Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 09. März 2016 - 2 WF 38/16
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl vom 11.12.2015 abgeändert.
Dem Kindesvater wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für seinen im Schriftsatz vom 16.11.2015 beabsichtigten Sorgerechtsantrag bewilligt.
1
Gründe
2I.
3Der Kindesvater und die Kindesmutter sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des am 17.01.2010 geborenen G M N (im Folgenden: das Kind). Der Kindesvater hat die Vaterschaft anerkannt. Die Kindesmutter ist allein sorgeberechtigt. Die Kindeseltern leben getrennt.
4Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.10.2015 forderte der Kindesvater die Kindesmutter auf, eine Erklärung zur Miteinräumung des „hälftigen Sorgerechts“ gegenüber dem Jugendamt bis zum 05.11.2015 abzugeben. Eine entsprechende Erklärung der Kindesmutter erfolgte nicht.
5Der Kindesvater hat behauptet, dass die Kindesmutter Umgangskontakte zwischen ihm und dem Kind vereitele. Ungeachtet dessen sei ihm aufgrund der geänderten Rechtslage die elterliche Sorge zur gemeinsamen Ausübung mit der Kindesmutter zu übertragen. Die gemeinsame Sorge widerspreche nicht dem Kindeswohl, da eine gemeinsame Kommunikationsebene zwischen ihnen, den Kindeseltern, gefunden worden sei, er Unterhalt für das Kind leiste, am Leben des Kindes teilnehme und eine tragfähige soziale Beziehung zu dem Kind bestehe.
6Der Kindesvater hat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen beabsichtigen Antrag begehrt, ihm und der Kindesmutter die elterliche Sorge gemeinsam zu übertragen.
7Das Amtsgericht – Familiengericht – Marl hat mit Beschluss vom 11.12.2015 den Antrag des Kindesvaters auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig sei. Es seien zunächst kostenfreie Angebote des Jugendamtes zur Vermittlung zwischen den beteiligten Kindeseltern in Anspruch zu nehmen. Der Kindesvater habe sich nicht an das Jugendamt gewandt, um mittels einer qualifizierten Beratung zu einer Einigung mit der Kindesmutter zu kommen.
8Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kindesvater mit seiner sofortigen Beschwerde. Er rügt, er habe die Kindesmutter außergerichtlich aufgefordert, an der Sorgerechtsübertragung mitzuwirken. Ungeachtet dessen habe die Kindesmutter es abgelehnt, mit ihm zum Jugendamt zu gehen, und ihn in weiteren WhatsApp-Nachrichten diskreditiert.
9Das Amtsgericht – Familiengericht – Marl hat mit Beschluss vom 17.02.2016 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit Verweis auf die Begründung des Beschlusses vom 15.01.2016 im Verfahren 36 F 401/15 (= II-2 WF 35/16) zur Entscheidung vorgelegt. Im Beschluss vom 15.01.2016, 36 F 401/15, hat das Amtsgericht ausgeführt, dass nicht davon auszugehen sei, dass Vermittlungsversuche des Jugendamtes von vornherein aussichtslos gewesen wären. Zwar habe die Kindesmutter dem Kindesvater vor der Antragstellung unter anderen die Nachricht zukommen lassen, dass ein Mitarbeiter des Jugendamtes der Stadt N allein für Finanzen zuständig sei; möglicherweise seien der Kindesmutter die Beratungsangebote des Jugendamtes für getrennt lebende Eltern im Bereich Sorge- und Umgangsrecht nicht bekannt gewesen. Die Mitteilung der Kindesmutter lasse daher nicht zwingend den Schluss zu, sie sei zu einem gemeinsamen Elterngespräch im Jugendamt nicht bereit gewesen. Zudem habe die Kindesmutter den Kindesvater Umgangskontakte angeboten und darauf verwiesen, dass das Kind ihn sehen wolle. Dann aber habe die Kommunikation der Kindeseltern mit der Nachricht des Kindesvaters geendet, dass er nicht mehr mit der Kindesmutter zu schreiben brauche und Anwälte dies schon machten.
10II.
11Die nach den §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Kindesvaters ist begründet. Dem Kindesvater kann Verfahrenskostenhilfe nicht verweigert werden, weil seine Rechtsverfolgung nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Satz 1 ZPO mutwillig erschiene.
121.
13Eine Rechtsverfolgung ist dann mutwillig, wenn ein verständiger, nicht hilfsbedürftiger Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 – II-2 WF 213/13, 2 WF 213/13 – MDR 2013, 1466). Sind Einigungsbemühungen unterlassen worden, so kann das für Mutwillen sprechen, wenn nicht zu erkennen ist, dass die Gegenseite sich von vornherein unzugänglich gezeigt hätte oder weshalb eine Verständigung aus anderen Gründen wahrscheinlich nicht erreicht werden konnte (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 31. Juli 2013 – 13 WF 148/13 – zitiert nach juris).
