Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 30. Juni 2010 - L 6 U 71/06

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2010:0630.L6U71.06.0A
30.06.2010

Tenor

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 28. April 2006 wird aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2004 sowie des Bescheides vom 21. August 2007 verurteilt, den Klägerinnen nach A. H. vom 1. November 2003 an bis zum 31. Oktober 2008 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zur gesamten Hand zu gewähren.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen für das Vorverfahren sowie für beide Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (vH) zu gewähren ist.

2

Die Klägerinnen sind Erbinnen des am ... 1955 geborenen und am ... 2008 verstorbenen A-M H (der Versicherte). Dieser stürzte am 29. Januar 1999 bei versicherter Tätigkeit auf die rechte Hand und zog sich dabei nach der Diagnose des Facharztes für Chirurgie und D-Arzt Dr. M. einen handgelenksnahen Speichenbruch mit leichter Einstauchung zu. In seinem Nachschaubericht vom 17. April 1999 hielt Dr. M. auf Grundlage seiner Untersuchung vom Vortag u.a. ein stark geschwollenes und schmerzhaftes Handgelenk mit einer sich nach der Gipsabnahme anbahnenden Sudecksymptomatik (Synonym für complexes, regionales Schmerzsyndrom - CRPS) fest, die inzwischen weitgehend zurückgebildet sei. Arbeitsfähigkeit des Versicherten trat zunächst am 17. Mai 1999 ein. In seinen Nachschauberichten vom 6. Dezember 1999 und 8. Februar 2000 teilte Dr. M. vom Versicherten angegebene Belastungsschmerzen sowie Taubheitsgefühle in den Fingern I bis IV der rechten Hand mit, fand röntgenologisch einen in guter Stellung knöchern durchbauten Frakturzustand und gab wegen des Verdachts auf das Vorliegen eines Carpaltunnelsyndroms eine Vorstellung bei einem Neurologen an.

3

Am 5. Juni 2003 suchte der Versicherte den Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums D. Dr. Z. auf, der nach neurophysiologischer Zusatzuntersuchung ein posttraumatisches Carpaltunnelsyndrom mit Syndrom der Loge de Gyon (Schädigung des Nervus ulnaris an der Kleinfingerseite) diagnostizierte. Klinisch finde sich an der Beugeseite aller fünf Finger eine Dysästhesie sowie eine Schwäche bei der Abduktion (Abspreizen) unter Betonung des vierten und fünften Fingers. Der Faustschluss sei vollständig, die Fingerstreckung regelrecht und die Beweglichkeit im rechten Handgelenk nach allen Richtungen mäßig eingeschränkt (handrücken-/hohlhandwärts 65-0-40°, ellen-/speichenwärts 35-0-25°). Der Grob-, Spitz- und Schlüsselgriff sei problemlos möglich. Atrophiezeichen bestünden nicht. Am 23. Juni 2003 wurde in der Klinik eine operative Dekompression der Nervi medianus und ulnaris (Mittelarm- und Ellennerven) rechts durchgeführt.

4

Unter dem 19. August 2003 berichtete Dr. M., bei dem die ambulante Nachsorge erfolgte, der Versicherte verspüre noch deutliche Empfindungsstörungen; die Finger seien nur unter Schmerzen beweglich. Ein Ende der Behandlung sei nicht abzusehen. In der Zeit vom 14. September bis zum 11. Oktober 2003 befand sich der Versicherte zur Weiterbehandlung stationär in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. H ... In dem dazu erstellten Bericht dokumentierte der Oberarzt der Klinik Dr. L.-S. einen Abstand der Langfingerkuppen zur Daumenspitze von 2,5 cm beim vierten Finger (ansonsten uneingeschränkt) sowie Abstände zwischen den Nagelrändern und der Hohlhandfalte von 1,5 cm beim zweiten Finger, von jeweils 1 cm beim dritten und fünften Finger und von 0,5 cm beim vierten Finger. Die Unterarmdrehung rechts betrage 50-0-80°. Das rechte Handgelenk sei handrücken-/hohlhandwärts 40-0-45° und ellen-/speichenwärts 25-0-15° beweglich. Beim neurochirurgischen Konsil am 16. September 2003 hätten sich eine Atrophie der Handbinnenmuskulatur und elektromyographisch keine akuten Denervierungszeichen ergeben. Gegenwärtig bestehe kein Anhalt für ein CRPS. Bei der Röntgenkontrolle am 15. September 2003 hätten sich eine um 20° in Fehlstellung stehende radiale Gelenkfläche sowie ein Ulnavorschub gezeigt. Der Carpaltunnelaufnahme vom 30. September 2003 sei ein regelrechter Befund zu entnehmen. Der Versicherte, dessen Therapiemotivation schlecht gewesen sei, werde nach Beendigung des Heilverfahrens eingeschränkt erwerbsfähig sein und könne noch Arbeiten ohne übermäßige Belastung und freie Beweglichkeit sowie Kraftentfaltung des rechten Handgelenkes ausführen. Ab dem 13. Oktober 2003 sei die sofortige Durchführung einer Arbeits- und Belastungserprobung angezeigt. Unter dem 29. Oktober 2003 bescheinigte Dr. M. den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zum 1. November 2003 und veranschlagte eine MdE um 20 vH.

