Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 10. Sept. 2015 - I-26 W 3/15 (AktE)
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 16) und 17) gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer/IV. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund vom 04.03.2015 – 18 O 158/05 (AktE) - wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 67.000 € festgesetzt.
1
A.
2Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Zurückweisung ihres Ablehnungsgesuchs in einem aktienrechtlichen Spruchverfahren. Darin begehren die 47 Antragsteller – darunter die beschwerdeführenden Antragsteller zu 16) und 17) - die gerichtliche Überprüfung der in der Hauptversammlung vom 19.11.2004 beschlossenen Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der C. AG auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer Barabfindung (sog. Squeeze-out).
3Das Landgericht hatte die in der Hauptversammlung mit 88,51 € festgelegte Barabfindung – weitgehend der Bewertung des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. H. folgend - mit Beschluss vom 25.11.2010 auf 120,40 € erhöht. Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsgegnerin sowie die Anschlussbeschwerde der Antragsteller zu 16) und 17) aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen (Senat, Beschluss vom 21.12.2011, I-26 W 3/11 (AktE), AG 2012, 459 ff.).
4Daraufhin hat das Landgericht mit Beweisbeschlüssen vom 17.02.2012 und 21.03.2012 den Sachverständigen Prof. H. beauftragt, sein Gutachten im Hinblick auf zuvor vorgebrachte Einwendungen der Verfahrensbeteiligten zu ergänzen. Gegen das – im Ergebnis unveränderte - Ergänzungsgutachten haben verschiedene Verfahrensbeteiligte – darunter die Antragsgegnerin sowie die Antragsteller zu 16) und 17) – weiter Einwendungen erhoben, woraufhin das Landgericht den Sachverständigen beauftragt hat, seine Gutachten im Termin vom 05.12.2013 zu erläutern. Schließlich hat es ihn beauftragt, alternativ zu berechnen, welche Ergebnisse sich für den Wert pro Aktie bei Annahme eines Betafaktors von 0,45 und Wachstumsabschlägen von 1 %, 0,75 % und 0,5 % ergeben; dem ist er inzwischen – nach Eingang des vorliegenden Ablehnungsgesuchs – mit ergänzender Stellungnahme vom 18.07.2014 nachgekommen. Die Antragsteller zu 16) und 17) hatten gefordert, das Obergutachten eines anderen Sachverständigen einzuholen, weil sie die mündlichen und schriftlichen Feststellungen des Sachverständigen im Anhörungstermin und in seinen Gutachten für fehlerhaft und unzureichend halten. Alternativberechnungen seien (auch) mit einem Basiszinssatz von 4,05 %, ohne Risikozuschlag in der Detailplanungsphase, einer Marktrisikoprämie von 2,5-3 %, einem Betafaktor von 0,2 oder 0,25 sowie einem Wachstumsabschlag von 2-2,5 % durchzuführen, zudem seien die zum Bewertungsstichtag am Markt gezahlten Preise für Brauereien zu analysieren. Die Einholung eines Obergutachtens hat das Landgericht mit Beschluss vom 06.05.2014 abgelehnt. Auf den dagegen gerichteten Schriftsatz vom 06.06.2014 hat der Kammervorsitzende dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 16) und 17) mit Verfügung vom 26.06.2014 mitgeteilt, der Beweisbeschluss werde nicht ergänzt. Transaktionspreise bzw. allgemein erzielbare Unternehmenswerte dürften für die Ertragswertbetrachtung ohne Bedeutung sein, eine weitere Berechnung mit den Parametern aus dem Schriftsatz vom 06.06.2014 sei nicht beabsichtigt.
5Daraufhin haben die Antragsteller zu 16) und 17) den Vorsitzenden Richter am Landgericht P. und die Handelsrichter N. und O. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Diese berücksichtigten ständig, insbesondere bei dem Erlass und der Änderung von Beweisbeschlüssen, einseitig das Vorbringen der Antragsgegnerin, ohne sich mit dem konträren Vorbringen der Antragsteller zu befassen und zu diesem eine „seit langem überfällige“ sachverständige Beurteilung einzuholen. Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 02.07.2014 Bezug genommen.
6Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 04.03.2015 zurückgewiesen; wegen der Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses verwiesen.
7Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 16) und 17), die sie – unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens – damit begründen, die abgelehnten Richter hätten nach der Zurückverweisung erneut ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt und sich zugleich sämtliches Vorbringen der Antragsgegnerin zu eigen gemacht, mit dem Ziel, die Barabfindung herabzusetzen. Dem werde der angegriffene Beschluss nicht gerecht. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die sofortige Beschwerde vom 20.03.2015 Bezug genommen.
8Die Antragsteller zu 16) und 17) beantragen,
9den Beschluss der 20. Zivilkammer/IV. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund vom 04.03.2015 – 18 O 158/05 (AktE) - aufzuheben und das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht P. sowie die Handelsrichter N. und O. wegen Besorgnis der Befangenheit für begründet zu erklären.
10Die Antragstellerinnen zu 42), 44) und 47) und der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre beantragen,
11die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
12Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.
13Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.
14B.
15Die sofortige Beschwerde ist gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 S. 1 FGG-RG, §§ 6, 22 FGG, 42 Abs. 2 ZPO analog zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen.
16Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kann ein Richter gemäß § 42 Abs. 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit dann abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommen allein objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht eines verständigen Verfahrensbeteiligten berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des abgelehnten Richters begründen (vgl. nur Vollkommer in: Zöller, ZPO, 30. A., § 42 Rn. 8 f.; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 73. A., § 42 Rn. 10; Bork in: Stein/Jonas, ZPO, 23. A., § 42 Rn. 2). Dieser Maßstab gilt in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend (vgl. BGH, Beschlüsse v. 10.12.2003 – XII ZB 251/03 – Rn. 3, NJW-RR 2004, 726 f.; 31.10.1966 – AnwZ (B) 3/66 – Rn. 5 ff., BGHZ 46, 195 ff.).
17Solche Gründe liegen nicht vor.
181.
19Allerdings können berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit eines Richters dann anzunehmen sein, wenn dieser eine Partei dadurch willkürlich benachteiligt, dass er sich weigert, ihr Prozessvorbringen zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu würdigen (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 30.01.1998 – 1 W 4/98 – Rn. 2, MDR 98, 432; Vollkommer in: Zöller, aaO § 42 Rn. 23).
20Dafür fehlt jedoch vorliegend - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens – jeglicher Anhalt.
21Die Antragsteller zu 16) und 17) begründen ihren Ablehnungsantrag damit, dass das Landgericht, ohne dies näher zu begründen, (teilweise) ihren Beweisanträgen nicht gefolgt, unter Vorlage eines Privatgutachtens vorgetragenen Einwänden der Antragsgegnerin jedoch nachgegangen ist. Dabei verkennen sie, dass es der für das Spruchverfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz nicht gebietet, alle von den Beteiligten angebotenen Beweise zu erheben und allen denkbaren Möglichkeiten nachzugehen. Vielmehr sind die Ermittlungen abzuschließen, wenn von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (so auch OLG München, Beschluss v. 15.05.2015 -31 Wx 366/13 – Rn. 97, NZG 2015, 683 – „Hypo Real Estate“; Keidel/Sternal, FamFG, 18. A., § 26 Rn. 16 f.). Dies zu entscheiden, stellt keine willkürliche Benachteiligung dar, sondern fällt gerade in den Kernbereich richterlicher Unabhängigkeit des mit dem Spruchverfahren befassten Gerichts. Dessen Aufgabe ist es, die für die Wertermittlung maßgeblichen Faktoren nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen und auf ihrer Grundlage den Unternehmenswert festzustellen. Ohne Hinzutreten weiterer Umstände, die bei objektiver Betrachtung befürchten lassen, dass der Richter der Sache nicht unparteilich oder voreingenommen gegenübersteht, lässt sich daher ein Ablehnungsgesuch von vornherein nicht darauf stützen, dass er bestimmten Beweisanträgen (eher: -anregungen) nicht folgt. Daran ändert es auch nichts, wenn der Richter gleichzeitig Beweisanträgen der Gegenseite bzw. deren Einwendungen gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten weiter nachgeht. Denn es gibt keine Regel dahingehend, dass aus Gründen der „Gleichberechtigung“ stets dem Vorbringen sämtlicher Verfahrensbeteiligter in gleichem Umfang nachzugehen wäre; entscheidend ist allein, welches Vorgehen das Gericht selbst nach pflichtgemäßem Ermessen für sachdienlich und geboten hält, um letztlich die von ihm erwartete Wertungsentscheidung treffen zu können. Daher kann es auch nicht als willkürlich oder auf Voreingenommenheit beruhend angesehen werden, wenn das Gericht meint, Widersprüchen zwischen den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen und denen eines Privatgutachters nachgehen zu müssen (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 10.03.2014, I-26 W 16/13 (AktE), 26 W 16/13 (AktE) AG 2015, 438 f.) oder es sich zur Plausibilisierung dienender Erkenntnismöglichkeiten – hier: Alternativberechnungen durch den Sachverständigen – bedient.
