Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 28. Jan. 2015 - VII-Verg 31/14
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 17. September 2014 (VK 1 – 72/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Verfahrens nach § 121 Abs. 1 GWB, die der Antragsgegnerin auferlegt werden, trägt die Beigeladene.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 95.000,- € festgesetzt.
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G r ü n d e :
2A. Die Antragsgegnerin schrieb am 19.04.2014 den Bauauftrag „C…“ europaweit im Verfahrhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb aus. Nebenangebote waren nicht zugelassen. Zuschlagskriterium war „das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen, der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung ... aufgeführt sind“. Weder in der Bekanntmachung noch in den späteren Vergabeunterlagen waren Wertungskriterien aufgeführt. Im Juni 2014 führte die Antragsgegnerin mit Bietern Vorstellungsgespräche. Ausweislich des darüber erstellten schriftlichen Protokolls vom 16.06.2014 informierte sie die Bieter mündlich darüber, dass für den Fall der Aufforderung zur Einreichung eines Angebots Nebenangebote zugelassen seien. Erforderlich sei der Nachweis der Gleichwertigkeit zum Entwurf des Bauherrn. Bei der Herstellung der Trogbaugrube könne die grundsätzliche Konstruktion des Bauwerks aufgrund genehmigungsrechtlicher Randbedingungen insbesondere im Zusammenhang mit dem Strahlenschutz nicht geändert werden. Für die Ausführung der Arbeiten an der Dichtsohle sei es jedoch möglich, die Gleichwertigkeit der Dichtsohle im DSV-Verfahren mit firmenspezifischen Herstellerparametern und daraus folgend anderen Säulendurchmessern als den bauseits geplanten nachzuweisen. Das schriftliche Protokoll vom 16.06.214 wurde den Bietern nicht übermittelt.
3Nach Abschluss des Teilnahmewettbewerbs forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin und die Beigeladene neben einem weiteren Bieter zur Angebotsabgabe auf. In den Bewerbungsbedingungen waren Nebenangebote unter Verwendung des Formulars 211 des Vergabehandbuchs des Bundes zugelassen. Ebenso wie ein weiterer Mitbewerber reichten die Antragstellerin und die Beigeladene fristgerecht jeweils ein Haupt- und ein Nebenangebot ein. Unter diesen ist das Hauptangebot der Beigeladenen das preisgünstigste. Mit Schreiben vom 30.07.2014 informierte die Antragsgegnerin darüber, den Zuschlag auf das Hauptangebot der Beigeladenen erteilen zu wollen, weil es das preisgünstigste sei. Nebenangebote seien nicht zugelassen worden und deshalb auszuschließen. Mit Schreiben vom 05.08.2014 rügte die Antragstellerin den Ausschluss ihres Nebenangebots als vergaberechtswidrig. Im Rahmen der Vorstellungsgespräche seien technische Nebenangebote für die Sohle des Trogbaus ebenso wie in den Vergabeunterlagen zugelassen und dementsprechend von allen Bietern eingereicht worden. Ihr, der Antragstellerin, Nebenangebot sei das wirtschaftlich günstigste und müsse deshalb den Zuschlag erhalten.
4Da die Antragsgegnerin der Rüge mit Schreiben vom 08.08.2014 nicht abhalf, hat die Antragstellerin am 13.08.2014 einen Nachprüfungsantrag bei der 1. Vergabekammer des Bundes eingereicht, den sie unter Wiederholung ihrer vorgebrachten Rüge auf die ausdrückliche Zulassung von Nebenangeboten gestützt hat. Diese seien zu bewerten. Ein Ausschluss ihres, der Antragstellerin, Nebenangebots könne auch nicht auf fehlende Gleichwertigkeit des Nebenangebots mit dem Entwurf des Bauherrn gegründet werden, weil die Antragsgegnerin die Angabe konkreter Parameter für die Gleichwertigkeit der Angebote versäumt habe. Eine Zuschlagserteilung auf das Hauptangebot der Beigeladenen allein auf der Grundlage des Preises sei darüber hinaus unzulässig, weil als Zuschlagskriterium das wirtschaftlich günstigste Angebot festgelegt worden sei. Auch wenn die Antragsgegnerin entgegen den Angaben in der Bekanntmachung keine Wertungskriterien festgelegt habe, verbiete sich eine Umdeutung in einen reinen Preiswettbewerb. Das Zuschlagskriterium des niedrigsten Preises sei darüber hinaus bei Nebenangeboten unzulässig. Der Wechsel von einem Verhandlungsverfahren in eine beschränkte Ausschreibung sei ebenfalls zu beanstanden.
5Die Antragsgegnerin ist dem Nachprüfungsantrag entgegen getreten und hat ausgeführt, der Nachprüfungsantrag sei teilweise unzulässig, weil die Antragstellerin weder das Fehlen von Wertungskriterien noch den Wechsel der Verfahrensart rechtzeitig gerügt habe. Im Übrigen sei sie, die Antragsgegnerin, der Auffassung, die unterlassene Mitteilung von Wertungskriterien sei von Bietern nur dahin zu verstehen gewesen, dass ein reiner Preiswettbewerb durchgeführt werde. Aus diesem Grunde seien Nebenangebote, die zudem in der Bekanntmachung ausdrücklich ausgeschlossen worden seien, unzulässig gewesen. Das Nebenangebot der Antragstellerin sei zudem auch deshalb nicht wertbar gewesen, weil kein Nachweis der Gleichwertigkeit mit dem Entwurf des Bauherrn erbracht worden sei, die zudem tatsächlich auch nicht vorgelegen habe. Auch die Beigeladene ist dem Nachprüfungsantrag entgegen getreten und hat ergänzend vorgetragen, Nebenangebote seien auch deshalb unzulässig gewesen, weil weder die Bekanntmachung noch die Vergabeunterlagen Festlegungen zu Mindestanforderungen an Nebenangebote enthalten hätten. Die Antragstellerin sei zudem eine unter Verstoß gegen § 1 GWB gegründete Bietergemeinschaft, der ein Zuschlag nicht erteilt werden dürfe.
6Die 1. Vergabekammer des Bundes hat dem Nachprüfungsantrag teilweise stattgegeben und der Antragsgegnerin eine Zuschlagserteilung auf das Hauptangebot der Beigeladenen untersagt. Unter Zurückweisung des auf Wertung der Nebenangebote gerichteten Nachprüfungsantrags hat sie des weiteren die Antragsgegnerin für den Fall fortbestehender Beschaffungsabsicht verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Übersendung der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen und diese überarbeitet an die Bieter zu versenden. Auf die Begründung in der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen.
7Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beigeladenen. Sie ist der Auffassung, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht der Antragsgegnerin Anspruch auf den Zuschlag zu haben. Nebenangebote seien ausdrücklich ausgeschlossen worden und darüber hinaus unzulässig. Soweit die Antragstellerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer ausgeführt habe, sie hätte das Hauptangebot anders kalkuliert, wenn sie die Unzulässigkeit von Nebenangeboten gekannt hätte, sei dies verspätet und dürfe bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden. Der diesbezügliche Vortrag der Antragstellerin sei zudem unsubstantiiert. Soweit die Vergabekammer die angefochtene Entscheidung auf eine Verletzung von Transparenzpflichten gestützt habe, sei dies rechtsfehlerhaft, weil die Antragstellerin dies nicht gerügt habe. Das Nebenangebot der Antragstellerin sei darüber hinaus auszuschließen gewesen, weil es nicht den Ausschreibungsbedingungen entspreche und dem Entwurf des Bauherrn nicht gleichwertig sei.
8Die Beigeladene beantragt,
9den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 17. September 2014, VK 1 – 72/14, aufzuheben und den Nachprüfungsantrag abzulehnen.
10Die Antragstellerin beantragt,
11die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer, vertritt abweichend allerdings die Auffassung, eine Zuschlagserteilung auf das Hauptangebot der Beigeladenen scheitere schon daran, dass die Antragsgegnerin keine Wertungskriterien festgelegt habe. Eine Wertung allein anhand des Preises sei wegen der Festlegung eines Zuschlags auf das wirtschaftlich günstigste Angebot unzulässig. Im Übrigen vertieft sie ihr Vorbringen, das Hauptangebot in der Annahme, Nebenangebote seien zulässig, kalkuliert zu haben.
13Die Antragsgegnerin schließt sich der sofortigen Beschwerde der Beigeladenen an. Den Antrag, ihr, der Antragsgegnerin, im Wege der Vorabentscheidung gemäß § 121 GWB die Fortsetzung des Vergabeverfahrens und die Erteilung des Zuschlags an das Hauptangebot der Beigeladenen zu gestatten, hat sie mit Schriftsatz vom 31.10.2014 zurückgenommen.
14Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Anlagen sowie auf die Verfahrensakten der Vergabekammer und die beigezogenen Vergabeakten Bezug genommen.
15B. Die Beschwerde der Beigeladenen hat in der Sache keinen Erfolg. Der zulässige Nachprüfungsantrag ist begründet.
16I. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
171. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist ein öffentlicher Bauauftrag (§§ 99 Abs. 1 und Abs. 3, 100 Abs. 1 GWB), der den ab dem 01.01.2014 maßgeblichen Schwellenwert von 5.186.000,- € überschreitet (Art. 4 lit. a, 93 RL 2014/24/EU).
182. Die Antragstellerin ist antragsbefugt, § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat ein Interesse an dem ausgeschriebenen Auftrag, eine Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften sowie einen drohenden Schaden vorgetragen. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
193. Die Antragstellerin hat der Rügeobliegenheit genügt, § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB. Soweit sie mit anwaltlichem Schreiben vom 05.08.2014 den Ausschluss ihres Nebenangebots gerügt hat, war dies rechtzeitig, weil die zunächst anwaltlich nicht vertretene Antragstellerin nach Zugang des Informationsschreibens vom 30.07.2014, einem Mittwoch, binnen weniger Arbeitstage umgehend auf die behauptete Rechtsverletzung durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe und das darauf hin verfasste anwaltliche Rügeschreiben vom 05.08.2014, einem Dienstag, reagiert hat. Auch die im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung und des Nachprüfungsverfahrens erhobenen Rügen waren rechtzeitig, weil sie sich erst aus einer späteren rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Nebenangeboten ergaben. Zu einer rechtlichen Prüfung behaupteter Vergaberechtsverstöße ist der Antragsteller vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens ebenso wenig verpflichtet, wie zu einem darauf gerichteten Auftrag gegenüber einem in Anspruch genommenen Rechtsanwalt.
