Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 11. März 2016 - II-3 UF 141/14
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Wuppertal vom 10.04.2014 teilweise abgeändert und der Antragsteller verpflichtet, an die Antragstellerin für den Zeitraum von 1/12-5/13 einen restlichen Gesamttrennungsunterhalt in Höhe von 72.699,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2030,00 € seit dem 02.03.2013, 02.04.2013 und 02.05.2013 zu zahlen. Im übrigen werden die Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde sowie der weitergehende Zahlungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, tragen der Antragsgegner 4/5 und die Antragstellerin 1/5.
3. Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.
4. Der Beschwerdewert für das weitere Verfahren nach Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof wird auf 92.531 € (171.550,00 € wie im Beschluss vom 05.12.2014 abzgl. des zwischenzeitlich erledigten Rückzahlungsanspruchs in Höhe von 79.019 €) festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde des Antragsgegners ist überwiegend unbegründet, die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin teilweise begründet.
31. Nach Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof im Beschluss vom 30.09.2015 (XII ZB 1/15) hat der Senat den konkreten Bedarf der Antragstellerin zu ermitteln, um ausgehend davon prüfen zu können, ob in der Unterhaltsvereinbarung im notariellen Ehevertrag vom 04.01.2005, in der der Trennungsunterhalt auf indexierte 3370 € beschränkt wurde, ein gem. § 1614 Abs. 1 BGB unwirksamer Verzicht auf Zahlung von Trennungsunterhalt zu sehen ist. Wie sich aus der nachfolgenden Übersicht des konkreten Bedarfs der Antragstellerin ergibt, weicht dieser erheblich von der vom Bundesgerichtshof grundsätzlich noch als angemessen angesehenen Unterschreitung von bis zu 20 % ab. Da auch die Grenze von einem Drittel, ab der eine Unterschreitung in der Regel nicht mehr zulässig ist, deutlich überschritten ist, ist die Vereinbarung zum Trennungsunterhalt insgesamt unzulässig, so dass die Antragstellerin vom Antragsgegner ihren vollen gesetzlichen Trennungsunterhaltsanspruch gem. § 1361 BGB verlangen kann.
42. Bei der Bemessung des ehelichen und nachehelichen Unterhalts ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist derjenige Lebensstandard, der nach den ehelichen Lebensverhältnissen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters als angemessen erscheint. Eine nach den Verhältnissen zu dürftige Lebensführung bleibt ebenso außer Betracht wie ein übertriebener Aufwand.
5Die für das Maß des Unterhalts ausschlaggebenden ehelichen Lebensverhältnisse bestimmen sich grundsätzlich nach den für den allgemeinen Lebensbedarf genutzten Einkünften. Um sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch einen übermäßigen Aufwand als Maßstab für die Ansprüche auf Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt auszuschließen, ist dabei ein objektiver Maßstab anzulegen. Der für eine Korrektur unangemessener Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet worden wären (vgl. BGH FamRZ 2007, 1532; OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 1392).
63. Nach diesen Grundsätzen ist von folgender Berechnung des Bedarfs auszugehen:
7
1/12-7/12 |
8/12-9/12 |
10/12-5/13 |
|
Wohnkosten |
300,00 € |
||
Krankenversicherung |
385,02 € |
385,02 € |
385,02 € |
Selbstbeteiligung KV |
38,17 € |
38,17 € |
38,17 € |
Rezeptfr. Medikamente |
50,00 € |
50,00 € |
50,00 € |
Unfallversicherung |
19,08 € |
19,08 € |
19,08 € |
Lebensversicherung |
27,00 € |
27,00 € |
27,00 € |
Fonds Gerling |
300,00 € |
300,00 € |
300,00 € |
Telefon |
100,00 € |
100,00 € |
100,00 € |
TV, Zeitschriften usw. |
72,50 € |
72,50 € |
72,50 € |
Textilreinigung |
70,00 € |
70,00 € |
70,00 € |
Kleidung |
2.000,00 € |
2.000,00 € |
2.000,00 € |
Frisör |
150,00 € |
150,00 € |
150,00 € |
Kosmetik |
200,00 € |
200,00 € |
200,00 € |
Lebensmittel |
500,00 € |
500,00 € |
500,00 € |
Blumen |
50,00 € |
50,00 € |
50,00 € |
Geschenke |
50,00 € |
50,00 € |
50,00 € |
Medien (CD, Bücher) |
50,00 € |
50,00 € |
50,00 € |
Hausrat |
100,00 € |
100,00 € |
100,00 € |
Putzmittel, Bügeln usw. |
200,00 € |
200,00 € |
200,00 € |
Restaurantbesuche |
500,00 € |
500,00 € |
500,00 € |
Audi Vollversicherung |
97,00 € |
97,00 € |
|
Audi Steuer |
40,00 € |
40,00 € |
|
Benzin, Wäsche Auto |
500,00 € |
500,00 € |
500,00 € |
Leasing Audi |
954,00 € |
954,00 € |
|
Reparaturen, Wartung |
100,00 € |
100,00 € |
|
Versicherung Speedster |
93,00 € |
93,00 € |
93,00 € |
Urlaub |
1.000,00 € |
1.000,00 € |
1.000,00 € |
Oper, Theater, Kino |
120,00 € |
120,00 € |
120,00 € |
Sport |
80,00 € |
80,00 € |
80,00 € |
Fitnesstrainer |
390,00 € |
390,00 € |
390,00 € |
Sonnenbank |
40,00 € |
40,00 € |
40,00 € |
Hund |
287,00 € |
287,00 € |
287,00 € |
Rechtsberatung |
- |
- |
- |
Gesamtbedarf |
8.862,77 € |
8.562,77 € |
7.371,77 € |
gerundet |
8.900,00 € |
8.600,00 € |
7.400,00 € |
Die Tabelle bedarf folgender Erläuterungen:
9a) Wohnkosten
10Die von der Antragstellerin geltend gemachten Wohnkosten von monatlich 300 € bis 7/12 sind nicht zu beanstanden. Ob sie in dieser Höhe tatsächlich Hotelkosten hatte, kann dahinstehen. Soweit sie in dieser Zeit möglicherweise bei Bekannten oder gar schon bei ihrem Lebensgefährten gelebt hat, ist unerheblich. Es würde sich um eine freiwillige Leistung Dritter handeln, die den Unterhaltsschuldner nicht entlasten soll.