5

Zur Feststellung und Bewertung der Unfallfolgen ließ die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (Rechtsvorgängerin der Beklagten, nachfolgend die Beklagte) Dr. Z. nach ambulanter Untersuchung am 8. Dezember 2003 das Gutachten vom 9. Dezember 2003 erstellen. Klinisch fand dieser eine Muskelminderung des rechten Unterarms gegenüber links um 1,5 cm mit rechts leicht verstrichenen Handgelenkskonturen, einen Druck- und heftigen Bewegungsschmerz an der Streck- und Beugeseite des rechten Handgelenks sowie an der Beugeseite zusätzlich einen Klopfschmerz über dem Nervus ulnaris und dem Nervus medianus. Die aktive und passive Beweglichkeit des rechten Handgelenks (80-0-50° handrücken-/hohlhandwärts, 35-0-20° ellen-/speichenwärts) sowie die Unterarmeinwärtsdrehung (75-0-90°) seien endgradig eingeschränkt, der Faustschluss komplett und die Streckung aller Finger regelrecht. Insbesondere das passive Heranführen aller Langfinger an die Hohlhand sei ebenso wie der Spitzgriff des Daumens zu den Fingern II bis IV mühelos möglich. Der fünfte Finger werde diskret nicht erreicht. Der Nacken- und Schürzengriff seien uneingeschränkt; der Grobgriff werde unvollständig demonstriert, was jedoch dem vollständigen Faustschluss widerspreche. Röntgenologisch sei ein knöchern ausgeheilter handgelenksnaher Speichenbruch mit Verminderung der Speichengelenkfläche in der seitlichen Aufnahme um 20° und einer Falschgelenkbildung am Griffelfortsatz der Elle zu erkennen. Als Unfallfolgen hielt Dr. Z. eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes, eine endgradige Einschränkung der Unterarmeinwärtsdrehung rechts sowie eine Muskelminderung des rechten Unterarmes fest. Diese seien für die Zeit vom 22. Juni 2003 bis zum 30. Oktober 2003 wegen einer vorübergehenden wesentlichen Verschlimmerung mit einer MdE um 20 vH und für die sonstige Zeit, insbesondere ab dem 1. November 2003, mit einer MdE um 10 vH zu bewerten.

6

In seinem neurophysiologischen Zusatzgutachten vom 26. Januar 2004 dokumentierte Dr. J. (Klinik für Neurologie B. H.) eine abgelaufene axonale (innere) sowie eine bestehende demyelinisierende (entmarkende) Schädigung des Nervus ulnaris am rechten Handgelenk. Dagegen fände sich klinisch und elektrophysiologisch kein Anhalt für eine höhergradige bestehende oder abgelaufene Schädigung des Nervus medianus, des Nervus radialis bzw. der proximalen peripheren Nerven oder der Pyramidenbahn. In seinem neurologischen Zusatzgutachten vom selben Tag gelangte der Direktor der Klinik Prof. Dr. M. zur Unfallfolge einer distalen Läsion des rechtsseitigen Nervus ulnaris, die mit einer MdE um 10 vH zu bewerten sei. Eine Rückbildung der Störung sei nicht wahrscheinlich. Hinweise auf ein CRPS lägen nicht vor. Bei der Untersuchung seien eine 2/5-Parese der Fingerspreizung und der Abduktion des kleinen Fingers rechts, eine 4/5-Parese aller übrigen Handmuskeln bei eingeschränkter Kooperationsbereitschaft des Versicherten, eine leichtgradige Atrophie der kleinen Handmuskulatur rechts, ein Druckschmerz über dem rechten Handgelenk sowie seitengleich beschwielte Hände feststellbar gewesen. Die deutlichen Nikotinspuren im Bereich der rechten Hand seien als Zeichen eines regen grob- und feinmotorischen Gebrauchs zu werten.

