Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Feb. 2015 - I-2 U 61/14
Tenor
I. Die Berufung gegen das am 2. September 2014 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. Oktober 2014) wird zurückgewiesen.
II. Die landgerichtliche Kostenentscheidung wird dahingehend abgeändert, dass die Kosten der ersten Instanz der Klägerin zu 2/3 und der Beklagten zu 1/3 auferlegt werden. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache verfassten europäischen Patents EP 1 887 AAA (nachfolgend: Klagepatent), das am 6. Juni 2003 – unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 10. Juli 2002 – angemeldet und dessen Erteilung am 11. Januar 2012 veröffentlicht wurde. Ein von der Beklagten gegen die Patenterteilung erhobener Einspruch wurde vom Europäischen Patentamt mit Entscheidung vom 7. Juli 2014 zurückgewiesen. Das Klagepatent, welches in Kraft steht, ist als Teilanmeldung aus dem Stammpatent EP 1 380 AAB hervorgegangen, das bereits Gegenstand des zwischen denselben Parteien über dieselben angegriffenen Ausführungsformen geführten und vom Senat mit Urteil vom 30. Oktober 2014 entschiedenen Verfahrens I-2 U 10/14 (4b O 111/12, LG Düsseldorf) war.
4Das Klagepatent betrifft Rinnenentwässerungssysteme und insbesondere Kanäle mit hoher Kapazität, die typischerweise als Breitrinnen-Entwässerungssysteme bezeichnet werden. Patentanspruch 3 (der dem ebenfalls einen Entwässerungsrinnenabschnitt betreffenden Hauptanspruch 1 nebengeordnet ist) hat in der englischen Fassung folgenden Wortlaut:
5„A drainage channel section (2) comprising a longitudinally extending pipe portion (6), a plurality of longitudinally spaced hollow projections (22) communicating with the pipe portion (6) and a plurality of longitudinally extending channel sections (24), wherein said plurality of longitudinally extending channel sections (24) communicate with the projections (22) in order to define when installed in a surface to be drained a continuous longitudinal slot (26) that lies in a surface to be drained and wherein the bases of the longitudinally extending channel sections (24) are defined by openings into the hollow projections (22)
6characterised in that,
7said plurality of longit[u]dinally extending channel sections (24) are supported by said projections (22), and in that the bases of the longitudinally extending channel sections are further defined by intermediate arch sections (38) at least substantially bridging the gaps between adjacent projections.”
8Die deutsche Übersetzung des Anspruchs 3 lautet:
9„Entwässerungsrinnenabschnitt (2), umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt (6), eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen (22), die mit dem Rohrabschnitt (6) kommunizieren, und ein Vielzahl von sich längs erstreckenden Rohrabschnitten, wobei die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) mit den Vorsprüngen (22) kommuniziert, um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz (26) zu definieren, der in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt, und wobei die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte (24) durch Öffnungen in die hohlen Vorsprünge (22) definiert sind,
10dadurch gekennzeichnet, dass
11die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) von den Vorsprüngen (22) gestützt werden und dadurch, dass die Basen der sich länglich erstreckenden Rinnenabschnitte (22) weiter durch Zwischenbogenabschnitte (38) definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen (22) überbrücken.“
12Anspruch 15 lautet in der englischen Fassung:
13„A channel drainage section system comprising drainage channel sections (2) according to any claims to 1 to 13.”
14sowie in deutscher Übersetzung:
15„Rinnenentwässerungssystem, umfassend Entwässerungsrinnenabschnitte (2) nach einem der Ansprüche 1 bis 13.“
16Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 3 der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels, wobei Figur 1 einen erfindungsgemäßen Rinnenabschnitt in einer Perspektivansicht zeigt.
17Der Rinnenabschnitt (2) weist einen Rohrabschnitt (6) auf, entlang dessen Oberfläche eine Reihe hohler Vorsprünge (22) vorgesehen sind. Sie stützen eine aus einzelnen Rinnenabschnitten (24) gebildete längliche Rinne, die nach oben hin in einem offenen Schlitz (26) endet. Dieser ist - verbaut - so in einer horizontalen Oberflächenebene angeordnet, dass in den Schlitz (26) eintretendes Wasser durch die Vorsprünge (22) in den Rohrabschnitt (6) fließt. Jeder Vorsprung (22) hat ein Fundament (30), das sich entlang des Umfangs um den Rohrabschnitt (6) erstreckt. In einem vertikalen, quer zur Längsrichtung des Rinnenabschnitts (2) verlaufenden Abschnitt verjüngt sich der hohle Vorsprung (22), der sich von seinem Fundament erstreckt, zu dem schmaleren längslaufenden Kanal (24) hin. Die Rinne (24) hat Seitenwände (32), die in Seitenwände (34) eines jeden Vorsprungs übergehen. Die Basis der Rinne (24) ist durch Öffnungen in die hohlen Vorsprünge (22) und Zwischenbogenabschnitte (38), welche die Zwischenräume zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken, effektiv definiert. Diese Konfiguration leitet den Wasserfluss in das hohle Innere der Vorsprünge (22).
18In Figur 3 sind die Einzelheiten einer längslaufenden Rinne und von Stützvorsprüngen des in Figur 1 gezeigten Kanalabschnitts ebenfalls in einer Perspektivansicht dargestellt.
19Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Entwässerungstechnik. Die Beklagte stellt in der Bundesrepublik Deutschland Kanalentwässerungsabschnitte her und bietet sie unter der Marke B an und vertreibt sie (vgl. Anlagen K 8, K 9), darunter einen Typ F (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform I) sowie einen Typ G (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform II). Zu beiden Typen existieren wiederum verschiedene Varianten, denen selbständige Artikelbezeichnungen zugeweisen sind, nämlich zum Typ B F die Artikelnummern 13AAC, 13AAD, 13AAE, 13AAF, 13AAG, 13AAH, 13AAI, 13AAJ, 13AAK, 13AAL, 13AAM, 13AAN, 13AAO, 13AAP, 13AAQ, 13AAR, 13AAS, 13AAT, 13AAU, 13AAV, 13AAW, 13AAX, 13AAY, 13AAZ, 13ABA, 13ACA, 13ADA, 13AEA, 13AFA, 13AGA, 13AHA, 13AIA, 13AJA, 13AKA, 13ALA, 13AMA sowie zum Typ B G die Artikelnummern 16ANA, 16AOA, 16APA, 16AQA. In dem Produktkatalog der Beklagten wird das B als Rinnensystem bzw. Entwässerungssystem bezeichnet.
20Die nachfolgend verkleinert eingeblendete Abbildung zeigt beispielhaft einen Kanalentwässerungsabschnitt des Typs F ohne Rippenabdeckung.
21Dabei werden die Kanalentwässerungsabschnitte des Typs F in Bezug auf den Abstand der Einlaufschlitze in zwei Varianten angeboten und vertrieben, die sich dadurch unterscheiden, dass der Abstand, gemessen vom Ende des einen Einlaufschlitzvolumens bis zum Beginn des nächsten Einlaufschlitzvolumens, 1 cm bzw. 4,3 cm beträgt. Auch für diejenigen Ausführungsformen mit weitem Abstand werden jeweils gleiche (und damit nicht größer dimensionierte) Einlauftrichter verwendet, die an ihrem jeweiligen Ende durch eine quer zur Längsrichtung verlaufende Wand abgeschlossen sind. Im Übrigen unterscheiden sich die Kanalentwässerungsabschnitte des Typs F nur in anderen Merkmalen, wozu beispielsweise die Größe des Entwässerungsquerschnitts zählt. Die technische Gestaltung des Typs F verdeutlichen auch die nachfolgend verkleinert wiedergegeben Prinzipienskizzen.
22Da die vorstehend gezeigten Kanalentwässerungsabschnitte des Typs F aus Kunststoff bestehen, werden diese fast immer dort, wo sie mit der Oberfläche in Berührung kommen, mit sog. Abdeckrosten eingebaut („integrierte Gussabdeckungen“), welche die Kunststoffrinne einerseits vor Beschädigungen schützen und andererseits einen sog. Absatzschutz bereitstellen. Die nachfolgend eingeblendete Abbildung zeigt den Typ F mit einem derartigen Abdeckrost.
23Typ G unterscheidet sich vom Typ F dadurch, dass die hohlen Vorsprünge nicht aus Kunststoff, sondern gusseisern ausgebildet sind und, wie die nachstehende Abbildung zeigt, eine andere Form aufweisen.
24Die Gestaltung des Einlaufschlitzes lässt sich aus der nachstehenden Abbildung erkennen, wobei die Kanalentwässerungsabschnitte des Typs G im Hinblick auf die Gestaltung der Einlaufschlitze nur in dieser Form angeboten und vertrieben werden.
25Die Klägerin sieht in beiden angegriffenen Ausführungsformen eine Verletzung des Klagepatents und nimmt die Beklagte deswegen auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Entschädigung und Schadenersatz in Anspruch.
26Die Beklagte bestreitet eine Verletzung des Klagepatents.
27Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform II (Typ G) stattgegeben und sie hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I (Typ F) abgewiesen. Im Einzelnen hat es (unter Berücksichtigung eines Berichtigungsbeschlusses vom 6. Oktober 2014) wie folgt erkannt:
28- I. 29
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- 1. 31
Entwässerungsrinnenabschnitte, umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren, und eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten, wobei die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten mit den Vorsprüngen kommuniziert, um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz zu definieren, der in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt, und wobei die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte durch Öffnungen in die hohlen Vorsprüngen definiert sind,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
33wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten von den Vorsprüngen gestützt wird und die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken. (Anspruch 3)
34und/oder
35- 2. 36
Rinnenentwässerungsysteme, umfassend Entwässerungsrinnenabschnitte, diese umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren, und eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten, wobei die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten mit den Vorsprüngen kommuniziert, um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz zu definieren, der in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt, und wobei die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte durch Öffnungen in die hohlen Vorsprüngen definiert sind,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
38wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten von den Vorsprüngen gestützt wird und die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken. (Anspruch 15, rückbezogen auf Anspruch 3)
39- II. 40
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I bezeichneten Handlungen seit dem 11. Januar 2012 begangen hat, und zwar unter Angabe:
1. der Herstellungsmengen und –zeiten;
422. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, sowie der bezahlten Preise;
433. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren;
444. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
455. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
466. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
47wobei
48die Angaben zu Ziffer 6 nur für seit dem 11. Februar 2012 begangene Handlungen zu machen sind,
49es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer oder Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist; und
50die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu Ziffern 2 und 3 die entsprechenden Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine in Kopie vorzulegen hat, bei denen ge-heimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichten Daten geschwärzt werden dürfen.
51- III. 52
Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz, oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
- IV. 53
Die Beklagte wird verurteilt, die unter Ziffer I bezeichneten seit dem 11. Januar 2012 in der Bundesrepublik in Verkehr gebrachten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, die keine gewerblichen Endabnehmer sind und denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des EP 1 887 AAA erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Vorrichtungen eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.
- V. 54
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
1. für die unter Ziffer I bezeichneten, in der Zeit vom 11. Januar 2012 bis zum 10. Februar 2012 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu bezahlen;
562. allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I bezeichneten, ab dem 11. Februar 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
57- VI. 58
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- VII. 59
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Mit Blick auf die für das Berufungsverfahren allein noch interessierende angegriffene Ausführungsform I hat das Landgericht eine Patentbenutzung verneint, weil die einzelnen Rinnenabschnitte deutlich voneinander beabstandet seien und deshalb in der zu entwässernden Oberfläche keinen „durchgehenden länglichen Schlitz“ bildeten. Mangels Gleichwertigkeit könne auch von einer äquivalenten Benutzung des Klagepatents keine Rede sein.
61Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr vor dem Landgericht hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiterverfolgt. Sie meint, das Landgericht habe das Anspruchsmerkmal des „durchgehenden länglichen Schlitzes“ unzutreffend ausgelegt. Bei richtigem Verständnis verlange das Klagepatent keine Linienentwässerung des vom Landgericht angenommenen Inhalts, bei der es praktisch zu keinem Wasserübertritt von der einen zur anderen Seite der Entwässerungsrinne komme. Die der angegriffenen Ausführungsform I zugemessene (angeblich unzureichende) hydraulische Leistungskapazität stelle deswegen kein Argument gegen eine Patentbenutzung dar. Dass diese nicht hinter demjenigen zurückbleibe, was das Klagepatent fordere, habe sie – die Klägerin – unter Beweis gestellt, ohne dass das Landgericht diesem Beweisantritt nachgekommen sei. Hierin liege ein Verfahrensfehler. Zumindest seien die Voraussetzungen einer äquivalenten Patentbenutzung gegeben.
62Die Klägerin beantragt,
63das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 2. September 2014, Aktenzeichen 4b O 112/12, teilweise abzuändern und die Beklagte im ausgeurteilten Umfang auch wegen der angegriffenen Ausführungsform I zu verurteilen, wobei sie sich hilfsweise auf eine Kombination der Ansprüche 3, 11, 12 und 13 sowie 15, 3, 11, 12 und 13 stützt und diverse Hilfsanträge formuliert, wegen deren genauen Inhalts auf den Schriftsatz vom 15.01.2015 verwiesen wird.
64Die Beklagte beantragt,
65die Berufung zurückzuweisen.
66Sie hält das Rechtsmittel mangels ordnungsgemäßer Berufungsbegründung bereits für unzulässig. Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil als zutreffend.
67Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
68II.
69A.
70Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Begründungsschrift bezeichnet hinreichend die Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die landgerichtliche Entscheidung ergeben sollen (§ 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Dazu genügt es, dass die Klägerin die vorgenommene Auslegung des Merkmals „durchgehender länglicher Schlitz“ als rechtsfehlerhaft gerügt und außerdem die unterbliebene Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den hydraulischen Anforderungen des Klagepatents (und damit zu dessen Verständnis aus fachmännischer Sicht) als verfahrensfehlerhaft beanstandet hat. Auf die Schlüssigkeit oder Berechtigung dieser Einwände kommt es für das Begründungserfordernis nicht an.
71B.
72In der Sache bleibt das Rechtsmittel der Klägerin jedoch ohne Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht in den angegriffenen Kanalentwässerungsabschnitten des Typs F (angegriffene Ausführungsform I) keinen Eingriff in den Schutzbereich des Klagepatents gesehen und dementsprechend die auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Entschädigung und Schadenersatz gerichtete Klage abgewiesen.
731.
74Das Klagepatent betrifft Kanaldrainagesysteme und insbesondere Kanäle mit einer hohen Kapazität, die typischerweise als „Breitkanal-Drainagesysteme“ bezeichnet werden.
75a)
76Wie das Klagepatent einleitend ausführt, seien zur Oberflächendrainage großer Flächen, wie etwa bei Supermärkten, Parkplätzen oder Flughäfen, robuste Abflusskanäle mit einer hohen hydraulischen Kapazität erforderlich (Abs. [0001]).
77Im Stand der Technik seien zunächst Punktdrainagesysteme bekannt. So werde von C Ltd. ein den Gegenstand verschiedener britischer Patentanmeldungen bildendes System bereitgestellt, bei dem ein offenes Kanalelement aus glasfaserverstärktem Beton, das mittels eines Rahmens aus Bewehrungsstäben verankert und mit einem separaten Deckel verwendet werde. Der Deckel weise eine Reihe von Vorsprüngen auf, die in sich quer zur Richtung des Kanals in der Oberfläche erstreckenden Schlitzen enden würden, durch welche das Wasser in den Kanal eintrete (Abs. [0003]). Da derartige Drainagesysteme in Gebieten zum Einsatz kommen könnten, in welchen eine schwere Flächenauflast der Fahrzeuge vorliege, sei eine Bewehrung der die Decken bedeckenden Betonplatte erforderlich. Bei dem von C vorgeschlagenen System sei die Plattenbewehrung durch ein speziell ausgebildetes, vom Hersteller geliefertes Bewehrungsstabnetzwerk vorgesehen, das so ausgebildet sei, dass es mit den Vorsprüngen in dem Deckel zusammenwirke (Abs. [0006]).