142.
15Zwar ist zu beachten, dass die Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung durch das Jugendamt nicht grundsätzliche Voraussetzung für das Entstehen des Rechtschutzinteresses für ein gerichtliches Umgangsverfahren ist (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2003 - 2 WF 420/03 - FamRZ 2004, 1116; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 03. März 2011 – II-8 WF 34/11 – NJW-RR 2011, 1577).
16a)
17Dem Hilfsbedürftigen kann aber zunächst abverlangt werden, dass er die ihm kostenfreien Angebote – insbesondere die Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes – zur Erreichung seines Zieles wenigstens versuchsweise wahrnimmt, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – II-6 WF 110/14, 6 WF 110/14 – NZFam 2015, 510; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 02. Februar 2015 – 9 WF 323/14 – FamRZ 2015, 1040; OLG Köln, Beschluss vom 17. Dezember 2012 – II-4 WF 156/12, 4 WF 156/12 – FamRZ 2013, 1241f). Durch die vorherige Einschaltung des Jugendamtes kann eine Vermittlung zwischen den Kindeseltern bereits auf einer deutlich niedrigeren Eskalationsstufe erfolgen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 04. Oktober 2013 – 13 WF 119/13 – FamRZ 2014, 584; OLG Rostock, Beschluss vom 08. März 2011 – 10 WF 23/11 – MDR 2011, 790; OLG Stuttgart, Beschluss vom 07. August 2008 – 16 WF 194/08 – FamRZ 2009, 354). Nur soweit solche Bemühungen seitens des Jugendamtes bereits fehlgeschlagen oder erkennbar aussichtslos sind, kann die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in Betracht kommen, da anderenfalls eine weitere Zeitverzögerung droht (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 02. Februar 2015 – 9 WF 323/14 – FamRZ 2015, 1040; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 04. Oktober 2013 – 13 WF 119/13 – FamRZ 2014, 584). Eine die Annahme von Mutwilligkeit begründende Ausnahme kommt also in solchen Fällen in Betracht, in denen die die Einräumung der Mitsorge begehrende Beteiligte ohne Rücksprache mit dem Elternteil, d.h. ohne überhaupt die Möglichkeit, eine Einigung hinsichtlich der Sorgeregelung abzuklären, ein gerichtliches Verfahren einleitet (vgl. Senat, Beschluss vom 08.07.2010 – 2 WF 137/10; Senat, Beschluss vom 18.12.2003 - 2 WF 420/03 - FamRZ 2004, 1116).
18b)
19Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend aber nicht gegeben.
20aa)
21Zutreffend hat das Amtsgericht zwar darauf verwiesen, dass der Kindesvater gehalten war, zunächst die Möglichkeit der Beurkundung einer gemeinsamen Sorgeerklärung vor der Urkundsperson des Jugendamts nach §§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8, 87e SGB VIII) abzuklären, da damit ein gerichtliches Sorgerechtsverfahren unter Umständen hätte vermieden werden können.
22bb)
23Indes hat der Kindesvater behauptet, die Kindesmutter mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 19.10.2015 erfolglos zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung vor dem Jugendamt bewegt zu haben. Anders als im Verfahren 36 F 401/15 (= II-2 WF 35/16) ist vorliegend nicht erkennbar, dass die Kindesmutter diesem Ansinnen nachgekommen ist oder wäre. Angesichts des Umstandes, dass das Anwaltsschreiben vom 19.10.2015 seitens der Kindesmutter ohne entsprechende Reaktion blieb, konnte der Kindesvater nicht annehmen, ohne gerichtliche Hilfe sein Begehren durchsetzen zu können. Denn eine Beratung durch das Jugendamt oder eine andere Beratungsstelle kann nur dann sinnvoll genutzt werden, wenn beide Eltern hierzu bereit und tatsächlich in der Lage sind (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. August 2015 – 18 WF 97/15 – FamRZ 2016, 250). Dies war vorliegend aus Sicht des Kindesvater jedenfalls hinsichtlich der Sorgerechtsproblematik nicht der Fall.
243.
25Auch die erforderliche Erfolgsaussicht kann dem beabsichtigten Sorgerechtsantrag des Kindesvaters nicht abgesprochen werden.
26Gemäß § 1626 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB neue Fassung überträgt das Familiengericht die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht.