20II. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Antragsgegnerin hat Vergaberecht in mehrfacher Weise verletzt.
211. Sowohl die nachträgliche Zulassung von Nebenangeboten als auch das erneute Abrücken von dieser Entscheidung im Rahmen der Angebotswertung verletzt das Transparenzgebot und verstößt gegen Vergaberecht.
22a) Von der nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 VOB/A EG (Art. 24 Abs. 2, 1. Halbsatz Richtlinie 2004/18/EG, Art. 45 Abs. 1 Satz 2, 91 Satz 1 Richtlinie 2014/24/EU) eröffneten Möglichkeit, in der Bekanntmachung Nebenangebote zuzulassen, hat die Antragsgegnerin zunächst in der Weise Gebrauch gemacht, dass Nebenangebote nach Ziffern II.1.9) der Bekanntmachung ausgeschlossen sein sollten. Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, dass sich die Antragsgegnerin später entschlossen hat, von der zunächst getroffenen Festlegung abzuweichen und Nebenangebote nachträglich zu erlauben. Ebenso wenig ist zu kritisieren, dass sie hiervon später wieder Abstand nehmen wollte in der Annahme, bei der Zulassung von Nebenangeboten gegen Vergaberecht verstoßen zu haben und den begangenen Fehler korrigieren zu müssen. In beiden Fällen handelte es sich um eine teilweise Zurückversetzung des Vergabeverfahrens, die zulässig ist, wenn das Gebot der Gleichbehandlung der Bieter und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Transparenz beachtet werden (vgl. für den ebenso zu behandelnden Fall der Fehlerkorrektur BGH, Beschl. v. 26.09.2006, X ZB 14/06, juris Rn. 23, Polizeianzüge; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2014, VII-Verg 29/14, BA 9; Beschl. v. 27.11.2013, VII Verg 20/13 - juris Rn. 34; OLG München, Beschl. v. 04.04.2013, Verg 4/13 – juris Rn. 54; vgl. auch OLG Dresden, Beschl. v. 23.07.2013 – juris Rn. 60). Nur durch die Aufrechterhaltung eines transparenten Wettbewerbs kann der Gefahr von Manipulationen begegnet werden (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.2015, VII-Verg 29/14, BA 9; Beschl. v. 05.01.2011, VII-Verg 46/10, juris Rn. 10).
23b) Das Transparenzgebot verlangt, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens den Bietern so bekannt gemacht werden, dass sie bei Anwendung der üblichen Sorgfalt deren genaue Bedeutung verstehen und in gleicher Weise auslegen können und der Auftraggeber prüfen kann, ob die Angebote der Bieter die geltenden Kriterien erfüllen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.01.2011, VII-Verg 46/10 – juris Rn. 29).
24Aus dem Gebot von Gleichbehandlung und Transparenz folgt, dass Vergabeunterlagen Bietern in schriftlicher Form zur Verfügung zu stellen sind. Nur wenn alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens klar, genau und eindeutig formuliert sind, ist gewährleistet, dass die Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben und bei Anwendung der üblichen Sorgfalt deren genaue Bedeutung verstehen und in gleicher Weise auslegen können (EuGH, Urt. v. 29.04.2004, C-496/99, Rn. 110 und 111, CAS Succhi di Frutta). Mündliche Mitteilungen von Ausschreibungsbedingungen durch öffentliche Auftraggeber gegenüber Bietern genügen dem nicht. Dies ergibt sich auch aus § 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/A EG, wonach Vergabeunterlagen den Bietern (schriftlich) zu übersenden sind, wenn sie nicht elektronisch zur Verfügung gestellt werden. § 2 Abs. 8 BArchG definiert Unterlagen im Übrigen als Akten, Schriftstücke, Karten, Pläne sowie als Träger von unter anderem Datenaufzeichnungen. Folgerichtig hat die Antragsgegnerin in der Bekanntmachung (dort Ziffern II.2.1) und der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots vom 18.06.2014 festgelegt, dass die Vergabeunterlagen Bietern schriftlich und in elektronischer Form zum Download im Internet zur Verfügung gestellt werden sollen. An diese Formvorgabe war sie auch bei einer Änderung der Ausschreibungsbedingungen gebunden (§ 11 Abs. 1 VOB/A EG). Auch die selbst gegebene Regel, Ausschreibungsbedingungen schriftlich festzulegen, hat die Antragsgegnerin gegenüber den Bietern durch die mündliche Mitteilung im Rahmen der Vorstellungsgespräche, Nebenangebote seien in Abweichung der Bekanntmachung zugelassen, missachtet und hierdurch gegen Vergaberecht verstoßen.
25c) Allerdings hat die Antragsgegnerin den im Internet abrufbaren Vergabeunterlagen das Formblatt 211 des Vergabehandbuchs des Bundes beigefügt, in dem sie Nebenangebote durch eine Kennzeichnung der Ziffern 5.2 im Formblatt (Anbringung eines Kreuzes) und damit unter Wahrung der Schriftform zugelassen hat. Für eine vergaberechtskonforme nachträgliche Zulassung von Nebenangebote hat dies gleichwohl nicht ausgereicht, weil weder im Formblatt 211, noch in dem darin in Bezug genommenen Formblatt 212 (dort Ziffer 5), noch an anderer Stelle der Vergabeunterlagen an Nebenangebote gestellte Mindestanforderungen festgelegt worden sind. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 lit. b VOB/A EG, Art. 24 Abs. 3 Richtlinie 2004/18/EG, Art. 45 Abs. 2 Satz 1 Richtlinie 2014/24/EU hat der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen die Mindestanforderungen zu nennen, die zugelassene Nebenangebote (Varianten) erfüllen müssen. Nur eine Erläuterung in den Vergabeunterlagen ermöglicht Bietern in gleicher Weise eine Kenntnisnahme von den Mindestanforderungen, die Nebenangebote erfüllen müssen, um vom Auftraggeber berücksichtigt werden zu können (EuGH, Urt. v. 16.10.2003, C-421/01, juris Rn 29; BGH, Beschl. v. 07.01.2014, X ZB 15/13, juris Rn. 15, 16).
26d) Eine vergaberechtskonforme Festlegung von Mindestanforderungen an Nebenangebote ist auch nicht durch Niederlegung des Inhalts der Vorstellungsgespräche im schriftlichen Protokoll der hiermit von der Antragsgegnerin beauftragten H. (H. GmbH) vom 16.06.2014 erfolgt. Die darin wiedergegebenen und in den Bietergesprächen gemachten mündlichen Angaben der Antragsgegnerin genügten zwar möglicherweise inhaltlich den an Mindestanforderungen zu stellenden Anforderungen. Ausweislich des Protokolls hat die Antragsgegnerin aufgrund genehmigungsrechtlicher Besonderheiten im Zusammenhang mit Strahlenschutz vorgegeben, dass die grundsätzliche Konstruktion des Bauwerks nicht geändert werden dürfe. Änderungen an dem Durchmesser der für die Herstellung der Dichtsohle zu errichtenden Säulen hat sie allerdings zugelassen, aber von den Bietern insoweit einen Nachweis der Gleichwertigkeit zum Amtsentwurf verlangt, der für die Ausführung der Arbeiten an der Dichtsohle im DSV-Verfahren mit firmenspezifischen Herstellparametern und daraus folgend anderen Säulendurchmessern als den bauseits geplanten möglich erschien und nach Ziffern 5.1 der Bewerbungsbedingungen gemäß Formblatt 212 mit dem Angebot einzureichen war. Ob in diesen Angaben zulässige Mindestanforderungen zu sehen sind (vgl. dazu BGH, Urt. v. 07.01.2014, X ZB 15/13, juris Rn. 18 und 22), kann freilich dahin stehen, weil das schriftliche Protokoll vom 16.06.2014 den Bietern nicht übersandt worden und damit weder Bestandteil der Vergabeunterlagen geworden noch den Bietern sonst in transparenter Form bekannt gegeben worden ist. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob das von der Antragstellerin eingereichte Nebenangebot dem Amtsentwurf gleichwertig war.
27e) Auch die bloße Nichtberücksichtigung eingereichter Nebenangebote im Rahmen der Wertung ohne vorherige und rechtzeitige Mitteilung gegenüber den Bietern, die Zulassung von Nebenangeboten werde nicht aufrecht erhalten, war intransparent und vergaberechtswidrig. Die Antragsgegnerin hatte zwar zutreffend erkannt, dass Nebenangebote unter Verstoß gegen Vergaberecht zugelassen worden und deshalb nicht wertbar waren. Diesen Fehler hat sie aber unter erneuter Verletzung erforderlicher Transparenz korrigiert. Denn sie hat die Bieter weder in transparenter Form davon in Kenntnis gesetzt, dass Nebenangebote unzulässig und nicht wertbar seien, noch hat sie ihnen eine Anpassung der Hauptangebote an die veränderten Ausschreibungsbedingungen in angemessener Frist ermöglicht.
283. Ein Zuschlag auf ein eingereichtes Hauptangebot darf nicht erteilt werden.
29a) Die vergaberechtswidrige Zulassung von Nebenangeboten hat vielmehr zur Folge, dass das Vergabeverfahren zurückzuversetzen ist. Werden Hauptangebote in der Annahme erstellt, Nebenangebote seien zugelassen, kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass die Zulassung eines Nebenangebots auf die Erstellung des Hauptangebotes Einfluss ausgeübt hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.11.2011, VII-Verg 22/11, BA 16; Thüringer OLG, Beschl. 16.09.2013, 9 Verg 3/13, juris Rn. 49). Durch die ausdrückliche Zulassung von vergaberechtlich unzulässigen Nebenangeboten hat die Antragsgegnerin bei den Bietern den Eindruck erweckt, Nebenangebote seien mit Blick auf die zu erstellende Dichtsohle unter Änderung des Säulendurchmessers, die - wie die Vergabekammer zutreffend in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat – zu einer Kosteneinsparung führt, erwünscht. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Bieter, so auch die Antragstellerin, das Hauptangebot mit Blick auf das vermeintlich zulässige Nebenangebot ausgearbeitet und kalkuliert haben. Entgegen der Rechtsauffassung der Beigeladenen bedurfte es dazu keiner vertieften Darlegung der Antragstellerin. Von einer gegenseitigen Beeinflussung beider Angebote ist vielmehr bereits aus grundsätzlichen Erwägungen auszugehen, weil die Möglichkeit, Nebenangebote einzureichen, Bietern einen auf mehrere Angebote gestützten Wettbewerbsbeitrag eröffnet, der typischerweise aufeinander abgestimmt wird.