78Jedoch sei ein solches System mit einer Reihe von Nachteilen behaftet. Zum einen sei der Wirkungsgrad beim Sammeln von Wasser gering, da das Wasser, etwa bei Sturm, über die Schlitze hinweg getragen werde (Abs. [0003]). Zum anderen müsse sichergestellt werden, dass die Oberseite des Deckels mit dem fertiggestellten Oberflächenniveau fluchte. Daher werde in der GB-A-316 ARA vorgeschlagen, den Deckel und den Kanal in einer einzigen Einheit auszubilden, um so Probleme bei der Anordnung des Deckels relativ zum Kanal in situ zu vermeiden. Wie eine solche Einheit erhalten werden könne, lasse sich dieser Schrift jedoch nicht entnehmen (Abs. [0005]). Schließlich sei das vorzusehende Bewehrungsstabnetzwerk relativ teuer (Abs. [0006]).
79Ein alternatives Drainagesystem, so führt die Klagepatentschrift weiter aus, sei aus der GB-A-1 456 ASA (D Ltd.) bekannt, wobei ein handelsübliches System der dort beschriebenen Bauart von der E Ltd. unter dem eingetragenen Warenzeichen H verkauft werde. Dieses System sehe einen Drainagekanalabschnitt vor, der einen sich längsseits erstreckenden Rohrabschnitt und eine Mehrzahl von längsseits beabstandeten, mit dem Rohrabschnitt kommunizierenden hohlen Vorsprünge aufweise. Wie bei dem System von C ergebe dies diskrete Wassereintrittsstellen und einen begrenzten hydraulischen Wirkungsgrad. Die kleinen vorspringenden Röhren hätten jedoch einen relativ geringen Einfluss auf die erforderliche Plattenbewehrung (Abs. [0007]).
80Deutlich wirkungsvoller wie derartige Punktdrainageanordnungen seien Leitungsdrainageanordnungen (Abs. [0008]).
81Ein solches System werde beispielsweise in der US-A-6 999 ATA (Is, Inc.) beschrieben, zu dem nachstehend zwei Abbildungen wiedergegeben sind.
82Die Schrift zeige einen Kunststoffkanalabschnitt, der einen schmalen querschnittsverringerten Ablauf aufweise. Um den Kanalabschnitt in dem Material festzulegen, in das er eingebettet sei, seien Vorsprünge vorgesehen. Stütz- und Bewehrungsstäbe könnten ebenfalls an dem Abschnitt befestigt sein (Abs. [0008]).
83Ein ähnliches System werde in der GB-A-2 311 AUA (J) beschrieben (vgl. die nachstehende Abbildung).
84Dabei weise der Schlitzablauf einen polygonalen Kanalbereich und einen querschnittsverringerten Bereich auf, wobei der querschnittsverringerte Bereich aus zwei Wänden bestehe, die sich von dem Kanalbereich nach oben erstrecken, um einen Schlitzablauf zu bilden (Abs. [0009]).
85Im Verhältnis zu den vorstehend beschriebenen Punktdrainageanordnungen hätten diese Leitungsdrainagesysteme einen verbesserten hydraulischen Wirkungsgrad. Allerdings würden die Betonplatten an jeder Seite des Schlitzes über den Kanalabschnitt herausragen, was insbesondere bei Kunststoffkanalabschnitten eine erhebliche Gefahr für die Entstehung von Belastungsschäden in diesem Bereich begründe (Abs. [0010]).
86Schließlich beschreibe die AU-B-733 AVA ein Drainagekanalsystem mit einem Oberflächenkanal, der über eine Reihe von Fallrohren mit einer Rohrleitung in einer Fluidverbindung stehe (Abs. [0011]).
87Vor dem geschilderten Hintergrund liegt der Erfindung unter Berücksichtigung der in den Abschnitten [0014] und [0043] der Klagepatentbeschreibung genannten Vorteile die – in der Klagepatentschrift nicht ausdrücklich formulierte – Aufgabe zugrunde, ein Kanalentwässerungssystem bereitzustellen, welches eine hohe hydraulische Kapazität und Effizienz aufweist, ohne in der lasttragenden Platte Schwachstellen zu erzeugen. Zudem soll das System auf einfache Weise ohne die von zweiteiligen Kanälen bekannten Ausfluchtungsprobleme installiert werden können.
88Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 3 eine Kombination der folgenden Merkmale vor:
89- 90
1. Ein Entwässerungsrinnenabschnitt (2).
- 92
2. Der Entwässerungsrinnenabschnitt (2) hat
a) einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt (6),
94b) eine Vielzahl von hohlen Vorsprünge (22) und
95c) eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24).
96- 97
3. Die hohlen Vorsprünge (22)
a) sind längs beabstandet und
99b) kommunizieren mit dem Rohrabschnitt (6).
100- 101
4. Die Vielzahl der (sich längs erstreckenden) Rinnenabschnitte (24)
a) definiert - wenn sie in einer zu entwässernden Fläche installiert ist - einen durchgehenden länglichen Schlitz (26), der in der zu entwässernden Fläche liegt,
103b) kommuniziert mit den Vorsprüngen (22) und
104c) wird von den Vorsprüngen (22) getragen.
105- 106
5. Die Basen der (sich längs erstreckenden) Rinnenabschnitte (24) sind definiert durch
a) Öffnungen in den hohlen Vorsprüngen (22) und
108b) Zwischenbogenabschnitte (38), die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen (22) überbrücken.
109Anspruch 15 stellt in seiner Rückbeziehung auf Anspruch 3 ein Rinnenentwässerungssystem unter Schutz, das Entwässerungsrinnenabschnitte nach Maßgabe des Anspruchs 3 umfasst.
110b)
111Ein erfindungsgemäßer Entwässerungsrinnenabschnitt ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Vielzahl sich längs erstreckender Rinnenabschnitte (24) zusammen einen durchgehenden länglichen Entwässerungsschlitz (26) definieren, wobei die Rinnenabschnitte (24) von einer Mehrzahl hohler Vorsprünge (22) getragen werden, die längsseits beabstandet sind und mit dem Rohrabschnitt (6) kommunizieren.
112Der patentgemäße Entwässerungsrinnenabschnitt setzt sich mithin im Wesentlichen durch drei Vorrichtungsteile zusammen, nämlich
113- dem sich längsseits erstreckenden Rohrabschnitt (6), welcher das eigentliche Volumen zum Abführen des Abwassers bereitstellt,
114- einer Vielzahl von hohlen Vorsprüngen (22) auf der Oberseite des Rohrabschnitts (6), die in Fluidverbindung mit dem Rohrabschnitt (6) stehen („kommunizieren“), sowie
115- einer Vielzahl von Rinnenabschnitten (24), die sich - entsprechend der Ausrichtung des Rohrabschnitts (6) - längs erstrecken und in ihrer Gesamtheit einen in der Einbaulage der Rinnenabschnitte (24) durchgehenden länglichen Schlitz (26) in der zu entwässernden Oberfläche definieren. Die einzelnen, gemeinsam eine Rinne bildenden Rinnenabschnitte (24) werden von den hohlen Vorsprüngen (22) getragen und stehen mit den Vorsprüngen (22) in Fluidverbindung.
116Sinn dieser Anordnung ist es, Oberflächenwasser durch die längslaufende Rinne (24) sammelnd aufzufangen und von dort über die mit der Rinne (24) kommunizierenden hohlen Vorsprünge (22) in den Rohrabschnitt (6) zu leiten, der das Abwasser endgültig abführt. Soweit sich das Klagepatent mit der Rinne (24) und ihrer Fluidverbindung zum Rohrabschnitt (6) befasst, stehen deshalb Gesichtspunkte der Hydraulik, d.h. des Strömungsverhaltens von Flüssigkeiten, im Mittelpunkt, die folgerichtig auch in der Patentbeschreibung sowohl im Zusammenhang mit der Erörterung des Standes der Technik als auch bei den Vorteilsangaben der Erfindung ausdrücklich Erwähnung finden. So wird zu den aus der GB-A-2 316 AWA und der GB-A-2 347 AXA bekannten quer verlaufenden Entwässerungsschlitzen bemerkt (Abs. [0003]):
117„Der hydraulische Wirkungsgrad von breiten Querschlitzen beim Sammeln von Wasser von der Oberfläche ist nicht hoch. Bei Stürmen kann es sein, dass das Wasser über die Schlitze hinweg getragen wird.“
118In Bezug auf die GB-A-1 456 ASA bemängelt die Klagepatentschrift (Abs. [0007]) ebenfalls „diskrete Wassereintrittsstellen und einen begrenzten hydraulischen Wirkungsgrad“. Den besagten Punktdrainageanordnungen stellt die Klagepatentschrift im Anschluss daran (Abs. [0008] bis [0010]) Leitungsdrainagesysteme als vorzugswürdig gegenüber, wobei exemplarisch die Lösungen nach K (US-A-6 000 AYA) (Abs. [0008]) sowie J (GB-A-2 311 AUA) (Abs. [0009]) erörtert werden. Sie zeichnen sich beide durch einen im Bereich der zu entwässernden Oberfläche in Längsrichtung durchgehenden Schlitzablauf aus. Absatz [0010]) der Patentbeschreibung hält insoweit fest:
119„Bei diesen beiden Ausbildungen ergibt sich ein verbesserter hydraulischer Wirkungsgrad relativ zu den Punktdrainagesystemen … .“
120Anknüpfend hieran stellt die Klagepatentschrift im Abs. [0013] zu den Vorzügen des erfindungsgemäßen Entwässerungskonzeptes fest:
121„Dieses System hat deshalb die Vorteile hoher hydraulischer Kapazität und Effizienz gemäß den Systemen von K und J, …“. (Unterstreichung hinzugefügt)
122Der Fachmann entnimmt dem, dass mit der Erfindung des Klagepatents ein hydraulisches Leistungspotenzial bereitgestellt werden soll, das dem der bekannten Leitungsdrainagesysteme entspricht. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass das Klagepatent außer dem Anspruch 3 einen weiteren Hauptanspruch 1 enthält, der ebenfalls auf einen Entwässerungsrinnenabschnitt gerichtet ist. Denn auch Anspruch 1 verlangt, dass die Rinne einen „durchgehenden länglichen Schlitz“ definiert, der eingebaut in der Entwässerungsoberfläche zu liegen kommt, womit sich die erläuternden Bemerkungen des allgemeinen Beschreibungstextes nicht etwa nur auf die Merkmalskombination des Hauptanspruchs 1 beziehen können, sondern beide (insoweit gleich formulierten) Nebenansprüche – und mithin auch Anspruch 3 – gleichermaßen charakterisieren. Dem Fachmann leuchtet die Orientierung an die hydraulischen Kapazitäten der Systeme von K und J auch unmittelbar ein, weil der erfindungsgemäße Entwässerungsrinnenabschnitt in der Form eines Schlitzkanals – und damit prinzipiell in der für die vorbekannten Leitungsdrainagesysteme geläufigen Weise – ausgebildet werden soll. Konkret sieht das Klagepatent hierzu eine Rinne vor, die einen „durchgehenden länglichen Schlitz in der zu entwässernden Oberfläche definiert.“ Für das Verständnis der Begriffe „Rinne“ und „Schlitz“ ist hierbei im Blick zu behalten, dass das Klagepatent Schutz für einen (dem Geschäfts- und Handelsverkehr zugänglichen) Entwässerungsrinnenabschnitt gewährt, der unverbaut ist, der sich aber in einer solchen Weise verbauen lässt, dass sich eine oberflächennahe Leitungsdrainage ergibt. „Rinne“ bezeichnet deshalb das (räumlich-körperliche) Vorrichtungsteil des patentgeschützten Entwässerungsrinnenabschnitts, während „Schlitz“ diejenige Raumform umschreibt, die mithilfe der Rinne in der zu entwässernden Oberfläche, in die der patentgemäße Entwässerungskanalabschnitt bestimmungsgemäß mit seiner obenliegenden Rinne eingebaut worden ist, zum Zwecke der Entwässerung zur Verfügung gestellt wird. Damit die Rinne ihrer zugedachten Funktion nachkommen, nämlich Oberflächenwasser sammeln und über die hohlen Vorsprünge in den Rohrabschnitt leiten kann, muss sie in Längsrichtung Seitenwände aufweisen, die ein Volumen umschließen, in dem Oberflächenwasser aufgenommen werden kann, um es sodann zunächst den Vorsprüngen und von dort dem Rohrabschnitt zuzuführen.
123Soweit das Klagepatent verlangt, dass mit der Rinne (in ihrem eingebauten Zustand) ein durchgehender länglicher (Ablauf-)Schlitz in der zu entwässernden Oberfläche bereitgestellt wird, ist dem Fachmann angesichts der damit beabsichtigten Leitungsdrainage einsichtig, dass der Ablaufschlitz in Längsrichtung betrachtet prinzipiell ununterbrochen zu sein hat. Dies macht bereits der Anspruchswortlaut unmissverständlich deutlich, indem der längliche Schlitz ausdrücklich als „durchgehend“ beschrieben wird. „Leitungsdrainage“ ist dabei nicht im Sinne von Normvorschriften zu verstehen, die in der Klagepatentschrift keinerlei Erwähnung finden und deshalb grundsätzlich auch kein Auslegungsmaterial bilden können, sondern im Sinne derjenigen Ausgestaltung, wie sie aus den vom Klagepatent zum Maßstab genommenen Druckschriften von K und J ergeben. Mit dem durchgehenden länglichen Entwässerungsschlitz soll für den Fachmann erkennbar gewährleistet werden, dass das Oberflächenwasser über die Rinne vollständig gesammelt und alsdann mittels der hohlen Vorsprünge über den Rohrabschnitt abgeleitet werden kann, ohne dass es – in Längsrichtung des Rohrabschnitts betrachtet – zu einem Übertritt von Oberflächenwasser von der einen zu der anderen Seite der Entwässerungsrinne kommt.
124Solange dies gewährleistet ist, muss der Schlitz allerdings nicht zwingend durchgängig sein. Minimal ausgedehnte Stege zwischen den Längswänden der Rinne sind vielmehr ebenso zulässig wie minimale Unterbrechungen zwischen benachbarten Rinnenabschnitten, wenn und soweit sie nicht zur Folge haben, dass es in einem irgendwie nennenswerten Umfang zu einem Übertritt von Oberflächenwasser auf die andere Seite der Entwässerungsrinne kommt. Dass dem so ist, bestätigt dem Fachmann Abs. [0015] des Beschreibungstextes, der es ausdrücklich zulässt, dass die längslaufende Rinne zwischen zumindest einigen der Vorsprünge ausgespart ist, um das Durchgleiten eines Verstärkungsnetzes oder loser Stäbe durch den Kanal zu ermöglichen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Rinne beliebig unterbrochen sein darf. Da das Klagepatent weder im Anspruch noch in der Beschreibung konkrete Vorgaben zu den Maßen der Zwischenräume macht, wird der Fachmann vor dem Hintergrund der Aufgabe des Klagepatents, die Vorteile der vorbekannten Leitungsdrainage nach K und J beizubehalten, solche Zwischenräume als nicht mehr vom Klagepatent erfasst ansehen, die so groß sind, dass sie den Charakter der besagten Leitungsdrainageanordnung zu einer Punktdrainageanordnung verändern. Dies wäre der Fall, wenn das Wasser, das sich in den Zwischenräumen verfängt, nicht mehr vertikal abgeführt wird, sondern die Rinne überströmt, so dass die Wasserabführung nur noch punktuell stattfindet.
125Dass nach Absatz [0044] der Klagepatentbeschreibung und Unteranspruch 12 über dem Schlitz Fittings oder Gitter (z.B. zum Absatzschutz, vgl. Abs. [0032]) abgestützt werden können, rechtfertigt keine andere Bewertung. Zwar liegt es auf der Hand, dass auch ein derartiges Gitter dazu führen kann, dass der Kanal punktuell überströmt wird, weshalb die Stege des Gitters in der Praxis zur Verhinderung eines solchen Überströmens beispielsweise ballig ausgebildet werden können. Jedoch kommt es darauf vorliegend nicht an. Denn die erfindungsgemäße Lösung soll nach der Klagepatentbeschreibung über dieselbe hohe hydraulische Kapazität und Effizienz wie die Systeme von K und J verfügen (vgl. Abschnitt [0013]). Zwar werden Schutzgitter, wie sie im Absatz [0044] erwähnt werden, auch bereits in der nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figur 1 von K gezeigt (vgl. Bezugsziffer (45); grate member).