222.
23Das muss naturgemäß auch dann gelten, wenn einzelne Verfahrensbeteiligte – wie hier die Antragsteller zu 16) und 17) – den Sachverhalt anders beurteilen oder die für die Alternativberechnungen herangezogenen Parameter für unangemessen erachten. Im Ablehnungsverfahren geht es allein um die Parteilichkeit des Richters und nicht um die Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung dem Rechtsmittelgericht vorbehalten ist. Die Befangenheitsablehnung ist nach einhelliger Auffassung grundsätzlich kein Instrument zur Fehler- und Verfahrenskontrolle. Insbesondere dient sie nicht dazu, im laufenden Verfahren die Beurteilung des Beschwerdegerichts zu einzelnen Rechtsfragen, Meinungsäußerungen oder Verfahrensschritten einzuholen, um dadurch eine frühzeitige „Korrektur“ des Verfahrensverlaufs im Sinne eines Beteiligten durchzusetzen (vgl. BGH, Beschluss v. 20.01.2014 - AnwZ (Brfg) 51/12 - Rn. 9; OLG Hamm, Beschluss v. 03.06.2015 - I-32 W 12/15 - Rn. 15; OLG Bamberg, Beschluss v. 30.04.2015 - 1 U 125/14 - Rn. 31, alle juris; ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss v. 03.03.1998 – 11 W 9/98 – Rn. 4, MDR 1998, 1052 m.w.N.; Bork in: Stein/Jonas, aaO Rn. 14 m. w. N.). Auch wenn der Richter den Prozessverlauf nicht so gestaltet, wie eine Partei dies erwartet oder für tunlich hält, oder im Rahmen seiner Hinweis- und Aufklärungspflichten zu erkennen gibt, dass er den Argumenten einer Partei nicht folgt oder für diese die Sach- und Rechtslage ungünstig beurteilt, begründet dies daher regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit (vgl. BGH, Beschluss v. 12.10.2011 – V ZR 8/10 – Rn. 7, NJW-RR 2012, 61; Vollkommer in: Zöller, aaO Rn. 28).
243.
25Besondere Umstände, die im vorliegenden Fall zu einer anderen Beurteilung führen könnten, liegen nicht vor. Dass das Landgericht seine Beweisanordnungen nicht näher begründet hat, ist nicht zu beanstanden. Beweisbeschlüsse stellen nach einhelliger Auffassung lediglich Zwischenentscheidungen dar, die als solche grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar und infolgedessen auch nicht zu begründen sind (vgl. nur Senat, Beschluss vom 12.12.2012 – I-26 W 19/12 (AktE) – Rn. 33 ff., AG 2013, 226 ff. m.w.N.). Weder die dem Sachverständigen gemachten Vorgaben noch der sonstige Akteninhalt lassen zum jetzigen Zeitpunkt eine Vorfestlegung auf ein bestimmtes Ergebnis erkennen. Für die von den Antragstellern zu 16) und 17) geäußerte Vermutung, die Kammer verfolge das Ziel, in jedem Fall den Wünschen der Antragsgegnerin nach einem niedrigeren Unternehmenswert Rechnung zu tragen, fehlt bei vernünftiger Betrachtung jeglicher Anhaltspunkt. Wie die Antragsteller zu 16) und 17) selbst nicht in Abrede stellen, hatten sie hinreichend Gelegenheit, ihre Standpunkte, Anträge und Beweisangebote schriftlich vorzutragen und im Termin Fragen an den Sachverständigen zu richten. Schließlich lässt der Verfahrensablauf nach der erfolgten Zurückverweisung auch - anders als in dem von den Antragstellern zu 16) und 17) zitierten, einen Anfechtungsrechtsstreit betreffenden Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 21.05.2007 (- II ZR 266/04 -, AG 2007, 625 ff.) - nicht erkennen, dass das Landgericht, ohne über eigene Sachkunde zu verfügen bzw. diese darzulegen und ohne eine Beweisaufnahme durchzuführen, einseitig dem Vorbringen einer Seite den Vorzug gegeben hätte.
26Nach alledem tragen die geltend gemachten Ablehnungsgründe das Ablehnungsgesuch weder für sich betrachtet noch bei zusammenhängender Würdigung.
27C.
28Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die außergerichtlichen Kosten sind nicht erstattungsfähig (vgl. Senat, Beschlüsse v. 10.03.2014 - I-26 W 16/13 (AktE) -, AG 2015, 439 ff..; 24.05.2006 - I-26 W 9/06 (AktE) -, NZG 2006, 758 ff. m.w.N.). Gerichtskosten fallen gemäß §§ 134 Abs. 1 S. 1 GNotKG, 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KostO an; die Kostenschuld ergibt sich insoweit über § 2 KostO aus dem Gesetz.
29Der Wert des Beschwerdeverfahrens über die Ablehnung beträgt grundsätzlich einen Bruchteil des Hauptsachewertes (vgl. BGH, Beschluss v. 15.12.2003 - II ZB 32/03 - Rn. 6, juris; OLG Stuttgart, Beschluss v. 15.04.2004 – 20 W 5/04 – Rn. 30, AG 2005, 304 ff.). Da dieser sich danach richtet, in welchem Umfang die angebotene Barabfindung erhöht wird bzw. bei Erfolglosigkeit des Spruchverfahrens begehrt wurde (vgl. BGH, Beschluss v. 07.12.1998 – II ZB 5/97 – Rn. 4 ff., AG 2002, 559), und der Ausgang des Verfahrens noch nicht feststeht, ist der Wert nach § 30 Abs. 1 KostO zu schätzen. Der Senat schätzt den Wert der Hauptsache im Hinblick auf den ungewissen Verfahrensausgang derzeit auf den Mindestwert von 200.000 € (vgl. §§ 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG a.F., 74 GNotKG), so dass der Wert des vorliegenden Beschwerdeverfahrens mit 67.000 € zu bemessen ist.
30Die Entscheidung ist rechtskräftig.
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(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.
(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.
(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Der Betroffene hat die Bestellung eines Betreuers beantragt; das Amtsgericht hat die Bestellung eines Betreuers abgelehnt. Das Gesuch, mit dem der Betroffene den Richter am Amtsgericht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, hat das Amtsgericht, durch einen anderen Richter am Amtsgericht handelnd, ebenfalls abgelehnt. Gegen beide Entscheidungen hat der Betroffene Rechtsmittel eingelegt, die das Landgericht zurückgewiesen hat. In seinem Beschluß , mit dem das Landgericht die sofortige Beschwerde gegen die das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärende Entscheidung des Amtsgerichts zurückgewiesen hat, ist ausgesprochen, daß die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen werde. Hiergegen hat der Betroffene Beschwerde und gegen die Ablehnung der Betreuerbestellung "sofortige weitere Beschwerde" eingelegt. Das Landgericht hat die Sache "zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde" dem Bundesgerichtshof vorgelegt und dem Betroffenen mitgeteilt,daß es die Akten - nach Wiedervorliegen - dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die "sofortige weitere Beschwerde (Ablehnung der Betreuung)" zuleiten werde.
II.