30b) Ein Zuschlag auf das Hauptangebot der Beigeladenen allein auf der Grundlage des Preises, ist zudem unzulässig, weil die Antragsgegnerin die Absicht, in Abweichung von den Festlegungen in der Bekanntmachung eine reine Preiswertung durchzuführen, ebenfalls nicht transparent bekannt gemacht und Bietern keine Gelegenheit gegeben hat, darauf durch Unterbreiten modifizierter Hauptangebote zu reagieren. In Ziffern IV.2.1) der Bekanntmachung hat sie als Zuschlagskriterium das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf Kriterien festgelegt, die in den Ausschreibungsunterlagen oder der Aufforderung zur Angebotsabgabe aufgeführt sind. Allerdings enthielten weder die Vergabeunterlagen noch die Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 18.06.2014 derartige Kriterien. Die Wertung der Hauptangebote unter Außerachtlassung des Wirtschaftlichkeitskriteriums in Form einer reinen Preiswertung verstieß gegen die vergaberechtlichen Gebote der Transparenz und der Gleichbehandlung. Die Beachtung dieser Grundsätze erfordert, dass potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote alle Kriterien, die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden, und deren relative Bedeutung bekannt sind (vgl. EuGH, Urteil v. 25. 04. 1996, C87/94, Kommission/Belgien; v. 12. 12. 2002, C470/99, Universale Bau, NZBau 2003, 162; v. 24.11.2005, C-331/04, ATI EAC, VergabeR 2006, 201; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2011, VII-Verg 64/11; Beschl. v. 23.01.2008, VII-Verg 31/07). Diesem Erfordernis ist nicht Genüge getan, wenn der Auftraggeber nach Eingang der Angebote das mitgeteilte Wertungskonzept grundlegend ändert und sich, ohne die Bieter hiervon in transparenter Form zu unterrichten und in angemessener Frist eine Anpassung der Angebote zu ermöglichen, entschließt, die Zuschlagsentscheidung ausschließlich am Preis zu orientieren. Ein solches Vorgehen kommt auch dann nicht in Betracht, wenn der Auftraggeber das ausfüllungsbedürftige Kriterium der Wirtschaftlichkeit gewählt hat, ohne dieses inhaltlich auszufüllen. In einem solchen Fall muss der Bieter nicht damit rechnen, dass mangels Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitskriteriums die Zuschlagsentscheidung ausschließlich anhand des Preises erfolgt, weil dieser als allein sinnvoller und damit maßgeblicher Gesichtspunkt verbleibt. Auch ohne dass der Auftraggeber angekündigte Unterkriterien mitteilt, darf der Bieter bei seiner Angebotskalkulation davon ausgehen, dass über den Preis hinausgehende Aspekte für die Wertung seines Angebots maßgeblich sein werden. Ist ausweislich der Bekanntmachung davon auszugehen, dass die Zuschlagsentscheidung maßgeblich von anderen Umständen als dem Preis abhängt, kann eine Angebotswertung in Form einer reinen Preiswertung, ohne dass den Bietern Gelegenheit gegeben wird, darauf durch die Unterbreitung modifizierter Angebote zu reagieren, nicht erfolgen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.2011, VII-Verg 64/10, juris Rn. 47).
31Mit dieser Auffassung weicht der Senat entgegen der Rechtsauffassung der Beigeladenen nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab. Soweit der Bundesgerichtshof im Urteil vom 15.04.2008 ausgeführt hat, der Angebotspreis sei für die Zuschlagsentscheidung dann maßgeblich, wenn keine zulässigen Wirtschaftlichkeitskriterien bestimmt worden seien (BGH, Urt. v. 15.04.2008, X ZR 129/06, juris Rn. 20; siehe auch BGH, Urt. v. 15.01.2013, X ZR 155/10, juris Rn. 11), handelte es sich um einen Schadensersatzprozess, dem ein durch Zuschlag bereits abgeschlossenes Vergabeverfahren, nicht aber – wie hier – ein noch laufendes und ein ebenso korrekturbedürftiges, wie korrekturfähiges Vergabeverfahren zugrunde lag. Der dem Urteil des Bundsgerichtshofs zugrunde liegende Sachverhalt eröffnete eine Rechtsprüfung – anders als im Streitfall - ausschließlich unter dem Gesichtspunkt schadensersatzrechtlicher Relevanz.
324. Die Rüge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin sei vergaberechtswidrig im laufenden Vergabeverfahren von einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb zu einer öffentlichen Ausschreibung übergegangen, ist unbegründet. Denn es kann ausgeschlossen werden, dass sich hierdurch ihre Chancen auf den Zuschlag verschlechtert haben. Sie ist vielmehr nach wie vor und gleichberechtigt mit den übrigen Mitbewerbern am Vergabeverfahren beteiligt worden. Auch ist ihr ein Wechsel der Verfahrensart in der schriftlichen Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 18.06.2014 bekannt gemacht worden ist. Konkrete Nachteile, die der Antragstellerin durch einen Übergang vom Verhandlungsverfahren zu einer öffentlichen Ausschreibung erwachsen sein könnten, sind weder ersichtlich noch dargetan. Sie können ausgeschlossen werden.
33Anders als bei Vortrag zur Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags, bei dem im Rahmen der Antragsbefugnis gemäß § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein drohender Schaden bereits dargetan ist, wenn der Vorbringen des Antragstellers ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren (BGH, Beschl. v. 10.11.2009, X ZB 8/09, BGHZ 183, 95-112; BGHZ 169, 131, 141; BVerfG NZBau 2004, 564, 565), bedarf die Kausalität zwischen dem Rechtsverstoß und dem behaupteten Schaden im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrags der Feststellung (§ 114 Abs. 1 GWB). Für die Bejahung eines Kausalzusammenhangs reicht freilich die Annahme aus, dass vergaberechtskonformes Verhalten des Auftraggebers die Angebote beeinflussen und die Aussicht auf den Zuschlag beeinträchtigen könnte (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.1.2008, VII-Verg 31/07, juris Rn. 46). Nichtsdestoweniger ist der Nachprüfungsantrag unbegründet, wenn durch den Vergaberechtsverstoß die Zuschlagschancen des Antragstellers nicht feststellbar geschmälert worden sind, sondern dies – wie hier – ausgeschlossen werden kann. Droht wegen einer Rechtsverletzung kein Schaden, sind die Vergabenachprüfungsinstanzen nicht berechtigt, in das Vergabeverfahren einzugreifen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2010 – VII-Verg 10/10, juris Rn. 21).
345. Der Nachprüfungsantrag scheitert nicht daran, dass sich die Mitglieder der Antragstellerin unter Verstoß gegen § 1 GWB zu einer unzulässigen Bietergemeinschaft zusammen geschlossen haben. Es fehlt bereits an substantiiertem Vortrag der Beigeladenen, die ohne greifbare Anhaltspunkte einen solchen Rechtsverstoß der Antragstellerin ins Blaue hinein behauptet hat. Nach Ziffer III.1.3) der Bekanntmachung hat die Antragsgegnerin für die Rechtsform von Bietergemeinschaften keine Vorgaben gemacht und Bietergemeinschaften damit grundsätzlich zugelassen. Auch § 6 Abs. 1 S. 1 VOB/A EG (ebenso § 6 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A) sieht Bietergemeinschaften vor.
35Die Bildung einer Bietergemeinschaft und die Abgabe eines gemeinsamen Angebots kann freilich gegen § 1 GWB verstoßen, wenn sie eine spürbare Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Die als Bieter auftretende Bietergemeinschaft muss daher grundsätzlich darlegen, dass ihre Bildung und Angebotsabgabe nicht gegen § 1 GWB verstößt. Diese Darlegung muss jedoch nicht schon mit der Abgabe des Angebots erfolgen, weil gemäß § 1 GWB nicht vermutet wird, dass eine Bietergemeinschaft eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Die Bietergemeinschaft muss derartige Angaben vielmehr erst auf eine entsprechende Aufforderung des Auftragsgebers machen und die Gründe für die Bildung der Bietergemeinschaft dartun und erläutern. Dies ergibt sich auch aus § 13 Abs. 5 VOB/A EG, der den notwendigen Inhalt von Angeboten im Hinblick auf Bietergemeinschaften festlegt. Die danach notwendigen Angaben beschränken sich auf die Benennung der Mitglieder der Bietergemeinschaft und des im Vergabeverfahren bevollmächtigten Vertreters. Darlegungen zur Widerlegung eines Kartellrechtsverstoßes gemäß § 1 GWB werden darin nicht verlangt. Als wettbewerbswidrige Abrede stellt ein Verstoß gegen § 1 GWB nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. d VOB/A EG vielmehr einen Ausschlussgrund dar, dessen Grundlagen vom öffentlichen Auftraggeber vorher zu klären und zu prüfen sind. Eine dahin gehende Aufforderung durch den Auftraggeber muss erfolgen, wenn es zureichende Anhaltspunkte dafür gibt, dass es sich bei dem Bieter um eine unzulässige Bietergemeinschaft handelt, beispielsweise wenn die beteiligten Unternehmen gleichartige und auf demselben Markt tätige Wettbewerber sind und nichts dafür spricht, dass sie mangels Leistungsfähigkeit objektiv nicht in der Lage gewesen wären, unabhängig voneinander ein Angebot zu unterbreiten, so dass die Entscheidung zur Zusammenarbeit auf einer wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftigen Unternehmensentscheidung beruht (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.12.2014, VII-Verg 22/14, BA 8 m.w.N.; vgl. dazu Verfürth in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, § 16 VOB/A, Rn. 100 ff.). Im Streitfall hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin bisher nicht zu einer entsprechenden Erläuterung aufgefordert, so dass ein Ausschluss des Angebots nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 lit. d VOB/A EG ausscheidet.
36III. Das Vergabeverfahren ist in den Stand vor Übersendung der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen. Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht hat die Antragsgegnerin die am Verhandlungsverfahren beteiligten Bieter unter Bekanntgabe überarbeiteter Vergabeunterlagen erneut zur Angebotsabgabe aufzufordern und die Angebotswertung zu wiederholen.
