Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 19. Jan. 2015 - I - 5 Sa 83/14
Tenor
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
1
I – 5 Sa 83/1429 C 8907/14 AG Düsseldorf 13 C 1904/14 AG Mülheim |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
3BESCHLUSS
4In pp
5hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht J… und die Richterinnen am Oberlandesgericht B… und S… am 19.01.2015
6b e s c h l o s s e n :
7Die Bestimmung des zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
8Gründe
9I.
10Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Vermittlungs- und Beratungsentgelt für Lebensberatung im esoterischen und astrologischen Bereich.
11Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht Coburg am 08.11.2013 einen Mahnbescheid gegen die Beklagte erlassen, der dieser am 13.11.2013 unter deren ehemaliger Adresse in D… zugestellt worden ist. Die Beklagte hat gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt, der am 27.11.2013 bei dem Mahngericht eingegangen ist. Die Abgabe an das im Mahnbescheidsantrag als Prozessgericht angegebene Amtsgericht Düsseldorf erfolgte am 04.07.2014, wo die Akte am 11.07.2014 eingegangen ist.
12Nach Eingang der Anspruchsbegründung hat das Amtsgericht Düsseldorf mit Verfügung vom 17.07.2014 Termin bestimmt. Die Ladung der Beklagten unter der Anschrift des Mahnverfahrens kam an das Amtsgericht Düsseldorf mit dem Vermerk „Adressat unter der angegeben Anschrift nicht zu ermitteln“ zurück. Nach einer Meldeanfrage des Amtsgerichts Düsseldorf wurde die Ladung der Beklagten unter ihrer jetzigen Anschrift in M… am 26.07.2014 zugestellt. Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit Schreiben vom 10.09.2014 die Parteien darauf hingewiesen, dass es unzuständig sei, da der Wohnort der Beklagten im Bezirk des Amtsgerichts Mülheim gelegen sei. Alternativ komme eine Zuständigkeit des Amtsgericht St. Goar gemäß § 29 ZPO in Betracht. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 15.09.2014 Verweisung an das Amtsgericht Mülheim beantragt.
13Nach Anhörung der Beklagten hat das Amtsgericht Düsseldorf sich mit Beschluss vom 30.09.2014 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Mülheim an der Ruhr verwiesen. Eine Zustellung des Verweisungsbeschlusses an die Beklagte konnte nicht erfolgen, da die Beklagte nicht mehr unter der Anschrift in Mülheim ermittelt werden konnte.
14Mit Verfügung vom 10.11.2014 hat das Amtsgericht Mülheim den Parteien mitgeteilt, dass es beabsichtige, den Rechtsstreit an das Amtsgericht Düsseldorf zurückzuverweisen, da der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts vom 30.09.2014 der Beklagen bislang nicht zugestellt worden sei. Er stelle daher noch keine rechtskräftige Unzuständigkeitserklärung dar. Mit Beschluss vom 03.12.2014 hat sich das Amtsgericht Mülheim mit derselben Begründung zwar ausdrücklich nicht für unzuständig erklärt, den Rechtsstreit aber dennoch gemäß § 281 ZPO an das Amtsgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Zudem bestünden Zweifel an der wirksamen Zustellung der Klageschrift in Mülheim.
15Das Amtsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 18.12.2014 die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt. Wegen der Begründung wird auf den genannten Beschluss (Bl. 117 ff. d.A.) Bezug genommen.
16II.
171.
18Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift wird das zuständige Gericht durch das im Rechtszug zunächst höher Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Das Amtsgericht Düsseldorf hat sich nicht rechtskräftig für unzuständig erklärt.
192.
20Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 30.09.2014 stellt keine rechtskräftige Unzuständigkeitserklärung dar, weil er nur der Klägerin, nicht aber der Beklagten mitgeteilt worden ist. Nicht verkündete Verweisungsbeschlüsse nach § 281 ZPO sind den Parteien gemäß § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO formlos mitzuteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 22.02.1995, XII ARZ 2/95, NJW-RR 1995, 641; OLG Schleswig, Beschluss vom 11.02.2010, 2 W 11/10, NZI 2010, 260; Zöller-Greger, ZPO, 29. Auflage, § 281 Rd. 13). Ist der Verweisungsbeschluss nur einer Partei mitgeteilt worden, stellt er noch keine „rechtkräftige“ Unzuständigkeitserklärung im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dar. Er ist in einem solchen Fall zwar kein akteninterner Vorgang mehr, sondern verlautbart und existent; wirksam wird er jedoch erst mit der letzten Mitteilung an die Verfahrensbeteiligten (BGH, aaO.; Zöller-Vollkommer, aaO, § 329 Rd. 22). Vor diesem Zeitpunkt liegt eine „rechtskräftige“ Erklärung der Unzuständigkeit nicht vor.
21Ausweislich der Verfügung das Amtsgerichts Düsseldorf vom 30.09.2014 sollte der Beklagten des Verweisungsbeschluss vom 30.09.2014 sogar zugestellt werden. Die Zustellung konnte jedoch nicht bewirkt werden, da die Anschrift der Beklagten erneut nicht ermittelt werden konnte. Damit steht fest, dass der Beklagten der Beschluss nicht bekanntgegeben worden ist.
22Mangels rechtskräftiger Unzuständigkeitserklärung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO stellt die „Verweisung“ des Amtsgerichts Düsseldorf eine bloße Abgabe an das Amtsgericht Mülheim dar. Eine Gerichtsstandsbestimmung war daher abzulehnen. Das Amtsgericht Düsseldorf ist zuständig geblieben.
23J… B… S…
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Referenzen - Gesetze
Zivilprozessordnung - ZPO | § 36 Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit
Zivilprozessordnung - ZPO | § 281 Verweisung bei Unzuständigkeit
Zivilprozessordnung - ZPO | § 29 Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts
Zivilprozessordnung - ZPO | § 329 Beschlüsse und Verfügungen
(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse des Gerichts müssen verkündet werden. Die Vorschriften der §§ 309, 310 Abs. 1 und des § 311 Abs. 4 sind auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 2 Satz 1, 2, Absatz 3 und 4 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Vorsitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechend anzuwenden.
(2) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters sind den Parteien formlos mitzuteilen. Enthält die Entscheidung eine Terminsbestimmung oder setzt sie eine Frist in Lauf, so ist sie zuzustellen.
(3) Entscheidungen, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der Erinnerung nach § 573 Abs. 1 unterliegen, sind zuzustellen.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.