7

Zusammenfassend bildete Dr. Z. aus der jeweils auf unfallchirurgischem und neurologischem Fachgebiet anzusetzenden Einzel-MdE um 10 vH eine Gesamt-MdE um 20 vH.

8

Die Beklagte gewährte dem Versicherten unter dem Vorbehalt späterer Rückforderung für den Zeitraum vom 1. November 2003 bis zum 31. Mai 2004 im Hinblick auf einen voraussichtlichen Anspruch auf Verletztenrente einen Vorschuss i.H.v. 1.520,00 EUR.

9

Von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie M zog die Beklagte dessen Untersuchungsbefunde vom 6. Juni 2000 bei, der den elektroneurographischen Nachweis einer leichten Irritation des Nervus medianus im rechten Handgelenk mitteilte.

10

Nachdem Dr. N. in seiner beratenden Stellungnahme vom 14. Mai 2004 die Ansicht vertreten hatte, es lägen nur relativ geringe Unfallfolgen vor, für die eine Gesamt-MdE um 15 vH zu veranschlagen sei, erkannte die Beklagte den Unfall mit am 28. Juni 2004 abgesandten Bescheid vom 22. Juni 2004 in der Sache als Arbeitsunfall an, lehnte mangels rentenberechtigender MdE die Gewährung einer Verletztenrente ab und forderte den geleisteten Vorschuss zurück.

11

Hiergegen erhob der Versicherte am 21. Juli 2004 Widerspruch und berief sich in seiner Begründung vom 1. Oktober 2004 auf die übereinstimmende Bewertung der MdE durch die Dres. M. und Z. Mit am 6. Dezember 2004 zugegangenem Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2004 wies die Beklagte den Widerspruch unter Vertiefung ihrer Ausführungen im Ausgangsbescheid als unbegründet zurück.

12

Am 4. Januar 2005 hat der Versicherte vor dem Sozialgericht (SG) Dessau Klage erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Das SG hat von dem Chefarzt des Zentrums für Traumatologie des Städtischen Klinikums L. Prof. Dr. G. nach ambulanter Untersuchung am 12. April 2005 das Gutachten vom 21. April 2005 nebst ergänzender Stellungnahme vom 19. September 2005 eingeholt. Der Sachverständige hat klinisch einen seitengleich mühelos und vollständig ausführbaren Schürzen- und Nackengriff, eine eingeschränkte rechtsseitige Unterarmdrehbeweglichkeit (60°) und verstrichene Handgelenkkonturen mit geminderter Handbinnenmuskulatur rechts erhoben. Beim Faustschluss sei die grobe Kraft rechts gegenüber links merklich gemindert. Der Abstand zwischen dem Fingernagelrand und der Hohlhandfalte betrage jeweils 1 cm. Über dem körperfernen Ellenende sei der nach der Operation verbliebene Narbenbereich beugeseitig elektrisierend schmerzhaft. Die Kraft des Daumens sowie des Kleinfingerballens sei eingeschränkt; im ersten Zwischenfingerraum lägen streckseitige Gefühlsstörungen vor. Die Langfinger seien aktiv nicht vollständig streckbar; der aktive Faustschluss sei ebenfalls endgradig behindert. Die Daumenbeweglichkeit rechts sei im Verhältnis zu links für die Abspreizung in der Handebene sowie im rechten Winkel zu ihr eingeschränkt (0-45°; links 0-60°). Bildgebend sei ein Zustand nach distaler Radiusfraktur, die unter Verplumpung der Handgelenkregion zur knöchernen Ausheilung gekommen sei, zu finden. In der seitlichen Aufnahme sei eine dorsalseitige Verkippung der radialen Gelenklinie um 10° zu sehen. Das distale Radioulnargelenk sei im Vergleich zu links im Sinne eines sekundären Ulnarvorschubes um 3 mm verändert. Der Griffelfortsatz der Elle habe keine knöcherne Bindung gefunden und sei in radialer Abkippung auf das Gelenk pseudarthrotisch angelagert. Im Ergebnis hat Prof. Dr. G. die Unfallfolgen (Einschränkung der Handfunktion mit Minderung der Binnenmuskulatur, Beweglichkeitsminderung, Kraftminderung und vermindertem Faustschluss; Einschränkung der Unterarmdrehbeweglichkeit; Narbenbildungen im Handgelenkbereich; elektrisierende Missempfindungen im ulnaren Bereich beugeseitig; röntgenologisch umschriebene Veränderungen) mit einer Gesamt-MdE um 20 vH bewertet, von der jeweils 10 vH auf das unfallchirurgische und das neurologische Fachgebiet entfielen.