11b) Krankenversicherung, Medikamente
12Aus dem Komplex Versicherung/Medikamente sind lediglich der Selbstbehalt in der Krankenversicherung sowie der Eigenanteil an Medikamenten streitig. Die Antragstellerin hat in der Krankenversicherung einen Tarif mit einem jährlichen Selbstbehalt von 2.600 € (monatlich 216 €) und behauptet, in entsprechender Höhe Arztrechnungen selbst gezahlt zu haben. Sie hat hierzu in der Antragsschrift Belege für Behandlungen in den Monaten 1-5/12 in Höhe von insgesamt 648,82 € vorgelegt. Auf ausdrücklichen Vortrag des Antragsgegners, dass sie sämtliche Kosten zu belegen habe, hat sie um Hinweis des Senats gebeten, falls dies erforderlich sei. Da Arztrechnungen üblicherweise schon deshalb gesammelt werden, um sie später ggf. bei der Krankenkasse einzureichen, kann grundsätzlich von einem Unterhaltsgläubiger verlangt werden, die Kosten zu belegen. Allerdings hat die Antragstellerin nachvollziehbar ausgeführt, dass sich aus den Arztrechnungen auch Rückschlüsse auf Erkrankungen ziehen lassen, die den Antragsgegner nichts angehen. Sie hätte aber wenigstens die Kosten auflisten können, um prüfen zu können, ob sie tatsächlich Kosten in Höhe von 2.600 € jährlich hatte. Die Rechnungen hätte sie dann dem Senat im Termin zur Einsicht geben können oder Diagnosen schwärzen. Da Zweifel daran bestehen, ob sie die behaupteten Arztkosten überhaupt hatte, können diese nicht akzeptiert werden. Die belegten Kosten von 648,82,71 € sind daher auf 17 Monate (1/12-5/13) zu verteilen, so dass sie einen monatlichen Bedarf von lediglich 38,17 € hat.
13Allerdings bestand keine Verpflichtung, Rechnungen über sämtliche rezeptfreien Medikamente zu sammeln, weil diese offenbar nicht von der Krankenversicherung erstattet werden. Insoweit ist ihr Bedarf also der Schätzung zugänglich. Es bestehen keine Bedenken, die geltend gemachten 50 € monatlich zu akzeptieren.
14c) Telefonkosten
15Telefonkosten von rd. 200 € sind abweichend von der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend belegt, weil die eingereichten Rechnungen (Anlage 14 d. Anlagenordners) ausdrücklich einen Geschäftskundentarif betreffen, also die Firma der Antragstellerin. Sie hat lediglich einen Unterhaltsanspruch auf einen Privatkundentarif, der mit ca. 100 € zu schätzen ist.
16d) Alltäglicher Aufwand, Kosmetik und Freizeit
17Diese Ausgabenpositionen (TV, Textilreinigung, Frisör, Kosmetik, Lebensmittel, Blumen, Geschenke, Medien, Hausrat, Putzmittel, Restaurantbesuche) sind entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht im einzelnen zu belegen, sondern der Schätzung zugänglich. Bei Anlegung eines objektiven Maßstabs und des luxuriösen Lebensstandards der Beteiligten während der Ehe sind die geltend gemachten Kosten nicht zu beanstanden. Allerdings hat die Antragstellerin lediglich einen Bedarf für Textilreinigung von 70 € geltend gemacht, so dass die Zubilligung eines Betrages von 200 € in der angefochtenen Entscheidung unzutreffend ist.
18e) Kleidung
19Keine Bedenken bestehen gegen die von der Antragstellerin verlangten Kosten für Kleidung von monatlich 2.000 €, die angesichts der glaubhaft vorgetragenen Ausgaben in den Jahren 2009 bis 2011 von 84.660 € sogar noch moderat sind. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners war die Antragstellerin nicht verpflichtet, ihre während der Ehe angeschafften hochwertigen Kleidungsstücke während der Trennungszeit „aufzutragen“. Vielmehr dient der Trennungsunterhalt dazu, den ehelichen Lebensstandard auch in der Trennungszeit fortführen zu können. Die Ehe der Beteiligten war davon geprägt, dass die Antragstellerin regelmäßig hochwertige und der aktuellen Mode entsprechende Kleidungsstücke getragen hat, so dass sie bei Anlegung eines objektiven Standpunktes dieses Konsumverhalten fortsetzen durfte. Dass sie dies rückblickend betrachtet möglicherweise nicht in dem gewohnten Umfang gemacht hat, lag auch daran, dass die tatsächlichen Unterhaltszahlungen des Antragsgegners es nicht erlaubt haben, diese hohen Ausgaben zu tätigen.
20f) Fahrzeugkosten
21Dass das Amtsgericht die Leasingkosten für den Audi Q5 bis 10/12 akzeptiert hat, ist nicht zu beanstanden.
