Oberlandesgericht Bamberg Beschluss, 08. Mai 2015 - 4 U 33/15

bei uns veröffentlicht am08.05.2015

Gründe

Oberlandesgericht Bamberg

Az.: 4 U 33/15

12 O 345/13 LG Hof

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: ...

gegen

1) ...

- Beklagter und Berufungsbeklagter

2) ...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: ...

wegen Schadensersatzes

erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 4. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 08.05.2015

folgenden Beschluss

I. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 23.01.2015, Az: 12 O 345/13, wird als unzulässig verworfen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des Wiedereinsetzungsverfahrens.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 63.158,55 Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Gegenstand des Rechtsstreits sind Gewährleistungsansprüche des Klägers nach Abschluss eines Kaufvertrags über ein Grundstück.

Das Landgericht Hof hat mit Urteil vom 23.01.2015 die Klage abgewiesen. Die Zustellung des Urteils an den Klägervertreter ist am 28.01.2015 erfolgt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am Montag, den 02.03.2015 um 15.38 Uhr einen zweiseitigen Berufungsschriftsatz vom selben Tag und als Anlage eine zehnseitige Abschrift des angefochtenen Urteils an das Oberlandesgericht Bamberg per Telefax versenden lassen. Übermittelt wurden - wie auch auf dem Faxprotokoll vermerkt - jedoch nur elf Seiten, nämlich die Seite 1 des Berufungsschriftsatzes sowie das zehnseitige Endurteil des Landgerichts Hof. Die zweite Seite des Berufungsschriftsatzes wurde nicht übermittelt. Das Telefax wurde im normalen Geschäftsgang am folgenden Morgen aus dem Faxgerät entnommen und dem Vorsitzenden des Senats vorgelegt.

Am 04.03.2015 ging der Schriftsatz vom 02.03.2015 im Original beim Oberlandesgericht Bamberg vollständig ein. Die zuvor nicht übermittelte Seite 2 des Schriftsatzes enthält die Bezeichnung des angefochtenen Urteils, die Erklärung der Berufungseinlegung und die Unterschrift des Rechtsanwalts.

Der Vorsitzende des Senats hat den Kläger mit Verfügung vom 03.03.2015 auf den unvollständigen Faxeingang und darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10.03.2015 hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist beantragt.

Zur Begründung des Antrags trägt der Kläger folgendes vor:

Die Fristenkontrolle sei in der Kanzlei so organisiert, dass jede Sekretärin die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Fristen überwache. Für den sachbearbeitenden Rechtsanwalt A. sei grundsätzlich die Fachangestellte B. zuständig. Diese lösche Fristen grundsätzlich immer erst dann, wenn der Ausgang der einschlägigen Schreiben durch Faxbericht bestätigt werden könne. Am 02.03.2015 sei die zuständige Fachangestellte im Urlaub gewesen. Rechtsanwalt A. habe daher die Fachangestellte D. beauftragt, den Berufungsschriftsatz an das Oberlandesgericht Bamberg per Telefax zu versenden. Er habe sie angewiesen, das Sendeprotokoll auszudrucken und darauf zu überprüfen, ob der Originalschriftsatz vollständig und ordnungsgemäß übermittelt worden sei. Sodann solle sie ihn über den Erfolg oder das Fehlschlagen der Übermittlung unterrichten. Es habe sich um einen zweiseitigen Schriftsatz sowie eine Abschrift des angefochtenen Urteils (10 Seiten) gehandelt, insgesamt also 12 Seiten.

Frau D. habe nach Übermittlung des Schriftsatzes nebst Urteilsabschrift den Sendebericht ausgedruckt und überprüft. Sie sei davon ausgegangen, dass mit der Übertragung von 11 Seiten und dem Vermerk „ok“ der Berufungsschriftsatz nebst Urteil vollständig beim Oberlandesgericht eingegangen ist. Sie habe anschießend den sachbearbeitenden Rechtsanwalt von der ordnungsgemäßen Übermittlung des Berufungsschriftsatzes informiert und die Frist im elektronischen Fristenkontrollsystem ausgestrichen. Es handle sich bei Frau D. um eine ausgebildete und geprüfte Rechtsanwaltsfachangestellte, die seit 2000 in der Kanzlei arbeite und bislang alle Weisungen stets sorgfältig, zuverlässig und fehlerlos ausgeführt habe.

Rechtsanwalt A. habe sich daher darauf verlassen können, dass der Berufungsschriftsatz vollständig beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangen sei.

Die Beklagten treten dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegen.

II. 1. Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der laufenden Berufungsbegründungsfrist ordnungsgemäß eingelegt wurde.