13

Die Beklagte hat an ihrer Ansicht festgehalten, die MdE betrage insgesamt unter 20 vH, da sich die Unfallfolgen der Fachgebiete überschneiden würden.

14

Mit Gerichtsbescheid vom 28. April 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Die Unfallfolgen seien auf chirurgischem und neurologischem Fachgebiet zwar zutreffend bewertet worden. Aus beiden Bereichen resultiere jedoch keine Gesamt-MdE um 20 vH. Nach den einschlägigen Erfahrungswerten werde der Verlust eines Daumens mit einer MdE in dieser Höhe bewertet. Die beim Versicherten bestehenden Unfallfolgen seien mit einer solchen Situation nicht vergleichbar.

15

Gegen den am 5. Mai 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 1. Juni 2006 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt und sich zur Begründung auf die gleichlautenden Bewertungen durch Dr. Z. und Prof. Dr. G. gestützt, deren Ansicht auch durch die weiteren im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten bestätigt werde.

16

Die Klägerinnen beantragen,

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den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 28. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2004 und des Bescheides vom 21. August 2007 zu verurteilen, ihnen nach A-M H vom 1. November 2003 an bis zum 31. Oktober 2008 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH zur gesamten Hand zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

20

Sie hält den ihre Entscheidung bestätigenden Gerichtsbescheid des SG für zutreffend.

21

Der Senat hat von Dr. M. den Bericht vom 8. Januar 2007 eingeholt, der neben dem Befund der Radiologischen Klinik B. vom 22. Februar 2000, aus dem ein Erguss im Bereich der rechten Handwurzelknochen hervorging, auch das Untersuchungsergebnis der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Privatdozentin (PD) Dr. S. vom 24. März 2003 beigefügt hat. PD Dr. S. hatte ein Carpaltunnelsyndrom rechts sowie ein sensomotorisches Syndrom des rechten Ulnarisnerven im Frakturgebiet diagnostiziert.

22

Weiterhin hat der Facharzt für Allgemeinmedizin PD Dr. F., bei dem sich der Versicherte seit Anfang Dezember 2002 in Behandlung befand, unter dem 25. Februar 2007 auf Anforderung des Senats von einer seit Anfang 2006 zunehmenden Bewegungsstörung der rechten Hand berichtet. Ein Faustschluss sei nicht und die Bewegung zu ca. 15-20° möglich. Handrückenwärts könne der Versicherte die Hand ca. 15° strecken. Die grobe Kraft sei eingeschränkt und die Muskulatur leicht atrophisch.

23

Zwecks Nachprüfung der MdE hat die Beklagte Dr. Z. mit der Erstattung des Gutachtens vom 8. Mai 2007 betraut. Dieser hat als Unfallfolgen endgradige Einschränkungen der rechten Handgelenks- und Unterarmdrehung (70-0-90°) unter Betonung der Hohlhandwärts- und Speichenwärtsbewegung (70-0-40° bzw. 30-0-15°), eine Gefühlsminderung im Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris sowie reizfreie Narben an der Beugeseite des rechten Handgelenkes festgehalten, die nach wie vor eine MdE um 10 vH bedingten. Klinisch fänden sich seitengleiche Hohlhandbeschwielungen und Muskelkonturen der Unterarme sowie leicht verstrichene Handgelenkkonturen rechts. An der Streckseite des rechten Handgelenkes habe der Versicherte bei der Untersuchung am 7. Mai 2007 Druckschmerzen angegeben, einen heftigen Bewegungsschmerz habe er bei der aktiven und passiven Bewegung der Langfingergelenke artikuliert. Eine Instabilität oder Ergussbildung liege im rechten Handgelenk nicht vor. Den Schlüsselgriff habe der Versicherte kraftlos, den Spitzgriff aktiv nur zum II. und III. Finger ausgeführt. Da der Spitzgriff passiv mühelos auch zum IV. und V. Finger möglich gewesen sei, seien die demonstrierten Abstände zwischen den Nagelrändern der Finger zur Hohlhandfalte von 4,5 bis 6 cm nicht vollständig objektivierbar. Die grobe Kraft gegenüber links sei deutlich herabgesetzt. Radiologisch fände sich nach wie vor ein ausgeheilter Speichenbruch mit Verminderung der Speichengelenkfläche in der seitlichen Aufnahme um 20°, Verkürzung der Speiche gegenüber der Elle um 2 mm sowie Falschgelenkbildung im Bereich der Elle.

