Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 29. Sept. 2015 - 2 Ausl. 125/15
Tenor
Die Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung nach Italien wegen der ihm in Europäischen Haftbefehl des Untersuchungsrichteramts beim Gericht Lecce vom 13.07.2015 (Aktenzeichen: 106/2015 RGNR, Nr. 1/15 DDA, Nr. 4608/15 R. GIP, Nr. 59/15 O.C.C.) vorgeworfenen Taten ist zulässig.
1
Gründe:
2I.
3Die italienischen Behörden betreiben gegen den Verfolgten auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls des Untersuchungsrichteramts beim Gericht Lecce vom 13.07.2015 (Aktenzeichen: 106/2015 RGNR, Nr. 1/15 DDA, Nr. 4608/15 R. GIP, Nr. 59/15 O.C.C.) die Auslieferung zur Strafverfolgung.
4Dem Verfolgten wird zur Last gelegt, sich am 30.12.2014 als Mitglied der Besatzung des Schiffes C gemeinsam mit mehreren Landsleuten, darunter sein Bruder I, am Transport von 796 Nicht-EU-Bürgern, zu deren illegaler Einreise er Hilfe geleistet habe, beteiligt zu haben. In dem unter moldauischer Flagge fahrenden Frachtschiff C, das der Verfolgte mit den übrigen Beschuldigten vom Golf von Mersin (Türkei) bis zur italienischen Küste bei Gallipoli geführt habe, seien die Migranten unter solchen Bedingungen transportiert worden, dass sie einer Gefahr für ihr Leben und ihre Unversehrtheit ausgesetzt gewesen seien. Die Migranten hätten sich im Laderaum des Frachtschiffes befunden, das nicht auf die Beförderung einer so hohen Anzahl von Einwanderern ausgerichtet gewesen sei. Zudem sei der Transport unter schlechten Witterungsbedingungen und ohne geeignete Sicherheitseinrichtungen erfolgt.
5Der Verfolgte ist am 12.08.2015 in U festgenommen worden und befindet sich aufgrund der Festhalteanordnung des Amtsgerichts Soest vom selben Tage in Haft in der Justizvollzugsanstalt K. Zugleich hat das Amtsgericht Soest bei der Anhörung am 12.08.2015 dem Verfolgten Rechtsanwalt D aus U „gem. § 40 Abs. 2 Nr. 1 IRG“ als Pflichtbeistand beigeordnet.
6Bei seiner Vorführung vor dem Amtsgericht Soest am 12.08.2015 hat der Verfolgte angegeben, er bewohne mit seinem (in derselben Sache in Auslieferungshaft befindlichen) Bruder I ein Zimmer in der Unterkunft X-Straße in U. Er sei anerkannter Asylbewerber. Die Tatvorwürfe aus dem Europäischen Haftbefehl hat er bestritten und angegeben, er sei nicht als Besatzungsmitglied, sondern als Flüchtling auf dem Schiff gewesen und habe für die Überfahrt Geld gezahlt. Der Verfolgte hat sich mit der vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden erklärt und auf den Grundsatz der Spezialität nicht verzichtet.