27a)
28Auch die Neufassung des § 1626 a BGB erfordert für die Begründung eines gemeinsamen elterlichen Sorgerechts eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern. Denn für die negative Kindeswohlprüfung kann auf im Rahmen der Rechtsprechung zu § 1671 Abs. 1 Nr. 2 BGB entwickelte Maßstäbe zurückgegriffen werden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02. April 2015 – 18 UF 253/14 –zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 18 UF 38/13 – FamRZ 2014, 490). Erforderlich ist daher ein Mindestmaß an Übereinstimmung sowie eine hinreichende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 15. April 2014 – 19 UF 120/13 – FamRZ 2014, 1375; OLG Celle, Beschluss vom 19. Mai 2014 – 10 UF 91/14 – NZFam 2014, 738; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 07. April 2014 – 15 UF 140/13 – FamRZ 2014, 1374; OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.09.2013 - 9 UF 96/11 – juris). Eine fehlende Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit der Kindeseltern im Rahmen der gebotenen individuellen Kindeswohlprüfung bleibt ein gewichtiger Grund, eine gemeinsame elterliche Sorge nicht zu eröffnen, sondern einem Elternteil die Sorge für das Kind alleine zu belassen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 07. April 2014 – 15 UF 140/13 – FamRZ 2014, 1374). Denn fehlt es hieran und sind die Kindeseltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwiderlaufen. Tragen die Kindeseltern ihren Konflikt auf dem Rücken des Kindes aus, kann das Kind in seiner Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt und in seiner Entwicklung gefährdet werden. (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvR 420/09 – FamRZ 2010, 1403).
29Der Kindesvater behauptet indes bislang unwidersprochen, dass zwischen der Kindesmutter und ihm eine entsprechende Kommunikationsbasis vorhanden ist. Auch im Verfahren 36 F 401/15 (= II-2 WF 35/16) ist deutlich geworden, dass eine Kommunikation zwischen den Kindeseltern letztlich stattfand und es nicht ausgeschlossen schien, dass sie sich über den seitens des Kindesvaters begehrten Umgang, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme des Jugendamtes, zu einigen gewillt und in der Lage sind. Dann kann aber vorliegend nicht unterstellt werden, dass eine entsprechende Kommunikationsbasis nicht gegeben ist, zumal selbst manifest gewordene Kommunikationsschwierigkeiten für sich genommen nicht per se eine Ablehnung der gemeinsamen Sorge rechtfertigen, da von den Kindeseltern zu erwarten ist, dass sie Mühen und Anstrengungen auf sich nehmen, um im Bereich der elterlichen Sorge zu gemeinsamen Lösungen im Interesse des Kindes zu gelangen. Diese elterliche Pflicht trifft nicht miteinander verheiratete Kindeseltern gleichermaßen (vgl. BT-Drucks. 17/11048, S. 17). Da im Zuge einer Trennung vielfach Kommunikationsprobleme auftreten, können diese damit nicht ohne Weiteres zu einer ablehnenden Entscheidung nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB führen KG Berlin, Beschluss vom 15. April 2014 – 19 UF 120/13 – FamRZ 2014, 1375). Dass es gegebenenfalls in Zukunft zu Auseinandersetzungen zwischen den Kindeseltern kommen kann, rechtfertigt eine Ablehnung gemeinsamer Sorge derzeit nicht. Dass gemeinsame Entscheidungen nur mühevoll und nach langwierigen und eventuell unerfreulichen Diskussionen erreicht werden können und dass beide Eltern vielleicht Vorbehalte gegen diese Entscheidungen behalten werden, spricht nicht gegen die gemeinsame Sorge (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 26. März 2015 – 13 UF 209/14 – zitiert nach juris). Beide Elternteile sind berufen, persönliche Konflikte und Kommunikationsprobleme auf der Paarebene, selbst wenn diese bereits manifest geworden sind, beiseite zu lassen und im Sinne des Kindes konstruktiv miteinander umzugehen, notfalls unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe von außen (BT-Drs. 17/11048, 17, 23; OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.12.2013 – 7 UF 1195/13 - FamRZ 2014, 571). Insofern sind die Kindeseltern gehalten, an ihrer Kommunikationsfähigkeit zu arbeiten (vgl. Senat, Beschluss vom 31.01.2012 – 2 UF 168/11 – FamRZ 2012, 880).
30Etwas anderes gilt zwar dann, wenn auf der Kommunikationsebene eine schwerwiegende und nachhaltige Störung vorliegt, die befürchten lässt, dass den Kindeseltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, wenn man die Kindeseltern zwänge, die Sorge gemeinsam zu tragen (BT-Drucks. 17/11048, S. 17). Hierfür ist indes nichts erkennbar und auch seitens der Kindesmutter nicht behauptet.
314.
32Die Beiordnung eines Rechtsanwalts hat der Kindesvater nicht beantragt, so dass mangels Antrags eine Beiordnung nicht erfolgen konnte; § 78 Abs. 2 FamFG.