24

Im neurologischen Zusatzgutachten vom 13. Juni 2007 haben PD Dr. S. und Dr. S. (Chefärztin sowie Oberarzt der Klinik für Neurologie des Städtischen Klinikums D.) als Unfallfolgen eine inkomplett renervierte Axonotmesis (Trennung der inneren Nervenfaserstrukturen) des Nervus ulnaris rechts mit geringer fokaler Demyelinisierung im Bereich des Handgelenkes mit neuropathischem Schmerzsyndrom (deutliche Allodynie - Schmerzen bei kurzer Berührung - über der 5 cm langen ulnaren Narbe) diagnostiziert. Im Verhältnis zur Vorbeurteilung durch Prof. Dr. M. sei der Befund gleich geblieben. Neurophysiologisch hat Dr. S. anlässlich der Zusatzuntersuchung am 3. Juli 2007 die von Dr. J. unter dem 26. Januar 2004 beschriebene Schädigung des Nervus ulnaris bestätigt und wiederum eine sensomotorische Betroffenheit des Nervus medianus ausgeschlossen.

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Zusammenfassend hat Dr. Z. daraufhin unter dem 6. Juli 2007 die Gesamt-MdE um 20 vH bewertet, hinsichtlich der auf neurologisch-neurophysiologischem Fachgebiet anzusetzenden MdE um 10 vH Zweifel angemeldet und der Beklagten insoweit die Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme empfohlen. In dieser hat Dr. N. die Gesamt-MdE wiederum um 15 vH bewertet.

26

Mit Bescheid vom 21. August 2007 hat die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente weiterhin abgelehnt. Als Unfallfolgen lägen ein knöchern fest verheilter handgelenksnaher Speichenbruch rechts mit Verminderung der Speichengelenkfläche, endgradigen Bewegungseinschränkungen des Handgelenkes und der Unterarmdrehbeweglichkeit, inkompletter Schädigung des oberen und unteren Mittelarmnerven sowie reizfreien Narben an der Beugeseite des rechten Handgelenkes vor.

27

Schließlich hat der Senat von dem (ehemaligen) Direktor der Klinik für Neurologie der Universität M. Prof. Dr. W. nach Untersuchung am 9. Januar 2008 das Gutachten vom 11. Januar 2008 eingeholt. Prof. Dr. W. hat eine verschmächtigte Binnenmuskulatur mit genereller Bewegungseinschränkung der rechten Hand gegenüber links beschrieben. Im Bereich der Volarseite (Hohlhand) der Finger IV und V sowie der Ulnarseite des Fingers III bestünden Hypästhesien, die mit elektrisierenden Parästhesien auf Berührung und Allodynie bei Kältereizen verbunden seien. Die Fingerbeeren der rechten Hand seien im Vergleich zu links ca. 0,5° kälter, wobei die Temperaturdifferenz vom Daumen und Zeigefinger zum kleinen Finger hin zunehme. Als Unfallfolgen hat der Sachverständige eine Ulnarisrestparese nach distaler Radiusfraktur sowie ein CRPS Typ 1 diagnostiziert, für die eine MdE um 10 vH zu veranschlagen sei. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der auf unfallchirurgischem Fachgebiet bestehenden Unfallfolgen sei die Gesamt-MdE um 20 vH zu bemessen. Das Beschwerdebild im Bereich der rechten Hand sei mindestens mit dem Verlust des Daumens gleichzusetzen. Die Diagnose des CRPS, die im Sinne eines neuropathischen Syndroms auch schon PD Dr. S. gestellt habe, stütze sich auf die nachgewiesenen trophischen Störungen (verminderte Hauttemperatur), das Vorliegen eines tiefen Schmerzes mit Verstärkung bei Belastung der Hand, die gesicherte Allodynie auf Kälte sowie die belegte periphere Nervenschädigung in Form der Ulnarisverletzung. In Gesamtschau der ärztlichen Befunde liege seit Herbst 2003 durchgehend ein beeinträchtigendes Schmerzsyndrom vor, das die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand des Versicherten herabsetze.

28

Unter Berufung auf die von ihr eingeholte Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. vom 18. Februar 2008, der nach ihren Erläuterungen vom 20. März 2008 beratender Arzt der Bezirksverwaltung W ist und auch einen entsprechenden Beratungsvertrag geschlossen hat, hält die Beklagte ein CRPS nicht für erwiesen. Die anfänglich von Dr. M. gesehene Sudecksymptomatik habe sich nach seinem Nachuntersuchungsbericht vom 17. April 1999 weitgehend zurückgebildet gehabt. Auch Prof. Dr. M. habe insoweit Anhaltspunkte verneint.