7Mit Schriftsätzen seines Beistandes vom 12.08.2015 und 17.08.2015 hat der Verfolgte gegen die Festhalteanordnung des Amtsgerichts Soest und die Vollziehung der Auslieferungshaft aufgrund der Festhalteanordnung „Rechtsmittel“ eingelegt und gleichzeitig beantragt, „zumindest den Auslieferungshaftbefehl außer Vollzug zu setzen“. Er hat geltend gemacht, er sei als Flüchtling in der Bundesrepublik anerkannt. Er habe sich zwar auf dem besagten Schiff befunden, allerdings nicht als Besatzungsmitglied, sondern als Passagier. Deshalb sei er in Italien von den dortigen Behörden auch nicht als Mannschaftsmitglied festgenommen worden. Als anerkannter Asylant in Deutschland bestehe auch keine Fluchtgefahr. Im Übrigen weise das Ersuchen der italienischen Behörden gravierende Fehler auf, die es verböten, dem Ersuchen um Festnahme zum Zwecke der Auslieferung nachzukommen. Seine in der SIS-Ausschreibung aufgeführten persönlichen Daten – insbesondere zum Geburtsort – stimmten nicht mit seinem tatsächlichen Geburtsort überein. Mit Schriftsatz seines Beistandes vom 17.08.2015 hat der Verfolgte erneut die sofortige Außervollzugsetzung des Haftbefehls beantragt. Er meint, dass seine Auslieferung dem ordre public widerspreche, da die ihm vorgeworfene Straftat des Einschleusens von Ausländern in Italien mit einer Höchststrafe von 30 Jahren bedroht sei, also deutlich über dem liege, was in Deutschland für Mord ausgeurteilt werde. Im Übrigen sei ein rechtsstaatliches Verfahren gegen sogenannte Schleuser in Italien kaum zu erwarten. Allein die Dauer der in Italien geführten Strafverfahren übersteige die in Deutschland zu tolerierende Dauer für derartige Verfahren. Vor diesem Hintergrund verbiete sich insbesondere im Zusammenhang mit den anderen gerügten Mängeln seine Auslieferung.
8Der Senat hat mit Beschluss vom 20.08.2015 gegen den Verfolgten die förmliche Auslieferungshaft angeordnet und die Außervollzugsetzung des förmlichen Auslieferungshaftbefehls abgelehnt.
9Im Rahmen der Verkündung des förmlichen Auslieferungshaftbefehls vor dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Hamm am 02.09.2015 hat der Verfolgte zu dem Tatvorwurf angegeben, er wisse es nicht. Es gehe ihm nicht so gut. Er sei ein Flüchtling. Er sei nach Deutschland gekommen, weil in seiner Heimat Krieg ist. Jetzt sei er plötzlich im Gefängnis. Er wolle hier in Deutschland bleiben und brauche einen Anwalt. Er wolle nicht nach Italien zurück. Er sei verwirrt; ihm sei das alles viel zu viel.
10Zu seinen persönlichen Verhältnissen hat der Verfolgte angegeben, er habe einen Antrag gestellt, dass er in Deutschland eine Schule besuchen dürfe. Er sei auch schon in einer Sprachschule gewesen und habe dort angefangen.
11Dem Verfolgten ist durch – bestandskräftigen - des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 29.06.2015 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden.
12Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Zuschrift vom 15.09.2015 beantragt, die Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung nach Italien wegen der ihm in Europäischen Haftbefehl des Untersuchungsrichteramts beim Gericht Lecce vom 13.07.2015 (Aktenzeichen: 106/2015 RGNR, Nr. 1/15 DDA, Nr. 4608/15 R. GIP, Nr. 59/15 O.C.C.) vorgeworfenen Taten für zulässig zu erklären.
13Der Beistand des Verfolgten Rechtsanwältin T hat mit Zuschrift vom 17.09.2015 beantragt, die Auslieferung für unzulässig zu erklären. Er macht geltend, der Tatvorwurf der italienischen Behörden sei nicht hinreichend konkretisiert; es ergebe sich schon nicht, welchen konkreten Tatbeitrag der Verfolgte erbracht haben soll. Zudem sei er ohnehin nur Flüchtling auf dem Boot gewesen. Da er mittlerweile durch das BAMF als Flüchtling anerkannt worden sei, sei der ihm zuerkannte Schutz durch eine Auslieferung gefährdet, da nicht sichergestellt sei, dass er nicht aus Italien nach Syrien abgeschoben werde.
14Mit weiterer Zuschrift seines Beistandes vom 28.09.2015 hat der Verfolgte erneut beantragt, seine Auslieferung für unzulässig zu erklären. Zur Begründung hat er im Wesentlichen darauf verwiesen, dass von mehreren Verwaltungsgerichten festgestellt worden sei, dass die Aufnahmebedingungen für Schutzberechtigte in Italien systemische Mängel aufwiesen, die die konkrete Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in sich bergen würden. Zudem: Selbst wenn man – was ausdrücklich nicht zugestanden werde - davon ausginge, dass er als Seemann auf dem Schiff mitgefahren sei, müsse als Rechtfertigungsgrund in Betracht gezogen werden, dass er ansonsten keine andere Fluchtmöglichkeit gehabt habe.