37Für den Fall, dass sie dabei Nebenangebote zulassen möchte, sieht sich der Senat zu folgenden ergänzenden Ausführungen veranlasst:
381. Bis zur Umsetzung der am 17.04.2014 in Kraft getretenen Richtlinie 2014/24/EU (Gleiches gilt für die Richtlinie 2014/25/EU) können öffentliche Auftraggeber für Ausschreibungen grundsätzlich das alleinige Zuschlagskriterium des Preises nach der geltenden nationalen und anhand der bis zum 17.04.2016 geltenden Richtlinie 2004/18/EG (Art. 53 Abs. 1, lit. b, 91 Richtlinie 2004/18/EG) richtlinienkonform auszulegenden Vorschrift des § 97 Abs. 5 GWB bestimmen. Ob der nationale Gesetzgeber im Zuge der Umsetzung der neuen Richtlinie von der ihm in Art. 67 Abs. 2, UA 2 Richtlinie 2014/24/EU eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen wird, den Preis oder die Kosten als alleiniges Zuschlagskriterium zu verbieten, bleibt abzuwarten. Eine Festlegung, dass eine Bewertung auf der Grundlage allein des Preises zulässig ist, enthalten die neuen Richtlinien infolge der Bestimmungsermächtigung für die Mitgliedstaaten in Art. 67 Abs. 2 UA 2 Richtlinie 2014/24/EU anders als in Art. 53 Abs. 1 lit. b Richtlinie 2004/18/EG nicht. Der Richtlinie 2014/24/EU kommt deshalb insoweit keine sich aus dem effet utile und dem sogenannten Frustrationsverbot ergebende Vorwirkung zu (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.1998, I ZR 211/95, juris Rn 40-50, Testpreisangebot; vgl. auch EuGH, Urt. v. 04.07.2006, C-212/04, Adelener, juris Rn. 121, 123; Urt. v. 22.11.2005, C-144/04, Mangold, juris Rn. 77; Urt. v. 18.12.1997, C-129/96, Wallonie, juris Rn. 40).
392. Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber, Nebenangebote zuzulassen, ist er ebenfalls bis zur Umsetzung der neuen Richtlinie in nationales Recht an das sich aus § 97 Abs. 5 GWB (Art. 53 Abs. 1 lit. b Richtlinie 2004/18/EG) ergebende Rechtsregime gebunden. Im Rahmen der Wertung von Haupt- und Nebenangeboten hat er aber Besonderheiten zu beachten, um eine wettbewerbskonforme Wertung von Nebenangeboten zu ermöglichen (BGH, Urt. v. 07.01.2014, X ZR 15/13, juris Rn. 18 ff.). Um dem Sinn und Zweck von Nebenangeboten gerecht zu werden, der für öffentliche Auftraggeber darin besteht, Alternativlösungen vorgeschlagen zu bekommen, die er auf Grund seiner gegenüber Bietern geringeren Erfahrung und Fachkunde nicht selbst ausarbeiten kann, muss er einen weiteren, zusätzlichen Wertungsschritt durchführen, der einen Qualitätsvergleich von Haupt- und Nebenangeboten, ermöglicht. Ein solcher Qualitätsvergleich wird nur durch Festlegung aussagekräftiger, auf den jeweiligen Auftragsgegenstand und den mit ihm zu deckenden Bedarf zugeschnittener Zuschlagskriterien gewährleistet. Sie müssen ermöglichen, das Qualitätsniveau von Nebenangeboten und ihren technisch-funktionellen und sonstigen sachlichen Wert über die Mindestanforderungen hinaus nachvollziehbar und überprüfbar mit dem für die Hauptangebote nach dem Amtsvorschlag vorausgesetzten Standard zu vergleichen, so dass das wirtschaftlichste Angebot auf dieser Basis ermittelt und dabei gegebenenfalls auch eingeschätzt werden kann, ob ein preislich günstigeres Nebenangebot mit einem solchen Abstand hinter der Qualität eines dem Amtsvorschlag entsprechenden Hauptangebots zurückbleibt, dass es nicht als das wirtschaftlichste Angebot bewertet werden kann (BGH, Urt. v. 07.01.2014, X ZB 15/13, juris Rn. 24). Von öffentlichen Auftraggebern anhand bestimmter Parameter gestellte Gleichwertigkeitsanforderungen können dem ebenfalls genügen, wenn sie geeignet sind, die geforderte Vergleichbarkeit der Qualität von Haupt- und Nebenangeboten herzustellen. Erfolgt eine Wertung der Nebenangebote anhand aussagekräftiger und einen Qualitätsvergleich ermöglichender Zuschlagskriterien oder anhand geeigneter, spezifischer Gleichwertigkeitsanforderungen, ist eine Wertung von Haupt- und Nebenangeboten anhand des Preises weder nach nationalem, noch nach Unionsrecht ausgeschlossen. Art. 45 Richtlinie 2014/24/EU beschränkt Nebenangebote (Varianten) anders als Art. 24 Abs. 1 Richtlinie 2004/18/EG nicht auf Aufträge, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots vergeben werden. Jedoch sind die Mitgliedstaaten nach Art. 67 Abs. 2 UA 3 Richtlinie 2014/24/EU berechtigt, Auftraggebern eine Verwendung des Preises (oder der Kosten) allein als einzigem Zuschlagskriterium zu untersagen oder zu beschränken. Die Richtlinie 2014/24/EU gewährt den Mitgliedstaaten insoweit einen Umsetzungsspielraum (Wahlfreiheit), der eine Vorwirkung der Richtlinie ausschließt (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2008, I ZR 211/95, juris Rn. 40-50, Testpreis-Angebot; von Danwitz, Europäisches Verwaltungsrecht, S. 190 f.). Eine Berechtigung des Auftraggebers, beim Zuschlagskriterium des niedrigsten Preises Nebenangebote zuzulassen, kann bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist für die neue EU-Richtlinie nur nach Art. 24 Richtlinie 2004/18/EG bestehen.
403. Für den Fall, dass die Antragsgegnerin im Rahmen überarbeiteter Vergabeunterlagen Nebenangebote zulässt, ist sie gehalten, über die Festlegung von Mindestanforderungen, denen Nebenangebote genügen müssen, hinaus eine dem Qualitätsvergleich von Haupt- und Nebenangeboten dienende Wertungsmatrix anhand aussagekräftiger Zuschlagskriterien zu erstellen, die Bietern rechtzeitig und transparent bekannt zu geben ist und anhand derer sie eine Wertung der Nebenangebote durchführt. Dem können nach bestimmten und spezifischen Parametern gestellte Gleichwertigkeitsanforderungen ebenfalls genügen.
41C. Die Entscheidungen über die Kosten beruht auf §§ 120 Abs. 2, 78 GWB. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 50 Abs. 2 GKG.
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(1) In der Leistungsbeschreibung ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, sodass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können. Die Leistungsbeschreibung enthält die Funktions- oder Leistungsanforderungen oder eine Beschreibung der zu lösenden Aufgabe, deren Kenntnis für die Erstellung des Angebots erforderlich ist, sowie die Umstände und Bedingungen der Leistungserbringung.
(2) Bei der Beschaffung von Leistungen, die zur Nutzung durch natürliche Personen vorgesehen sind, sind bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung außer in ordnungsgemäß begründeten Fällen die Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen oder die Konzeption für alle Nutzer zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungsbeschreibung ist den Vergabeunterlagen beizufügen.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) In der Leistungsbeschreibung ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, sodass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können. Die Leistungsbeschreibung enthält die Funktions- oder Leistungsanforderungen oder eine Beschreibung der zu lösenden Aufgabe, deren Kenntnis für die Erstellung des Angebots erforderlich ist, sowie die Umstände und Bedingungen der Leistungserbringung.
(2) Bei der Beschaffung von Leistungen, die zur Nutzung durch natürliche Personen vorgesehen sind, sind bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung außer in ordnungsgemäß begründeten Fällen die Zugänglichkeitskriterien für Menschen mit Behinderungen oder die Konzeption für alle Nutzer zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungsbeschreibung ist den Vergabeunterlagen beizufügen.
Öffentliche Auftraggeber sind
- 1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen, - 2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern - a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden, - b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder - c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
- 3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen, - 4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
Der Bund unterhält ein Bundesarchiv als selbstständige Bundesoberbehörde, die der Dienst- und Fachaufsicht der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde untersteht.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Rüge ist nach § 71a Abs. 1, § 120 Abs. 2 GWB statthaft, im Übrigen aber unzulässig. Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 71a Abs. 1 Nr. 1 GWB ist nur gegen Entscheidungen zulässig, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Rüge wendet sich gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs ausdrücklich nur insoweit, als er bestimmte Hinweise für das weitere Verfahren vor dem Oberlandesgericht gibt, die dieses nicht binden und die erst recht keine direkt an die Vergabestelle gerichteten Anweisungen darstellen. Es ist der Antragstellerin auch grundsätzlich - gegebenenfalls vorbehaltlich Präklusionsgesichtspunkten (§ 107 Abs. 3 GWB) - unbenommen, vor dem Vergabesenat auf andere in ihrer Gehörsrüge als widersprüchlich bezeichnete Einzelheiten in den Eignungsanforderungen hinzuweisen, als diejenigen, zu denen sich der Beschluss der Vergabekammer vom 6. Juni 2013 verhält. Dort befasst die Vergabekammer sich lediglich mit den Erwägungen der Vergabestelle betreffend die als Referenzen bezeichneten jährlichen Umsätze der Antragstellerin von 2.500.000 € mit komplexen Tief- und Leitungsbauarbeiten im innerstädtischen Bereich, die nach den Hinweisen des Senats in Rn. 38 des Beschlusses vom 7. Januar 2014 in dieser Höhe nur für jedes der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre nachgewiesen werden müssen.
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
OLG Jena, Entscheidung vom 16.09.2013 - 9 Verg 3/13 -
(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
- 1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen, - 2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung, - 3.
zu Arbeitsverträgen, - 4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.
(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,
- 1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder - 2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
- 1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder - 2.
Leistungen betreffen, die - a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder - b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird
a) festgestellt, dass die Antragstellerin auch durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens in ihren Rechten verletzt ist.
b) der Antragsgegnerin untersagt, auf der Grundlage ihrer Ausschreibung zur "Neubeschaffung von Endoskopiesystemen für Diagnose und Therapie" mit der Vergabenummer SKL A 08/ den Zuschlag zu erteilen.
3. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
4. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben als Gesamtschuldner die für die Amtshandlungen der Vergabekammer entstandenen Kosten zu tragen.
5. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben der Antragstellerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor der Vergabekammer entstandenen notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu erstatten. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin war notwendig.
6. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde zu tragen.
7. Der Streitwert für die Beschwerdeinstanz beträgt bis 30.000,-- €.
Gründe:
- 1
- A. I. Die Antragstellerin vertreibt medizinische Produkte aus unterschiedlichen optischen Bereichen. Die Antragsgegnerin ist Betreiberin des Städtischen Klinikums L. . Unter dem 23. Juli 2008 schrieb die Antragsgegnerin die Neubeschaffung von Endoskopiesystemen für Diagnose und Therapie im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb europaweit aus. Ein bereits vorangegangenes offenes Verfahren hatte sie im Hinblick auf Rügen und ein Nachprüfungsverfahren (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2008 - 13 Verg 1/08, OLGR Celle 2008, 663) aufgehoben.
