Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 16. Dez. 2014 - I-20 U 227/13

Gericht
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das am 23.09.2013 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
III.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
1I.
2Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
3Durch dieses hat das Landgericht die Klage abgewiesen, mit der der Kläger neben der Erstattung vorprozessualer Kosten begehrt hat, der Beklagten verbieten zu lassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen für das Produkt „X, Gouda mild“ auf der Vorderseite der Verpackung mit dem Begriff „laktosefrei“ zu werben bzw. werben zu lassen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die beanstandete Werbung sei nicht irreführend und insbesondere auch keine solche mit einer Selbstverständlichkeit. Die Beklagte habe unbestritten vorgetragen, dass eine Reihe von Hartkäsen nicht laktosefrei seien, darunter auch einige Gouda-Käse. Mithin erfülle die Beklagte ein Informationsbedürfnis des Verbrauchers. Dass auch der Gemeinschaftsgesetzgeber ein solches anerkenne, folge aus Erwägungsgrund 22 zur Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vom 20.12.2006. Eine Verurteilung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, die Beklagte erwecke den falschen Eindruck, eine spezielle Herstellungsweise angewandt zu haben. Ob die beworbene Laktosefreiheit auf einer solchen Herstellungsweise beruhe, sei für die Verbraucher, zu denen die Mitglieder der Kammer zählten, unerheblich.
4Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung und macht geltend, vorliegend gehe es nicht allgemein um Käsesorten, sondern allein um Gouda-Käse, der regelmäßig wegen der langen Reifezeit von mindestens fünf Wochen laktosefrei sei. Soweit die Beklagte sich auf Gouda-Produkte beziehe, die nicht laktosefrei seien, beruhe dies nicht auf dem Käse als solchem, sondern den Zusatzstoffen wie Pesto oder Walnuss. Zudem erwecke die Beklagte mit der hier streitgegenständlichen Aufmachung bei gesundheitsbewussten Verbrauchern den Eindruck, sie biete mit ihrem laktosefreien Gouda einen im Verhältnis zu anderen Gouda-Produkten besonders gesunden Käse an, und spiegele vor, die Laktosefreiheit nur durch eine spezielle Herstellungsweise erreicht zu haben.
5Der Kläger beantragt,
6unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mönchengladbach vom 23.09.2013 die Beklagte wie erstinstanzlich beantragt zu verurteilen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Berufung zurückzuweisen.
9Sie verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und macht insbesondere geltend, nicht damit zu werben, dass ihr Produkt besonders gesund sei.
10Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
11Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
12Die Klage ist unbegründet, da die Beklagte weder mit einer Selbstverständlichkeit wirbt noch den Verbraucher mit der Bezeichnung des streitgegenständlichen Produkts als „laktosefrei“ irreführt, § 5 UWG.
13Zwar können nach dieser Norm auch objektiv richtige Angaben unzulässig sein, wenn sie bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen unrichtigen Eindruck erwecken, was bei der Betonung einer Selbstverständlichkeit in der Weise der Fall ist, dass der Adressat der Werbung hierin einen besonderen Vorzug der beworbenen Ware oder Leistung vermutet. Eine Irreführung scheidet aber aus, wenn der Verkehr erkennt, dass es sich bei der betonten Eigenschaft um etwas Selbstverständliches handelt (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 4 Rdnr. 2.115 a.E.), oder wenn ein nicht zu leugnendes Informationsinteresse potentieller Kunden erfüllt wird (vgl. BGH GRUR 2013, 950 Rdnr. 16 ff – auch zugelassen am OLG Frankfurt). Letzteres ist vorliegend der Fall, da der durchschnittlich informierte, verständige Verbraucher nicht ohne Weiteres über das Wissen verfügt, dass Goudakäse – das Vorbringen des Klägers als zutreffend unterstellt – (von Zusatzstoffen wie Pesto oder Walnüssen abgesehen) aufgrund seiner Reifezeit grundsätzlich laktosefrei ist. Dies kann der Senat aus eigener Anschauung beurteilen, da er zum angesprochenen Verkehrskreis gehört.
14Mit der Bezeichnung „laktosefrei“ spiegelt die Beklagte auch nicht vor, dass dieser Zustand durch ein besonderes, sich von normalen Herstellungsverfahren für Gouda unterscheidendes Herstellungsverfahren entstanden ist, sondern teilt nur den – zutreffenden – Zustand mit. Wie dieser herbeigeführt wurde, ist dem Verbraucher, der auf das Resultat Wert legt und der Bezeichnung deshalb Aufmerksamkeit schenkt, im Übrigen auch gleichgültig.
15Dass Laktosefreiheit ein Produkt für Menschen, die unter Laktoseunverträglichkeit leiden, beschwerdefrei konsumierbar macht, ist dem durchschnittlich informierten Verbraucher hingegen bekannt. Er verbindet mit der Bezeichnung „laktosefrei“ mithin nicht die Vorstellung, es handele sich um ein besonders gesundes Lebensmittel, sprich ein solches, dass auch für den Konsumenten, der nicht unter Laktoseunverträglichkeit leidet mit besonderen Vorteilen verbunden ist. Auch die Health-Claim-VO ist nicht anzuwenden (vgl. Erwägungsgrund 22 zur VO(EG) Nr. 1924/2006).
16III.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
18Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
19Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Vorliegend stellen sich keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.
20Streitwert für die Berufungsinstanz: 15.000,- € (entsprechend der erstinstanzlichen, von keiner Partei angegriffenen Festsetzung)

moreResultsText
Annotations
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:
- 1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen; - 2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird; - 3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs; - 4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen; - 5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur; - 6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder - 7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.
(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn
- 1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder - 2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.
(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.
(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.