Die Vorlage ist unzulässig. Eine Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben; diese Entscheidung obliegt vielmehr dem Oberlandegericht. In Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten für die Ablehnung von Richtern wegen Besorgnis der Befangenheit die Vorschriften der Zivilprozeßordnung (§§ 42 ff.) entsprechend (BGHZ 46, 195, h.M.). Das bedeutet, daß gegen einen Beschluß des Amtsgerichts, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, die sofortige Beschwerde zulässig ist (§ 46 Abs. 2, § 567 Abs. 1 ZPO), über die das Landgericht zu entscheiden hat. Für das weitere Verfahren gelten zwar die vom FGG vorgesehenen Rechtsmittel - dies allerdings nur mit den Einschränkungen, die sich aus der entsprechenden Anwendung der zivilprozessualen Regelungen über die Ablehnung von Richtern ergeben (BayObLG NJW 2002, 3262; 3263; Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann Freiwillige Gerichtsbarkeit 4. Aufl. § 6 Rdn. 69; Demharter NZM 2002, 233, 235). Gegen die Entscheidung des Landgerichts, das die Beschwerde gegen den eine Richterablehnung für unbegründet erklärenden Beschluß des Amtsgerichts zurückweist, ist deshalb zwar an sich die weitere Beschwerde - und zwar gemäß § 29 Abs. 2 FGG als sofortige - eröffnet. Die Statthaftigkeit dieser weiteren sofortigen Beschwerde ist jedoch an dieselben Voraussetzungen geknüpft,an die auch die - nunmehr allein statthafte - Rechtsbeschwerde gegen landgerichtliche Beschwerdeentscheidungen in ZPO-Verfahren, in denen über die Ablehnung eines Richters zu entscheiden ist, gebunden wäre. Nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist eine solche Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn das Landgericht sie zugelassen hat. Deshalb ist auch in FGG-Verfahren über die Ablehnung eines Richters die sofortige weitere Beschwerde nur nach entsprechender Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft. Das Landgericht hat deshalb in der angefochtenen Entscheidung - sachlich zutreffend - über die Nichtzulassung eines weiteren Rechtsmittels entschieden. Die entsprechende Anwendung der §§ 42 ff. ZPO auf Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit führt indes nicht dazu, in diesen Verfahren, soweit über die Ablehnung eines Richters zu entscheiden ist, den Rechtsmittelzug zu verändern. Zwar ist in ZPO-Verfahren gegen Beschwerdeentscheidungen der Landgerichte, durch die eine Richterablehnung für unbegründet erklärt wird, bei entsprechender Zulassung die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eröffnet. Die alleinige Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs als Rechtsbeschwerdegericht ist indes nicht auf Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zu übertragen. Das Rechtsmittelsystem des Verfahrens der Freiwilligen Gerichtsbarkeit trifft eine abschließende Regelung, in der die Anrufung des Bundesgerichtshofs außerhalb des Vorlageverfahrens (§ 28 Abs. 2 FGG, § 79 Abs. 2 ZPO) nicht vorgesehen ist. Insoweit bewendet es daher bei der Zuständigkeit der Oberlandesgerichte als Gerichte der weiteren Beschwerde. Dies gilt auch für Verfahren der Richterablehnung; die entsprechende Anwendung der §§ 42 ff. ZPO auf solche Verfahren fordert eine Änderung des Rechtszugs nicht (vgl. auch BGH Beschluß vom 19. Dezember 2002 - V ZB 61/02 - BGHReport 2003, 403 betr. erstinstanzliche Entscheidungen des Oberlandesgerichts über Richterablehnung in Grundbuchsachen).
Da über die sofortige weitere Beschwerde - im Falle ihrer Zulassung - das Oberlandesgericht zu entscheiden hätte, obliegt dem Oberlandesgericht auch die Entscheidung über die vom Betroffenen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde. Der Umstand, daß eine solche Nichtzulassungsbeschwerde im Gesetz nicht vorgesehen ist, und zwar weder im Rechtsbeschwerdeverfahren nach der ZPO noch im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nach dem FGG, ändert an der Entscheidungszuständigkeit des Oberlandesgerichts nichts. Die Sache war daher an das Landgericht zurückzugeben.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt
Tenor
I.
II.
III.
IV.
V.
Gründe
I.
29.9.2008(Äußerung des Bundesfinanzministers zur geordneten Abwicklung) bzw. zum
18.2.2008(Vorlage der Gesetzentwürfe des Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetzes -FMStERgG - sowie des Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetzes - FMStBG - und
18.2.2008deren Verabschiedung im Bundeskabinett) bzw. zur Jahreswende 2008/2009 (Belastung des Börsenkurses aufgrund der Enteignungsdiskussion). Die Verlagerung von Vermögenswerten in die Abwicklungsanstalt sei zum Stichtag in der Wurzel angelegt gewesen. Die Ausgliederung von Risikopositionen sei im Lenkungsausschuss bereits am 21.9.2009 beschlossen worden. Bei der gebotenen Einbeziehung der Abwicklungsanstalt sei die bisherige Planung Makulatur und eine vollständige Neubewertung durch einen gerichtlichen Sachverständigen erforderlich.
II.
III.
IV.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 25.03.2015 gegen den Beschluss des Landgerichts Münster vom 06.03.2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin nach einem Streitwert von 8.589,71 €.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten aus angeblich fehlerhafter Anlageberatung. Mit Schriftsatz vom 28.02.2014 hat sie das Kapitalanleger-Musterverfahren beantragt (§ 1 KapMuG). Mit Schriftsatz vom 25.03.2014 haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten beantragt, den Antrag als unzulässig zu verwerfen. Der Schriftsatz ist den Klägervertretern mit Verfügung vom 31.03.2014 (Ab-Vermerk vom 01.04.2014) übersandt worden. Mit Beschluss vom 16.04.2014 hat die ** Zivilkammer des Landgerichts Münster durch die Einzelrichterin ### den Musterverfahrensantrag der Klägerin als unzulässig verworfen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die begehrte Feststellung ausschließlich auf eine Anspruchsgrundlage beziehe, für die bereits Verjährung eingetreten sei, so dass es an der Entscheidungserheblichkeit des Musterfeststellungsantrages fehle. Im Übrigen sei der Vortrag zu einer fehlerhaften Beratung nicht ausreichend substantiiert. Wegen der Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat Bezug auf den Beschluss des Landgerichts vom 16.04.2014, Bl. 445 f. d.A.
4Der Beschluss ist den Klägervertretern am 23.04.2014 zugestellt worden.
5Mit Verfügung vom 02.09.2014 hat die Einzelrichterin Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt auf den 19.03.2015.
6Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 05.03.2015 hat die Klägerin die Einzelrichterin Richterin am Landgericht ### wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die abgelehnte Richterin habe sich bereits vor der Anhörung der Parteien in der Sache festgelegt. Diese Festlegung sei in dem Beschluss vom 16.04.2014 zum Ausdruck gebracht worden. Einem den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Verfahren hätte es entsprochen, ihr – der Klägerin – einen rechtlichen Hinweis zu erteilen, bevor der unanfechtbare Beschluss ergangen sei. Die hierin liegende Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör sei vorsätzlich erfolgt, um ihnen weiteren Vortrag zum Musterverfahrensantrag abzuschneiden.
7Mit Beschluss vom 06.03.2015 hat die Einzelrichterin Richterin am Landgericht ### das Ablehnungsgesuch der Klägerin als unzulässig verworfen. Dieses sei rechtsmissbräuchlich angebracht worden, da es ersichtlich zur Verfahrensverschleppung dienen sollte. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
8Gegen den am 12.03.2015 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.03.2015 – eingegangen bei Gericht am selben Tage – sofortige Beschwerde eingelegt. Sie stützt ihre Beschwerde unter anderem auch auf die weitere Verfahrensführung der abgelehnten Richterin. Durch die Selbstentscheidung und den Erlass des Versäumnisurteils habe die abgelehnte Richterin in unzulässiger Weise die Wartepflicht des § 47 ZPO verletzt, was die Besorgnis der Befangenheit verstärke und einen weiteren Ablehnungsgrund begründe. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie die bereits erstinstanzlich vorgebrachten Ablehnungsgründe.
9Die Einzelrichterin Richterin am Landgericht ### hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 24.04.2015 zur Entscheidung vorgelegt.
10Zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.03.2015 ist für die Klägerin niemand erschienen. Auf Antrag der Beklagten ist ein klageabweisendes Versäumnisurteil ergangen, gegen das die Klägerin mit Schriftsatz vom 07.04.2015 Einspruch eingelegt hat.
11II.
12Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Münster vom 06.03.2015 ist zulässig, aber nicht begründet.
13Zutreffend hat das Landgericht den Ablehnungsantrag als unzulässig verworfen. Insbesondere durfte die Einzelrichterin ausnahmsweise selbst über das Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 05.03.2015 entscheiden.
141.
15Ein abgelehnter Richter ist - abweichend von § 45 Abs. 1 ZPO - ausnahmsweise dann zu einer eigenen Entscheidung über das gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch befugt, wenn der Ablehnungsantrag eindeutig und offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist und deshalb der Verwerfung als unzulässig unterliegt (BVerfG, 1 BvR 3084/06, NJW-RR 2008, 72; BGH, I ZB 15/91, NJW 1992, 983; OLG Hamm Beschluss vom 16.12.2011 - 32 W 20/11 BeckRS 2012, 02309; OLG Frankfurt, 1 W 5/11, NJW-RR 2012, 1271). Die grundsätzliche Möglichkeit, dass über ein unzulässiges Ablehnungsgesuch der abgelehnte Richter selbst befindet, ist der deutschen Rechtsordnung nicht fremd. Zwar sieht das Gesetz selbst sie nicht vor; sie ist jedoch in Rechtsprechung und Literatur so lange und einhellig anerkannt, dass sie teilweise bereits als gewohnheitsrechtlich gefestigt angesehen wird (BGH a.a.O.). Das Bundesverfassungsgericht hat indes klargestellt, dass ein vereinfachtes Ablehnungsverfahren nur echte Formalentscheidungen ermöglichen oder offensichtlichen Missbrauch des Ablehnungsrechts verhindern solle, was eine enge Auslegung der Voraussetzungen gebiete (vgl. BVerfG a.a.O.; auch BGH, I ZA 2/13; BeckRS 2013, 15387). Ein Befangenheitsantrag stellt sich als rechtsmissbräuchlich dar, wenn mit der Ablehnung verfahrensfremde, vom Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts offensichtlich nicht erfasste Ziele verfolgt werden. Entsprechendes gilt bei einem nicht ernsthaft gemeinten oder unter einem Vorwand bzw. allein aus prozesstaktischen Erwägungen gestellten Ablehnungsgesuch. Ein in dieser Weise unzulässiges Ablehnungsgesuch liegt vor, wenn dessen Begründung die angebliche Befangenheit ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls von vornherein nicht belegen kann, wenn also für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens oder das eigene Verhalten des abgelehnten Richters selbst entbehrlich ist (BGH, I ZA 2/13, a.a.O.). Dementsprechend sind insbesondere Ablehnungsgesuche, die ersichtlich der Verschleppung dienen oder eine Terminsverlegung erzwingen wollen, rechtsmissbräuchlich (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, § 45 Rn. 4 m.w.N.). Wird das Rechtsinstitut der Richterablehnung in derart rechtsmissbräuchlicher Weise eingesetzt, fehlt dem Befangenheitsgesuch ein Rechtsschutzinteresse, und es ist als unzulässig zu verwerfen.