Die Berufungsschrift muss gemäß § 519 Abs. 2 ZPO die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, und die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Daneben muss die Berufungsschrift von einem postulationsfähigen Anwalt eigenhändig unterschrieben sein. Zwar ist die Einlegung mittels Telefax zulässig. Nachdem die Seite 2 des Berufungsschriftsatzes jedoch nicht fristwahrend übermittelt wurde, fehlt es an den oben genannten Voraussetzungen.

Der Eingang des vollständigen Originalschriftsatzes erfolgte erst am 04.03.2015 und damit nach Ablauf der Frist des § 517 ZPO.

2. Der form- und fristgerecht (§§ 234 Abs. 1 und Abs. 2, 236 ZPO) gestellte Wiedereinsetzungsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Nach § 233 ZPO setzt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Dabei steht ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich, § 85 Abs. 2 ZPO. Vorliegend ist ein Anwaltsverschulden nicht ausgeräumt.

Der Prozessbevollmächtigte einer Partei hat dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz hergestellt und rechtzeitig beim zuständigen Gericht eingereicht wird. Dabei kann er die Führung des Fristenkalenders und die Fristenkontrolle einem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen. Er muss dann jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden (BGH NJW 1996, 1349, 1350). Ein Versehen des Personals hat die Partei in diesem Fall nicht zu vertreten. Ein zurechenbares Eigenverschulden des Rechtsanwalts kann sich jedoch aus mangelhafter Büroorganisation ergeben, etwa beim Fehlen klarer Anweisungen sowie mangelhafter Sorgfalt bei der Auswahl, Belehrung und Überwachung des Personals (Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 233, Rn. 23 „Büropersonal und -Organisation“).

Seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze genügt ein Rechtsanwalt nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Dabei ist auch ein Vergleich der Anzahl der zu übermittelnden Seiten mit den laut Sendeprotokoll versandten Seiten anzuordnen (BGH, Beschluss vom 31.10.2012, III ZB 51/12, Rz. 6; Beschluss vom 29.06.2010, VI ZA 3/09, Rz. 9; OLG Hamburg, Beschluss vom 09.10.2003, 14 U 152/03, Rz. 15; Zöller-Greger, a. a. O., „Telefax-Ausgangskontrolle“).

Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass es in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten durch eine allgemeine Kanzleianweisung vorgeschrieben ist, bei der Übermittlung einer Rechtsmittelschrift oder einer sonstigen fristgebundenen Erklärung die Vollständigkeit der Übersendung - in welcher Form auch immer - zu überprüfen.

Zwar wird weiter vorgetragen, der Prozessbevollmächtigte habe der Fachangestellten D. durch Einzelanweisung aufgegeben, das Sendeprotokoll auszudrucken und darauf zu überprüfen, ob der Originalschriftsatz vollständig und ordnungsgemäß übermittelt wurde. Eine ausdrückliche Anweisung, die Seitenzahlen abzugleichen, wird jedoch nicht behauptet. Eine entsprechende Anweisung lässt sich auch den Angaben der Fachangestellten D. in der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nicht entnehmen. Die Fachangestellte berichtet weder, dass sie aufgrund einer entsprechenden generellen Anweisung grundsätzlich einen Abgleich der Seitenzahlen vornehme, noch dass sie im konkreten Fall dazu angewiesen worden sei, dies aber in fehlerhafter Weise unterlassen habe. Es fehlen konsequenterweise auch konkrete Ausführungen dazu, warum der Abgleich der Seitenzahlen im vorliegenden Fall unterblieben ist oder nicht zur Entdeckung des Fehlers geführt hat.

Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der unvollständige Eingang des Berufungsschriftsatzes beim Berufungsgericht auf ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückzuführen ist. Denn bei einem angeordneten Seitenvergleich wäre festgestellt worden, dass eine Seite, also möglicherweise die zweite Seite des Berufungsschriftsatzes nicht übermittelt wurde, da auf dem Faxprotokoll - wie die Angestellte D. auch den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers zufolge wahrgenommen hat - nur elf übermittelte Seiten vermerkt waren, während der Schriftsatz nebst Anlage insgesamt zwölf Seiten umfasste.

Unter diesen Umständen kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.

3. Mit der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags war zugleich über die Verwerfung der Berufung zu entscheiden (Zöller-Greger a. a. O., § 238, Rn. 2).

4. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Berufungsverwerfung beruht auf § 97 ZPO, hinsichtlich der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags auf § 91 ZPO.

5. Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus dem mit der Berufung geltend gemachten Zahlungsantrag.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

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(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 51/12
vom
31. Oktober 2012
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Oktober 2012 durch den
Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und
Seiters

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 2 und 3 wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Juni 2012 aufgehoben.
Den Beklagten zu 2 und 3 wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 7. Dezember 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Die Sache wird zur Entscheidung über die Begründetheit der Berufung sowie über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 9.817,50 €

Gründe:


1
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Beklagten ist zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO erfüllt sind. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbe- schwerdegerichts, weil das Berufungsgericht die Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Tatsachen für die beantragte Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist überspannt und damit die Grenzen tatrichterlicher Würdigung überschritten hat. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).
2
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Berufung ist zu Unrecht vom Berufungsgericht als unzulässig verworfen worden. Den Beklagten zu 2 und 3 ist Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zu gewähren.
3
Die Umstände für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind glaubhaft gemacht, wenn die vorgelegte eidesstattliche Versicherung (§ 234 ZPO) eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für den in ihr dargestellten Sachverhalt ergibt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2007 - III ZB 73/07, BeckRS 2008, 01358 Rn. 2).
4
a) Die Beklagten zu 2 und 3 haben zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags ausgeführt, die mit der - zur Fristwahrung erforderlichen - Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift per Telefax betraute Angestellte ihrer Prozessbevollmächtigten habe eine zusätzlich beim Gericht einzureichende Streitverkündungsschrift versehentlich zweimal gesendet, während die Versendung der Berufungsbegründung unterblieben sei; dies sei bei der Prüfung der beiden Sendeberichte nicht aufgefallen.
5
b) Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs damit begründet, aus dem Vorbringen der Beklagten ergebe sich nicht, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten durch allgemeine Kanzlei- anweisung vorgeschrieben sei, bei der Übermittlung einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsschrift per Telefax die Versendung an den richtigen Empfänger oder die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen. Ferner fehle es an einer allgemeinen Kanzleianweisung, bei der gleichzeitigen Versendung von mehreren Schriftsätzen an die gleiche Faxnummer anhand der Seitenzahl und des Ausdrucks der ersten Seite auf dem Faxprotokoll sicherzustellen, dass alle Schriftsätze auch tatsächlich versendet worden sind. Zwar trage der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 2 und 3 im Wiedereinsetzungsantrag vor, wie sich die Bearbeitung von Notfristen in seiner Kanzlei darstelle. Darin werde auch aufgeführt, dass die Anzahl der Übertragungsseiten laut dem Versendungsprotokoll des Telefaxgeräts mit der Seitenzahl im Schriftsatz übereinstimme. Erst danach werde die Frist im Fristenkalender gestrichen. Hierbei handele es sich jedoch um die Darstellung der allgemeinen Übung in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 und 3. Nicht vorgetragen sei damit, dass er eine allgemeine Anweisung oder im vorliegenden Fall eine Einzelanweisung dergestalt getroffen habe, bei der gleichzeitigen Versendung von mehreren Schriftsätzen an den gleichen Empfänger die Versendung des jeweiligen Schriftsatzes durch Vergleich der Seitenzahl und des Deckblatts des jeweiligen Schriftsatzes mit dem Ausdruck des Faxprotokolls zu prüfen. Auch werde nicht vorgetragen, wie eine entsprechende allgemeine beziehungsweise Einzelanweisung effektiv kontrolliert werde. Insoweit liege ein den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zurechenbares Organisationsverschulden vor.
6
c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Dabei ist ein Vergleich der Anzahl der zu übermittelnden mit den laut Sendeprotokoll versandten Seiten anzuordnen (BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 14 und vom 13. Juni 1996 - VII ZB 13/96, NJW 1996, 2513). Die entsprechende Prüfung braucht ein Rechtsanwalt dabei nicht selbst vorzunehmen ; er kann sie seinem zuverlässigen Personal übertragen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 1995 - XII ZB 123/95, VersR 1996, 778).
7
d) Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 2 und 3 hat dargelegt, wie in seinem Büro die Überwachung des Fristenkalenders und die Überprüfung der Faxprotokolle bei dem Versand fristgebundener Schriftsätze zu erfolgen hat. Die dargestellte Verfahrensweise hält den rechtlichen Anforderungen stand. Die Angestellten der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 und 3 sind gehalten, das Übertragungsprotokoll auch im Hinblick auf die übertragenen Seiten mit dem Ausgangsschriftsatz zu vergleichen, um die Vollständigkeit der Sendung zu überprüfen. Sind dabei - wie hier Berufungsbegründung und Streitverkündung - in einer Sache gleich zwei Schriftsätze zu übermitteln, so sind zwei getrennte Telefax-Sendungen zu veranlassen, bei denen diese Überprüfung jeweils gesondert vorzunehmen ist. Einer zusätzlichen Anweisung, besonders darauf zu achten, dass tatsächlich beide Schriftsätze - und nicht etwa einer doppelt - versendet werden, bedarf es, wie die Beschwerdebegründung zutreffend anführt, nicht, weil sich dies von selbst versteht. Damit hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten jedoch hinreichend dargelegt, dass er sein Büro durch Anweisung im Sinne der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle organisiert hat. Ein eigenes Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 und 3 durch das Versehen der Angestellten ist damit nicht gegeben, da die Übertragung der Aufgaben an die Kanzleimitarbeiterin nicht zu beanstanden ist und die organisatorischen Voraussetzungen pflichtgemäß getroffen wurden. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesge- richts überspannt die Anforderung an die Darlegung und Glaubhaftmachung dieser organisatorischen Voraussetzungen unbeschadet der Frage, ob das Oberlandesgericht unter dem Blickwinkel seiner Rechtsauffassung gehalten gewesen war, den Beklagten zu 2 und 3 Gelegenheit zu geben, ihre Erklärungen in dieser Hinsicht zu ergänzen.
Schlick Herrmann Wöstmann
Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Tübingen, Entscheidung vom 07.12.2011 - 7 O 205/11 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 12.06.2012 - 3 U 5/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZA 3/09
vom
29. Juni 2010
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei Übermittlung eines Prozesskostenhilfeantrags durch Telefax muss ein Sendeprotokoll
ausgedruckt und anhand dessen überprüft werden, ob alle Seiten des Originalschriftsatzes
neben den erforderlichen Anlagen übermittelt wurden.
BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2010 durch den Vorsitzenden
Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen
und den Richter Stöhr