33Insoweit weist der Senat lediglich vorsorglich für den Fall einer entsprechenden Antragstellung auf Beiordnung darauf hin, dass im vereinfachten Sorgeverfahren einem Kindesvater - jedenfalls derzeit noch - regelmäßig ein Rechtsanwalt beizuordnen sein dürfte. Denn für den Kindesvater weist die Rechtslage Schwierigkeiten auf, weil – worauf er in seiner Antragsschrift inzident zutreffend hinweist – in Rechtsprechung und Literatur bislang noch nicht hinreichend geklärt ist, welche Anforderungen an die Erheblichkeit der gegen die gemeinsame Sorge vorgebrachten Gründe zu stellen sind (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 19. Januar 2015 – 1 WF 43/15 – FamRZ 2016, 73).
34III.
35Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nach den §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlasst.
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Urteil einreichenOberlandesgericht Hamm Beschluss, 09. März 2016 - 2 WF 38/16 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 02.04.2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Tecklenburg vom 07.03.2014 (Az. 3 F 17 / 14) wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Aus der Ehe sind die beiden minderjährigen Kinder G, geboren am 26.02.2008, und H, geboren am 22.04.2004, hervorgegangen, die bei der Antragstellerin leben.
4Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Antrag, den Antragsgegner zur Wahrnehmung eines 14-tägigen Umgangs am Wochenende mit den beiden Kindern zu verpflichten, sowie eine Regelung des Ferienumgangs.
5Sie hat vorgetragen, dass der Umgang zwar aktuell vom Vater nach ihren Wünschen wahrgenommen werde, sie jedoch jederzeit damit rechnen müsse, dass sich dies ändern könne. So gebe es Schwierigkeiten bei der Durchführung des Umgangs, etwa bei einem Tausch des Umgangswochenendes sowie bei der Abstimmung der Ferienzeiten.
6Der Antragsgegner hat die Auffassung vertreten, dass es keiner gerichtlichen Regelung bedürfe, der Antrag vielmehr mutwillig sei.
7Das Amtsgericht – Familiengericht - Tecklenburg hat mit Beschluss vom 07.03.2014 den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Umgangsverfahren wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen. Gegen den ihr am 10.03.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 02.04.2014, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Beschwerde eingelegt.
8II.
9Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.
10Der Senat teilt die Bewertung des Amtsgerichts, dass der Antragstellerin die beantragte Verfahrenskostenhilfe zu versagen ist, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig ist.
11Gemäß § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 2 ZPO (in der seit dem 01.01.2014 geltenden Fassung) ist die Rechtsverfolgung mutwillig, wenn ein Beteiligter, der keine Verfahrenskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
12Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben, da die Antragstellerin nicht den Versuch einer außergerichtlichen Streitschlichtung unter Inanspruchnahme einer Vermittlung des Jugendamtes unternommen hat. In Fragen der Ausübung des Umgangsrechts haben die Eltern nämlich gemäß § 18 Abs. 3 S. 3 SGB VIII das Recht auf kostenlose Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt.
131.
14Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur im Rahmen der Prüfung der Mutwilligkeit eines Verfahrenskostenhilfeantrags umstritten, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen dem gerichtlichen Verfahren die vorgenannte Beratung durch das Jugendamt vorausgegangen sein muss.
15a)
16Zum Teil wird die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe stets davon abhängig gemacht, dass der bedürftige Beteiligte zunächst die kostenfreie Hilfe des zuständigen Jugendamtes in Anspruch genommen hat (OLG Köln, FamRZ 2013, 1241; Johannsen/Henrich/Markwardt, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 114 ZPO Rn. 28). Dies wird mit dem Sozialhilfecharakter der Verfahrenskostenhilfe und ihrer Subsidiarität begründet.
17b)
18Nach anderer Auffassung soll die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in keinem Fall voraussetzen, dass der antragstellende Elternteil sich mit der Bitte um Vermittlung an das Jugendamt gewandt hat. Gegen die Annahme einer allgemeinen Beratungspflicht wird eingewandt, dass es keinen Erfahrungssatz gäbe, wonach bemittelte Parteien regelmäßig die außergerichtliche Streitschlichtung durch das Jugendamt wahrnehmen würden (OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.09.2012, Az. 3 WF 85/12; OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1577; FamRZ 2011, 1669; OLG Celle, FamRZ 2013, 141). Ferner sei eine Beratung nicht vorgeschrieben und verzögere die Erledigung des Verfahrens (Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Auflage 2014, § 76 Rn. 17).
19c)
20Schließlich wird vertreten, dass ein Verfahrenskostenhilfeantrag ohne vorherige Beratung durch das Jugendamt oder fehlender Kontaktaufnahme zum anderen Elternteil zwar regelmäßig mutwillig sei, etwas anderes jedoch dann gelte, wenn der Versuch einer außergerichtliche Einigung von vornherein erkennbar aussichtslos sei oder keinen Erfolg in angemessener Zeit verspreche (OLG Brandenburg, FuR 2014, 181; OLG Rostock, MDR 2011, 790; MüKoFamFG/Viefhues, 2. Aufl. 2013, § 76 Rn. 54; Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 7. Aufl. 2014, Rn. 465).