162.
17Auch unter Zugrundelegung dieses strengen Maßstabes ist die Einzelrichterin rechtsfehlerfrei von einem eindeutig und offensichtlich rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuch ausgegangen. Die Klägerin hat mit dem Antrag auf Ablehnung ersichtlich verfahrensfremde Ziele verfolgt. Prozesstaktisches Ziel des Ablehnungsantrages vom 05.03.2015 war offensichtlich allein die Aufhebung des für den 19.03.2015 anberaumten Verhandlungstermins.
18Hierfür sprechen der zeitliche Ablauf sowie der Umstand, dass das Ablehnungsgesuch allein mit Gründen gerechtfertigt wird, die die Ablehnung eines Richters offensichtlich nicht rechtfertigen.
19a) Die Klägerin begründet ihren Ablehnungsantrag mit Gesichtspunkten, die ihrem Prozessbevollmächtigten bereits im April 2014 bekannt waren. Dabei ist der Ablehnungsantrag gerade einmal zwei Wochen vor dem Termintag gestellt worden. Wäre der Antrag nicht verworfen worden, hätte das Gericht den Termin zur mündlichen Verhandlung allein zur Durchführung des Ablehnungsverfahrens aufheben müssen. Über das Ablehnungsgesuch konnte vor dem Termin erkennbar nicht rechtskräftig entschieden werden. Dass es der Klägerin bzw. ihren Prozessbevollmächtigten - auch in diesem Falle wäre der Antrag rechtsmissbräuchlich - allein darum ging, das Verfahren mittels einer Aufhebung des Verhandlungstermins zu verzögern, ergibt sich in diesem Zusammenhang insbesondere daraus, dass den Prozessbevollmächtigten der Klägerin die für die Besorgnis der Befangenheit angeführten Gründe bereits seit der Zustellung des Beschlusses vom 16.04.2014, nämlich am 23.04.2014, bekannt waren. Die Klägerin hätte daher bereits seit April 2014 die Befangenheit der abgelehnten Richterin geltend machen können. Ein sachlicher Grund dafür, dass das Gesuch erst im März 2015 gestellt wurde, ist nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.
20b) Die zur Begründung des Befangenheitsgesuchs aufgeführten Gründe zeigen lediglich und offenkundig nur (vermeintliche) sachliche Fehler bei der Rechtsanwendung und (vermeintliche) Verfahrensfehler auf, die einem Befangenheitsgesuch grundsätzlich nicht zum Erfolg verhelfen können. Das Ablehnungsverfahren dient nicht der Kontrolle des richterlichen Verfahrens und der richterlichen Rechtsanwendung.
21aa) Die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit setzt gemäß § 42 Abs. 1 und 2 ZPO einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Maßgeblich ist insoweit, ob vom objektiven Standpunkt eines Ablehnenden aus hinreichende Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber und werde deshalb nicht unparteiisch entscheiden (BGH, IXa ZB 27/03, NJW-RR 2003, 1220, 1221). Die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit ist demgegenüber kein Instrument zur Fehlerkontrolle (BGH, XI ZR 388/01, NJW 2002, 2396). Auf die (vermeintliche) Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung kommt es regelmäßig nicht an (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 42, Rn. 28). Der Befangenheitsvorwurf kann grundsätzlich nicht auf den sachlichen Inhalt von Entscheidungen oder Verfahrensverstöße gestützt werden. Etwas anderes gilt nur, wenn die angegriffene Handlung oder Entscheidung offensichtlich jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt und in der Sache so grob fehlerhaft und unhaltbar ist, dass sie als willkürlich erscheint (MüKo/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl., § 42, Rn. 30 m.w.N).
22bb) Ausgehend von dieser rechtlichen Grundlage – die die Klägerin selbst in ihrem Ablehnungsgesuch anspricht - trägt sie dann keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die abgelehnte Richterin ihr gegenüber voreingenommen sein könnte. Vielmehr rügt sie lediglich Gesichtspunkte, die ihrem Ablehnungsgesuch offensichtlich nicht zum Erfolg verhelfen können.
23(1) Die Ablehnung kann nicht auf die rechtliche Bewertung des Musterverfahrensantrages als unzulässig gestützt werden. Das Ablehnungsverfahren dient insoweit nicht der rechtlichen Überprüfung. Dass der Klägerin nach § 3 Abs. 1 KapMuG kein Rechtsmittel gegen den zurückweisenden Beschluss des Landgerichts zusteht, ändert daran nichts; im Gegenteil würde die gesetzgeberische Entscheidung des § 3 Abs. 1 KapMuG ansonsten umgangen. Die Rechte der Klägerin bleiben im Übrigen durch den vorliegenden Individualprozess ausreichend gewahrt (KK-KapMuG/Kruis, 2. Aufl., § 3, Rn. 101).
24(2) Eine berechtigte Besorgnis der Befangenheit ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die abgelehnte Richterin sich mit dem Beschluss vom 16.04.2014 bereits vor der mündlichen Verhandlung und der persönlichen Anhörung der Parteien in der Sache festgelegt hätte. Das Ablehnungsgesuch zeigt keine objektiven Gründe auf, aus denen auf eine Festlegung der Richterin in der Hauptsache zu schließen wäre. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht ausgeführt, dass sich die abgelehnte Richterin im Rahmen der Entscheidung über den Musterverfahrensantrag mit dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin und der erhobenen Einrede der Verjährung auseinander zu setzen hatte. Im Hinblick auf den umfangreichen Vortrag beider Parteien zur Frage der Verjährung war ein weiterer Hinweis auf die Entscheidungserheblichkeit dieser Rechtsfrage ohnehin entbehrlich.
25(3) Der Umstand, dass das Landgericht im Beschlusswege vor der Durchführung der mündlichen Verhandlung im Individualprozess über den Antrag auf Durchführung eines Musterverfahrens entschieden hat, ist nicht zu beanstanden. Eine mündliche Verhandlung ist im Verfahren nach § 3 KapMuG nicht vorgesehen und nicht erforderlich; die Entscheidung kann entweder vorab im Beschlusswege oder erst im Urteil erfolgen (KK-KapMuG/Kruis, aaO, § 3, Rn. 96, 97).
263.
27Nachdem die abgelehnte Richterin das Befangenheitsgesuch der Klägerin zu Recht als unzulässig verworfen hat, war sie gemäß § 47 ZPO nicht gehindert, das Klageverfahren weiter zu betreiben, weil das Tätigkeitsverbot dieser Vorschrift bei unzulässigen Ablehnungsgesuch nicht eingreift (Zöller, Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. § 47 Rz. 2 ). Aus der Fortsetzung des Verfahrens ergibt sich daher kein weiterer, die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richterin rechtfertigender Gesichtspunkt.
28III.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
30Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich im Fall der Richterablehnung nach ständiger Rechtsprechung des Senats nach dem Streitwert der Hauptsache.
Gründe
„Vorsorglich weise ich darauf hin, dass mir als Prozessbevollmächtigten des Klägers und Berufungsklägers nach den Grundsätzen des rechtlichen Gehörs das Recht zusteht, vor Entscheidung über die drei Ablehnungsgesuche die Äußerungen der abgelehnten Richter zu erfahren und innerhalb angemessener Frist dazu Stellung nehmen zu können. Es wird auch darauf bestanden, dass die abgelehnten Richter nicht etwa kollektiv eine gemeinsame Stellungnahme abgeben sondern dass diese jeweils individuell und getrennt von den Stellungnahmen der anderen abgegeben wird... (AG 1)
Das OLG konzediert also,...dass... eine gültige Vereinbarung der AUB 2009 nicht zustande gekommen ist, wobei der Senat allerdings „vergisst“, darauf hinzuweisen, dass insoweit die Beweislast eindeutig bei der Beklagten liegt.
