass die Kläger nicht erst durch die in Rede stehende unterlassene Aufklärung getäuscht worden seien, sondern bereits zuvor durch das unrichtige Exposé und die falschen Angaben in der E-Mail des Beklagten zu 1. Allein der Umstand, dass die Beklagten dadurch einen falschen Eindruck von der Größe der Wohnfläche erweckt hätten, obwohl sie aufgrund der erheblichen Abweichung um rund 1/3 zumindest für möglich hielten, dass die Wohnfläche für die Kläger von wesentlicher Bedeutung sein konnte, beweise, dass die Beklagten die Absicht gehabt hätten, die wahren Verhältnisse zu verschleiern, um den Vertragsschluss nicht zu gefährden. Daraus ergebe sich, dass die Beklagten prima facie arglistig getäuscht hätten und die falschen Angaben zur Wohnfläche anschließend nicht korrigiert worden seien. Bei dieser Sachlage kehre sich die Beweislast mit der Folge um, dass die Beklagten die von ihnen behauptete Aufklärung hätten beweisen müssen.
II.
- 7
- Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 8
- 1. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 9
- a) Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, eine arglistige Täuschung über die Wohnfläche liege schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht den Begriff der Wohnfläche verkannt habe. Davon kann keine Rede sein. Das Berufungsgericht geht zumindest der Sache nach davon aus, dass die Aufnahme der Kellerräume in die Wohnflächenberechnung sowie die Bezeichnung der Kellerräume in der E-Mail des Beklagten zu 1 als Wohnraum die Erklärung enthält , die Kellerräume könnten ohne Weiteres, also auch baurechtlich unbedenklich als Wohnraum genutzt werden. Diese tatrichterliche Würdigung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
- 10
- b) Im Ausgangspunkt zutreffend legt das Berufungsgericht auch zugrunde , dass die objektive Seite einer arglistigen Täuschung regelmäßig gegeben ist, wenn Räume als Wohnraum angepriesen werden, obwohl die für eine solche Nutzung notwendige baurechtliche Genehmigung nicht vorliegt. Denn die Baubehörde kann die Nutzung jedenfalls bis zur Erteilung der Genehmigung untersagen – und zwar unabhängig davon, ob eine Genehmigung unter Zulassung einer Ausnahme hätte erteilt werden können (vgl. auch Senat, Urteil vom 12. April 2013 – V ZR 266/11, NJW 2013, 2182 Rn. 9 f. mwN zur Frage des Sachmangels).
- 11
- Allerdings rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsgericht ohne weiteres die Genehmigungsbedürftigkeit der mit der Nutzung der Kellerräume einhergehenden Nutzungsänderung bejaht (zur dahingehenden Prüfungspflicht der Zivilgerichte vgl. nur Senat, Urteil vom 12. April 2013 – V ZR 266/11, aaO, Rn. 10). Mit der hier einschlägigen Regelung des § 2 Nr. 4 Abs. 4 c) des Ersten Gesetzes zum Bürokratieabbau vom 13. März 2007 des Landes NordrheinWestfalen (GVBl-NRW 2007, 133 – Bürokratieabbaugesetz I) hat es sich nicht befasst. Danach bedarf eine Nutzungsänderung abweichend von § 63 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW in der Regel keiner Baugenehmigung mehr. Erforderlich ist allerdings eine Anzeige, der die Bauunterlagen beizufügen sind. Erklärt die Bauaufsichtsbehörde darauf nicht innerhalb von zwei Wochen die Durchführung des Genehmigungsverfahrens, kann die Nutzungsänderung „aufgenommen“ werden. Vor diesem Hintergrund steht eine fehlende Anzeige der (beabsichtigten ) Nutzungsänderung zivilrechtlich dem Fehlen einer notwendigen Genehmigung gleich, weil auch dieser Umstand Anlass zu baubehördlichem Eingreifen geben kann und daher ebenso wie eine fehlende, aber erforderliche Genehmigung zu offenbaren ist. Die unterlassene Prüfung von § 2 Nr. 4 Abs. 4 c) Bürokratieabbaugesetz I wirkt sich vorliegend jedoch nicht aus. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte zu 1 bei seiner persönlichen Anhörung erklärt, dass die Nutzung der in Rede stehenden Kellerräume als Wohnraum „nicht mit der Stadt abgesprochen“ gewesen ist. Auf dieser Grundlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Nutzungsänderung angezeigt worden ist.
- 12
- c) Mit Erfolg rügt die Revision indessen, dass das Berufungsurteil auf einer Verkennung der Beweislast beruht.
- 13
- aa) Zwar geht das Berufungsgericht auch insoweit im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass es Sache der Kläger ist, sämtliche Voraussetzungen der Arglist zu beweisen, und dass hierzu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die unterbliebene Offenbarung gehört. Zudem legt es zumindest der Sache nach ohne Rechtsfehler zugrunde, dass den Schwierigkeiten bei dem Beweis einer negativen Tatsache nach den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast Rechnung zu tragen ist. Danach müssen die Käufer nur die zunächst von dem Verkäufer substantiiert darzulegende Aufklärung ausräumen; gelingt dies, ist der Beweis der negativen Tatsache erbracht (vgl. zum Ganzen nur Senat, Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12 mwN).