126Allerdings finden sich diese Gitter nicht in den Hauptansprüchen der vorgenannten Schrift und sind demnach ebenso optional wie nach der technischen Lehre des Klagepatents. Somit ist dem Fachmann klar, dass es patentgemäß nicht darauf ankommt, ob der mit einem (lediglich optionalen) Gitter bedeckte Schlitz überströmt wird. Denn das Klagepatent knüpft gerade an die hydraulische Effizienz des Systems von K an, ohne auf das dort lediglich optional vorgesehene Gitter einzugehen. Um eine mit den Lösungen von K und J vergleichbare Effizienz zu erreichen, soll das Wasser klagepatentgemäß in den Schlitz eintreten und über die Vorsprünge in den Rohrabschnitt nach unten laufen. Indem ein grundsätzlich mögliches Gitter in den Klagepatentansprüchen keine Erwähnung findet und in Abschnitt [0044] lediglich als optional beschrieben wird, ist dem Fachmann klar, dass ein solches, über dem Schlitz angeordnetes Schutzgitter (vgl. Abschnitt [0044]; Anm.: Unterstreichung hinzugefügt) bei der Beurteilung des Vorliegens eines darunter liegenden, durchgehenden länglichen Schlitzes keine Berücksichtigung finden kann. Entscheidend für die Frage des Vorliegens eines längslaufenden Schlitzes ist vielmehr, ob der Schlitz unabhängig von einem solchen Gitter überströmt wird. Ist dies der Fall, wird das Wasser nicht mehr vollständig im längslaufenden Schlitz gesammelt, so dass es an der angestrebten gleichen Effektivität der Entwässerung wie bei K und J fehlt. Dieselbe Beurteilung hat mit Blick auf die in der Druckschrift von K offenbarten Brückenelemente (48) zu gelten. Sie sind ausweislich der Figur 1 nach unten im Ablaufschlitz versenkt angeordnet und ändern deswegen am Vorhandensein eines ununterbrochenen Entwässerungsschlitzes in der Entwässerungsebene nichts, weil jedes Oberflächenwasser, welches einmal die Schlitzkante passiert hat, aufgrund der Schwerkraft ungeachtet der Brückenelemente seinen Weg in den Rohrabschnitt finden wird. Soweit darauf hingewiesen wird, dass die Abstände der Brückenelemente (48) auch so gewählt werden können, dass (z.B. zum Absatzschutz) keine Gitterelemente (45) vonnöten sind, folgt daraus, weil bloß von einer Abstandsvariation die Rede ist, nicht, dass die Brückenelemente zusätzlich in ihrer vertikalen Lage verändert werden und beispielsweise in der Entwässerungsoberfläche liegen können. Solange dies nicht der Fall ist, bleibt eine Entwässerung über die gesamte Länge des Schlitzes erhalten.
127Allein dass ein Abdeckgitter unter bestimmten Umständen aus technischen Gründen unverzichtbar sein mag, folgt ebenfalls nicht, dass auch der Einlaufschlitz unter dem Schutzgitter zum Überströmen führende Unterbrechungen aufweisen darf. Vielmehr wird der Fachmann angesichts des geforderten durchgehenden Entwässerungsschlitzes bestrebt sein, die erzielte hydraulische Leistungsfähigkeit unangetastet zu lassen, indem er den Abdeckrost (durch entsprechend schmale und ggf. ballig geformte Stege) so ausgestaltet, dass ein Überströmen des Entwässerungsschlitzes trotzt des Gitters unterbleibt.
1282.
129Vor dem Hintergrund dieses technischen Verständnisses ist das Landgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die angegriffene Ausführungsform I (Typ F) - unabhängig davon, ob der Abstand der Einlaufschlitze 1 cm oder 4,3 cm beträgt - weder wortsinngemäß noch äquivalent von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.
130a)
131Dass es bei der Variante des Typs F, bei welcher die Einlaufschlitze den größeren Abstand von 4,3 cm haben, in einem erheblichen Umfang zu einem Überströmen des Kanals kommt, hat die Beklagte durch das im Verfahren I-2 U 10/14 als Anlage B 24 vorgelegte Privatgutachten gezeigt. Lediglich beispielhaft wird nachfolgend das auf Seite 39 des Privatgutachtens eingeblendete Foto 23 verkleinert wiedergegeben, welchem sich das Überströmen ohne Weiteres entnehmen lässt.
132Nachdem das Wasser somit lediglich punktuell, nämlich im Bereich der Schlitze, nicht jedoch zwischen den Schlitzen und damit nicht im Wege einer Leitungsdrainage im Sinne des Klagepatents abgeführt wird, fehlt es bei dieser Ausführungsform an einem durchgehenden länglichen Schlitz im Sinne der durch das Klagepatent beanspruchten technischen Lehre.
133Daran ändert nichts der Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform I im verbauten Zustand geringfügig, nämlich etwa 3 bis 5 mm unterhalb der zu entwässernden Flächenebene zu liegen kommt. Nach der technischen Lehre des Klagepatents sind es die Rohrabschnitte, d.h. genauer deren aufragende Seitenwände, die, wenn die Rohrabschnitte in der zu entwässernden Fläche verlegt sind, den durchgehenden länglichen, in der zu entwässernden Fläche liegenden Entwässerungsschlitz bilden sollen. Wollte man darauf abstellen, dass die bei der angegriffenen Ausführungsform I vorhandenen Abstände zwischen den Einlauftrichtern einem ununterbrochenen Entwässerungsschlitz nicht entgegenstehen können, weil die besagten Abstände einen Wassereintritt wegen der versenkten Montage der Rohrabschnitte nicht verhindern können, so würde der durchgehende längliche Entwässerungsschlitz nicht mehr durch die Vielzahl der Rohrabschnitte (als integrale Bestandteile des Entwässerungsrinnenabschnittes), sondern durch den den Drainagekanal umgebenden Beton definiert, was keinen Bezug zu der technischen Lehre des Klagepatents hat.
134b)
135Die vorstehenden Ausführungen zu einem unzulässigen Wasserübertritt über den Längsschlitz hinweg gelten für die Ausführungsform des Typs F in gleicher Weise, soweit die Einlauftrichter einen Abstand von lediglich 1 cm haben. Dass es auch bei dieser Ausgestaltung zwischen den Einlaufschlitzen zu einem nennenswerten Überströmen kommt, und zwar unabhängig von der Menge des Abwassers, lässt sich anhand der Abbildung auf Seite 4 der von der Klägerin im Parallelverfahren I-2 U 10/14 vorgelegten Anlage K 23 erkennen:
136Zwar lässt es Abs. [0039] der Klagepatentschrift ausdrücklich zu, die Rinne mit Zwischenräumen (46) zu versehen, durch die hindurch eine Bewehrungsmatte gleiten kann, um in den bogenförmigen Öffnungen (42) zwischen benachbarten Vorsprüngen aufzuliegen, wie dies die nachstehende Figur 9 der Klagepatentschrift verdeutlicht.
137Allerdings ergibt sich aus den weiteren Erläuterungen des Beschreibungstextes, dass die Zwischenräume bevorzugt eine nur minimale Ausdehnung haben, was auch die Zeichnung veranschaulicht. Der Fachmann erfährt nämlich, dass, wenn sich die Zwischenräume nach dem Hindurchschieben der Bewehrungsstäbe (offensichtlich materialbedingt) wieder von selbst schließen, auf weitere Schutzmaßnahmen dagegen verzichtet werden kann, dass es über die im Bereich der Zwischenräume gegebenen stirnseitigen Öffnungen im Rinnenverlauf zu einem unerwünschten Einfließen von Beton in die Rinne (24) kommt, wenn die Bewehrungsmatte zwischen den hohlen Vorsprüngen mit Ortbeton vergossen wird. Im Gebrauchszustand des Entwässerungsrinnenabschnitts besteht in solchen Fällen eine praktisch durchgehende Rinne, so, als hätte es Durchführungszwischenräume nicht gegeben. Wo sich der geschilderte Rückstelleffekt nicht einstellt, sieht die Patentschrift vor dem Vergießen des Betons – obligatorisch und nicht bloß fakultativ - das Anordnen eines Schutzstabes in der Rinne vor. Die anderslautende Interpretation der Klägerin missachtet den Beschreibungstext des Absatzes [0039]:
138Bei dieser Variante ist die Rinne 24 an einem Mittelpunkt jedes Bogenabschnitts 38 ausgespart, um einen kleinen Zwischenraum 46 zu bilden, durch den hindurch eine Bewehrungsmatte über dem Rinnenabschnitt angeordnet werden kann, um in den bogenförmigen Öffnungen 42 aufzuliegen. Die Zwischenräume 46 lassen zu, dass die Bewehrungsmatte hindurch geleitet und gleichzeitig noch einen kontinuierlichen Schlitz 26 in der zu entwässernden Oberfläche belässt. Dies kann das Anordnen eines Schutzstabs in der Rinne 24 während der letzten Schaltung erforderlich machen, um zu verhindern, dass Beton durch die Zwischenräume 46 in die Rinne 24 fließt. Wenn die Zwischenräume ausreichend schmal sind, so dass sie sich wirksam wieder schließen können, nachdem die Bewehrungsmatte hindurchgeschoben worden ist, kann es sein, dass dies nicht erforderlich ist. (Anm.: Hervorhebungen hinzugefügt)
139Zwar ist im dritten Satz davon die Rede, dass die Anbringung eines Schutzstabes erforderlich sein „kann“; bei sinnvollem Verständnis des Gesamtzusammenhangs ist damit jedoch lediglich auf diejenige Ausführungsvariante Bezug genommen, die im nachfolgenden Text erörtert wird und die sich dadurch auszeichnet, dass sich die Zwischenräume zwischen den Rinnenabschnitten nach dem Hindurchführen der Bewehrungsmatte (und damit vor dem Eingießen der Matte in den Beton) wieder schließen. Wenn zu ihr ausgeführt wird, dass - eben wegen des geschilderten, besonderen Rückstelleffektes - die Verwendung eines Schutzstabes „nicht erforderlich ist“, erkennt der Durchschnittsfachmann, dass in allen anderen Fällen auf eine Schutzstab in der Rinne nicht verzichtet werden kann, was ihm auch unmittelbar deswegen einleuchtet, weil ansonsten der zwischen den Vorsprüngen aufsteigende Beton im Zwischenraumbereich über die stirnseitigen Öffnungen in die Entwässerungsrinnenabschnitte eintreten würde. Dies zuzulassen, indem auf den einfachen Einsatz eines Schutzstabes verzichtet wird, und den Beton statt dessen im Nachhinein wieder aus der Entwässerungsrinne zu entfernen, stellt für den Fachmann ersichtlich keine sinnvolle Handlungsalternative dar, weil ein derartiges Vorgehen aufwändig und umständlich ist. Bei Gebrauch eines Schutzstabes liegt es für den Fachmann auf der Hand, nicht – wie die Klägerin meint – viele jeweils gesondert zu handhabende Teilstäbe zu verwenden, von denen jeder einzelne lediglich die Strecke eines einzelnen Rinnenabschnitts abdeckt, sondern vielmehr einen durchgehenden Schutzstab einzusetzen, der sich über mehrere oder alle Abschnitte eines Rinnenentwässerungssegments erstreckt und der damit auch die zwischen den einzelnen Rinnenabschnitten vorhandenen Zwischenräume überbrückt. Das letztgenannte Prozedere liegt jedenfalls eindeutig den Ausführungen im Absatz [0039] zu Grunde, wie sich schon daran zeigt, dass Satz 3 „das Anordnen eines Schutzstabes“ (Singular!) „in der Rinne“ (Singular!) beschreibt. Die anschließende Erläuterung, dass auf diese Weise verhindert werde, „dass Beton durch die Zwischenräume 46 (Plural!) in die Rinne 24 fließt“, verdeutlicht dabei, dass mit „der Rinne 24“ im gegebenen Zusammenhang nicht etwa nur ein einzelner Rinnenabschnitt, sondern die Gesamtheit der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte eines Entwässerungssegments gemeint ist, weil nur eine Vielzahl von Rinnenabschnitten „Zwischenräume“ (Plural!) aufweisen kann. Einen weiteren, noch aussagekräftigeren Hinweis erhält der Fachmann aus Satz 2 des Beschreibungstextes, der ihn ausdrücklich darüber belehrt, dass sich trotz der Zwischenräume zwischen Rinnenabschnitten (dank der Verwendung eines Schutzstabes, vgl. Satz 3) „gleichzeitig noch ein kontinuierlicher Schlitz 26 in der zu entwässernden Oberfläche ergibt“ (Anm.: Hervorhebung hinzugefügt). Ein derartiges Resultat wird nur dann erhalten, wenn ein Schutzstab zum Einsatz kommt, der den Zwischenraum zwischen benachbarten Rinnenabschnitten überbrückt. Da der Schutzstab der ihm zugedachten Funktion, ein seitliches Eindringen aufsteigenden Betons über die offenen Stirnseiten des Rinnenabschnitts zu verhindern, nur gerecht werden kann, wenn er an den Querschnitt der Rinne, in die der Stab eingelegt wird, angepasst ist, sorgt der Schutzstab nämlich dafür, dass der beim Vergießen zwischen den Vorsprüngen aufsteigende Beton auch im Zwischenraumbereich eine Rinne ausbildet. Der Schutzstab bildet im Bereich zwischen benachbarten Rinnenabschnitten gewissermaßen eine Negativform für den Rinnenquerschnitt. Würden stattdessen Teil-Schutzstäbe verwendet, die sich jeweils nur über einen einzelnen Rinnenabschnitt erstrecken, könnte der Beton beim Vergießen im Bereich der für eine Bewehrungsmatte vorgesehenen Durchschub-Zwischenräume, d.h. über eine Breite von 0,4 bis 1,2 cm (= Durchmesser eines Bewehrungsstabes) ungehindert bis an die Oberfläche aufsteigen, dort aushärten und einen zum Wasserübertritt führenden Steg zwischen den einzelnen Rinnenabschnitten bilden. Es würde daher gerade kein „kontinuierlicher Schlitz in der Entwässerungsoberfläche“ entstehen, wie ihn Absatz [0039] der Patentschrift (dort Satz 2) beschreibt.
140Die angegriffene Ausführungsform I entspricht in diesem entscheidenden Punkt nicht der Ausführungsform, wie sie im Absatz [0039] der Klagepatentschrift erörtert wird. Die einzelnen Einlauftrichter sind nämlich an ihren stirnseitigen Enden gerade nicht offen ausgebildet, sondern mit einer geschlossenen stirnseitigen Wand versehen, was es ausschließt, einen den Zwischenraum zwischen benachbarten Einlauftrichtern überdeckenden Schutzstab zu verwenden. Konstruktionsbedingt muss vielmehr jeder einzelne Einlauftrichter mit einem separaten Teil-Schutzstab ausgestattet werden, was zur Folge hat, dass im Bereich der Zwischenräume Beton ungehindert an die Oberfläche aufsteigen und dort den Rinnenverlauf unterbrechende Abschnitte bilden kann, die einen Wasserübertritt erlauben.
141c)
142Von dem nicht wortsinngemäß verwirklichten Merkmal des Klagepatents macht die angegriffene Ausführungsform I auch nicht mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.
143Sie ist gegenüber der technischen Lehre des Klagepatents, nach welcher in Längsrichtung des Rohrabschnitts gesehen lediglich solche Unterbrechungen des Längsschlitzes zulässig sind, bei denen es praktisch nicht zu einem Übertritt von Oberflächenwasser von der einen zur anderen Seite der Entwässerungsrinne kommt, bereits nicht gleichwirkend. Denn eine Gleichwirkung ist nur zu bejahen, wenn durch die gewählte technische Gestaltung nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt wird, die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll (BGH, GRUR 2011, 313, 318 – Crimpwerkzeug IV; GRUR 2012, 1122, 1123 – Palettenbehälter III). Daran fehlt es ersichtlich, weil die deutlichen Abstände zwischen den Einlauftrichtern zu einem nenneswerten Wasserübertritt führen, den das Klagepatent nicht billigt.