29

Letztlich hat der Senat die Befunde des spiralen Computertomogramms (CT) des rechten Handgelenkes und der Handwurzelknochen sowie des Magnetresonanztomogramms (MRT) der rechten Hand vom 3. April 2003 beigezogen. Aus diesen hatten sich nach den Auswertungen des Facharztes für Radiologische Diagnostik Dr. S. und des Facharztes für Nuklearmedizin Dr. H. im Wesentlichen Schädigungen der Gelenkfläche des distalen Radius in Höhe des Radioulnargelenkes und des proximalen (körpernahen) Handwurzelgelenkes, ein freier Gelenkkörper im Bereich des Mondbeines sowie eine Traumatisierung im radialseitigen Ansatz des Discus ulnaris (Zwischengelenkscheibe) ergeben.

30

Im Verhandlungstermin am 30. Juni 2010 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen die Verwertbarkeit der Ausführungen von Dr. V. gerügt.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe

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Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie auch ansonsten zulässige Berufung ist begründet. Denn der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2004 in der Gestallt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2004 sowie der Bescheid vom 21. August 2007, der gemäß § 96 SGG in der insoweit noch anwendbaren und bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung Gegenstand des Verfahrens geworden ist, beschweren die Klägerinnen deshalb im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie als Rechtsnachfolger Anspruch auf die ursprünglich dem Versicherten zu gewährende Verletztenrente haben.

33

Ein Anspruch auf Verletztenrente setzt gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge des Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20 vH gemindert ist. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die Höhe der MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens. Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Feststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Berücksichtigung der in Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze trifft, die in Form von Tabellenwerten oder Empfehlungen zusammengefasst sind (siehe etwa bei Kranig in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand März 2010, K § 56, Anhang V). Diese sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend. Sie bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und sind die Basis für den Vorschlag, den der medizinische Sachverständige dem Gericht zur Höhe der MdE unterbreitet (siehe nur Bundessozialgericht, Urteil vom 18. März 2003 - B 2 U 31/02 R - Breithaupt 2003, 565 ff.; Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).

34

Ausgehend hiervon lassen die Unfallfolgen eine Bemessung mit einer MdE um 20 vH zu. Dabei folgt der Senat im Ergebnis den auf Grundlage der von ihnen erhobenen Befunde gegebenen Einschätzungen von Dr. M. sowie der eingeschalteten Sachverständigen Dr. Z., Prof. Dr. G. und Prof. Dr. W., deren gleichlautende Empfehlung sich in der Bandbreite der etablierten Erfahrungswerte bewegt. Auch Dr. V., dessen Darlegungen als beratender Vertragsarzt der Beklagten verwertbar sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 - B 2 U 8/07 R - SozR 4-2700 § 200 Nr. 1), hat letztlich eine MdE um 20 vH - unter gewissen Zweifeln - ausdrücklich als ausreichend begründet angesehen.

35

Nach den Erfahrungssätzen wird für einen Speichenbruch mit Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenkbewegungen um insgesamt 40° eine MdE um 10 vH genannt; bei einem Speichenbruch mit erheblicher Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenkbewegungen um insgesamt 80° wird ein Satz um 20 bis 30 vH veranschlagt. Ist auch die Unterarmdrehfähigkeit beeinträchtigt, ist je nach deren Schwere eine Erhöhung der MdE in Betracht zu ziehen (siehe nur Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Abschn. 8.7.7.2.3, S. 544).

36

Bei der Untersuchung durch Dr. Z. am 5. Juni 2003 betrug die Beweglichkeit des rechten Handgelenkes handrücken-/hohlhandwärts 65-0-40° und dessen Funktion ellen-/speichenwärts 35-0-25°. Für die Untersuchung im September 2003 hat Dr. L.-S. insoweit Werte von 40-0-45° bzw. 25-0-15° festgehalten. Am 8. Dezember 2003 hat Dr. Z. 80-0-50° (handrücken-/hohlhandwärts) sowie 35-0-20° (ellen-/speichenwärts) und am 7. Mai 2007 Werte von 70-0-40° (handrücken-/hohlhandwärts) bzw. 30-0-15° (ellen-/speichenwärts) gemessen. Damit beträgt die Abweichung der Handgelenkbeweglichkeit in Relation zu der nach der Neutral-Null-Methode anzulegenden Normalbeweglichkeit von 35/60-0-50/60° handrücken-/hohlhandwärts und 25/30-0-30/40° ellen-/speichenwärts maximal 40°. Daraus resultiert - unter Berücksichtigung der radiologisch belegten um 20° in Fehlstellung stehenden radialen Gelenkfläche mit Ulnavorschub um 2-3 mm - nach den Erfahrungswerten eine MdE um allenfalls 10 vH. Allerdings ist zusätzlich zu beachten, dass Einschränkungen der Greiffunktion der rechten Hand nachgewiesen sind, auch wenn diese von den eingeschalteten Sachverständigen nicht vollständig zu erklären waren. Immerhin haben relevante Greiffunktionsminderungen bei dem Versicherten, der Rechtshänder war, jedenfalls in den am 16. September 2003 (Dr. L.-S.), 8. Dezember 2003 (Dr. Z.), 26. Januar 2004 (Prof. Dr. M.), 12. April 2005 (Prof. Dr. G.), 7. Mai 2007 (Dr. Z.) sowie am 9. Januar 2008 (Prof. Dr. W.) im Wesentlichen gleichlautend festgestellten verstrichenen Handgelenkkonturen mit verschmächtigter Handbinnenmuskulatur bzw. der bis 1,5 cm geminderten Unterarmmuskulatur rechts zumindest teilweise einen objektiven Niederschlag gefunden.