22Zunächst ist unerheblich, dass die Antragstellerin nach der Trennung in 2/12 einen neuen Vertrag abgeschlossen hat, weil sie bereits während der Ehe einen gleichwertigen Wagen geleast hat, dessen Vertrag ausgelaufen ist. Es hat daher die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, dass sie mit einem Audi Q5 fährt.
23Zwar handelt es sich dabei um ein Fahrzeug, dessen Kosten in der Gewinn- und Verlustrechnung des Betriebes der Antragstellerin berücksichtigt wurden, jedoch ist unstreitig, dass sie dieses auch zu privaten Zwecken genutzt hat. Die Berücksichtigung in der Gewinn- und Verlustrechnung lässt den Unterhaltsanspruch nicht entfallen, weil die Antragstellerin im Jahr 2012 auch ohne die PKW-Kosten keinen Gewinn erwirtschaftet hätte. Das Fahrzeug musste daher aus privaten Mitteln finanziert werden, über die allein der Antragsgegner verfügt hat.
24Der Fahrzeugbedarf der Antragstellerin wurde auch nicht durch die Zurverfügungstellung des Porsche Speedster gedeckt, weil es sich dabei um einen Oldtimer handelt, der nicht für Alltagsfahrten geeignet ist. Für solche Zwecke wurde er auch während der Ehe nicht genutzt, weil die Antragstellerin zusätzlich immer noch über ein weiteres Fahrzeug verfügte.
25Abweichend von der angefochtenen Entscheidung waren die Kosten aber nicht bis 10/12 zuzusprechen, sondern nur bis 9/12, da die Antragstellerin vorgetragen hat, sie haben den Leasingvertrag für den Audi Q5 zum 21.09.2012 beenden können. Auf diesen Monat hat eigentlich auch das Amtsgericht abgestellt (III. 5.).
26g) Reisen
27Zu dem Reisebedarf von monatlich 1.000 €, den die Antragstellerin plausibel dargestellt hat, hat der Antragsgegner lediglich bestritten, dass derartige Ausgaben privat veranlasst waren. Er will damit offenbar sagen, dass die Antragstellerin ihn auf geschäftlichen Reisen begleitet hat, er diese also steuerlich geltend gemacht hat. Die steuerliche Berücksichtigung betrifft aber nur seine eigenen Kosten, nicht aber die einer Begleitperson, so dass es sich für die Antragstellerin um private Urlaubsfahrten gehandelt hat.
28h) Restaurantbesuche
29Die gleiche Argumentation gilt auch für den monatlich geltend gemachten Bedarf von 500 € für Restaurantbesuche, soweit der Antragsgegner die private Veranlassung bestreitet. Im übrigen ist die Höhe der Aufwendungen nicht zu beanstanden.
30i) Sport, Fitnesstraining
31Die Antragstellerin hat durch Vorlage von Rechnungen belegt, für Fitnesstraining monatlich 390 € ausgegeben zu haben, und angesichts der luxuriösen Lebensverhältnisse der Beteiligten war es auch nicht zu beanstanden, dass sie sich einen Privattrainer geleistet hat.
32j) Hund
33Auch die Kosten für den Hund in Höhe von monatlich 287 € sind angemessen. Der Antragsgegner rügt insoweit lediglich, dass diese nicht belegt wurden, was jedoch nicht verlangt werden kann, weil es sich um alltägliche Kosten handelt. Er hat jedenfalls nicht bestritten, dass der Hund aufgrund einer Allergie spezielles Hundefutter benötigt, weswegen die geltend gemachten Kosten durchaus plausibel sind.
34k) Rechtsberatungskosten
35Rechtsberatungskosten macht die Antragstellerin ausdrücklich für die vorgerichtliche Beratung ihrer Auseinandersetzungen mit dem Antragsgegner geltend, nicht für die Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzungen. Ob wegen solcher Kosten ein Erstattungsanspruch überhaupt besteht (vgl. hierzu Kleinwegener FamRZ 1992, 755) und dieser im Wege des Unterhalts geltend gemacht werde kann, kann dahinstehen. Vor dem Hintergrund, dass die (vorgerichtliche) Geschäftsgebühr gem. Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV-RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird, wäre Vortrag zu sämtlichen Kosten sowohl vor als auch in den jeweiligen Verfahren erforderlich gewesen, um zu sehen, welche der ohnehin nur pauschal vorgetragenen Rechtsberatungskosten tatsächlich von der Antragstellerin zu zahlen waren. Auch ohne den ausdrücklich beantragten Hinweis des Senats wäre die Antragstellerin aufgrund des Bestreitens des Antragsgegners hierzu verpflichtet gewesen.
364. Da sich die Antragstellerin aufgrund der Unwirksamkeit des notariellen Ehevertrages auf den gesetzlichen Unterhaltsanspruch nach § 1361 BGB beruft, sind abweichend von der vertraglichen Vereinbarung bedarfsdeckende Einkünfte in Abzug zu bringen.
37Im Jahr 2012 hatte die Antragstellerin ausweislich der für dieses Jahr vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung einen betrieblichen Verlust von 19.536,30 € erlitten. Auch wenn dieser nach obigen Ausführungen um die PKW-Kosten i.H.v. 13.775,68 € zu korrigieren ist, verbleibt ein Verlust, so dass ihr in diesem Jahr keine bedarfsdeckenden Einkünfte zuzurechnen sind.