- 2
- In der Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin werden die einzelnen gewünschten Komponenten jeweils mit vorgegebenen und weiteren Merkmalen beschrieben, über deren Vorhandensein und Beschaffenheit der Bieter Angaben zu machen hat. So heißt es beispielsweise bei der Position "01.01.004 Absaugpumpe" (gekürzt): "Allg. Merkmale - Das Gerät muss den Anforderungen der Richtlinie 93/42/EWG entsprechen und mit CE-Kennzeichnung versehen sein. - Das Gerät muss die EMC-Norm für Medizingeräte (IEC 60601-1-2: 2001) erfüllen , wenn es in Kombination mit CE-Zeichen gekennzeichneten MP’s erfolgt. - Erfüllt Emissionsanforderungen n. EN 55011: Gruppe , Klasse Leistungsmerkmale - Pumpentyp: - Kennzeichnung der Pumpe mit 'High Vaccuum, High Flow' gem. ISO 10079-1: ja/nein - Vakuumnennwert kPa +/. % - Vakuumleistung kPa in 10 sek - Betriebsart 'Dauerbetrieb' ja/nein wenn nein, welche ununterbrochene Betriebszeit Std - Thermoschutz des Pumpenmotors ja/nein - Verwendung von Mehrweg-/Einwegsekretbehältern/beides ? wenn Mehrwegbehälter, therm. sterilisierbar (137º C) ja/nein Techn. Merkmale - Spannungsversorgung VAC - Netzfrequenz Hz - Leistungsaufnahme VA"
- 3
- Bereits während der Frist zur Teilnahme am Wettbewerb rügte die Antragstellerin verschiedene Punkte der Ausschreibung. Sie bemängelte insbesondere die Absicht der Antragsgegnerin, den Auftrag im Verhandlungsverfahren zu vergeben.
- 4
- Die Antragsgegnerin half den Rügen im Wesentlichen nicht ab, sondern informierte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 gemäß § 13 VgV, dass die Beigeladene die höchste Punktzahl erhalten habe und ihr der Zuschlag erteilt werden solle. Daraufhin leitete die Antragstellerin das Nachprüfungsverfahren ein.
- 5
- Die Antragsgegnerin macht geltend, sie habe nicht von vorneherein festlegen können, welche Systemkomponenten die Leistung beinhalten solle, ohne ein Unternehmen zu diskriminieren. Insoweit sei es nicht möglich gewesen, eine feste, unveränderbare Leistungsbeschreibung zu erstellen, die eine vergleichende Wertung der Angebote im Rahmen eines offenen Verfahrens ermöglicht hätte. Sie habe sich daher für ein Verhandlungsverfahren entschieden.
- 6
- II. Die Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft , Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung L. - hat in dem angefochtenen Beschluss vom 6. März 2009 festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt sei, soweit die Antragsgegnerin bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots auch das von der Beigeladenen angebotene Skonto berücksichtigt habe. Im Übrigen hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Insbesondere sei die Antragstellerin durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens nicht in ihren Rechten verletzt.
- 7
- III. Gegen diese Zurückweisung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie rügt weiterhin die Unzulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens und hält auch ihre weiteren Rügen aufrecht, soweit die Vergabekammer ihnen nicht stattgegeben hat.
- 8
- Die Antragstellerin beantragt: 1. die Entscheidung der Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung L. -, Az. VgK-59/2008 vom 6. März 2009 aufzuheben , soweit der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen wurde; 2. festzustellen, dass die Beschwerdeführerin (= Antragstellerin) durch die Gestaltung des Vergabeverfahrens insgesamt und nicht nur durch die Wertung des Skontos im Angebot der Beigeladenen verletzt wurde; 3. der Beschwerdegegnerin (= Antragsgegnerin) aufzugeben, das Vergabeverfahren zur "Neubeschaffung von Endoskopiesystemen für Diagnose und Therapie" aufzuheben; 4. hilfsweise, der Beschwerdegegnerin aufzugeben, das Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts weiterzuführen; 5. hilfsweise, andere geeignete Maßnahmen zu treffen und 6. im Rahmen der das Verfahren vor der Vergabekammer betreffenden Kostenentscheidung die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären.
- 9
- Die Antragsgegnerin sowie die Beigeladene treten diesen Anträgen entgegen.
- 10
- Das angerufene Oberlandesgericht Celle hat mit Beschluss vom 8. April 2009 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin antragsgemäß verlängert (Bl. 79 f. GA).
- 11
- Die Antragsgegnerin hat bereits mit Schreiben vom 7. April 2009 den Zuschlag an die Beigeladene erteilt. Sie ist der Ansicht, für den Fristbeginn sei die am 9. März 2009 erfolgte Faxübermittlung des Beschlusses vom 6. März 2009 durch die Vergabekammer maßgebend und nicht die nachfolgende Zustellung vom 11. März 2009.
- 12
- Die Antragstellerin stellt hilfsweise für den Fall, dass dem gefolgt werden sollte, einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB.
- 13
- Das Oberlandesgericht Celle hält die Rüge der Wahl des Verhandlungsverfahrens für zulässig und in der Sache auch für begründet, ist jedoch der Ansicht , ihr nicht stattgeben zu können, weil es damit jedenfalls von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 4. Februar 2009 (1 Verg 4/08, ZfBR 2009, 292) abwiche. Es hat die Sache deshalb mit Beschluss vom 17. Juli 2009 (13 Verg 3/09, VergabeR 2009, 898) gemäß § 124 Abs. 2 GWB dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
- 14
- B. Am 24. April 2009 ist das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts in Kraft getreten. Nach dem durch dieses Gesetz neu angefügten § 131 Abs. 8 GWB ist für das vorliegende Verfahren das Gesetz in der bis zum 24. April 2009 geltenden Fassung maßgeblich.
- 15
- I. Die Vorlage ist zulässig. Das vorlegende Oberlandesgericht will als tragende Begründung seiner Entscheidung den Rechtssatz zugrunde legen, dass einem Bieter regelmäßig auch dann ein Schaden durch die Verletzung von Vergabevorschriften droht, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt (vgl. auch OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2008 - 13 Verg 1/08, OLGR Celle 2008, 663; OLG München, Beschl. v. 28.4.2006 - Verg 06/06, VergabeR 2006, 914 - "Juristische Beratung"; VK Bund, Beschl. v. 19.11.2008 - VK 1-135/08, Juris; VK Sachsen, Beschl. v. 20.8.2004 - 1/SVK/067-04, Juris; VK Südbayern, Beschl. v. 25.10.2006 - Z3-3-3194-1-28, Juris).
- 16
- Hiermit würde das vorlegende Oberlandesgericht jedenfalls von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Koblenz (Beschl. v. 4.2.2009 - 1 Verg 4/08, ZfBR 2009, 292) abweichen, weil dieses ausweislich der Ausführungen unter Ziffer V des zitierten Beschlusses den Rechtssatz anwendet, dass zur Darlegung der Antragsbefugnis im Sinne des § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Sachvortrag erforderlich sei, aus dem sich schlüssig und nachvollziehbar ergebe , dass die Aussichten des Antragstellers auf eine Berücksichtigung seiner Bewerbung oder die Erteilung des Zuschlags gerade durch den gerügten Vergaberechtsverstoß beeinträchtigt worden seien, was einem Antragsteller, der sich an dem von ihm als falsch gerügten Verfahren durch Abgabe eines Gebots beteiligt habe, nicht gelingen könne. Die Weigerung der Vergabestelle, die Ausschreibung aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart - im entschiedenen Fall nationale statt europaweite Ausschreibung - aufzuheben, sei kein selbständiger Vergabeverstoß, der zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden könne (vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 12.4.2000 - Verg 1/00, BayObLGZ 2000, 109; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.7.2002 - Verg 22/02, NZBau 2002, 634; Beschl. v. 16.2.2006 - VII-Verg 6/06, IBR 2006, 356; Beschl. v. 8.5.2002 - VII-Verg 5/02, Juris; Beschl. v. 25.3.2002 - Verg 5/02, ZfBR 2002, 514; Beschl. v. 22.11.1999 - Verg 2/99, Juris; OLG Jena, Beschl. v. 8.5.2008 - 9 Verg 2/08, VergabeR 2008, 653; VK Sachsen, Beschl. v. 11.8.2006 - 1/SVK/073-06, Juris; VK Schleswig-Holstein, Beschl. v. 28.1.2009 - VK-SH 18/08, Juris; Beschl. v. 28.11.2006 - VK-SH 25/06, ZfBR 2007, 206).
- 17
- Das Oberlandesgericht Koblenz begründet seine Entscheidung, die Fortsetzungsfeststellungsklage abzuweisen, zum einen damit, dass die Klägerin nicht schlüssig dargelegt habe, dass sie durch die Wahl des falschen Verfahrens , an dem sie sich mit einem nicht wertbaren Angebot beteiligt habe, einen Schaden erlitten habe. Zum anderen führt das Oberlandesgericht aus, dass dem Erfolg des Feststellungsantrags auch entgegenstehe, dass der ursprüngliche Nachprüfungsantrag unzulässig gewesen sei, weil der Klägerin aus den oben bereits geschilderten Gründen die Antragsbefugnis gefehlt habe. Beide Begründungen stehen gleichberechtigt nebeneinander.
- 18
- Damit hat das Oberlandesgericht Koblenz einen Rechtssatz als tragende Begründung zugrunde gelegt, der von demjenigen Rechtssatz abweicht, den das vorlegende Oberlandesgericht Celle nunmehr anwenden möchte. Angesichts dieser Divergenz führt die Vorlage dazu, dass grundsätzlich nunmehr der Bundesgerichtshof über die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu entscheiden hat (§ 124 Abs. 2 Satz 2 GWB; BGHZ 146, 202, 205; 169, 131, 135).
- 19
- II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 116 Abs. 2 GWB statthaft und in rechter Frist und Form eingelegt.
- 20
- III. Das Begehren der Antragstellerin, das von der Antragsgegnerin eingeleitete Vergabeverfahren der Nachprüfung zu unterziehen, ist ebenfalls zulässig.