212.
22Nach Auffassung des Senats ist jedenfalls in den Fällen, in denen keine Gründe für eine besondere Dringlichkeit bestehen oder aber der Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung nicht von vornherein aussichtslos erscheint, von einem bedürftigen Beteiligten zu verlangen, sich um eine außergerichtliche Streitbeilegung zu bemühen, gegebenenfalls auch mittels einer Beratung durch das Jugendamt.
23Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, in dem der Umgang des Kindesvaters mit seinen Söhnen nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin grundsätzlich entsprechend ihren Wünschen ausgeübt wird. Dass dem Kindesvater dem Grunde nach ein 14-tägiges Umgangsrecht am Wochenende und ein mehrwöchiges Umgangsrecht in den Ferien zusteht und von diesem auch wahrgenommen wird, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch haben die Beteiligten in Verhinderungsfällen – sowohl auf Seiten der Kindesmutter wie auch auf Seiten des Kindesvaters – die Umgangsregelung bislang flexibel nach den Bedürfnissen des jeweils anderen angepasst. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin bestehen vor allem Schwierigkeiten bedingt durch die Berufstätigkeit beider Elternteile in der langfristigen Abstimmung der Ferienzeiten und der Festlegung der Wochenendkontakte bei Tausch eines Wochenendes. Dass es sich hierbei auch aus Sicht der Antragstellerin nicht um unüberwindbare Probleme handelt, zeigt schon ihre Anregung in der Antragsschrift, das Verfahren durch Vergleich gem. § 278 ZPO zu beenden. Bei dieser Sachlage drängt es sich auf, dass die Kindeseltern die lediglich punktuell bestehenden Schwierigkeiten unter Zuhilfenahme der Vermittlung und Beratung des Jugendamtes auch ohne die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zeitnah hätten selbst bewältigen können.
243.
25Der Bewertung als mutwillig kann schließlich nicht entgegen gehalten werden, dass ein generelles Interesse der Eltern an einer Titulierung der Umgangsregelung bestehe. Zwar ist nur eine gerichtliche Entscheidung oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich vollstreckbar, so dass der Umgang auf der Grundlage einer einvernehmlichen Regelung zwischen den Eltern nicht erzwingbar ist. Soweit daraus jedoch gefolgert wird, dass auch bei einer einvernehmlichen außergerichtlichen Vereinbarung der Eltern Erfolgsaussichten für eine gerichtliche Umgangsregelung zwecks späterer Vollstreckbarkeit bestehen und daher Verfahrenskostenhilfe für einen entsprechenden Antrag zu bewilligen ist (OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1577; OLG Köln, NJW-RR 02, 941), steht dies nach Auffassung des Senats jedenfalls nach der seit dem 01.01.2014 geltenden Rechtslage der Annahme einer Mutwilligkeit nicht entgegen. Denn nach der Neufassung des § 114 Abs. 2 ZPO kann eine Rechtsverfolgung selbst dann mutwillig sein, wenn in der Sache hinreichende Erfolgsaussichten bestehen, ein vermögender Beteiligter bei besonnener Einschätzung seiner Chancen und Risiken das Verfahren aber gleichwohl nicht führen würde (Nickel/Götsche, FamRB 2013, 403). Der Gesetzgeber hat mit der Definition des Merkmals der Mutwilligkeit dessen eigenständige Bedeutung hervorheben wollen (BT-Drucks. 17/11472, S. 24, 29). Das hypothetische Verhalten einer selbstzahlenden Partei, die sich in der Situation des Antragstellers befindet, ist der Maßstab, der bei der Beurteilung der Mutwilligkeit anzulegen ist. Dies gilt umso mehr, als im Streitfall keine begründeten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer zwangsweisen Durchführung des Umgangsrechts bestehen. Dass der Kindesvater den Umgang zu seinen Kindern im bisher einvernehmlich praktizierten Umfang zukünftig nicht mehr ausüben könnte, ist nicht ersichtlich und wird von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen.
26Schließlich würde mit Rücksicht auf das Kostenrisiko, das typischerweise mit der Einleitung eines Gerichtsverfahrens einhergeht, ein selbstzahlender Beteiligter in der Situation der Antragstellerin zunächst klären, ob es tatsächlich erforderlich ist, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass ein Vollstreckungstitel für den betreuenden Elternteil nicht nur vorteilhaft ist, da eine flexible Handhabung des Umgangsrechts – wie es bislang von den Eltern gelebt wurde – nicht regelbar ist.
27Rechtsbehelfsbelehrung:
28Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Tenor
Der Verfahrenskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Meldorf vom 28. August 2013 wird wie folgt geändert:
Der Antragstellerin wird für ihren Antrag gemäß Schriftsatz vom 16. Mai 2013 Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Ihr wird Rechtsanwalt ….beigeordnet.