38Im Jahr 2013 hatte sie einen steuerlichen Verlust in Höhe von 4178,73 €, der jedoch unterhaltsrechtlich nicht zu akzeptieren ist, weil das Trennungsjahr abgelaufen ist und sie daher verpflichtet war, ihre Arbeitstätigkeit so weit auszuweiten, dass sie einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht. Dass ihr bisheriger Zeitaufwand für ihr Kochstudio keiner vollen Arbeitszeit entsprach, wurde mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 12.01.2016 besprochen und ist bereits aufgrund der zeitintensiven Reisen, die die Beteiligten während des Zusammenlebens gemeinsam gemacht haben, naheliegend. Entgegen den Ausführungen im Schriftsatz der Antragstellerin vom 23.02.2016 folgert der Senat daraus nicht zwingend, dass sie ihren Betrieb hätte aufgeben und sich um eine abhängige Beschäftigung hätte bemühen müssen. Dies wäre ihr angesichts der am 07.06.2013 eingetretenen Rechtskraft der Scheidung für die wenigen Monate im Jahr 2013 nicht zuzumuten gewesen. Denn ab der Scheidung stand ihr aufgrund des Ehevertrages ein Unterhaltsanspruch zu, der nicht um eigene Einkünfte zu reduzieren war. Es ist stattdessen zu schätzen, wie hoch ihr Gewinn gewesen wäre, wenn sie sich mit voller Arbeitskraft ihrem Kochstudio gewidmet hätte. Der Senat schätzt das bereinigte Nettoeinkommen auf monatlich 2.000 €, um die sich ihr Bedarf reduziert.
395. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners hat die Antragstellerin ihren Unterhaltsanspruch nicht verwirkt. Aufgrund ihrer Schilderung in der eidesstattlichen Versicherung vom 08.12.2012, die sich der Antragsgegner sogar teilweise zu eigen gemacht hat, ist spätestens seit dem Sommer 2011 von einer Krise der Ehe auszugehen, so dass die im Dezember 2011 vollzogene Trennung nicht als Ausbruch aus einer intakten Ehe gewertet werden kann. Als Indiz für die sich anbahnende Krise ist beispielsweise zu werten, dass nach den unwidersprochenen Angaben der Antragstellerin die Beteiligten zuletzt im Juni 2011 geschlechtlich miteinander verkehrt haben und sie im Zeitraum davor regelmäßig Geschlechtsverkehr hatten.
406. Abweichend von der angefochtenen Entscheidung entfällt der weitergehende Unterhaltsanspruch nicht ab 3/13. Sie ist nicht verpflichtet, ihren Lebensstandard aufgrund des Zusammenlebens mit ihrem Lebensgefährten an ihre neue Lebenssituation anzupassen. Vielmehr kann ein solcher Umstand nur bei Verfestigung einer Lebensgemeinschaft gem. § 1579 Nr. 2 BGB zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führen, wobei in der Regel von einem Verfestigungszeitraum von 2-3 Jahren auszugehen ist, der noch nicht abgelaufen war. Bis dahin steht einem Ehegatten für die Zeit der Trennung der volle Unterhalt zu.
41Da die Rechtskraft der Scheidung abweichend von der Erwartung des Amtsgerichts erst am 07.06.2013 eingetreten ist, kann der Trennungsunterhalt entsprechend der Anschlussbeschwerde jedenfalls bis einschließlich 5/13 verlangt werden.
427. Nach der Berechnung gem. obiger Tabelle hat die Antragstellerin einen Bedarf von insgesamt 138.700 € (7 x 8900 €, 2 x 8600 €, 8 x 7400 €). Hiervon abzuziehen sind bedarfsdeckenden Einkünfte in Höhe von 10.000 € (5 x 2000 €).
43Zu Zahlungen auf den Unterhaltsanspruch hat der Antragsgegner mit Schriftsätzen vom 25.01.2016 und 27.01.2016 in Ergänzung zu seinem bisherigen Vorbringen zusammenfassend vorgetragen. Er kommt auf einen Betrag von 16.798,90 € zuzüglich 955 € an Kfz-Steuer für den Porsche Speedster. Diese Beträge werden von der Antragstellerin weitestgehend akzeptiert bis auf die Zahlung in Höhe von 1.791,95 € an die Zürich Versicherung, den Aufwendungen für den Speedster in Höhe von 210,00 € und den Anteil der Kfz-Steuer für das Jahr 2011 in Höhe von 191,00 €. Diese Einwände sind berechtigt, so dass mangels weiteren Vortrags des Antragstellers hierzu die Zahlungen um diese Beträge zu reduzieren sind und somit nur noch insgesamt 15.560,95 € an Zahlungen zu berücksichtigen sind. Bei der Zahlung an die Zürich Versicherung soll es sich um eine Nachzahlung für die Zeit vom 05.07.2010 bis 01.01.2012 handeln, die noch vor der Trennung lag. Die Aufwendungen für den Speedster in Höhe von 210 € seien nicht näher dargelegt und in den Versicherungskosten enthalten, was zu einer Doppelberücksichtigung führen würde. Die Zahlung der Kfz-Steuer würde in Höhe eines Jahresbetrages von 191 € noch in die Ehezeit fallen.
