Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 11. Sept. 2014 - I-20 W 134/13
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Aufhebungsantragstellerin gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Aufhebungsantragsgegner hatte gegen den Aufhebungsantragsteller eine einstweilige Verfügung erwirkt. Auf Antrag der Aufhebungsantragstellerin wurde ersterem eine Frist zur Klageerhebung gesetzt. Innerhalb der Frist hat ersterer einen Prozesskostenhilfeantrag für die Hauptsache gestellt, über den erst während des Aufhebungsverfahrens zu seinen Gunsten entschieden worden ist. Die Verfahrensbeteiligten haben daraufhin das Aufhebungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Kosten der Aufhebungsantragstellerin auferlegt. Dagegen wendet sich ihre sofortige Beschwerde.
4II.
5Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht der Aufhebungsantragstellerin die Kosten des Aufhebungsverfahrens auferlegt. Der Aufhebungsantragsgegner hatte die ihm gesetzte Frist zur Klageerhebung (§ 926 Abs. 1 ZPO) dadurch gewahrt, dass er innerhalb der Frist Prozesskostenhilfe beantragt und nach – nach Fristablauf erfolgter - Bewilligung das Klageverfahren eingeleitet hat.
6Allerdings ist streitig, ob zur Wahrung der Frist nach § 926 ZPO die Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrages ausreicht. Während OLG Hamm (MDR 1987, 771; OLGZ 1989, 322), Seiler (in Thomas-Putzo, ZPO, § 926 Rdn. 7) und Ahrens (in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 61, Rdn. 11; ebenso noch Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rdn. 265; Spätgens, in Gloy/Loschelder, § 103 Rdn. 11; jeweils m.w.N.) entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift davon ausgehen, dass ein Prozesskostenhilfeantrag nicht ausreicht und den Antragsteller des Verfügungsverfahrens auf den Weg des § 14 GKG verweisen, geht die inzwischen wohl h.M. (Grunsky, in Stein-Jonas, ZPO, § 926 Rdn. 11; Thümmel, in Wieczorek-Schütze, ZPO, § 926 Rdn. 21; Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 926 Rdn. 32; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, § 926 Rdn. 11; Damm in AK-ZPO, § 926 Rdn. 10; Drescher, in Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl., § 926 Rdn. 12; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses Rdn. 266; Huber, in Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 926 Rdn. 7, 15; Schuschke/Walter, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 926 ZPO Rdn. 14; Schneider MDR 1982, 721) davon aus, dass jedenfalls seit der Einführung des § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz das Prozesskostenhilfegesuch der Klageeinreichung gleichzustellen ist. Dem stimmt der Senat jedenfalls für den Fall zu, dass der Antragsteller – wie hier - nach Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch unverzüglich das Klageverfahren einleitet.
7Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe ist es, unbemittelten Parteien den Zugang zu den Gerichten trotz der sich daraus ergebenden Kostenfolgen zu ermöglichen (vgl. Geimer, in Zöller, a.a.O., vor § 114 Rdn. 1). Sie sollen - soweit möglich - den Parteien gleichgestellt werden, die gerichtliche Verfahren selbst finanzieren können. Diese Verpflichtung folgt auch aus dem Sozialstaatsprinzip. Dies ist auch bei der Auslegung anderer Vorschriften zu beachten. Der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hat daher das Prozesskostenhilfegesuch der Klageschrift durch § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB weitgehend gleichstellt (vgl. BT-Drs. 14/6040 S. 116) und in der Rechtsprechung anerkannte „Ausweichlösungen“ für nicht ausreichend erachtet. Die von der Gegenauffassung angesprochene Möglichkeit, nach § 14 GKG die Zustellung ohne die vorherige Einzahlung eines Kostenvorschusses zu beantragen, stellt eine solche „Ausweichlösung“ dar und reicht im Übrigen nicht in den Fällen nicht aus, in denen – wie hier – die Klageschrift nur durch einen – kostenpflichtigen – Rechtsanwalt eingereicht werden kann.
8Soweit die Aufhebungsantragstellerin Unklarheiten bei dem Prozesskostenhilfeantrag des Aufhebungsantragsgegners beanstandet, ist darauf hinzuweisen, dass an die Präzision einer anwaltlich nicht vertretenen Partei nicht die Anforderungen wie bei der Klageschrift eines Rechtsanwalts gestellt werden dürfen (so ausdrücklich BT-Drs. a.a.O.).
9Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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(1) Ist die Hauptsache nicht anhängig, so hat das Arrestgericht auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass die Partei, die den Arrestbefehl erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben habe.
(2) Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf Antrag die Aufhebung des Arrestes durch Endurteil auszusprechen.
Die §§ 12 und 13 gelten nicht,
- 1.
soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist, - 2.
wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder - 3.
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft gemacht wird, dass - a)
dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde oder - b)
eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde; zur Glaubhaftmachung genügt in diesem Fall die Erklärung des zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts.
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
- 1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - 1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage, - 2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - 3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1), - 4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer - a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder - b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
- 5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess, - 6.
die Zustellung der Streitverkündung, - 6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird, - 7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, - 8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens, - 9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, - 10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren, - 10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist, - 11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, - 12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt, - 13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und - 14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Die §§ 12 und 13 gelten nicht,
- 1.
soweit dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt ist, - 2.
wenn dem Antragsteller Gebührenfreiheit zusteht oder - 3.
wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder aussichtslos noch mutwillig erscheint und wenn glaubhaft gemacht wird, dass - a)
dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde oder - b)
eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde; zur Glaubhaftmachung genügt in diesem Fall die Erklärung des zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)