Um gleichwohl die Klage zum Scheitern zu bringen, greift der Senat nach eigenen Bekundungen einstimmig zu einem mehr als abenteuerlichen juristischen salto mortalis, wie ihn jedenfalls der Unterzeichner in seiner langjährigen anwaltlichen Tätigkeit noch von keinem Gericht erlebt hat: Er behauptet nun plötzlich, in diesem Falle würden die AUBs 2004 u. a. weiter bis heute gelten. Um die Ungeheuerlichkeit und Abenteuerlichkeit dieses tollkühnen juristischen Rechtssprungs zu erfassen, muss man sich die konkrete Vertragssituation deutlich vor Augen halten. (AG 2)
Bereits erstinstanzlich hat der Unterzeichner auf die Absurdität dieser Behauptung hingewiesen: ... (AG 3)
Im Übrigen unterschlägt der Senat auch, dass es hier keinesfalls um die Regelung von Einzelheiten geht... (AG 4)
Vergleicht man einige in der vorstehend zitierten Rechtsprechung entschiedenen Fälle mit dem streitgegenständlichen, so ist der hier bestehende Widerspruch zu der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung derart eindeutig und eklatant, dass man sich ernsthaft fragen muss, ob der Senat die beantragte Revisionszulassung nur verweigert, weil er in Kenntnis dieser Rechtsprechung befürchtet, im Falle einer Revisionsentscheidung ... aufgehoben zu werden!... (AG 5)
Selbst der Senat geht wohl, allerdings hütet er sich, das expressis verbis auszusprechen, davon aus, dass... (AG 6)
Es kann nicht hingenommen werden, dass der Senat, offensichtlich um der beklagten Großversicherung zu helfen, deren fahrlässige bzw. sogar vorsätzliche Vertragsverstöße im Nachhinein zulasten des Versicherungsnehmers korrigiert und damit die gesamte einschlägige deutsche Rechtsprechung zu § 242 BGB, alter und neuer Fassung, ignoriert! (AG 7)
Hinzu kommt, dass auch die Sprache des OLG-Beschlusses vom 22.12.2014 ganz gezielt darauf gerichtet ist, den Kläger zu einer freiwilligen Aufgabe zu zwingen, so wenn ausgeführt wird, es sei „nichts dafür ersichtlich, dass in einer solchen (mündlichen Verhandlung, Anmerkung des Unterzeichners) neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden könnten, die zu einer anderen Beurteilung führen“ und in diesem Zusammenhang auch noch die Berufung als „aussichtslos“ bezeichnet wird, hinzu kommt noch der geradezu höhnische Hinweis auf eine „in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung“.
„Eine solche Rechtsansicht schlägt der Schutzbestimmung des Transparenzgebots des § 307, Abs.1, Ziffer 2 BGB und der dazu zitierten Rechtsprechung des BGH geradezu ins Gesicht und das, obwohl man mit Sicherheit davon ausgehen muss, dass den abgelehnten Richtern diese eindeutige, hierzu anzuwendende Rechtsprechung bei ihrer Entscheidung bekannt war. (E 1)
Bleibt man gleichwohl bei der... nicht nachvollziehbaren Rechtsansicht der abgelehnten Richter, das ... Deckungskonzept sei trotz seines eindeutigen Wortlauts nicht Vertragsbestandteil, müsste der Beklagten....eine gezielte und bewusste, also betrügerische und massiv wettbewerbsfeindliche Täuschung ihrer Versicherungsnehmer vorgeworfen werden. (E 2)
Der Berufungskläger und der Unterzeichner behalten sich daher ausdrücklich den Antrag vor, falls der Senat auch nach der Entscheidung über die Richterablehnung an seiner bisherigen Rechtsansicht festhalten sollte, das Verfahren auszusetzen und die Akten der zuständigen Staatsanwaltschaft für einschlägige Ermittlungen wie auch dem zuständigen Bundesamt zur Überprüfung des Vorwurfs unlauteren Wettbewerbs zuzuleiten.“ (E 3)
„Sowohl das Landgericht als auch der Senat ignorieren diese sich aus ihrer Rechtsauffassung ergebenden Schlussfolgerungen trotz mehrfacher erst- wie zweitinstanzlichen schriftsätzlichen Hinweise des Unterzeichners völlig. (E 4)
ZPO).
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Gegenvorstellung ist unzulässig.
- 2
- a) Der eine Anhörungsrüge nach § 321a ZPO zurückweisende Beschluss ist nach § 321a Abs. 4 Satz 4 ZPO unanfechtbar. Mit der Einführung der Anhörungsrüge sollte eine solche Kontrolle einer nicht mehr anfechtbaren Ausgangsentscheidung durch das Gericht eröffnet, die Überprüfungsmöglichkeiten im Interesse der Rechtssicherheit und des effektiven Ressourceneinsatzes jedoch nicht ins Unendliche ausgedehnt werden (BT-Drucks. 14/4722, S. 156). Das Verfahren vor dem ordentlichen Gericht ist daher beendet, wenn dieses nach Prüfung der Anhörungsrüge eine "Selbstkorrektur" der Ausgangsentscheidung ablehnt (BayVerfGH, NJW-RR 2011, 430).
- 3
- b) Dasselbe gilt, wenn - wie hier - die Behauptung, durch die Zurückweisung einer Anhörungsrüge in dem Verfahrensgrundrecht erneut verletzt worden zu sein, nicht in einer weiteren Anhörungrüge nach § 321 ZPO, sondern im Wege einer Gegenvorstellung vorgebracht wird. Eine Entscheidung, die nach dem Gesetz unanfechtbar ist, kann auch über den Umweg einer Gegenvorstellung nicht anfechtbar gemacht werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2007 - IX ZA 41/06, Rn. 1 juris und vom 2. September 2008 - IX ZA 21/08, Rn. 2).
- 4
- 2. Weitere Eingaben des Klägers in dieser Sache werden nicht mehr beschieden , da sich der Senat mit dessen Vorbringen mehrfach befasst und den als angeblich übergangenen gerügten Vortrag zu einem absoluten Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 ZPO in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich beschieden hat. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
LG Bochum, Entscheidung vom 16.08.2007 - 1 O 31/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.12.2009 - I-31 U 143/07 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die am Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beteiligten Kläger zu 1, 4 und 5 sind Minderheitsaktionäre der beklagten börsennotierten V. AG, die im Jahre 2002 durch Zusammenführung der H. AG und der VE. AG B. entstanden ist. Mehrheitsaktionärin ist - über mehrere Beteiligungsgesellschaften - mit ca. 96,8 % der Aktien die - im Alleinbesitz des Königreichs Schweden stehende - V. AB mit Sitz in Schweden.
- 2
- Die Beklagte und die B. Aktiengesellschaft (nachfolgend: B. ), an der die Beklagte zu 89,52 % beteiligt war, beabsichtigten eine Verschmelzung beider Unternehmen unter Übertragung des Vermögens der B. auf die Beklagte gegen Gewährung von Aktien an die Aktionäre der B. - mit Ausnahme der Beklagten selbst - zu einem Umtauschverhältnis von einer B. -Aktie zu 0,5976 Aktien der Beklagten; dabei sollte zur Durchführung der Verschmelzung das Grundkapital der Beklagten gemäß § 69 UmwG erhöht werden. Die außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten vom 6. Februar 2003 stimmte mit 99,96 % der abgegebenen Stimmen und des vertretenen Grundkapitals dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages (TOP 1) sowie der Kapitalerhöhung um 18 Mio. € im Zuge der Verschmelzung (TOP 2) zu. Die Kläger, die gegen die Beschlüsse stimmten und Widerspruch zur Niederschrift erklärten, haben sämtlich Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss , die Klägerinnen zu 1 und 4 außerdem auch gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss erhoben; die Klägerin zu 1 hat ferner Feststellungsanträge gestellt.
- 3
- Das Landgericht hat den Anfechtungsklagen stattgegeben, die Feststellungsklage der Klägerin zu 1 hingegen abgewiesen. Das Kammergericht hat auf die Berufung der Beklagten - während des zweitinstanzlichen Verfahrens sind die angefochtenen Beschlüsse auf Grund einer Freigabeentscheidung (§ 16 Abs. 3 UmwG) in das Handelsregister eingetragen worden - die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen wenden sich die Klägerinnen zu 1 und 4 sowie der Kläger zu 5 mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden.
- 4
- II. Die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerinnen zu 1 und 4 sind sowohl hinsichtlich ihrer Klagen gegen die Verschmelzung (A) als auch bezüglich ihrer Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses (B) begründet und führen gemäß §§ 544 Abs. 7, 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts. Demgegenüber hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zu 5 keinen Erfolg (C).