44Darüber hinaus ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die vom Antragsgegner auf die einstweilige Anordnung in den Monaten 6/12-4/13 gezahlten monatlichen 3370 €, also insgesamt 37.070 €, auf den Unterhalt angerechnet werden (vgl. S. 3 des Sitzungsprotokolls vom 12.03.2014 und S. 2 des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 07.10.2014). Darüber hinaus besteht Anlass, diese monatlichen Zahlung auch im Monat 5/13 in voller Höhe von 3370 € in Abzug zu bringen, obwohl der Antragsgegner aufgrund einer unzutreffenden Berechnung der Rechtskraft der Scheidung (07.05.2013 statt 07.06.2013) selbst nur einen anteiligen Abzug in Höhe von 760,97 € vorgenommen hat. Der volle Abzug ist schon deshalb gerechtfertigt, weil auch die Antragstellerin mit ihrer Anschlussbeschwerde für den Monat 5/13 einen Anspruch geltend gemacht hat, der eine Zahlung aufgrund der einstweiligen Anordnung in Höhe von 3370 € berücksichtigt hat (S. 2 des Schriftsatzes vom 29.09.2014).
45Der noch zu zahlende Unterhalt berechnet sich daher wie folgt:
46
Gesamtbedarf |
138.700,00 € |
Bedarfsdeckende Einkünfte |
- 10.000,00 € |
Zahlungen |
- 15.560,95 € |
Zahlungen auf eA von 6/12-4/13 |
- 37.070,00 € |
Zahlung auf eA für 5/13 |
- 3.370,00 € |
verbleiben |
72.699,05 € |
8. Was den titulierten Zinsanspruch anbelangt, war zu berücksichtigen, dass Zinsen nur mit der Anschlussbeschwerde betreffend den Zeitraum 3/13-5/13 geltend gemacht wurden, nicht aber mit dem erstinstanzlichen Zahlungsantrag. Die jeweiligen Zinsen waren aus einem Betrag von verbleibenden Betrag von 2030 € (7400 € Bedarf - 2000 € bedarfsdeckende fiktive Einkünfte - 3370 € Zahlung auf eA) zu zahlen.
489. Die Kostenentscheidung folgt aus § 243 FamFG. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bestehen keine Bedenken, eine einheitliche Kostenentscheidung für alle Instanzen zu treffen. Die Verfahrenswerte des erstinstanzlichen Verfahrens und des (ersten) Beschwerdeverfahrens sind nahezu identisch, so dass das endgültige Obsiegen und Unterliegen beide Instanzen betrifft. Das Rechtsbeschwerdeverfahren kann nicht nur auf die Frage reduziert werden, ob sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsansicht durchgesetzt hat. Sie hat beim Bundesgerichtshof ausdrücklich ihr Begehren bezüglich des Trennungsunterhalts weiterverfolgt, so dass sich auch die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach der schlussendlichen Obsiegensquote richten. Nichts anderes gilt für die Kosten des (zweiten) Beschwerdeverfahrens vor dem Senat. Zwar hat sich der Verfahrenswert um den zwischenzeitlich erledigten Rückzahlungsanspruch reduziert, jedoch hing auch dieser ebenso wie der Unterhaltsanspruch von der Höhe des zu zahlenden Unterhaltsanspruchs ab.
4910. Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit ergibt sich aus § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG.
5011. Es besteht kein Anlass, erneut die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
I.
- 1
- Die Beteiligten streiten um Trennungsunterhalt für die Zeit von Januar 2012 bis Mai 2013.
- 2
- Die Antragstellerin und der Antragsgegner heirateten am 7. Januar 2005. Die Ehe blieb kinderlos. Ende Dezember 2011 trennten sich die Beteiligten. Durch Beschluss vom 13. Februar 2013, bezüglich des Scheidungsausspruchs rechtskräftig seit dem 7. Mai 2013, wurde ihre Ehe geschieden.
- 3
- Die Beteiligten hatten am 4. Januar 2005 einen notariellen Ehevertrag geschlossen. Dieser enthält zum Unterhalt folgende Regelung: "III. Nachehelicher Unterhalt 1. Bei Scheidung wird - sofern die Ehefrau unterhaltsberechtigt sein sollte - grundsätzlich der gesetzliche nacheheliche Unterhalt geschuldet. Jedoch wird ein etwaiger Unterhaltsanspruch hinsichtlich der Höhe wie folgt begrenzt:
a) Der gesetzlich geschuldete Unterhalt soll in jedem Fall der Höhe nach begrenzt sein, und zwar auf einen monatlichen Betrag in Höhe von € 3.000.
b) Der vorbezeichnete Betrag soll wertbeständig sein. Er erhöht oder vermindert sich in demselben prozentualen Verhältnis, in dem sich der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden für jeden Monat festgestellte und veröffentlichte Verbraucherpreisindex für Deutschland auf der Basis 2000 = 100 - bzw. der an seine Stelle tretende Index - gegenüber dem für den Beurkundungsmonat festzustellenden Index erhöht oder vermindert. …
c) Soweit also ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch die vorstehend vereinbarte Höchstgrenze übersteigen würde, verzichtet die Ehefrau auf den etwaigen übersteigenden Unterhaltsbetrag. Der Ehemann nimmt diesen Verzicht an.