Eine Ratenzahlungsverpflichtung wird nicht angeordnet.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
- 1
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde (§ 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) hat auch in der Sache Erfolg.
- 2
Einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten des Verfahrens nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, ist auf Antrag Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (§ 76 Abs. 1FamFG i.V.m. § 114 ZPO).
- 3
Die Voraussetzungen sind hier erfüllt.
- 4
Das Verlangen der Antragstellerin (Kindesmutter), die elterliche Sorge betreffend die Kinder ..., geb….1999 und … 1996, gerichtlich zu regeln, bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bereits vor Antragseinreichung hatte die jetzige Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners auf ein Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 13. Mai 2013 mitgeteilt, dass der Antragsgegner aus Kostengründen der Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter zustimme. Nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB hat das Gericht dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge stattzugeben, wenn der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, dass das Kind das 14. Lebensjahr vollendet hat und der Übertragung widerspricht. Letzteres ist vorliegend nicht Fall. Die Kindesmutter hat unbestritten vorgetragen, dass die Kinder die Übertragung der elterlichen Sorge - wie von ihr beantragt - wünschen.
- 5
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch nicht mutwillig im Sinn von § 114 ZPO. Für eine solche Annahme reicht es nicht aus, dass sich die Kindesmutter möglicherweise - entgegen ihrer Behauptung - vor Anrufung des Gerichts nicht an das Jugendamt gewandt hat.
- 6
Eine Rechtsverfolgung ist dann mutwillig, wenn ein verständiger, nicht hilfsbedürftiger Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde.
- 7
In diesem Zusammenhang ist umstritten, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen eine Verpflichtung eines Beteiligten in Sorge- bzw. Umgangsrechtsverfahren besteht, vor der Anrufung des Familiengerichts das Jugendamt zum Zwecke der Vermittlung einzuschalten.
- 8
Teilweise wird vertreten, dass vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens stets versucht werden müsse, die Sache durch Inanspruchnahme der kompetenten Hilfe des Jugendamtes außergerichtlich zu klären. Aus der Regelung des § 156 FamFG ergebe sich, dass es das Ziel des Gesetzes sei, vorrangig einvernehmliche Regelungen und gütliche Einigungen zu erzielen. Dies könne durch Vermittlung des Jugendamtes bereits vorgerichtlich auf einer deutlich niedrigen Eskalationsstufe erfolgen (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 08. März 2011, Az. 10 WF 23/11, Quelle: juris; OLG Stuttgart, FamRZ 2009 S. 354). Dies gelte nur dann nicht, wenn die Einschaltung des Jugendamtes aussichtslos sei (vgl. OLG Saarbrücken, FamRZ 2010, S. 310).
- 9
Eine andere Auffassung ist der Ansicht, dass die sofortige Inanspruchnahme des Gerichtes ohne vorherige Einschaltung des Jugendamtes nicht mutwillig im Sinne der Verfahrenskostenhilfevorschriften sei, da den Eltern erlaubt sein müsse, die Erfolgsaussichten einer Vermittlung durch das Jugendamt selbst einzuschätzen. Im Übrigen gebe es keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass eine bemittelte Partei vorher grundsätzlich eine außergerichtliche Streitschlichtung versuchen werde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03. März 2011, Az. 8 WF 34/11, Quelle: juris; OLG München, FamRZ 2008, S. 1089).
- 10
Im Hinblick auf die Subsidiarität und den Sozialhilfecharakter der Verfahrenskostenhilfe vertritt der Senat grundsätzlich die Auffassung, dass dem Hilfsbedürftigen zunächst abzuverlangen ist, dass er die ihm kostenfreien Angebote zur Erreichung seines Ziels wenigstens versuchsweise wahrgenommen hat, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt. Eine solche Verpflichtung kann aber nur angenommen werden, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes in einer angemessenen Zeit zum angestrebten Erfolg geführt hätten (so bereits OLG Koblenz, FamRZ 2009, 1230; OLG Schleswig, OLGR, 2008, 107; OLG Schleswig, FamRZ 2011, 188).
- 11
Zwar sind die Eltern in der praktischen Gestaltung der elterlichen Sorge grundsätzlich frei, eine rechtlich verbindliche Sorgeregelungen, wie sie hier von der Antragstellerin in Form der Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge angestrebt wird, setzt jedoch eine Entscheidung des Familiengerichts voraus.