- 21
- 1. Das Nachprüfungsverfahren ist nicht durch den der Beigeladenen erteilten Zuschlag erledigt. Dieser Zuschlag ist gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 115 Abs. 1 GWB nichtig. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. April 2009 bis zur Ent- scheidung über die sofortige Beschwerde verlängert worden (§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB). Zu Unrecht meint die Antragsgegnerin, die Beschwerdefrist sei schon durch die Übersendung der angegriffenen Entscheidung per Telefax am 9. März 2009 in Lauf gesetzt worden, weshalb die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bereits zum Zeitpunkt des Zuschlags und vor Erlass des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 8. April 2009 beendet gewesen sei. Zwar kann eine Zustellung gemäß § 114 Abs. 3 GWB in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB, § 1 Abs. 1 NVwZG in Verbindung mit § 5 Abs. 4 VwZG auch per Telefax erfolgen. Es muss dann allerdings eindeutig sein, dass die Übermittlung per Telefax zum Zwecke der Zustellung erfolgt (Reidt, in: Reidt/Stickler/Glahs, VergR, 2. Aufl., § 114 Rdn. 70 c). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben:
- 22
- Die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB wird nicht dadurch in Lauf gesetzt, dass die Vergabekammer eine Beschlussabschrift "vorab" per Telefax übersendet, wenn für den Empfänger zu erkennen ist, dass die Übermittlung per Telefax nur zur Information und nicht zum Zwecke der Zustellung erfolgt.
- 23
- Dem Telefax vom 9. März 2009 war zwar ein Anschreiben, nicht aber das nach § 5 Abs. 4 VwZG erforderliche Empfangsbekenntnis beigefügt (§ 5 Abs. 4 VwZG: "... kann auch auf andere Weise ... gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden."; vgl. hierzu BayObLG, Beschl. v. 10.10.2000 - Verg 5/00, VergabeR 2001, 55 ff.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.7.2000 - 2 Verg 5/00, NZBau 2000, 462, 463). Insbesondere betraf die Bitte um sofortige Bestätigung nur den Eingang des Telefax und nicht die Rücksendung eines Empfangsbekenntnisses. Bei der gewünschten "sofortigen" Bestätigung konnte es daher nur um den Erhalt des Schreibens als solchen gehen. Nicht zuletzt enthielt das Telefax vom 9. März 2009 den ausdrücklichen Zusatz "Wegen der Eilbedürftigkeit erfolgt der Versand vorab per Telefax", wobei das Wort "vorab" fett gedruckt und unterstrichen war. Dies macht nach dem objektiven Empfängerhorizont nur dann Sinn, wenn der Übermittlung per Fax noch etwas nachfolgen sollte. Dies wiederum konnte ersichtlich nur die formelle Zustellung sein. Bestätigt wird diese Sicht dadurch, dass die Vorgehensweise der üblichen Handhabung bei der Vergabekammer entsprach und sämtlichen Beteiligten aus dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren bekannt war.
- 24
- 2. Die Antragstellerin ist auch gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt.
- 25
- a) Die Antragstellerin hat ein Interesse an dem Auftrag, dessentwegen die Antragsgegnerin das zur Nachprüfung gestellte Vergabeverfahren durchführt. Dies bedarf keiner weiteren Darlegung, weil die Antragstellerin Bieterin in dem eingeleiteten Vergabeverfahren ist und bereits der Umstand der Angebotsabgabe regelmäßig das erforderliche Interesse belegt (BVerfG, Beschl. v. 29.7.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564; BGHZ 169, 131, 135). Dafür, dass im Streitfall ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, ist nichts ersichtlich. Hierfür wird auch weder von der Antragsgegnerin noch von der Beigeladenen etwas dargetan.
- 26
- b) Die weitere Voraussetzung des § 107 Abs. 2 Satz 1 GWB (Geltendmachung einer Verletzung in Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften) ist ebenfalls erfüllt.
- 27
- Insoweit reicht es aus, dass nach der Darstellung des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Unternehmens eine Verletzung eigener Rechte möglich erscheint. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes, der im Anwendungsbereich des § 100 Abs. 1 GWB durch das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren ermöglicht werden soll, kann die Antragsbefugnis nämlich nur einem Unternehmen fehlen, bei dem offensichtlich eine Rechtsbeeinträchtigung nicht vorliegt (BVerfG, Beschl. v. 29.7.2004 - 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564, 566; BGHZ 169, 131, 136). Mit ihrem das Nachprüfungsverfahren einleitenden Schriftsatz hat die Antragstellerin unter anderem unter Behauptung von Tatsachen vorgebracht, dass die Wahl des Verhandlungsverfahrens durch die Antragsgegnerin vergabewidrig sei. Die Antragstellerin hat damit Umstände vorgetragen , die - wenn sie zutreffen - ergeben, das die Antragsgegnerin Bestimmungen über das Vergabeverfahren missachtet hat.
- 28
- c) Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen mangelt es auch nicht an der nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderlichen Darlegung, dass der Antragstellerin durch die Wahl der angeblich falschen Verfahrensart ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
- 29
- aa) Die Antragstellerin hat insoweit ausgeführt, dass das Vergabeverfahren in der jetzigen Form nicht weiter geführt werden könne und mithin nur eine Aufhebung und Neuausschreibung in Betracht komme. Die Antragstellerin hat ferner dargelegt, dass auf Seiten der Antragsgegnerin weiterhin ein Beschaffungsbedarf bestehe, sie selbst weiterhin Interesse an der Erteilung des Zuschlags habe, und dass sie sich deswegen an einer neuen Ausschreibung beteiligen würde. Die Absicht der Antragsgegnerin, das Vergabeverfahren in der jetzigen Form fortzuführen, nehme ihr die Chance, sich erfolgreich an der in Betracht kommenden Neuausschreibung zu beteiligen. Ihr drohe damit ein Schaden. Anhaltspunkte dafür, dass ihre Teilnahme an einer Neuausschreibung keinen Erfolg haben könnte, seien weder dargetan noch sonst ersichtlich, zumal es ihr im Rahmen einer neuen Ausschreibung freistehe, ein verbessertes Angebot einzureichen.
- 30
- bb) Dieses Vorbringen genügt im Ergebnis den gemäß § 107 Abs. 2 GWB zu stellenden Anforderungen:
- 31
- Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabevorschriften , wenn das eingeleitete Vergabeverfahren aufgrund der Wahl der falschen Verfahrensart nicht durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.
- 32
- Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein drohender Schaden im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB bereits dargetan, wenn der Vortrag des Antragstellers ergibt, dass er im Fall eines ordnungsgemäßen (neuerlichen) Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte als in dem beanstandeten Verfahren (BGHZ 169, 131, 141). Ein Schaden droht bereits dann, wenn die Aussichten dieses Bieters auf die Erteilung des Auftrags zumindest verschlechtert worden sein können (vgl. BVerfG NZBau 2004, 564, 565). Das ist nicht nur der Fall, wenn dies für den Zuschlag in dem eingeleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zutrifft. Denn es ist die tatsächliche Erteilung des Auftrags, welche die Vermögenslage von Bietern beeinflusst, nicht der Umstand, in welchem Vergabeverfahren sie erfolgt. § 107 Abs. 2 GWB lässt auch nicht erkennen, dass für die Antragsbefugnis allein auf die Möglichkeit abzustellen sein könnte, den ausgeschriebenen Auftrag gerade in dem eingeleiteten und zur Nachprüfung gestellten Vergabeverfahren zu erhalten. Nach seinem Wortlaut muss vielmehr ganz allgemein ein (drohender) Schaden dargelegt werden, für den die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften kausal ist. Es genügt deshalb, wenn es nach dem Vorbringen des das Nachprüfungsverfahren betreibenden Bieters möglich erscheint, dass er ohne den behaupteten Vergaberechtsverstoß den Bedarf, dessentwegen die Ausschreibung erfolgt ist, gegen Entgelt befriedigen kann. Das ist regelmäßig auch der Fall, wenn das eingeleitete Vergabeverfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet werden darf, und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt. Dass im Voraus nicht abzusehen ist, ob die darin liegende Chance eine realistische Aussicht darstellt, den Auftrag zu erhalten, und sich eine solche Chance keinesfalls zwangsläufig für den betreffenden Bieter auftun muss, ist angesichts der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unerheblich. Denn hiernach reicht schon die Möglichkeit einer Verschlechterung der Aussichten des den Nachprüfungsantrag stellenden Bieters infolge der Nichtbeachtung von Vergabevorschriften aus.
- 33
- Eine solche Verschlechterung kommt auch im Streitfall in Betracht. Das Verhandlungsverfahren unterscheidet sich grundsätzlich vom offenen Verfahren , weil der öffentliche Auftraggeber im offenen Verfahren den Auftrag nur gemäß dem Inhalt eines der innerhalb der Angebotsfrist abgegebenen Gebote erteilen darf, während im Verhandlungsverfahren der Inhalt der Gebote jeweils verhandelbar ist. Wird das Verhandlungsverfahren zu Unrecht gewählt, ist deshalb jeder Bieter der ansonsten nicht gegebenen Gefahr ausgesetzt, im Rahmen von Nachverhandlungen von einem Mitbewerber unterboten zu werden. Bereits dies kann seine Zuschlagschancen beeinträchtigen.
- 34
- Ob dies auch in dem vom Oberlandesgericht Koblenz einerseits und vom Kammergericht andererseits (Beschl. v. 17.10.2002 - 2 KartVerg 13/02, VergabeR 2003, 50) unterschiedlich entschiedenen Fall der Teilnahme an einer fehlerhaften , weil nur nationalen statt europaweiten Ausschreibung bejaht werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung.
- 35
- Die Antragsbefugnis kann auch nicht mit der Begründung in Zweifel gezogen werden, die Antragstellerin handele widersprüchlich, weil sie ihre Chance auf Erhalt des Auftrags in dem Verhandlungsverfahren gesucht hat, obwohl sie erkannt hat, dass für die nachgefragten Leistungen diese Verfahrensart nicht hätte gewählt werden dürfen (vgl. VK Düsseldorf, Beschl. v. 30.9.2002 - VK-26/2002-L, Juris). Die Abgabe eines Angebots ist - wie bereits erwähnt - das Mittel, das ohne weiteres das für einen Nachprüfungsantrag erforderliche Interesse am Auftrag belegt. Von einem Angebot Abstand zu nehmen, hieße außerdem, darauf vertrauen zu müssen, dass die eigene rechtliche Beurteilung, dass die Wahl des Verhandlungsverfahrens vergaberechtswidrig sei, auch von der zuständigen Vergabekammer bzw. den nachgeordneten Gerichten geteilt wird. Das sind in Anbetracht des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 2004 (2 BvR 2248/03, VergabeR 2004, 597) Gründe, die dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens entgegenstehen.