d) Mit der Vereinbarung dieser Höchstgrenze ist vorbehaltlich der nachfolgenden Regelung unter Ziffer 2 grundsätzlich kein Anspruch auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt verbunden. Vielmehr verbleibt es bezüglich Grund und Höhe eines etwaigen Unterhaltsanspruches bei den gesetzlichen Bestimmungen. Nur wenn sich nach diesen ein höherer Unterhaltsanspruch ergeben sollte, tritt die obige Höchstgrenze in Kraft. 2. Sofern der Ehefrau auf der Grundlage der vorstehenden Regelung in Ziffer 1 kein Unterhalt zusteht bzw. ein solcher nicht mehr zusteht, verpflichtet sich der Ehemann, den vorstehend vereinbarten Höchstbetrag einschließlich der Wertsicherung monatlich zu zahlen, und zwar unabhängig davon, ob die gesetzlichen Voraussetzungen eines nachehelichen Unterhaltes dem Grund und der Höhe nach bestehen. Die Zahlung erfolgt auf Lebenszeit der Ehefrau. … Die Zahlungspflicht ruht, sofern die Ehefrau wieder heiratet. Die Zahlungspflicht lebt wieder auf, ab Rechtskraft der Scheidung der neuen Ehe der Ehefrau. 3. Herr … verzichtet für die Zeit nach der Scheidung auf jeden Un- terhalt, auch für den Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder für den Fall der Not. 4. Eine künftige Veränderung in den Verhältnissen der Beteiligten, gleich welcher Art, hat keinen Einfluss auf den vereinbarten teilweisen bzw. kompletten Unterhaltsverzicht.
IV.
Vereinbarung zum ehelichen Unterhalt 1. Die Beteiligten erklärten im Wege einer sog. Unterhaltsvereinbarung , dass für den Trennungsunterhalt vorstehender Abschnitt III zur Anwendung kommt und insoweit eine Zahlungshöchstgrenze bzw. ein Nichtverlangen vereinbart sind. 2. Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass hierin ein Verzicht auf ehelichen Unterhalt nicht liegt, da ein solcher Verzicht für die Zukunft nicht wirksam vereinbart werden kann. 3. Die Beteiligten stellen klar, dass bei Unwirksamkeit der vorstehenden Vereinbarung die übrigen Bestimmungen dieses Vertrages ihre Gültigkeit behalten."- 4
- Im Übrigen haben die Beteiligten Gütertrennung vereinbart und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Die Verpflichtung zur Zahlung eines indexierten Trennungsunterhalts von monatlich 3.370 € steht zwischen ihnen nicht mehr im Streit.
- 5
- Die Antragstellerin macht im vorliegenden Verfahren über den gezahlten Betrag von monatlich 3.370 € hinaus konkret berechneten Trennungsunterhalt geltend. Sie vertritt die Auffassung, in der getroffenen Vereinbarung zum ehelichen Unterhalt liege ein unwirksamer Unterhaltsverzicht. Der Antragsgegner hält die Vereinbarung für wirksam. Im Übrigen hat er sich auf Verwirkung berufen und den geltend gemachten konkreten Bedarf der Höhe nach bestritten.
- 6
- Das Amtsgericht hat - dem Antrag im Wesentlichen folgend - den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von Januar bis Mai 2012 von 33.119 €, für Juni und Juli 2012 monatlich weitere 5.995 €, für August und September 2012 monatlich weitere 5.695 € sowie von Oktober 2012 bis Februar 2013 monatlich weitere 4.504 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Beschluss abgeändert und den Antrag der Antragstellerin abgewiesen. Außerdem hat es diese auf den im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag des Antragsgegners verpflichtet, an ihn die aufgrund der sofortigen Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses vollstreckten 82.918,19 € nebst Zinsen zurück zu zahlen. Den weiter gehenden Zahlungsantrag hat es ebenso wie die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Begehren bezüglich des Trennungsunterhalts weiter verfolgt sowie die vollständige Abweisung des Rückzahlungsantrags des Antragsgegners erstrebt.
II.
- 7
- Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Beschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
- 8
- 1. Das Oberlandesgericht hat die ehevertragliche Vereinbarung zum Trennungsunterhalt für wirksam gehalten und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 9
- Die Frage, in welchen Grenzen eine vertragliche Vereinbarung über den Unterhalt während der Zeit des Getrenntlebens wirksam sei, sei umstritten. Einigkeit bestehe allerdings darüber, dass im Rahmen vertraglicher Regelungen auch bezüglich des Trennungsunterhalts ein gewisser Spielraum für eine interessengemäße und situationskonforme Ausgestaltung des jeweiligen Unterhaltsanspruchs gegeben sei. Während teilweise die Ansicht vertreten werde, eine Verkürzung des gesetzlichen Unterhalts um mehr als ein Drittel sei nicht mehr hinnehmbar, finde sich auch die Meinung, bei der Bemessung der zuläs- sigen Abweichung vom gesetzlichen Unterhaltsanspruch sei nicht mit festen Prozentsätzen zu arbeiten, sondern es sei sachgerechter, nach den Umständen des Einzelfalles zu befinden. Auf eine Entscheidung des Meinungsstreits komme es vorliegend indessen nicht an, weil die Vereinbarung der Beteiligten nicht auf eine Regelung zur Höhe des Trennungsunterhalts reduziert werden könne. Vielmehr hätten sie den Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt abweichend von der gesetzlichen Vorschrift neu ausgestaltet, und zwar abgesehen von der Höhe nur zum Vorteil der Antragstellerin. Die Regelung zum Trennungsunterhalt müsse im Zusammenhang mit dem nachehelichen Unterhalt, auf den in Nr. IV der Urkunde Bezug genommen worden sei, gesehen werden. Nach Nr. III. 2 der Urkunde bestehe ein lebenslanger Unterhaltsanspruch unabhängig davon, ob ein gesetzlicher Anspruch dem Grund und der Höhe nach überhaupt gegeben wäre. Darüber hinaus werde der Unterhaltsanspruch abweichend von § 1579 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht bereits dann versagt, wenn die Antragstellerin in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebe, sondern erst, wenn sie wieder heirate. Durch die Bezugnahme auf diese Regelung bestehe ein Trennungsunterhaltsanspruch in der vereinbarten Höhe auch, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Die Vereinbarung der Unterhaltshöhe begrenze den Unterhalt daher nicht nur nach oben, sondern garantiere einen Mindestunterhalt in der vereinbarten Höhe, der unabhängig von einem eigenen Einkommen zu zahlen sei. Auch von dem Ausschluss der Verwirkung bei Begründung einer verfestigten Lebensgemeinschaft hätte die Antragstellerin im Rahmen des Trennungsunterhalts profitieren können, wenn sich die Einleitung oder Durchführung des Scheidungsverfahrens verzögert hätte. Unabhängig davon, wie hoch ihr Bedarf sei, woraus die Höhe des Verzichts errechnet werden könne, seien die vereinbarten Vorteile so gewichtig, dass bei einer Gesamtbetrachtung keine Bedenken gegen die Wirksamkeit bestünden. Schließlich könnten, auch wenn es nicht mehr entscheidend darauf ankomme, durch die Bezugnahme auf den nachehelichen Unterhalt auch solche Vorteile einbezogen werden, die sich nicht auf den Trennungsunterhalt, sondern nur auf den nachehelichen Unterhalt bezögen. Da der Unterhaltsanspruch nur bei Wiederheirat entfalle und sich die Antragstellerin entschieden habe, ihren Lebensgefährten nicht zu heiraten, werde sie den vereinbarten Ehegattenunterhalt bis zu ihrem Lebensende erhalten. Wegen der festgestellten Wirksamkeit des vereinbarten Unterhalts komme es auf die Frage der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs daher nicht mehr an.