144In jedem Fall fehlt es außerdem an der erforderlichen Gleichwertigkeit. Sie verlangt, dass die Überlegungen, die der Fachmann zum Auffinden eines äquivalenten Ersatzmittels anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung (Verwendung beabstandeter Einlauftrichter) mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lösung (Vorsehen eines durchgehenden Längsschlitzes, bei dem es zu keinem Übertritt von Oberflächenwasser von der einen zur anderen Seite der Entwässerungsrinne kommt) als gleichwertige Alternative in Betracht zieht. Eine „Orientierung am Patentanspruch“ setzt voraus, dass der Patentanspruch in allen seinen Merkmalen nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Überlegungen des Fachmanns bildet. Es ist insofern nicht ausreichend, dass der Fachmann aufgrund seines Fachwissens die abgewandelte Lehre als technisch sinnvoll und in gleicher Weise zielführend wie die im Patentanspruch formulierte Anweisung erkennt. Es reicht auch nicht aus, die Gleichwertigkeit isoliert für das abgewandelte Mittel festzustellen; vielmehr muss die angegriffene Ausführungsform in ihrer für die Merkmalsverwirklichung relevanten Gesamtheit eine auffindbar gleichwertige Lösung darstellen (BGH, GRUR 2007, 959 – Pumpeneinrichtung). Bei allem ist der Schutzrechtsinhaber an die technische Lehre gebunden, die er unter Schutz hat stellen lassen (BGH, GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil). Die vom Patent gegebene technische Lehre muss von ihm als sinnhaft hingenommen und darf bei der Suche nach einem gleichwirkenden Ersatzmittel in ihrer sachlichen Berechtigung nicht infrage gestellt werden. Trifft der Patentanspruch eine Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten, eine technische Wirkung zu erzielen, müssen die fachmännischen Überlegungen zu möglichen Abwandlungen gerade auch mit dieser Auswahlentscheidung im Einklang stehen (BGH, a.a.O., S. 705 Tz. 35 - Okklusionsvorrichtung m.w.N.; Senat, Urteil v. 13. September 2013, Az. I-2 U 25/13 - Drospirenon; Senat, Urt. v. 17. Juli 2014, Az.: I-2 U 11/14).
145Im Streitfall vermittelt das Klagepatent dem Fachmann die Einsicht, dass eine Punktentwässerung einen zu niedrigen hydraulischen Wirkungsgrad aufweist, weshalb eine mit einer höheren Kapazität und Effizienz ausgestattete Leitungsdrainage, wie sie aus dem Stand der Technik (K , J) bekannt ist, insoweit als vorteilhaft angesehen wird. Um ein vergleichbares hydraulisches Leistungspotential bereitzustellen, soll ein durch die Rinne gebildeter durchgehender Längsschlitz bereitgestellt werden, der nur insoweit unterbrochen sein darf, als es nicht zu einem Übertritt von Oberflächenwasser auf die andere Seite kommt. Dies stellt sicher, dass das Oberflächenwasser über die Rinne vollständig gesammelt und alsdann mittels der hohlen Vorsprünge über den Rohrabschnitt abgeleitet werden kann. Von dieser konkreten Gestaltung löst sich die angegriffene Ausführungsform signifikant, indem die Einlauftrichter beabstandet angeordnet sind, so dass das Wasser nicht vollständig über die Entwässerungsrinne abgeführt wird, sondern den Bereich zwischen den Schlitzen überströmen kann.
1463.
147Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 30.01.2015 ist verspätet und hat daher außer Betracht zu bleiben. Er rechtfertigt auch keine Wiedereröffnung der ordnungsgemäß geschlossenen mündlichen Verhandlung vom 29.01.2015.
148III.
149Die Kostenentscheidung folgt für das Berufungsverfahren aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die für das landgerichtliche Verfahren getroffene Kostenentscheidung ist von Amts wegen dahingehend zu korrigieren, dass der Klägerin 2/3 und der Beklagten 1/3 der Kosten auferlegt werden. Die geänderte Kostenquote trägt dem Umstand Rechnung, dass die angegriffene Ausführungsform I von deutlich größerem wirtschaftlichen Gewicht ist als die angegriffene Ausführungsform II, weswegen auch der Streitwert für das die angegriffene Ausführungsform I betreffende Berufungsverfahren auf 500.000,-- € (2/3 von 750.000,-- €) festzusetzen ist.
150Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
151Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).
152X Y Z
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 05. Feb. 2015 - I-2 U 61/14
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Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
1.
Entwässerungsrinnenabschnitte, umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren, und eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten, wobei die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten mit den Vorsprüngen kommuniziert, um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz zu definieren, der in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt, und wobei die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte durch Öffnungen in die hohlen Vorsprüngen definiert sind,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten von den Vorsprüngen gestützt wird und die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
(Anspruch 3 EP R )
und/oder
2.
Rinnenentwässerungsysteme, umfassend Entwässerungsrinnenabschnitte, diese umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren, und eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten, wobei die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten mit den Vorsprüngen kommuniziert, um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz zu definieren, der in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt, und wobei die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte durch Öffnungen in die hohlen Vorsprüngen definiert sind,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten von den Vorsprüngen gestützt wird und die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
(Anspruch 15 EP R , rückbezogen auf Anspruch 3)
II.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I bezeichneten Handlungen seit dem 11. Februar 2012 begangen hat, und zwar unter Angabe:
1. der Herstellungsmengen und –zeiten;
2. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, sowie der bezahlten Preise;
3. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren;
4. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
5. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
6. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei
die Angaben zu Ziffer 6 nur für seit dem 11. Februar 2012 begangene Handlunge zu machen sind,
es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer oder Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist; und
die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu Ziffern 2 und 3 die entsprechenden Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine in Kopie vorzulegen hat, bei denen geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichten Daten geschwärzt werden dürfen.
III.
Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz, oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
IV.
Die Beklagte wird verurteilt, die unter Ziffer I bezeichneten seit dem 11.Januar 2012 in der Bundesrepublik in Verkehr gebrachten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, die keine gewerblichen Endabnehmer sind und denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des EP R erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Vorrichtungen eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.
V.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
1. für die unter Ziffer I bezeichneten, in der Zeit vom 11. Januar 2012 bis zum 10. Februar 2012 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu bezahlen;
2. allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I bezeichneten, ab dem 11. Februar 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
VI.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VII.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
VIII.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,
für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages,
für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 375.000,00. Für die Vollstreckung einzelner titulierter Ansprüche werden folgende Teilsicherheiten festgesetzt:
- Ansprüche auf Unterlassung, Vernichtung und Rückruf: 300.000,00 EUR
- Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung: 75.000,00 EUR
- Kostenausspruch: 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
1
Tatbestand
3Die Klägerin ist Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache verfassten europäischen Patents EP R (Anlagen K1, K1a, nachfolgend: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 06.06.2003 angemeldet und nimmt die Priorität der englischen Patentanmeldung GB A vom 10.07.2002 in Anspruch. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 11.01.2012. Die Beklagte legte am 11.10.2012 Einspruch gegen das Klagepatent beim Europäischen Patentamt ein, der mit Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 07.07.2014 zurückgewiesen wurde. Das Klagepatent steht in Kraft.
4Das Klagepatent betrifft Rinnenentwässerungssysteme und insbesondere Kanäle mit hoher Kapazität, die typischerweise als Breitrinnen-Entwässerungssysteme bezeichnet werden.
5Der maßgebliche Patentanspruch 3 hat in der englischen Fassung den folgenden Wortlaut:
6„A drainage channel section (2) comprising a longitudinally extending pipe portion (6), a plurality of longitudinally spaced hollow projections (22) communicating with the pipe portion (6) and a plurality of longitudinally extending channel sections (24), wherein said plurality of longitudinally extending channel sections (24) communicate with the projections (22) in order to define when installed in a surface to be drained a continuous longitudinal slot (26) that lies in a surface to be drained and wherein the bases of the longitudinally extending channel sections (24) are defined by openings into the hollow projections (22)
7characterised in that,
8said plurality of longit[u]dinally extending channel sections (24) are supported by said projections (22), and in that the bases of the longitudinally extending channel sections are further defined by intermediate arch sections (38) at least substantially bridging the gaps between adjacent projections.”
9Anspruch 3 des Klagepatents lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:
10„Entwässerungsrinnenabschnitt (2), umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt (6), eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen (22), die mit dem Rohrabschnitt (6) kommunizieren, und ein Vielzahl von sich längs erstreckenden Rohrabschnitten, wobei die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) mit den Vorsprüngen (22) kommuniziert, um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz (26) zu definieren, der in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt, und wobei die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte (24) durch Öffnungen in die hohlen Vorsprünge (22) definiert sind,
11dadurch gekennzeichnet, dass
12die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) von den Vorsprüngen (22) gestützt werden und dadurch, dass die Basen der sich länglich erstreckenden Rinnenabschnitte (22) weiter durch Zwischenbogenabschnitte (38) definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen (22) überbrücken.“
13Anspruch 15 hat in der englischen Fassung den folgenden Wortlaut:
14„A channel drainage section system comprising drainage channel sections (2) according to any claims to 1 to 13.”
15Anspruch 15 des Klagepatents lautet:
16„Rinnenentwässerungssystem, umfassend Entwässerungsrinnenabschnitte (2) nach einem der Ansprüche 1 bis 13“
17Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Entwässerungstechnik. Die Beklagte bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland ein Entwässerungssystem, das aus Kanalentwässerungsabschnitten besteht. Unter der Marke B stellt die Beklagte her, bietet an und vertreibt Kanalentwässerungsabschnitte, unter anderem einen Typ F und einen Typ G (Anlagen K 8, K 9). In ihrem Produktkatalog zeigt die Beklagte verschiedene Formen des Typs F (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform I) und des Typs G (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform II) unter verschiedenen Artikelnummern: B F unter Nrn. 13000, 13025, 13035, 13065, 13075, 13085, 13010, 13020, 13030, 13060, 13070, 13080, 13210, 13220, 13230, 13260, 13270, 13280, 13410, 13420, 13430, 13460, 13470, 13480, 13610, 13620, 13630, 13660, 13670, 13680, 13810, 13820, 13830, 13860, 13870, 13880, B G unter Nrn. 16150, 16200, 16350, 16400. Beide angegriffenen Ausführungsformen unterscheiden sich jeweils in Material, Länge, Breite, Höhe, Entwässerungsquerschnitt und Einlaufquerschnitt voneinander, folgen aber alle demselben Konstruktionsprinzip. In dem Produktkatalog (Anlage K 9) wird das B als Rinnensystem bzw. Entwässerungssystem beschrieben.
18Die Klägerin ist der Ansicht, bei dem Fachmann, dessen Verständnis zugrundezulegen sei, handele es sich um einen Bauingenieur und/oder Architekten mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung. Die zutreffende Übersetzung des Begriffs „channel section“ sei „Rinnenabschnitt“. So übersetze die Beklagte selbst den Begriff „drainage channel section“ als „Entwässerungsrinnenabschnitt“.
19Der Rinnenabschnitt im Sinne des Klagepatents erfülle im Wesentlichen die technische Funktion, das Oberflächenwasser vertikal ablaufen zu lassen. Gegenüber den aus dem Stand der Technik vorbekannten Linienentwässerungssystemen mit Schlitzablauf sehe das Klagepatent das Abstützen des längslaufenden Kanals auf Vorsprüngen als Verbesserung an.
20Bei den Rinnenabschnitten handele es sich um Funktionselemente, die nach oben hin über einen längslaufenden Schlitz das Oberflächenwasser effizient im Sinne eines Linienentwässerungssystems aufnähmen und nach unten hin die Abstände zwischen den Vorsprüngen überbrückten und hierüber die im Wesentlichen vertikale Ableitung des Wassers in die Vorsprünge und den Rohrabschnitt gewährleisteten. Das Klagepatent verwende die Begriffe „Rinne“ und „Schlitzablauf“ synonym.
21An keiner Stelle des Klagepatents sei die horizontale Ableitung des Oberflächenwassers über mehrere Vorsprünge hinweg als Funktion der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte angedeutet oder erwähnt. Aus den beschriebenen bevorzugten Ausführungsformen folge, dass ein klagepatentgemäßer längslaufender Kanal nicht durchgängig sein müsse, sondern auch unterbrochen sein könne und Hindernisse enthalten könne. Eine horizontale Wasserführung finde an keiner Stelle statt, weil das einfließende Wasser zwangsläufig bedingt durch die Schwerkraft entweder in den linken oder den rechten Vorsprung und damit im Wesentlichen vertikal abgeleitet fließe. Die Zwischenbogenabschnitte wiesen in der Mitte zwischen zwei Vorsprüngen einen Scheitelpunkt auf. Bedingt durch die Schwerkraft werde das einfließende Wasser zwangsläufig entweder in den linken oder in den rechten Vorsprung und damit im Wesentlichen vertikal abgeleitet. Auch bei „gedachten“ Scheitelpunkten gebe es keinen horizontalen Wasserfluss auf einem Kanalbett, sondern der Wasserfluss erfolge vielmehr wie in einem Trichter. Dies gelte erst recht bei den bevorzugten Ausführungsformen, bei denen zwischen benachbarten Rinnenabschnitten Lücken vorhanden seien.
22Der „continuous longitudinal slot“/durchgehend längliche Schlitz sei auch bei Unterbrechungen gegeben. „Continuous“ im Sinne des Klagepatents heiße nicht „ohne jegliche Unterbrechung“, sondern „im Wesentlichen durchgehend“. Die Zwischenbogenabschnitte hätten die Funktion, die Abstände zwischen den Vorsprüngen zu überbrücken, und das Wasser in das Innere der Vorsprünge zu leiten. Unterbrechungen zeigten auch bevorzugte Ausführungsbeispiele des Klagepatents.
23Die Zwischenbogenabschnitte müssten keine runde geometrische Ausgestaltung aufweisen, es genüge insoweit auch eine dreiecksförmige Bogenform.
24Die angegriffenen Ausführungsformen machten unmittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Die Beklagte preise die angegriffene Ausführungsform als Linienentwässerungssystem an (Anlagen K 14, K 15). Die angegriffenen Ausführungsform I weise Vorsprünge auf, die sich ab einer gewissen Höhe nach oben hin dreiecksförmig so weit öffneten, dass sie sich beinahe berührten und so zur entwässernden Oberfläche hin ein praktisch durchgehender Schlitzablauf geschaffen werde. Die Rinnenabschnitte definierten nach oben hin einen länglichen Schlitz, so bezeichne die Beklagte ihre Rinnen selbst als „Schlitzrinnen“. Insbesondere werde die Basis der dreiecksförmigen Erweiterungen auch teilweise durch Öffnungen in die hohlen Vorsprünge definiert. Lücken zwischen den benachbarten Vorsprüngen seien irrelevant, da die Zwischenbogenabschnitte die Abstände zwischen den Vorsprüngen nur mindestens im Wesentlichen überbrücken müssten.
25Entsprechendes gelte auch für die angegriffene Ausführungsform II. Selbst nach der Auslegung der Beklagten würde das Merkmal „Kanal“ verwirklicht, da ein Übertritt aus dem Bereich des Einlaufstutzens in den anderen jedenfalls möglich sei.
26Jedenfalls machten die angegriffenen Ausführungsformen mit äquivalenten Mitteln von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Die „sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen“ bzw. „sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen“ stellten die Austauschmittel für die „sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte“ dar. Ferner werde die Definition eines durchgehenden länglichen Schlitzes dadurch ausgetauscht, dass die genannten Einlauföffnungen über die im Wesentlichen gesamte Länge des Rohrabschnitts verlaufen.
27Die Klägerin beantragt,
28I.
29die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
301.
31Entwässerungsrinnenabschnitte, umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren, und eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten, wobei die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten mit den Vorsprüngen kommuniziert, um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz zu definieren, der in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt, und wobei die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte durch Öffnungen in die hohlen Vorsprüngen definiert sind,
32in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
33wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten von den Vorsprüngen gestützt wird und die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
34(Anspruch 3 EP R )
35und/oder
362.