15II.
16Das fehlende Einverständnis des Verfolgten zur vereinfachten Auslieferung macht eine Entscheidung des Senats über die Zulässigkeit der Auslieferung nach §§ 29 ff. IRG erforderlich. Entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft war die Auslieferung für zulässig zu erklären.
17Die nach § 83 a Abs. 1 IRG erforderlichen Auslieferungsunterlagen liegen in Form des Europäischen Haftbefehls des Untersuchungsrichteramts beim Gericht Lecce vom 13.07.2015 vor.
18Der Europäische Haftbefehl enthält die in § 83 a Abs. 1 Nr. 1 - 6 IRG vorgesehenen Angaben. Entgegen der Auffassung des Verfolgten genügt die in dem Europäischen Haftbefehl vorgenommene Konkretisierung auch den Anforderungen des § 83a Abs. 1 Nr. 5 IRG, da die Taten sowohl hinsichtlich des Tatzeitpunktes, des Tatortes, der Tatumstände und der Funktion des Verfolgten auf dem Flüchtlingsboot (Matrose) hinreichend umrissen sind.
19Die Auslieferungsfähigkeit der dem Verfolgten vorgeworfenen Straftaten ergibt sich aus §§ 79 Abs. 1, 81 Nr. 4 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 IRG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates der Europäischen Union vom 13.06.2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten. Die Einordnung der Taten durch die italienischen Behörden als Katalogstraftat der Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt ist nicht zu beanstanden. Darüber hinaus wäre der dargestellte Sachverhalt auch nach deutschem Recht zumindest gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, § 27 StGB bzw. § 96 AufenthG strafbar.
20Auch die Voraussetzungen des § 81 Nr. 1 IRG liegen vor. Der hier nach italienischem Recht in Betracht kommende Tatbestand der Beihilfe zur illegalen Einreise von mehr als fünf Nicht-EU-Bürgern, die mit Bereicherungsvorsatz und unter Aussetzung der Einwanderer einer Gefahr für ihre Unversehrtheit verübt worden ist, wobei eine grenzüberschreitende kriminelle Gruppe an der Straftat beteiligt war, sieht für die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat ein Höchstmaß von 30 Jahren Freiheitsstrafe vor.
21Die Absicht der Generalstaatsanwaltschaft, keine Bewilligungshindernisse, insbesondere kein Bewilligungshindernis im Sinne des § 83 b Abs. 2 Nr. 1) IRG geltend machen zu wollen, lässt nach wie vor keine Rechts- und/oder Ermessensfehler erkennen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf seinen Beschluss vom 20.08.2015 Bezug.
22Auch Auslieferungshindernisse nach § 73 IRG sind nicht ersichtlich. Die Befürchtung des Verfolgten, er gehe im Falle einer Auslieferung nach Italien des ihm in Deutschland durch Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gewährten Schutzes verlustig, weil nicht sichergestellt sei, dass er von Italien nicht nach Syrien abgeschoben werde, greift nicht durch. Abgesehen davon, dass gerichtsbekannt ist, dass derzeit aus allen Staaten der Europäischen Union keine Abschiebungen von Bürgerkriegsflüchtlingen nach Syrien erfolgen, ist das diesbezügliche Vorbringen des Verfolgten auch un-substantiiert. Soweit der Verfolgte mit Schriftsatz seines Beistandes vom 28.09.2015 geltend gemacht hat, die Aufnahmebedingungen für Schutzberechtigte in Italien wiesen systemische Mängel auf, so verkennt er, dass die u.a. vom Verwaltungsgericht Darmstadt (Urteil vom 17.12.2014 – 4 K 1536/14.DA.A) festgestellten systemischen Mängel sich ausschließlich auf das dortige Asyl- und Aufnahmeverfahren beziehen. Der Verfolgte soll aber nicht im Rahmen seines Asylverfahrens nach der Dublin-II-VO nach Italien zurückgeführt werde, sondern wegen ihm in Italien zur Last gelegter Straftaten – mit (zunächst) Aufnahme in den dortigen Untersuchungshaftvollzug - ausgeliefert werden.