- 12
Ein verständiger, das Für und Wider der Rechtsverfolgung abwägender Beteiligter wird nur dann den Weg über die Vermittlung durch das Jugendamt wählen, wenn hierfür überwiegende Erfolgsaussichten bestehen. Wenn aufgrund der objektiven Umstände die Erfolgsaussichten der Zielerreichung gering oder mit Blick auf die Gesetzeslage - wie vorliegend - sogar ausgeschlossen sind, wird auch ein verständiger Beteiligter sogleich um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen. Denn bestehen keine Erfolgsaussichten für eine gütliche Einigung über das Jugendamt betreffend das angestrebte Ziel, würde diese Verfahrensweise aus der Sicht eines verständigen bemittelten Beteiligten lediglich eine Zeitverzögerung darstellen.
- 13
Nach erklärter Bereitschaft des Antragsgegners, einer Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter zuzustimmen, war es nur folgerichtig, einen entsprechenden Antrag bei Gericht anhängig zu machen. Die Antragstellerin muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass sie sich vorab an das Jugendamt hätte wenden müssen, um zumindest eine Vollmachtslösung anzustreben. Dies wäre mit dem verfassungsrechtlich geschützten Justizgewährungsanspruch nicht zu vereinbaren.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO; Nr. 1912 FamGKG.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts, Familiengericht, Biberach vom 13.02.2008
abgeändert.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug ohne Anordnung einer Ratenzahlung
bewilligt.
Ihm wird Rechtsanwältin ..., ..., beigeordnet.
Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
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Tenor
Der Verfahrenskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Meldorf vom 28. August 2013 wird wie folgt geändert:
Der Antragstellerin wird für ihren Antrag gemäß Schriftsatz vom 16. Mai 2013 Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Ihr wird Rechtsanwalt ….beigeordnet.
Eine Ratenzahlungsverpflichtung wird nicht angeordnet.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
- 1
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde (§ 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) hat auch in der Sache Erfolg.
- 2
Einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten des Verfahrens nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, ist auf Antrag Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (§ 76 Abs. 1FamFG i.V.m. § 114 ZPO).
- 3
Die Voraussetzungen sind hier erfüllt.
- 4
Das Verlangen der Antragstellerin (Kindesmutter), die elterliche Sorge betreffend die Kinder ..., geb….1999 und … 1996, gerichtlich zu regeln, bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bereits vor Antragseinreichung hatte die jetzige Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners auf ein Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 13. Mai 2013 mitgeteilt, dass der Antragsgegner aus Kostengründen der Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter zustimme. Nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB hat das Gericht dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge stattzugeben, wenn der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, dass das Kind das 14. Lebensjahr vollendet hat und der Übertragung widerspricht. Letzteres ist vorliegend nicht Fall. Die Kindesmutter hat unbestritten vorgetragen, dass die Kinder die Übertragung der elterlichen Sorge - wie von ihr beantragt - wünschen.
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Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch nicht mutwillig im Sinn von § 114 ZPO. Für eine solche Annahme reicht es nicht aus, dass sich die Kindesmutter möglicherweise - entgegen ihrer Behauptung - vor Anrufung des Gerichts nicht an das Jugendamt gewandt hat.
- 6
Eine Rechtsverfolgung ist dann mutwillig, wenn ein verständiger, nicht hilfsbedürftiger Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde.
- 7
In diesem Zusammenhang ist umstritten, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen eine Verpflichtung eines Beteiligten in Sorge- bzw. Umgangsrechtsverfahren besteht, vor der Anrufung des Familiengerichts das Jugendamt zum Zwecke der Vermittlung einzuschalten.
- 8
Teilweise wird vertreten, dass vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens stets versucht werden müsse, die Sache durch Inanspruchnahme der kompetenten Hilfe des Jugendamtes außergerichtlich zu klären. Aus der Regelung des § 156 FamFG ergebe sich, dass es das Ziel des Gesetzes sei, vorrangig einvernehmliche Regelungen und gütliche Einigungen zu erzielen. Dies könne durch Vermittlung des Jugendamtes bereits vorgerichtlich auf einer deutlich niedrigen Eskalationsstufe erfolgen (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 08. März 2011, Az. 10 WF 23/11, Quelle: juris; OLG Stuttgart, FamRZ 2009 S. 354). Dies gelte nur dann nicht, wenn die Einschaltung des Jugendamtes aussichtslos sei (vgl. OLG Saarbrücken, FamRZ 2010, S. 310).
- 9
Eine andere Auffassung ist der Ansicht, dass die sofortige Inanspruchnahme des Gerichtes ohne vorherige Einschaltung des Jugendamtes nicht mutwillig im Sinne der Verfahrenskostenhilfevorschriften sei, da den Eltern erlaubt sein müsse, die Erfolgsaussichten einer Vermittlung durch das Jugendamt selbst einzuschätzen. Im Übrigen gebe es keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass eine bemittelte Partei vorher grundsätzlich eine außergerichtliche Streitschlichtung versuchen werde (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03. März 2011, Az. 8 WF 34/11, Quelle: juris; OLG München, FamRZ 2008, S. 1089).