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren und für die Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 20. Januar 2009 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen behaupteter ärztlicher Fehlbehandlung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil, das nach einem Einspruch der Klägerin aufrechterhalten worden ist, abgewiesen. Gegen das ihr am 8. September 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Am letzten Tag der bis zum 8. Dezember 2006 verlängerten Frist zur Berufungsbegründung hat sie einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und einen - ausdrücklich so bezeichneten und nicht vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschriebenen - Entwurf einer Berufungsbegründung per Telefax beim Berufungsgericht eingereicht. Zugleich hat sie für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das ausgefüllte Formular mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ist erst mit dem Originalschreiben der Berufungsbegründung am 20. Dezember 2006 bei Gericht eingegangen. In der Erklärung war zwar angekreuzt , dass die Klägerin Unterhaltsleistungen von ihren Eltern bezieht, ein Zweitstück des Vordrucks mit den Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern war jedoch nicht beigefügt. Der entsprechende Vordruck wurde erst nach einem gerichtlichen Hinweis vom 1. Juli 2008 eingereicht.
2
Nach Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts durch Beschlüsse vom 3. September 2008 und vom 22. Oktober 2008 sowie dem Hinweis, dass die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen werden soll, mit Beschluss vom 2. Dezember 2008 hat das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin durch den angefochtenen Beschluss vom 20. Januar 2009 als unzulässig verworfen. Dagegen will die Klägerin eine Rechtsbeschwerde erheben. Dafür und für das Prozesskostenhilfeverfahren hat sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt.

II.