23Soweit der Verfolgte sich auf Rechtfertigungsgründe hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Taten beruft, weist der Senat darauf hin, dass eine Tatverdachtsprüfung grundsätzlich nicht stattfindet. Besondere Umstände, die im Sinne des § 10 Abs. 2 IRG ausnahmsweise eine Tatverdachtsprüfung erlaubten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die in § 10 genannten Unterlagen oder ein Europäischer Haftbefehl übermittelt wurden, der die folgenden Angaben enthält:
- 1.
die Identität, wie sie im Anhang zum Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl näher beschrieben wird, und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten, - 2.
die Bezeichnung und die Anschrift der ausstellenden Justizbehörde, - 3.
die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justitielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung vorliegt, - 4.
die Art und rechtliche Würdigung der Straftat, einschließlich der gesetzlichen Bestimmungen, - 5.
die Beschreibung der Umstände, unter denen die Straftat begangen wurde, einschließlich der Tatzeit, des Tatortes und der Tatbeteiligung der gesuchten Person, und - 6.
die für die betreffende Straftat im Ausstellungsmitgliedstaat gesetzlich vorgesehene Höchststrafe oder im Fall des Vorliegens eines rechtskräftigen Urteils die verhängte Strafe.
(2) Die Ausschreibung zur Festnahme zwecks Überstellung oder Auslieferung nach der Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56), die die unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 bezeichneten Angaben enthält oder der diese Angaben nachgereicht wurden, gilt als Europäischer Haftbefehl.
(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre.
(2) Die Auslieferung zur Verfolgung ist nur zulässig, wenn die Tat nach deutschem Recht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts nach deutschem Recht mit einer solchen Strafe bedroht wäre.
(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat die Auslieferung zur Verfolgung zulässig wäre und wenn eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist. Sie ist ferner nur zulässig, wenn zu erwarten ist, daß die noch zu vollstreckende freiheitsentziehende Sanktion oder die Summe der noch zu vollstreckenden freiheitsentziehenden Sanktionen mindestens vier Monate beträgt.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung
- 1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und - a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder - b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
- 2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig handelt, - 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt, - 3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, - 4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder - 5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn
- 1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und - 2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.
(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.
§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass
- 1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist, - 2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt, - 3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates, - 4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.
Die Leistung von Rechtshilfe sowie die Datenübermittlung ohne Ersuchen ist unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widersprechen würde. Bei Ersuchen nach dem Achten, Neunten, Zehnten und Dreizehnten Teil ist die Leistung von Rechtshilfe unzulässig, wenn die Erledigung zu den in Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde.
(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat ein Haftbefehl, eine Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung oder ein vollstreckbares, eine Freiheitsentziehung anordnendes Erkenntnis einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates und eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen vorgelegt worden sind. Wird um Auslieferung zur Verfolgung mehrerer Taten ersucht, so genügt hinsichtlich der weiteren Taten anstelle eines Haftbefehls oder einer Urkunde mit entsprechender Rechtswirkung die Urkunde einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates, aus der sich die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat ergibt.
(2) Geben besondere Umstände des Falles Anlaß zu der Prüfung, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint, so ist die Auslieferung ferner nur zulässig, wenn eine Darstellung der Tatsachen vorgelegt worden ist, aus denen sich der hinreichende Tatverdacht ergibt.
(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung einer Strafe oder einer sonstigen Sanktion, die in einem dritten Staat verhängt wurde, ist nur zulässig, wenn
- 1.
das vollstreckbare, eine Freiheitsentziehung anordnende Erkenntnis und eine Urkunde des dritten Staates, aus der sich sein Einverständnis mit der Vollstreckung durch den Staat ergibt, der die Vollstreckung übernommen hat, - 2.
eine Urkunde einer zuständigen Stelle des Staates, der die Vollstreckung übernommen hat, nach der die Strafe oder sonstige Sanktion dort vollstreckbar ist, - 3.
eine Darstellung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen sowie - 4.
im Fall des Absatzes 2 eine Darstellung im Sinne dieser Vorschrift