37

So betrug im September 2003 der Abstand der Langfingerkuppe zur Daumenspitze beim rechten Kleinfinger 2,5 cm und derjenige zwischen den Nagelrändern der Finger und der Hohlhandfalte 1,5 bis 0,5 cm (am 12. April 2005 jeweils 1 cm und am 7. Mai 2007 - bei eingeschränkter Verwertbarkeit - 4,5 bis 6 cm). Für den 8. Dezember 2003, 12. April 2005 und den 7. Mai 2007 haben Dr. Z. und Prof. Dr. G. eine spürbar geminderte grobe Kraft der rechten Hand und Prof. Dr. G. überdies eine im Vergleich zur linken Seite um 15° eingeschränkte Abspreizfähigkeit des rechten Daumens dokumentiert. Nach den Erfahrungswerten wird eine Versteifung des Daumenendgelenkes sowie eine Versteifung aller Gelenke eines Fingers in Beugestellung am dritten, vierten oder fünften Finger mit einer MdE um jeweils 10 vH bemessen; eine stärkere Beuge- oder Streckhemmung aller Gelenke am dritten bis fünften Finger rechtfertigt eine MdE um 20 vH (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Aufl. 2010, S. 162 f.). Damit erscheint allein für die Einschränkungen der Handgelenk- und Fingerfunktion eine MdE um (mindestens) 10 vH angemessen.

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Daneben war beim Versicherten aber auch die Unterarmdrehfähigkeit unfallbedingt eingeschränkt, wobei eine Einschränkung der Einwärtsdrehung beeinträchtigender wirkt als eine Beeinträchtigung der Auswärtsdrehung. Dies wird auch aus den vorgeschlagenen MdE-Werten bei einer - hier nicht in Rede stehenden - Versteifung deutlich. Bei einer solchen in Einwärtsdrehstellung wird eine MdE um 25 vH empfohlen, in Auswärtsdrehstellung dagegen um 40 vH (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., Abschn. 8.6.4.2, S. 530). Beim Versicherten war gerade die - funktionell wesentlichere - Einwärtsdrehung beeinträchtigt. Denn mit im September 2003 (Dr. L.), am 8. Dezember 2003 (Dr. Z.), am 12. April 2005 (Prof. Dr. G.) und am 7. Mai 2007 (Dr. Z.) gemessenen Werten von 50°, 75°, 60° bzw. 70° lag im Verhältnis zu der insoweit nach der Neutral-Null-Methode einschlägigen Normalfunktion von 80-90° jedenfalls keine völlig vernachlässigenswerte Beeinträchtigung vor. Folglich ist die MdE entsprechend den Erfahrungswerten zu erhöhen (s.o.).

39

Weiterhin hatte die Radiusfraktur beim Versicherten eine zentrale Teillähmung des Ellennervs hinterlassen, als dessen funktionellen Ausfluss Dr. Z., Prof. Dr. M., Prof. Dr. G., PD Dr. S. und Dr. S. sowie Prof. Dr. W. bei ihren Untersuchungen am 5. Juni 2003, 8. Dezember 2003, 26. Januar 2004, 12. April 2005, 7. Mai 2007, 13. Juni 2007 und 9. Januar 2008 einen Druckschmerz über dem rechten Handgelenk, heftige Schmerzen bei der aktiven und passiven Bewegung der Langfingergelenke, einen Klopfschmerz über dem Nervus ulnaris, eine 2/5-Parese der Fingerspreizung und der Abduktion mit Hypästhesien und elektrisierenden Parästhesien unter Betonung des vierten und fünften Fingers rechts, eine 4/5-Parese der übrigen Handmuskeln sowie einen 5 cm langen elektrisierend schmerzhaften Narbenbereich an der Ulnarseite wiedergegeben haben. Teillähmungen des unteren Nervus ulnaris werden nach den Erfahrungswerten mit einer MdE um 15 vH bewertet (Kranig, a.a.O., K § 56, S. 55; Mehrhoff/Meindl/Muhr, a.a.O., S. 161). Die Beklagte hat beim Versicherten im Bescheid vom 21. August 2007 sogar eine Teilschädigung des oberen und unteren Mittelarmnervs anerkannt, wobei offensichtlich der Ellennerv gemeint ist. Insoweit käme eine Einzel-MdE um 20 vH in Betracht (s.o. Kranig; Mehrhoff/Meindl/Muhr).