3
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe liegen nicht vor. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ist bereits deshalb zurückzuweisen, weil für das Bewilligungsverfahren selbst keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (BGHZ 91, 311; Senat, Beschluss vom 8. Juni 2004 - VI ZB 49/03 - NJW 2004, 2595, 2596). Hinsichtlich des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist zwar statthaft, weil das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist aber unzulässig , weil die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen (§ 574 Abs. 2 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
4
1. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung sei nicht fristgemäß begründet worden, weil am letzten Tag der Frist zur Berufungsbegründung lediglich ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und ein - ausdrücklich so bezeichneter und nicht vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterschriebener - Entwurf einer Berufungsbegründung per Fax eingereicht worden ist.
5
2. Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen , dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfolgen konnte, weil die Frist zur Begründung der Berufung nicht unverschuldet versäumt worden ist. Unterbleibt die fristgerechte Rechtsmittelbegründung wegen wirtschaftlichen Unvermögens, ist die Frist unverschuldet versäumt, wenn die Partei bis zu deren Ablauf einen vollständigen Prozesskostenhilfeantrag einreicht oder der ohne Verschulden der Partei unvollständige Antrag innerhalb der Frist des § 234 ZPO ergänzt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01 - NJW 2002, 2180; vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - NJW-RR 2006, 140, 141; vom 22. Februar 2007 - VII ZA 7/06 - FamRZ 2007, 809).
6
a) Die Klägerin hat die zu einem vollständigen Prozesskostenhilfeantrag gehörende Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen (§ 117 Abs. 2, 4 ZPO) nicht bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgelegt , sondern den Prozesskostenhilfeantrag ohne Beifügung einer solchen Erklärung an das Gericht gefaxt und die zusätzlich erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Eltern nebst den beizufügenden Belegen erst nach dem richterlichen Hinweis im August 2008 eingereicht.
7
b) Der vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt auch nicht die Annahme, dass sie an der verspäteten Vorlage kein Verschulden trifft. Ein der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Organisationsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist durch dessen anwaltliche Versicherungen nicht ausgeräumt.
8
aa) Ein Rechtsanwalt muss dafür Sorge tragen, dass der Prozesskostenhilfeantrag vollständig mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich der entsprechenden Belege innerhalb der Berufungsbegründungsfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Bei Übermittlung eines Prozesskostenhilfeantrags durch Telefax muss er durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass eine Überprüfung erfolgt, ob der Antragsschriftsatz mit den erforderlichen Anlagen auch wirklich vollständig übermittelt worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. März 2001 - V ZB 5/01 - NJW-RR 2001, 1072; vom 22. Februar 2007 - VII ZA 7/06 - aaO). Über die konkrete Übermittlung muss ein Sendeprotokoll ausgedruckt und anhand dessen überprüft werden, ob alle Seiten des Originalschriftsatzes neben den erforderlichen Anlagen übermittelt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1994 - V ZR 62/93 - NJW 1994, 1879 f.; Beschlüsse vom 13. Juni 1996 - VII ZB 13/96 - NJW 1996, 2513; vom 8. März 2001 - V ZB 5/01 - aaO; vom 7. Mai 2001 - II ZB 16/00 - BGH-Report 2001, 809; vom 22. Februar 2007 - VII ZA 7/06 - aaO).
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bb) Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten die allgemeine Anweisung bestand, die sich aus dem Sendebericht ergebenden Seitenzahlen mit denen der Originalvorlagen zu vergleichen oder dass insoweit eine Einzelanweisung an die damalige Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten erfolgt ist. Dieser hat vielmehr insoweit nur vorgetragen, dass diejenige Mitarbeiterin, die zur Fristwahrung die Schriftsätze an das Gericht faxte und/oder per Gerichtspost versandte, vorher abschließend zu prüfen hatte, ob diese vollständig und alle Anlagen beigefügt waren. Dies beinhaltet nicht die Kontrolle, ob nach den im Sendeprotokoll angegebenen Seitenzahlen dem Telefax tatsächlich die entsprechenden Unterlagen beigefügt waren oder - wie hier unstreitig - nur eine Übersendung des Prozesskostenhilfeantrags ohne Anlagen erfolgt ist. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass die unvollständige Vorlage des Prozesskostenhilfeantrags auf ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zurückzuführen ist, da bei einer entsprechenden Kontrolle des Sendeprotokolls festgestellt worden wäre, dass die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin und ihrer Eltern nicht mit übersandt worden ist.
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3. Es ist im Übrigen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Vortrag, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe noch vor Unterzeichnung des Schriftsatzes vom 8. Dezember 2006 alle Anlagen auf Vollständigkeit überprüft und die Akte sei dann mit diesen Unterlagen an eine Rechtsanwaltsfachangestellte zur Absendung zurückgegangen, nicht für eine Glaubhaftmachung als ausreichend angesehen hat. Die entsprechende Würdigung ist angesichts des Umstandes, dass die Unterlagen weder per Fax noch per Post zur Gerichtsakte gelangt sind und weder im Original noch in Kopie in der Akte des Prozessbevollmächtigten verblieben sind, lebensnah.
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4. Der Entscheidung des Berufungsgerichts steht auch nicht der von der Klägerin angeführte Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26. Mai 2008 (- II ZB 19/07 - NJW-RR 2008, 1306) entgegen. Bei dieser Entscheidung lag ein anderer Sachverhalt vor. In diesem Verfahren war nämlich dem Antrag auf Prozesskostenhilfe die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen beigefügt. Die Fristsetzung des Gerichts ist nur zur Vervollständigung dieser Angaben erfolgt. Auf die in der Entscheidung des Senats vom 6. Mai 2008 (VI ZB 16/07, VersR 2008, 1559) angestellten Erwägungen kommt es nach den vorstehenden Ausführungen nicht an. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.08.2006 - 323 O 284/02 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.01.2009 - 1 U 117/06 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.