- 14
- bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigt aber die Besonderheit, dass die Fehlvorstellung der Kläger nicht erst durch die behauptete unterlassene Aufklärung hervorgerufen wurde, sondern bereits durch das unrichtige Exposé und die falschen Angaben in der übersandten E-Mail, keine andere rechtliche Bewertung. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Beweislast hinsichtlich der Aufklärung nicht umgekehrt wird, wenn es darum geht, ob ein durch vorheriges aktives Tun hervorgerufener Irrtum durch spätere Aufklärung wieder beseitigt worden ist (Urteil vom 22. Oktober 1976 – V ZR 247/75, LM § 123 BGB Nr. 47; aA OLG Köln, VersR 1996, 631, 632; Palandt /Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 123 BGB Rn. 30; vgl. auch OLG Schleswig, SchlHA 2002, 112). Anders als hinsichtlich des Fortbestandes eines einmal entstandenen Rechts besteht auch keine Vermutung für die Fortdauer eines einmal eingetretenen Irrtums (Senat, aaO).
- 15
- cc) Eine andere – zu bejahende – Frage ist es, ob dem Getäuschten in solchen Konstellationen Erleichterungen hinsichtlich des Beweismaßes zuzubil- ligen sind. Denn auch wenn der Käufer „nur“ die in zeitlicher,räumlicher und inhaltlicher Weise konkretisierte Behauptung ausräumen muss, es sei (nachträglich ) aufgeklärt worden (vgl. Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12), bleibt es dabei, dass die Führung eines solchen „Negativbeweises“ regelmäßig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden bleibt und deshalb keine überspannten Anforderungen an die Beweisführung gestellt werden dürfen (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. April 1966 – VIII ZR 74/65, VRS 31 [1966] 321, 324). Vor diesem Hintergrund ist bei der Beweiswürdigung der Um- stand zu berücksichtigen, dass derjenige, der einen anderen durch arglistiges (positives) Tun zum Vertragsschluss bewegen möchte, hiervon in der Regel nicht zeitnah durch Offenbarung der wahren Verhältnisse wieder abrücken wird. Da das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner abweichenden Rechtsauffassung zu diesem Gesichtspunkt nicht vorgedrungen und die erneute Beweiswürdigung nicht Sache des Revisionsgerichts ist, kann das Berufungsurteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
- 16
- 2. Es ist auch nicht aus anderen Gründen richtig, weil das Berufungsgericht gerade offen lässt, ob den Beklagten schon wegen der Erklärung, der Keller sei trocken, eine arglistige Täuschung vorzuwerfen ist, und es folgerichtig nicht die hierzu notwendigen Feststellungen getroffen hat.
- 17
- 3. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 18
- a) Ausreichende Feststellungen, die auf ein eigenes arglistiges Verhalten auch der Beklagten zu 2 hindeuten, hat das Berufungsgericht bislang nicht getroffen.
- 19
- aa) Mit Blick auf Bereicherungsansprüche nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB steht Arglist nur eines von mehreren Verkäufern einer Anfechtung nach § 123 BGB allerdings nicht entgegen, weil ein (Mit-)Verkäufer nicht als Dritter im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB zu qualifizieren und er auch nicht als solcher zu behandeln ist (vgl. OLG Koblenz, NJW-RR 2003, 119, 120 mwN).
- 20
- bb) Hiervon zu trennen ist die Frage der schadensersatzrechtlichen Einstandspflicht der Beklagten zu 2 unter dem Blickwinkel eines Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Zwar dürfte es naheliegen, dass die Beklagte zu 2 dem Beklagten zu 1 zumin- dest teilweise die Gesprächs- und Verhandlungsführung bzw. die Information der Käufer vor Abschluss des Kaufvertrages über die Beschaffenheit des Kaufobjekts überlassen hat; dann kommt eine Zurechnung des revisionsrechtlich zu unterstellenden arglistigen Verhaltens des Beklagten zu 1 in Betracht (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. März 2011 – VIII ZR 94/10, NJW 2011, 2874 Rn. 15). Gleiches gilt bei Vereinbarung einer Einstandspflicht (dazu Senat, Urteil vom 16. Januar 1976 - V ZR 63/74, WM 1976, 323 f.). Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Nur bei fehlender Verschuldenszurechnung käme es auf ein eigenes Verschulden der Beklagten zu 2 an.
- 21
- b) Schließlich gibt die Zurückverweisung dem Berufungsgericht Gelegenheit , sich auch im Übrigen mit dem Revisionsvorbringen der Parteien auseinanderzusetzen.
Vorinstanzen:
LG Münster, Entscheidung vom 04.06.2012 - 15 O 58/11 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 21.01.2013 - I-22 U 120/12 -
(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.
(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.
Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn
- 1.
der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist; der Zustellung bedarf es nicht, wenn bereits der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 756 Abs. 1 begonnen hatte und der Beweis durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers geführt wird; oder - 2.
der Gerichtsvollzieher eine Vollstreckungsmaßnahme nach § 756 Abs. 2 durchgeführt hat und diese durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers nachgewiesen ist.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.