- 5
- A. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerinnen zu 1 und 4 auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) hinsichtlich ihrer Anfechtungsklagen gegen die Zustimmung zur Verschmelzung (TOP 1) in entscheidungserhebli- cher Weise verletzt. Es hat umfangreichen, dezidierten und unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag der Klägerinnen zu 1 und 4 zu dem - von ihnen als Aktionären des übernehmenden Rechtsträgers in zulässiger Weise erhobenen (vgl. arg. e contrario § 14 Abs. 2 UmwG; vgl. BGHZ 112, 9, 19 - zu § 352 c AktG a.F.) - Kernvorwurf, dem Verschmelzungsbeschluss liege infolge schwerwiegender Bewertungsmängel eine deutliche Unterbewertung des Unternehmens der Beklagten und damit ein für deren Aktionäre nachteiliges, fehlerhaftes Umtauschverhältnis zugrunde, verfahrensfehlerhaft als unsubstantiiert abqualifiziert bzw. - ohne nähere Begründung und insbesondere ohne Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens - als durch den gegenteiligen Parteivortrag der Beklagten widerlegt angesehen. Diese sich auf die Verwendung von Leerformeln beschränkende, nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags.
- 6
- 1. Die Klägerin zu 1 hat unter Berufung auf ein von ihr vorgelegtes Privatgutachten des Prof. Dr. K. - Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmanagement und Kapitalmärkte der TU M. - vom 10. Juni 2003 und dessen Ergänzungsgutachten vom 30. August 2004 u.a. behauptet, die Finanzierungsprämissen bei der Unternehmensbewertung der Beklagten führten zu einer deutlichen Unterbewertung dieser Gesellschaft von mindestens 16 %; dabei sei insbesondere die Annahme des Bewertungsgutachtens der BDO unvertretbar, die Finanzierungskosten für den Erwerb der B. -Beteiligung seien auf Dauer nicht steuerlich absetzbar, obwohl dieser zur Reduzierung des Unternehmenswerts führende Nachteil durch eine - unternehmerisch gebotene - Eigenkapitalzuführung sofort beseitigt werden könne. Ferner sei der zur Berechnung des Zinsaufwandes angesetzte langfristige Basiszinssatz von 5,5 % p.a. - schon angesichts der geringeren Rendite einer Anleihe der Konzernmutter V. AB von lediglich 4,43 % zum Bewertungsstichtag - erheblich überhöht; hinzu kämen Ungereimtheiten bei der Anwendung des sog. Stand-alone-Prinzips, das zudem im Rahmen der durchgeführten Unternehmensbewertung nicht konsequent durchgehalten worden sei. Schließlich berücksichtige die von der Beklagten vorgelegte Bewertung zu Unrecht nicht, dass sich der Gesamtenergiemarkt von einem Verteilermarkt in einen Erzeugermarkt wandeln werde und angesichts einer kontinuierlichen Nachfragesteigerung mit einer nicht unerheblichen Preissteigerung gegen Ende dieses Jahrzehnts zu rechnen sei. Ferner hat die Klägerin zu 1 auch zu den gegenteiligen Ausführungen der Beklagten in einer detaillierten, zwei Seiten umfassenden Aufstellung der einzelnen Streitpunkte im Schriftsatz v. 27. Februar 2004 nochmals Stellung genommen.
- 7
- a) Dazu hat das Berufungsgericht lediglich ausgeführt: Die Beklagte habe in der Berufungsbegründung nachvollziehbar dargelegt, dass die von der Klägerin zu 1 erhobenen Rügen unbegründet seien. Mit diesem Vorbringen setze sich die Klägerin zu 1 ganz überwiegend nicht einmal ansatzweise auseinander , was vorliegend zu ihren Lasten zu gehen habe. Ergänzend sei anzumerken , dass es Sache der Klägerin zu 1 sei, etwaige Fehler bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses substantiiert darzulegen und sich zu den gegnerischen Einwänden gegen das von ihr vorgelegte Privatgutachten zu äußern. Diesen Anforderungen genüge ihr Vortrag nicht.
- 8
- b) Damit hat sich das Berufungsgericht der Erkenntnis verschlossen, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. nur: Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, dabei ggf. Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder - sofern es, wie hier bei der Unternehmensbewertung, auf spezifische Fachkunde ankommt - einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
- 9
- c) Diesen Anforderungen an die Substantiierungslast genügte das Vorbringen der Klägerin zu 1 - zumal es sogar, ohne eine dahingehende prozessuale Verpflichtung, durch ein Privatgutachten nebst Ergänzung untermauert war - angesichts der Komplexität der Bewertungsvorgänge zweifelsfrei (vgl. nur BGH, Urt. v. 19. Februar 2003 - IV ZR 321/02, NJW 2003, 1400), so dass das Berufungsgericht , wenn es den Parteivortrag inhaltlich zur Kenntnis genommen hätte , spätestens nach Vorliegen der klägerischen Replik auf die Klageerwiderung in die beantragte Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte eintreten müssen. Hatten hier beide Parteien zu den fachspezifischen Fragen des Unternehmensbewertungsrechts jeweils Privatgutachten kompetenter Sachverständiger vorgelegt, die einander in wesentlichen Punkten widersprachen, so durfte das Berufungsgericht - das über keine eigene Sachkunde verfügte bzw. eine solche nicht dargelegt hat - nicht ohne Erhebung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens dem einen Privatgutachten zu Lasten des anderen den Vorzug geben (BGH, Urt. v. 11. Mai 1993 - VI ZR 243/92, NJW 1993, 2382). Vollends unzulänglich war hier die pauschale Begründung, mit der sich das Berufungsgericht einfach das Beklagtenvorbringen nur leerformelhaft zu Eigen gemacht hat, ohne auch nur im Ansatz die zumindest gebotene ausgewogene Auseinandersetzung mit dem schlüssigen Klägervortrag erkennen zu lassen.
- 10
- 2. Entsprechendes gilt auch für das Vorbringen der Klägerin zu 4.
- 11
- a) Diese hat schwerpunktmäßig behauptet, das Stand-alone-Prinzip anlässlich der Bewertung der Beklagten sei durch eine "Mischmaschrechnung" im Wertgutachten der BDO verletzt worden - eine Betrachtungsweise, die möglicherweise in dieser Verallgemeinerung unzutreffend sein könnte, weil die Beklagte schon vor der Verschmelzung über eine substantielle Beteiligung an der B. verfügte und diese Beteiligung einen Teil ihres Wertes ausmachte. Ob mit Rücksicht darauf die Annahme des Berufungsgerichts, der Rüge einer fehlerhaften aggregierten Bewertung fehle bereits die ausreichende Darlegung, als verfahrensfehlerfrei getroffen gelten kann oder ob auch insoweit die vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich war, kann offen bleiben.
- 12
- b) Denn jedenfalls hat das Berufungsgericht bezüglich dieser Klägerin unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG übersehen, dass sich deren Vorbringen nicht auf diesen einen Umstand beschränkte. Vielmehr hat die Klägerin zu 4 - worauf sie sich in ihrer Nichtzulassungsbeschwerde mit noch ausreichender Deutlichkeit zur Begründung ihrer Rüge aus Art. 103 GG berufen hat - sich in den Vorinstanzen zusätzlich den Sachvortrag der Klägerin zu 1, insbesondere das von dieser vorgelegte Privatgutachten des Prof. Dr. K. , in Bezug auf weitergehende Bewertungsmängel - namentlich hinsichtlich der Berücksichtigung steuerlich nicht abzugsfähiger "ewiger" Zinsen und hinsichtlich des Zinssatzes - zu Eigen gemacht.
- 13
- B. Von der vorstehend dargelegten Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerinnen zu 1 und 4 hinsichtlich ihrer Anfechtung des Beschlusses zur Verschmelzung werden zugleich auch ihre Anfechtungsanträge gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss erfasst. Der Kapitalerhöhungsbeschluss stellt im Rahmen der hier vorliegenden "Verschmelzung mit Kapitalerhöhung" (§ 69 UmwG) schon seinem Wortlaut, aber auch seinem Inhalt nach lediglich einen "Annex" zum Verschmelzungsbeschluss dar, weil die Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Verschmelzung im Hinblick auf die Aktionäre des übertragenden Rechtsträgers benötigt wurde. Nachdem das Landgericht die Freigabeentscheidung auf die Eintragung sowohl der Verschmelzung als auch des Kapitalerhöhungsbeschlusses erstreckt hat, ist - schon nach der seinerzeit maßgeblichen "alten" Rechtslage vor Inkrafttreten des § 246 a AktG n.F. (vgl. Art. 1 Nr. 23 UMAG v. 22. September 2005, BGBl. I, 2802) - mit deren Eintragung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG nicht nur die Verschmelzung selbst, sondern in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auch der notwendige "Annex" der Kapitalerhöhung unumkehrbar wirksam geworden (h.M.: vgl. nur OLG Hamm, Konzern 2005, 374, 376; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG 3. Aufl. § 16 Rdn. 55; Grunewald in Lutter, UmwG 3. Aufl. § 69 Rdn. 22). Das schließt in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG die Zulässigkeit der Weiterführung der Anfechtungsklage des Hauptprozesses auch in Bezug auf den "Annexbeschluss" zur Kapitalerhöhung nach erfolgter Eintragung in das Handelsregister im Hinblick auf die dort zugleich normierte Schadensersatzpflicht ein (vgl. nunmehr auch § 246 a Abs. 4 AktG n.F.).