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- Die Verpflichtung zur Zahlung von 82.918,19 € beruhe auf § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 717 Abs. 2 ZPO. Der Antragsgegner habe auf den für sofort wirksam erklärten Beschluss des Amtsgerichts 86.062,08 € gezahlt. Seinem Rückzahlungsbegehren sei in der vorgenannten Höhe stattzugeben.
- 11
- 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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- Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen hat das Oberlandesgericht zu Unrecht einen Verzicht auf Trennungsunterhalt verneint. Nach §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 3 i.V.m. § 1614 BGB ist ein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt unwirksam und daher nach § 134 BGB nichtig. Die Vorschrift hat sowohl individuelle als auch öffentliche Interessen im Blick und will verhindern, dass sich der Unterhaltsberechtigte während der Trennungszeit durch Dispositionen über den Bestand des Unterhaltsanspruchs seiner Lebensgrundlage begibt und dadurch gegebenenfalls öffentlicher Hilfe anheimzufallen droht (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 48).
- 13
- a) Noch zutreffend hat das Oberlandesgericht allerdings ausgeführt, dass das gesetzliche Verbot des Verzichts auf künftigen Trennungsunterhalt nicht durch ein sogenanntes pactum de non petendo umgangen werden darf. Ein solches, nämlich die Verpflichtung oder das Versprechen des unterhaltsberechtigten Ehegatten, Trennungsunterhalt nicht geltend zu machen, berührt zwar den Bestand des Unterhaltsanspruchs nicht, begründet aber eine Einrede gegen den Unterhaltsanspruch, die wirtschaftlich zu dem gleichen Ergebnis führt wie ein Unterhaltsverzicht. Deshalb ist in einem pactum de non petendo ein unzulässiges und daher unwirksames Umgehungsgeschäft zu sehen (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 - FamRZ 2014, 629 Rn. 48 mwN).
- 14
- b) Dass dem Verlangen der Antragstellerin, ihr über den Betrag von monatlich 3.370 € hinaus Trennungsunterhalt zuzuerkennen, Nr. IV.1 des Ehevertrags entgegensteht, kann mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung aber nicht angenommen werden.
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- aa) Das wäre nur dann der Fall, wenn der Ehevertrag insoweit wirksam wäre, also keinen nach § 1614 Abs. 1 BGB unwirksamen - auch nur teilweisen - Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt beinhalten oder auf einen solchen Verzicht hinauslaufen würde. Ob die Beteiligten einen Verzicht gewollt haben, ist insofern unbeachtlich. Es kommt allein darauf an, ob der dem Unterhaltsberechtigten von Gesetzes wegen zustehende Unterhalt objektiv verkürzt wurde (Senatsurteil vom 27. Juni 1984 - IVb ZR 21/83 - FamRZ 1984, 997, 999). Der Unterhaltsberechtigte darf seine Rechte selbst dann nicht aufgeben, wenn ihm hierfür eine gleichwertige Gegenleistung gewährt worden ist (so schon RG JW 1919, 824, 825; allgemeine Meinung, siehe etwa MünchKommBGB/Born 6. Aufl. § 1614 Rn. 8; Staudinger/Engler BGB [2000] § 1614 Rn. 11).
- 16
- bb) Allerdings ist anerkannt, dass § 1614 Abs. 1 BGB einer vertraglichen Ausgestaltung des Trennungsunterhalts für die Zukunft nicht entgegensteht.
- 17
- cc) Die Beurteilung, ob eine unzulässige Unterschreitung des angemessenen Unterhalts vorliegt, setzt - ungeachtet bestehender Differenzierungen im Rahmen der wiedergegebenen Auffassung - allerdings voraus, dass zunächst die Höhe dieses angemessenen Unterhalts im hierfür erforderlichen Umfang festgestellt worden ist. Denn andernfalls lässt nicht erkennen, ob ein Verzicht vorliegt. Darauf zielende Überlegungen hat das Beschwerdegericht indessen nicht angestellt. Zwar brauchte es keine Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zu treffen, da er unstreitig uneingeschränkt leistungsfähig ist. Das Beschwerdegericht hat aber offengelassen, wie der aufgrund der gehobenen Einkommensverhältnisse geltend gemachte konkrete Bedarf der Antragstellerin zu beurteilen ist. Ebenso wenig ist es dem Einwand des Antragsgegners nachgegangen, die Antragstellerin treffe nach § 1361 Abs. 2 BGB eine Erwerbsobliegenheit, entweder im Rahmen des von ihr betriebenen Kochstudios oder in ihrem vor der Ehe ausgeübten Beruf als Diplom-Psychologin.