37Rinnenentwässerungsysteme, umfassend Entwässerungsrinnenabschnitte, diese umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren, und eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten, wobei die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten mit den Vorsprüngen kommuniziert, um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz zu definieren, der in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt, und wobei die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte durch Öffnungen in die hohlen Vorsprüngen definiert sind,
38in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
39wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten von den Vorsprüngen gestützt wird und die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
40(Anspruch 15 EP R , rückbezogen auf Anspruch 3)
41hilfsweise
42Ia.
43die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
441.
45Entwässerungsrinnenabschnitte, umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren, und
46eine Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen,
47wobei diese mit den Vorsprüngen kommuniziert,
48um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist über die im Wesentlichen gesamte Länge des Rohrabschnitts zu verlaufen und die in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt
49und wobei die Basen der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen durch Öffnungen in die hohlen Vorsprünge definiert sind,
50in die Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
51wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen von den Vorsprüngen gestützt werden
52und die Basen der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen
53weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücke zwischen den benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
54(EP R , Anspruch 3 äquivalent im Hinblick auf „sich längs erstreckende Rinnenabschnitte (24)“ und „durchgehender länglicher Schlitz (26))“
55und/oder
562.
57Rinnenentwässerungsysteme, umfassend Entwässerungsrinnenabschnitte,
58diese umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren,
59und eine Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen,
60wobei diese mit den Vorsprüngen kommuniziert,
61um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist über die im Wesentlichen gesamte Länge des Rohrabschnitts zu verlaufen und die in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt
62und wobei die Basen der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen durch Öffnungen in die hohlen Vorsprüngen definiert sind,
63in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
64wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen von den Vorsprüngen gestützt werden
65und die Basen der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten Einlauföffnungen
66weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücke zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
67(EP R , Anspruch 15 äquivalent im Hinblick auf „sich längs erstreckende Rinnenabschnitte (24)“ und „durchgehender länglicher Schlitz (26))
68Äußerst hilfsweise
69Ib.
70die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
711.
72Entwässerungsrinnenabschnitte, umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren, und
73eine Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen,
74wobei diese mit den Vorsprüngen kommuniziert,
75um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist über die im Wesentlichen gesamte Länge des Rohrabschnitts zu verlaufen und die in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt
76und wobei die Basen der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen durch Öffnungen in die hohlen Vorsprünge definiert sind,
77in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
78wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen von den Vorsprüngen gestützt werden
79und die Basen der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen
80weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücke zwischen den benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
81(EP R , Anspruch 3 äquivalent im Hinblick auf „sich längs erstreckende Rinnenabschnitte (24)“ und „durchgehender länglicher Schlitz (26)“)
82und/oder
832.
84Rinnenentwässerungsysteme, umfassend Entwässerungsrinnenabschnitte,
85diese umfassend einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt, eine Vielzahl von längs beabstandeten hohlen Vorsprüngen, die mit dem Rohrabschnitt kommunizieren,
86und eine Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen,
87wobei diese mit den Vorsprüngen kommuniziert,
88um, wenn sie in einer Fläche, die entwässert werden soll, installiert ist über die im Wesentlichen gesamte Länge des Rohrabschnitts zu verlaufen und die in einer Fläche, die entwässert werden soll, liegt
89und wobei die Basen der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen durch Öffnungen in die hohlen Vorsprüngen definiert sind,
90in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
91wenn die Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen von den Vorsprüngen gestützt werden
92und die Basen der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beabstandeten und separierten, als Einlaufstutzen ausgebildeten, Einlauföffnungen
93weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücke zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
94(EP R , Anspruch 15 äquivalent im Hinblick auf „sich längs erstreckende Rinnenabschnitte (24)“ und „durchgehender länglicher Schlitz (26)“)
95II.
96die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I bezeichneten Handlungen seit dem 11. Januar 2012 begangen hat, und zwar unter Angabe:
97- 98
1. der Herstellungsmengen und –zeiten;
- 99
2. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, sowie der bezahlten Preise;
- 100
3. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren;
- 101
4. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
- 102
5. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
- 103
6. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei
105die Angaben zu Ziffer 6 nur für seit dem 11. Februar 2012 begangene Handlunge zu machen sind,
106es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer oder Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist; und
107die Beklagte zum Nachweis der Angaben zu Ziffern 2 und 3 die entsprechenden Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine in Kopie vorzulegen hat, bei denen geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der rechnungslegungspflichten Daten geschwärzt werden dürfen.
108III.
109Die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz, oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
110IV.
111Die Beklagte zu verurteilen, die unter Ziffer I bezeichneten seit dem 11.Januar 2012 in der Bundesrepublik in Verkehr gebrachten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, die keine gewerblichen Endabnehmer sind und denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des EP R erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Vorrichtungen eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.
112V.
113Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
114- 115
1. für die unter Ziffer I bezeichneten, in der Zeit vom 11. Januar 2012 bis zum 10. Februar 2012 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu bezahlen;
- 116
2. allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I bezeichneten, ab dem 11. Februar 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagte beantragt zuletzt,
118die Klage abzuweisen
119sowie hilfsweise
120es der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung durch die Beklagte ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.
121Die Beklagte ist der Ansicht, beide angegriffene Ausführungsformen wiesen keine sich längs erstreckenden Kanalabschnitte auf, die mit hohlen Vorsprüngen kommunizierten. Ferner werde kein durchgehender länglicher Schlitz definiert, der in der zu entwässernden Fläche liege und von einer Vielzahl von sich längs erstreckenden Kanalabschnitten gebildet werde. Es existierten ebenfalls keine Basen, die durch Öffnungen in die hohlen Vorsprünge definiert seien. Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen weiter keine Kanalabschnitte auf, die sich auf den Vorsprüngen abstützten. Sie wiesen keine Kanalabschnitte auf mit Basen, die weiter durch Zwischenbogenabschnitte definiert seien, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken.
122Aus dem Anspruch des Klagepatents ergebe sich, dass die Kanalabschnitte mehrere Funktionen erfüllten: Sie definierten einen Schlitz, der das Oberflächenwasser aufnehme, und bildeten eine Basis, um die Lücken zwischen den hohlen Vorsprüngen zu überbrücken. Die Überbrückung der Abstände zwischen den hohlen Vorsprüngen habe allein die Funktion, das in den Schlitz eintretende Wasser zu den hohlen Vorsprüngen zu leiten. Dabei handele es sich um die klassische Funktion eines Kanals, der ein Kanalbett bzw. eine Kanalsohle und Kanalwände aufweise. Das Kanalbett stelle die Basis, die durch die Bogenabschnitte gebildet werde, dar. Die Bogenabschnitte bewirkten einen Wasserfluss in die voneinander beabstandet angeordneten hohlen Vorsprünge. Zwingend müsse das im Kanal aufgenommene Oberflächenwasser, um abfließen zu können, den hohlen Vorsprüngen zunächst in horizontaler Richtung zugeführt werden, um dann durch die hohlen Vorsprünge in den Spalt zum vertikalen Abfluss zugeleitet zu werden. Dort wo sich keine hohlen Vorsprünge befänden, müsse das Wasser durch den Kanal zu den hohlen Vorsprüngen transportiert werden. Das Wasser fließe in jenen Segmenten, da die Bogenabschnitte die Basis des Kanals bildeten, horizontal. Das Wasser fließe in den Segmenten der Bogenabschnitte horizontal, wenn auch mit Gefälle, sonst fließe es nicht.
123Unterbrechungen des durchgehenden Schlitzablaufs sehe auch das Klagepatent in der Endposition nicht vor, wenn Zwischenräume, die dazu dienten, die Bewehrungsmatte hindurchgleiten zu lassen, genannt würden. Dies betreffe nur die Montage, sie würden aber entweder durch einen Schutzstab geschlossen oder so schmal seien, dass sie sich selbst wieder verschlössen.
124Das Oberflächenwasser könne sich aufgrund des Kanals zwischen mehreren Einlauföffnungen der beabstandeten hohlen Vorsprünge verteilen.
125Die Begrifflichkeit des Kanals im Sinne des Klagepatents stimme überein mit der im Stand der Technik üblichen Verwendung der Bezeichnung „Kanal“. In Abgrenzung zu einem Kanal seien im Stand der Technik Begriffe wie „throat“ und „slot drain“ verwendet worden. Darunter würde der Fachmann ein konstruktives Bauteil verstehen, welches das Wasser von der Oberfläche vertikal nach unten in den Rohrabschnitt führe.
126Da die Basis des Kanals aus den Öffnungen in hohlen Vorsprüngen gebildet werde und zum anderen durch die dazwischenliegenden Bogenabschnitte, liege die Funktion des Kanals darin, das Wasser in die hohlen Vorsprünge zu leiten. Dort wo die Basis des Kanals effektiv durch Öffnungen in den hohlen Vorsprüngen definiert sei, fließe das Wasser ausschließlich vertikal, von der Oberfläche in den Spalt, in den hohlen Vorsprung und in das Rohrleitungsteil. Dort wo sich keine hohlen Vorsprünge befänden, müsse das Wasser durch den Kanal transportiert werden. Der Kanal leite dort das Wasser horizontal, wo die Basis des Kanals durch die dazwischenliegenden Bogenabschnitte definiert sei.
127Beide angegriffenen Ausführungsformen wiesen keinen längslaufenden Entwässerungsabschnitt auf. Die in Anlagen K 9 und K 10 beispielhaft gezeigte angegriffene Ausführungsform I zeige lediglich eine oberseitige Abdeckung, die nicht beansprucht sei. Im Übrigen habe die Rinnenabdeckung keine Basis und bilde keine längslaufenden Kanal. Bei der Abdeckung handele es sich um ein nach unten offenes Bauteil, hingegen nicht um einen Kanal mit Kanalbett und Kanalisierungsfunktion. Die hohlen Vorsprünge seien deutlich voneinander beabstandet. Die Lücken zwischen den benachbarten Vorsprüngen würden nicht überbrückt. Ein Kanal ohne Kanalbett sei ein Schlitz. Ein Kanal, der mit den Vorsprüngen in Verbindung stehe, sei bei der angegriffenen Ausführungsform I nicht vorhanden, sondern stattdessen nur voneinander beabstandete Einlauföffnungen. Es werde kein Schlitz definiert, der in einer zu entwässernden Fläche liege. Es handele sich vielmehr um eine Reihe hintereinander angeordneter, voneinander beabstandeter und separierter Einlauföffnungen der Einlauftrichter der angegriffenen Ausführungsform.
128Die angegriffene Ausführungsform I benötige auch keinen Kanal, da ihre trichterförmige Ausgestaltung nach unten dazu führe, dass das Oberflächenwasser sofort in vertikaler Richtung abströme. Eine Querleitung des Wassers sei technisch unmöglich. In den Abstand zwischen den Einlauftrichtern einströmendes Wasser werde nicht abgeführt, sondern überströme die Rinne. Ein horizontales Fließen des Wassers zu hohlen Vorsprüngen finde nicht statt. Ein praktisch durchgehender Schlitzablauf stelle keinen durchgehenden Kanal dar.
129Sofern die angegriffene Ausführungsform unterhalb der zu entwässernden Oberfläche verlegt werde, definiere sie jedenfalls keinen durchgehenden länglichen Schlitz, der in Benutzung der zu entwässernden Fläche liege. Denn der Schlitz würde in Benutzung mindestens 3-5 mm unterhalb der zu entwässernden Fläche liegen, also nicht in der zu entwässernden Fläche.
130Sofern bei der angegriffene Ausführungsform I der unterhalb der zu entwässernden Oberfläche verlaufende Spalt das Äquivalent zu der Vielzahl der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte des Patentgegenstandes sein solle, handele es sich dabei um etwas, dass sich gegenständlich außerhalb der angegriffenen Ausführungsform I befinde. Darüber hinaus würde dieser „Kanal“ höchstens einen Hohlraum darstellen, der nicht durch Vorsprünge gestützt werden könne. Die Lücken zwischen den benachbarten Vorsprüngen seien bei der angegriffene Ausführungsform I nicht bogenförmig, sondern dreiecksförmig, es fehle demnach an einer Entsprechung für die Zwischenbogenabschnitte. Zwischen den Vorsprüngen auftreffendes Wasser werde nicht in die hohlen Vorsprünge geleitet. Die Zwischenräume seien vollständig mit Ortbeton vergossen, so dass dieses Wasser unter keinen Umständen in den darunter liegenden Rohrabschnitt gelangen könne (Seite 34 der Anlage K 12).
131Auch bei der angegriffenen Ausführungsform II seien die Einlaufstutzen voneinander beabstandet und stellten lediglich hintereinander geschaltete, voneinander separierte Einläufe dar, ohne dass ein Kanal im Sinne des Streitpatents verwirklicht wäre. Auch der aus gusstechnischen Gründen angeformte Einlaufstutzen bilde kein Kanalbett aus, da zwischen den Stufen das Oberflächenwasser wie bei den Einlauföffnungen direkt nach unten abgeführt werde. Es werde kein Übertritt von einem Einlaufstutzen in den anderen angestrebt, da die Oberkante der Einlauföffnung angeformt sei, so dass eine Wasserführung in Längsrichtung das darunter liegenden Rohrleitungsteils auch deshalb kaum möglich sei. Es seien auch hier keine bogenförmigen Zwischenabschnitte vorhanden und es finde keine Wasserableitung statt (Anlage B 18).
132Die angegriffenen Ausführungsformen bedürften der vom Klagepatent beabsichtigten Fixierung des Kanals durch die Vorsprünge nicht, da ein solcher längslaufender Kanal nicht existiere. Das Klagepatent setzte durch die beabsichtigte Weiterbildung der Linienentwässerung auf ein anderes Ableitungsprinzip. Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichten demgegenüber das Prinzip einer erweiterten Punktentwässerung.
133Ferner betreffe der Rückrufanspruch nur die Vertriebswege, nicht aber die Verletzungsgegenstände, die sich bereits bei den Endabnehmern verbaut befänden. Jedenfalls sei diesbezüglich der Rückrufanspruch unverhältnismäßig.
134Der Streitwert sei zu niedrig. In diesem Zusammenhang behauptet die Beklagte, die Klägerin erwirtschafte Umsätze von mehr als 2 Mio. Euro für das Jahr 2013. Jedenfalls sei ihrer Ansicht nach eine entsprechende Sicherheitsleistung von jeweils 2 Mio. Euro für die Unterlassungsvollstreckung, den Rückruf und die Vernichtung anzusetzen. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzung von § 712 ZPO vor.
135Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 und vom 31.07.2014 Bezug genommen. Die Akten zum Verfahren 4b O 111/12 und 4b O 191/11 hat die Kammer beigezogen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
136Entscheidungsgründe
137Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
138Im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform II stehen der Klägerin gegen die Beklagte die Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rückruf, Vernichtung, Feststellung der Herausgabe der Bereicherung sowie der Schadensersatzpflicht gem. Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140a, 140b PatG, §§ 242, 259, 812 Abs. 1 S.1, 2. Alt BGB. Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform I war die Klage mangels wortsinngemäßer und äquivalenter Verletzung abzuweisen.
139I.
140Das Klagepatent betrifft Rinnenentwässerungssysteme und insbesondere Kanäle mit hoher Kapazität, die typischerweise als Breitrinnen-Entwässerungssysteme bezeichnet werden.
141Das Klagepatent führt einleitend aus, dass zur Oberflächenentwässerung großer Flächen wie etwa von Absatzzentren, Parkplätzen und Flughäfen robuste Abflusskanäle mit hoher hydraulischer Kapazität erforderlich sind.