- 14
- C. Die Beschwerde des Klägers zu 5 ist zurückzuweisen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat insoweit weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
- 15
- 1. Das Berufungsgericht hat die Anfechtungsklage dieses Klägers wegen Rechtsmissbrauchs als unbegründet abgewiesen. Zu den Voraussetzungen des Einwands des individuellen Rechtsmissbrauchs gegenüber der aktienrechtlichen Anfechtungsklage i.S. des § 246 AktG hat der Senat bereits grundsätzli- che Leitlinien aufgestellt (BGHZ 107, 296). Diese bedürfen unter dem Blickwinkel des § 543 Abs. 2 ZPO aus Anlass des vorliegenden Einzelfalls keiner Ergänzung.
- 16
- 2. Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) liegt in Bezug auf den Kläger zu 5 - anders als dieser meint - nicht vor.
- 17
- a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Abweisung der Anfechtungsklage des Klägers zu 5 ausgeführt: Die Beklagte habe in der Berufungsbegründung substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen die Erhebung der Anfechtungsklage in Bezug auf den Kläger zu 5 rechtsmissbräuchlich sei; diese Ausführungen mache sich der Senat zu Eigen; eine irgendwie geartete Auseinandersetzung mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs sei seitens des Klägers in dem Berufungsverfahren nicht erfolgt.
- 18
- b) Es mag im Ansatz zweifelhaft sein, ob eine derartige pauschale Bezugnahme auf das schriftsätzliche Vorbringen des Beklagten zur Begründung der Entscheidung verfahrensrechtlich bedenkenfrei ist. Grundsätzlich muss das Urteil für die Prozessbeteiligten, insbesondere die unterlegene Partei, klar erkennen lassen, auf welchen Erwägungen es beruht. Es muss in wenn auch knappen, so doch eigenen Worten die Gründe für seine Entscheidung verdeutlichen , weil nur so eine Überprüfung durch die höhere Instanz ermöglicht wird. Ob die vom Berufungsgericht gegebene knappe Begründung diesen Anforderungen noch entspricht, kann letztlich dahinstehen, weil sich ein etwaiger derartiger formaler Mangel jedenfalls im Endergebnis nicht ausgewirkt hat.
- 19
- c) Denn der Kläger zu 5 handelte auf der Grundlage des als unstreitig festgestellten Vortrags der Beklagten - wie er sich aus deren vom Berufungsge- richt konkret in Bezug genommenen Berufungsbegründungsschriftsatz eindeutig ergibt - rechtsmissbräuchlich.
- 20
- Er hat die Anfechtungsklage mit dem Ziel erhoben, die verklagte Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hatte und billigerweise auch nicht erheben konnte (BGHZ 107, 296, 311). Der Kläger zu 5 hat bereits seit Juli 2002 in wenigstens zehn Schreiben mit seinem Briefkopf als Rechtsanwalt, die überwiegend direkt an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten gerichtet waren, unaufgefordert seine Rechtsansicht mitgeteilt, die ehemaligen DDR-Kombinatsbetriebe, welche die Beklagte zu ihrer Unternehmensgruppe zähle, seien dieser in Wirklichkeit nicht zuzuordnen. In seinem Schreiben vom 29. August 2002 führt er aus: "Ich wäre deshalb schon in erster Linie daran interessiert, mit Ihrem Unternehmen die Dinge zu bereinigen, und ich möchte dies auch gerne tun zu einem Zeitpunkt, bevor sie an anderer Stelle sichtbar werden."
- 21
- In folgenden Briefen bemühte er sich - weiterhin - um ein Beratungsmandat , worauf sich die Beklagte aber nicht einließ. Kurz vor der Hauptversammlung vom 6. Februar 2003 erwarb er sodann 20 Aktien der Beklagten, was er wiederum dem Vorstandsvorsitzenden - verbunden mit dem Hinweis, an der Hauptversammlung teilnehmen und dort Fragen zur Bilanz und zur Geschäftsführung stellen zu wollen - mitteilte. Nach der Hauptversammlung ließ er die Beklagte wissen, dass er ein Spruchverfahren beabsichtige und dass in diesem Fall alle weiteren Antragsteller sowie der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre Einblick in sämtliche Akten erhalten würden. In seinem Schreiben vom 18. März 2003 kündigte er ferner an, sich am Spruchverfahren der B. zu beteiligen. Seine Anfechtungsklage hat der Kläger zu 5 im Wesentlichen auf die bereits zuvor von ihm behaupteten angeblichen Umwandlungsmängel im Zusammenhang mit den zur Unternehmensgruppe der Beklag- ten (namentlich der B. ) gehörenden ehemaligen DDR-Betrieben und eine daraus vermeintlich resultierende Beeinflussung des Umtauschverhältnisses gestützt. Noch während des Prozesses legte der Kläger zu 5 der Beklagten nahe , es entspreche einer "zielführenden Konfliktstrategie und Problemstrategie", wenn sein Vorbringen den anderen Anfechtungsklägern nicht zur Kenntnis gebracht werde.
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- Ersichtlich wollte der Kläger zu 5 sich durch die von ihm durchgängig erstrebte Übertragung eines anwaltlichen Beratungsmandats von der Beklagten sein Schweigen zu der von ihm behaupteten Problematik der Umwandlung der ehemaligen DDR-Betriebe durch die ihn dann treffende anwaltliche Schweigepflicht abkaufen lassen. Dabei waren nicht zuletzt der Erwerb von Aktien der Beklagten kurz vor der Hauptversammlung sowie die anschließende Klageerhebung selbst Bestandteile der Strategie des Klägers zu 5, ein Droh- und Druckpotential gegenüber der Beklagten aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten, um diese zu der erstrebten Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hatte. Eine derartige grob eigennützige Handlungsweise rechtfertigt bei der gebotenen Gesamtbetrachtung des Verhaltens zweifelsfrei den Einwand des individuellen Rechtsmissbrauchs gegenüber der von diesem Kläger erhobenen Anfechtungsklage.
- 23
- III. Für das auf die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin zu 1 und 4 gemäß § 544 Abs. 7 ZPO neu eröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 24
- 1. Die weitergehenden Anfechtungsgründe, die die Klägerinnen zu 1 und 4 ihren Nichtzulassungsbeschwerden zugrunde gelegt haben, hat der Senat geprüft, aber für nicht zulassungsrelevant i.S. des § 543 Abs. 2 ZPO erachtet.
- 25
- a) Der Verschmelzungsbericht gemäß § 8 Abs. 1 UmwG weist keine entscheidungserheblichen , die Zulassung erforderlich machenden Mängel auf.
- 26
- Allerdings ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden worden, ob - wie die Kläger meinen - aus der gesetzlichen Anordnung der Schriftlichkeit in § 8 UmwG abzuleiten ist, dass eine eigenhändige Unterschrift jedes einzelnen Mitglieds des Vertretungsorgans erforderlich ist (so die h.M.: vgl. Lutter/Drygala in Lutter aaO § 8 Rdn. 8; Kallmeyer/Marsch-Barner aaO § 8 Rdn. 3; Stratz in Schmidt/Hörtnagel/Stratz, UmwG/UmwStG 4. Aufl. § 8 Rdn. 6; Gehling in Semler/Stengel, UmwG § 8 Rdn. 7; Grunewald in Geßler/Hefermehl/ Eckhardt/Kropff, AktG § 340 a Rdn. 18) oder ob eine Unterzeichnung durch Organmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl - wie sie hier in Gestalt der Unterschriften von nur zwei Vorstandsmitgliedern der Beklagten vorliegt - ausreicht (so Klaus J. Müller, NJW 2000, 2001).