- 36
- Im Übrigen hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) die Zulässigkeitsanforderungen in § 107 Abs. 3 GWB zwar dahin verschärft, dass der Nachprüfungsantrag unzulässig ist, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung eines Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind. Daraus lässt sich aber nicht herleiten, dass ein nach altem Recht zu beurteilender Nachprüfungsantrag, bei dem diese Fristenzusammenhänge nicht gewahrt sind, auch schon auf der Grundlage bisherigen Rechts als unzulässig angesehen werden könnte.
- 37
- Da die Antragstellerin mithin antragsbefugt ist, kann offen bleiben, ob die von der Vergabekammer Düsseldorf in dem zitierten Beschluss gezogene Schlussfolgerung, dass die Wahl der Vergabeart als Vergaberechtsverstoß auch ohne eine Beanstandung durch den Antragsteller gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB von Amts wegen zu beachten sei, zutrifft.
- 38
- 3. Die Antragstellerin hat die Wahl des Verhandlungsverfahrens auch unverzüglich bei der Antragsgegnerin gerügt und ist damit ihrer Obliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB nachgekommen.
- 39
- IV. Das mithin zulässige Begehren um Nachprüfung des eingeleiteten Vergabeverfahrens ist jedenfalls in Bezug auf die Rüge, das Verhandlungsverfahren sei zu Unrecht gewählt worden, begründet.
- 40
- 1. Die Antragstellerin beanstandet zu Recht, dass die Antragsgegnerin bei der Wahl des Verhandlungsverfahrens gegen § 101 Abs. 6 Satz 1 GWB verstoßen habe. Diese Vorschrift schreibt öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich das offene Verfahren vor, "es sei denn, aufgrund dieses Gesetzes ist etwas anderes gestattet." Die freie Wahl zwischen den Verfahrensarten steht gemäß § 101 Abs. 6 Satz 2 GWB nur Auftraggebern zu, die "unter § 98 Nr. 4 fallen" (Tätigkeit im Bereich der Trinkwasser- oder Energieversorgung, des Verkehrs, der Telekommunikation). Zu diesen gehört die Antragsgegnerin nicht. Maßgeblich ist daher der Grundsatz in § 101 Abs. 6 Satz 1 GWB. Die Voraussetzungen, unter denen in den Fällen des Satzes 1 ausnahmsweise das Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb zulässig ist, sind in § 3 a Nr. 1 Abs. 5 VOL/A 2006 geregelt, weil der auf Grund § 97 Abs. 6 GWB erlassene § 4 Abs. 1 VGV hierauf verweist.
- 41
- 2. Die Voraussetzungen des § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006, auf die sich die Antragsgegnerin allein stützt, liegen nicht vor.
- 42
- a) Die Vorschrift beinhaltet zwei Fallgruppen, weil sie voraussetzt, dass es sich um Liefer- oder Dienstleistungsaufträge handelt, "die ihrer Natur nach oder wegen der damit verbundenen Risiken eine vorherige Festlegung eines Gesamtpreises nicht zulassen". Entscheidend ist aber in beiden Fällen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung, welches Vergabeverfahren gewählt werden kann, den zukünftigen Bietern voraussichtlich die Bildung eines Gesamtpreises nicht möglich sein wird, weil der Bedarf, den der öffentliche Auftraggeber als gegeben ansieht und deshalb ausschreiben will, dessen Kalkulation nicht zulässt. Das kommt nur in ganz besonders gelagerten Beschaffungsfällen in Betracht. Der Ausnahmecharakter ergibt sich auch daraus, dass § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006 explizit von "Ausnahmefällen" spricht. Die Vorschrift ist demnach stets so auszulegen und anzuwenden, dass ihr Anwendungsbereich nicht zur Regel wird (vgl. auch EuGH, Urt. v. 13.1.2005 - Rs. C 84/03, EWS 2005, 125, 128; Urt. v. 10.4.2003 - Rs. C 20/01, EWS 2003, 240; Urt. v. 10.3.1987 - Rs. C 199/85, Slg. 1987, 1055; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.10.2008 - VII-Verg 46/08, VergabeR 2009, 173; Beschl. v. 27.10.2004 - VII-Verg 52/04, VergabeR 2005, 252; OLG Naumburg, Beschl. v. 10.11.2003 - 1 Verg 14/03, Juris).
- 43
- aa) Bei der ersten Fallgruppe folgt die Unmöglichkeit, den Gesamtpreis vorher festzusetzen, aus der Natur der zu liefernden Sache oder Dienstleistung.
- 44
- Dies betrifft Fallgestaltungen, bei denen eine vorherige exakte Festlegung der zu liefernden Sachen oder der auszuführenden Dienstleistungen und/oder deren Kalkulation aufgrund von Umständen, die in der Natur des zu Beschaffenden liegen, objektiv nicht möglich ist. Ein Fall der ersten Alternative kann etwa bei Reparaturleistungen angenommen werden, bei denen das Ausmaß der erforderlichen Reparaturen erst nach Beginn der Arbeiten deutlich wird (vgl. EG-Kommission, Leitfaden zu den Gemeinschaftsvorschriften über öffentliche Dienstleitungsaufträge, S. 22). Die zweite Alternative kommt etwa in Betracht bei der Ausschreibung eines mobilen Systems zum Einzug von Verwarnungsgeldern , wenn die Vergütung pro Zahlungsvorgang erfolgen soll, deren Anzahl aber nicht abschätzbar ist (vgl. Kaelble in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl., § 3 a Nr. 1-3 Rdn. 117 Fn. 143 unter Hinweis auf VK Düsseldorf, Beschl. v. 13.5.2002 - VK-7/2002-L).
- 45
- Diese Auslegung von § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006 entspricht auch den Erwägungen zu Art. 30 Abs. 1 b der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleitungsaufträge (ABl. L 134 v. 30.4.2004, S. 114, dort Erwägungsgrund 31).
- 46
- bb) Bei der zweiten Fallgruppe ist eine vorherige Festlegung der zu liefernden Sachen oder der zur erbringenden Dienstleistungen durch die Vergabestelle zwar möglich; jedoch kann die Kalkulation eines Gesamtpreises durch die Bieter aufgrund dem Auftrag immanenter Umstände nicht ohne Spekulation erfolgen, so dass es unbillig erscheint, ihre Folgen ohne weiteres allein dem Bieter aufzubürden. Zu denken ist hierbei zum Beispiel an den Bau eines Tunnels , dessen Beschaffenheit zwar im Einzelnen beschrieben werden kann, bei dem aber bereits abzusehen ist, dass die Erfüllung des Auftrags durch unbekannte geologische Gegebenheiten beeinflusst wird (vgl. EG-Kommission, Grünbuch ÖPP, KOM(2004) 327 Rdn. 24; Arrowsmith, CML Rev. 37(2000), 709, 724), oder an die Entsorgung von Altlasten eines Grundstücks (vgl. Kaelble in Müller-Wrede, VOL/A, 2. Aufl., § 3 a Nr. 1-3 Rdn. 115; Müller in Daub/Eberstein, VOL/A, § 3 a Rdn. 18), wenn verhandelt werden muss, wer das Risiko von etwaigen Zusatzkosten trägt.
- 47
- b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist es im vorliegenden Fall möglich, im offenen Verfahren die nachgefragten Sachen und Dienstleitungen eindeutig und abschließend zu beschreiben sowie einen vorherigen Gesamtpreis festzusetzen:
- 48
- aa) Die Vergabestelle plant den Umbau und die Erneuerung der Endoskopie eines Krankenhauses zu einem modernen Gastroenterologiezentrum. Neben der Planung der Schaffung der baulichen Voraussetzungen soll auch die medizinische Geräteausstattung dem neuesten medizinischen Stand angepasst werden. Die gesamte Medizingeräteausstattung inkl. der Aufbereitungs- und EDV-Dokumentationssysteme soll untereinander kompatibel sein. Ferner sollen Wartungsarbeiten an dem System erbracht und gebrauchte Endoskope zurückgenommen werden.
- 49
- bb) Die Antragsgegnerin hat in ihrem Vergabevermerk vom 1. Juli 2008 ausgeführt, dass auf dem Markt verschiedene Endoskopie-Systeme vorhanden seien, die sich in ihren einzelnen Komponenten unterschieden. Jeder Hersteller verfüge über Alleinstellungsmerkmale, die nicht in Form zwingender Kriterien in das Leistungsverzeichnis aufgenommen werden könnten. Würde sich die Vergabestelle auf ein konkretes System festlegen, so würde damit auch gleichzeitig eine Festlegung auf einen Anbieter erfolgen. Die anderen Bieter könnten die Merkmale nicht erfüllen, ein Wettbewerb wäre ausgeschlossen. Eine Bieterbenachteiligung könne demnach nur dadurch ausgeschlossen werden, dass im Rahmen von Verhandlungen einzelne technische Merkmale miteinander abgewogen und in Korrelation zum Preis gesetzt werden.
- 50
- cc) Diese Ausführungen rechtfertigen die Wahl des Verhandlungsverfahrens nicht. Denn im Widerspruch hierzu hat sich die Antragsgegnerin in der Lage gesehen, von vornherein ein differenziertes Leistungsverzeichnis zu erstellen , in dem die nachgefragten Leistungen im Einzelnen beschrieben sind. Dabei hat sie die Eigenschaften eines jeden ihr bekannten marktgängigen Systems in allen Einzelheiten abgebildet und zusätzlich Raum für gleichwertige Alternativen gelassen. Dadurch ergab sich zwar zwangsläufig bei den einzelnen Positionen eine Vielzahl von unterschiedlichen Eintragungsmöglichkeiten. Deshalb handel- te es sich aber noch nicht um Alternativpositionen, die es dem Bieter unmöglich machten, vergleichbare und bepreiste Angebote zu machen. Für die mit der Situation des - ohnehin begrenzten - Marktes ebenfalls vertrauten Bieter war vielmehr offensichtlich, was genau die Antragsgegnerin beschaffen wollte, nämlich eines der beschriebenen auf dem Markt befindlichen Systeme. Die unterschiedlichen Funktionsparameter in den Einzelpositionen dienten lediglich der produktneutralen Beschreibung und gleichzeitig der Vorbereitung einer ausdifferenzierten Bewertungsmatrix. Dass die verschiedenen Bieter - insbesondere die Antragstellerin und die Beigeladene - unterschiedliche Endoskopiesysteme vertreiben , kann nicht ausreichen, um ein Verhandlungsverfahren zuzulassen. Denn anderenfalls könnte wegen der Produktvielfalt in den meisten Bereichen bei vielen Ausschreibungen vom Grundsatz des offenen Verfahrens abgewichen werden. Die Ausnahme würde zur Regel.