142Aus dem Stand der Technik nennt das Klagepatent das in der GB-C beschrieben Entwässerungssystem. Dieses sieht ein offenes Rinnenelement aus glasfaserverstärktem Beton vor, das in einer Betonverfüllung, die die Rinne im Gebrauch umgibt, mittels eines Rahmens von Bewehrungsstäben verankert ist. Das Kanalelement wird mit einem separaten Deckel verwendet. Die Schriften GB-D und GB-E zeigen die Ausgestaltung des Deckels mit einer Reihe von Vorsprüngen, die in Schlitzen enden, die sich quer zu der Richtung des Kanals in der Oberfläche erstrecken. Das Wasser tritt durch die Querschlitze ein. Das Klagepatent kritisiert hieran, dass der hydraulische Wirkungsgrad nicht hoch sei, und bei Stürmen das Wasser über die Schlitze hinweg getragen werde. Ferner – so das Klagepatent weiter – treten eine Reihe technischer Probleme bei der Installation solcher Systeme auf, wie das Erfordernis der Ausfluchtung der Deckel auf den Kanälen. Die GB-D will dem durch Bilden des Deckels und des Kanals in einer einzigen Einheit begegnen. Das Klagepatent kritisiert daran, dass die Schrift nicht angibt, wie eine solche einzige Einheit erhalten werden könne.
143Weitere Anforderungen an das Entwässerungssystem ergeben sich laut dem Klagepatent daraus, dass diese Bauart von Abflussrinne in Gebieten dienen soll, in denen eine schwere Flächenauflast durch Fahrzeuge vorliegt. Deshalb muss eine Bewehrung der Betonplatte vorgesehen sein, welche den Deckel bedeckt. Das von F vorgeschlagene System sieht hierfür ein speziell ausgebildetes vom Hersteller geliefertes Bewehrungsstabnetzwerk vor. Diese Lösung kritisiert das Klagepatent als relativ teuer.
144Eine alternative Lösung eines Drainagesystems sei – so das Klagepatent – aus der Schrift GB-G vorbekannt. Dabei geht von einem Rohr eine Reihe von Röhren aufwärts zu einer Stelle oberhalb des Oberflächenniveaus nach oben, wobei die Röhren sich für den Entwässerungsdurchfluss in das Rohr öffnen. Ein handelsübliches System dieser allgemeinen Bauart von Marshalls Mono Ltd. sieht einen Entwässerungsrinnenabschnitt vor, der einen sich längsseits erstreckenden Rohrabschnitt und eine Vielzahl von längsseits beabstandeten mit dem Rohrabschnitt kommunizierenden hohlen Vorsprünge aufweist. Das Klagepatent sieht es als nachteilig an, dass dies diskrete Wassereintrittsstellen und einen begrenzten hydraulischen Wirkungsgrad ergibt. Allerdings haben die kleinen vorspringenden Röhren relativ geringen Einfluss auf die erforderliche Plattenbewehrung.
145Das Klagepatent führt weiter aus, dass es im Stand der Technik bekannt sei, dass die Leitungsentwässerung wirkungsvoller sei als die Punktentwässerungsanordnungen. Eine Lösung schlägt die US-H vor, die einen Plastikrinnenabschnitt zeigt, der einen schmalen querschnittsverringerten Ablauf aufweist. Dort sind Vorsprünge vorgesehen, um den Kanalabschnitt in dem Material festzulegen, in das er eingebettet ist. Stützstäbe und Bewehrungsstäbe können ebenfalls an dem Abschnitt befestigt sein. Ein ähnliches System ist in der GB-I beschrieben. Hier wird ein Schlitzablauf bereitgestellt, der einen polygonalen Rinnenbereich und einen querschnittsverringerten Bereich aufweist, wobei letzterer aus zwei Wänden besteht, die sich von dem Rinnenbereich nach oben erstrecken, um einen Schlitzablauf zu bilden. Das Klagepatent sieht den verbesserten hydraulischen Wirkungsgrad relativ zu den Punktentwässerungssystemen als vorteilhaft an. Es kritisiert allerdings, dass die Betonplatten an jeder Seite des Schlitzes über den Rinnenabschnitt hinausragen. Dies führe dem Klagepatent zur Folge zu einer erheblichen Gefahr von Belastungsschäden.
146Abschließend nennt das Klagepatent – ohne hieran Kritik zu üben – das Drainagesystem der AU-B-733 361 mit einer Oberflächenrinne, die über eine Reihe von Fallrohren mit einer Rohrleitung in Fluidverbindung ist.
147Das Klagepatent formuliert explizit keine (subjektive) Aufgabe. Die objektive Aufgabe des Klagepatents liegt darin, die Nachteile des Standes der Technik zu vermeiden, indem es ein Kanalentwässerungssystem bereitstellt, das eine höhere hydraulische Kapazität und Effizienz aufweist und gleichzeitig eine kontinuierliche Bewehrung gewährleistet (Absatz [0014] des Klagepatents).
148Hierzu schlägt das Klagepatent einen Drainagekanal-Abschnitt nach Anspruch 3 mit folgenden Merkmalen vor:
149- 150
1. Ein Entwässerungsrinnenabschnitt (2)
- 151
2. Der Entwässerungsrinnenabschnitt umfasst einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt (6).
- 152
3. Der Entwässerungsrinnenabschnitt umfasst eine Vielzahl von hohlen Vorsprüngen (22),
3.1. Die hohlen Vorsprünge sind längs beabstandet.
1543.2. Die hohlen Vorsprünge kommunizieren mit dem Rohrabschnitt (6).
155- 156
4. Der Entwässerungsrinnenabschnitt umfasst eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24).
4.1. Der Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) kommuniziert mit den Vorsprüngen (22).
1584.2. Die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) definiert, wenn sie in einer zu entwässernden Fläche installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz (26), der in der zu entwässernden Fläche liegt.
1594.3. Die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte (24) sind durch Öffnungen in den hohlen Vorsprüngen (22) definiert.
160- 161
5. Die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) wird von den Vorsprüngen (22) getragen.
- 162
6. Die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte sind weiter durch Zwischenbogenabschnitte (38) definiert, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen (22) überbrücken.
Der abhängige Anspruch 15 des Klagepatents schlägt ein Rinnenentwässerungssystem mit folgenden Merkmalen vor:
164- 165
0. Rinnenentwässerungssystem, das umfasst
- 166
1. Einen Entwässerungsrinnenabschnitt (2)
- 167
2. Der Entwässerungsrinnenabschnitt umfasst einen sich längs erstreckenden Rohrabschnitt (6).
- 168
3. Der Entwässerungsrinnenabschnitt umfasst eine Vielzahl von hohlen Vorsprüngen (22).
3.1. Die hohlen Vorsprünge sind längs beabstandet.
1703.2. Die hohlen Vorsprünge kommunizieren mit dem Rohrabschnitt (6).
171- 172
4. Der Entwässerungskanalabschnitt umfasst eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24).
4.1. Der Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) kommuniziert mit den Vorsprüngen (22).
1744.2. Die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) definiert, wenn sie in einer zu entwässernden Fläche installiert ist, einen durchgehenden länglichen Schlitz, der in der zu entwässernden Fläche liegt.
1754.3. Die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte (24) sind durch Öffnungen in den hohlen Vorsprüngen (22) definiert.
176- 177
5. Die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (24) wird von den Vorsprüngen (22) getragen.
- 178
6. Die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte weiter durch Zwischenbogenabschnitte (38) definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen (22) überbrücken.
II.
180Die angegriffene Ausführungsform II macht wortsinngemäß von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform I verletzt das Klagepatent hingegen weder dem Wortsinn nach, noch macht sie vom der technischen Lehre des Klagepatents mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.
181Zwischen den Parteien steht in Streit, ob die angegriffenen Ausführungsformen eine Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten sowie Zwischenbogenabschnitten im Sinne des Klagepatents aufweisen. Diese Fragen betreffen die Merkmalsgruppe 4 (Merkmale 4, 4.1, 4.2, 4.3) sowie das Merkmal 5, die sich mit der Ausgestaltung der Rinnenabschnitte befassen und Merkmal 6, das die Zwischenbogenabschnitte behandelt. Die anderen Merkmale sind zu recht zwischen den Parteien unstreitig, so dass sich Ausführungen der Kammer hierzu erübrigen.
1821)
183Die angegriffene Ausführungsform II verletzt Merkmalsgruppe 4 wortsinngemäß. Die angegriffene Ausführungsform I macht weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln von dieser Merkmalsgruppe Gebrauch, da das Merkmal 4.2 nicht verwirklicht wird.
184a)
185Bei dem Fachmann, dessen Verständnis für die Auslegung zugrunde zu legen ist, handelt es sich um ein Team aus Bauingenieuren und Architekten mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung. Sofern die Beklagte die Übersetzung des Begriffes „channel section“ in den streitigen Merkmalen moniert, ist es für das Verständnis des Fachmanns ohne Belang, ob die „longitudinally extending channel sections“ mit „Rinnenabschnitten“ oder „Kanalabschnitten“ übersetzt werden. Sofern bei der Übersetzung des Klagepatents in Anspruch 3 zwei Mal versehentlich „channel sections (24)“ als „Rohrabschnitt (24)“ anstelle von „Rinnenabschnitt (24)“ übersetzt worden ist, handelt es sich hierbei um einen aus dem Gesamtzusammenhang offenkundigen Übersetzungsfehler, auf den es im Ergebnis nicht ankommt, weil die englische Fassung des Klagepatents für die Auslegung maßgeblich ist.
186Der Fachmann entnimmt dem Anspruchswortlaut, dass die sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte einen durchgehenden länglichen Schlitz definieren, der in der zu entwässernden Fläche liegt (Merkmal 4.2), und mit den hohlen Vorsprüngen kommunizieren (Merkmal 4.1). Anhand Merkmal 4.2 erkennt der Fachmann, dass die Vielzahl der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte einen durchgehenden länglichen Schlitz bilden („definieren“) soll. Zusätzlich nimmt der Fachmann auch Merkmal 6 in den Blick, nach dem die Basis der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte durch Zwischenbogenabschnitten definiert wird, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen den benachbarten Vorsprüngen überbrücken. Die Rinnenabschnitte und der durch sie definierte Schlitz liegen in der zu entwässernden Fläche (Merkmal 4.2). Bei dem Schlitz handelt es sich um ein durchgängig längliches Gebilde mit sich längs erstreckenden Seitenwänden. Daraus zieht der Fachmann den Schluss, dass der Schlitz eine Anordnung schafft, die den Verlauf einer Linie annimmt. Da der Schlitz in einer zu entwässernden Fläche liegt, weiß der Fachmann ebenfalls, dass der Schlitz zur Ableitung des Oberflächenwassers dient.
187Anhand der allgemeinen Beschreibung erkennt der Fachmann in diesem Zusammenhang, dass das Klagepatent die Begriffe der „Rinne“ und des „Schlitzablaufs“ synonym verwendet. So spricht es im Anspruch von einer Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten, wobei diese von den Vorsprüngen getragen wird. In Absatz [0013] heißt es hingegen, dass das Stützen eines Schlitzablaufs auf einer Reihe von Vorsprüngen ein geeignetes Mittel bildet, um eine Plattenbewehrung zu ermöglichen. Das Klagepatent versteht daher unter der Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten einen Schlitz, der auf einer Linie das Oberflächenwasser ableitet. In Absatz [0025] spricht das Klagepatent überdies von einer „Schlitzrinne“.
188Dieses Verständnis ergibt sich auch vor dem Hintergrund des zitierten Standes der Technik, dessen Nachteile das Klagepatent vermeiden will. Das Klagepatent kritisiert bei den Punktentwässerungsanordnungen, dass sie wegen ihrer begrenzten hydraulischen Effizienz wenig leistungsfähig sind. Demgegenüber hebt das Klagepatent bei den Linienentwässerungssystemen die gute hydraulische Effizienz hervor, die sie aufgrund ihrer Schlitzabläufe erreichen. Insbesondere wird die Art der Entwässerung gerade nicht kritisiert, sondern nur die Gefahr von Belastungsschäden. Diese möchte das Klagepatent ausweislich Absatz [0013] durch das Stützen des Schlitzablaufs auf einer Reihe von Vorsprüngen verbessern, da so eine Plattenbewehrung ermöglicht wird, die zwischen Vorsprüngen verläuft und sicherstellt, dass eine kontinuierliche Bewehrung gebildet wird.
189Indem die sich längserstreckenden Rinnenabschnitte/der längliche Schlitz mit den Vorsprüngen kommunizieren (Merkmal 4.1) wird das Oberflächenwasser in die Vorsprünge geleitet. Insofern kommt dem Schlitz die Funktion zu, das Oberflächenwasser aufzunehmen und nach unten im Wesentlichen vertikal in die Vorsprünge abzuleiten. Dem Klagepatent ist hingegen nicht zu entnehmen, dass der Schlitz zwingend das Oberflächenwasser auf einem Kanalbett den hohlen Vorsprüngen zunächst in horizontaler Richtung über die dazwischenliegenden Bogenabschnitte zuleiten müsse. Sowohl die Merkmalsgruppe 4 als auch der bereits mehrfach angesprochene Absatz [0027] lassen nicht erkennen, dass das Klagepatent ein horizontales Leiten des Wassers in Richtung der Vorsprünge fordert. Vielmehr fordert das Klagepatent nur einen definierten durchgehenden länglichen Schlitz, dessen Basis durch die Vorsprünge und Zwischenbogenabschnitte definiert wird. Bereits die Zwischenbogenabschnitte führen nicht zu einem horizontalen Fluss des Wassers, sondern sorgen dafür, dass das Oberflächenwasser auf steilem Wege in die Öffnung des hohlen Vorsprungs geführt wird. Die Funktion der hohlen Vorsprünge ist die Ableitung des Wassers aus den Rinnenabschnitten in den Rohrabschnitt, in dem sie mit diesem kommunizieren (Merkmale 3.2, 4.1). Die Beabstandung der hohlen Vorsprünge dient dazu, in der Fläche durchgängig Beton/Bewehrung einbringen zu können, so dass die Fläche höhere Lasten tragen kann. Während die hohlen Vorsprünge im Stand der Technik für eine Punktentwässerung stehen (vgl. Absatz [0007] des Klagepatents), gelangt das Klagepatent zur Linienentwässerung, indem die Abstände zwischen benachbarten Vorsprüngen durch die Zwischenbogenabschnitte im Wesentlichen überbrückt werden und so oberhalb der Vorsprünge sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte definiert werden, die in der Fläche einen durchgehenden länglichen Schlitz bilden. Neben der Ausbildung der Basis für die Rinnenabschnitte dienen die Zwischenbogenabschnitte dazu, die Abstände zwischen den Vorsprüngen zu überbrücken, so dass eine Linienentwässerung entsteht. Weder begrifflich noch funktional ist hierfür erforderlich, dass die Bogenabschnitte kreisförmig ausgebildet ist. Dem Wortlaut des Anspruchs und dessen Systematik sowie den Absätzen [0026], [0027] der Beschreibung entnimmt der Fachmann, dass der durchgehende längliche Schlitz kein eigenes, separates Bauteil darstellt. Er wird durch die hohlen Vorsprünge und die Zwischenbogenabschnitte, also aus verschiedenen anderen Bauteilen gebildet. Auch diese müssen keine gesonderten Bauteile darstellen. Die Rinne hat Seitenwände, die in die Seitenwände jedes Vorsprungs übergehen können und ihre Basis ist durch Öffnungen in die hohlen Vorsprünge und Zwischenbogenabschnitte, welche die Zwischenräume zwischen benachbarten Vorsprüngen überbrücken, effektiv definiert.