- 10
Im Hinblick auf die Subsidiarität und den Sozialhilfecharakter der Verfahrenskostenhilfe vertritt der Senat grundsätzlich die Auffassung, dass dem Hilfsbedürftigen zunächst abzuverlangen ist, dass er die ihm kostenfreien Angebote zur Erreichung seines Ziels wenigstens versuchsweise wahrgenommen hat, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt. Eine solche Verpflichtung kann aber nur angenommen werden, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes in einer angemessenen Zeit zum angestrebten Erfolg geführt hätten (so bereits OLG Koblenz, FamRZ 2009, 1230; OLG Schleswig, OLGR, 2008, 107; OLG Schleswig, FamRZ 2011, 188).
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Zwar sind die Eltern in der praktischen Gestaltung der elterlichen Sorge grundsätzlich frei, eine rechtlich verbindliche Sorgeregelungen, wie sie hier von der Antragstellerin in Form der Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge angestrebt wird, setzt jedoch eine Entscheidung des Familiengerichts voraus.
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Ein verständiger, das Für und Wider der Rechtsverfolgung abwägender Beteiligter wird nur dann den Weg über die Vermittlung durch das Jugendamt wählen, wenn hierfür überwiegende Erfolgsaussichten bestehen. Wenn aufgrund der objektiven Umstände die Erfolgsaussichten der Zielerreichung gering oder mit Blick auf die Gesetzeslage - wie vorliegend - sogar ausgeschlossen sind, wird auch ein verständiger Beteiligter sogleich um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen. Denn bestehen keine Erfolgsaussichten für eine gütliche Einigung über das Jugendamt betreffend das angestrebte Ziel, würde diese Verfahrensweise aus der Sicht eines verständigen bemittelten Beteiligten lediglich eine Zeitverzögerung darstellen.
- 13
Nach erklärter Bereitschaft des Antragsgegners, einer Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter zuzustimmen, war es nur folgerichtig, einen entsprechenden Antrag bei Gericht anhängig zu machen. Die Antragstellerin muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass sie sich vorab an das Jugendamt hätte wenden müssen, um zumindest eine Vollmachtslösung anzustreben. Dies wäre mit dem verfassungsrechtlich geschützten Justizgewährungsanspruch nicht zu vereinbaren.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO; Nr. 1912 FamGKG.
(1) Die Urkundsperson beim Jugendamt ist befugt,
- 1.
die Erklärung, durch die die Vaterschaft anerkannt oder die Anerkennung widerrufen wird, die Zustimmungserklärung der Mutter sowie die etwa erforderliche Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, des Kindes, des Jugendlichen oder eines gesetzlichen Vertreters zu einer solchen Erklärung (Erklärungen über die Anerkennung der Vaterschaft) zu beurkunden, - 2.
die Erklärung, durch die die Mutterschaft anerkannt wird, sowie die etwa erforderliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters der Mutter zu beurkunden (§ 44 Absatz 2 des Personenstandsgesetzes), - 3.
die Verpflichtung zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen eines Abkömmlings oder seines gesetzlichen Rechtsnachfolgers zu beurkunden, sofern der Abkömmling zum Zeitpunkt der Beurkundung das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, - 4.
die Verpflichtung zur Erfüllung von Ansprüchen auf Unterhalt (§ 1615l des Bürgerlichen Gesetzbuchs), auch des gesetzlichen Rechtsnachfolgers, zu beurkunden, - 5.
die Bereiterklärung der Adoptionsbewerber zur Annahme eines ihnen zur internationalen Adoption vorgeschlagenen Kindes (§ 7 Absatz 1 des Adoptionsübereinkommens-Ausführungsgesetzes) zu beurkunden, - 6.
den Widerruf der Einwilligung des Kindes in die Annahme als Kind (§ 1746 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu beurkunden, - 7.
die Erklärung, durch die der Vater auf die Übertragung der Sorge verzichtet (§ 1747 Absatz 3 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), zu beurkunden, - 8.
die Sorgeerklärungen (§ 1626a Absatz 1 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) sowie die etwa erforderliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters eines beschränkt geschäftsfähigen Elternteils (§ 1626c Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu beurkunden, - 9.
eine Erklärung des auf Unterhalt in Anspruch genommenen Elternteils nach § 252 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit aufzunehmen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(2) Die Urkundsperson soll eine Beurkundung nicht vornehmen, wenn ihr in der betreffenden Angelegenheit die Vertretung eines Beteiligten obliegt.
(3) Das Jugendamt hat geeignete Beamte und Angestellte zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 1 zu ermächtigen. Die Länder können Näheres hinsichtlich der fachlichen Anforderungen an diese Personen regeln.
(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
- 1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder - 2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
(1) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben, wird dem Beteiligten ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Verfahrensgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn hierdurch besondere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet der Beteiligte keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihm auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.