- 27
- Für die zuletzt genannte Mindermeinung sprechen nachhaltig Sinn und Zweck der Regelung. Dem Verschmelzungsbericht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwG kommt vor allem eine umfassende Informationsfunktion zu: Er soll die Verschmelzung und den Verschmelzungsvertrag im Einzelnen, insbesondere das Umtauschverhältnis der Anteile, rechtlich und wirtschaftlich erläutern und begründen. Weil dem geschriebenen Wort eine größere Präzision, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit zukommt, soll der Bericht schriftlich vorliegen und nicht lediglich mündlich vorgetragen werden. Dass bei Unterzeichnung des Berichts durch Organmitglieder nur in vertretungsberechtigter Zahl etwa die Gefahr bestünde, der Bericht entspreche nicht dem Willen der Mehrheit des Organs , erscheint lebensfremd: Eine solche Manipulation könnte nicht verborgen bleiben, weil der Verschmelzungsbericht in der Hauptversammlung - zumeist, so auch hier, in Anwesenheit aller Vorstandsmitglieder - mündlich erläutert und erörtert wird.
- 28
- Der Senat braucht diese Frage aber nicht abschließend zu entscheiden, weil es hier - selbst wenn man der bisher h.M. folgen wollte - im Falle der Nichteinhaltung der Schriftform an der Relevanz des Formmangels für die Informations - und Mitwirkungsrechte der Aktionäre im Sinne der Senatsrechtsprechung fehlen würde (vgl. BGHZ 153, 32; 160, 385). Der Sinn eines etwaigen Erfordernisses der Unterzeichnung durch alle Organmitglieder könnte - wie dargelegt - nur darin bestehen, den Aktionären zu verlautbaren, dass der Vorstand mehrheitlich "hinter dem Bericht steht". Jedem vernünftig denkenden Aktionär ist aber klar, dass es der Lebenserfahrung widerspricht, dass ein Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl einen Verschmelzungsbericht herausgibt, mit dem die Mehrheit des Vorstandes nicht einverstanden ist. Ein solcher Aktionär würde sich in seiner Entscheidung über die Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte von einer fehlenden - unterstellt: erforderlichen - Unterzeichnung des Berichts durch sämtliche Vorstandsmitglieder nicht beeinflussen lassen.
- 29
- b) Entgegen der Ansicht der Klägerin zu 1, die auch in diesem Zusammenhang die anderwärts vielfältig von ihr und anderen öfter als Anfechtungsklägern in Erscheinung tretenden Aktionären vorgebrachten Standardrügen erhebt , wirft weder der Umstand, dass das Gericht den Verschmelzungsprüfer auf Vorschlag der Beklagten bestellt hat, noch die Tatsache der sog. Parallelprüfung entscheidungsbedürftige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Beide Fragen hat der Senat - anders als die Klägerin zu 1 für richtig hält - entschieden (vgl. Sen.Urt. v. 18. September 2006 - II ZR 225/04, ZIP 2006, 2080, 2082, sowie schon BGHZ 135, 260).
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- 2. In Bezug auf die diversen sonstigen Rügen der Beschwerden sieht der Senat von einer näheren Begründung gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO ab, weil insoweit offensichtlich Zulassungsgründe nicht gegeben sind.
- 31
- 3. Das Berufungsgericht wird nunmehr im Hinblick auf die schlüssigen Bewertungsrügen der Kläger zu 1 und 4, denen die Beklagte mit erheblichem Sachvortrag entgegengetreten ist, in die Beweisaufnahme einzutreten und das von beiden Seiten hierzu beantragte Sachverständigengutachten einzuholen haben.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.09.2003 - 93 O 47/03 -
KG Berlin, Entscheidung vom 25.10.2004 - 23 U 234/03 -
(1) In gerichtlichen Verfahren, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden oder eingeleitet worden sind, werden die Kosten nach bisherigem Recht erhoben. Dies gilt nicht im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist. In Verfahren, in denen Jahresgebühren erhoben werden, und in Fällen, in denen die Sätze 1 und 2 keine Anwendung finden, gilt für Kosten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung fällig geworden sind, das bisherige Recht.
(2) Für notarielle Verfahren oder Geschäfte, für die ein Auftrag vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist, werden die Kosten nach bisherigem Recht erhoben.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Beschwerdewert: 81.806,00
Gründe:
I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um Schadensersatz nach Beendigung ihrer Zusammenarbeit in der von der Klägerin betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxis. Das Oberlandesgericht hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen und den Sachverständigen F. mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Der Beschwerdeführer hat den Sachverständigen wegen Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluß vom 27. Juni 2003 hat das Berufungsgericht die Ablehnung für unbegründet erklärt; die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Gegen den Beschluß legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein, die er
nach Hinweis durch das Berufungsgericht als außerordentliches Rechtsmittel wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs bezeichnet. Das Oberlandesgericht hat vor der Weiterleitung an den Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 10. November 2003 entschieden, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung komme weder nach § 321 a ZPO n.F. analog noch auf Grund einer Umdeutung der Beschwerde in eine Gegenvorstellung in Betracht.
II. Die Beschwerde ist weder als Rechtsbeschwerde noch als außerordentliche Beschwerde statthaft.
1. Die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde scheitert im gegebenen Fall schon daran, daß eine solche weder gesetzlich vorgesehen noch in der angefochtenen Entscheidung zugelassen wurde (§ 574 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZPO n.F.).
2. Eine außerordentliche Beschwerde zum Bundesgerichtshof ist nach der Neugestaltung des Beschwerderechts und der Einführung der Rechtsbeschwerde durch das Zivilprozeßreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1902 ff.) nicht mehr gegeben. Dies gilt selbst dann, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts greifbar gesetzwidrig ist, insbesondere ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt (BGH, Beschl. v. 7. März 2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133; Beschl. v. 23. Juli 2003 - XII ZB 91/03, BB 2003, 2314). Vielmehr hat der Gesetzgeber, indem er eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen der Beschwerdegerichte nicht eröffnet hat, unter Hinweis auf die regelmäßig geringere Bedeutung des Beschwerdeverfahrens für die Parteien und aus Gründen der Entlastung des Bundesgerichtshofs (BT-Drucks. 14/4722 S. 116 re.Sp.) bewußt davon abgesehen, eine dem § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. vergleichbare Regelung - Zulassung der Re-
vision auch bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten (BT-Drucks. 14/4722 S. 104 re.Sp.) - zu schaffen, obwohl die Zulassungsgründe sich bei Revision und Rechtsbeschwerde nicht unterscheiden (BGHZ 150, 133).
3. Die Verletzung von Verfahrensgrundrechten, zu denen vor allem das Recht auf rechtliches Gehör zählt, dessen Verletzung der Beschwerdeführer hier rügt, ist daher vor dem Gericht, das den Verfahrensfehler begangen haben soll, im Wege der Gegenvorstellung zu rügen; die Einräumung einer Rechtsschutzmöglichkeit bei einem anderen oder gar höheren Gericht ist dahingegen verfassungsrechtlich nicht geboten (BVerfG, ZIP 2003, 1102). Der Beklagte ist daher auf die von ihm bereits erhobene Gegenvorstellung, über die das Berufungsgericht mit Beschluß vom 10. November 2003 entschieden hat, zu verweisen.
4. Der Beschwerdewert ist nach § 3 ZPO auf ein Drittel des Hauptsache- "! !$#% % "& ! ' streitwertes von 245.420,00 Bamberg, BauR 2000, 773). Die Gegenauffassung, die Festsetzung richte sich nach § 12 Abs. 2 GKG, weil es sich bei der Ablehnung des Sachverständigen um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handele (OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222 m.w.N.), vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es sich bei der Entscheidung nach § 406 Abs. 4 und 5 ZPO nicht um eine eigenständige Streitigkeit, sondern eine das Verfahren betreffende Entscheidung im Rahmen des Rechtsstreits handelt, der keine selbständige Bedeutung zukommt. Bemißt sich somit der Beschwerdewert nach § 3 ZPO nach dem Interesse an der begehrten Entscheidung, ist dieses nicht mit dem Hauptsachestreitwert gleichzusetzen (a.A. OLG Naumburg, OLGR 1998, 323; OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222), sondern nur mit einem Bruchteil von etwa einem Drittel (OLG Celle, OLGR 1994, 109; OLG Bamberg, BauR 2000, 773; a.A. OLG
Dresden, JurBüro 1998, 318: 1/10), weil dies der eingeschränkten Bedeutung und Rolle des Sachverständigen im Prozeß entspricht: Sein Gutachten bestimmt nicht allein den Ausgang des Verfahrens, sondern dient dem Gericht lediglich als Entscheidungshilfe, indem es ihm die für die Entscheidung notwendigen Fachkenntnisse vermittelt; das Gericht wiederum ist an die Meinung des Sachverständigen nicht gebunden, sondern kann weitere Sachverständige beauftragen. Daran ändert es nichts, daß in vielen Verfahren, in denen es um spezielle und schwierige Fachfragen geht, die Stellung des Sachverständigen so stark sein mag, daß das Gericht kaum umhin kommt, seiner Auffassung zu folgen, weil dies an seiner nach dem Gesetz beschränkten Aufgabe nichts ändert (OLG Bamberg aaO).
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn
(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.
(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.