190Auch wenn das Klagepatent in Merkmal 4.2. einen durchgehenden Schlitz fordert, versteht der Fachmann unter dieser Vorgabe nicht zwingend, dass die Rinnenabschnitte zusammen einen Schlitz bilden sollen, der keine Unterbrechungen aufweisen soll. Die Klagepatentschrift weist an verschiedenen Stellen auf Ausführungsformen hin, die einen unterbrochenen Schlitz zeigen (vgl. Absätze [0015], [0038], [0039]). In Absatz [0015] unterscheidet das Klagepatent zwischen zwei Ausführungsformen, solchen mit Lücken bzw. Zwischenräumen zwischen benachbarten Abschnitten und solchen mit einer durchgehenden Rinne („where channel is continuous“). Unter der Rinne versteht der Fachmann den durch die Rinnenabschnitte definierte Schlitz. In den Absätzen [0038] ff. wird der Begriff des durchgehenden Schlitzes („continous slot“) hingegen auch für solche Ausführungsformen verwendet, bei denen zwischen den Rinnenabschnitten Zwischenräume vorhanden sind (Absatz [0039] des Klagepatents). Solche zeigen auch die Figuren 8 und 9 des Klagepatents. Vorgesehen sind Zwischenräume für Bewehrungsmatten. Das Klagepatent führt aber in diesem Zusammenhang aus, dass die Zwischenräume ein Hindurchgleiten der Bewehrungsmatte zulassen und gleichzeitig noch einen kontinuierlichen Schlitz in der zu entwässernden Oberfläche belassen. Dies kann das Anordnen eines Schutzstabs während der letzten Schüttung erfordern, damit kein Beton durch die Zwischenräume in die Rinne fließt. Das Klagepatent geht also auch dann, wenn Zwischenräume zwischen den Rinnenabschnitten vorhanden sind, nur dann von einem durchgehenden Schlitz aus, wenn letztlich in der Einbausituation ein Schlitz ohne Unterbrechung/Hindernis in Querrichtung geschaffen wird. So führt auch das EPA in seinen Entscheidungsgründen zum Einspruch – die als sachverständige Äußerung für die Auslegung des Klagepatents durch die Kammer zu berücksichtigen ist – aus, dass die Beschreibung an dieser Stelle deutlich macht, wie das Ausführungsbeispiel in Figur 8 und 9 ausgeführt werden kann, so dass es in den Bereich des mit Anspruch 1 beanspruchten Gegenstandes fällt. Diese geht konform mit dem Wortlaut des Merkmals 4.2, wenn es heißt, dass die Rinnenabschnitte, wenn sie in einer zu entwässernden Fläche installiert sind, einen durchgehenden Schlitz definieren. Auch wenn die konkrete Einbausituation nicht durch den Anspruch geschützt wird, muss die klagepatentgemäße Vorrichtung jedenfalls geeignet sein, mit seinen Rinnenabschnitten trotz vorhandener Zwischenräume in der Einbausituation einen durchgehenden Schlitz zu definieren. Dies setzt voraus, dass die Rinnenabschnitte jedenfalls an der Stirnseite offen sind, so dass Wasser von einem Rinnenabschnitt in den anderen gelangen kann. Nur so kommt der durchgehende Schlitz seiner Funktion zur Linienentwässerung nach. Er soll Wasser aus der Fläche über die gesamte Länge eines Entwässerungsabschnitts aufnehmen. Der hydraulische Effekt verringert sich, wenn der Schlitz Unterbrechungen aufweist und das Wasser nicht auf der vollen Länge ohne weiteres in den Schlitz abfließen kann. Bei einem anderen Verständnis könnte eine Abgrenzung zur Punktentwässerung kaum vorgenommen werden, da der Fachmann nicht bestimmen könnte, wann eine unterbrochene Rinne noch einen im Wesentlichen durchgehenden Schlitz aufweist. Schließlich führt auch die Ausführungsform in Figur 2 nicht zu einer anderen Auslegung. Die gezeigten Gussreste, die dort in der Rinne stehen sind, verhindern ebenfalls nicht die Bildung eines durchgehenden Schlitzes, weil der obere Grat der Gussreste nicht einmal die Oberkante des Schlitzes erreicht und im Übrigen eine Linienentwässerung nicht hindert, dass das Wasser links oder rechts vom Grat in den Schlitz herabläuft, aber nicht in Höhe des Schlitzes stehen bleibt.
191b)
192Die angegriffene Ausführungsform II verletzt die Merkmalgruppe 4. Aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Anlage K 32 und dem dort gezeigten Muster der angegriffenen Ausführungsform II ist ein Einlaufstutzen ersichtlich, der auf den Rohrabschnitt aufgesetzt wird. In Längsrichtung erstrecken sich nach schräg oben Seitenwände, die dann in die senkrechten Wandungen der von außen ersichtlichen Kastenform übergehen. Die aus zwei Halbschalen gebildete Form ist innen hohl und unten stirnseitig verschlossen. Die Längsseiten des Kastens sind höher gezogen als die Stirnseiten. Zwischen den Längsseiten befinden sich stirnseitig Gusstege, die jedoch niedriger verlaufen als die längsseitigen Wandungen. Dies ist auch aus der Draufsicht der auf Bl. 248 GA gezeigten Grafik und der Anlage K 32 ersichtlich. Die Stirnseiten der angegriffenen Ausführungsform II sind geschlossen. Bei den aus den Halbschalen gebildeten Einlaufstutzen handelt es sich um die Vielzahl von sich längs erstreckenden Rinnenabschnitten (Merkmal 4.). Diese kommunizieren mit der Vielzahl von hohlen Vorsprüngen (Merkmal 4.1). Dabei handelt es sich um die senkrechten Öffnungen im Rohrabschnitt, auf die die Einlaufstutzen aufgesetzt werden. Damit definieren die Öffnungen in den hohlen Vorsprüngen zugleich die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte (Merkmal 4.3). Die über die Stirnseiten des Kastens hinausgezogenen Längsseiten der Einlaufstutzen definieren den durchgehenden länglichen Schlitz im Sinne des Merkmal 4.2.. Sofern die Beklagten behaupten, das Wasser trete an den Zwischenräumen zwischen den Gusstegen nicht über, weil die Zwischenräume waagerecht ausgebildet seien, ist dies unbeachtlich. Es kommt lediglich darauf an, dass eine Linienentwässerung stattfindet, also Wasser entlang der gesamten Linie in den Schlitz eintreten und abfließen kann. Das ist hier der Fall, weil der Gussteg unterhalb der Oberkante des Schlitzes angeordnet ist und das Wasser von dort in die Kastenform abfließen kann.
193c)
194Die angegriffene Ausführungsform I verwirklicht das Merkmal 4.2 nicht wortsinngemäß. Denn sie weist keinen durchgehenden länglichen Schlitz auf, der durch die Vielzahl der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte definiert ist, wenn sie in einer zu entwässernden Fläche installiert sind. Anhand der Anlage K 26 (Ablichtung 4) und des in der mündlichen Verhandlungen präsentierten Musters eines Typs der angegriffenen Ausführungsform I konnte die Kammer feststellen, dass sich zwischen den Einlaufstutzen Zwischenräume befinden und die Stirnseiten der Einlaufstutzen verschlossen sind. Auch wenn die Beklagte die angegriffenen Ausführungsform als Linienentwässerungssystem und gerade nicht als Punktentwässerungssystem bewirbt, führt dies nicht in die wortsinngemäße Verletzung. Den vom Klagepatent angestrebten hydraulischen Effekt erreicht die angegriffenen Ausführungsform I mangels eines durchgehenden länglichen Schlitzes jedenfalls nicht.
195d)
196Die angegriffene Ausführungsform I verletzt die Merkmalsgruppe 4 auch nicht mit äquivalenten Mitteln.
197aa)
198Unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn des Klagepatentanspruchs abweichende Ausführungsform in dessen Schutzbereich fallen, wenn sie das der Erfindung zugrundeliegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst (Gleichwirkung) und seine Fachkenntnisse den Fachmann im Prioritätszeitpunkt befähigt haben, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen), wobei die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit) (vgl. BGH, GRUR 2002, 511 ff. – Kunststoffhohlprofil; GRUR 2002, 515 ff. – Schneidmesser I; GRUR 2002, 519 ff. – Schneidmesser II; GRUR 2002, 527 – Custodiol II; GRUR 2007, 410 ff. – Kettenradanordnung; GRUR 2007, 959 ff. – Pumpeinrichtung¸GRUR 2007, 1059 ff. – Zerfallzeitmessgerät; GRUR 2011, 313 ff. – Crimpwerkzeug IV; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2014, 185 ff. – WC-Sitzganitur; LG Düsseldorf, Urteil v. 03.04.2014, Az. 4b O 114/12).
199bb)
200Sofern die Beklagten zunächst bemängeln, die Klägerin habe sich nicht auf ein bestimmtes Austauschmittel festgelegt, so ist dem kein Erfolg beschieden. Die Klägerin hat für die Vielzahl sich längs erstreckender Rinnenabschnitte im Hilfsantrag I das Austauschmittel der Vielzahl von sich längs erstreckenden voneinander beanstandeten und separierten Einlauföffnungen genannt. Als Austauschmittel für die Definition eines durchgehenden länglichen Schlitzes hat die Klägerin ein Verlaufen über die im Wesentlichen gesamte Länge des Rohrabschnitts genannt.
201Es mangelt jedoch vorliegend an der Gleichwertigkeit der durch die Ausführungsform I gewählten Lösung. Das Klagepatent hat die Definition des durchgehenden länglichen Schlitzes ausdrücklich beansprucht, um den Linienentwässerungseffekt zu erreichen. Dieser soll über den gesamten Verlauf des Rohres durch die Rinnenabschnitte gewährleistet werden. Damit soll gegenüber dem Stand der Technik ein höherer hydraulischer Effekt gewährleistet werden. Neben der Verteilung der hohlen Vorsprünge und der Zwischenbogenabschnitte trägt dazu aber ebenfalls der „durchgehende“ längliche Schlitz bei. Denn nur durch eine durchgehende Wasserableitung wird die Linienentwässerung erreicht. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die separierten Einlauföffnungen, die über die im Wesentlichen gesamte Länge des Rohrabschnitts verlaufen, gerade vor dem Sinngehalt des Anspruchs unter Berücksichtigung aller Merkmale, eine ununterbrochene Linienentwässerung zu erreichen, eine gleichwertige Lösung zeigen. Denn durch Unterbrechungen wird der hydraulische Effekt gesenkt. Davon will sich die klagepatentgemäße Lehre aber gerade abgrenzen.
202Gleiches gilt für den Hilfsantrag II. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.
2032)
204Die angegriffene Ausführungsform II weist ebenfalls das Merkmal 5 auf.
205a)
206Merkmal 5 verlangt zusätzlich, dass der längslaufende Kanal durch die Vorsprünge gestützt wird. Nach der sachverständigen Äußerung des EPA (Anlagen K 24, K 25) sollen dabei die Vorsprünge die Funktion des „Gewicht tragens“ bzw. „in Position halten“ erfüllen. Dabei erfüllt das Merkmal eine Fixierung, die eine einfache Installation des Drainagekanal-Abschnitts in seiner Gesamtheit und in einem Schritt ermöglicht (Anlage K 20, Ziffer. 4.4, 4.5).
207Sofern sich die Beklagte unter Vorlage der Anlagen B 21, B 22 darauf beruft, es gäbe die Problematik des Lastabtrags, der von den hohlen Vorsprüngen gestützt werden müsse, nicht, erschließt sich nicht, worauf der Vortrag der Beklagten in diesem Punkt abzielt. Es ist zwischen den Parteien insoweit unstreitig, dass die hohlen Vorsprünge 22 nicht diejenige Last selbst oder alleine tragen, die durch die Fahrzeuge etc. beim Überfahren der Bewässerungseinrichtung aufgebracht wird.
208b)
209Da die angegriffene Ausführungsform II nach Auffassung der Kammer die klagepatentgemäßen Rinnenabschnitte aufweisen, erfüllen die Einlaufstutzen auch die stützende Funktion.
2103)
211Die angegriffene Ausführungsform II macht auch von Merkmal 6 wortsinngemäß Gebrauch.
212a)
213Merkmal 6 verlangt, dass die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte weiter durch die Zwischenbogenabschnitte (38) definiert sind, die mindestens im Wesentlichen die Lücken zwischen benachbarten Vorsprüngen (22) überbrücken.
214Die Zwischenbogenabschnitte müssen nach dem fachmännischen Verständnis nicht zwingend rund ausgestaltet sein. Auch wenn der Wortlaut von einem „Bogen“ in Zwischenbogenabschnitten spricht, versteht der Fachmann darunter nicht die geometrischen Vorgabe, diesen rund auszugestalten. Vielmehr ist ihm nach seinem allgemeinen fachmännischen Verständnis bekannt, dass die Bezeichnung eines Bogen im architektonischen Zusammenhang allgemein eine Konstruktion charakterisiert, die zum Überbrücken von Öffnungen in Mauerwerk gedacht ist. Darunter versteht der Fachmann aber beispielswiese auch Dreiecksbogen. Nur weil die bevorzugten Ausführungsformen in den Figuren der Klagepatentschrift Rundbögen zeigen, beschränkt dies nicht den weiten Schutzbereich des Klagepatentanspruchs. Der Anspruch macht hinsichtlich der Ausgestaltung des „Bogens“ der „Zwischenabschnitte“ keine konkreten geometrischen Vorgaben.
215b)
216Bei der angegriffenen Ausführungsform II ist kein Rundbogen ausgebildet, dennoch handelt es sich nach zutreffender Auslegung um Zwischenbogenabschnitte. Die Basen der sich längs erstreckenden Rinnenabschnitte werden durch die sich nach schräg oben erstreckenden Seitenwände gebildet, die dann in die senkrechten Wandungen der Kastenform übergehen.
2174)
218Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht ebenfalls Anspruch 15. Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Aus den obigen Gründen verwirklicht die angegriffene Ausführungsform I den rückbezogenen Anspruch 15 weder wortsinngemäß noch äquivalent.
219III.
220Aus der Verletzungshandlung ergeben sich für die angegriffene Ausführungsform II folgende Rechtsfolgen.
2211)
222Der Unterlassungsanspruch beruht auf §§ 139 Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt ist.
2232)
224Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus § 139 Abs. 2 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ folgt. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen könne, § 276 BGB. Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch die Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
2253)
226Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird den Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Die weitergehende Auskunftspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Für nicht gewerbliche Abnehmer und die Angebotsempfänger ist der Beklagten zu 1) ein Wirtschaftsprüfervorbehalt zu gewähren (OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger). Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Grundsätzlich wird kein Wirtschaftsprüfervorbehalt für die gewerblichen Abnehmer eingeräumt (BGH, GRUR 1995, 338 – Kleiderbügel). Es sind keine Anhaltspunkte für eine ausnahmsweise vorliegende Unverhältnismäßigkeit nach § 140b Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ ersichtlich. Solche hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen. Dem diesbezüglichen Hilfsantrag war daher nicht zu entsprechen.
2274)
228Der Bereicherungsanspruch der Klägerin folgt aus § 812 Abs. 1, S. 1 2. Alt BGB. Er rechtfertigt sich daraus, dass die Beklagte widerrechtlich in das Klagepatent und damit in eine Rechtsposition des Patentinhabers eingegriffen hat. Dies verpflichtet die Beklagte dazu, das durch den Eingriff ohne Rechtsgrund Erlangte bzw. den Wertersatz hierfür herauszugeben.
2295)
230Die Beklagte ist gemäß § 140a Abs. 3 S. 1, 1. Alt. PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ zum Rückruf in der aus dem Tenor ersichtlichen Weise verpflichtet. Der Anspruch richtet sich auf die Gegenstände, die sich in der nachgeordneten Vertriebskette befinden.
2316)
232Der Vernichtungsanspruch findet seine Grundlage in §§ 140a Abs. 1, S. 1 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ. Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der Vernichtung gem. § 140a Abs. 4 PatG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 EPÜ sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
233V.
234Die nicht nachgelassenen Schriftsätze vom 07.08.2014 und 28.08.2014 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung und fanden daher bei der Entscheidungsfindung keine Berücksichtigung, § 296a ZPO.
235VI.
236Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Klage war im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform I abzuweisen. Dies löst die tenorierte Kostenfolge aus.
237Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Anhaltspunkte, eine höhere Sicherheitsleistung festzusetzen, sieht die Kammer nicht. Auf Antrag waren Teilsicherheiten für die einzelnen titulierten Ansprüche festzusetzen, wobei berücksichtigt wurde, dass die Vollstreckung des Vernichtungs- oder Rückrufanspruchs faktisch zu einer Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs führt, so dass die Sicherheitsleistung für alle drei Ansprüche einheitlich festzusetzen war.