40

Schließlich sind die durchgehend beschriebenen bildgebenden Veränderungen nicht lediglich bedeutungslos (siehe etwa zur Bemessung der MdE bei einer Pseudarthrose Kranig, a.a.O., K § 56, S. 56; Mehrhoff/Meindl/Muhr, a.a.O., S. 160). Denn nach den Röntgenbefunden vom 15. September 2003, 8. Dezember 2003, 12. April 2005 und 7. Mai 2007 lag beim Versicherten als Zustand nach distaler Radiusfraktur ein knöchern verplumpt ausgeheiltes Handgelenk mit einer um 20° in Fehlstellung stehenden radialen Gelenkfläche, einem Ulnavorschub um 2-3 mm sowie einer Falschgelenkbildung im Bereich des Griffelfortsatzes der Elle vor. Zusätzlich sind durch das CT sowie MRT vom 3. April 2003 Schädigungen des proximalen Handwurzelgelenkes und im radialseitigen Ansatz des Discus ulnaris belegt.

41

Unter Berücksichtigung des aufgezeigten Gesamtbildes der - sich jedenfalls nicht vollständig überlagernden - Funktionseinschränkungen des rechten Unterarmes und der rechten Hand ist es demnach nachvollziehbar, wenn Prof. Dr. W. die beim Versicherten gegebene Situation mit dem Verlust des Daumens einer Hand vergleicht, der nach den Erfahrungswerten eine MdE um 20 vH rechtfertigt (Mehrhoff/Meindl/Muhr, a.a.O., S. 161). Denn auch bei ihm führten die Unfallfolgen - neben einer eingeschränkten Handgelenkfunktion - zu Beeinträchtigungen bei der Entfaltung der groben Kraft sowie schmerzbedingten Einbußen bei den Greiffunktionen, wenngleich diese nicht vollumfänglich objektivierbar waren.

42

Nach alledem war der Berufung stattzugeben, wobei der Beginn und das Ende der Rente aus den §§ 72 Abs. 1 Nr. 1, 73 Abs. 6 SGB VII folgen. Die Annahme, die Rente sei nur bis zum Todeszeitpunkt eines Versicherten zu leisten (so Mehrtens in: Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand Juni 2010, § 73 Rn. 10), lässt sich weder auf das Gesetz noch dessen Begründung stützen (siehe BT-Drucks. 13/2204, S. 93). Eine Differenzierung zwischen laufender Rentenzahlung und zu Unrecht nicht gewährter Rente, die im Nachhinein auszukehren ist, ist insoweit auch sachlich nicht gerechtfertigt.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

44

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.


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Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 30. Juni 2010 - L 6 U 71/06 zitiert 13 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 151


(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. (2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerh

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 56 Voraussetzungen und Höhe des Rentenanspruchs


(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versich

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 157


Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 72 Beginn von Renten


(1) Renten an Versicherte werden von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem 1. der Anspruch auf Verletztengeld endet,2. der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist. (2) Renten an Hinterbl

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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

Das Landessozialgericht prüft den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht. Es hat auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Renten an Versicherte werden von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem

1.
der Anspruch auf Verletztengeld endet,
2.
der Versicherungsfall eingetreten ist, wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist.

(2) Renten an Hinterbliebene werden vom Todestag an gezahlt. Hinterbliebenenrenten, die auf Antrag geleistet werden, werden vom Beginn des Monats an gezahlt, der der Antragstellung folgt.

(3) Die Satzung kann bestimmen, daß für Unternehmer, ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder mitarbeitenden Lebenspartner und für den Unternehmern im Versicherungsschutz Gleichgestellte Rente für die ersten 13 Wochen nach dem sich aus § 46 Abs. 1 ergebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise nicht gezahlt wird. Die Rente beginnt spätestens am Tag nach Ablauf der 13. Woche, sofern Verletztengeld nicht zu zahlen ist.

(4) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.