- 18
- dd) Dieser Prüfung war das Oberlandesgericht nicht deshalbenthoben, weil sich andere Teile des Ehevertrags als für die Antragstellerin vorteilhaft erweisen. Denn die Wirksamkeit der Regelung des Trennungsunterhalts ist isoliert zu betrachten und wird nicht durch Vereinbarungen zu anderen Gegenständen berührt. Daher kann der Regelung insbesondere nicht zur Wirksamkeit verhelfen, dass die Antragstellerin nach Nr. III.2 des Ehevertrags ohne Wiederheirat den vereinbarten nachehelichen Unterhalt lebenslang beziehen kann.
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- ee) Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerdeerwiderung ein, § 1614 Abs. 1 BGB sei teleologisch dahin zu reduzieren, dass nur ein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt, durch den eine Sozialhilfebedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten entstehe, unwirksam sei; der Antragstellerin sei aber ein Mindestunterhalt garantiert, der diese Folge ausschließe. Dass Drittinteressen, insbesondere öffentliche Kassen, von der ehevertraglichen Regelung nicht berührt würden, bleibt auf die Beurteilung ohne Einfluss. Zwar wird die Meinung vertreten, ein Verzicht sei entsprechend dem Normzweck des Verzichtsverbots bis zu der Grenze zulässig, von der an die Hilfsbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten zu einem Anspruch auf Sozialhilfe führe (Staudinger/Engler BGB [2000] § 1614 Rn. 10). Dieser Auffassung vermag der Senat indessen nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, dass § 1614 BGB, wie bereits ausgeführt, auch öffentliche Interessen im Blick hat; er dient aber gleichermaßen den Interessen des Unterhaltsberechtigten (Motive IV 709: "Die Bestimmung rechtfertigt sich durch die sittliche Grundlage der Unterhaltspflicht."). Demgemäß findet sich im Gesetz keine Einschränkung derart, dass ein Verzicht bis zur Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit zulässig sei, sondern das uneingeschränkte Verbot, für die Zukunft auf Unterhalt zu verzichten.
- 20
- 3. Danach kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu - sowohl hinsichtlich des Unterhalts - als auch des Rückzahlungsbegehrens - weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
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- 4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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- Für die Frage, ob ein unwirksamer Unterhaltsverzicht vorliegt, muss berücksichtigt werden, dass angesichts der Verschiedenartigkeit der Einzelfälle kein genereller Maßstab dafür herangezogen werden kann, von welcher exakten prozentualen Unterschreitung des rein rechnerisch geschuldeten Unterhalts an keine zulässige Regelung des angemessenen Unterhalts, sondern ein unwirksamer Unterhaltsverzicht vorliegt. Dabei dürfte in erster Linie darauf abzustellen sein, ob der vereinbarte Unterhalt unter Berücksichtigung aller Umstände so erheblich von dem rechnerisch ermittelten Unterhalt abweicht, dass er nicht mehr als angemessen angesehen werden kann. Zur groben Einschätzung dürfte zugrunde zu legen sein, dass eine Unterschreitung von bis zu 20 % grundsätzlich als noch angemessen und damit zulässig erscheint, eine solche von einem Drittel in der Regel aber nicht mehr. Im Übrigen ist unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls darüber zu befinden, ob noch eine wirksame Ausgestaltung oder ein Unterhaltsverzicht vorliegt. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Nedden-Boeger Guhling
AG Wuppertal, Entscheidung vom 10.04.2014 - 67 F 120/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.12.2014 - II-3 UF 141/14 -
(1) Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.
(2) Durch eine Vorausleistung wird der Verpflichtete bei erneuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur für den im § 760 Abs. 2 bestimmten Zeitabschnitt oder, wenn er selbst den Zeitabschnitt zu bestimmen hatte, für einen den Umständen nach angemessenen Zeitabschnitt befreit.
(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.
(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
- 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann, - 2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, - 3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, - 4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat, - 5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, - 6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat, - 7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder - 8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.
Abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung entscheidet das Gericht in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Es hat hierbei insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten, einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung, - 2.
den Umstand, dass ein Beteiligter vor Beginn des Verfahrens einer Aufforderung des Gegners zur Erteilung der Auskunft und Vorlage von Belegen über das Einkommen nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, es sei denn, dass eine Verpflichtung hierzu nicht bestand, - 3.
den Umstand, dass ein Beteiligter einer Aufforderung des Gerichts nach § 235 Abs. 1 innerhalb der gesetzten Frist nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist, sowie - 4.
ein sofortiges Anerkenntnis nach § 93 der Zivilprozessordnung.
(1) Das Gericht entscheidet in Familiensachen durch Beschluss.
(2) Endentscheidungen in Ehesachen werden mit Rechtskraft wirksam.
(3) Endentscheidungen in Familienstreitsachen werden mit Rechtskraft wirksam. Das Gericht kann die sofortige Wirksamkeit anordnen. Soweit die Endentscheidung eine Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt enthält, soll das Gericht die sofortige Wirksamkeit anordnen.