238Dem Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO war ebenfalls nicht zu entsprechen. Ein Vollstreckungsschutz kann allenfalls in Bezug auf das Unterlassungsgebot (und das Rückrufgebot/die Entfernung) in Betracht kommen, da ein Schadenersatz-feststellungsanspruch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat und im Rahmen der Auskunft und Rechnungslegung ein Wirtschaftsprüfervorbehalt eingeräumt wurde (OLG Düsseldorf, InstGE 8, 117 – Fahrbare Betonpumpe; OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe). Ausreichenden Schutz gegenüber der Vollstreckung aus der Kostengrundentscheidung bietet § 717 Abs. 3 S. 2 ZPO. Hinsichtlich des Unterlassungstitels (und der übrigen Ansprüche) gilt jedoch, dass im Rahmen der nach § 712 ZPO vorzunehmenden Interessenabwägung in der Regel von einem überwiegenden Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines zeitlich begrenzten Anspruchs auszugehen ist (OLG Düsseldorf, Urteil v. 10.07.2009 – I-2 U 23/08, BeckRS 2010, 21820; OLG Düsseldorf, InstGE 8, 117 – Fahrbare Betonpumpe; OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe). Grundsätzlich ist deshalb ein erweiterter Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO in Patentstreitigkeiten zu verweigern. Er kann nur unter besonderen Umständen gerechtfertigt sein, die im Einzelnen vorzutragen und gem. § 714 ZPO Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen sind. Dem Vorbringen muss insbesondere zu entnehmen sein, dass es sich bei den vorgebrachten Nachteilen um solche handelt, die über die üblichen Folgen eines Unterlassungs- und/oder Rückrufgebotes hinausgehen und nicht wieder gut zu machen sind.
239Der Vortrag der Beklagten dürfte auch hier nicht ausreichend sein. Es ist nicht ersichtlich warum eine Modifikation der angegriffenen Ausführungsform nicht kurzfristig möglich und insbesondere nicht zumutbar sein sollte. Auch ein etwaiger Imageschaden ist nicht ausreichend vorgetragen. Der bisherige Vortrag spiegelt nur die üblichen Folgen eines Unterlassungsgebots wieder. Ferner sind diesbezüglich keine Glaubhaftmachungsmittel vorgelegt.
240VII.
241Der Streitwert wird auf 750.000,00 EUR festgesetzt.
242(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8. Januar 2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 9. November 2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen haben die Klägerin zu einem Sechstel und der Beklagte zu fünf Sechstel zu tragen. Die Klägerin hat weiter je ein Sechstel der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Streithelfer des Beklagten zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
- 1
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 6.000,00 € und (nur in erster Instanz) materiellen Schadenersatz zu einem Betrag von 51,80 € nebst Prozesszinsen wegen einer am 15.12.2010 kurz nach 06:00 Uhr morgens erlittenen Verletzung aufgrund eines Glätteunfalls in räumlicher Nähe zum Eigenheim des Beklagten. Daneben hat sie Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 603,93 € geltend gemacht. Die in der Berufungsinstanz auf Seiten des Beklagten beigetretenen Streithelfer sind Eigentümer des Nachbargrundstücks zum Grundstück des Beklagten. Von einer weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
B.
- 2
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg.
- 3
Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadenersatz wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflichten als Hauseigentümer nach § 823 Abs. 1 BGB hat und dass dieser Anspruch nicht beschränkt ist im Hinblick auf ein Mitverschulden der Klägerin.
- 4
Bei der Bemessung eines hierfür angemessenen Schmerzensgeldes hat sich das Landgericht zum Teil auf fehlerhafte Erwägungen gestützt; der Senat hat stattdessen eine eigene Ermessensausübung vorgenommen.
- 5
I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Schmerzensgeld nach §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2, 253 BGB.
- 6
1. Für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit kommt es - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht darauf an, ob dem Beklagten eine Verletzung der allgemeinen Räum- und Streupflicht bei winterlicher Witterung nachzuweisen ist. Daher kann auch offen bleiben, ob und ggf. welchen Einfluss eine Bestimmung aus der kommunalen Satzung (hier: Gewährleistung der Begehbarkeit von öffentlichen Wegen und Straßen bei Schneefall und allgemeiner Glättebildung durch Anlieger wochentags ab 07:00 Uhr) auf den Inhalt der zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflichten eines Grundstückseigentümers hat.
- 7
2. Der Beklagte verletzte jedenfalls eine Verkehrssicherungspflicht, die ihm wegen einer besonderen, von ihm selbst geschaffenen Gefahrenlage oblag.
- 8
a) Der Beklagte war verpflichtet, Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass Benutzer des öffentlichen Gehwegs vor seinem Haus u.a. dadurch zu Fall kommen, dass sich vereinzelte zusätzliche Glättestellen bildeten. Denn er schuf eine besondere Gefahrenlage dadurch, dass er die Entwässerung des Dachs seines Eigenheims mittels eines Regenfallrohrs an der Straßenseite direkt über den öffentlichen Gehweg vornahm, so dass z. Bsp. bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunkts ein erhöhtes Risiko der Bildung einzelner Glättestellen auf diesem Gehweg bestand. Für die Begründung einer Verkehrssicherungspflicht wegen der Schaffung einer besonderen Gefahrenlage für den öffentlichen Verkehr ist es unerheblich, inwieweit eine derartige Entwässerung in der Straße in dem betreffenden Stadtviertel früher üblich gewesen sein mag oder gar auch heute noch weit verbreitet ist, wie der Beklagte behauptet hat; Maßstab ist allein die - im konkreten Fall zu bejahende - Erforderlichkeit und Zumutbarkeit. Denn jedermann, der in seinem Verantwortungsbereich eine zusätzliche Gefahrenlage gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, hat die allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und für ihn zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu verhindern (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 823 Rn. 46 m.N.).
- 9
b) Die vom Beklagten behaupteten Vorkehrungen, insbesondere das Streuen von Rollsplitt auf dem Gehweg vor dem Haus am Vorabend des Unfalls, die die Klägerin unter Hinweis auf die Auffindesituation am Unfallmorgen bestritten hat, waren, selbst wenn der Senat sie zugunsten des Beklagten als wahr unterstellt, nicht ausreichend, um die vorgenannte Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Wie der Unfall zeigt, war die ergriffene Maßnahme zumindest wirkungslos; der Rollsplitt war am Unfallmorgen nicht mehr vorhanden. Es spricht vieles dafür, dass es dem Beklagten zumutbar wäre, die Gefahrenlage ganz zu beseitigen - das wäre die am besten geeignete und wohl am einfachsten umzusetzende Maßnahme. Es ist nicht ersichtlich und wird vom Beklagten auch nicht geltend gemacht, dass es ihm unzumutbar sei, die Entwässerung des Dachs seines Eigenheims über das eigene Grundstück zu gewährleisten. Solange die Gefahrenlage jedoch andauerte, hätte der Beklagte im vorliegenden Fall zur Unfallzeit schon der Herausbildung einer besonderen Glättestelle entgegenwirken oder, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, zumindest einen deutlichen Warnhinweis bzw. eine zusätzliche Beleuchtung der Stelle zur Erzeugung besonderer Aufmerksamkeit anbringen müssen. Denn bei dem Gehweg handelte es sich um einen innerstädtischen Gehweg, der von Fußgängern zur Erreichung öffentlicher Verkehrsmittel genutzt wurde, wie das Beispiel der Klägerin zeigt. Der Berufsverkehr hatte in der Stadt z. Zt. des Unfalls bereits eingesetzt (ebenso für die allgemeine Räum- und Streupflicht OLG München, Beschluss v. 16.04.2012, 1 U 940/12 - zitiert nach juris).
- 10
3. Das vom Beklagten geschaffene zusätzliche Risiko realisierte sich im Unfall der Klägerin. An den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts zum Unfallort - auf dem Gehweg vor dem Haus des Beklagten in Höhe des Ausflusses des Regenfallrohres - und zur Unfallursache - eine vereinzelte Glättebildung - bestehen keine durchgreifenden Zweifel, so dass diese Feststellungen nach §§ 529, 531 ZPO auch der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen sind. Das Landgericht ist insoweit den detaillierten und glaubhaften Angaben der Klägerin gefolgt, die sich mit denjenigen Erklärungen decken, welche die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall gegenüber Dritten, u.a. auch der Ehefrau des Beklagten abgegeben hat. Danach rutschte die Klägerin vor dem Haus des Beklagten aus, stürzte zu Boden und verletzte sich so, dass sie unmittelbar nach dem Sturz gehunfähig war. Sie orientierte sich an der Sturzstelle, bemerkte dort eine besondere Eisglätte und sah in Höhe des Unfallorts das Regenfallrohr des Beklagten. Da sie nicht in der Lage war zu gehen, meldete sie sich an der Haustür des Beklagten (als nächst gelegene Hilfemöglichkeit). Angesichts dieser Gesamtumstände spricht gegen den Beklagten ein erster Anschein, dass die vereinzelte Glättestelle auf dem Gehweg in Höhe des Regenabflusses vom Haus des Beklagten, die den Sturz der Klägerin auslöste, auch in einem ursächlichen Zusammenhang mit der o.a. Pflichtverletzung des Beklagten stand.
- 11
4. Der Beklagte hat seine Verkehrssicherungspflichten auch schuldhaft verletzt. Allerdings geht der Senat, anders als das Landgericht, nicht von einem bedingten Vorsatz aus. Den Gesamtumständen ist zu entnehmen, dass der Beklagte und seine Ehefrau - ggf. leichtfertig - darauf vertraut haben, dass niemand zu Schaden kommen werde. Dem Beklagten hätte jedoch bei Beachtung der im Verkehr üblichen Sorgfalt bewusst sein können, dass er durch die Beibehaltung der Dachentwässerung über den öffentlichen Gehweg bei winterlichen Temperaturen eine besondere Gefahrenquelle für Fußgänger geschaffen hatte, deren Risiko insbesondere in der Verursachung von Stürzen und damit verbundenen Gesundheitsschäden bestand. Er hätte auch erkennen können, dass das Streuen des Gehwegs am Vorabend bei einem über Nacht einsetzenden Regen oder Schneefall nicht ausreichen könnte, um die besondere Gefahrenlage zu beseitigen.
- 12
II. Für ein Mitverschulden der Klägerin an der Herbeiführung des Unfalls bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte.
- 13
Zwar konnte die Klägerin, wie der Beklagte zutreffend angeführt hat, zu dieser frühen Uhrzeit nicht davon ausgehen, dass die von ihr benutzten Gehwege vollständig von dem über Nacht gefallenen Schnee beräumt waren. Hierauf hatte sie sich jedoch eingestellt. Nach den Feststellungen des Landgerichts trug sie ein den Witterungs- und Wegebedingungen angemessenes Schuhwerk. Der Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, dass der Klägerin ein Ausweichen auf einen bereits vollständig geräumten Gehweg möglich gewesen wäre.
- 14
Auf besondere Gefahrenquellen, wie hier eine vereinzelte, unstreitig vom über Nacht frisch gefallenen Schnee verborgene Glättestelle vor dem Haus des Beklagten, musste die Klägerin hingegen nicht ihr Verhalten einrichten. Eine positive Kenntnis der Klägerin von der besonderen Gefahrenstelle hat der Beklagte schon nicht schlüssig dargelegt und jedenfalls nicht unter Beweis gestellt. Hierfür genügt allein die Vermutung, dass die Klägerin den Gehweg schon häufiger auf ihrem Arbeitsweg benutzt habe, nicht. Soweit der Beklagte die Auffassung vertreten hat, dass es der Klägerin zumutbar gewesen sei, das Umfeld des öffentlichen Gehwegs nach potenziellen Gefahrenquellen abzusuchen, und dass sie dann das Regenfallrohr und die hieraus resultierende besondere Gefahr einer Glatteisbildung selbst habe erkennen können, übersteigt eine solche Anforderung das Maß der verkehrsüblichen Sorgfalt eines Fußgängers auf einem öffentlichen innerstädtischen Gehweg.
- 15
III. Der Senat erachtet unter Berücksichtigung aller Umstände hier ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 5.000,00 € für angemessen.
- 16
1. Im Rahmen der Schmerzensgeldbemessung sind die durch entsprechende ärztliche Atteste und Auskünfte belegten Gesundheitsbeschädigungen sowie Behandlungszeiten und Zeiten der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen. Die klinische und radiologische Untersuchung der Klägerin ergab eine Sprunggelenksluxationsfraktur links vom Typ Weber C, eine Innenknöchelfraktur links mit knöchernem Ausriss eines kleinen Fragments im Bereich des Schienbeins sowie eine Fraktur des hinteren Volkmanndreiecks. Infolge des Unfalls befand sich die Klägerin eine Woche (vom 15. bis 21.12.2010) in stationärer ärztlicher Behandlung; während dieser Zeit erfolgte eine operative Reposition unter Einbringung chirurgischen Befestigungsmaterials (Stellschrauben, Drittelrohrplatte, Zuggurtung). Die operative und postoperative Heilung verlief komplikationslos. Die Klägerin war ca. fünfeinhalb Monate (bis zum 30.05.2011) zu 100 % in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert. Danach erfolgte ein sukzessiver Belastungsaufbau; nach insgesamt ca. siebeneinhalb Monaten (ab dem 01.08.2011) nahm die Klägerin ihre Berufstätigkeit als Sachgebietsleiterin im Landesverwaltungsamt wieder auf. Am 29.11.2011 wurde das chirurgische Material in ambulanter Operation entfernt; dabei wurde festgestellt, dass die Frakturen knöchern bei regelgerechter Lage konsolidiert waren. Soweit die Klägerin erstmals im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet hat, dass sich von Anfang an eine Arthrose im linken Sprunggelenk herausgebildet habe, ist dieses neue, vom Beklagten mit Nichtwissen bestrittene Vorbringen mangels eines Grundes i.S. von § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen; Anhaltspunkte hierfür finden sich in den bisher überreichten ärztlichen Stellungnahmen und Berichten nicht.
- 17
2. Soweit das Landgericht als Schmerzensgeld erhöhende Erwägungen von einem bedingten Vorsatz des Beklagten sowie von einer sachlich ungerechtfertigten Verzögerung der Schadensregulierung ausgegangen ist, teilt der Senat diese Ansicht nicht. Der Beklagte war insbesondere auch berechtigt, den Unfallort und den Unfallhergang mit Nichtwissen zu bestreiten und sich gegen seine Inanspruchnahme zu verteidigen.
- 18
3. In Auswertung der veröffentlichten Rechtsprechung über die Höhe des Schmerzensgeldes bei Sprunggelenksverletzungen ergibt sich kein homogenes Bild; eine Reihe der belegten Entscheidungen sind zudem älter als zehn Jahre, so dass eine Anpassung an aktuelle Geldwertentwicklungen vorzunehmen ist. Der Großteil der publizierten Fälle (vgl. Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeld-Beträge 2013, 31. Aufl. 2013, S. 182 ff. Nr. 713, 715, 720, 721, 723 und 727; Slizyk, Beck'sche Schmerzensgeld-Tabelle 2013, 9. Aufl. 2013, S. 472 Nr. 2485, 2090 und 2070) weist ein Schmerzensgeld im Bereich von etwa 3.000 € bis 4.000 € aus. Zuerkannten Beträgen im Bereich ab 5.500 € liegen überwiegend stärkere Verletzungen bzw. bereits festgestellte, frühzeitig ausgebildete Arthrosen (vgl. Hacks, a.a.O. Nr. 740, 744, 745, 748, 750 und 752) oder festgestellte Dauerschäden (vgl. Slizyk, a.a.O., Nr. 3612 und 3150) zugrunde.
- 19
IV. Die Berufung des Beklagten ist begründet, soweit er mit ihr die Abweisung der Klage hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten weiter verfolgt. Der Beklagte hat in erster Instanz erheblich bestritten, dass die Klägerin bereits Zahlungen an ihren Prozessbevollmächtigten vorgenommen und dadurch einen Vermögensschaden erlitten hat. Hierauf hat die Klägerin nicht reagiert, insbesondere hat sie auch in der Berufungsinstanz weder ihren Vortrag ergänzt noch ihren Antrag auf Leistung durch Freistellung umgestellt.
C.
- 20
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 und 101 Abs. 1 ZPO. Die Streithelfer des Beklagten sind nicht als Streitgenossen der Hauptpartei anzusehen, so dass § 100 ZPO keine Anwendung findet.
- 21
Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.
- 22
Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 23.12.2013, Az. 5 O 72/13, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Tübingen sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird auf 4.002.000 EUR bis zum 20.12.2016 und ab dem 20.12.2016 auf 100.000 EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.