- 51
- Es ist auch nicht ersichtlich, dass es der Antragsgegnerin in irgendeiner Weise auf die Entwicklung einer Leistung im Laufe des Verfahrens angekommen wäre. Sie wusste vielmehr sehr genau, welche Anforderungen die Endoskopiesysteme erfüllen sollten und war daher auch in der Lage, die gewünschte Leistung von Beginn des Verfahrens an konkret zu beschreiben, wie eine Zusammenschau des Leistungsverzeichnisses mit der Bewertungstabelle ergibt. Die Antragsgegnerin hat jedem möglichen Ausstattungsmerkmal einen Punktwert zugeordnet, mit der Folge, dass dasjenige Angebot gewinnen sollte, das die meisten Ausstattungsmerkmale erfüllt. Die Bieter hatten daher die Möglichkeit , unter Nennung eines vorherigen Gesamtpreises ein Produkt anzubieten, das möglichst viele der Ausstattungsmerkmale aufweist, zu denen Angaben gefordert waren. Dementsprechend ist auch den Ausschreibungsunterlagen der Antragsgegnerin genauso wie den Angebotsunterlagen der Antragstellerin zu entnehmen, dass Einzel- und Gesamtpreise angeboten werden sollten und wurden. Auf der letzten Seite des Leistungsverzeichnisses der Antragsgegnerin ist bezeichnenderweise ein freies Feld zur Eintragung der Gesamtsumme inkl. Mehrwertsteuer vorgesehen. Keiner der beteiligten Bieter hat im Übrigen erklärt , dass dies nicht möglich sei. Auch die Existenz einer für alle Angebote gültige Bewertungstabelle setzt voraus, dass sachlich vergleichbare und preislich eindeutig zu bewertende Angebote zu erwarten waren.
- 52
- dd) Unbestritten haben auch keine Verhandlungen über die Leistung im Sinne einer "Entwicklung" stattgefunden, sondern nur über Nachbesserungen im Preis. Auch dies ist ein Indiz für das Vorliegen einer beschreibbaren Leistung und der Möglichkeit einer vorherigen Festlegung des Gesamtpreises.
- 53
- ee) Nicht zuletzt folgt die Möglichkeit der Wahl des offenen Verfahrens auch daraus, dass die Antragsgegnerin die Neubeschaffung der streitgegenständlichen Endoskopiesysteme bereits ein Jahr zuvor im offenen Verfahren ausgeschrieben hatte und sie dieses Verfahren nicht etwa wegen der Unmöglichkeit der Bildung eines Gesamtpreises, der Komplexität der Produkte oder wegen des Eingangs ausschließlich unwertbarer Angebote aufgehoben hat, sondern wegen eines erfolgreich gerügten anderweitigen Vergaberechtsverstoßes.
- 54
- ff) Andere Gründe, die die Wahl des Verhandlungsverfahrens rechtfertigen könnten, sind nicht aktenkundig. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin vorliegend nicht geltend gemacht hat, dass mit dem Auftrag besondere Risiken verbunden seien (vgl. § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b Fallgruppe
2) oder der Bedarf aufgrund technischer Besonderheiten nur von einem Bieter befriedigt werden könne (vgl. § 3 a Nr. 2 lit. c VOL/A).
- 55
- V. Da die zulässige Beschwerde begründet und die Antragstellerin durch den Vergabeverstoß in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist, ist die Entscheidung der Vergabekammer im Umfang der Anfechtung (§§ 114 Abs. 2, 123 Satz 1 GWB) teilweise aufzuheben. Ferner ist auszusprechen, dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage des bisherigen, fehlerhaften Vergabeverfahrens keinen Zuschlag erteilen darf und dass die Antragstellerin durch die Gestaltung des Vergabeverfahrens als Verhandlungsverfahren verletzt wurde.
- 56
- Obwohl unter den hier gegebenen Umständen eine Korrektur des vorgekommenen Vergabefehlers kaum ohne Aufhebung der Ausschreibung möglich sein wird, ist die Aufhebung der Ausschreibung bzw. eine Verpflichtung zu derselben (vgl. Antrag 3) nicht auszusprechen (a.A. z.B. OLG Celle im Vorlagebeschluss sowie im Beschl. v. 8.4.2004 - 13 Verg 6/04, OLGR Celle 2004, 439). Dabei kann dahinstehen, ob eine falsche Art des Vergabeverfahrens in Anbetracht des Umstands, dass dessen Wahl allein im Verantwortungsbereich des öffentlichen Auftraggebers liegt (vgl. hierzu Sen.Urt. v. 8.9.1998 - X ZR 99/96, NJW 1998, 3640), überhaupt einen der schwerwiegenden Gründe bildet, die nach § 26 Nr. 1 Buchst. d VOL/A 2006 Voraussetzung für eine vergaberechtsgemäße (vgl. dazu, dass ein gemäß § 26 Nr. 1 Buchst. d VOL/A zur Aufhebung berechtigender Grund nicht bereits dann gegeben ist, wenn der Ausschreibende bei der Einleitung des Verfahrens fehlerhaft gehandelt hat, Sen.Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 150/99, NJW 2001, 3698) und deshalb für den öffentlichen Auftraggeber nicht mit Schadensersatzpflichten bedrohte Aufhebung der Ausschreibung sind, die auszusprechen oder anzuordnen gemäß § 114 Abs. 1 GWB allein in der Kompetenz der Nachprüfungsinstanzen stehen könnte. Denn § 26 VOL/A 2006 verpflichtet nicht zur Aufhebung. Die Vorschrift beinhaltet lediglich als vergaberechtliches Gebot, ein Vergabeverfahren nur aus den dort genannten Gründen aufzuheben (Sen.Beschl. v. 18.2.2003 - X ZB 43/02, NZBau 2003, 293, 294). Demgemäß kann ein Bieter auch keinen vergaberechtlichen Anspruch auf Aufhebung der Ausschreibung haben, wie das Oberlandesgericht Koblenz in dem zum Anlass dieser Divergenzvorlage genommenen Beschluss insoweit zutreffend ausgeführt hat. Verbietet es sich, das Vergabeverfahren mit dem Zuschlag an einen Bieter zu beenden, kann der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mithin nur einen entsprechenden Ausspruch, nicht aber auch die Aufhebung der Ausschreibung, sei es durch den öffentlichen Auftraggeber , sei es durch die Nachprüfungsinstanz, verlangen. Insoweit ist die Beschwerde deshalb zurückzuweisen.
- 57
- Eine Zurückverweisung an die Vergabekammer kommt nicht in Betracht, da sie dem Beschleunigungsgebot in Vergabesachen zuwiderlaufen würde und eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist.
- 58
- VI. Bezüglich der weiteren Rügen der Antragstellerin kann daher dahinstehen , ob diese Beanstandungen in einer § 107 Abs. 2 und 3 GWB genügender Weise geltend gemacht und ebenfalls berechtigt sind.
- 59
- VII. Entsprechend § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG ist zu bestimmen, dass die Hinzuziehung des von der Antragstellerin mit der Vertretung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer betrauten Rechtsanwalts notwendig war. Da das Oberlandesgericht eine im Verfahren zu entscheidende Rechtsfrage dem Bundesgerichtshof vorgelegt hat und auch sonst nichts dagegen spricht, ist diese Notwendigkeit zu bejahen (vgl. BGHZ 169, 131, 152).
- 60
- Die Entscheidung des Senats bedeutet in der Sache ein Unterliegen der Antragsgegnerin in einem Umfang, der bei Anwendung der sich aus § 92 Abs. 2 ZPO ergebenden Grundsätze eine Kostenbelastung der Antragstellerin nicht rechtfertigt. Denn die Antragstellerin hat ihr Rechtsschutzziel, den Zuschlag im Verhandlungsverfahren an die Beigeladene zu verhindern, erreicht. Aber auch die Beigeladene unterliegt in diesem Umfang, weil sie sich ebenfalls mit dem Begehren, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unzulässig, hilfswei- se als unbegründet, zurückzuweisen, an dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht beteiligt hat. Dies hat gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 und 2 GWB zur Folge, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer zu tragen haben.
- 61
- Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 50 Abs. 2 GKG.
- 62
- VIII. Von einer mündlichen Verhandlung sieht der Senat ab, weil die Sache eilbedürftig ist, vor dem Oberlandesgericht bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und angesichts des unstreitigen Sachverhalts von einem Termin vor dem Senat eine weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist (vgl. BGHZ 146, 202, 217).
Berger Grabinski
Vorinstanz:
OLG Celle, Entscheidung vom 17.07.2009 - 13 Verg 3/09 -
(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.
(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.
(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.
(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.
(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.
(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.
(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Rüge ist nach § 71a Abs. 1, § 120 Abs. 2 GWB statthaft, im Übrigen aber unzulässig. Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 71a Abs. 1 Nr. 1 GWB ist nur gegen Entscheidungen zulässig, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Rüge wendet sich gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs ausdrücklich nur insoweit, als er bestimmte Hinweise für das weitere Verfahren vor dem Oberlandesgericht gibt, die dieses nicht binden und die erst recht keine direkt an die Vergabestelle gerichteten Anweisungen darstellen. Es ist der Antragstellerin auch grundsätzlich - gegebenenfalls vorbehaltlich Präklusionsgesichtspunkten (§ 107 Abs. 3 GWB) - unbenommen, vor dem Vergabesenat auf andere in ihrer Gehörsrüge als widersprüchlich bezeichnete Einzelheiten in den Eignungsanforderungen hinzuweisen, als diejenigen, zu denen sich der Beschluss der Vergabekammer vom 6. Juni 2013 verhält. Dort befasst die Vergabekammer sich lediglich mit den Erwägungen der Vergabestelle betreffend die als Referenzen bezeichneten jährlichen Umsätze der Antragstellerin von 2.500.000 € mit komplexen Tief- und Leitungsbauarbeiten im innerstädtischen Bereich, die nach den Hinweisen des Senats in Rn. 38 des Beschlusses vom 7. Januar 2014 in dieser Höhe nur für jedes der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre nachgewiesen werden müssen.
Deichfuß Kober-Dehm
Vorinstanz:
OLG Jena, Entscheidung vom 16.09.2013 - 9 Verg 3/13 -
(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.
(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.
(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.
(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen), - 2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes), - 3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes), - 4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und - 5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.